Einführung und Rückblick auf den letzten Predigtteil
Ja, hallo, liebe Geschwister, hier ist mal wieder der Jürgen, und es geht erneut um die Apostelgeschichte. Beim letzten Mal habe ich mich mit einem kleinen Cliffhanger verabschiedet.
Lasst mich noch einmal ans Ende meiner letzten Predigt zur Apostelgeschichte zurückgehen, die ich bei euch gehalten habe. Dort habe ich erklärt, was mir hilft, im Glauben gesund zu bleiben. Ich sagte: „Was mir persönlich dabei hilft, ist eine Sache, nämlich ein neugieriger, intensiver und auf Anwendung bedachter Umgang mit der Bibel. Das ist eine Sache. Die andere Sache zeige ich euch beim nächsten Mal.“
Genau darum soll es heute gehen: Die zweite Sache, die in meinem Leben dazu führt, dass ich im Glauben gesund bleibe. Bevor wir uns diese Sache anschauen, möchte ich einen kleinen Exkurs machen.
Wunder und Apostel: Die Auferweckung des Eutychus als Beispiel
Und ich lese uns den Text aus Apostelgeschichte 20,7-12 vor:
Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen, unterredete sich Paulus mit ihnen, da er am folgenden Tag abreisen wollte. Er zog das Wort hinaus bis Mitternacht.
Es waren aber viele Lampen in dem Obersaal, wo wir versammelt waren. Ein junger Mann aber mit Namen Eutychus saß im Fenster und wurde von tiefem Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiter redete. Vom Schlaf überwältigt fiel er vom dritten Stock hinunter und wurde tot aufgehoben.
Paulus aber ging hinab, warf sich über ihn und umfasste ihn. Er sagte: „Seid nicht beunruhigt, denn seine Seele ist in ihm.“ Als er hinaufgestiegen war, das Brot gebrochen und gegessen hatte, redete er lange bis zum Anbruch des Tages und reiste dann ab.
Sie brachten aber den Jungen lebend und wurden nicht wenig getröstet. Bis dahin.
Wir erleben hier einmal mehr, dass Paulus tatsächlich ein Apostel ist und von Gott auf ganz wundersame Weise gebraucht wird. Damit wir das gut verstehen: Ein Apostel im ursprünglichen Sinn sind die zwölf Apostel, also der Begriff der Urapostel, zu denen auch Paulus gezählt wird. Ein Apostel in diesem engsten Sinn ist jemand, der auf ganz besondere Weise von Gott gebraucht wird.
Diese zwölf plus eins Apostel sind das Fundament der Kirche, so wie es in Epheser 2,20 heißt: „Ihr seid aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst Eckstein ist.“
Jesus benutzt die Apostel bis heute durch ihre Schriften, um uns zu zeigen, wie er sich Gemeinde denkt, was ihm wichtig ist und worauf wir achten müssen.
Das ist auch der Grund dafür, warum wir heute nicht mehr daran glauben, dass es neue Apostel in der Art eines Paulus oder Petrus gibt. Sie waren dazu da, eine Grundlage zu legen. Das Fundament ist gelegt, ihr Auftrag ist tatsächlich erledigt.
Jetzt kann es trotzdem passieren, dass Leute sich hinstellen und sagen: „Falsch, falsch, es gibt auch heute noch solche Apostel wie damals Petrus, Paulus oder Matthäus.“
Also, wenn jemand sich hinstellt und sagt: „Ich bin so ein Urapostel“, was dann? Keine Ahnung, was ihr tut, ich mache immer dasselbe. Ich schmunzle und mache mich dann ein wenig unbeliebt.
Ich frage nämlich nach den Zeichen und Wundern. Warum? Weil ich die von einem echten Apostel erwarten darf. Mir reicht es nicht, wenn sich jemand einfach Apostel nennt. Ich hätte gern die Zeichen, von denen Paulus spricht.
Merkmale eines echten Apostels und die Bedeutung von Zeichen und Wundern
Und interessanterweise spricht er also von diesem Zeichen eines Apostels gerade dann, wenn er sich von den falschen Aposteln abgrenzen muss. So lesen wir in 2. Korinther 12,11-12: „Denn ich habe in nichts den übergroßen Aposteln nachgestanden, wenn ich auch nichts bin. Die Zeichen des Apostels sind ja unter euch vollbracht worden, in allem Ausharren, in Zeichen und Wundern und Machttaten.“
Falls du also auf jemanden triffst, der sich Apostel nennt, und der damit nicht nur zum Ausdruck bringen will, dass er ein Visionär in der Gemeinde ist oder ein Missionar, dann ist Vorsicht geboten. Man kann den Begriff Apostel heute auch manchmal in der Form finden, dass Leute sagen: „Ich bin der, der nach vorne blickt“ oder „Ich bin jemand, der Neuland für Gottes Reich erschließt.“ Das meine ich nicht. Ich meine Leute, die sich hinstellen und sagen: „Ja, ich weiß, dass Gott mich in dem Sinn als Apostel berufen hat, wie er das damals mit Paulus und Petrus getan hat.“
Wo wir solche Leute treffen, da müssen wir nach den Zeichen des Apostels fragen. Zu diesem Zeichen gehört, dass der Dienst eines Apostels von ausharrenden Zeichen, Wundern und Machttaten geprägt ist. Ein echter Apostel kann also mit zwei Dingen punkten: Erstens, er geht regelmäßig durch schwere Zeiten und ist ein Vorbild in puncto Ausharren. Ein Apostel weiß, wie man aus Glauben lebt, wie man sich selbst im Leid ermutigt, wie man nicht ermüdet und wie man nach den größten persönlichen Katastrophen und Tiefschlägen wieder aufsteht und weitermacht.
Ein echter Apostel, so wie der Begriff von Paulus und anderen im Neuen Testament verwendet wird, hat nichts – und zwar gar nichts – mit dem charismatischen Prediger einer Mega-Church gemein, der in Designerklamotten und mit Privatjet unterwegs ist. Eigentlich muss man sogar sagen, er ist das genaue Gegenteil, jedenfalls wenn man Paulus als Beispiel heranzieht. Der echte Apostel ist der Uncoole, der Underdog, den man leicht übersieht und der zu wenig hermacht.
Also, was hat einen echten Apostel im Neuen Testament ausgezeichnet? Erstens Ausharren, zweitens Zeichen, Wunder und Machttaten. Vielleicht ist euch aufgefallen, dass fast nur die Apostel in der Apostelgeschichte Wunder wirken. Man muss wirklich schon suchen, um Ausnahmen zu finden. Es gibt Ausnahmen, aber sie sind wirklich selten.
In dem Moment, in dem ein Apostel mit seinem Team unterwegs ist, ist es immer der Apostel, der Wunder tut. Es sind nie die Christen, die ihn begleiten. Noch einmal: Ich will nicht ausschließen, dass es Nichtapostel gab, die Wunder wirkten – ich glaube das –, aber darum geht es mir nicht. Ich möchte zeigen, dass Wunder, wie bei der Auferweckung des Eutychus, typisch für Apostel waren. Deshalb kann Paulus auch total gelassen bleiben, als Eutychus aus dem Fenster fällt.
Die Gelassenheit des Paulus und die Bedeutung von Wundern heute
Ich lese euch noch einmal die Verse neun bis elf vor:
Ein junger Mann namens Eutychus saß im Fenster und wurde von tiefem Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiterredete. Vom Schlaf überwältigt fiel er vom dritten Stock hinunter und wurde tot aufgehoben.
Paulus aber ging hinab, warf sich über ihn und umarmte ihn. Er sagte: „Seid nicht beunruhigt, denn seine Seele ist in ihm.“ Als er dann hinaufgestiegen war, brach er das Brot, aß und redete lange bis zum Anbruch des Tages. Danach reiste er ab.
Mir geht es um die Coolness, mit der Paulus hier reagiert. Versteht ihr, so reagiert ein Apostel. Da fällt jemand aus dem dritten Stock, wird tot aufgefunden, und Paulus ist derjenige, der hinuntergeht, sich über ihn wirft und ihn wieder zum Leben erweckt. Danach übergibt er ihn einfach den Leuten und sagt: „Seid nicht beunruhigt, wir haben etwas Wichtigeres zu tun. Lasst uns wieder hochgehen, ich möchte weiter predigen. Vorher werden wir noch das Abendmahl feiern.“
Das ist die Coolness eines echten Apostels. So unterstreicht Gott die Autorität seiner Apostel, mit denen er das Fundament der Gemeinde gelegt hat. Deshalb gilt: Solange moderne Apostel – also diejenigen, die sich dafür ausgeben und behaupten, in derselben Reihe wie Paulus, Petrus oder Matthäus zu stehen – nicht in gleicher Weise mit der gleichen Selbstverständlichkeit Tote auferwecken, Gelähmte gehen lassen oder wirklich kranke Menschen heilen, werde ich solche Menschen nicht ernst nehmen.
Ich werde sie nicht nur nicht ernst nehmen, sondern als falsche Apostel ablehnen. Ich werde ihre Predigten nicht anhören und ihre Videos nicht anschauen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich glaube daran, dass Gott heute noch Wunder tun kann. Und dass er es häufig auch dort tut, wo das Evangelium gepredigt wird. Ich glaube, dass Missionare, besonders solche, die in einem okkulten Umfeld missionieren, tatsächlich viel mehr Wunder erleben, als wir das heute vielleicht im Durchschnitt in Deutschland erfahren.
Ich habe nichts gegen Wunder, überhaupt nichts. Aber gleichzeitig lasse ich mich nicht irre machen, wenn heute Leute sagen, wir bräuchten mehr Zeichen und Wunder. Ich lasse mich nicht irre machen, weil das mit den Zeichen und Wundern schon bei Jesus nicht geklappt hat.
Oder heißt es nicht bei Johannes, Kapitel 12, Vers 37: „Obwohl er so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn“?
Mich wundert dieser Satz immer ein bisschen. Jesus tut so viele Zeichen, und das führt nicht dazu, dass Menschen an ihn glauben. Glaube kommt nicht aus Zeichen und Wundern.
Das hat damit zu tun, dass Wunder etwas mit Schauen zu tun haben, aber Glaube etwas mit Vertrauen.
Ein Wunder kann sinnvoll sein, und ich bin davon überzeugt, dass der Heilige Geist dann, wenn es sinnvoll ist, auch durch gläubige Wunder wirkt. Aber wir dürfen nie vergessen, dass der Glaube tatsächlich nie aus dem Wunder, sondern immer aus der Verkündigung kommt.
Der Glaube braucht etwas, woran er glauben kann. Er braucht einen Inhalt, und deshalb braucht er die Predigt – die Predigt vom Evangelium.
Persönliche Erfahrungen mit der Zeichen- und Wunderszene
Das ist einer meiner Gründe, warum ich bei Zeichen und Wundern so zurückhaltend bin.
Zweitens habe ich Freunde, die aus der Zeichen- und Wundernsphäre kommen. Ich mag sie sehr, sie sind mir ein absolutes Vorbild in ihrem Eifer für Evangelisation und in ihrer Liebe zu Jesus. Jedes Mal, wenn wir Zeit miteinander verbringen, bin ich ermutigt. Ich hoffe, dass es Ihnen genauso geht, denn wir treffen uns meistens, weil Sie Fragen zur Bibel haben. Sie sind großartig, und ich genieße die Gemeinschaft mit Ihnen.
Sie spornen mich wirklich immer wieder an, mit kirchendistanzierten Menschen mehr über den Glauben zu sprechen. Ihr evangelistischer Eifer ist, das kann ich nur immer wieder sagen, phänomenal. Trotzdem sehe ich bei ihnen nicht, dass es mit den Wundern klappt. Ich würde es ihnen so sehr wünschen – natürlich, wer würde das nicht? Aber bislang werden bei ihnen nicht jede Woche Blindgeborene sehend. Und manch einer, der sich Wunder wünscht, wird tatsächlich nicht einmal seine Kurzsichtigkeit los.
Das ist die Realität. Es ist deshalb die Realität, weil Zeichen, Wunder und Machttaten zu einem echten Apostel gehören. Ich glaube an Wunder. Gott kann tun, was er will, durch wen er will und wann er will. Aber wenn es darum geht, dass – wie bei Petrus – schon mal sein Schatten auf Kranke fällt und sie heilt, habe ich ehrlich gesagt den Eindruck, diese Zeiten sind vorbei.
Diese Zeiten sind vorbei, weil sie eine Epoche waren, in der das Fundament für die Kirche gelegt wurde – und zwar durch Apostel. Das war mein kleiner Exkurs.
Lasst mich euch jetzt den zweiten Punkt zeigen, der mir hilft, im Glauben gesund zu bleiben. Der erste Punkt war mein Umgang mit der Bibel: dieses neugierige, intensive, auf Anwendung bedachte Lesen und das Nachdenken über die Bibel.
Paulus’ Reise und die Bedeutung von Zeit allein mit Gott
Der zweite Punkt, den finden wir etwas versteckt. In Apostelgeschichte 20,13-16 heißt es: „Wir aber gingen voraus auf das Schiff und fuhren ab nach Assos und wollten dort den Paulus aufnehmen, denn so hatte er es angeordnet, da er selbst zu Fuß gehen wollte. Als er aber in Assos mit uns zusammentraf, nahmen wir ihn auf und kamen nach Methylene. Und als wir von dort abgesegelt waren, kamen wir am folgenden Tag Chios gegenüber an, am anderen Tag aber legten wir in Samos an und kamen am folgenden Tag nach Milet. Denn Paulus hatte sich entschlossen, an Ephesus vorbeizufahren, um nicht veranlasst zu werden, in Asien Zeit zu versäumen, denn er eilte, um, wenn es ihm möglich wäre, am Pfingsttag in Jerusalem zu sein.“
Das ist erst einmal nur eine Beschreibung einer Reise. Denkt ihr euch! Aber ich möchte gerne auf einen Widerspruch hinweisen, der wichtig ist. Fangen wir deshalb noch einmal vorne an.
Wo starten wir? Also, wo ist Eutychus aus dem Fenster gefallen? In Apostelgeschichte 20,6 lesen wir: „Wir aber segelten nach den Tagen der ungesäuerten Brote von Philippi ab und kamen in fünf Tagen zu ihnen nach Troas, wo wir sieben Tage verweilten.“ Wir sind also in Troas.
Die Mitarbeiter des Paulus fahren von dort mit dem Schiff nach Assos. Nur – und das ist eben spannend – Paulus tut das nicht. Apostelgeschichte 20,13 sagt: „Wir aber gingen voraus auf das Schiff und fuhren ab nach Assos und wollten dort den Paulus aufnehmen, denn so hatte er es angeordnet, da er selbst zu Fuß gehen wollte.“
Paulus will also zu Fuß gehen. Wenn man sich auf einer Karte die Strecke von Troas bis Assos anschaut, sind das ungefähr fünfzig Kilometer. Die Leute, mit denen Paulus zu tun hat, fahren mit dem Schiff, und er selbst nimmt zwei Tage Wanderung in Kauf.
Und jetzt zu dem, was ich sagte: Es gibt hier einen Widerspruch. Es geht ja letztlich nach Jerusalem. In Vers 16 lesen wir: „Denn er eilte, um, wenn es ihm möglich wäre, am Pfingsttag in Jerusalem zu sein.“
Frage: Wenn Paulus es so eilig hat, nach Jerusalem zu kommen, wenn Paulus sogar an Ephesus vorbeifahren will – also an der Stadt, wo er so viel gewirkt hatte –, wenn er bewusst nicht in Asien Zeit versäumen will (gemeint ist nicht der Kontinent, sondern die römische Provinz), warum fährt er dann nicht mit dem Schiff nach Assos? Warum nimmt er einen Fußweg in Kauf, der vielleicht länger dauert, zudem noch gefährlich und unberechenbar ist?
Versteht ihr, was ich mit Widerspruch meine? Einerseits will Paulus so schnell wie möglich nach Jerusalem. Er hält nicht einmal in Ephesus an, wo bestimmt viele christliche Freunde gern noch mit ihm geredet hätten. Aber dann nimmt er sich Zeit für einen etwa zweitägigen Spaziergang. Warum?
Ich muss das deutlich sagen: Das wissen wir nicht, weil es nicht dasteht. Ich muss an dieser Stelle spekulieren, aber ich habe eine sehr gute Idee. Diese Idee hat damit zu tun, dass wir als Christen ein Vorbild haben, dem wir nacheifern: Jesus.
Wir wollen Jesus immer ähnlicher werden, charakterlich. Aber wir wollen uns natürlich auch an seiner Beziehung zu seinem Vater im Himmel orientieren. Letztes Mal habe ich gesagt, dass unser geistliches Leben sich in unserem Umgang mit der Bibel widerspiegelt.
Um geistlich zu reifen, müssen wir unter dem Wort bleiben. Wir müssen regelmäßig auf das hören, was Gott uns zu sagen hat, das Gehörte verinnerlichen, darüber nachdenken und es in Form von guten Gewohnheiten Fleisch werden lassen.
Warum sollten wir das tun? Warum so viel Zeit mit der Bibel verbringen? Weil es in der Bibel steht? Ja, so argumentiere ich gern, aber eigentlich müsste es reichen, auf Jesus hinzuweisen. Wir wollen ihn imitieren. Er ist unser Vorbild. Die Bibel als Buch hilft uns nur dabei.
Als Christen sind wir Jesu Jünger. Wenn wir ihn betrachten, dann sehen wir, wie souverän er mit dem Wort Gottes umgeht – sei es in einer Versuchungssituation in der Wüste, sei es in den Streitgesprächen mit Pharisäern oder Sadduzeern, sei es im Gespräch mit den Jüngern. Immer wieder kommt auch dieser Vorwurf: „Habt ihr nicht gelesen?“
Wenn ich mich viel mit der Bibel beschäftige, dann nicht, weil ein guter Christ halt viel Zeit dafür macht, sondern weil ich so tief wie möglich ins Wort Gottes eintauchen möchte. Jesus ist mein Vorbild, und ich als sein Jünger möchte ihn, meinen Meister, nachahmen.
Jesus als Vorbild im Umgang mit Gott: Nähe zum Wort und Rückzug zum Gebet
Im Leben Jesu gibt es zwei Dinge, die für mich im Umgang mit Gott besonders hervorstechen. Das erste ist seine unbedingte Nähe zum geschriebenen Wort Gottes. Deshalb möchte auch ich hören, was Gott mir zu sagen hat, und es tun.
Ich kann kein Christ sein im Sinne eines Jüngers Jesu. Nur Jünger Jesu sind wirkliche Christen. Wenn mich das Wort Gottes nicht interessiert, ist es für mich unmöglich, Christ zu sein. Dasselbe gilt auch in Bezug auf eine andere Sache.
Zwei Dinge charakterisieren Jesu Umgang mit Gott: Einerseits sein Hören auf Gott, also auf die Bibel, und andererseits seine Zeit alleine mit Gott.
Lukas berichtet von der Heilung eines Aussätzigen. Danach lesen wir in Lukas 5,15-16: „Aber die Rede über ihn, Jesus, verbreitete sich umso mehr, und große Volksmengen versammelten sich, ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Er aber zog sich zurück und war in einsamen Gegenden und betete.“
Oder nach der Speisung der Fünftausend heißt es in Matthäus 14,23: „Und als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er für sich allein auf den Berg, um zu beten. Als es aber Abend geworden war, war er dort allein.“
Auch bei Markus lesen wir in Kapitel 1, Verse 35-37: „Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus an einen einsamen Ort und betete dort. Simon und die, die mit ihm waren, eilten ihm nach, und sie fanden ihn und sagten zu ihm: ‚Alle suchen dich.‘“
Merkt ihr, wie Jesus sich immer wieder alleine zurückzieht, um zu beten? Allein sein mit Gott bedeutet, mit ihm darüber zu reden, wo ich stehe, wie es mir geht und was mir gerade durch den Kopf geht. Allein sein mit Gott heißt, ihn anzubeten, Fürbitte für meine Freunde zu tun und mein eigenes, manchmal wirres Leben mit ihm zu besprechen.
Es bedeutet auch, meinen Feinden zu vergeben, Weisheit zu suchen und dafür zu beten, dass Gott mich und meine Familie vor dem Bösen bewahrt. In unserem Fall musste Jesus das nicht tun. Er musste keine Zeit mit Gott verbringen, um seine Sünde zu bekennen, um Vergebung zu genießen oder um sich an Gottes Güte zu freuen.
Praktische Bedeutung von Gebetszeiten im Alltag
Ich hatte vor kurzem ein Telefonat mit einer Frau aus Bayern, die als Christin mit zwei kleinen Kindern durch eine hässliche Scheidung geht. Ihr Ex, ein hochintelligenter Narzisst, macht ihr das Leben aktuell zur Hölle.
Was war mein wichtigster Tipp für sie? Natürlich habe ich ihr gesagt, dass die nächsten Jahre schwer werden. Dann habe ich sinngemäß gesagt: Wenn die Last und die Herausforderungen zunehmen, brauchen sie mehr Zeit allein mit Gott. Gebet spart Zeit, Gebet gibt Kraft, Weisheit und Frieden. Das ist es, was wir bei Jesus sehen.
Deshalb heißt es vor der Berufung der zwölf Apostel in Lukas 6,12: „Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten, und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott.“
Wenn die Zeiten hart werden, wenn es viel zu tun gibt, wenn ich nicht weiß, was richtig ist, wenn ich mich überfordert fühle, wenn die Unruhe in mir aufsteigt und ich den Boden unter den Füßen verliere – was brauche ich dann?
Oder anders ausgedrückt: Wenn ich Paulus wäre und den Eindruck hätte, ich soll nach Jerusalem gehen, also in die Höhle des Löwen, genau dorthin, wo man zuletzt versucht hat, mich umzubringen – was brauche ich dann mehr als alles andere? Ich brauche Zeit allein mit Gott. Nicht zusammengepfercht auf einem Schiff mit vielen anderen Passagieren, sondern Zeit allein mit Gott.
Dann wird es vielleicht Zeit, mal für zwei Tage spazieren zu gehen, nachzudenken und zu beten. Wie gesagt, Lukas schreibt nicht, warum Paulus von Troas nach Assos zu Fuß geht, während alle anderen mit dem Schiff fahren. Aber ich sehe da eine Parallele zu dem, was Jesus tut.
Und ja, es schwingt tatsächlich auch eine Menge Erfahrung mit. Ich kann das so sagen, weil ich heute noch im geistlichen Dienst bin, weil ich genau das tue. Ich ziehe mich fast jeden Tag für eine Stunde zurück und rede im Wald mit Gott.
Im Urlaub kommt das immer ein wenig zu kurz. Ich hatte jetzt zwei Wochen Urlaub und merke, wie in mir die Unruhe zunimmt. Mein innerer Mensch sehnt sich danach, mehr mit Gott zu reden.
Ich freue mich ehrlich gesagt riesig auf morgen, obwohl morgen meine ganz normale Arbeitswoche wieder anfängt. Aber ich freue mich auf meine Arbeitswoche, weil ich dort die Zeit mit Gott fest eingeplant habe. Ich muss wirklich raus, ich muss wieder in den Wald. Ich bin der Typ, der auch Abstand von seinem Arbeitszimmer braucht.
Jesus ist der, der mir das vormacht. Er hatte Zeiten allein mit Gott, sei es früh morgens, mal eine ganze Nacht oder drei Stunden in Gethsemane, bevor er bereit war, in den Tod zu gehen – für mich.
Die Herausforderung, genug Zeit mit Gott zu verbringen
Die vielleicht größte Herausforderung im Leben als Christ, so sehe ich das jedenfalls, besteht darin, genügend qualitative Zeit mit Gott zu verbringen. Nur so können wir im Trubel der vermeintlich dringlichen Dinge und in den Entscheidungen, die das Leben von uns verlangt, klug handeln und das tun, was Gott von uns will.
Unser Herr hat bei weitem nicht alle Kranken geheilt. Aber wo hätte er aufhören sollen? Er sollte Apostel berufen – aber welche? Auch diesen Judas? Versteht ihr, was ich meine? Das Vaterunser gibt uns einen Rahmen für unsere Begegnung mit dem Vater. Diesen Rahmen müssen wir jedoch selbst ausfüllen.
Der Teufel wird uns dabei immer wieder dieselbe Lüge präsentieren. Zumindest tut er das bei mir. Und die Lüge lautet etwa so: „Jürgen, du hast keine Zeit. Du hast noch so viel zu tun. Bete heute etwas kürzer, sonst schaffst du dein Pensum nicht.“ Merkt ihr mein „Pensum“, als wüsste ich genau, was wirklich dran ist?
Immer wenn ich auf diese Lüge höre und weniger Zeit allein mit Gott verbringe, geht es mir unter dem Strich geistlich schlechter. Dann verliere ich meine Freude am Dienst. Sorgen nehmen mich leichter gefangen, die Geschwister nerven mich, und ich schaffe auch nicht mehr so viel.
Warum ist das so? Gebet spart Zeit.
Und weil das für uns alle nicht gut sein kann, lasst uns an dem Herrn Jesus oder an Paulus ein Vorbild nehmen. Lasst uns genug Zeit mit unserem Vater im Himmel verbringen – ganz allein, alleine mit Gott –, bis meine Seele satt geworden ist und mein Geist bei meinem Vater im Himmel zur Ruhe gekommen ist.
Das ist es, was ich euch für die kommende Woche wünsche: Zeit alleine mit Gott. Amen.
