Einstieg in das Thema und biblischer Ausgangspunkt
Ja, ja, das ist ja gut. Das kann ruhig unten bleiben, dann seht ihr mich besser. Sonst verstecke ich mich nachher hinter dem Pult.
Nach diesem überschwänglichen Willkommen weiß ich gar nicht, was ich noch sagen soll. Jetzt kann ich ja nur dieses großartige Bild irgendwie in Frage stellen oder zerstören, wenn ich etwas sage, das dem gar nicht so entspricht. Da muss ich jetzt jeden meiner Sätze genau überlegen.
Das Beste, was ich dabei tun kann, ist, erst einmal mit der Bibel und dem Wort Gottes zu beginnen. Denn da kann ich ja nichts falsch machen. Wenn ihr dann etwas zu kritisieren habt, müsst ihr euch an Gott selbst wenden. Dann müsst ihr sagen: „Also, das hast du gemacht, dafür bin ich nicht verantwortlich.“
Ich lade euch ein, mit mir aufzuschlagen, und zwar im Lukasevangelium, Kapitel 8. Immer wieder, wenn ich in der Bibel lese, bin ich ganz überrascht über die Fülle, die darin steckt, über das, was Gott mir immer wieder zu sagen hat.
Dieses Kapitel 8 beginnt schon ganz besonders. Es ist nämlich die einzige Stelle in der Bibel, wo wir lesen, dass Jesus neben seinen zwölf Jüngern auch noch einige Jüngerinnen gehabt hat. Ich weiß nicht, ob euch das mal aufgefallen ist: In Kapitel 8, die ersten drei Verse, steht von verschiedenen Frauen, die Jesus begleitet haben. Und zwar nicht nur für ganz kurze Zeit, sondern scheinbar über eine lange Zeit seiner Wirksamkeit hinweg.
Jetzt könnte ich heute Morgen die Zeit nehmen, die Biografien dieser Frauen, die da aufgezählt sind, nachzugehen. Das wäre auch eine ganz spannende Sache. Aber ich hatte mir etwas anderes vorgenommen. Ich glaube, das, was wir direkt danach lesen, hat uns wirklich etwas zu sagen.
Jesus gibt hier nämlich eine Lektion über den Landbau, über den Ackerbau, über die Landwirtschaft – über die Bauern sozusagen. Einige könnten sich jetzt zurücklehnen und sagen: „Damit habe ich doch nichts zu tun.“ Ich vermute mal, die meisten von euch hier in der Großstadt Zürich gehen nicht unbedingt der Landwirtschaft nach.
Jesus gibt hier ganz praktisch ein paar Tipps für Landwirte. Aber keine Angst, wenn ihr nicht dazu gehört: Jesus wendet das später auch noch an auf das Leben von all denjenigen, die nicht jeden Tag auf dem Acker stehen, um dort Getreide auszusäen.
Das Gleichnis vom Sämann: Landwirtschaft als Bild für geistliches Leben
Ich lese zuerst einmal die ersten Verse, also ab Vers 4, Kapitel 8 im Lukas-Evangelium, von Vers 4 bis Vers 8.
Als nun eine große Menge zusammenkam und sie aus den Städten zu ihm zogen, also zu Jesus zogen, sprach er in einem Gleichnis: Ein Sämann ging aus, um seinen Samen auszusäen. Und als er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen es auf. Anderes fiel auf den Felsen, und als es aufwuchs, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Wieder anderes fiel mitten unter die Dornen, und die Dornen, die mit ihm aufwuchsen, erstickten es. Und anderes fiel auf das gute Erdreich, wuchs auf und brachte hundertfältig Frucht. Als er das sagte, rief er: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“
Also, so weit erst einmal etwas über den Landbau. Ich erinnere mich, es geht mir fast jedes Mal so, wenn ich das lese: Mein erster Gedanke ist, was ist das für ein dummer Bauer? Ich weiß nicht, wie es euch so geht. Ich würde ihm ja den Tipp geben: Warum wirfst du überhaupt das Korn auf die Felsen? Warum wirfst du das Korn auf den Weg? Stellt euch mal vor, ihr habt so einen Acker, und stattdessen geht ihr auf die Straße, vielleicht gerade auf die Autobahn, und streut dort den Samen aus und hofft, dass dann das Getreide wächst. So ähnlich klingt das doch hier, wenn Jesus sagt, einiges warf er auf den Weg, anderes auf den Felsen und manches noch unter die Dornen.
Da würde man sagen: Das ist doch nicht ökonomisch, überleg dir doch, wo du das hinwirfst! Allerdings, beim zweiten Lesen und Nachdenken wird mir bewusst: Na ja, ganz so ist die Sache nicht, Michael. Denn so sieht Landwirtschaft heute aus. In der Schweiz, in Deutschland, auch an anderen Orten. In Israel sieht das anders aus.
Wer mal dort gewesen ist – und wer noch nicht, ich lade euch ein, mitzukommen – wer mal dort war, der weiß, die Äcker sind nicht so schön wie in der Schweiz. Jetzt sagen einige: Na ja, in der Schweiz gibt es Berge, das ist schwierig. Ja, aber es gibt auch viel fruchtbaren Boden.
In Israel ist es so, dass man eine ganz lange Zeit im Jahr nicht einmal erkennen kann, wo fruchtbarer Boden ist, weil es zu trocken ist. Erst wenn der Regen kommt, merkt man, wo es fruchtbar ist und wo nicht. Das sieht ähnlich aus.
Und bei den Wegen ist es so: Das sind nicht die Autobahnen, sondern eher kleine Parzellen. Um zu diesen kleinen Parzellen zu kommen, gab es kleine Trampelpfade mitten zwischen den Feldern. Da konnte der Bauer einfach keine klare Grenze setzen.
Wenn er so aussät – ihr habt vielleicht mal Bilder gesehen, wie ein Bauer ein Tuch um den Hals gebunden hat, in dem die Samenkörner waren. Dann nimmt er eine Handvoll Samen und streut sie aus. Wenn da zwei Meter von dir entfernt ein Trampelpfad entlanggeht, wie willst du verhindern, dass Körner dahin fallen? Das geht gar nicht.
Das ist hiermit gemeint: Es ist keiner, der absichtlich dorthin wirft, sondern dort, wo man aussät, kann man nicht immer sicher sein, wo die Körner landen.
Genauso ist es mit dem Felsen. Keiner hat irgendwo auf Felsen die Samen ausgestreut, das wäre unsinnig und dumm. Das hat damals kein Bauer getan und tut es heute auch nicht.
Aber was in Israel weit verbreitet ist – ganz besonders in Judäa, aber auch in weiten Teilen Galiläas – das ist steiniger Boden. Dort gibt es große Steine, und manchmal liegt nur eine dünne Erdschicht darüber.
Damit ist gemeint: Es wird nicht direkt auf den Felsen gesät, sondern auf das Erdreich, unter dem der Felsen liegt. Das sieht man in dem Moment nicht, aber es zeigt sich später.
Wenn die Pflanze aufwächst, steht da, dass keine Feuchtigkeit da ist, weil der Boden vom Felsen getrennt ist. Es gibt nur die Feuchtigkeit vom Regen, aber nicht von unten. Das genügt nicht, und die Pflanze wächst nicht weiter.
Das ist damit gemeint.
Bei den Dornen und Disteln geht es natürlich nicht darum, dass der Bauer gezielt unter die Dornen sät und sich wundert, dass nichts wächst. Diese Dornen und Disteln verstreuen im Herbst ihre Samen überall. Man sieht aber nicht, wo sie sind, und kann sie nicht raussuchen.
Es gibt auch keine Herbizide wie heute, mit denen man sie alle vernichten könnte.
Wenn dann die Feuchtigkeit kommt, gerade im Frühling in Israel – ähnlich wie bei uns, nur noch stärker ist der Unterschied zwischen Frühling und Herbst – im Frühling ist vieles grün, und sobald der Sommer kommt, verdorrt vieles, besonders dort, wo kein Wasser ist.
Die Disteln hingegen sind sehr widerstandsfähig. Sie wachsen auf und viel schneller als das Getreide.
Genau das meint Jesus hier. Er kennt die Landwirtschaft dort. Da sind Disteln im Boden, und man streut den Samen vom Korn darüber. Wenn die Feuchtigkeit kommt, wachsen die Disteln doppelt so schnell wie das Korn. Die kleinen Kornpflanzen kommen, aber oben drüber sind schon die Disteln, und sie ersticken das Korn.
Das ist, was Jesus meint.
Ich erkläre das ein bisschen, weil wenn wir das nicht verstehen und nicht den Hintergrund der Landwirtschaft in Israel kennen, verstehen wir nicht, was Jesus hier sagen will. Dann erscheint uns das irgendwie nur komisch. Was erzählt er denn da eigentlich?
Die Bedeutung des Gleichnisses und die Offenbarung des Geheimnisses
Und ich möchte an dieser Stelle auch nicht stehen bleiben. Würden wir hier stehen bleiben, dann ginge es mir genauso wie den Jüngern. Denn nachdem die Jünger dieses Gleichnis gehört hatten, lesen wir: Da fragten ihn seine Jünger und sprachen: Was bedeutet dieses Gleichnis?
Heute Morgen sind unter meinen Zuhörern viele eifrige Bibelleser und Bibelkenner, die ja schon wissen, was das Gleichnis bedeutet, weil sie es bereits gelesen haben. Aber jetzt versuchen wir, so zu tun, als wüssten wir nichts von dem, was später im Text steht. Ich muss sagen, ich hätte zunächst Schwierigkeiten, zu deuten, was das heißen soll.
Da ist jemand, der Samen ausstreut – und dann? Wächst das oder wächst das nicht? Ist das vielleicht so wie bei Pinocchio, wo jemand sein Geld in die Erde steckt und dann Geldbäume daraus wachsen? Nein, das ist hier wohl nicht gemeint. Zum Glück lässt Jesus es bei diesem Gleichnis nicht einfach stehen, sondern er erklärt es selbst. Deshalb muss ich euch nicht viel deuten, sondern nur vorlesen, was Jesus dazu sagt.
Allerdings gibt er uns vorher noch einen ganz wichtigen Hinweis. Es steht nämlich: Er sprach: Euch ist es gegeben, das Geheimnis des Reiches Gottes zu erkennen, den anderen aber in Gleichnissen, damit sie sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen.
Hier verbirgt sich ein Geheimnis der Bibel, das uns alle herausfordert. Das Geheimnis ist nämlich: Ich werde die Bibel nur verstehen, wenn ich innerlich dafür offen bin – so wie die Jünger Jesu. Sie haben Jesus nicht zugehört, um darüber zu diskutieren oder ihr intellektuelles Wissen aufzufrischen. Sie haben ihm zugehört, weil sie spürten, dass Jesus Worte des ewigen Lebens spricht. Jesus sagt etwas, das direkt in ihr Leben hineintrifft. Das ist das Besondere.
Das ist auch das, was wir heute erleben werden – bei den Menschen, mit denen wir hier zusammen sind, und bei denen, mit denen wir im Alltag zu tun haben und die sich mit dem Wort Gottes auseinandersetzen. Dasselbe Wort hört jeder, aber bei dem einen bewirkt es eine Lebensveränderung, bei einem anderen vielleicht nur Spott über Gott.
Ich merke das besonders, wenn ich in Internetforen unterwegs bin, um mit Menschen über den Glauben zu sprechen oder auf Antworten zu meinen YouTube-Filmen zu reagieren. Viele dieser Menschen haben mit Gott nichts zu tun. Sie würden auch nie in einen Gottesdienst gehen, aber im Internet treffe ich sie. Und wir führen intensive Gespräche.
Natürlich sind diese Gespräche im Internet manchmal auch heftig. Es gibt Leute, die mich dann übel beschimpfen. Das gehört dazu, und man muss lernen, emotional damit umzugehen. Wer im Internet über Glaubensfragen spricht, muss sich darauf einstellen, dass nicht alle so freundlich sind wie hier im Gottesdienst.
Zum Teil liegt das an der Form des Internets, an dem Medium, zum Teil aber auch daran, ob ein Mensch offen ist, sich von Gott ansprechen zu lassen. Denn du kannst jeden Tag die Bibel lesen oder sie per MP3-Player Tag und Nacht auf dich einrieseln lassen. Wenn du innerlich nicht offen bist, bewirkt das gar nichts. Es führt sogar zu Unverständnis. Du fragst dich vielleicht: Was für ein Blödsinn steht denn da drin?
Das ist ein Schlüssel für uns und auch für andere Menschen, mit denen wir zu tun haben. Intellektuelle Erklärungen reichen immer nur ein gewisses Stück weit. Wenn du es nicht wahrnehmen willst, öffnet es sich dir nicht wirklich. Jesus sagt hier an dieser Stelle: Das ist auch bewusst so gedacht.
Für den, der offen ist und sucht, bedeutet das Wort Gottes Worte des ewigen Lebens. Für den, der es nur liest, um darüber zu spotten, wird es nie wirklich verständlich werden.
Als ich an der Universität Basel studierte, gab es Professoren, die nicht unbedingt Spötter waren, aber die Bibel oft nur lasen, um darüber zu diskutieren. Und das kann man tun. Aber innerlich gingen sie immer am Wesentlichen vorbei.
Ich konnte mit diesen Professoren diskutieren – hochintellektuelle Menschen, die fließend Griechisch und Hebräisch konnten. Trotzdem ging es an ihnen vorbei. Und das ist das Geheimnis, das Jesus hier beschreibt: Wir können der Bibel nie nur intellektuell begegnen, das reicht nicht aus.
Wir müssen unseren Intellekt nicht ausschalten, gar nicht, aber der Intellekt allein genügt nicht. Das kennen wir ja auch von anderen Dingen.
Die Bedeutung von Offenheit und innerer Haltung für das Verstehen
Würden wir uns einmal hineinversetzen: Manche von uns sind verheiratet, manche von euch sind verliebt. Wenn nun deine Angebetete, Geliebte oder jemand anderes auf dich zukommt und sagt: „Ich liebe dich“, dann wirst du das wahrscheinlich nicht nur intellektuell analysieren, oder?
Natürlich könnte man das tun. Du könntest den Tonfall genau analysieren: War die Betonung erst ansteigend oder abfallend? Dann würdest du vielleicht im Internet nachschauen, was das Wort „Liebe“ alles bedeutet. Anschließend würdest du abwägen, was sie wohl damit meint, Statistiken anstellen und nach zwei Wochen fragst du dich: „Was wolltest du mir eigentlich damit sagen?“
Das macht ihr doch wahrscheinlich nicht so, oder? Das wäre eine rein intellektuelle Auseinandersetzung. Und genauso ist es selbst bei so einem einfachen Satz wie „Ich liebe dich“: Wenn du dich nicht von Herzen dafür öffnest, kannst du lange heruminterpretieren. Du könntest denken: „Das sagst du mir, um mich irgendwo herumzukriegen. Was willst du jetzt eigentlich? Willst du, dass ich dir etwas Geld gebe? Willst du Zeit mit mir verbringen? Hast du ein schlechtes Gewissen?“
Theoretisch wäre all das möglich. Aber wir merken: Wenn wir uns nicht von Herzen für etwas öffnen, was ein anderer sagt, dann bleibt es immer nur distanziert. Dann können wir interpretieren und darüber diskutieren, doch das wird uns nie von Herzen wirklich verändern.
Genau das ist auch das, was Jesus hier sagt. Er meint: Du kannst den ganzen Tag dem Wort Gottes ausgesetzt sein, aber es wird dir nichts bringen, wenn du nicht innerlich offen dafür bist. Wenn du nicht innerlich auf der Suche nach Gott bist, dann bringt das alles nichts.
Dann kommt die schöne Deutung Jesu. Wie gesagt, die Deutung muss ich nicht machen, die macht Jesus hier selbst. Ab Vers elf schreibt er: Das Gleichnis bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes.
Die Deutung des Gleichnisses: Vier Arten von Boden und ihre Bedeutung
Die am Weg sind, sind diejenigen, die hören. Danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihren Herzen weg, damit sie nicht zum Glauben gelangen und gerettet werden.
Die aber auf dem Felsen sind diejenigen, die das Wort hören. Wenn sie es hören, nehmen sie es mit Freuden auf. Aber sie haben keine Wurzel. Sie glauben nur eine Zeit lang, und zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab.
Was aber unter die Dornen fiel, das sind diejenigen, die es gehört haben. Doch sie gehen hin und werden von Sorgen, Reichtum und den Vergnügungen des Lebens erstickt. Deshalb bringen sie die Frucht nicht zur Reife.
Das in dem guten Erdreich sind diejenigen, die das Wort, das sie gehört haben, in einem feinen und guten Herzen behalten und Frucht bringen in standhaftem Ausharren.
Soweit. Also ganz verschiedene Gruppen.
Ich möchte erst einmal in dem Gleichnis Jesu auf etwas eingehen, was hier so wörtlich nicht drinsteht. Diese Gleichnisse laden ja dazu ein, dass wir uns mit irgendetwas im Gleichnis identifizieren. Ein Teil, mit dem wir uns identifizieren können, sind eben diese verschiedenen Ackerböden. Da müssen wir uns fragen: Zu welchem Ackerboden gehöre ich denn?
Wahrscheinlich sagen wir alle emotional: Ich will zum Letzten gehören. Das ist ja das, was da steht, der fruchtbare Boden, da, wo es aufwächst, da, wo dann viel Frucht entsteht. Klar wollen wir dazu gehören, also ich zumindest.
Und Jesus erzählt das so, dass wir, wenn wir auf die anderen achten, vielleicht sehen, dass wir auch ein bisschen zu einem anderen Boden gehören. Und was könnten wir da tun, damit noch mehr das Wort Gottes Frucht tragen kann in unserem Leben?
Ich möchte zuerst allerdings auf etwas anderes eingehen.
Wir können uns in diesem Gleichnis nämlich auch mit dem Sämann identifizieren. Für mich ist das sogar das, was mir leichter fällt, weil immerhin ist der Sämann ein Mensch. Der Ackerboden ist eher etwas, das mehr Anstrengung braucht, um sich darin zu erkennen: Ich bin ein Ackerboden.
Aber ich bin ein Sämann – das kann ich mir erst mal mehr vorstellen. Ich glaube, zum Teil sind wir das auch. Zum Teil ist das, was Jesus hier beschreibt, die Aufgabe eines jeden Christen, das Leben eines jeden Christen. Du sollst in deinem Alltagsleben Sämann sein.
Das ist eigentlich auch das, was wir heute am meisten mit dem Evangelium verbinden. Wir bezeichnen und beschreiben es oft so, wenn wir sagen: Du sollst Evangelist sein, Missionar sein, Diakon sein oder wie ich das sonst noch ausdrücken kann. Na ja, einfach unsere Wirkung nach außen als Christ.
Denn manchmal sind die Menschen um uns herum diese Ackerböden, und du bist derjenige, der aussät.
Die Rolle des Sämanns: Verantwortung und Befreiung
Und was musst du dafür tun? Du brauchst keine spezielle Ausbildung, denn es ist relativ einfach zu lernen. Eine der besonderen Dinge, die hier beschrieben werden, ist, dass es nicht in erster Linie auf dich ankommt.
Das Wesentliche, was der Seemann hier nicht tut – und das war für mich eine wichtige Erkenntnis – ist, dass er nicht verantwortlich ist für die Frucht, die am Ende entsteht. Er trägt keine Verantwortung dafür, wie die Menschen mit dem umgehen, was er sagt.
Mir ging es in meinem Leben lange Zeit so: Ich fühlte mich verantwortlich für das Ergebnis und war oft frustriert. Ich habe mit der Gemeinde missionarische Einsätze gemacht und war hinterher enttäuscht, weil sich niemand bekehrt hatte. Dann fragte ich mich: Michael, was hast du falsch gemacht?
Peinlicherweise muss ich gestehen, dass ich als überschwänglicher Jugendlicher tatsächlich manches falsch gemacht habe. Besonders peinlich erinnere ich mich an eine Situation, als ich mit einem Bus von T-Mobile in Deutschland unterwegs war. Wir hatten einen Einsatz, und zwei junge Männer stiegen ein. Ich dachte sofort, die werden sich jetzt bekehren. Deshalb habe ich etwas Druck auf sie ausgeübt. Ich setzte mich ein wenig vor die Tür, nicht ganz, aber so ungefähr, und machte ihnen klar, dass die Hölle bald kommt – nicht ganz so drastisch, aber in der Richtung.
Tatsächlich bekehrten sie sich auch. Doch schon am nächsten Tag kamen sie nicht zum vereinbarten Treffen, um weiterzureden. Vorsichtshalber hatte ich mir ihre Adresse aufgeschrieben und bin zu ihrem Haus gegangen. Ich klingelte, sah sie durch das Fenster, doch sie öffneten nicht. Das war mir peinlich, denn ich hatte versucht, mit menschlichen Mitteln nachzuhelfen, was eigentlich Gott wirken soll.
Manche Sektierer machen das genau so: Sie malen die Höllenflammen so anschaulich vor Augen, dass einem schon selbst warm wird, und man denkt: „Oh nein, bloß nicht!“ Andere zeigen die Verzweiflung der Welt so deutlich, dass man denkt: „Ach, ist das alles schlimm!“ Vielleicht braucht man manchmal so einen kleinen Anstoß, aber im Grunde sind das menschliche Mittel. Wir versuchen, menschlich nachzuhelfen, was nur Gott tun kann.
Umso befreiender war es für mich zu lesen: Michael, du bist nicht verantwortlich dafür. Das ist Gottes Sache und die der Menschen, nicht deine. Das gibt Freiheit. Wenn ich jetzt mit Schülern einen Missionseinsatz mache, kann ich abends nach Hause gehen und sagen: Herr Jesus, wir haben getan, was wir tun konnten. Mach du etwas Gutes daraus. Ich muss mir nicht mehr die Last aufbürden, was am Ende daraus wird.
Manchmal ist es ja so: Vielleicht hast du einen Arbeitskollegen, dem du schon ein- oder zweimal vom Glauben erzählt hast. Du bist frustriert, weil er sich immer noch nicht bekehrt hat. Vielleicht ist er nicht einmal in die Gemeinde gekommen, was eine erste Stufe wäre, damit er intensiver etwas vom Wort Gottes hört. Du betest dafür, aber das ist nicht deine Sache.
Gott hat eine Geschichte mit jedem Menschen. Er kann dich gebrauchen, um Samen auszustreuen. Das kann uns guttun, denn das, was wir tun sollen, kann manchmal frustrierend sein. Vielleicht hörst du auf, über den Glauben zu sprechen, weil nichts daraus wird. Aber man sollte das nicht tun. Deine Aufgabe ist es, Seemann zu sein und auszusäen.
Worauf der Same fällt und was damit passiert, ist nicht deine Sache. Auszusäen bedeutet hier, das Wort Gottes weiterzugeben. Das ist ein Same, den Gott gebrauchen will. Doch es führt nicht immer dazu, dass Menschen zu Jesus Christus finden.
Wenn wir die verschiedenen Ackerböden betrachten, müssten wir sagen: Drei Viertel des Samens kommen nicht zum Ziel. Ich weiß nicht, ob überall gleich viel Samen auf die verschiedenen Böden fällt, aber von den vier verschiedenen Böden bringen nur etwa einer Früchte.
Vielleicht ist das eine Realität, die es immer im Reich Gottes und in der Welt gegeben hat: Das meiste, was vom Wort Gottes weitergegeben wird, führt nicht zum gewünschten Erfolg – weil der Mensch beteiligt ist. Aber lasst uns befreit davon sein: Wir sind nicht verantwortlich für das Ergebnis. Wir sollen es so gut wie möglich machen.
Praktische Hinweise zum Aussäen und Zeugnisgeben im Alltag
Es bedeutet nicht, dass du jetzt jeden Tag nur aus der Bibel vorlesen musst. Das Wort Gottes kann auch darin bestehen, dass du weiter erzählst, was du mit Gott erlebt hast.
Du kommst nach dem Wochenende irgendwohin und habt eine kleine Mittagspause oder Kaffeepause, eine Besprechung oder ihr seid einfach beim Arbeiten. Vielleicht kommst du mit dem Nachbarn ins Gespräch und kannst ein kleines bisschen von dem weitergeben, was du mit Gott erlebt hast. Manchmal bietet sich das ganz unmittelbar an. Manchmal bereitet Gott solche Gespräche vor.
Das war zum Beispiel gerade, bevor wir am Freitag losgefahren sind. Plötzlich stand einer der Nachbarn an unserer Haustür. Wir saßen schon im Auto und wollten gerade losfahren, da wollte er noch ein paar Dinge mit uns besprechen. Ich dachte, wir haben ja immer wieder miteinander zu tun, und fragte ihn: „Wie geht es Ihnen eigentlich, Herr Müller?“ Er heißt wirklich so, das ist kein Kunstname. Ihr kennt ihn ja nicht, deshalb darf ich den Namen nennen. Ich glaube, er hätte auch nichts dagegen.
Dann fragte ich ihn, wie es ihm geht, und plötzlich öffnete er sein Herz und zeigte mir, wie es ihm wirklich geht. Das macht Gott. Manchmal gibt Gott solche Möglichkeiten. Wenn du offen dafür bist, kannst du sie nutzen.
Manchmal ist es vielleicht einfach nur ein bisschen Wort Gottes, wenn du sagst: „Ich bete für dich.“ Oder denken wir an eine andere Frau, die auch bei uns im Dorf wohnt. Sie hat Kinder, die langsam erwachsen werden, und riesige Probleme mit ihnen. Da denke ich oft, meine Probleme mit unseren Kindern sind dagegen noch harmlos.
Neulich war ein ganzes Polizeiaufgebot um ihr Haus. Die Leute wurden evakuiert, weil der Verdacht bestand, dass einer der Söhne Sprengstoff im Haus hat. Stellt euch das mal vor, in dem Dorf, in dem ihr lebt! Das bekommen alle mit. Nicht nur, wie peinlich das ist, sondern auch, wie sehr die Mutter darunter leidet. Der Sohn kam in Untersuchungshaft. Unsere Kinder sind im Vergleich dazu ganz brav – auch wenn sie nicht immer brav sind.
Diese Frau kam dann zu Viviane und sagte: „Wir müssen zusammen beten.“ Dann äußerte sie den Wunsch: „Da geht es nicht mehr weiter, bete für mich.“ Das sind solche Gelegenheiten. Sie können klein oder groß sein.
Ein anderer Nachbar, ein Musik-Öko-Freak, wohnt ein paar Häuser weiter. Dann kommen wir ins Gespräch. Er fragt uns: „Wenn ich mal ein Konzert mache, dürfen meine Konzertbesucher bei euch auf dem Grundstück parken?“ Er wollte uns sogar Geld anbieten, aber wir sagten: „Nein, kein Geld, ihr könnt umsonst hier parken.“ Er hat das schon ein paar Mal genutzt.
Dann kam er ins Gespräch und sagte: „Wenn alle Menschen Musiker wären, dann wäre Frieden in der Welt.“ Ihr glaubt das nicht? Mir war das innerlich etwas zu mutig. Ich wusste nicht, ob er es ernst meint oder nicht. Aber er meinte es wirklich ernst.
Dann habe ich ihm gesagt: „Frieden in der Welt ist hier wichtig, und genau dafür ist Jesus gekommen. Jesus will auch Frieden bringen.“ So habe ich es gesagt. Dann waren wir im Gespräch über Gott, über Jesus, über Glauben. Ich hoffe, dass Gott das gebraucht.
Ich merke ganz häufig in meinem Alltag, dass Gott Vorlagen gibt, dass er Möglichkeiten schenkt. Jetzt geht es nur darum, ein kleines bisschen Samenkörner des Wortes Gottes auszustreuen. Manchmal sind es biblische Gedanken, manchmal ein Bibelwort, manchmal ein kleines Geschenk. Manchmal einfach nur ein Hinweis wie: „Ich bete für dich“ oder „In dieser Situation hat Gott mir schon geholfen“ oder Ähnliches.
Das sind solche Samenkörner. Und hier liegt die Herausforderung: Du bist so ein Seemann!
Wenn du manchmal keinen Mut mehr hast, weil du die Frucht nicht siehst, denk daran: Das ist nicht deine Verantwortung. Deine Verantwortung ist nur, die Gelegenheit zu nutzen, wenn Gott sie dir gibt, und etwas weiterzugeben von dem, was Gott dir anvertraut hat.
Deine Tasche ist voll von Samen, du trägst sie bei dir. Jetzt musst du sie weitergeben. Solange die Samen in der Tasche bleiben, helfen sie niemandem. Sie wachsen ganz bestimmt nicht. Also nimm sie heraus! Das ist deine Tasche. Das Gebet ist deine Tasche, in die Gott Samen gelegt hat, das, was du mit ihm erlebt hast. Das sind diese Samen Gottes.
Nimm jetzt etwas daraus und streue es aus, gib es weiter. Dann besteht zumindest die Möglichkeit, dass Gott es nutzt und Menschen dadurch verändert. Das dauert seine Zeit. Auch der Seemann sieht erst nach einem halben Jahr, was daraus wird. Am Anfang, wenn die Pflänzchen kommen, weiß er noch nicht, was am Ende daraus wächst.
Ich möchte das hier lesen: Erstens können wir uns mit dem Seemann identifizieren. Ihr seid Seemänner und Seefrauen und gebt von dem weiter, was ihr habt. Du bist nicht verantwortlich für das, was dadurch geschieht.
Der gute Boden: Offenheit und Standhaftigkeit als Voraussetzung für Frucht
Jetzt möchte ich doch noch ein bisschen auf diese verschiedenen Böden eingehen, denn auch du bist immer Boden. Manchmal bist du derjenige, der zuhört, wie heute Morgen. In diesem Moment bist du nicht derjenige, der ausstreut; im Moment rede ich ja. Ich habe auch etwas aus der Bibel vorgelesen. Jetzt bist du eher etwas von diesem Boden.
Die Frage ist: Was können wir beitragen, damit wir möglichst guter Boden sind? Damit, wenn das Wort Gottes auf uns niederprasselt, wir richtig damit umgehen können.
An sich finde ich den Begriff vom Samen wirklich bedenkenswert. Wenn du ein Wort Gottes hörst, zum Beispiel in der Predigt, dann prasseln die Samenkörner auf dich nieder. Aber wir wissen alle, das Eigentliche muss erst nachher kommen. Das Hören, das Zuhören allein bringt noch gar nichts. Es kommt darauf an, was mit diesem Samen passiert. Das ist es, was Jesus uns sagen will.
Du kannst deine ganze Wohnung mit Bibelversen plakatieren; das ist nicht schlecht. Du setzt dich immer wieder dem Wort Gottes aus. Aber dadurch ist das Ziel noch nicht erreicht. Das Ziel ist, dass aus dem Samenkorn etwas wächst. Man merkt, dass darin eine richtige Kraft, eine Dynamis steckt. Dann geht der Samen auf, und die Pflanze wächst heraus. Häufig ist die Pflanze viel größer als der eigentliche Samen.
Das heißt: Was mit dem Wort Gottes passiert, das du morgens auf dem Kalenderblättchen liest, bei den Losungen, in der Andacht, in der Bibel oder durch Gebet erfährst, ist erst der Anfang. Gott will, dass dein Leben hinterher so ist wie ein Weizenfeld. Dass dort nicht nur die Körner liegen, sondern dass etwas wächst.
Die Dynamik steckt nicht in dir, du kannst nur die Bedingungen schaffen. Die Dynamik steckt im Samenkorn selbst.
Du kannst der prächtigste Acker sein, aber wenn du dich nicht dem Wort Gottes aussetzt, bringt der prächtigste Acker keine Frucht. Ihr könnt es ja ausprobieren: Nehmt einen ganz tollen Acker und deckt ihn oben ab, alle schön zu, so dass keine Samenkörner hineinfallen. Dann könnt ihr ihn bewässern, wie ihr wollt, und die Sonne kann darauf scheinen – es passiert nichts.
Das heißt, das Erste, was wir lernen sollten, ist: Wir müssen uns immer wieder dem Wort Gottes aussetzen. Wenn wir das nicht tun, dann ist alles vertan, und es wird keine Frucht geben – in keiner Weise.
Sich dem Wort Gottes aussetzen heißt: Zeit zum Gebet nehmen, Zeit zur Gemeinschaft mit anderen Christen. Dort können andere Christen uns das Wort Gottes sagen. Es heißt auch, Zeit zum Lesen in der Bibel nehmen. Dort haben wir das Wort Gottes, das in uns hineindringen kann. Das ist das Erste, das hier vorausgesetzt wird.
Was wir allerdings auch sehen – und das ist ja tragisch – ist, dass es Menschen gibt, und manchmal gehören wir selbst dazu, die hören das Wort Gottes, aber es kommt nicht zu dem Ziel, das Gott eigentlich in unserem Leben erreichen will.
Die Herausforderungen: Teufel, Anfechtung und Ersticken durch Sorgen, Reichtum und Vergnügungen
Und das Erste, was hier steht, klingt für einen modernen Zeitgenossen, insbesondere für einen modernen Schweizer, ziemlich drastisch. Er würde vielleicht sagen: „Was ist das für ein Aberglaube? Da kommt der Teufel und nimmt das Wort Gottes hinweg.“
Aber wo ist der Teufel denn? Habt ihr ihn schon einmal gesehen? Mit fauligem Atem, Pferdefuß und Schweif? So steht er auch nicht in der Bibel. Nein, der Teufel wird in der Bibel eher als der Engel des Lichts beschrieben, der sich gut verkleidet. Meistens sehen wir ihn gar nicht direkt. Was hier gemeint ist: Der Teufel zieht im Hintergrund an den Strippen. Es wird uns gesagt, dass es nicht nur Gott gibt, sondern auch einen Gegenspieler Gottes.
Dieser Gegenspieler will zunichtemachen, was Gott in deinem Leben schaffen will. Vielleicht hat er nicht verhindert, dass du das Wort Gottes hörst. Aber das Beste, was er tun kann, ist, dass du es schnell wieder vergisst. Manchmal reicht es schon, dass du nach Hause gehst und nach zwei Tagen erinnerst du dich an kein Wort mehr aus dem Gottesdienst.
Hier wird gesagt, dass das manchmal eine geistliche Strategie ist. Der Teufel kann nicht immer verhindern, dass Christen das Wort Gottes hören. Aber er kann verhindern, dass es irgendwo Wurzeln schlägt. Dann kommen ganz schnell Gedanken des Alltags, Pläne des Alltags, und zack, zack – alle Worte Gottes werden wieder herausgenommen. Du bist so, als wärst du nie im Gottesdienst gewesen.
Du bist dadurch nicht ungläubig oder ein böser Mensch. An diesem Acker fehlt nicht einmal etwas, hier liegt es nicht an deinem Einfluss, sondern an einem äußeren Einfluss. Dieser wird mit Vögeln oder Raben beschrieben, die das Wort wieder herauspicken. Das kann sehr häufig passieren. Unser Leben ist oft so voll, unser Terminplan überfüllt. Viele Dinge sind gar nicht böse, nichts Schlechtes dabei. Aber sie können sofort alles neutralisieren und wegnehmen, was Gott eigentlich in uns schaffen will.
Was können wir tun? Wir können versuchen, das Wort festzuhalten und es nicht gleich den „Vögeln“ zu überlassen. Wir sagen: Ich will mich daran erinnern. Dieser innere Wille, daran festzuhalten – ich glaube, das ist das, was wir dagegen tun können.
Zweitens steht hier: Bei manchen ist es wie beim Felsen. Sie nehmen das Wort mit Freuden auf, haben aber keine Wurzeln. Nach einer Zeit der Anfechtung ist alles wieder weg. Vielleicht kennt ihr solche Menschen auch, vielleicht seid ihr manchmal selbst solche Menschen.
Du bist in einem Gottesdienst begeistert, emotional angesprochen durch Lieder, Predigt, Zeugnis oder etwas anderes. Du denkst: Jetzt will ich es ernst mit Jesus machen, mit ihm leben. Du startest in den Alltag mit vielen guten Vorsätzen. Aber du vergisst, dass es Anfechtung geben wird. Anfechtung heißt Widerstand.
Plötzlich fängst du an, zum Beispiel am nächsten Montag, und sagst: „Okay, ich habe das verstanden. Ich gehe hin und frage meinen Arbeitskollegen, ob er gläubig ist oder so.“ Doch dann schaust du, dass der Kollege komisch reagiert. Vielleicht ist er abweisend oder macht sich lustig. Du fühlst dich immer kleiner und kleiner und sagst schließlich: „Ich sag nichts mehr.“
Das ist genau das, was hier mit Anfechtung gemeint ist. Du hast gute Vorsätze, setzt sie um und bist begeistert dabei. Aber weil Widerstand kommt, dem du nicht standhalten kannst, knickst du ein. Du bist frustriert, und manchmal ist es dadurch schlimmer als zuvor.
Vorher hast du gut gelebt, alles lief gut. Jetzt hast du einen guten Vorsatz, willst ihn umsetzen und bist deprimiert. Beim nächsten Mal, wenn du eine Predigt zum selben Thema hörst, denkst du: „Ich habe alles probiert, das funktioniert sowieso nicht, ich mache das nicht.“
Das ist genau, was hier gemeint ist. Du fängst an, willst es umsetzen, bist begeistert, aber du bist nicht darauf vorbereitet, dass auch Widerstand kommt. Du denkst: „Weil ich Kind Gottes bin, muss doch jetzt alles glattgehen. Gott will doch segnen. Ich bin doch schon einer, der etwas weitergeben will. Also muss Gott doch eingreifen und mich schützen.“
Was, wenn der Nachbar oder Arbeitskollege dich beschimpfen will oder gleichgültig bleibt? Bleibt dir das Wort im Hals stecken? Greift Gott ein?
Ja, du sollst die Bibel lesen. Wenn jemand gerade etwas Schlechtes über die Bibel sagen will, kann Gott eingreifen. Das wäre ein Erlebnis: „Siehst du, an diesen Gott glaube ich, der eingreift.“ Aber im Alltag ist das oft nicht so. Manchmal können sich sogar Ungläubige besser ausdrücken als wir. Manchmal wissen wir keine guten Gründe mehr.
Dann geben wir auf – und genau das sollst du nicht tun, wenn du etwas weitergibst. Oder wenn du zuhörst, sei darauf gefasst, dass Widerstand kommt. Du hörst das Wort Gottes und willst es umsetzen. Denk daran: Christsein ist keine kurzfristige Emotion oder Begeisterung.
Christsein ist eher kein Sprint, sondern ein Dauerlauf, ein Marathon. Teile deine Kraft ein und denk daran: Es wird Widerstand geben. Beim Marathon tun irgendwann die Beine weh, du hast Durst und willst aufhören. Genau das wird im Christsein auch kommen.
Christsein ist keine Sache für kurzfristige Emotionen, die durch irgendetwas geschürt werden. Du musst langfristig dabei bleiben, nur dann kann das Wort Gottes Frucht bringen. Das Wort Gottes wirkt nicht sofort, sondern langfristig.
Wenn du nicht die Ausdauer hast, langfristig dabei zu bleiben, wirst du keine Frucht sehen. Jetzt könnten wir sagen: „Oh, wie schwer, wie schaffe ich das?“ Auch hier ist Vertrauen auf Gott gefragt. Wenn du es alleine versuchst, wirst du enttäuscht sein.
Du musst dich unmittelbar an Gott festhalten, Jesus nicht loslassen. Wenn du innerlich frustriert bist, kannst du sagen: „Herr Jesus, ich habe getan, was du von mir willst. Danke, dass ich es gemacht habe. Danke, dass du es gebrauchen wirst.“
Dann ärgerst du dich nicht mehr darüber, dass andere etwas Schlechtes sagen, sondern gibst das Wort weiter und freust dich darüber. Du merkst, es kommt Anfechtung – vielleicht auch Anfechtung, in der du gefallen bist.
Vielleicht hast du das Problem der üblen Nachrede. Du bist mit jemandem zusammen, und es wird über einen anderen gelästert. Plötzlich denkst du: „Er ist ja falsch, er sündigt.“
Dann gib nicht zu schnell auf, das ist die Anfechtung. Jetzt musst du innerlich sagen: „Herr Jesus, hilf mir, ich will nicht mehr lästern.“ Manchmal schaffst du es, manchmal nicht. Wenn du es nicht schaffst, gib nicht auf. Das ist die Anfechtung. Halte an dem fest, was das Wort Gottes dir gesagt hat.
Wenn du Frucht haben willst, muss es dauerhaft sein. Es geht nicht nur einmal. Wenn du einmal gefallen bist, ist es nicht vorbei. Stell dir vor, ein Olympiateilnehmer trainiert für einen Marathon. Er hat noch nie gelaufen, aber Schuhe und Kleidung sind perfekt, der Energy-Drink ist dabei. Er läuft los und nach fünf Kilometern sagt er: „Ich kann nicht mehr.“
Wenn er jetzt aufhören würde, würde er je auf dem Treppchen bei Olympia stehen? Nein. Das heißt, wenn du dort stehen willst, musst du gegen deinen inneren Schweinehund und die Schmerzen ankämpfen. Du musst wieder trainieren und weitermachen.
Genauso ist es hier: Wenn du gleich aufgibst, weil es nicht sofort klappt, wirst du wie der Boden sein. Du bist begeistert dabei, aber es wird nie Frucht kommen. Du wirst frustriert sein, weil du zu schnell aufgibst, wenn Widerstand kommt.
Ich kann dir garantieren: Für alles, was du in deinem geistlichen Leben umsetzt, wird es Widerstand geben. Es wird mühsam werden. Aber ohne das, sagt Jesus, geht es nicht. Stell dich darauf ein.
Wer verspricht, dass alles glattgeht, sobald du gläubig wirst oder Jesus nachfolgst, der lügt. Es wird Schwierigkeiten geben. Und jetzt ist es wichtig, dass du nicht aufgibst, wenn die Schwierigkeiten kommen, sondern dich festhältst. Dann kann Samen aufwachsen.
Und dann haben wir den Nächsten: Das ist hier auch wieder eine spezielle Sache – das Wort fällt unter Dornen. Dort wachsen Sorgen, Reichtum und Vergnügungen.
Sorgen, Reichtum und Vergnügungen als Hindernisse für geistliches Wachstum
Zunächst habe ich mich gefragt, warum Jesus all diese Dinge in einer Reihe aufzählt. Das sind doch völlig unterschiedliche Dinge. Derjenige, der sich Sorgen macht, hat eine ganz andere Erfahrung als derjenige, der Vergnügungen genießt. Sorgen sind mühsam, Vergnügungen sind schön. Warum stellt Jesus das auf eine Ebene? Das sind doch ganz verschiedene Dinge. Oder wenn ihr irgendwo Party macht, habt ihr da viele Sorgen? Vielleicht seid ihr nicht mehr im Alter, in dem man oft Partys feiert, aber meistens sagt man doch: Nein, da geht das Leben richtig ab, das ist toll, da freuen wir uns. Mit entsprechendem Alkohol kann man sogar richtig lachen – auch wenn das Lachen wieder vergeht, sobald der Alkohol nachlässt. Aber immerhin scheint es einem erst einmal gut zu gehen.
Ich glaube, Jesus will hier keine großen ethischen Predigten halten, was gut und was schlecht ist. Vielmehr geht es ihm um die Funktion, um das, was diese Dinge in unserem Verhältnis zu Gott bewirken. Er sagt, all diese drei verschiedenen Dinge können in unserem Leben dasselbe bewirken – und zwar was? Hier steht „Ersticken“. Das bedeutet, dass etwas in unserem Leben so groß wird, dass das andere an Bedeutung verliert. Genau das ist gemeint.
Diese drei Dinge können dazu führen, dass wir uns so sehr darauf konzentrieren, dass das, was Gott in unserem Leben bewirken will, keinen Raum mehr hat. Das ist das, was mit „Ersticken“ gemeint ist.
Schauen wir uns das einmal genauer an. Zuerst die Sorgen: Können Sorgen unsere Beschäftigung mit Gott so ersticken, dass sie keine Frucht mehr bringt? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Ja, das kann passieren. Wir hatten manche Sorgen um unsere Kinder, und dann konnte ich nachts nicht schlafen. Ich dachte mir: Was machen die für einen Quatsch? Warum hören sie nicht auf das, was ich ihnen sage? Dann dreht sich alles nur noch um die Sorgen, und ich denke gar nicht mehr an Gott. So wird das, was Gott in meinem Leben bewirken will, erstickt.
Vielleicht kennt ihr das auch mit gesundheitlichen Sorgen. Vor einigen Jahren hatte ich Krebs. Ich kam von einem Tag auf den anderen ins Krankenhaus. Ich erinnere mich noch heute daran. Einige Tage später besuchte mich Harry und ermutigte mich. Aber in dieser Phase habe ich erst einmal nicht an Gott gedacht. Ich habe Gott nicht abgesagt, das nicht, aber alles drehte sich nur um die Frage: Was ist mit dem Krebs? Wie geht es weiter? Werde ich lebend herauskommen?
Genau das ist hier beschrieben. Sorgen sind ja nicht illusionär, die Probleme sind real: Probleme mit den Kindern, mit der Gesundheit, mit dem Arbeitsplatz oder sonst etwas. Aber das Problem entsteht, wenn diese Sorgen so groß werden, dass sie unsere Beziehung zu Gott zu ersticken drohen. Wenn wir nur noch auf das Problem schauen und dabei Gott vergessen, dann wird das, was Gott in unser Leben hineingeben will, keine Frucht bringen. Stattdessen werden wir erstickt, frustriert und freudlose Christen. So kommen wir in unserem Leben nicht mehr voran. Das ist, was hier gemeint ist.
Genauso verhält es sich mit dem Reichtum. Vor kurzem habe ich eine Untersuchung aus den USA gelesen. Das sind ja oft interessante Studien. Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt – ich würde nicht mein Leben darauf verwetten, aber zumindest steht das so in der Studie –, dass Menschen am glücklichsten sind bei einem Durchschnittseinkommen von etwa 40.000 bis 50.000 Dollar im Jahr, nicht im Monat.
Man hat festgestellt, dass diejenigen, die wesentlich mehr haben, im Durchschnitt unglücklicher sind. Warum? Weil sie sich immer mehr Sorgen machen, was sie mit ihrem Geld tun sollen. Ihr würdet vielleicht sagen, ihr habt kein Problem, das Geld auszugeben. Aber das Problem kann sein, dass ihr das Geld in Aktien oder Immobilien angelegt habt. Wenn dann die Immobilienpreise fallen oder die Aktienkurse sinken und die Wirtschaft schwächelt, entsteht die Angst, das Vermögen zu verlieren.
Manche dieser Menschen werden einsam, weil sie Angst haben, normale Beziehungen zu anderen aufzubauen. Sie sind immer argwöhnisch: „Der will doch nur etwas von mir.“ Denn alle wissen, dass ich so reich und wohlhabend bin. Das bedeutet, man kann nicht mehr frei sein. Man hat Angst, das Geld durch andere Menschen oder wirtschaftliche Entwicklungen zu verlieren.
Scheinbar zeigt diese Untersuchung – es ist eine Studie unter säkularen Menschen, nicht unter Christen –, dass ab einer bestimmten Menge Geld und Einkommen die Menschen nicht glücklicher werden. Wenn sie nicht richtig damit umgehen, werden sie sogar unglücklicher. Natürlich gibt es auch eine Untergrenze: Wenn du zu wenig hast, hast du ebenfalls Probleme.
Das heißt, auch der Reichtum kann dazu führen, dass er so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, dass die Konzentration auf das Wort Gottes verloren geht. Reichtum an sich ist nicht schlecht, aber er kann so viel Raum einnehmen, dass das Wort Gottes keinen Platz mehr findet.
Dasselbe gilt für die Vergnügungen. Wenn du jeden Tag nur darüber nachdenkst, wie du nach der Arbeit noch Party machen kannst, wie du deine Freizeit gestaltest, ob du ins Konzert, ins Kino oder ins Theater gehst, dann kann das so viel Aufmerksamkeit in deinem Leben beanspruchen, dass für das Wort Gottes nichts mehr bleibt.
Gerade in einer Großstadt wie Zürich kannst du jeden Abend deine Zeit mit interessanten, wertvollen und guten Dingen verbringen. Ich rede gar nicht von etwas Bösem, sondern von guten Sachen. Aber es kann so viel Raum einnehmen, dass das Wort Gottes darunter erstickt wird.
Sorgen, Reichtum und Vergnügungen haben also dieselbe Auswirkung auf unseren Umgang mit Gott: Sie können das Wort Gottes ersticken. Es sind so viele Dinge, mit denen wir uns beschäftigen, dass das Wort Gottes kaum noch Platz findet. Vielleicht bleibt noch eine Stunde am Sonntagmorgen im Gottesdienst, aber das ist zu wenig, wenn das Wort Gottes in uns wachsen soll.
Am Ende steht jedoch auch etwas Schönes. Es gibt nicht nur diese „Böden“, die das Wort Gottes ersticken, sondern auch den Boden, auf dem es wächst.
Die Anfechtungen kommen, und wir bestehen dabei. Der Teufel versucht, uns abzulenken und das Wort wegzunehmen. Sorgen, Reichtum und Vergnügungen wollen uns ersticken. Aber sie schaffen es nicht, weil wir sagen: Nein, Vergnügung ist gut, aber hier ist eine Grenze. Reichtum ist gut, aber ich lasse mich nicht davon gefangen nehmen. Sorgen sind manchmal notwendig, aber ich will mich nicht von ihnen gefangen nehmen lassen.
Dann kann das Wort Gottes in uns Fuß fassen – egal, welches Wort Gottes wir hören. Zum Beispiel: „Freue dich!“ Oder wenn da steht, dass die Frucht des Geistes Frieden, Freude und Geduld ist, dann such dir etwas davon aus. Gott will Geduld in deinem Leben wirken.
Wie wirkt Geduld? Indem du darauf achtest, dass du gute Botschaften festhältst und dich nicht von Anfechtungen oder Zweifeln abbringen lässt. Lass dich nicht entmutigen, wenn es nicht sofort klappt. Halte fest an dem, was Gott dir in deinem Leben, in deinem Herzen, deinem Verstand und deiner Erinnerung gesagt und gegeben hat.
Zusammenfassung und Ermutigung zum Handeln
Nun, damit mache ich Schluss. Ein kurzer Rückblick nur für euch, für das, was ihr mitnehmen könnt: Denkt daran, du bist Seemann. Hier und heute, morgen, übermorgen, nächste Woche – und wenn du Gott darum bittest, garantiert wird Gott dir Möglichkeiten schenken, wo du etwas von dem, was du mit Gott erlebt und gehört hast, weitergeben kannst.
Du hast eine volle Tasche mit Samen von Gott bekommen, daran mangelt es nicht. Gib das weiter, streue es aus, damit der Samen nicht vermodert. Und da wirst du nächste Woche Möglichkeiten haben. Hab den Mut und nutze sie. Denk nicht an den Erfolg, dafür bist du nicht zuständig.
Egal, ob die Leute begeistert sind oder nicht, was du sagst – das ist jetzt erst einmal egal. Sag es einfach, so gut wie möglich, natürlich und klar. Das kannst du tun. Aber du kannst es so gut wie möglich sagen und trotzdem wollen die Leute nicht zuhören. Denk daran: Du bist Seemann, streu aus, aber lad dir nicht die Last auf, dass du für das Ergebnis verantwortlich bist. Das ist zum Glück Gottes Sache.
Zweitens: Du liest ein Wort Gottes – sei jemand, der dafür im Herzen offen ist, der wirklich von Gott etwas erwartet. Denn hier steht ja: Die, die das Wort Gottes lesen und nur darüber diskutieren wollen, werden es nicht verstehen. Wenn du es nur machst, um irgendwelche Streitthemen zu finden und dich mit Leuten auseinanderzusetzen, dann wird das Wort Gottes nicht bewirken, was es eigentlich bewirken will.
Dann steht hier, das ist wie bei denen, die die Gleichnisse lesen und für die es immer ein Geheimnis bleibt. Wenn es bei dir Kraft Gottes sein soll, dann musst du innerlich bereit sein zu sagen: Herr Jesus, sprich, damit ich dich erfahre, damit du mein Leben veränderst. Das war der zweite Punkt.
Und der dritte Punkt: Sei ein guter Boden. Wenn du das Wort Gottes hörst, pass auf, dass es nicht einfach durch die Geschäfte des Alltags weggenommen wird – durch irgendwelche Sachen, die geplant und gemacht werden müssen. Sieh dafür, dass es nicht auf diesen dünnen Boden fällt, wo Anfechtung kommt. Rechne mit Anfechtung und Widerstand, dann bist du nicht so schnell dabei, aufzugeben.
Und lass es nicht erstickt werden von Sorgen, die real sein können, von Reichtum oder von Vergnügung. Sei ein guter Boden, sei ein guter Seemann, sei offen für das, was Gott dir in deinem Herzen sagen will. Diskutiere nicht nur darüber, sondern sei ein guter Boden, dann kommt das, was Gott in deinem Leben erreichen will, zum Ziel.
Das ist das, was Gott verspricht, und darauf vertraue ich. Amen.
