Einführung in ein ungewöhnliches Thema
Vielen Dank für die Begrüßung. Die Verzweiflung an sich selbst – was für ein merkwürdiges Thema. Meine Hochachtung, dass Sie an diesem stürmischen Tag und mitten in diesen stürmischen Zeiten ganz Europa hierhergekommen sind, zu genau diesem ungewöhnlichen Thema.
Im Hinterkopf höre ich schon manche Vorwürfe: Das sei die typisch kirchlich-christlich-pastorale Art, von den eigentlichen Problemen abzulenken. Man wirft uns vor, auf der menschlichen Seele herumzukneten, was als sadistisch empfunden wird. Man sagt, wir betrieben eine Ablenkung von dem, was die Menschen wirklich bewegt, und führten hin zu einem fast morbiden Seelenegoismus, der doch nichts bringt.
Deshalb möchte ich im Anschluss an das, was eben von einem jungen Mann gesagt wurde, sehr persönlich sprechen. Einer meiner Brüder, unser Es gab, war immer der Primus in der Schule und an der Universität. Er hatte ein großartiges juristisches Examen, war politisch interessiert und wenige Jahre später ein gebrochener Mann nach zwei Herzinfarkten.
Beim letzten Zusammensein vor seinem Tod sagte er zu mir: „Warum beschäftigt Ihr Pfarrer Euch so sehr mit der Angst vor der Atombombe, der Angst vor Weltwirtschaftskrisen? Ich habe mehr Angst vor dem dritten Infarkt, mehr Angst davor, dass herauskommen könnte, dass mein ganzes Leben ein Bruch war.“
Die Notwendigkeit, sich mit Verzweiflung auseinanderzusetzen
Und deshalb, als ich vor nahezu sechs Monaten gefragt wurde, den heutigen Abend zu übernehmen, habe ich dieses Thema vorgeschlagen. Es reizte mich schon lange, ein wenig darüber nachzudenken – heute Abend gemeinsam mit Ihnen. Ist es notwendig? Ist es richtig, an sich selbst zu verzweifeln? Muss man an sich selbst verzweifeln?
Ich stieß auf ein Wort des großen dänischen Theologen und Religionsphilosophen Søren Kierkegaard. Er sagte, es sei der Vorzug des Menschen, vor dem Tier an sich selbst verzweifeln zu können. Es sei der Vorzug des Christen gegenüber dem natürlichen Menschen, auf diese Verzweiflung aufmerksam sein zu können. Die Seligkeit des Christen bestehe darin, von dieser Verzweiflung an sich selbst geheilt zu werden.
Das ist ein typisches Theologenwort, sehr umständlich formuliert. Jesus, der große Lehrer der Menschheit, drückte es viel anschaulicher und elementarer aus. In jener Geschichte, die er selbst geprägt hat, steht mitten im Tempel von Jerusalem, unter all den vielen Tausenden, die anbeteten, ein Frommer. Einer, der bei der Stadtratswahl in Jerusalem, wenn es sie gegeben hätte, sicher Stimmenkönig geworden wäre. Ein Vorbild, einer, der sich selbst im Zaum hatte, der sein Leben meisterte, der Gott dankte für all die gnädigen Führungen in seinem Leben.
Er dachte an die Menschen, die er kannte – so viele, die gescheitert waren. Wie diejenigen, bei denen die Gier durchgegangen war oder deren Ehen nicht geglückt waren. Und er konnte bloß noch sagen: „Lobe den Herrn, der deinen Stand sichtbar gesegnet hat, der aus dem Himmel mit strömender Liebe geregnet hat! Denke daran, was der Allmächtige kann, der mir mit Liebe begegnet.“
Weit entfernt davon stand ein anderer, dessen Leben gescheitert war. Einer, der seine Nationalität aufgegeben hatte, um der verhassten Besatzungsmacht Roms zu dienen – nur um an Geld zu kommen, um des Mammons willen. Er wagte nicht mehr, seine Augen zu erheben, sang keine Lobchöre, war weit entfernt von Anbetung. Stattdessen schlug er an seine Brust und sprach: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“
Die Botschaft der Rechtfertigung und die Herausforderung der Kirche
Und nun kommt die Pointe, die Jesus aus dieser von ihm geprägten Ministorie weitergibt. Der Mann, der gesagt hat: „Oh Gott, mein Leben ist verpfuscht“, ging hinab in sein Haus, gerechtfertigt vor jenem. Hier wird ein zentraler Begriff der Bibel angesprochen: Gott, der rechtfertigt, der zurechtbringt, der annimmt.
Gott hat Freude an Menschen, die es vor sich selbst zugeben können: „Oh Gott, was ist aus meinem Leben geworden, aus dem ganzen Kapital meines Lebens?“ Damit sind wir schon bei der erregenden Frage, die heute immer wieder in der Christenheit gestellt wird: Muss die Kirche die Menschen immer wieder zuerst zu Sündern machen, bevor sie ihre Botschaft vom gnädigen Gott verkünden kann?
In einer Rundfunkdiskussion kurz vor Weihnachten im Südwestfunk hat Frau Hilde Gunde Wöller, die Lektorin des Kreuzverlags, mir empört ins Gesicht gesagt: Das bisherige christliche Verständnis vom Menschen als einem Sünder wird vom modernen Bewusstsein aufgebrochen. „Es entspricht für meinen Geschmack überhaupt nicht dem christlichen Glauben“, so sagte sie. „Es ist lähmend, wenn in weiten Kreisen der Christenheit das Verständnis Jesu vom Menschen degradiert wird zu: ‚Ihr könnt doch eh nichts Rechtes tun.‘ Das ist lähmend, das ist unkreativ, das führt zur Resignation, zur Depression.“
„Es müssen vielmehr die Kräfte mobilisiert werden, die dem Menschen schließlich vom Schöpfer gegeben worden sind. Ich finde das Ganze eine Katastrophe.“
Der alte Theologieprofessor, Doktor Gerhard Ebeling, hat vor wenigen Tagen diese Frage bei der Konstituierung der theologischen Kommission der evangelischen Kirche in Deutschland aufgegriffen. Er sagte, bedauerlicherweise werde heute die biblische und reformatorische Radikalität des Sündenverständnisses brandmarkt als finsterer Pessimismus.
Die biblische und reformatorische Konzentration auf die Rechtfertigung allein aus dem Glauben werde dargestellt als Rückzug auf Innerlichkeit, als Heilsegoismus.
Dann sagte Ebeling: Solche pauschalen Verwerfungen stecken voll von Missverständnissen, aber sie verraten ein sicheres Gespür dafür, wie sehr sich das spontane Empfinden des heutigen Menschen sträubt, dagegen Sünder sein zu müssen.
Ebeling folgerte, anders als Frau Wöller, man dürfe sich nie dem Zeitgeist ausliefern. Dieser sei keine Norm für Wahrheit. Aber die alte Wahrheit müsse heute neu gesagt werden, so dass die Menschen heute sie verstehen können.
Die Bedeutung der Verzweiflung als Ausgangspunkt
Im Grunde genommen möchte ich es heute Abend versuchen, denn meine Erfahrung als Seelsorger mit jungen und älteren Menschen zeigt, dass die Zeit gekommen ist, von der Kierkegaard vor mehr als hundert Jahren fast prophetisch gesprochen hat.
Er sagte: Die Zeit ist nicht mehr weit, da man teuer genug erfahren wird, dass der wahre Ausgangspunkt, um das Absolute zu finden, nicht der Zweifel ist. So begann die Aufklärungsphilosophie vor zweihundertfünfzig Jahren: mit dem Zweifel an allen Autoritäten, mit dem Zweifel an allem, was bisher heilig und wichtig war.
Man wollte die Wahrheit finden, man wollte Gott finden, den letzten Grund alles Seins. Kierkegaard sagt, die Zeit ist nicht mehr weit, da man, um das Absolute zu finden, nicht mehr vom Zweifel ausgeht, sondern von der Verzweiflung an sich selbst.
Diese Verzweiflung gab es schon immer, aber heute erst recht. Darüber möchte ich jetzt ein wenig sprechen.
Es gehörte zu den erschreckendsten Erfahrungen, die ich vor bald dreißig Jahren, auch gerade hier in Ulm, als junger Pfarrer gemacht habe: Die Wand zwischen unserem sicheren Dahinleben und absoluter Verzweiflung ist hauchdünn, fast wie nur eine Papierwand.
Da sind Menschen aus dem Leben geschieden – freiwillig –, bei denen es nicht einmal die Spur einer Unstimmigkeit in der Familie gab, bei denen im Beruf alles gut lief, die seelisch stark schienen und die plötzlich überfallen wurden.
Nicht von einer Stunde zur anderen, sondern von einer Minute zur anderen kam die Erkenntnis: Mit einem ganzen Leben ist es nichts, und daraus wird nichts mehr. Lass es bleiben.
Verzweiflung im Lebensverlauf und Generationenvergleich
In besonderer Weise erfahren ältere Menschen eine Verzweiflung an sich selbst. Sie fragen sich: Was ist denn überhaupt aus meinem ganzen Leben geworden? Was bringt es denn?
Junge Menschen hingegen huldigen meist einem fast naiven Optimismus. Sie glauben, sie hätten ganz andere Chancen, sich zu verwirklichen. Wenn die Verhältnisse anders wären, die Strukturen in unserer Welt, wenn die Verwaltungen bessere Bildungschancen bieten würden, wenn Gesellschaft und Moral anders wären, wenn Vermieter nicht bloß auf den Trauschein schauen würden – wie anders könnten wir zeigen, dass auch junge Leute ohne Trauschein ideale Ehen leben können! Aber die Welt ist so dumm. Wir aber sind voller Kraft!
Wir Eltern unter uns wissen unvergleichlich besser als alle Generationen, die je auf dieser Erde gelebt haben, wie es war und ist mit der Gesundheitsfürsorge. Wer durfte je so alt werden wie wir? Lesen Sie mal im Gesangbuch die Lebensläufe: Das Durchschnittsalter lag bei 34 Jahren, und ich darf bald 60 werden. Die Bildungschancen, die Berufswahl, der allgemeine Lebensstandard, die Urlaubsmöglichkeiten und die Informationsmöglichkeiten, die wir haben – all das ist unvergleichlich besser als früher.
Wenn es trotzdem nicht dazu gekommen ist, dass wir erreicht haben, was wir mit unserem Leben eigentlich erreichen wollten, dann können wir es nicht mehr auf die Verhältnisse schieben. Es muss an uns selbst liegen, dass wir so wenig aus all diesen Chancen gemacht haben.
Viele Menschen müssen mit den Scherben ihrer Träume leben. Was bleibt denn von all dem, was ich beruflich geleistet habe? Was ist schon herausgekommen bei der Erziehung meiner Kinder? Wie viele Stunden und Tage meines Lebens habe ich vertan?
Je älter ich werde, desto mehr entdecke ich Bereiche, in denen ich versagt habe und die nicht mehr aufgearbeitet werden können. Je mehr Traueranzeigen ins Haus flattern und je älter man wird, desto erschrockener ist man darüber, wie viele Freunde, die den Lebensweg begleitet haben, allmählich sterben. Bei jeder Todesanzeige gibt es einen Stich durchs Herz.
Ich hätte doch den Brief schreiben sollen, den Besuch machen sollen. Warum habe ich bei diesem alten Freund die Freundschaft nicht aufrechterhalten? Ich werde immer mehr gezwungen, so zu sein, wie ich offenbar bin. Ich werde genötigt, zu mir Ja zu sagen – so wie ich nun einmal bin, mit meinen Eigenheiten, meinen Begrenzungen und meinem Versagen.
Als der schöne Ruf nach Ulm kam und ich nach 14 Jahren unvergesslich schöner Gemeindearbeit in dieses neue Amt eingetreten bin, war das für mich Anlass, mich selbst zu prüfen. Warum habe ich in meiner Gemeinde so viele Besuche gemacht? Tat ich es aus innerstem Antrieb, weil mir Menschen wichtig waren, oder war ich mir selbst wichtig, weil ich auf das geheime Echo wartete? „Das ist auch einmal ein richtiger Pfarrer, der Besuche macht.“
Warum stehe ich gerne auf der Kanzel? Weil mich Gottes Wort dazu nötigt, oder weil ich gerne vorne dran stehe? Habe ich die Wahrheit Gottes weitergegeben oder die Wahrheit Gottes verwässert und leutselig verhökert?
Sehen Sie, mit täglichen Enttäuschungen müssen wir alle leben. Etwas anderes, etwas Schwerwiegenderes ist die Verzweiflung – nicht die Verzweiflung an der Welt, sondern der Zweifel an mir selbst.
Ich bin davon überzeugt, dass fast jeder Mensch diesen Zweifel an sich selbst – wer bin denn eigentlich ich? – tief in sich als Verzweiflung trägt. Sonst gäbe es gar nicht so viele Versuche, diese Verzweiflung zu betäuben.
Formen der Selbstbetäubung und ihre Folgen
Lassen Sie mich dazu ein wenig aus meiner eigenen Erfahrung und aus der Seelsorge berichten. Immer wieder sind die vielen Memoiren aufschlussreich, von denen die Regale unserer Buchhandlungen überquellen.
Vor vielen Jahren hat mich während eines Sommerurlaubs besonders die Selbstbiografie von Trotzki beeindruckt. Sie berührte mein Mitleid, denn hier versuchte ein Mensch, alle Fehlentwicklungen in Russland und die Brutalität zu entschuldigen und sich selbst reinzuwaschen. Nach seiner Ansicht wurde er oft missverstanden und ihm die Schuld für falsche Entwicklungen zugeschoben. Er sagte: „Ich habe das doch nicht gewollt, das nicht!“ An den Scherben seiner idealen Träume sei nicht er schuld, sondern andere.
Ich habe das Lesen dann aufgegeben, weil mich fast physische Übelkeit überkam angesichts dieser Selbstrechtfertigungsversuche. Doch jede Seite machte deutlich: Er hat versagt. Wie viel Selbstbetäubung steckt darin, zu sagen: „Ich habe es doch anders gemeint, anders gewollt!“
Eine andere Form ist die moderne Art der Buße. Diese erleben wir vielfach in der Christenheit bei großen Versammlungen. Dort werden Fehlentwicklungen der Vergangenheit gebrandmarkt, und dann wird gesagt: „Aber wir wollen es ganz anders machen, wir wollen es besser machen.“
Was für eine Verkennung der Lage! Als ob die Menschen vor uns bewusst etwas schlecht machen wollten. Denken Sie an die alten Onkel und Väter, die überzeugte Nationalsozialisten waren. Sie wollten es doch zum großen Teil recht machen. Und meinen wir wirklich, dass wir besser dran sind und alles besser wissen? Diese moderne Form der Buße – „Alles war schlecht, aber wir machen es anders“ – ist nur eine Betäubung dieser heilsamen Verzweiflung an sich selbst.
Gerade die Generationen vor uns sollten uns erschrecken. Sie hatten es alles so gut gemeint – im Kaiserreich, in der Weimarer Republik, im Dritten Reich und danach bei der Entnazifizierung. Hunderttausende von ihnen haben es gut gemeint. Wir sollten das als Warnung und Chance zum Erschrecken nehmen, wenn es bei uns genauso wird mit dem, was wir an Gutem wollen.
Die dritte Form, sich selbst zu betäuben und die Verzweiflung an sich selbst gar nicht aufkommen zu lassen, ist, sich gerne von anderen sagen zu lassen, man sei doch gar nicht so schlecht gewesen. Pfarrer Wilhelm Busch, der Evangelist aus dem Ruhrgebiet, sagte einmal zu mir: „Mir tun die freigeistigen Beerdigungsredner leid, die eigentlich bei der Beerdigung nichts anderes sagen können als: ‚Ihr habt euch so um die Verstorbene bemüht, wie viel Liebe habt ihr erwiesen.‘“ Dabei weiß doch jeder Angehörige bei der Beerdigung genau, wie viel er schuldig geblieben ist.
Machen Sie einmal eine Verabschiedung mit, die liebevoll gestaltet ist, oder eine Ordensverleihung, bei der ein Mensch in höchsten Tönen für seine Leistungen gepriesen wird. Und Sie wissen: Jeder in der Runde denkt insgeheim, dass er die Person auch schon anders erlebt hat. Es ist kein guter Trost, sich von anderen sagen zu lassen, wie gut man ist.
Wenn Kirchiger Recht hat mit der Behauptung, dass der Menschenvorteil gegenüber dem Tier darin besteht, an sich selbst verzweifeln zu können, dann müssen wir uns fragen, ob nicht die vierte Form von Betäubung tierisch ist: nämlich sich selbst alles schönzureden.
Ich sage: Wenn wir abends aus Müdigkeit nicht mehr aus dem Fernsehsessel hochkommen, in dem wir so viele Stunden verbracht haben – wertvolle Stunden – oder wenn wir uns in hektische Geschäftigkeit hineinreißen lassen, dann betäuben wir uns selbst.
Philipp Matthäus Hahn, der große Erfinder und Pfarrer, wurde von dem Gedanken umgetrieben, dass er so viele Stunden und Tage mit mechanischen Arbeiten vertan hat und gar nicht mehr zur Stille vor Gott kam. Er konnte sich nicht mehr fragen: „Wer bin ich denn wirklich?“ Deshalb begann er, ein Tagebuch zu schreiben, das heute auf dem Markt erhältlich ist. Es wird oft missverstanden, wenn er darin über seine Ehe schreibt, wie er ungeduldig ist oder über die Sehnsüchte seiner Seele. Dieses Tagebuch war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Er wollte vor Gott penibel, so wie er seine Uhren konstruierte, sich Rechenschaft geben: Wer bin ich denn eigentlich mit meinen Schwächen und mit meinem Versagen?
Die christliche Perspektive auf Verzweiflung
Es ist ein Vorzug des Christen, vor dem natürlichen Menschen seine eigene Verzweiflung erkennen zu können.
In den letzten Tagen las ich die ergreifende Biografie von Otto Michel, dem langjährigen Tübinger Theologieprofessor. Wie anders sieht solch eine Biografie aus! Dort wird nichts beschönigt, sondern offen von vielen falschen Entscheidungen vor Gott gesprochen. Das ist keineswegs selbstverständlich.
Meiner Meinung nach sind viele christliche Lebensbeschreibungen oft viel zu geschönt. Wenn Sie in Bethel noch die alten Diakone fragen, erzählen diese keine Heldensagen vom alten Friedrich von Bodelschwing, sondern berichten, wie stur er sein konnte. Solche Seiten stehen in keiner christlichen Biografie.
Ebenso findet man in keinem Lebensbild von Christian Friedrich Spittler, den ich sehr verehre, wie unausstehlich er auf all seine Mitarbeiter wirkte. Dabei war er stets von neuen Ideen getrieben. Das gehört doch dazu.
Man sagt nur: „Der alte Spittler gehört ins Spital, längst ins Altenheim.“ Oder: „Der gehört aus dem Verkehr gezogen“, wie man heute sagt. Und dennoch schreiben wir Heldensagen über solche Menschen.
Ich weiß von einem Missionspionier in Kamerun, dessen Lebensabend überschattet war von der Frage: Haben wir nicht alles falsch gemacht? Als wir es den afrikanischen Christen nicht verboten haben, ihre zweite und dritte Frau wegzuschicken – die Missionare hatten es nicht befohlen –, hatten die Christen ein Gespür: Wenn ich Christ sein will, kann ich nur eine Frau haben und nicht drei oder vier Ehefrauen. So schickten sie ihre anderen Frauen auf die Straße.
Der Missionar war umgetrieben von der Frage: Warum haben wir es nicht verboten?
Die Verzweiflung großer Glaubensgestalten
Von Martin Luther wird in allen Biografien erzählt, dass er noch auf seinem Sterbelager mit klaren Worten abwechselnd auf Latein und Deutsch Gott dem Vater und dann dem Herrn Jesus Christus angerufen habe, um seinen Dienst am Heiligen Evangelium dem Herrn in die Hände zurückzulegen.
Erst vor wenigen Tagen bin ich auf ein Wort gestoßen, das sonst nie berichtet wird: Luther soll einen Tag vor seinem Sterben gesagt haben, dass er mehr als eine Woche lang in Tod und Hölle hin- und hergeworfen worden sei. Er fühle sich am ganzen Leib zerschlagen. Er habe den Glauben an Gott und Christus fast völlig verloren, umhergetrieben von den Fluten der Verzweiflung und von den Stürmen der Lästerung gegen Gott.
Der Reformator, zugedeckt von diesen Stürmen der Lästerung, sagte zu Philipp Melanchthon: „Ich bin nur noch ein elender Wurm. Bitte für mich die Gnade Gottes.“
Einige Jahre zuvor, als Martin Luther 1530 auf der Feste Coburg war und seine Freunde allein nach Augsburg auf den Reichstag ziehen lassen musste, beschreibt er abends, wenn die Dohlen einfallen und der Efeu um die Feste rankt, wie dann auch die bösen Gedanken kommen: Habe ich die Einheit der Kirche zerstört? Habe ich nicht eigenmächtig und selbstsicher gehandelt? Habe ich nicht reichsweit Unfrieden angerichtet?
In der Theologie stellen wir es oft so dar, als sei das ein punktuelles Reformationserlebnis gewesen, dort im Kloster von Erfurt. Die Angst, zu verzweifeln, trieb ihn, dass nichts beim Sterben bei ihm blieb als Verzweiflung. Die Angst, zu verzweifeln, trieb ihn ins Nichts. Zum Sterben blieb ihm nur die Verzweiflung, und er musste in die Hölle sinken.
Nicht weil Luther ein Bösewicht war. Er hat sich in Pestzeiten, als alle anderen Pfleger gegangen waren, um die Schwerkranken angenommen – ohne Angst vor Ansteckung. Aber er bekannte: „Meine guten Werke galten nicht. Es war mit ihnen verdorben.“ Er sagte: „Ich habe es doch wegen mir getan, damit endlich ein paar sagen, das ist auch ein richtiger Pfarrer.“ Doch es war mit ihm verdorben. Der Freiwillige hasste Gottes Gericht, er war zum Guten erstorben.
Sehen Sie, ich bin immer wieder überzeugt: In der Nähe Jesu gibt es eine Atmosphäre der Ehrlichkeit. Nicht automatisch, aber es gibt diese Atmosphäre. Am Abend vor seinem Sterben sagt Jesus zu seinen Freunden, die ihn drei Jahre begleitet haben: „Einer von euch wird mich ans Messer liefern.“
Da sagen die Jünger nicht: „Es ist sicher Thomas, dem ist sowieso kein Verlass.“ Oder: „Johannes, dieser Weichling, der hält nicht durch, wenn es hart auf hart kommt.“ Stattdessen fingen alle an zu fragen: „Herr, bin ich’s?“ Weil sie in dieser Atmosphäre der Ehrlichkeit es für möglich hielten, dass sie jetzt noch Jesus glühend liebhaben und im nächsten Augenblick ihn hassen.
Der in Württemberg so gesegnete Erweckungsprediger Ludwig Hofacker sagte auf seinem Sterbelager, als man ihn auf die Herrlichkeit der himmlischen Welt vertröstete: „Das ist zu flott für mich, dahin gehöre ich nicht. Ich habe tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“
Ich weiß von einem gesegneten Großstadtpfarrer, an dessen Grab nachher Tausende waren, wie er zu seinem Kollegen im letzten schweren Leiden sagte: „Bruder, Tentatio, Tentatio“ – Anfechtung.
Der Ulmer Bundestagsabgeordnete Ludwig Erhard, der Erfinder des deutschen Wirtschaftswunders, hat zu seinem letzten Seelsorger, dem Bischof Kunst, gesagt: „Ich habe mit all dem, was heute gepriesen wird, das deutsche Volk zum Wohlstandsdenken verführt.“
Die guten Werke galten nicht. Es war mit ihnen verdorben. Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut.
In der Nähe Jesu werden wir die Möglichkeit erfahren, solche Verzweiflung an uns selbst zu beachten und nicht zu verdrängen. Man kann dieser Verzweiflung standhalten. Und das ist dann mehr als Ehrlichkeit oder Heroismus.
Man muss sagen: „Ich bin auch kein Engel.“ Denn es geht ja auch bei der Kirche um die Seligkeit, darum, wie diese Krankheit geheilt werden kann – diese Verzweiflung an sich selbst – oder durch die vielen, vielen großen Gottesworte.
Gottes Nähe zu den Zerbrochenen
Für mich ist zurzeit Jesaja 57 das Allergrößte. Dort spricht der Hohe und Erhabene: „Siehe, ich wohne in der Höhe und im Heiligtum, dem schönen Tempel von Jerusalem, und bei denen, die zerbrochenen und zerschlagenen Geistes sind. Ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen.“
Da möchte Gott wohnen. Dort ist es ihm so wohl wie in den herrlichsten Tempeln, wie in der ewigen Welt. Verstehen Sie, warum Kierkegaard einst sagte, dass über diesem Vers schon der Vater sprach: „Mit dir, Kind, geht eine stille Verzweiflung.“ Er sagte, der wahre Ausgangspunkt, Gott zu finden, das Absolute zu finden, sei die Verzweiflung an sich selbst. Denn Gott will dort wohnen, bei den Zerschlagenen.
Das sagen natürlich viele, und sie meinen, das sei ein masochistisches Sündenbewusstsein, selbstzerstörerisch. Ich sehe heute aber viel mehr, als jemand, der versucht, wach die Entwicklungen in Kirche und Welt zu beobachten: Die moderne Religiosität, die wir haben, verschließt uns die Quelle des Lebens und betäubt uns. So können wir gar nicht zur Verzweiflung an uns selbst kommen.
Immer wieder wird aufgerufen: „Jetzt muss man das Gute tun, jetzt müssen wir uns am Riemen reißen, um die Welt zu verändern.“ Das ist wichtig, wir müssen hier sehr viel tun. Aber wenn dadurch das ehrliche Selbstbewusstsein betäubt wird – wer bin denn ich, dass ich die Welt verändern kann? Wer von den Ökonomen weiß eine Lösung in den schwierigen Wirtschaftsfragen zwischen Ost und West? Uns tun doch Hans Modrow und Helmut Kohl beide zutiefst leid, weil das ein Mensch mit 1200 Gramm Gehirn gar nicht mehr schaffen kann.
Wie wollen wir denn die Welt verändern? Oder es wird die Verzweiflung an uns selbst betäubt durch immer neue Schuldzuweisungen an die ungerechten Strukturen, an die schlechten Regierungen, an die bösen Verwaltungen.
Heute geht es, wenn wir religiös sein wollen, um die Nagelprobe, ob wir ehrlich sein können – ehrlich gegen uns selbst. Ich pfeife auf alle Religiosität, auf die tollsten religiösen Verrenkungen und Stimmungen, wenn wir nicht mehr ehrlich sind uns selbst gegenüber.
Uns geht es nicht nur um eine Selbstkritik des Herzens, sondern darum, der Frage Gottes standzuhalten: Wer bist denn du? Und es geht darum, der Antwort Gottes standzuhalten, wenn wir fragen: „Lieber Gott, wie denkst du eigentlich über mich?“
Praktische Wege zur Ehrlichkeit vor Gott
Ich möchte einige Hilfen nennen, die ich selbst als hilfreich empfunden habe.
Nehmen Sie zum Beispiel nur eine der vielen Stunden in einer Woche, etwa die Zeit, in der die Tagesschau läuft, und das, was wir danach noch so ein bisschen nachläppern lassen. Nehmen Sie diese Zeit und ein paar leere Blätter Papier, gehen Sie in die Stille und schreiben Sie einen Brief an Gott. Schreiben Sie all das auf, was zwischen Ihnen und Gott oder zwischen Ihnen und anderen Menschen nicht stimmt. Darunter schreiben Sie: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Wissen Sie dabei, dass Gott mit Freude auf Sie sieht – mit einer Liebe, wie sie nicht einmal Ihre Mutter für Sie empfinden konnte.
Es gibt auch hilfreiche Fragen. In der bayerischen Landeskirche finden Sie in Ihrem Gesangbuch eine Hilfe zur Beichte. Ich habe einige Exemplare fotokopiert. Anhand der Zehn Gebote können wir erkennen, wo wir stehen. Zum Beispiel: Habe ich aus Menschenfurcht meinen Glauben verleugnet? War ich ehrgeizig? Habe ich Menschen vergöttert? Solche Hilfen zeigen uns, wo wir eigentlich stehen.
Am hilfreichsten scheint mir immer noch die Bibel selbst zu sein. Wenn Sie etwa den Römerbrief lesen, insbesondere die Kapitel 1 bis 3, legt Paulus dar, dass auch der Heide eigentlich weiß, was gut und böse ist. Sogar der religiöse Mensch weiß es, und erst recht der religiöse Moralist, der Pharisäer. Das Problem ist nicht, dass wir es wissen, sondern dass wir es tun. Selbst der Apostel Paulus sagt: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen finde ich nicht, ich elender Mensch!“ (Römer 7,18-19).
Die Herausforderung der modernen Welt und die Notwendigkeit der Selbstprüfung
Hilfen, wie man das Absolute finden kann
Es gab schon immer, habe ich gesagt, Verzweiflung an sich selbst. Heute könnte es sie mehr denn je geben, denn die ganzen Bedingungen unserer Welt – die medizinischen, die politischen, die bildungsmäßigen und die technischen Bedingungen – sind so fast grenzenlos weit geworden, dass es nicht mehr an ihnen liegen kann, wenn unser Leben nicht gelingt.
Es ist Ihnen sicher auch schon aufgefallen, wie oft in der Zeitung von menschlichem Versagen gesprochen wird, gerade in einer hochtechnisierten Welt. Meine Frau könnte viel über mich berichten – über mein menschliches Versagen. Und meine Kinder erst recht, bei aller Liebe.
Die Aufklärung, die ausgezogen war, alle menschlichen Autoritäten und Werte in Frage zu stellen und anzuzweifeln, kann eigentlich gar nicht mehr weiter getrieben werden. Höchstens graduell noch einige Grade. Aber es ist an der Zeit, dass der Mensch vom Thron des Infragestellers herunterkommen darf, um sich selbst in Frage stellen zu lassen: Wer bin denn eigentlich ich?
Der große Volksschriftsteller des letzten Jahrhunderts, Otto Funke, berichtet von einem einschneidenden Erlebnis. Er war Student in Tübingen, und eines Sonntags hat der große Theologe Johann Tobias Beck ihn gebeten, ihn auf einem Spaziergang zu begleiten. Sie seien die Weinbergstaffeln hinaufgestiegen, Johann Tobias Beck vor ihm und er hinten nach. Funke hatte begeistert erzählt von all den theologischen Fündeleien und den neuen Erkenntnissen.
Mit einem Mal habe sich Johann Tobias Beck umgedreht, voll Liebe ihn gefragt: „Willst du gesund werden?“ Dann hat er sich wieder umgedreht und sei die Staffeln weitergeschritten. Das habe sein Leben verändert.
Denn es gibt Menschen, die den Zweifel besiegt haben, aber in sich selbst die Verzweiflung über sich selbst tragen. Also, ich meine, wir sollten uns heute mehr denn je der Frage stellen: Willst du gesund werden? Nicht bloß die Strukturen – da können wir noch manches versuchen –, die Verhältnisse, die Gesellschaft. Will ich gesund werden? Von dieser Krankheit geheilt zu werden, das ist Christenseligkeit, sagt Søren Kierkegaard. Diese Verzweiflung kann geheilt werden.
Es ist ja sicher so, dass ich vielen Menschen über bin. Und wenn ich in den Spiegel hineinsehe, bin ich mir manchmal selbst auch über. Aber genau dann sollen wir wissen: So war Jesus. Die Geschichte ist geprägt und erzählt von jenem Zöllner, der bloß noch sagen konnte: „Oh Gott, mein Leben.“ Dass wir dem heiligen Gott nicht über sind, keinen Augenblick. Das ist das Grundzeugnis des Neuen Testaments.
Ich war gestern bei der Prüfung einer jungen Theologin im Neuen Testament und war fast bewegt, wie diese jungen Theologen sagen, die Hauptessenz des Neuen Testaments sei, dass wir die Welt ändern. Nein, Jesus hat gesagt: Ich bin gekommen wie ein Arzt für Kranke, nicht für die Gerechten. Ich möchte die Sünder rufen.
Noch am Kreuz hat er ein Ohr gehabt für den, der aus der Tiefe gerufen hat: „Erbarme dich über mich.“ „Kommt her zu mir, wie ihr das Leben meistert, wie ihr Pläne habt für diese Welt?“ Nein, nein, nein. „Kommt her, wie ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ Für Leute, die nicht mehr können.
Der Apostel Paulus sagt: Gottes Kraft will in Schwachen mächtig sein. Deshalb sagt er den fast dialektisch anmutenden Satz: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“, weil dann die Kraft Gottes bei mir anknüpft. Gott will bei Zerschlagenen und Gedemütigten wohnen.
Die Voraussetzung dazu, dass Gott uns nahekommt – auch in unserer Kirche –, ist, dass wir wieder arm werden im Geist, dass wir hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, weil wir es selber nicht schaffen, in unserem Leben, in unserer Welt gerecht zu sein.
Den Demütigen gibt Gott Gnade, das hat Petrus gesagt, der mit seinem überschäumenden Temperament, mit seiner Liebe zu Jesus und mit seinem Willen, in dieser Welt etwas zu ändern, täglich gescheitert war. Er sagt: „Demütigt euch unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe; denn den Demütigen gibt er Gnade.“
Abschluss mit einem ermutigenden Lied und Ausblick
Jetzt möchte ich ein Lied zitieren von unserem großen schwäbischen Dichter Filip Friedrich Hiller:
Wenn ich an mir selbst verzage,
tröstet mich noch Gottes Macht,
dass ich in dem Glauben wage,
bis ich meinen Lauf vollbracht.
Habe ich Gottesmacht erfahren,
da so mancher Fall getreut,
oh, so wird sie mich bewahren
bis zu meiner Seligkeit.
Mach die Michbekehrte,
die den Glauben in mir schuf,
kämpfen, beten, Dulden lehrte,
ist mir nahe, wenn ich ruf,
dass ich schwach bin, wird er wissen.
Dass er stark ist, weiß auch ich.
Der mich aus dem Tod gerissen ist,
noch dieser Gott für mich,
hang mein Herz an seinen Händen,
was du nicht kannst, wird er tun,
was er anfing, wird er enden,
eher wird er ja nicht ruhen.
Herr, ich glaube deinen Worten,
deiner Macht vertraue ich noch.
Streiten auch der Höllenpforten,
siegt deine Rechte doch!
Denn Gott, den Verzweifelten nahe ist,
passiert ein Doppeltes:
Dann kann meine Vergangenheit bereinigt werden
durch den Gott, der seine Hand auch auf das legt, was falsch war.
Bei einem Mitchristen, der mir persönlich viel bedeutet hat, habe ich erlebt, dass er über die Erziehung seiner Kinder sagte: „Ich habe alles, alles falsch gemacht.“
Es war eine schneidende Schärfe in diesem Wort.
Und als dann nach dem dritten Infarkt dieses Mitchristen die Kinder ins Haus kamen, fanden sie nur einen Zettel, den der Sterbende noch mit letzter Kraft geschrieben hatte:
„Alle meine Sünden hat Gott weggenommen. Alles, was sie falsch gemacht haben im Beruf, was wir versäumt haben.“
Die Vergangenheit kann bereinigt werden, und die Zukunft ist offen.
Ich habe einmal einen Mitchristen gehört, der sagte:
„Ich habe um mich selbst ausgesorgt. Gott hat bei mir übernommen, ich habe mein Leben übergeben.“
Dann brauchen Sie auch nicht fixiert zu sein auf Ihre schwachen Stellen. Jeder von uns hat so seine Schwächen.
Sie dürfen diesen lebendigen Gott anrufen und sagen: „Herr, bewahre mich vor mir selbst!“ Und er kann es.
Es gibt Menschen, die von Selbstmordgedanken umgetrieben sind, Angst haben, sich etwas anzutun. Sie dürfen sich losmachen und sagen: „Herr, bewahr mich vor mir selbst!“ Sie dürfen all das, was sie beschwert, weglegen.
Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wie Gott unser Leben weit über unser Vermögen hinaus anders machen kann.
Das Leben von Søren Kierkegaard selbst ist ein Beispiel dafür.
Die Namen seiner einflussreichen Gegner, die ihm das Leben so schwer gemacht haben, dass er, der hochbegabte Mann, weder eine Stellung als Journalist, noch als Pfarrer, noch als Professor gefunden hat – wir kennen diese Leute heute nicht mehr.
Aber bis heute sind die Schriften Kierkegaards für jeden Theologen, für jeden Philosophen unaufgebbar wichtig.
Wie hatte er immer wieder die Theologie und die Kirche belebt, lang nach seinem Tod.
Friedrich Haus hat in einer wissenschaftlichen Studie nachgewiesen, dass die einflussreichsten Werkzeuge Gottes im letzten Jahrhundert Dora Rappard, Lydia Arnold, Ludwig Hofacker, Hennhöfer – zerschlagene, zerbrochene, auch körperlich schwache Leute – waren, die sich ihrer ganzen Schwachheit bewusst waren.
Und dann konnte der lebendige Gott gerade durch sie in besonderer Weise wirken.
Deshalb möchte ich jetzt vor der Pause mit einem Wort von Martin Luther abschließen, der mehr als wir wissen, ein Angefochtener war, ein so oft zerbrochener und zerschlagener, der mit der Verzweiflung an sich selbst Europa verändert hat.
Er hat eine Reformation der Kirche ausgelöst an Haupt und Gliedern.
Er hat gesagt:
„Niemand lasse den Glauben daran fahren, dass Gott durch ihn eine große Tat tun wolle.“
Und das hat er einem Zerbrochenen gesagt, seinem schwachen, schüchternen Philipp Melanchthon:
Niemand lasse den Glauben daran fahren, dass auch mit zerschlagenen Leuten Gott Großes tun will.
Herzlichen Dank für Ihr Zuhören.
