Einleitung: Blick zurück und voraus
In unserer Kirche wird heute über den Abschnitt aus Johannes 15, am Ende Vers 26 bis Kapitel 16, Vers 4, gepredigt. Es ist die doppelte Blickrichtung dieses Sonntags ex audi: zurück auf die Himmelfahrt und vorwärts auf die Ausgießung des Geistes über die Jünger Jesu.
Jesus sagt in seinen Abschiedsreden: „Wenn aber der Beistand kommen wird, der Tröster“ – so hieß es früher im alten Luthertext – „den ich euch vom Vater senden werde, den Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis für mich ablegen.“
Er fügt hinzu: „Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen.“ Das habe ich euch gesagt, damit ihr nicht abfallt. Früher hieß es: „damit ihr nicht Ärgernis nehmt.“ Ich sage Ihnen die alten Worte gern dazu, damit Sie auch die Verbindung zu dem Ihnen vertrauten Wortklang haben.
Jesus fährt fort: „Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen, sie werden euch in den Bann tun“ – so lautete es früher. „Es kommt sogar die Zeit, dass jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott damit einen Dienst zu tun.“
Und das werden sie tun, „weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen.“ Aber dies habe ich euch gesagt, „damit ihr euch daran erinnert, dass ich es euch gesagt habe, wenn die Zeit kommen wird.“
„Zu Anfang habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch.“
Herr, du musst uns dieses schwere Wort jetzt selber erklären. Amen.
Die Herrschaft Jesu und ihre Herausforderungen
Ich stehe noch ganz unter dem Eindruck des zurückliegenden Himmelfahrtsfestes, das uns immer wieder verborgen bleibt. Jesus ist doch Herr über die ganze Welt. Wenn wir zu ihm Vertrauen haben dürfen, dann macht es uns Not, dass es Rebellen gibt, die sich gegen die Herrschaft Jesu auflehnen. Es gibt andere, die am Thron Jesu gleichsam wackeln wollen und meinen, sie könnten ihn wegschieben.
Man hat gar nicht verstanden, dass so etwas unter uns Christen möglich ist: dass einige meinen, sie seien Christen, aber die Herrschaft Jesu nicht glauben können. Sie denken, Jesus sei seit zweitausend Jahren tot und nur ein ehrwürdiger Mensch mit vielen guten Taten. Dabei vergessen sie, dass er jetzt an der Stelle sitzt, wo alle Macht über die Welt von Gott her ausgeübt wird.
Das ist eine aufregende und befreiende Nachricht für uns alle. Solche Missverständnisse gibt es allerdings. Es gibt nicht nur die Leugnung der Herrschaft Jesu, wie wir sie auch in unseren Tagen finden, sondern auch eine falsche Deutung dieser Herrschaft.
Ich möchte mit Ihnen einmal zurückgehen in die Geschichte.
Falsche Deutungen der Herrschaft Jesu in der Geschichte
Sie haben doch auch einmal gehört, dass es bei Christen vorkam, dass sie von der Herrschaft Jesu sprachen und daraus sofort ableiteten: „Also sind wir die Herrscher in der Welt, wir Christen.“
Daraufhin beanspruchten Kirchenfunktionäre und Bischöfe weltliche Macht. Papst Gregor VII. ging sogar so weit, zu behaupten, alle weltliche Macht, jede Krone müsse sich vor den Christen beugen. Die gesamte Weltherrschaft gehöre der Kirche.
Wie war das möglich? Zum Beispiel, dass Heinrich IV. im eiskalten Winter barfuß nach Canossa ging, um beim Papst Gregor VII. die Aufhebung des Kirchenbanns zu erbitten – nur damit er seine irdische Herrschaft behalten konnte.
Erwartungen an die Herrschaft Jesu im Alltag
Es ist ganz leicht verständlich. Gehen Sie mit mir einmal den Gedanken durch: Wenn Jesus Herr über die Welt ist, dann muss er doch auch uns in all unseren Wünschen beistehen. Dann muss er uns den Weg bereiten, unsere Berufsschwierigkeiten lösen, uns gesund machen und unsere Finanzprobleme beheben.
Dann sind wir als das Bodenpersonal Jesu genauso mit hineingenommen in seine Würde. Doch hier liegt ein Missverständnis vor. Natürlich erleben wir Jesu Wunder auch in alltäglichen Dingen. Es ist keine Frage, dass wir in Geldangelegenheiten, Berufsschwierigkeiten, Erziehungsproblemen und Lebensschwierigkeiten vielfach das Eingreifen Jesu erfahren.
Dennoch bleibt dies der Ausnahmefall. Das Normale unseres Lebens bleibt sehr alltäglich. Und ich schulde Ihnen heute in der Predigt die Erklärung, warum und wieso.
Die Schwäche der Gemeinde nach der Himmelfahrt
Sie haben doch auch schon oft gefragt: Warum lässt mir Gott diese Not? Warum macht er mich nicht ganz gesund?
Sie müssen erkennen, dass auch nach der Himmelfahrt Jesu die Gemeinde der Jesusjünger sehr schwach bleibt. Sie trägt keine Züge der Himmelsherrschaft an sich.
Sie haben sich doch auch schon oft gestoßen, wenn Sie Christen gesehen haben. Dachten Sie: Warum ist das auch so ein kleiner, müder Haufe? Man geniert sich ja schier daran.
Warum ist die Sache Jesu in unserer Welt nur so schwach?
Ich wünsche mir doch, dass Jesus, der Gewalt hat im Himmel und auf Erden, die Christen so stabil in der Welt stehen lässt, dass die Diktatoren von China und wer weiß woher vor Neid erblassen. Stattdessen lächeln sie über die Christen. Sie nehmen sie ja gar nicht ernst.
Das ist doch in unserer Stadt nicht anders.
Macht und Ohnmacht der Gemeinde: Die Ohnmacht
Ich möchte heute zu Ihnen über die Macht und Ohnmacht der Gemeinde sprechen. Dabei habe ich nur zwei Punkte, und ich beginne mit der Ohnmacht der Gemeinde.
Jesus hat von Anfang an nicht mit seinen Jüngern darüber gesprochen. Ich hatte Bedenken, ob ich heute den vorgeschriebenen Text predigen soll oder ob ich nicht Rücksicht auf diejenigen nehmen soll, die Anfänger im Glauben sind, und ihnen zuerst einfach Freude an der Macht und Gewalt Jesu vermitteln soll. Doch ich dachte: Nimm es an, du musst predigen. Es kommt der Moment, in dem auch die Fortgeschrittenen die Lektion verstehen müssen.
Jesus sagt zu seinen Jüngern: Am Anfang habe ich so nicht zu euch gesprochen, weil ich ja bei euch war. Doch nun kommt der Zeitpunkt, an dem ich euch sagen muss, dass auch ihr als Jüngerkreis durch viel Ohnmacht und Schwäche hindurchgehen werdet.
Jesus spricht davon, wie die Welt nach seiner Himmelfahrt im Aufruhr ist. Es ist so, dass mit der Himmelfahrt der Teufel losgelassen wird und wütet. Er will die Gemeinde jetzt endgültig auslöschen. Erst nach der Himmelfahrt entbrennt der eigentliche Kampf. Davor konnte man sich das gar nicht vorstellen, weil Jesus selbst in der Frontlinie stand. Jetzt aber steht die Gemeinde in der Hauptkampflinie.
Jesus warnt: Sie werden euch in den Bann tun, sie werden euch verfolgen. Ist das denn wirklich unsere Situation? Wir leben doch ganz unangefochten. Ich glaube auch nicht, dass Jesus dies im Blick auf das Martyrium unter Atheisten und Gottesleugnern gesprochen hat. Vielmehr meint Jesus, dass seine Gemeinde, seine glaubenden Jünger bekämpft werden, dass ihnen widersprochen wird und dass viele Menschen ihnen das Wort nicht abnehmen.
Die Einsamkeit und der Widerstand gegen den Glauben
Und dann denken sie einmal darüber nach: Ist das nicht ihre Lage, über die sie schon oft nachgesonnen haben? Warum sind wir nur so ein kleiner Kreis? Da sind die vielen anderen, und wenn ich den Mund aufmache und von meinem Glauben rede, dann lachen sie schon über mich.
Dann kommen sie her und sagen: Die Wissenschaft hat es erwiesen, das gibt Beweise, und sowieso sei alles überholt. Und jetzt wird es noch schlimmer: Ich fühle mich oft selbst im Kreise von evangelischen Christen einsam und allein.
Da gibt es viele, die sagen: Nimm das doch nicht wörtlich, du musst das Ganze doch interpretieren. Glaubst du wirklich so buchstäblich an Jesus? Hast du nicht gemerkt, dass man das heute ganz anders sieht? Das kann man in einem ganz anderen Sinn verstehen.
Dann wird erklärt und gesagt: Du hast doch längst erwiesen, dass das auch von der theologischen Wissenschaft nicht so ist. Glaubst du denn die Wunder noch wirklich? Was ist denn da gemeint? Sie werden euch in den Bann tun, sie werden euch aus ihren Synagogen ausschließen. Da seid ihr auf einmal eine ganz kleine Minderheit.
Und die anderen sagen: Du hast ja von der Wissenschaft noch nichts verstanden, von der Weisheit hast du nichts mitbekommen, vom Verstand ganz zu schweigen. Du bist vielleicht unterbelichtet.
Dann sagen sie: Willst du denn festhalten an dem uralten Väterglauben? Bist du so erzkonservativ und verstockt? Kann man das in unserer Zeit überhaupt noch? Siehst du das nicht?
Übrigens hat die Christenheit heute ganz andere Aufgaben. Wir sind doch mittendrin, die Weltprobleme zu lösen. Wir haben offene Türen, die Menschen nehmen uns an, sie reden gut von uns.
Und dann sagen wir den Menschen: Wir wollen vom gekreuzigten Jesus erzählen. Ach, das ist doch nur ein Interpretament der vergangenen Zeit. So kann man doch heute nicht mehr kommen.
Und auf einmal merkst du: Ich stehe ganz allein. Es sind nur noch ein paar mit mir. Sie werden euch in den Bann tun, sie werden euch aus ihren Synagogen ausschließen.
Die Frage nach der Macht Jesu in der Welt
Wo ist denn der Herr Jesus, der Macht und Gewalt in der Welt hat? Ist er nicht bei denen, die im Rundfunk reden dürfen? Dort hört man schon lange in den Morgenandachten kaum noch etwas von Blut und Wunden Jesu und von der Schuld, die uns anklagt.
Stattdessen wird von Weltthemen gesprochen, die sie längst erfasst haben. Ist das nicht das Aktuelle, um das es doch geht? Wo ist Jesus mit seiner Macht? Warum macht er seine Gemeinde nicht stärker?
Und wer sind die seine Jünger, die ihm treu bleiben? Die sagen: „Wir können nicht von deinem Wort lassen, und wir wollen keine Konzessionen an einem Wort machen. Wir wollen nichts davon abbiegen um deinetwillen.“
Das, was unser Leben groß macht, ist das, was du uns geschenkt hast. Wir wollen deine Wunde rühmen, deinen Tod für uns, dein Kreuz, dein Leiden, dein Auferstehen und deine Himmelsherrschaft.
Wie kann man bloß da bleiben? Sie ist schwach, diese Gemeinde, diese kleine Gruppe derer, die da stehen und sagen: „Nicht soll mir werden, lieber auf Erden als du, der schönste Jesus mein.“ Und wenn die anderen alle Erfolg haben, ich bleibe dabei.
Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Ich will dich fassen, ich will bei dir bleiben.
Der enge Weg des Glaubens und die Gräben in der Christenheit
Wenn sie in ihrem Leben begreifen, was Jesus mit diesen Worten sagen will, dann erkennen sie Folgendes: Ich habe euch nicht von Anfang an alles gesagt. Aber es kommt die Zeit, in der sie wissen müssen, dass sie im Glauben einen ganz engen, schmalen Weg gehen.
Die Kernfrage ihres Christseins ist dann nur, ob sie dabei bleiben – bei Jesus, nicht bei Menschen, nicht bei Gruppen, sondern bei Jesus. Sie brauchen gar keine Gräben zu ziehen. Die Gräben ziehen sich ganz von allein – durch die anderen.
Ich glaube nicht, dass die bekennende gläubige Gemeinde Jesu, die ihn liebt, Gräben aushebt in der evangelischen Christenheit und andere ausschließt. Ich glaube vielmehr, dass andere Gräben ausheben und sagen: „Mit euch kann man ja gar nichts mehr tun.“ Sie lassen einen auf der linken Seite liegen.
In dieser Ohnmacht, in der wir sind, haben wir nichts. Es sieht so aus, als ob das alles ein Witz gewesen wäre – die Himmelfahrt, die Macht Jesu. Wir müssen doch schließlich in die Welt hineinwirken. Wir müssen doch eine starke Christenheit sein, wir müssen leuchten, wir müssen etwas tun.
Mensch, da müssen doch die Menschen auf uns sehen. Die Welt, die Ungläubigen, müssen uns doch erkennen können. Und wir stehen da und sagen dieses alte Wort von der Kanzel. Wir halten Bibelstunden und predigen sein Evangelium.
Ist das denn wirklich das, was Jesus von uns will? Bleiben Sie in dieser Ohnmacht.
Die Treue in der Ohnmacht der Gemeinde
Von denen, von denen Jesus spricht, wird gesagt, dass sie meinen, selbst wenn sie uns töten würden – das ist ein harter Satz – würden sie Gott einen Dienst erweisen.
Hier sehen wir, dass es sich gar nicht um Leute handelt, die Gotteslästerer oder Gottesleugner sind. Es sind Menschen, die Gott dienen. Nur glauben sie, sie müssten endlich die abschütteln, die immer bremsen und die man lange genug ertragen hat, wie einen Flügel in der Kirche.
Es geht dabei nicht um Flügel, sondern um die Treue gegenüber Jesus und seinem Wort. Was hilft letztlich einem Menschen, wenn er in der Schwermut unter seiner Schuld zusammenbricht? Da hilft ihm kein leuchtendes und strahlendes Frommsein. Da hilft ihm nicht die Schönheit der Welt und all die schönen Worte, die ich mache.
Da hilft ihm nur Jesus Christus, der für meine Schuld gestorben ist. Wenn euch der Sohn Gottes frei macht, dann seid ihr wirklich frei! Vor der Anklage des Gewissens rettet mich sonst nichts mehr. Darum kann ich nicht von diesem Wort lassen.
Und wenn ich da stehe und die Aufgaben meines Lebens nicht bewältige, und wenn ich sehe, wie mein Herz selbst vom Bösen befallen ist, dann hilft mir nicht, dass ich einen Traum habe, wie wir Menschen eigentlich vor Gott sein müssten.
Sondern mir hilft nur, dass Jesus mich durch seinen Geist zu einem neuen Menschen machen kann, mir ein neues Herz gibt und einen neuen Sinn. Und wenn es dann zum Sterben geht, dann helfen mir auch nicht die vielen modernen christlichen religiösen Sprüche.
Dann hilft mir nur die gekreuzigte und durchbohrte Hand Jesu, die mich bei der Hand fasst, damit ich nicht ins Bodenlose fallen kann.
Die Gemeinde Jesu nach der Himmelfahrt: Treue statt Erfolg
Wenn du fragst, was Gemeinde Jesu nach der Himmelfahrt ist, dann ist sie oft arm, ohnmächtig, schwach, abgeschrieben und sogar einsam geworden. Das gilt besonders auch für viele unter denen, die sich Christen nennen. Wie viele in unserem Volk verstehen eigentlich das, worüber wir hier sprechen? Wie klein ist die Schar derer, die das wirklich fassen können.
Unser Herr hat von uns keinen Erfolg gefordert, sondern Treue. Er hat Treue gefordert. Deshalb hat er in seinen Abschiedsreden mit seinen Jüngern noch einmal darüber gesprochen, damit sie sich nicht ärgern.
Das Wort, das für Ärgernis steht, hatte früher im Griechentum und im Alten Testament auch die Bedeutung einer Falle oder einer Schlinge, in die man geraten und über die man stolpern kann. Passt also gut auf, dass ihr nicht an der Ohnmacht der Gemeinde Jesu stolpert. Dass sie sich nicht zurückzieht und sagt: „Ich will meinen Platz nicht haben, er ist viel zu klein und zu gering.“
Gemeinde Jesu ist immer klein, denn sie geht dorthin, wo man leuchtet, strahlt und Großes tut. Aber schaut dorthin, wo das ganze Evangelium, die Worte Jesu, kompromisslos und ohne Konzession bis zum Letzten bewahrt werden. Dort schauen Menschen auf und sagen: „Nur bei Dir will ich bleiben, nur Dir will ich gehören.“
Die Macht der Gemeinde durch das Zeugnis
Das war von der Ohnmacht der Gemeinde. Nun muss ich von der Macht der Gemeinde sprechen.
Dieselbe ohnmächtige Gemeinde besitzt eine große Macht – aber nicht so, wie Gregor der Siebte es in der Weltherrschaft meinte, und auch nicht so, wie viele Christen heute glauben. Es ist nicht so, dass die Kirche gemeinsam mit der Welt die Aufgaben dieser Zeit anpacken und lösen könnte, indem sie sich in die Welt hineinverliert. Nein, so ist es nicht.
Die Gemeinde wirkt durch ihr Wort und durch ihr Zeugnis. Viele meinen, wir könnten viel mehr bewirken durch unser bloßes Sein. Doch dieses Sein ist sehr ohnmächtig. Ich schaffe es nicht einmal, bei meinen vier Kindern etwas zu bewirken. Wenn andere das können, gratuliere ich ihnen. Das ist die Ohnmacht meines Glaubenslebens!
Jesus sagt seinen Jüngern: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“ Das verspricht er ihnen. Und ich werde Zeuge sein, durch mein Wort von Jesus, indem ich das verkündige. Manche fragen: „Ja, was ist denn das? Ist das nur ein Wort, das du sagst?“
Was wir heute Morgen hier im Gottesdienst tun – was tue ich denn Großes? Ich will auf Jesus hinweisen und Ihnen sagen, was er in Ihrem Leben tun will. Ich bin nur ein Zeuge.
Die Kraft des Heiligen Geistes im Zeugnis
Sie kennen das von einer Gerichtsverhandlung: Der Richter sagt zum Zeugen Meier: „Bitte vortreten.“ Da kommt er herein. Er kann nicht viel tun, niemanden überzeugen. Er kann nur sagen, wie es ist, die Wahrheit bekennen.
Ich kann in meinem Leben nicht mehr tun, als die verborgene Wahrheit und Wirklichkeit Jesu den Menschen zu sagen. Die anderen lächeln und fragen: „Was geschieht denn dadurch?“ Sehr viel.
Jesus sagt: „Ich will meinen Geist senden.“ Dieser Geist, der Heilige Geist, der Beistand, wird Zeugnis für mich ablegen.
Und so geschieht es: Unter dieser schlichten Predigt, unter ganz einfachen, alltäglichen Sätzen, die wir hier so sagen, entsteht dieses Jesuszeugnis. Plötzlich kommen Menschen zum Glauben. Es fällt ihnen wie Schuppen von den Augen.
Wie hat mich das gefreut! Neulich kam jemand und sagte: „Wusstest du das? Vor vier Wochen ist im Gottesdienst eine Frau zum Glauben gekommen – ganz klar.“ Sie ging hinaus und sagte: „Jetzt bin ich klar, mir ist alles klar. Ich verstehe jetzt, was verkündigt wurde, dass Gott seinen Heiligen Geist sendet.“
Zeugnis und Glaubenswachstum in der Gemeinde
Wir haben uns vorher dort drüben zur Gebetsgemeinschaft versammelt, weil es uns wichtig ist, dass Gott in dieses Singen und Reden über ihn seinen Geist gibt. So können wir einen klaren Blick von ihm bekommen.
Ich war 14 Jahre alt und Schüler im Gymnasium. Während meines ersten Schullandheimaufenthalts habe ich zum ersten Mal ein Zeugnis abgegeben. In einer Versammlung kam ein Freund zu mir, von dem ich wusste, dass er auch den Weg mit Jesus gehen wollte. Er fragte mich in einer Notlage um Rat.
Wir gingen ein wenig spazieren und setzten uns auf eine Bank. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, alles war ganz verworren. Schließlich sagte ich: „Ach, wir wollen das einfach Jesus sagen.“ Ich sehe noch, wie dieser Freund aufsprang, tränende Augen hatte und viele Jahre später sagte, dass dieses Wort für ihn das lösende war.
Für mich war das plötzlich viel zu wenig. Ich hatte immer gedacht, ich müsste die Lösung bringen.
Die Bedeutung des Zeugnisses trotz eigener Ohnmacht
Kommen Sie sich manchmal auch zu gering vor, wenn Sie ein Zeugnis von Jesus sagen wollen? Am Krankenbett, vor einem Verzagten und Müden, vor einem Ungläubigen? Dann vergessen Sie vielleicht, dass es doch der Geist Gottes ist, der Zeugnis von Jesus gibt. Wie ein Scheinwerfer, der plötzlich angemacht wird und in der dunklen Nacht alles anstrahlt und hell macht. Da versteht man plötzlich Jesus Christus, Sohn Gottes, meinen Herrn. Für mich gestorben, der mich liebt in seiner großen Barmherzigkeit, der mich trägt in unendlicher Geduld und der mir bis heute nachgeht.
Auf einmal wird es ganz hell, wenn der heilige Geist redet – durchs Bibelwort, durchs Predigtzeugnis, im Hauskreis, im Gespräch miteinander. Dann werden plötzlich in zwei Richtungen die Dinge erleuchtet. Einmal: Wer bin ich? Man sieht in die Abgründe, wenn der heilige Geist redet. Da sagen sie nichts mehr vom glänzenden und leuchtenden Leben, da können sie nur noch schreien: Herr, erbarme dich meiner.
Und dann leuchtet der heilige Geist noch in die andere Richtung. Er macht uns das Erbarmen Jesu so groß, dass wir sehen können, wie lieb er mich hat. Das gilt mir persönlich. Dann lesen sie Bibelworte und sagen: Wie konnte ich das bisher nicht verstehen? Das ist doch so sonnenklar. Wenn auf einmal die Riegel weggenommen sind und sie klar durchsehen, dann dürfen sie in großer Freude dies weitersagen: Ihr werdet meine Zeugen sein!
Die Entstehung und Aufgabe der Gemeinde Jesu
Wissen Sie, wie bei uns die Gemeinde Jesu entstanden ist? Ich verwende ungern das Wort Kirche, um keine Verwechslung mit Organisationen zu verursachen. Die Gemeinde Jesu, die ihn anbetet und ihm dient, ist nicht nur durch das Wort des Zeugnisses entstanden.
Viele unter uns haben dieses Wort nicht durch große Ereignisse gehört, sondern durch den einfachen Dienst einiger weniger Menschen, die auf Jesus hingewiesen haben. Wenn ich das immer wieder höre und jemanden frage, wie er zum Glauben gekommen ist, erzählt mein Schwiegervater, wie er hier in Stuttgart bei einem Nichtpfarrer an einem Schülerbibelkreis teilnahm. Dort wurde Jesus groß gemacht, und beim Lesen der Bibel wurden plötzlich die Augen geöffnet.
Das ist doch die Macht der Gemeinde Jesu. Heute denkt man oft, das sei nur eine von vielen Aufgaben. Doch das ist die wichtigste Aufgabe, die größte der Gemeinde Jesu, der Kirche — ihr größter und schönster Schatz. Alles andere muss dem gegenüber weit zurücktreten.
Aufruf zum Dienst und Verheißung des Heiligen Geistes
Ich möchte Sie heute zu diesem Dienst rufen. Zunächst möchte ich Ihnen zusprechen, dass der Herr seinen Heiligen Geist in Ihrem Leben wirken lassen will. Er möchte Sie fest im Glauben gründen.
Sie müssen kein wankender Zweifler bleiben. Der Geist Gottes wird Sie im Glauben befestigen. Das hat Jesus seinen Jüngern verheißen: Der Vater wird seinen Geist senden, und er wird bei Ihnen bleiben.
Sie werden ein neuer Mensch werden, weil Sie im Glauben gewiss sind. In der Verbindung mit Jesus sind Sie gewiss. Selbst wenn Sie in diesem Leben noch Ohnmacht und Leiden tragen müssen, durch Unglücke und Not hindurchgehen, wird Ihnen die Kraft dadurch umso größer werden.
Sie sind geborgen, festgeborgen in seinen Armen, gehalten und getragen von ihm. Dann wollen wir sein Wort weitersagen, damit sein Reich heute ausgebreitet werden kann.
Auf keine andere Weise kommen Menschen zum Glauben – nur durch sein Wort.
Schlusslied und Gebet
Wir singen so gern den Liedvers in unserer Bibelstunde:
Gib uns der Apostel hohen, ungebeugten Zeugenmut,
aller Welt trotz Spott und Thron
zu verkünden Christi Blut.
Lass die Wahrheit uns bekennen,
die uns froh und frei gemacht,
dass wir es nicht lassen können.
Habe du die Übermacht, Amen.