
Herr Präsident! Zunächst freue ich mich, wieder hier zu sein. Vielen Dank auch für das Wiedersehen mit lieben Geschwistern.
Es ist jetzt schon einige Jahre her, und man merkt, wie sich hier die Oberfläche auflockert. Ich habe also empirisch festgestellt: Mein Haarausfall begann mit Tschernobyl. Das war vor genau 25 Jahren, am 26. April 1986.
Ich fürchte, Fukushima gibt mir jetzt den Rest. Aber das ist nur eine nicht ganz ernst gemeinte Randbemerkung.
Ich möchte heute über den Einzug Jesu in Jerusalem sprechen. In der Kirchengeschichte wird dieses Ereignis als Palmsonntag bezeichnet. Ich bin zwar vierzehn Tage zu früh, aber es ist ja ein flexibles Fest.
Das Datum wurde beim Konzil von Nicäa im Jahr 325 nach Christus festgelegt. Ostern ist demnach der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond. Deshalb variiert das Datum, und man kann die Botschaft an verschiedenen Sonntagen vermitteln.
Im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre bekenne ich gleich, dass ich die Grundgedanken von Arnold Fruchtenbaum übernommen habe. Ich pflegte zu sagen: Je weniger jemand verstanden hat, desto häufiger wird er kopieren. Das nur vorweg.
Wenden wir uns nun mit Gottes Gnade diesem Ereignis zu, das in allen vier Evangelien erwähnt wird. Es handelt sich um die berühmte Prophetie aus Sacharja 9: „Siehe, dein König kommt.“
Der Einzug Jesu in Jerusalem
In Matthäus 21 wird beschrieben, wie Jesus in Jerusalem einzieht. Unser Herr wird dabei öffentlich vor aller Augen in Israel offenbar. Johannes der Täufer stellt ihn als das Lamm Gottes vor, das die Sünde der Welt trägt. Im Grundtext steht hier nicht „die Sünden“, sondern im Singular „die Sünde“ – das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt.
Laut 2. Mose 12 wurde am zehnten Tag des Monats Nisan das Lamm ausgesondert, bevor Israel Ägypten verließ. Dieses Lamm wurde einer öffentlichen Inspektion unterzogen, es musste fehlerlos sein und wurde am vierzehnten Tag geschlachtet. So gab es eine vier Tage dauernde Art öffentliche Prüfung.
Jetzt reitet der Herr in Jerusalem ein. Im Text heißt es: „Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ Als Jesus in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und fragte: „Wer ist das?“
Es ist also nicht mehr nur ein kleiner Kreis, sondern die ganze Stadt ist öffentlich beteiligt. Jesus wird messianisch begrüßt: „Baruch haba beschem Adonai“ – gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Keine Angst, Hebräisch kann ich nur in seltenen Worten wie Amen und Halleluja. Nicht, dass ihr denkt, ich verstehe viel Hebräisch.
Er wird messianisch empfangen, und liebe Freunde, hätten wir damals gelebt und wären Augenzeugen gewesen, hätten wir wohl gedacht: Jetzt beginnt eigentlich der Triumph. Kann man mich hoffentlich gut verstehen?
Und jetzt wird das Lamm Gottes öffentlich von vier verschiedenen Personengruppen geprüft. Ähnlich wie im zweiten Buch Mose, Kapitel 12, lesen wir dort, dass am zehnten Tag des Monats Nisan ein Lamm ausgesondert wurde. Dieses Lamm musste einjährig, männlich und fehlerfrei sein.
Es durfte keine Fehler aufweisen. Wenn das Lamm diesen Test bestanden hatte, wurde es am vierzehnten Tag des Monats Nisan geschlachtet. Dieser Monat markierte den Beginn der Zeitzählung der Juden.
Nun zieht der Herr in Jerusalem ein und wird einem vierfachen Test unterzogen.
Die erste Personengruppe: Von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes – ihre Frage nach Jesu Vollmacht (Matthäus 21,23-27).
Als Jesus in den Tempel kam und lehrte, traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu ihm und fragten: „Aus welcher Vollmacht tust du das? Und wer hat dir diese Vollmacht gegeben?“ Diese Frage ist eigentlich entscheidend für das Heil. Es ist das A und O. Da steht jemand und sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Aus welcher Autorität sagt er das? Ist es Einbildung oder göttlich? Das ist keine Randfrage.
Jesus antwortete: „Ich will euch auch eine Frage stellen. Wenn ihr sie mir beantwortet, will ich euch sagen, aus welcher Vollmacht ich das tue. Woher war die Taufe des Johannes? War sie vom Himmel oder von den Menschen?“ Sie überlegten bei sich selbst und sagten: „Sagen wir, sie sei vom Himmel gewesen, wird er zu uns sagen: Warum glaubt ihr ihm denn nicht?“ Deshalb lehnten sie es ab.
Wir lesen das auch in Lukas 7, Verse 29 und 30: „Als das Volk hörte, und die Zöllner, die Gott Recht gaben und sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen.“ Es war eine Taufe zur Buße. Ein Mensch, der Buße tut, gibt Gott Recht. Er verurteilt sich selbst und gibt Gott Recht – ähnlich wie dieser Tscheche, der nichts Unrechtes getan hat. Wir empfangen, was unsere Taten wert sind.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten hingegen waren gerecht in ihren eigenen Augen. Sie verachteten, was Gott ihnen zugedacht hatte, und ließen sich nicht von Johannes taufen. Ich erwähne das hier auch gleich: Jeder Mensch, der das Angebot Gottes ablehnt, das heute im Kreuz von Golgatha, im Evangelium vorhanden ist, verachtet Gott. Er hält an seiner eigenen Gerechtigkeit und seinen eigenen Wegen fest.
Wenn wir sagen, die Taufe war von Johannes, dann wird uns geantwortet: „Warum glaubt ihr denn nicht?“ Denn sie haben Johannes den Täufer abgelehnt, und Johannes hat Jesus als das Lamm Gottes proklamiert. Hätten sie gesagt, ja, die Taufe des Johannes war von Gott, dann hätte Jesus sofort sagen können: „Er hat mich bestätigt.“ Doch das wollten sie nicht.
Sagen wir aber, sie sei von Menschen, dann müssten wir uns vor dem Volk fürchten, denn sie halten alle Johannes für einen Propheten. Sie antworteten Jesus: „Wir wissen es nicht.“ Da sprach er zu ihnen: „So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.“
Wir haben vorhin den Einzug Jesu in Jerusalem betrachtet. Man könnte meinen, es beginnt das messianische Friedensreich, die große Jesus-Begeisterung, eine Art Jesus-Bibelwelle. Doch vorher lesen wir, wie der Herr den Feigenbaum verflucht – das Symbol für das nationale Israel. Es wird nicht aufblühen, sondern unter das Gericht kommen. Der Herr kannte die Herzen. Er wusste um die Menge, die erst rief: „Hosianna“, und wenige Tage später rief: „Kreuzige ihn!“
Hier beginnt das Gericht. Jemand fragte einmal: „Was muss ich tun, um Gott kennenzulernen?“ Und der Verkündiger sagte: „Es gibt eine Voraussetzung: Du musst wahrhaftig sein.“ Doch sie waren es nicht. Sie drückten sich herum, und dann schweigt Gott, zieht sich zurück.
Ich könnte manches Beispiel erzählen. Als ich noch Student war und zum Glauben kam, gab es an meiner Hochschule in Wien viele Katholiken – prächtige Menschen. Einige nahmen ihren Glauben ernst, andere mehr aus Tradition. Sie wurden durch lebendiges Zeugnis angesprochen. Wenn man dann fragte: „Glaubst du an Jesus?“, merkte man, dass sie ausweichen. Sagte man „Ja“, wurde gefragt: „Warum willst du dich nicht bekehren?“ Sagte man „Nein“, wurde gefragt: „Warum gehst du dann überhaupt in die Kirche?“
Solche Ausflüchte zeigen, dass sie nicht wahrhaftig waren. Dann schweigt Gott. Hier beginnt das Gericht, denn der Ratschluss Gottes wurde nur einem Volk zuteil. Gott sprach bis Pfingsten praktisch nur Hebräisch. Den Juden war anvertraut, was Gott geredet hat – und jetzt nicht mehr.
Wenn man Mose liest, sieht man, dass die Decke vor ihrem Herzen lag. Ich werde nie vergessen, wie Wilhelm Busch in seinem Vortrag von seinen Erfahrungen mit der Gestapo erzählte. Es kann Gericht Gottes sein, dass Gott seinem ganzen Volk schweigt, so wie es im Gefängnis in der Nazizeit war.
Deshalb sagt Jesus: „So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.“
Es ist interessant, bei Markus, wo uns dasselbe Ereignis berichtet wird, in Markus 11. Markus ist ja eigentlich die schmälere Fassung. Das hat auch seine Gründe, ich denke, ihr wisst das alle: Matthäus schildert Jesus als König, Markus als Knecht, Lukas als Mensch und Johannes als Gott.
Es gibt keine größeren Widersprüche: Wer König ist, ist nicht Knecht, wer Mensch ist, ist nicht Gott. Und das wird in Jesus von Nazareth auf wunderbare Weise harmonisiert. Besonders interessant ist, dass im sonst so schmalen Evangelium Markus das Wort „antwortet mir“ zweimal vorkommt. Wenn die Bibel etwas wiederholt, legt sie besondere Betonung darauf. So wie wenn ich jemandem sagen würde: „Vergiss nicht, den Brief einzuwerfen“, und bevor ich wegfahre noch einmal betone: „Also bitte, vergiss nicht.“ Warum? Weil es mir besonders wichtig ist.
Anthropos heißt ja „der nach oben Gewandte“. Der Mensch ist gebaut für das Reden mit Gott. Ohne ein Gegenüber degeneriert der Mensch, wird korrupt. Du und ich, wir sind von Natur aus korrupt. Das ist ja der Grundfehler der EU, der EU-Charta: Gott ist draußen, und wir züchten uns eine korrupte Mafia schlimmster Ordnung.
Gott geht uns nach und möchte mit uns in den Dialog treten. Das ist dieser menschensuchende Gott. Wir wissen ja schon aus dem Paradies: Adam, wo bist du? „Antwortet mir“ – er ist gekommen in dieser Knechtsgestalt, „antwortet mir“. Er geht uns nach, und wir sind gewöhnlich auf der Flucht und ziehen uns zurück.
Es gibt nur eine Voraussetzung: Du musst wahrhaftig sein. Und liebe Seele, du kannst ihm ja sagen, dass du gar nicht gerne mit ihm reden möchtest oder auf der Flucht bist. Er weiß es sowieso. In dem Moment, in dem du ehrlich wirst, hast du Gott auf deiner Seite.
Jesus hat nie Menschen, die ehrlich zu ihm kamen, zurückgewiesen – egal, wie schlimm das war, was sie brachten. Aber dort, wo man so tat, als sei man in Ordnung, da wurde es gefährlich. Also schweigt Gott – eine Phase des Gerichts.
Jetzt zur zweiten Personengruppe: Der erste Test war durch die Hohepriester und Ältesten, die zweite Gruppe sind die Leute des Herodes und die Jünger der Pharisäer. Jetzt kommt die Geschichte mit dem Zinsgroschen.
Bin ich zu schnell? Ich versuche deutlich zu sprechen, es wird womöglich etwas länger. Ihr wisst, mein Lieblingsvers ist Apostelgeschichte 20,9, wo Paulus die Rede bis Mitternacht hinzog – apostolisch, bis Mitternacht. Lieber etwas länger, aber dafür deutlich sprechen.
Schaut, jetzt die Geschichte mit dem Zinsgroschen: Sie sandten zu ihm ihre Jünger samt den Anhängern des Herodes. Die sprachen: „Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und den Weg Gottes recht lehrst. Du fragst niemand nach irgendjemandem, denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen.“ Also mit ganz holden Tönen.
Damit haben sie sich selbst eigentlich schon verurteilt, denn das sind die Eigenschaften Gottes. Nur Gott allein kann gerecht richten, nur Gott fragt nicht nach dem Ansehen der Menschen. Das vermag kein Mensch. Wir sind alle bestechlich, wir sind alle voreingenommen. Es ist praktisch niemand objektiv.
Sie richten sich damit selbst. Sie sagen mit anderen Worten: Nach den Maßstäben, die uns Moses offenbart hat, bist du eigentlich göttlich, bist du Gott. Also ganz holde Begrüßung.
Darum sagen sie: „Sag uns, was meinst du? Ist es recht, dass man dem Kaiser Steuer zahle oder nicht?“ Wir lesen eingangs in Vers 15: Da gingen die Pharisäer hin und hielten einen Rat, wie sie ihn in seiner Rede fangen könnten.
Versteht ihr, das Lamm wird getestet. Gibt es einen Fehler? Und der Knecht ist bekanntlich nicht größer als sein Herr. Haben sie unseren Herrn versucht zu Fall zu bringen, werden sie es noch viel mehr mit uns versuchen.
Das geschieht ja manchmal bei Talkshows, dass man mit freundlichen Worten auf eine Lichtung gelockt wird, um dann zum Abschuss freigegeben zu werden. Da sind dann holdselige Worte: „Ja, wir respektieren Sie. Und wie ist das, meinen Sie denn, Herr Sowissow, dass die Erde wirklich in sechs Tagen geschaffen wurde?“ Sie haben ihre Tricks.
Das war schon eine fiese Falle. Menschlich gesprochen gab es keinen Ausweg. Hätte er gesagt: „Ihr müsst dem Kaiser Steuern geben“, dann hätten sie gesagt: „Er kann nicht der Messias sein, er ist ein Lakaie der Römer.“ Die Zöllner, die mit den Römern zusammenarbeiteten, waren verachtet. Das Wort „Zöllner“ und „Sünder“ war synonym, auf gleicher Ebene.
Hätte er gesagt: „Ihr sollt dem Kaiser keine Steuern geben“, dann hätten sie ihn bei der römischen Verwaltung angeschwärzt. Er ruft zum Aufstand auf. Es gab also menschlich gesprochen keinen Ausweg.
Ich habe so die Gabe des Fettnapfels – ich werde voll hineingesegelt. Was ein Fettnapf auf Englisch ist, muss ich selbst noch nachschlagen.
Da aber merkte der Herr ihre Bosheit. Mal schauen, ob wir das auch noch haben. Nein, da kommen wir zum Dritten.
Da nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: „Ihr Heuchler, was versucht ihr mich?“ Also holdselige Zungen: „Meister, wir wissen, du bist gerecht und...“ Weiset mir die Steuermünze.
Damit hat er sie schon gedemütigt. Er hat sie eigentlich schon dahin gebracht, dass sie sich selbst verurteilten. Denn wessen Geld ich habe, wessen Münzen ich habe, unter dessen Autorität stehe ich.
Damit haben sie eigentlich bezeugt mit dieser Steuermünze: Wir sind dem Kaiser unterworfen.
Und wir wissen ja, wie der Herr antwortet: Er sprach zu ihnen: „Wessen ist das Bild und die Aufschrift?“ Sie sprachen zu ihm: „Des Kaisers.“ Da sprach er zu ihnen: „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“
Da sie das hörten, verwunderten sie sich und ließen ihn und gingen davon. Also standen sie da mit abgesägten Hosenbeinen, wussten nichts mehr zu sagen. Damals gab es noch keine Hosen, die gibt es erst seit den Skythen, Jahrhunderte später. Also mit diesen langen Röcken und wussten nichts mehr zu sagen.
Und das ist göttlich. So etwas kann man sich nicht erfinden, so eine Antwort. Einfache Fischerleute oder Matthäus, ein Zöllner, der das geschrieben haben soll – das ist göttliche Weisheit.
Jetzt kommt die dritte Gruppe, die Sadduzäer. Zur Zeit Jesu gab es drei große Strömungen: Pharisäer, Essener und Sadduzäer. Nun kommen die Sadduzäer mit einer Fangfrage. Sie hatten sich solche Fragen ausgedacht, um ihre Gegner, die Pharisäer, herauszufordern.
In Matthäus 22,23-33 treten die Sadduzäer zu Jesus, die nicht an die Auferstehung glauben, und fragen ihn: „Meister, Mose hat gesagt, wenn einer stirbt und keine Kinder hat, soll sein Bruder die Frau heiraten, um Nachkommen für seinen Bruder zu erwecken.“ Das ist die sogenannte Leviratsehe. Nun waren sieben Brüder bei uns. Der erste heiratete und starb, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Deshalb heiratete er seine Frau an seinen Bruder weiter, ebenso der zweite, der dritte bis zum siebten. Zuletzt starb auch die Frau. Nun fragen sie: „Wessen Frau wird sie in der Auferstehung sein? Sie haben sie ja alle gehabt.“
Die Sadduzäer hatten solche Fangfragen erfunden, um die Pharisäer, die an die Auferstehung der Toten und das Weiterleben nach dem Tod glaubten, bloßzustellen. Sie wollten sie dumm dastehen lassen. Fruchtenbaum sagte dazu, wenn er das gehört hätte, hätte er eine Untersuchung beantragt, denn hier stimmt etwas nicht – hier sei eine „Black Widow“, eine schwarze Witwe, die immer wieder verheiratet wird und deren Männer auffallend schnell sterben. Das war aber nur eine Randbemerkung von Fruchtenbaum.
Die Sadduzäer stellten solche Fragen, um die Pharisäer zu verwirren. Jesus antwortet ihnen: „Ihr irrt euch und kennt weder die Schrift noch die Kraft Gottes. In der Auferstehung werden sie weder heiraten noch verheiratet werden, sondern sie sind gleich wie die Engel im Himmel. Habt ihr nicht gelesen von der Auferstehung der Toten, was euch von Gott gesagt ist? Er spricht: ‚Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.‘ Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.“ Als das Volk seine Lehre hörte, war es entsetzt.
Die Sadduzäer glaubten nicht an die Auferstehung, an Engel oder Geister. Sie waren gewissermaßen die Proto-Bultmann-Typen, die Vorläufer moderner Theologen. Andererseits stellten sie zur Zeit Jesu die Hohepriester und gaben sich als besonders fromm aus, weil sie nur glaubten, was Mose gesagt hatte. Mose aber redet nicht von der Auferstehung der Toten. Deshalb lehnten sie alles andere ab. Sie erkannten die prophetischen Schriften nicht als kanonisch an. Zwar steht bei Jesaja, dass die Toten leben werden, und bei Daniel, dass sie auferstehen, doch das akzeptierten sie nicht – nur Mose galt für sie.
Jesus zitiert nun aus dem zweiten Buch Mose: „Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs; Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.“ Die Sadduzäer sind fassungslos und wissen nichts mehr zu sagen. Daraufhin war das Volk entsetzt über seine Lehre.
Es gibt bei Markus und Lukas eine Randbemerkung, die aber beachtet werden sollte: Die Auferstehung von den Toten bedeutet, dass sie weder heiraten noch verheiratet werden. Zum Leidwesen der Moslems und Schiiten steht das hier, denn sie können fortan auch nicht mehr sterben. Sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, weil sie Kinder der Auferstehung sind.
Dass die Toten auferstehen, darauf hat auch Mose beim Dornbusch hingedeutet, als er den Herrn nennt: „Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs.“ Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Diese kleine Randbemerkung steht bei Markus und Lukas, nicht aber bei Matthäus, und zwar beim Dornbusch.
Ich hoffe, mit Gottes Gnade diesen Gedanken klar vermitteln zu können: Wieso ist das ein Bild für die Auferstehung oder auch die Erlösung? Es ist nur eine kleine Randbemerkung, denn Mose wundert sich, dass der Dornbusch brennt, aber nicht verbrennt. Dornen sind in der Bibel ein Symbol für Gericht, Disteln und Dornen sind Symbole des Fluchs. Jesus trug die Dornenkrone, sozusagen die Krone des Fluchs. Er war ein Fluch für uns, so wie Weinstock und Feigenbaum Symbole des Segens sind.
Nun brennt der Dornbusch, ein Bild für das Gericht Gottes. Gott ist heilig und kann mit Sünde keine Gemeinschaft haben. Er muss den Sünder richten. Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. Trotzdem verbrennt der Dornbusch nicht. Der heilige Gott hat im Kreuz von Golgatha einen Ausweg gefunden. Obwohl er die Sünde hasst und sie buchstäblich gnadenlos richtet, kann er uns vergeben und Gemeinschaft mit uns haben. Das klingt widersprüchlich, ist aber wahr. Der Dornbusch brannte und verbrannte nicht, weil ein anderer, das Lamm Gottes, unsere Schuld getragen hat.
Deshalb dürfen wir frei ausgehen. Deshalb dürfen wir Vergebung haben und die Gewissheit des ewigen Lebens. Der Dornbusch ist ein Bild für die Auferstehung und die Erlösung. Mose ist der Typus für Christus, ein Bild für die Errettung.
Und jetzt der vierte Anlauf: In Matthäus 22, Vers 34 lesen wir, dass die Pharisäer, als sie hörten, dass Jesus den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, sich versammelten. Sie freuten sich schon, endlich mit ihren Fangfragen jemanden zu finden, der keine Antwort hatte, da Jesus zuvor jemanden in die Schranken gewiesen hatte.
Einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und stellte die Prüfung – Pharisäer und Schriftgelehrte waren dabei – und sprach: „Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz?“ Jesus antwortete ihm: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte. Dies ist das höchste und größte Gebot.“ Dieses Gebot steht nicht bei den Zehn Geboten.
Das andere Gebot ist dem gleich und steht ebenfalls nicht bei den Zehn Geboten: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Und Jesus fügte hinzu: „In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“
Ich habe bewusst diese beiden Gebote herausgegriffen, weil wir aus den zwei Geboten oft drei gemacht haben. Über Jahrhunderte und Jahrtausende haben alle Konfessionen Eigenliebe als Egoismus abgelehnt. Die Wende begann durch den Freud-Schüler Erich Fromm. Er lehrte als Erster, dass wir lernen müssen, uns selbst zu lieben.
Diese Lehre griff Trubisch 1973 in seinem Bestseller „Liebe dich selbst“ auf. Er erklärte, dass wir den Nächsten nur lieben können, wenn wir uns selbst lieben. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ – dieser Vers hat uns immer gerichtet. Man hat so getan, als stünde hier ein Imperativ, eine Befehlsform. Doch die Bibel kennt nur zwei Gebote: Gott und den Nächsten. Sie kennt kein drittes Gebot, dass du dich selbst lieben sollst.
Niemand hat jemals sein Fleisch gehasst. Liebe Freunde, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber hätte mir jemand nach meiner Bekehrung gesagt: „Alexander, du musst lernen, dich selbst zu lieben“, hätte ich gesagt: „Was für ein Blödsinn, das ist doch mein Problem. Ich brauche jemanden, der mich davon befreit.“ Du bist von Natur aus auf den Nächsten ausgerichtet.
Wären wir zum Beispiel in Japan gewesen, als das Erdbeben kam, hätten wir alle sofort zum Ausgang gestürmt, womöglich über andere hinweg – das ist deine Natur. Aber hier sieht man, wie verlässlich das Wort Gottes ist. Es hat uns das vorausgesagt, zum Beispiel in 2. Timotheus, wo Paulus den zweitgrößten Sündenkatalog auflistet. Den größten finden wir in Römer 1, wo er 21 Anklagen aufführt. Den zweitgrößten gibt es in 2. Timotheus 3 mit 18 Eigenschaften.
Du sollst wissen: In den letzten Tagen werden gräuliche Zeiten kommen. Und als Erstes sagt Paulus: „Die Menschen werden viel Eigenliebe haben.“ Man sieht, dass dies etwa Ende der sechziger Jahre begann. Seit ungefähr einer Generation lehrt man uns, wir brauchen Eigenliebe. Diese Lehre hat fast alles durchdrungen, obwohl der Herr sagt: „Wer zu mir kommt und nicht Vater, Mutter und so weiter hasst, kann nicht mein Jünger sein.“
Wir haben es trotzdem geschafft, diese Aussage umzudrehen. In 2. Timotheus 3, Vers 4 steht außerdem: „Philhedonos“ – vergnügungssüchtig. Aus der Nachfolge Jesu haben wir eine Spaßreligion gemacht, was viele von Herzen gerne annehmen.
Wenn man das dann in Ländern der Verfolgung liest, zum Beispiel im Iran, sagen die Gläubigen den Muslimen, die sich bekehren: „Wir versprechen euch zwei Dinge: Vergebung und Verfolgung.“ Das ist eine ganz andere Situation.
Ich sage das nicht von oben herab. Ich gehöre zu der Generation, die Überfluss und Freiheit erlebt hat wie keine andere Generation zuvor in der Geschichte der Menschheit.
Darauf sagt der Schriftgelehrte: „Meister, du hast recht geredet.“ Die Pharisäer, die beieinander waren, fragten Jesus nun: „Was dünkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?“ Sie antworteten: „Davids.“
Jesus sprach zu ihnen: „Wie kann ihn dann David im Geist seinen Herrn nennen, wenn er sagt: ‚Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege‘? So wie nun David einen Herrn nennt, wie ist er dann sein Sohn?“
Niemand konnte ihm darauf ein Wort antworten. Die Antwort kennen wir: Jesus hat eine menschliche und eine göttliche Natur. Die menschliche kommt über die Linie Davids, die göttliche ist der ewige Sohn Gottes.
Das finden wir auch in der berühmten Weihnachtsprophetie in Jesaja 9: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Das Kind geboren in menschlicher Natur, der Sohn gegeben in göttlicher Natur. Die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.
Die Pharisäer kannten natürlich nur vordergründig, dass der Messias der Sohn Davids ist. Wir wissen die Antwort, denn Jesus zitiert den meistzitierten Psalm 110 aus dem Neuen Testament, der gemeinsam mit Psalm 118 am häufigsten zitiert wird. Jetzt konnten sie ihm nichts mehr antworten.
Von diesem Tag an wagte niemand mehr, ihn zu fragen. Die Prüfung war bestanden. Sie hatten es versucht – vier Anläufe. Nochmals: Am zehnten Tag des Monats Nisan wurde das Lamm ausgesondert, am vierzehnten Tag geschlachtet und vier Tage lang beobachtet.
Hier versuchten verschiedene Menschengruppen, ihn zu Fall zu bringen. Doch niemand wagte es mehr, ihn zu fragen. Der Test war bestanden.
Ich möchte noch etwas anderes ansprechen. Die hatten ja Lust, sich mit dem Herrn anzulegen, hatten Lust, mit ihm zu streiten. Jetzt stellt er eine Frage – und es ist Funkstille.
Das erinnerte mich an Hiob, Kapitel 9, Verse 2 und 3, wo Hiob sagt: „Ja, ich weiß sehr wohl, dass es so ist und dass ein Mensch nicht Recht behalten kann gegen Gott. Hat er Lust, mit ihm zu streiten, so kann ihm auf tausend nichts eins antworten.“
Aber es gibt ja Leute, die haben jetzt noch die große Klappe. Ja, also Gott, ich werde dann schon meinen Mund aufmachen. Liebe Freunde, ich darf euch garantieren: Wenn du in die Gegenwart Gottes kommst, dann verstummst du. Und dann wird er Fragen stellen, auf die du ihm auf tausend nicht eine Antwort geben kannst.
Hier sehen wir eine sichtbare Erfüllung. Die hatten Lust, mit ihm zu streiten, und dann stellt der Herr eine Frage – und dann ist Funkstille.
Jetzt setzen wir auch allmählich zur Landung an, obwohl ich ja bis Mitternacht weitermachen wollte. Sie wagen es nicht mehr, Fragen zu stellen. Die Prüfung ist bestanden und vorbei. Das Lamm Gottes ist fehlerlos, vollkommen und kann deswegen die Sünde der Welt wegnehmen. Es hat sozusagen vor den Augen der Öffentlichkeit den Test bestanden.
Liebe Freunde, weil der Herr und sein Wort parallel gehen, werden Menschen immer wieder versuchen, Fehler in der Bibel und Widersprüche zu finden. Das wird ja immer aktueller. Durch den Islam wird der Angriff, die Herausforderung, auch immer ungeschminkter.
Wir fassen den vierfachen Test zusammen: Er wurde getestet von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes, erstens. Zweitens von den Leuten des Herodes und den Jüngern der Pharisäer – da ging es um den Zinsgroschen. Drittens von den Sadduzäern – da ging es um die Auferstehung von den Toten. Und viertens von den Pharisäern und Schriftgelehrten – da ging es um das größte und vornehmste Gebot.
Zurück zu Palmsonntag: Der Einzug Jesu wird als triumphaler oder begeisterter Empfang in Jerusalem dargestellt. Wie ist dies prophetisch einzuordnen?
Wenn man Sacharja 9,9 liest, findet man die berühmte Prophetie: „Du, Tochter Zion, jauchze, dein König kommt!“ Damit ist Folgendes gemeint.
Man muss jedoch etwas über die Geschichte wissen. Die Verse 1 bis 8 von Sacharja gelten als die zweitverlässlichste historische Prophetie in der Bibel. Sie beziehen sich auf den Feldzug Alexanders des Großen gegen Syrien im Jahr 332 v. Chr. Dort werden erstaunliche Einzelheiten geschildert, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen.
Ihr habt ja schon genug Informationen bekommen. Ich habe die Gabe, viel hineinzupacken, und nach der letzten Predigt war das Publikum erschöpft – „and we are all slain in the brain“. Das wollen wir diesmal vermeiden.
Sacharja lebte etwa um 600 v. Chr., also ungefähr 200 Jahre vor Alexander. Alexander ritt hoch zu Ross auf seinem Pferd Bucephalos, das nur er reiten konnte. Man sieht das hier schön. Er war ein stolzer Herrscher.
Die Stadt Tyrus verweigerte ihm die Anbetung ihres Stadtgottes. Tyrus galt als uneinnehmbar, weshalb sie ihn ablehnten. Mit einem solchen Mann anzulegen, war keine Kleinigkeit.
Nun doch ein paar Einzelheiten: Alexander hat es tatsächlich geschafft, Tyrus einzunehmen. Die Stadt ragte damals 30 Meter hoch und war von der Küste des heutigen Libanon getrennt. Hubschrauber gab es damals nicht, und die Stadt galt als uneinnehmbar. Doch Alexander gelang es.
Das war ein Erdbeben. Eine Schockwelle ging durch die Region, und die Bewohner ergaben sich praktisch restlos Alexander. Er zerstörte die Stadt.
Das symbolisiert den weltlichen König, der mit Gewalt, triumphalistisch und vergewaltigend herrscht und Anbetung fordert. Das steht im starken Kontrast zu Sacharja 9,9.
„Aber du, Tochter Zion, Jerusalem, dein Messias – der ist ganz anders!“ Er kommt nicht hoch zu Ross, sondern ist arm und demütig. Er reitet auf einem Esel, dem Lasttier einer Eselin, und wirbt um deine Gunst.
Er möchte dein Herz mit Liebe überwinden, nicht mit Gewalt. Er steht vor der Tür und klopft an, ohne dich zu bedrängen. Er möchte, dass du ihm antwortest und sein Kind wirst. Doch er wird dich nie zwingen, wie es die Welt tut.
Und lasst mich damit Folgendem abschließen, liebe Freunde: Das ist ganz jung und ganz frisch, und ich komme ja viel herum. Das Alte ist ein schlimmes Haus, sehr viel beginnt zu wanken. Dem einen gehen die Haare aus, dem anderen die Gedanken. Mir geht derzeit beides aus, und dann weiß ich nicht, ob ich diese Geschichte schon mal hier erzählt habe oder nicht.
Aber diese Geschichte kann ich ja nicht erzählt haben, weil ich sie erst vor ein paar Wochen in Papua-Neuguinea gehört habe. Es ist jetzt doch schon ein paar Jährchen her, dass ich das letzte Mal hier war. Dort lernte ich einen Aken namens Miles kennen. Er erzählte, wie er zum Glauben fand. Das hat mich bewegt.
Als junger Mann ist er durch den Nordwesten, glaube ich, Amerikas getrampt. So um die zwanzig Jahre alt, in Begleitung eines Teenagers von fünfzehn, sechzehn Jahren, reisten sie ein paar Tage zusammen. Dann trennten sich ihre Wege, sie verabschiedeten sich an einer Kreuzung. Der Teenager ging rüber, doch dann merkte Miles, wie dieser Junge dort drüben innerlich mit sich rang und herumdruckste.
Tatsächlich kam der Teenager noch einmal zurück. Er sagte ihm sinngemäß: „Ich bin Christ, und du brauchst Jesus. Dich kann nur Jesus retten. Du musst in der Bibel lesen, um von ihm zu erfahren.“ Dann versuchte er ihm noch, das Evangelium zu erklären.
Wie mir dieser Miles dort in Papua-Neuguinea auf der Station der New Tribes Mission erzählte, dachte er zunächst, der Teenager sei weggetreten. Aber weil sie Freunde waren, hörte er höflich zu, obwohl er dachte: „Schraube locker.“ Da hätte man sagen können: „Seht ihr, was bringt das?“ Doch hier zeigt sich die Größe Gottes.
Jedenfalls, um es zusammenzufassen: Ich weiß jetzt nicht alle Einzelheiten. Einige Jahre danach war dieser Miles mit seinem Leben total frustriert. Er wusste nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Wozu lebe ich? Er äußerte immer lauter den Gedanken, selbst einen Schlussstrich zu ziehen.
Dann sagte auch seine Mutter etwas dazu. Sie war auf einem psychologischen Trip und meinte: „Dann häng dich auf.“ Das ist ein großer Trostspruch, noch dazu von einer Mutter. Man fragt sich, wie das möglich ist. Das hat ihm den Rest gegeben.
Er plante den Selbstmord und war dabei, ihn umzusetzen – ich glaube, es war durch Tabletten oder Ähnliches. Als er gerade dabei war, diesen Selbstmord zu begehen, kam ihm auf einmal das Gesicht dieses Teenager-Freundes von Jahren zurück in Erinnerung. Er hörte noch, wie dieser sagte: „Ich kann nur Jesus retten, und du musst in der Bibel lesen.“ Alles andere hatte er vergessen.
Diese Worte kamen auf einmal hoch. Dann holte er sich eine Bibel – in Amerika gibt es noch in vielen Häusern eine Bibel – und fing an zu lesen. Er bekehrte sich. Er wollte die ganze Sache machen und ist jetzt Missionar in Papua-Neuguinea.
Da ist mein Herz wieder neu aufgeblüht über die Gnade Gottes, dass so ein schwaches Zeugnis, man könnte denken: Was soll's, ein Teenager ringt mit sich, hat Kämpfe – und wie hat der Herr das verwendet! Lasst uns in diesem Sinne Gott noch Großes zutrauen. Er ist ein barmherziger Gott. Er ringt um unser Herz, er wirbt um uns, und er möchte uns retten.