Bibelwoche 2012, erster Korintherbrief.
Ich habe euch am Anfang gesagt, dass man den ersten Korintherbrief grob in vier Teile einteilen kann. Es gab die ersten paar Verse, die eine Begrüßung und einen Dank enthielten. Dann kam ein erster Block, den wir gestern abgeschlossen haben. In diesem Abschnitt ging Paulus auf Berichte ein, die er von Leuten erhalten hatte, die bei ihm zu Hause waren und ihm erzählt hatten, wie es in Korinth gerade läuft – oder auch nicht läuft.
Heute kommen wir zum dritten Teil. Diesen werden wir auch dieses Jahr nicht vollständig bearbeiten, denn er umfasst Kapitel 7, Vers 1 bis Kapitel 16, Vers 12. Wie ihr wisst, enden wir am Sonntag mit Kapitel 10. Den Rest müsst ihr dann im nächsten Jahr erwarten.
Das, was ich heute in zwei Vorträgen mit euch anschauen möchte, ist das siebte Kapitel. Darüber kann man als Überschrift schreiben: Rund um das Thema Ehe.
Einführung in den dritten Teil des Briefes: Antworten auf Fragen zur Ehe
Warum ist Teil drei, also das, was heute beginnt, so besonders? Weil Paulus hier Antworten auf einen Brief mit Fragen gibt.
Wir müssen uns vorstellen, dass die Korinther in der Vergangenheit einen Brief an Paulus geschrieben haben. Paulus erwähnt diesen Brief in Kapitel 7, Vers 1: „Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt.“ Diesen Brief, den sie geschrieben haben, kennen wir nicht. Wir kennen nur einige der Themen, die im Folgenden behandelt werden. Dazu gehören die Ehe, dann das Thema Jungfrauen – was auch immer genau damit gemeint ist, das werde ich im zweiten Vortrag erklären –, das Thema Götzenopferfleisch, geistliche Gaben und eine Sammlung. Ganz am Ende geht es auch noch einmal um Apollos. Das sind die Themen, die in diesem Brief angesprochen werden, den wir nicht haben.
Das macht die Sache tatsächlich kompliziert. Denn wenn Paulus hier auf diesen Brief antwortet und die Fragen der Korinther beantwortet, wissen wir einfach nicht genau, wie die Fragen formuliert waren. Wir bekommen nur die Antwort. Und ihr ahnt schon: Je vertrackter die Antwort wird – und Paulus ist nicht dafür bekannt, einfache Antworten zu geben –, desto schwieriger wird es, aus der Antwort genau die Frage herauszufinden. Ohne die Frage weiß man nie so ganz genau, was Paulus eigentlich sagen will.
Deshalb werde ich bei dem Text immer mal wieder ein bisschen spekulieren müssen. Ich werde überlegen, wo die Korinther wohl hingedacht haben könnten und was das Problem der Korinther gewesen sein könnte. Wenn Paulus hier ein Kapitel lang über Ehe redet, dann macht er eines nicht – und das muss uns ganz, ganz klar sein: Er schreibt keine Abhandlung über christliche Ehe. Das war nie sein Ziel. Er schreibt keinen Artikel für Aufatmen, Ethos oder Ideaspektrum, in dem er alles sagt, was er schon immer zum Thema Ehe sagen wollte.
Stattdessen antwortet er auf Fragen. Das heißt, er greift handverlesen einzelne Aspekte heraus und sagt dazu etwas. Den Rest lässt er einfach unter den Tisch fallen. Das muss uns deshalb klar sein, weil dieser Text gerne genommen wird, um sehr grundlegende Aussagen zum Thema Eheseelsorge zu machen. Es kann aber sein, dass er dafür nie gedacht war. Vielmehr haben wir hier eigentlich ein Stück Seelsorge vor uns, die Paulus praktiziert. Und an diesem Text können wir gut lernen, wie diffizil es manchmal ist, wenn man zu einer bestimmten Frage eine Antwort geben will.
Also fangen wir einfach mal an: Kapitel 7, Vers 1.
Die Ausgangslage: Die Frage der Korinther zur Ehe
Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt: In meiner Bibel folgt darauf ein "So". Dieses kleine Wörtchen "So" steht in Wirklichkeit nicht da, und ich mag es auch nicht. Ich mag es deshalb nicht, weil, wenn man den Text so stehen ließe, wie er hier steht – ich mag meine Elberfelder Bibel, das muss ich einmal sagen. Sie hat so ihre Macken, aber im Großen und Ganzen mag ich sie. Nur an dieser Stelle finde ich es ein bisschen unglücklich, wenn man es so stehen ließe, wie es da steht: "Was aber das betrifft, wovon mir geschrieben habt, so ist es gut, für einen Menschen, keine Frau zu berühren."
"Berühren" heißt hier, mit ihr intim zu werden, sie zu heiraten und dann mit ihr zu schlafen. Würde man das so einfach stehen lassen, dann wäre es eine grundsätzliche Absage an die Idee Ehe. Das würde bedeuten, es sei besser, ehelos zu bleiben, als zu heiraten. Dann hieße es eigentlich, wenn du Zölibat lebst, bist du der bessere Christ.
Das Verrückte ist: Ab dem zweiten Jahrhundert aufwärts hat man diesen Text tatsächlich in diese Richtung versucht zu interpretieren – und auch so interpretiert. Denn da kamen andere Strömungen ins Christentum, in denen tatsächlich solche Ideen im Raum standen: Sexualität ist böse, Zölibat ist gut. Es wurden Leute Mönche, und es geschahen andere extreme Dinge.
Ich sage jetzt mal, das ist das, was dieser Text ursprünglich überhaupt nicht wollte. Es ist ein seelsorgerlicher Text, der – ihr werdet das merken – unglaublich ausgewogen sein will. Paulus, der Apostel, mit der Gnadengabe der Ehelosigkeit ausgestattet, gibt Ehepaaren Ratschläge und auch unverheirateten Menschen. Und das alles in eine konkrete Situation in Korinth hinein, von der er selbst sagt, sie sei "um der gegenwärtigen Not willen" schwierig. Vielleicht gab es eine Hungersnot oder etwas anderes, wir wissen es nicht ganz genau.
Deshalb möchte ich anstelle des "So" einen Doppelpunkt setzen, und ich bitte euch, da einfach mal mitzumachen:
Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt: Das ist das Thema. Die Vorgabe der Korinther, ihre Meinung, lautet: Es ist gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren.
Die Problematik in Korinth: Falsche Vorstellungen von Geistlichkeit und Sexualität
Erinnert ihr euch, wo wir gestern aufgehört haben? Paulus muss den Männern sagen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn sie regelmäßig Umgang mit Prostituierten haben. Vielleicht habt ihr euch gestern schon gefragt: Wie kommen die eigentlich auf den Gedanken? Es ist ja sonnenklar, dass das irgendwie nicht passt. Warum machen sie das?
Mir scheint, dass in Korinth nicht nur einige gesagt haben, es sei egal, wie man mit seinem Körper umgeht, sondern dass auch eine falsche Vorstellung von Geistlichkeit vorherrschte. In dieser falschen Vorstellung wurde der Körper in einem doppelten Sinn missachtet. Zum einen sagten manche: Du kannst machen, was du willst. Zum anderen meinten andere, dass Sex in der Ehe bestimmt nicht mehr geistlich sei. Also müsse man damit aufhören, um auf eine höhere Stufe zu kommen.
Es scheint so zu sein, als hätten Ehepaare einfach aufgehört, miteinander intimen Umgang zu haben – warum auch immer. Ihr könnt euch vorstellen, was das bei Männern bewirkt und wozu sie dann fähig werden. Vielleicht ist das der Hintergrund, den Paulus jetzt versucht zu durchdringen. Sein Argument geht genau in diese Richtung.
Er sagt: Wenn ihr diese These habt, wenn ihr sagt, geistlich – anscheinend von der Kanzel gepredigt –, es sei gut, nicht miteinander zu schlafen, dann würde er kontern. In Vers 2 sagt er: „Aber um der Unzucht willen habe jeder seine eigene Frau, und jede habe ihren eigenen Mann.“ Wörtlich steht hier nicht Unzucht, sondern Unzuchten – im Plural. Das zeigt, dass es so viele Fälle gibt, in denen ihr ganz offensichtlich zeigt, dass ihr das gar nicht aushaltet.
Denkt doch mal nach: Ist es nicht besser und richtiger, dass, wenn Leute miteinander verheiratet sind, sie intimen Umgang miteinander haben – mit ihrer eigenen Frau, mit ihrem eigenen Mann? Paulus bringt hier gegen die These der Korinther, die sagen, es sei gut, nicht miteinander zu schlafen, ein deutliches Argument.
Was er jetzt macht, ist fantastisch. Es ist deshalb fantastisch, weil es den Menschen in seiner Menschlichkeit und Geschöpflichkeit völlig ernst nimmt. Gott nimmt durch den Apostel unsere Hormone und Sehnsüchte ernst. Paulus sagt: Es gibt echt Gebote in der Bibel, die einfach schön sind. „Der Mann leistet der Frau die eheliche Pflicht.“
Jetzt würdest du sagen: „Eheliche Pflicht“ ist ein merkwürdiges Wort dafür, dass zwei richtig viel Spaß miteinander haben. Stimmt. Ich mag es trotzdem, dass es hier steht. Ich mag es, weil es etwas sehr Schönes zum Ausdruck bringt: eheliche Pflicht, Verpflichtung, wechselseitige Verpflichtung.
Ich glaube, dass es in einer Ehe Zeiten gibt, in denen dieses Wort tatsächlich passt. Ich wünsche allen jederzeit Lust und Leidenschaft – ja, geschenkt –, aber es gibt manchmal Momente, da ist die Lust ein bisschen vergraben unter einem vollen Arbeitstag, Kindergeschrei oder der Tatsache, dass man morgens früh raus muss, keine Ahnung.
Wenn dann das Prinzip lautet: Wenn einer möchte, wollen beide, dann kann es schon sein, dass der andere mehr an eheliche Pflicht als an eheliches Vergnügen denkt. Paulus sagt: Ja, genau so ist es richtig. Wenn einer möchte, dann bitte macht das.
Er unterstreicht das noch einmal in Vers 4: „Die Frau verfügt nicht über ihren eigenen Leib.“ Dieses Wort „verfügen“ ist dasselbe, das wir in Kapitel 6 gelesen haben. Dort heißt es: „Ich will mich von nichts beherrschen lassen.“ Es ist also dasselbe Wort.
Paulus sagt: Wir wollen uns nicht beherrschen lassen von einer Prostituierten, die keinen Zugriff auf unser Leben hat. Was uns aber beherrscht, was tatsächlich ein Verfügungsrecht auf mich hat, das ist meine Frau. Und umgekehrt: Worauf ich ein Verfügungsrecht habe, das ist der Körper meiner Frau.
Das hört sich komisch an, ich weiß. Ich lese es mal vor: „Die Frau verfügt nicht über ihren eigenen Leib, sondern der Mann.“ Wenn ein Mann sagt: „Ich möchte heute meine Frau genießen“, und es gibt Gründe, warum man das nicht tun sollte – ich lasse Migräne und Menstruation mal außen vor –, aber als generelles Prinzip darf er sie genießen. Gott ist dafür, und Gott sagt, es ist klug, so zu leben.
Ebenso verfügt auch der Mann nicht über seinen eigenen Leib, sondern die Frau. Wenn die Frau sagt: „Du Schatz, ich brauche mal ein bisschen Kuscheln“ – und wir wissen alle, dass es da Unterschiede gibt, wie wir Kuscheln füllen –, aber egal: Wenn die Frau sagt, sie braucht Nähe, dann sagt sie das, und der Mann sagt nicht nein, sondern: „Na klar, nimm, gehört dir.“
Wir sind also so ein großer, beweglicher... Na ja, gut, das ist die Idee. Die Frau sagt: „Ich will kuscheln“, und der Mann sagt: „Hier bin ich.“ Der Mann sagt: „Ich will kuscheln“, und die Frau sagt: „Hier bin ich.“ Das ist die Idee.
Es klingt vielleicht platt, aber ich glaube, darin steckt unendlich viel Weisheit. Wenn ich mir überlege, an welchen Stellen ich Probleme in christlichen Ehen vermute, steht das zusammen mit mangelndem gemeinsamen Gebet ganz oben.
Ich weiß, das klingt frech, und vielleicht ist bei euch alles anders. Aber meine Erfahrung ist: Fragt man wirklich mal nach, dann...
Letztes Jahr – nein, dieses Jahr, an Valentinstag – hat erf.de, die eine Homepage haben, unseren Crashkurs „Leidenschaft“ vorgestellt. Der Kurs kam als Modul für den Bible Workshop heraus. Dort gab es auch etwas zum Thema Hohelied und Leidenschaft.
Eine Frau schrieb einen Kommentar darunter: „Warum muss Gott jetzt auch noch Leidenschaft von mir fordern? Ich bin über vierzig, fast ein Vierteljahrhundert mit meinem Mann verheiratet, und ich kenne gläubige und ungläubige Leute. Ich kann sagen, ich kenne in meinem Bekanntenkreis niemanden, wo im Bett noch ein Feuerwerk abgebrannt wird.“
Ich habe das gelesen und dachte sofort: Wie traurig, dass ich das als negativen Anspruch an mein Leben empfinde, wie eine Last, die Gott mir auflegt. Jetzt muss ich auch noch leidenschaftlich sein. Das gruselt mich schon, weil mich das Gottesbild, das dahintersteht, gruselt.
Aber dann dieser Aspekt: „Ich kenne niemanden mehr.“ Da denke ich: Ja, ich glaube, da ist etwas Wahres dran. Ich glaube, wir haben diesen Text in der Kirchengeschichte – vielleicht auch in unserem Jahrhundert – mit einer falschen Brille gelesen.
Das ist ein Gebot: Du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, entzieh dich nicht! Es ist eine Aufforderung zu guter ehelicher Kommunikation: „Schatz, ich hätte das jetzt gern.“ Und es ist eine Aufforderung, gemeinsam Sexualität zu entwickeln – über Jahre und Jahrzehnte.
Ich bin jetzt auch knapp so ein Vierteljahrhundert verheiratet. Ich weiß, es braucht Jahrzehnte, um eine wirklich entspannte, leidenschaftliche, tiefe Sexualität zu entwickeln. Eine, in der man genug über Fehler miteinander gelacht und genug gute Zeit erlebt hat, um irgendwo in etwas sehr Entspanntes und Nettes reinzurutschen.
Ja, ich wünsche mir, dass das passiert. Ich glaube, dieser Text fordert uns dazu auf, diese Seite unserer Geschöpflichkeit wirklich ernst zu nehmen und nicht in eine falsche Vergeistlichung abzurutschen. Nicht zu sagen: Wir sind ja Christen, wir sind so extra heilig, in unserem Leben spielt das Fleischliche, diese „Feuchtgebiete“, eine untergeordnete Rolle.
Vorsicht, der Text geht in eine nüchterne, andere Richtung. Hier spricht ein Single – soweit wir wissen. Paulus, als Single mit Seelsorgeerfahrung, sagt: Ich rate euch, an der Stelle nicht zu schnell Nein zu sagen. Überlegt es euch noch mal.
Praktische Ratschläge zur ehelichen Gemeinschaft und Selbstenthaltung
Entzieht euch einander nicht, es sei denn, es gibt Ausnahmen – das ist logisch. Was er jetzt sagt, ist nach Vers 6 ein Zugeständnis und kein Befehl. Er sagt in Vers 6: „Dies aber sage ich als Zugeständnis.“ Er sieht diese übergeistlichen Korinther, die am liebsten ganz darauf verzichten würden, und deswegen geht er ihnen ein Stück entgegen.
Aber Achtung: Das ist kein Befehl, das ist nicht etwas, das er als Apostel anordnet, sondern nur ein Zugeständnis. Es gibt zwei Einschränkungen: Nach Übereinkunft und nur eine Zeit lang, damit ihr euch dem Gebet widmet. Nach Übereinkunft bedeutet, man redet miteinander. Es ist nicht so, dass einer nach Hause kommt und sagt: „Ich habe jetzt mal entschieden, drei Tage gibt es nichts.“ Sondern man spricht darüber.
Außerdem ist das zeitlich begrenzt, es ist nicht offen und ohne Ende. Wenn man sich fragt, wann man wieder zusammenkommt, dann redet man darüber. Und warum? Damit ihr euch dem Gebet widmet. Gebet kann natürlich für Gebet stehen, aber genauso gut kann man alles Mögliche einsetzen. Vielleicht bist du auf einer Jungscharfreizeit und denkst dir: „Das ist aber auch schade, ich fahre auf die Jungscharfreizeit und meine Frau bleibt zu Hause.“ Redet miteinander darüber: Wie geht es euch damit? Ist es wirklich gut, getrennt zu sein? Wie lange halten wir das aus?
Man sollte nicht einfach auf eine dumme Weise mit Sexualität herumspielen. Sex in der Ehe ist kein Mittel, um den Partner zu bestrafen oder zu belohnen. Wir reden nach Übereinkunft, und es ist begrenzt eine Zeit lang für geistliche Dinge, damit ihr euch dem Gebet widmet und dann wieder zusammen seid.
Deswegen ist es gut, wenn man getrennt ist, ganz bewusst auch zu sagen: Wenn ihr wieder zusammen seid nach einer längeren Trennung, dann reserviert euch Zeit für Zweisamkeit. Das ist nicht blöd. Habt ihr mal darüber nachgedacht? Ich kann das ja einfach freimütig sagen: Nach der letzten Outdoor-Bibelschule (OBS) sind wir nicht gleich nach Berlin gefahren, sondern erst mal nach Bamberg.
Warum Bamberg? Zum einen, weil meine Frau gerne Bamberg anschauen wollte, aber auch, weil es da in der Nähe ein kleines Landhotel gibt, wo wir uns zwei Tage eingemietet haben. OBS klingt irgendwie nicht nach sexueller Leidenschaft, richtig? Das klingt nach Outdoor-Bibelschule, und danach braucht man einfach wieder eine Zeit lang Gebet und Zusammensein.
Und da muss man einfach nüchtern sein. Seid nüchtern an der Stelle. Ihr seid nicht so geistlich, dass ihr einfach darauf verzichten könntet. Paulus sagt das auch: Warum? Damit der Satan euch nicht versucht. Solche Gelegenheiten, wo man innerlich quasi an Hormonüberschuss und Sehnsucht fast zerbricht, wo alle möglichen Gedanken an die Tür klopfen, die nutzt der Teufel.
Deswegen sei nüchtern, bitte sei nüchtern. Paulus sagt in Vers 7 als jemand, der selbst Single ist und seinem Single-Dasein viel abgewinnen kann: „Ich wünsche, alle Menschen wären wie ich.“ Das klingt erst mal so, als würde er sagen, er möchte, dass alle unverheiratet sind. Und wie gesagt, er kann dem etwas abgewinnen, aber doch hat jeder seine eigene Gnadengabe von Gott – der eine so, der andere so.
Wenn du die Gnadengabe hast, deine sexuellen Wünsche und deine sexuelle Sehnsucht gut zu verarbeiten und ohne Partner durchs Leben gehen zu können, dann nutze sie. Solche Leute haben mit den entsprechenden Begabungen unendlich viele Chancen, etwas im Reich Gottes zu bewegen. Sie können an Stellen arbeiten und Zeit ins Reich Gottes investieren, die ein Verheirateter nie hat.
Aber wenn du das nicht hast, wenn du diese Gnadengabe nicht hast, dann sei nüchtern – und dann heirate. Und wenn du verheiratet bist, dann kümmere dich darum, dass du mit deinem Partner auch auf intime Weise richtig umgehst.
Verschiedene Lebenssituationen: Unverheiratete, Verheiratete und gemischte Ehen
Paulus geht nun verschiedene Gruppen von Menschen durch. Er beginnt mit den Unverheirateten, dann kommen verheiratete Christen, und schließlich Paare, bei denen der eine gläubig und der andere nichtgläubig ist. Offenbar wurden an alle diese Gruppen Fragen gestellt, und ich schaue mir an, was Paulus dazu sagt.
Zunächst zu den Unverheirateten und den Witwen – also der ersten Gruppe, die nicht verheiratet ist. Paulus sagt, es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie er. Er erkennt zwar an, dass Heiraten schön ist, aber es ist keine Pflicht. Man muss nicht heiraten. Paulus kann seinem Single-Dasein viel Positives abgewinnen, mehr als man sich das heute oft vorstellen kann. Er sagt: Es ist gut, du hast Chancen.
Wenn sie sich aber nicht enthalten – das Wort „enthalten“ steht so nicht im Grundtext –, scheint es so zu sein, dass in der Gemeinde Leute zwar nicht heiraten, aber merken, dass sie auch nicht ganz ohne auskommen. Wenn also eine Not da ist und jemand merkt, er hat die Gnadengabe nicht, was soll er dann tun? Paulus sagt ganz einfach: Wenn sie sich nicht enthalten, sollen sie heiraten.
Manchmal wünschte ich mir, es wäre so einfach. Manchmal wünschte ich mir, jemand, der sich einen Partner sucht, hätte gleich so eine Art Checkliste: „Hab die Gnadengabe nicht, wo ist mein Partner? Ah, da ist er, und dann nehme ich ihn.“ Das würde ich mir wünschen. Meine Frau würde hier vorne wahrscheinlich einen Exkurs über junge Leute und ihre oft zu hohen Ansprüche an den zukünftigen Partner machen. Ich erspare mir das, wünsche aber allen jungen Unverheirateten hier, dass sie klug sind, sich einen lieben Partner zu suchen, wenn sie merken, dass es ohne nicht geht. Und dass sie früh damit anfangen, denn die Guten werden schnell weggeheiratet.
So sollen sie heiraten, denn es ist besser zu heiraten, als vor Verlangen zu brennen. Also lieber heiraten, als die Hormone nicht im Griff zu haben. Das ist Paulus’ Rat.
Nun geht Paulus einen Schritt weiter zur nächsten großen Gruppe, zu der er etwas sagt: die Verheirateten. Er braucht dafür eine interessante Formulierung. Er sagt: Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr. Hier sind erst einmal verheiratete Christen gemeint, also Paare, bei denen beide gläubig sind.
Was will Paulus damit sagen? Er will ausdrücken, dass es im Blick auf das Zusammensein von Gläubigen in der Ehe Aussagen gibt, die der Herr Jesus gemacht hat und die Paulus eins zu eins übernehmen kann. Wir werden später sehen, dass es seelsorgerliche Fälle gibt, zu denen der Herr Jesus nichts gesagt hat und wo man sich dann selbst Gedanken machen muss oder Paulus das für einen getan hat. Hier aber ist es ganz einfach.
Wie sollen Gläubige miteinander umgehen, wenn im Raum steht, dass die Ehe aus falschen geistlichen Erwägungen heraus gering geachtet wird? Wenn Leute anfangen zu überlegen, ob sie die Ehe vielleicht auflösen sollen, weil Unverheiratetsein vielleicht geistlicher ist, oder weil es besser ist, nicht mehr miteinander zusammen zu sein? Wenn solche Fragen im Raum stehen und jemand meint, er sei der bessere Christ, wenn er nicht verheiratet ist, sagt Paulus:
Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr. Ihr könnt das in Markus 10 oder Matthäus nachlesen, wo Jesus vor dem Hintergrund der Frage, wann man sich scheiden lassen darf, etwas ganz Grundsätzliches zur Ehe sagt. Er erklärt, dass die Ehe unauflöslich ist. Zwei gehören zusammen, und was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Dieses Prinzip wiederholt Paulus hier. Was Paulus nicht tut, ist, die Ausnahme zu erwähnen, die Jesus an anderer Stelle nennt, nämlich Unzucht als legitimen Scheidungsgrund. Paulus erwähnt diese Ausnahme hier nicht, und ich kann euch nicht sagen, warum. Die naheliegendste Antwort wäre, dass es einfach nicht Thema ist.
Die Frage wird anders gestellt, und deshalb geht Paulus auf das Grundsätzliche ein: In einer christlichen Ehe gilt die Unauflöslichkeit. Vielleicht gibt es irgendwo noch eine Ausnahme, aber das ist hier nicht unser Thema.
Es ist wichtig, das zu verstehen. Wir befinden uns mitten in einer seelsorgerlichen Erörterung, nicht in einer Abhandlung über Ehe und Ehescheidung. Das wird oft mit dem Text gemacht, aber das ist er nicht.
Was sagt Paulus? Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass eine Frau sich nicht vom Mann scheiden lassen soll. Punkt. Bist du verheiratet, bleib verheiratet. Sehr simpel.
Wenn sie aber doch geschieden ist – und hier bitte im Hinterkopf behalten, dass die Begriffe „Scheidung“ und „Ehescheidung“ damals anders gehandhabt wurden als heute –, wenn sie also geschieden ist, dann bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit dem Mann.
Damals war das römische Recht sehr flexibel, wenn es um die Auflösung von Ehen ging. Man konnte sich auf offizielle Weise scheiden lassen, aber auch einfach ausziehen, und nach einer Weile war man geschieden. Wenn zwei auseinandergegangen sind oder getrennt leben, sagt Paulus, dass sie unverheiratet bleiben oder sich versöhnen sollen.
Anscheinend sind sie nur so weit getrennt, dass sie nicht neu heiraten müssen. Das klingt vielleicht komisch, aber dieses System greifen wir heute nicht genau. Wir würden heute eher von getrennt leben sprechen und noch nicht von geschieden.
Es ist klar: Sobald sie nicht mehr zusammen sind, sagt Paulus: Versöhne dich. Und umgekehrt gilt: Ein Mann soll seine Frau nicht entlassen.
Wenn ich es sehr einfach sagen darf: In einer christlichen Ehe haben beide die Pflicht, daran zu arbeiten, dass es funktioniert und dass man zusammenbleibt. Sie sollen alles dafür tun. Das ist die Idee.
Bei den Korinthern war das offenbar nicht mehr so klar. Dort hatten weltliche Gepflogenheiten Einzug in die Gemeinde gehalten. Ich finde, das ist eine Botschaft, die heute wieder sehr aktuell ist.
In meinem engeren Bekanntenkreis zerbrechen gerade zwei oder drei Ehen, und ich könnte heulen – einfach heulen. Es sind tolle Menschen, die ich sehr mag. Manchmal wünschte ich, man könnte ihnen diesen Vers einfach um die Ohren hauen.
Ich stehe manchmal hilflos vor Ehen, die zerbrechen, weil ich weiß, dass die Grundregel einer glücklichen Ehe missachtet wurde. Diese Grundregel lautet: Lass dir helfen, solange deine Probleme noch klein sind. Oder mit den Worten aus dem Hohelied: Fangt uns die kleinen Füchse.
Jedes Ehepaar, das mich zu einer Hochzeit einlädt, bekommt von mir dasselbe gesagt. Nach der Trauung, wenn sich die Leute in der Kirche anstellen, um dem Brautpaar zu gratulieren, sage ich jedem Ehepaar: Wenn ihr merkt, dass es in eurer Ehe anfängt zu kriseln, lange bevor es schwierig wird, dann schenke ich euch eine Fahrt nach Berlin. Egal, wo ihr wohnt – besucht uns, kommt vorbei, solange eure Probleme klein sind, und lasst euch helfen.
Sind aus den kleinen Füchsen erst einmal Monsterwölfe geworden, die alles zerbeißen, habt ihr keine Chance mehr.
Ein Tipp am Rande: Das steht nicht im Text. Hier steht nur: Mach alles, damit du zusammenbleibst. Warum? Weil in Maleachi 2 steht: „Ich hasse Scheidung.“ Wo Ehen zerbrechen, da ist Gott traurig, da sind Menschen traurig, da sind Kinder traurig. Deshalb lasst uns an dieser Stelle dieses Ideal hochhalten.
Umgang mit gemischtgläubigen Ehen: Seelsorgerliche Abwägungen
Was ist aber, wenn die Konstellation anders aussieht? Was ist, wenn jemand zum Glauben kommt und sein Partner ungläubig ist? Gilt dann das Prinzip, an der Ehe so lange wie möglich festzuhalten?
Ja, dieses Prinzip gilt auch für eine Ehe zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen. Wenn der folgende Text nicht da wäre, hätte ich mich nie gewagt, das zu denken, was hier steht. Aber Paulus sagt: „Den übrigen aber“ – und das sind jetzt die Verheirateten, bei denen der eine gläubig und der andere ungläubig ist – „sage ich, nicht der Herr.“
Achtung: Das heißt nicht, dass das kein Wort Gottes mehr wäre. Es heißt nicht, dass es nicht mit apostolischer Autorität gesprochen ist. Es heißt auch nicht, dass es weniger wert ist als das, was Jesus gesagt hat. Nur finde ich bei Jesus kein Wort, das ich auf diesen Fall – gläubig, ungläubig – anwenden kann.
Warum gibt es das nicht? Weil zu der Zeit, als Jesus lebte, und an dem Ort, wo er lebte, Mann und Frau zwingend beide zum Bundesvolk Gottes gehörten. Sie waren beides Juden von Geburt an. Sie hatten sich das noch nicht einmal ausgesucht. Deswegen gab es den Fall, dass ein Jude einen Nichtjuden heiratet, so nicht. Dazu konnte Jesus in dem Sinn nichts sagen, dass einer zum Bundesvolk gehört und der andere nicht.
Wenn du das im Alten Testament verfolgst, wurden Ehen aufgelöst, wenn sie als unrein galten. Jetzt passiert das aber im Neuen Bund, wo wir nicht mehr durch Geburt Teil des Bundesvolkes werden, sondern durch den Glauben. Und der Glaube ist etwas, das wir als denkende Erwachsene ergreifen, vielleicht in einem Stadium, in dem wir schon verheiratet sind.
Jetzt habe ich den Fall, dass der eine gläubig und der andere nicht gläubig ist. Was mache ich denn jetzt? Gilt Malachi 2, dass Gott Scheidung hasst und ich festhalten muss, egal was kommt? Muss ich also die Ehe auflösen, so wie die Mischehen im Alten Testament aufgelöst wurden? Was mache ich?
In diese Situation hinein sagt Paulus: Jesus hat dazu nichts gesagt. Ich habe kein Wort des Herrn, aber ich sage etwas dazu als Apostel, als einer, der am Ende von dem ganzen Kapitel sagt, er hat den Geist Gottes.
Was sagt er? Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat und sie willigt ein, bei ihm zu wohnen, so entlasse er sie nicht.
Ich muss das erklären: „Einwilligen“ bedeutet, dass die beiden sich zusammensetzen und sie sagt: „Es gefällt mir, weiterhin mit dir zusammenzuleben.“ Es ist mehr als nur eine passive Zustimmung.
Der Hintergrund ist: Wenn einer gläubig wird, heißt das für die Familie auch im schlimmsten Fall Verfolgung, Ausgrenzung, Not, Vertreibung usw. Das heißt, der Gläubige redet mit dem Ungläubigen und fragt: „Kommst du damit klar, dass ich jetzt meinen Glauben leben will?“ Die beiden setzen sich hin und überlegen zusammen: Was heißt das für uns? Was machen wir von heute an anders? Sie reden miteinander, und der ungläubige Teil muss einwilligen, bei ihm zu wohnen – das heißt, weiter mit ihm die Ehe zu führen.
Wenn das so ist, und du eine Frau hast, die sagt: „Ja, ich verstehe nicht, warum du zum Glauben gekommen bist, und ich kann mit dem Glauben noch nichts anfangen, aber die praktischen Auswirkungen des Glaubens, von mir aus, dass wir die Einkommensteuererklärung jetzt wahrheitsgemäß ausfüllen, dass du am Sonntag in den Gottesdienst gehen willst, na ja, okay, warum nicht, dass die Kinder mal zum Sonntagsschulunterricht fahren sollen, wunderbar, machen wir“ – wo sie sagt: „Ja, ich bin damit einverstanden“ – dann gibt es keinen Grund, sie zu entlassen. Es ist kein legitimer Scheidungsgrund.
Und eine Frau, die einen ungläubigen Mann hat, und er willigt ein, bei ihr zu wohnen, entlasse den Mann nicht.
Merkt ihr, wir sind hier im römischen Recht, da konnten die Frauen auch die Männer entlassen. Das ist im jüdischen Recht ein bisschen anders, deswegen gibt es Unterschiede zwischen Matthäus und Markus in der Überlieferung des Texts rund um die Ehe. Aber hier an dieser Stelle ist klar: Wenn das so ist und dein Mann sagt: „Okay, ich habe kein Problem damit, dass Dinge jetzt anders laufen, mach mal, bin einverstanden,“ entlasse ihn nicht.
Warum? Denn der ungläubige Mann ist durch die Frau geheiligt. Man hätte ja denken können, dass die Frau durch den ungläubigen Mann verunreinigt wird, aber es ist genau andersherum. Paulus sagt: Wenn einer gläubig ist, heiligt er den anderen. Das heißt nicht, dass der andere gerettet ist. Aber es heißt, dass er unter einen heiligenden Einfluss gerät.
Heilig sein heißt, für Gott beiseite gesetzt sein. Da gehört etwas zu Gott. Die Stiftshütte war heilig, es war das Zelt für Gott. So bin ich heilig. Die gläubige Frau oder der gläubige Bruder ist ein Tempel, ein heiliger Tempel Gottes. Und sein ungläubiger Partner lebt im Schatten dieses heiligen Tempels und bekommt etwas von der heiligen Beziehung des Gläubigen zu seinem Gott ab.
Das kann Verschiedenes sein. Es kann da anfangen, wo der Gläubige für den Ungläubigen betet, wo der Gläubige weise Entscheidungen trifft auf der Basis von Gottes Wort, wo er Erfahrungen macht mit Gott, wie Gott die Familie führt – und so weiter.
Auf eine sehr geheimnisvolle Weise ist der ungläubige Partner ein Stückchen heiliger als der durchschnittliche Ungläubige. Er ist irgendwie ein Stückchen dichter an Gott dran, weil er diesen Partner hat, der ihm Gott lieb und nahe macht.
Denn der ungläubige Mann ist durch die Frau geheiligt und die ungläubige Frau ist durch den Bruder geheiligt – egal wie herum. Sonst wären ja eure Kinder unrein. Wenn man das anders herum denken würde, müsste man ja sagen, die Kinder sind Bastarde, sie sind in einer Beziehung gezeugt worden, die vor Gott keinen Bestand hat. Aber Paulus sagt, die Beziehung hat Bestand, das ist eine echte Ehe, die vor Gott gilt. Nun aber sind sie heilig.
Also genau so, wie der Mann oder die Frau, die ungläubig sind, geheiligt werden, werden auch die Kinder geheiligt. Das heißt immer noch nicht, dass die Kinder gerettet sind. Aber ihr versteht sehr gut: In jeder Beziehung ist es so, dass unsere Kinder ein absolutes Glaubensprivileg haben.
Überlegt mal, wie viel leichter es ein Kind hat, aus einer gläubigen Beziehung heraus zum Glauben zu finden als aus einer ungläubigen Beziehung heraus. Das ist ein riesiger Unterschied. Und Paulus sagt, das ist ein Wert, den wollen wir erst mal festhalten.
Wenn aber – und jetzt kommt das seelsorgerliche Element – der Ungläubige sich scheidet, das heißt nicht, dass der Ungläubige zum Scheidungsanwalt läuft und die Scheidung einreicht – das macht man gerne daraus – aber „scheidet“ steht hier im Gegensatz zu dem, was vorneweg gesagt wurde: „willigt ein, bei ihr zu wohnen.“
Also wenn der Ungläubige sagt: „Ich möchte nicht unter diesen Konditionen mit dir leben,“ und das kann er durch Passivität genauso zum Ausdruck bringen wie dadurch, dass er wegläuft, wenn er das nicht will – wenn aber der Ungläubige sich scheidet, so scheide er sich. Dann kannst du ihn ziehen lassen.
Wenn er sagt: „Ich will nicht,“ dann ist es das Nein des Ungläubigen zu der Ehe.
Was heißt das jetzt? Ein ungläubiger Mann ist nicht einverstanden damit, dass ich jetzt als Christin leben will. Muss ich auf Biegen und Brechen an dieser Ehe festhalten oder kann ich ihn ziehen lassen?
Mit anderen Worten: Gibt es neben dem Scheidungsgrund Unzucht, den Jesus anführt, einen zweiten legitimen Scheidungsgrund? Die Unwilligkeit des ungläubigen Partners, bei der Ehe zu bleiben.
Und Paulus sagt: Ja. Er sagt, der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht geknechtet. Oder man könnte „geknechtet“ auch übersetzen mit „wie ein Sklave gebunden“. Du kannst diese Ehe auflösen. Du kannst sagen: Wenn der andere nicht will, gut.
Versteht ihr die Spannung, in der wir uns bewegen? Zwischen zwei Extremen kommt der seelsorgerliche Rat eines Paulus in diese Situation der Korinther. Er sagt: Auf der einen Seite, leichtfertige Scheidung – lass es sein, wenn der mit dir die Ehe leben will, lebe sie mit ihm. Er ist geheiligt, denn die Kinder sind geheiligt. Probier’s! Du gibst deine Ehe nicht leichtfertig auf, auch wenn es da vielleicht diese hübsche, junge, engagierte Schwester in der Gemeinde gibt, die auch noch Single ist und die dir eigentlich besser gefällt als deine Frau, die noch ungläubig ist. Du gibst nicht leichtfertig auf.
Auf der anderen Seite: Du hängst auch nicht sklavisch daran, dass du dich von deinem ungläubigen Partner abhängig machst und dass er letztlich mit seinem Verhalten dein Leben definiert und die Grenzen für deine Wirksamkeit im Reich Gottes bestimmt.
Beides wäre falsch. Und wir gehen in der Mitte durch. Das ist Seelsorge.
Vielleicht ist es an der Stelle gut, das noch einmal zu sagen: Seelsorge findet immer in einem Spannungsfeld statt. Seelsorge hat, soweit ich das sagen kann, eigentlich immer mit Einzelfallentscheidungen zu tun. Fast kein Seelsorgefall ist wie der andere.
Seelsorge hat immer damit zu tun, dass man abwägen muss zwischen verschiedenen Schutzzielen.
Bitte seid nicht überrascht, wenn eine Leiterschaft mal eine seelsorgerliche Entscheidung trifft, bei der du sagst: „Mann, das ist aber, ja, kann man das noch vertreten?“ Ich kenne viele seelsorgerliche Entscheidungen als Leiter, bei denen man mit Augenmaß überlegen muss, was hier jetzt richtig ist und dann zu einer Entscheidung kommt, die man betend und dringend vor Gott verantwortet.
Fehlsorge findet immer in dem Spannungsfeld statt zwischen: Auf der einen Seite gibt es eine absolute Ethik, es gibt Gebote, die stehen erst mal da. Auf der anderen Seite gibt es so einen zweiten Pol, es gibt Weisheit, ich nenne das mal eine Situationsethik. Und dann gibt es drittens noch das Gewissen der Betroffenen, das ist so eine Art persönliche Ethik.
In diesem Dreigestirn, in diesem Spannungsfeld – was der eine persönlich denkt, wie es ihm persönlich vor Gott geht, was Gott grundsätzlich sagt und was weise ist – werden jetzt Entscheidungen gefällt für das Leben von Menschen.
Und das Spannende ist, dass Gott an dieser Stelle ein Prinzip einsetzt, und dieses Prinzip lautet: Zum Frieden hat uns Gott doch berufen.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir gedanklich Gott als den sehen, der in schwierigen Situationen eher noch eine Kohle drauflegt, der von uns verlangt, tougher zu sein, härter zu sein, geradliniger zu sein, erfolgreicher, effektiver.
Und hier ist ein Punkt, wo Paulus als Seelsorger ganz nüchtern sagt: Wenn du in so einer Beziehung drin bist, sei nüchtern! Vers 16: „Denn was weißt du, Frau, ob du den Mann erretten wirst? Oder was weißt du, Mann, ob du die Frau erretten wirst?“
Bitte sei nicht übergeistlich. Bete, triff eine Entscheidung. Aber für Gott ist der Friede in deinem Leben, dass du ein friedvolles Leben führen kannst, ein höheres Schutzziel als dass du hoffend und bangend an einer Ehe festhältst, die dich kaputt macht.
Und das muss man erst mal verdauen, dass das so hochhängt, dass mein persönlicher Friede Gott so wichtig ist.
Zwischenruf: Lebe deine Berufung
Paulus unterbricht das große Thema Ehe kurz und schiebt einen Gedanken dazwischen, den ich für mich mit „Lebe deine Berufung!“ überschrieben habe. Man kann sich ja die Frage stellen: Wenn ich verheiratet oder unverheiratet bin oder mich in Lebensumständen befinde, in denen ich kaum Möglichkeiten habe, meine Situation zu beeinflussen – wie passt das eigentlich zusammen? Ich habe mir ja nicht ausgesucht, in welche Familie ich hineingeboren wurde, in welchem Land ich zur Welt kam oder ob meine Eltern gläubig oder ungläubig sind. Das habe ich nicht gewählt. Wie passt diese Unterschiedlichkeit des Lebens in die große Idee hinein, dass Gott uns zum Frieden berufen hat?
Paulus diktiert seine Briefe, und mein Eindruck ist, dass er hier kurz abschweift, bevor er das Thema Ehe wieder aufgreift. Das macht er ab Vers 25. Dazwischen schiebt er einen Gedanken ein, der „Lebe deine Berufung“ heißt. Ich mag diesen Text, weil er unglaublich entspannend wirken kann.
Vers 17: „Doch wie der Herr einem jeden zugeteilt hat, wie Gott einen jeden berufen hat, so wandle er.“ Wenn du zum Glauben kommst, ist die Berufung Gottes ein prinzipielles Ja Gottes zu deiner Lebenssituation.
In Gemeinden denken wir oft so: Wenn ich zum Glauben komme und zum Beispiel aus einer einfachen Arbeiterfamilie stamme, dann komme ich in eine durchschnittliche deutsche Brüdergemeinde. Dort gibt es wenige Arbeiter, sondern eher Akademiker. Dann entsteht oft der Trend, nach der Bekehrung das alte Leben und auch das alte Lebensumfeld hinter sich zu lassen. Es findet ein Prozess statt, bei dem sich Menschen der Gemeinde angleichen. Das geht manchmal sogar bis zu Äußerlichkeiten. Es gibt Führungsfiguren oder Führungsfamilien, deren Auftreten eine ganze Gemeinde prägt.
Ich erinnere mich an eine Freizeit, zu der wir eingeladen waren. Alle Frauen trugen Birkenstock-Sandalen, Glockenröcke, weiße Blusen und so eine Art Windel. Alle! Meine Frau fühlte sich dort ganz verloren. Es gab ein Gründerehepaar, das diesen Stil eingeführt hatte. In den Köpfen war es so: „Wir sind geistlich, wenn wir so auftreten.“ Das ist irgendwo die Vorstellung, wie sich eine geistliche Frau kleiden sollte. Ich will das nicht schlechtmachen, jeder soll sich anziehen, wie er mag. Aber für meine Frau, die aus einer Vergangenheit kommt, in der solche Gedanken verbreitet waren, war das schwierig. Dort ging der natürliche Trend zu vier Kindern, VW-Bus und einem Leben im deutschen Mittelstand. Das musste ihr keiner sagen, das wächst man einfach so rein.
Paulus sagt hier: Stopp mal! Was passiert, wenn alle so denken? Wenn jede Generation versucht, sozial ein Stück nach oben zu kommen? Das bedeutet, was faktisch passiert ist, dass heutzutage die am meisten unerreichte Schicht der deutschen Bevölkerung der einfache Berliner Arbeiter ist. Den kennen wir kaum noch. Er geht abends nach Hause, holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank, setzt sich vor den Fernseher, kuschelt sich an seine Frau – und das war’s. Wir haben keine Ahnung, wie wir diese Menschen erreichen sollen.
Ich habe vor Jahren eine E-Mail von der Marburger Blättermission erhalten. Darin wurde gefragt, ob es irgendeine Idee gibt, wie man Männer grundsätzlich und besonders diese Schicht erreichen kann. Die Antwort war: Nein, es gibt keinen Zugang mehr. Wir haben uns aus bestimmten Bereichen der Gesellschaft verabschiedet und sind nicht mehr präsent.
Wenn du das Evangelium hören möchtest, hast du gute Chancen bei Prostitution oder Drogenmissbrauch, denn diese Gruppen werden massiv evangelisiert. Auch Studentenmission gibt es bis zum Abwinken. Aber wehe, du gehst in eine Lehre. Dort ist es sehr schwierig, und es gibt kaum jemanden, der sich für diese Gruppe einsetzt.
In unseren Gemeinden, wenn ich auf einer Outdoor-Bibelschule frage, was die Teilnehmer gerade machen, sind die meisten aus gläubigen Familien. Das soll nicht negativ sein, sondern nur eine Bestandsaufnahme. 80 Prozent machen Abitur und sind auf dem Weg zum Studium. Dann gibt es irgendwo einen verirrten Krankenpfleger, der nicht genau weiß, ob er sich outen darf, neben Maschinenbauern und anderen.
Woher kommt das? Ich glaube, wir haben etwas Grundsätzliches nicht verstanden, und das möchte ich kurz erklären: An dem Ort, wo Gott dich beruft, da gehörst du hin. Bevor du darüber nachdenkst, jemand anderes zu werden oder dich aus dem Umfeld, in dem du dich bekehrt hast, herauszubewegen – und ich rede hier nicht davon, dass du Auftragskiller bist oder bei der Mafia arbeitest, da würde ich sagen, bitte raus. Auch nicht, wenn du auf den Strich gehst – dann würde ich ebenfalls sagen, raus.
Aber wenn man sich das ganz Normale anschaut, bevor du sagst, ich bewege mich raus – und das betrifft auch Leute, die denken, sie sollten Vollzeitmissionar in Papua-Neuguinea werden, weil sie von Bildern junger Menschen dort inspiriert werden, die unbedingt die Bibel hören wollen – dann fangen wir doch erst mal da an, wo wir eigentlich schon immer sind: in unserem direkten Umfeld.
Paulus sagt: „Doch wie der Herr einem jeden zugeteilt hat, wie Gott einen jeden berufen hat, so wandle er.“ Die Lebensumstände, die du hattest, als du Christ wurdest, sind der Ort, an dem du bleiben sollst. Und so verordne ich es in allen Gemeinden.
Beispiele für das Bleiben in der Berufung
Beispiele Vers 18:
Ist jemand beschnitten berufen worden, also wenn du einen jüdischen Hintergrund hast, so bleibe er bei der Beschneidung. Wörtlich steht da: „Er soll nicht überziehen.“ Gemeint ist, er soll die Vorhaut nicht überziehen.
In der damaligen Kultur waren beschnittene Männer nicht sehr angesehen. Das versuchte man oft zu verbergen. Deshalb gab es eine Operation, mit der man die Beschneidung halb rückgängig machen konnte. Das muss eine sehr schmerzhafte Sache gewesen sein, aber es gab sie.
Paulus sagt also: Wenn du aus jüdischem Hintergrund berufen bist, dann bleib dabei und steh zu dem, was du bist.
Umgekehrt gilt das genauso: Wenn du unbeschnitten berufen bist, also Heide bist, dann glaub nicht, du bist ein besserer Christ, nur weil du dich einem sehr schmerzhaften jüdischen Ritual unterziehst. Vergiss es.
Als jemand, der unbeschnitten berufen worden ist, so lasse er sich nicht beschneiden. Warum? Die Beschneidung ist nur ein äußerliches Zeichen, und das Unbeschnittensein ist ebenfalls bedeutungslos. Es spielt vor Gott keine Rolle.
Wichtig ist vielmehr das Halten der Gebote. Die Frage ist, wie du mit Gott lebst, nicht, was an dir noch dran ist und was nicht mehr dran ist.
Vers 20:
Wiederholen wir das Prinzip: Jeder bleibe in dem Stand, in dem er berufen worden ist. Das ist eine spannende Sache.
Und wenn ich Sklave bin? Bist du als Sklave berufen worden, so lass es dich nicht kümmern. Ich finde das herrlich. Du bist Sklave, und Paulus denkt sich wahrscheinlich, dass das für so einen Sklaven schon eine schwierige Situation ist.
Wir dürfen die Sklaverei in der Antike nicht mit der Sklaverei auf amerikanischen Baumwollplantagen vergleichen, die man oft im Kopf hat. Der Sklave damals war zwar entrechtet, er galt als Eigentum, war ein Hausgegenstand. Trotzdem konnte er eigene Entscheidungen treffen, Geld verdienen und sich freikaufen.
Wir können davon ausgehen, dass die meisten Sklaven mit Anfang 30 freigelassen wurden. Entweder haben sie sich selbst freigekauft oder man hat sie freigelassen. Das war eine Frage des Prestiges. Ältere Sklaven waren teuer und verursachten Kosten, die man irgendwann loswerden wollte.
Ein Drittel der Bevölkerung einer Großstadt in der Antike bestand etwa aus Sklaven, die beträchtliche Freiheiten hatten. Ohne sie lief gar nichts.
Jetzt bist du Sklave – was machst du? Paulus sagt: Lass es dich nicht kümmern, mach dir nichts draus. Denk nicht ständig darüber nach, was du im Reich Gottes erreichen könntest, wenn du kein Sklave wärst.
Paulus sagt: Vergiss es. Wenn du Sklave bist, dann wusste Gott das zum Zeitpunkt deiner Berufung. Er hätte sich sonst darum gekümmert. Also bleib an der Stelle, wo du bist, und nutze deine Kontakte genau dort für die Evangelisation.
Und jetzt aufgepasst: Es ist wieder dieses seelsorgerliche Abwägen. Wenn du frei werden kannst, ohne ständig darüber nachdenken zu müssen, und dir jemand die Chance bietet, dann mach umso lieber Gebrauch davon.
Wenn du die Möglichkeit hast, dein Leben so zu verändern, dass Abhängigkeiten reduziert werden, Freiheitsgrade wachsen und du mehr für Gottes Reich wirken kannst, dann pack zu!
Aber wenn du diese Möglichkeit nicht hast und es Zwänge gibt, die du nicht ändern kannst, dann glaube daran, dass Gott dich an der Stelle, wo er dich berufen hat, auch verwenden kann.
Vers 22:
Denn der als Sklave im Herrn Berufene ist ein Freigelassener des Herrn. Er ist zwar Sklave von Menschen, aber vor Gott steht er in Abhängigkeit von Gott als Freier da.
Er hat eine eigenständige, wertvollere Stellung als sein Herr, wenn dieser nicht gläubig ist.
Andersherum ist der als freier Berufene ein Sklave Christi. Ihr seid um einen Preis erkauft worden.
Vorsicht: Werdet nicht Sklaven von Menschen. Das ist wieder dieser Gedanke: Wenn du als Sklave berufen bist, werde ruhig frei, wenn du es kannst.
Umgekehrt: Warum willst du dich mit deinem Leben in Abhängigkeiten begeben? Das sind zeitliche Abhängigkeiten, finanzielle Zwänge.
Warum willst du dein Leben so einengen, dass du unter dem Strich weniger flexibel für Gott bist? Lass das sein!
Wenn ich solche Texte lese, denke ich an den Satz „Werdet nicht Sklaven von Menschen.“ Manche sind begeistert, wenn sie eine außerordentliche Bezahlung bekommen.
Für mich klingt das oft so: Du bekommst viel Geld, aber dein Leben gehört der Firma.
Ich mag mich irren, es mag Ausnahmen geben. Aber im Allgemeinen wird es nicht besser. Man macht sich abhängiger.
Dieser Text warnt uns davor, einem Lebensstil nachzujagen, der von Menschen gewollt und gesellschaftlich wertgeschätzt wird, uns aber immer mehr Zwänge auferlegt.
Wenn ihr das nicht wollt, gibt es einen ganz einfachen Grundsatz in Vers 24: Worin jeder berufen worden ist, darin soll er vor Gott bleiben.
Ganz simpel: Schau doch mal, ob der Ort nicht der Ort ist, wo du gut hinpasst.
Ich weiß, dass ich gegen Windmühlen anrenne, wenn ich das predige, weil der natürliche Trend ist, reicher werden zu wollen, aufzusteigen.
Das ist ein natürlicher Trend, der weiterlaufen wird. Wir werden eine ganze Generation in Deutschland nicht erreichen können, weil wir niemanden haben, der in dieser Generation lebt.
Das ist so. Trotzdem will ich zumindest das Richtige predigen: Es ist egal, ob du bei Billigdiscountern einkaufst oder dir ein Nobel-Label leisten kannst.
Es spielt vor Gott überhaupt keine Rolle.
Wenn du der Typ bist, der bei Billigdiscountern einkauft und sagst: Ich habe gerade genug, um mir secondhand bei Humana meine Jeans zu kaufen, dann ist das okay.
Das macht deine Beziehung zu Gott nicht schlechter.
Ich weiß nicht, ob du das glauben kannst. Aber das ist eine Möglichkeit, in einer Sphäre zu evangelisieren, in der niemand sonst, der mit Boss-Anzug und Hilfiger-T-Shirt vorbeikommt, auch nur eine Stimme hat. Punkt.
Überlegungen zur Jungfräulichkeit und Heirat
Vers 25, neues Thema: Über die Jungfrauen. Ach, herrlich, es gibt so Themen, die sind so weit weg, das ist so herrlich. Da kann man einfach ein bisschen über den Text hinwegfliegen, denn es betrifft fast niemanden – fast. Also, was ist das Problem?
Das Problem ist die Frage, die im Raum steht: Wie gehe ich, wenn ich verlobt bin, mit meiner Verlobten um? Das ist nämlich die Jungfrau. Also Verlobter, Verlobte – und im Hintergrund steht dieses Übergeistlich-sein-Wollen, dieses Besonders-sein-Wollen. Und die Frage lautet: Ist es eigentlich Sünde, wenn ich jetzt meine Verlobte heirate? Tolle Frage, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann.
Aber wenn man sagt, dass es grundsätzlich besser ist, gar keine Frau zu berühren, also nicht mit einer Frau intim zu werden, dann kann man sich vorstellen, dass der nächste Schritt die Frage ist: Soll ich überhaupt heiraten? Und jetzt stellt euch eine Gemeinde vor, die sich ernsthaft darüber Gedanken macht: Ist Heiraten Sünde? Und du bist verlobt und denkst dir: „Backe, hätte ich bloß erst geheiratet, bevor die Frage kommt!“ Aber jetzt steht die Frage im Raum.
Vielleicht bist du ein geistlicher Typ und denkst dir: Ja, vielleicht ist es ja wirklich falsch. Ja, vielleicht ist es wirklich so, dass man nicht heiraten sollte. Ganz, ganz schwierige seelsorgerliche Frage: Was mache ich denn? Was sage ich denn solchen Leuten? Sage ich: „Heirate bloß, ist völlig wurscht, mach nur!“ Wenn ich genau weiß, dass es Gründe geben kann, ganz praktische Gründe, ganz praktische Nachteile, wenn jemand verheiratet ist? Oder sage ich: „Ich bin auch nicht verheiratet, ich bin der Apostel hier, ich sollte die auch nicht heiraten“? Wie mache ich das denn?
Und was Paulus jetzt tut – und er tut das sehr ausgiebig – ist nicht der leichteste Text. Ich fliege trotzdem mal drüber, weil er nicht der wichtigste Text in der Bibel ist, zumindest soweit ich das sehen kann. Er versucht, diese beiden Seiten ausgewogen darzustellen über die jungen Frauen. Aber habe ich ein Gebot des Herrn? Es gibt also mal wieder nichts, was wir bei Jesus nachlesen können. Jesus war anscheinend dieses Thema völlig egal, zumindest ist es nicht aufgeschrieben.
Ich gebe aber, sagt Paulus, eine Meinung. Das ist kein Gebot. Ihr merkt, er zieht sich wirklich ein Stück zurück. Er möchte in diese Situation hinein nicht autoritativ sagen: So machst du es, oder so machst du es nicht. Die Entscheidung bleibt bei dem, der vor der Frage steht: Soll ich heiraten oder nicht? Und Paulus wird sich so weit zurückziehen, dass er ihm sagt: Egal, wie du dich entscheidest, es ist keine Sünde.
Ich will dir nur aus einer seelsorgerlichen, pastoralen Sicht kurz skizzieren, was da alles auf dich zukommt, was Fakten sind, die du berücksichtigen musst, wenn du heiratest. Ich gebe aber eine Meinung als einer, der vom Herrn die Barmherzigkeit empfangen hat, vertrauenswürdig zu sein. Das heißt, das, was er sagt, ist wirklich gut.
Ich meine nun, dass dies um der gegenwärtigen Not willen gut ist. Jetzt merken wir schon: Im Raum steht eine gegenwärtige Not. Also was Paulus hier sagt, sagt er nicht absolut, immer und überall gilt das, was ich jetzt so sage, sondern er sagt, wir haben einen besonderen Umstand zu berücksichtigen.
Wir wissen nicht genau, was die gegenwärtige Not ist. Wir wissen, im Jahr 51 gab es in Korinth eine Hungersnot. Vielleicht sind das noch die Auswirkungen davon. Ich kann es euch aber nicht sagen. Die Korinther wissen natürlich genau, was Paulus meint. Ja, das ist wieder super, nur wir wissen es halt nicht. Es gibt irgendwie eine Not. Lassen wir es einfach ganz allgemein stehen.
Klar ist: Wenn die Zeiten schwieriger werden, dann ist es besser, allein durchs Leben zu gehen. Das ist die Zeit vor effektiven Verhütungsmethoden, also zumindest sagen wir es mal so. Das heißt, wenn heirat, dann hieß das auch Kinder. Übrigens, wenn Kinder, dann hieß das auch hohe Sterblichkeit der Frau. Frauen wurden damals etwa zwanzig bis dreißig Jahre alt, jede fünfte Schwangerschaft etwa verlief tödlich für die Frau.
Das muss man so ein bisschen im Hinterkopf haben, wenn man diese Texte liest, denn wir haben einfach ganz andere Voraussetzungen. Auch wenn wir das Wort Witwe lesen, auch an dieser Stelle bitte: Dann denkt nicht zuerst nur an die grauhaarige Mittsiebzigerin, sondern stellt sie euch ein klein bisschen knackiger und frischer und jünger vor, so vierzig Jahre jünger und noch ein bisschen drunter. Stellt sie euch mal eher so vor. Das ist die Standardwitwe, von der wir dann reden.
Okay, zurück. Es gibt natürlich auch ältere Leute, aber wir müssen das im Blick haben. Viele, viele Leute sind viel jünger gestorben als heute.
So, was sagt er? Es gibt eine gegenwärtige Not, und da sagt er, dass es für einen Menschen gut ist, so zu sein. Also so zu sein (wie im Folgenden dargestellt): Bist du an eine Frau gebunden, so suche nicht, sie loszuwerden. Klar, haben wir ja schon gehabt: Wenn du verheiratet bist, lässt du dich nicht scheiden.
Bist du frei von einer Frau, so suche keine Frau. Gegenwärtige Not. Der Vorschlag des Apostels ist eine Meinung, es ist kein Gebot. Achtung, er sagt: Ich würde, wenn die Zeiten so tough sind, jetzt nicht eine Frau suchen.
Boah, die Hälfte der Zuhörer in Korinth fällt jetzt die Kinnlade runter, vor allem gerade den jungen Leuten.
Achtung, Vers 28: Wenn du aber doch heiratest, so sündigst du nicht. Merk dir was: Wie schwierig das manchmal ist, einen Text zu formulieren! Auf der einen Seite zu sagen, es gibt gravierende Gründe dafür, mit dem Heiraten zu warten, auf der anderen Seite aber auch den Druck rauszunehmen, dass nicht jemand, der jetzt sagt: „Boah, dann ist das bestimmt, wenn Paulus schreibt, das muss ja Sünde sein.“ Nein, es ist keine Sünde. Du sündigst nicht.
Und wenn die Jungfrau heiratet, so sündigt sie nicht. Aber keine Sünde! Und jetzt dreht er wieder zurück: Aber solche werden Trübsal für das Fleisch haben. In solchen notvollen Zeiten ist das einfach dann schwieriger. Stell dir eine Hungersnot vor und du hast eine Familie mit drei kleinen Kindern – viel Spaß! Das wäre viel entspannter, wenn du alleine unterwegs wärst.
In den Endzeitreden lesen wir Sachen, dass, wenn der Herr Jesus, wenn das Gericht über die Welt kommt, der Herr Jesus sagt: Betet, dass es nicht im Winter geschehe. Manche Sachen sollten nicht passieren, wenn du gerade kleine Kinder hast, wenn du gerade geschwächt bist. Es gibt manche Ereignisse, die wünschst du dir dann nicht.
Ich aber, sagt Paulus, ich schone euch. Was meint er damit? Er sagt: Ich gebe euch Tipps, die euch helfen, euer Leben klug einzurichten. Das tut ein guter Seelsorger.
Klug – was heißt klug? Dies aber sage ich, Brüder, die Zeit ist begrenzt. Denkt doch mal nach, wir werden nicht ewig hier auf der Erde leben. Am Ende von Vers 31 heißt es: Denn die Gestalt dieser Welt vergeht. Die Zeit hier ist begrenzt.
Was bedeutet das für uns ganz praktisch? Fast losgelöst davon, ob wir verheiratet sind oder nicht. Überlegen wir mal: Was heißt für uns die Tatsache, dass die Zeit begrenzt ist? Zeit hier ist nicht das Wort Kronos, sondern das Wort Kairos. Das ist der Zeitpunkt, das sind die Möglichkeiten, das ist das Potenzial, das in der Zeit drinsteckt.
Die Möglichkeiten, die du hast, um auf dieser Erde zu wirken, sind begrenzt. Du kannst nicht beliebig lange und beliebig viel tun. Und schon deshalb musst du eine bestimmte Einstellung zu dieser Zeit auf der Erde haben. Diese Zeit darf nicht das Zentrum deiner Existenz sein.
Und er sagt ein paar merkwürdige Sachen, die wir richtig verstehen müssen. Aus diesem Punkt heraus, dass uns die Ewigkeit kontrolliert. Wir leben für die Ewigkeit, und wir wissen, dass bestimmte Dinge, die wir hier tun, zum Leben dazugehören, aber sie dürfen nicht das Zentrum bilden.
Wir sind für etwas anderes auf der Welt. Und wir werden diese Dinge, die an sich gut sind, ausgewogen balancieren müssen, sodass künftig die, die Frauen haben, seien, als hätten sie keine.
Achtung, hier geht es nicht um Zölibat. Es geht darum, dass wenn du verheiratet und gläubig bist, du begreifen musst, Ehe ist nicht alles im Leben. Das hatten wir schon. Man zieht sich zurück um des Gebets willen, da gibt es eine andere Größe im Leben.
Es wird Dinge geben. Wenn ich eine glückliche Ehe eines Gläubigen vergleiche mit einer gleich glücklichen Ehe eines Ungläubigen, dann sagt man, der Gläubige ist weniger stark von seiner Ehe eingenommen als der Ungläubige, weil er sagt: Ich habe eine höhere Berufung. Für mich gibt es über meiner Frau, über meinem Mann Jesus. Und ich lebe von dieser Jesus-Perspektive her meine Ehe.
Und das bedeutet in einem gewissen Sinn, dass wir tatsächlich leben, als hätten wir keinen Ehepartner, obwohl wir einen Ehepartner haben. Das ist verrückt, ja? Wir drehen unser Leben nicht zuerst um Ehe. Unser Leben dreht sich auch nicht zuerst darum, wie wir uns fühlen, ob es uns gerade gut geht oder schlecht.
Also wir lassen uns nicht definieren über unsere Gefühlslagen.
Vers 30: Und die Weinenden, als weinten sie nicht, und die sich Freuenden, als freuten sie sich nicht.
Wir haben mehr. Ja, wir sind nicht die Summe unserer Emotionen. Das stimmt einfach nicht. Wir sind übrigens auch nicht die Summe dessen, was wir besitzen.
Ich finde es gut, dass dieser Text heute kommt, wo endlich iPhone 5 vorgestellt wurde. Er passt super dazu. Du brauchst iPhone 5 nicht. Gut, he?
Warum? Na ja.
Und die Kaufenden, als behielten sie es nicht. Schöner Vers! Solltest du irgendeine Sammelleidenschaft haben, irgendetwas, was zuhause nur rumsteht oder rumliegt und was man gut zu Geld machen kann fürs Reich Gottes, dann empfehle ich dir, heute Abend es zu verkaufen. Denn wir sind Leute, die auf der Erde sind, die nicht um das, was wir kaufen, zu behalten.
Wir setzen es ein, es gehört uns eh nicht. Wir sammeln uns nicht nur keine Schätze, sondern wir sind Leute, die dazu berufen sind, das, was wir haben, zu verkaufen, um einen Schatz im Himmel zu haben. Indem wir das Geld, was wir dafür kriegen, für das, was wir verkaufen, spenden, Almosen geben.
Das ist irre. Es interessiert mich nicht, was diese Welt Neues anzubieten hat.
Ja, aber ich brauche doch wenigstens ein Handy oder so, ich muss doch irgendwie das Zeug benutzen.
Stimmt, musst du. Und die, die Welt nutzenden, ja, klar, muss ich das machen. Aber merkst du nicht, dass, wenn du Dinge benutzt, die Dinge so einen Sog haben und dich aufsaugen, dass es nicht plötzlich nur noch ums Benutzen geht, sondern darum, etwas darzustellen, in zu sein, drin zu sein, es zu verstehen, wo mein Leben anfängt, sich plötzlich um die Dinge zu drehen?
Und deswegen sagt der Text, dass die, die die Welt nutzenden, als benutzten sie sie nicht.
Wir brauchen wirklich eine kritische Distanz zu den Dingen dieser Welt. Wir müssen nicht alles kaufen, wir müssen nicht alles benutzen, manches schon.
Ich muss die U-Bahn benutzen. Blöd, es gibt keine christliche U-Bahn in Berlin. Ja, ich benutze die ganz normale U-Bahn, aber ich muss nicht bei jedem neuen Trend mitmachen.
Mein Leben dreht sich um etwas anderes. Diese Welt ist begrenzt, ich muss nicht mal verstehen, was iPhone 5 alles kann, ich muss nicht mal den Artikel im Internet lesen, was es Neues gibt.
Warum? Wozu? Wenn du fünf Minuten Zeit hast, bete.
Du brauchst es nicht, glaub mir.
Jetzt werde ich vielleicht einem Unrecht hier tun, ja, vergib mir, aber alle anderen: Ja, du brauchst es nicht. Du musst nicht einmal wissen, dass es das gibt.
Du kommst nicht dran vorbei, weil ich es jetzt gesagt habe, aber wenn du es nicht gewusst hast bis eben, wenn du mit dem Wort iPhone nichts anfangen kannst, glückselig bist du.
Ja, logisch. Wer braucht das?
Wir benutzen die Dinge, die wir brauchen. Aber wir lassen uns davon nicht fangen, wir lassen uns davon nicht absorbieren.
Sie beherrschen nicht uns, wir beherrschen sie.
Wir sind nicht auf dieser Welt, um Bauhauskataloge zu wälzen. Wir sind nicht auf dieser Welt, um zu wissen, wie viel PS der nächste Fünfer BMW hat. Wir sind nicht auf dieser Welt, um uns jede Woche lila Schuhe anzuschauen.
Keine Ahnung, was du gerne tust.
Mein Problem, ich gebe euch mal mein Ding her: Wir sind auch nicht auf der Welt, um zu schauen, was es an neuer theologischer Fachliteratur gibt.
Das betrifft jetzt mal nur mich, glaube ich.
Commentaries.com – da kannst du lesen, sage ich dir, das macht richtig Spaß.
Aber wer braucht das? Ja, ich brauche, wenn ich wirklich anfange, ein neues Buch zu studieren, dann brauche ich vielleicht meinen Kommentar, aber vorneweg nur, um zu wissen, was es gibt.
Wen interessiert das?
Wir haben so viel Müll im Schädel, so viel unnötiges Wissen, wir sind so gefangen von Dingen, die zu kleinen und größeren Götzen in unserem Leben werden.
Und Paulus sagt: Vergiss es, die Gestalt dieser Welt vergeht.
Du brauchst es nicht wissen, brauchst es nicht benutzen, brauchst es nicht haben, brauchst dich nicht drum drehen, seh irgendwann vorbei.
Irgendwann schaust du zurück und du triffst dich mit Leuten, die haben noch nie ein Handy in der Hand gehalten, weil sie vor 500 Jahren gelebt und sind zum Glauben gekommen.
Haha! Und die sagen: Wie, was habt ihr da gemacht, Handy? Haha!
Die werden euch mitleidig anschauen.
Sie haben Zeit, die Bibel zu lesen. Sie haben Zeit.
Ich beneide manchmal die Typen, die hinter so einem Pflug hergehen.
Ich stelle mir das so entspannt vor.
Du hast deinen Ochsen vor dir, deinen Pflug, und du kannst in Ruhe nachdenken.
Ich wünsche mir, das ist Himmel für meine Vorstellung.
In Ruhe einfach so eine Furche ziehen, du läufst dahinter.
Es mag ein bisschen komplexer sein, aber ich habe keine Ahnung.
Jetzt sehe ich schon, die das schon mal gemacht haben.
Okay, ich reduziere das Bild auf Fliegenfischen oder auf irgendwas Nettes: Einfach da sitzen und nachdenken können.
Boah, ich beneide Leute.
Ich meine, ich beneide sie nicht dafür, dass sie ihren Zahnarzt haben und der Werkzeuge verwendet hat, die für mich nach Folterinstrumente aussehen.
Aber für diesen Aspekt: Einfach mal Zeit zum Nachdenken.
Das müssen wir uns erwirtschaften.
Und der Text sagt: Erwirtschafte ihn dir.
Und Paulus sagt: Das ist die Realität.
Die Zeit ist begrenzt, und wenn du über Heiraten nachdenkst, vergiss das nicht.
Die Zeit ist begrenzt, du hast einen Job hier zu erledigen, schau, dass es reinpasst.
Paulus sagt nicht, es ist Sünde zu heiraten.
Er sagt nur: Denk drüber nach. Denk vorher drüber nach, nicht, dass du nachher sagst: Ich habe so wenig Zeit, weil ich mich ständig um meine Frau kümmern muss.
Ja, das musst du dann.
Wenn du Ja sagst vor dieser freundlichen Standesbeamtin, musst du dich auch darum kümmern, logisch.
Aber bevor du Ja sagst, kannst du überlegen, ob du Ja sagst.
Und vielleicht sagst du: Ich glaube, ich komme ohne aus. Ich glaube, ich kann das schaffen.
Ich glaube, ich kann die Zeit, die meine Freunde investieren, um ihre Frauen glücklich zu machen, was ihre Pflicht ist, ich glaube, ich kann diese Zeit direkt ins Reich Gottes investieren.
Paulus sagt: Ich will aber, dass ihr ohne Sorge seid.
Und damit bringt er zum Ausdruck: Ich möchte euch das Leben leicht machen.
Ich möchte euch einfach Ratschläge geben, dass ihr eine kluge Entscheidung treffen könnt.
Und er sagt wertneutral – bitte hört das jetzt wertneutral – er sagt, was passiert denn, wenn du heiratest oder wenn du nicht heiratest?
Das ist keine Wertung.
Hier: Der Unverheiratete ist für die Sache des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefallen möge.
Du hast keinen Partner, du lebst dein Leben für Gott, du kommst mit weniger Geld aus als wenn du verheiratet bist.
Du bist flexibler.
Du kannst, wenn du Lust hast und unverheiratet bist, dich heute Abend nach einem Vortrag ins Auto setzen und durch die halbe Republik fahren, nur weil du Spaß daran hast, noch jemanden zu besuchen, der vielleicht deine Hilfe braucht.
Der Verheiratete geht nach Hause, weil er weiß, da wartet eine Frau auf ihn.
Das ist eine Verantwortung für die Kinder, ich muss nach Hause, meine Tochter kommt heute Nacht irgendwann wieder aus Rostock, ich muss sie noch irgendwo abholen.
Das hat der Unverheiratete nicht.
Der Unverheiratete ist für die Sache des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefallen möge.
Der Verheiratete aber ist um die Dinge der Welt besorgt, wie er der Frau gefallen möge.
Und so ist er geteilt.
Keine Wertung, einfach nur eine Beschreibung.
Du sagst Ja vor dem Standesamt, und ein anderer hat ein Recht darauf, dass du dieses Ja mit Leben füllst.
Die unverheiratete Frau und die Jungfrau ist für die Sache des Herrn besorgt, damit sie heilig sei an Leib und Geist mit ihrer ganzen Person.
Die Verheiratete aber ist um die Sache der Welt besorgt, wie sie dem Mann gefallen möge.
Ja, eine verheiratete Frau denkt darüber nach: Was kann ich tun, damit mein Mann glücklich wird? Wie kann ich ihm gefallen?
Und das werden Gedanken sein, die sie denken.
Und daraus wird ein Leben entstehen.
Selbst wenn ich sage, unser Leben dreht sich nicht hundertprozentig nur um Ehe, du bist geteilt.
Es ist einfach nur eine seelsorgerliche Feststellung.
Wenn du Ja sagst, musst du dich um deinen Partner kümmern.
Dies aber sage ich zu eurem Nutzen, nicht um euch eine Schlinge überzuwerfen.
Es geht Paulus nicht darum, wenn er das formuliert, weil man das so leicht falsch verstehen kann.
Man kann so schnell verstehen, da ist eine Wertung drin versteckt.
Nein, er sagt: Ich will euch nicht fangen, ich will euch nicht in eurer Freiheit einschränken.
Ich sage euch das ausschließlich zu eurem Nutzen.
Ich sage euch das, damit ihr ehrbar und beständig und ohne Ablenkung beim Herrn bleibt.
Damit ihr versteht: Euer Leben dreht sich um den Herrn und um diese eine Beziehung.
Und egal welche Entscheidung ihr trefft, egal ob es darum geht, was du dir kaufst, wie du mit deinen Emotionen umgehst, wen du heiratest – es sind alles Entscheidungen, die dein Leben betreffen werden und die in irgendeiner Weise dazu beitragen werden, dass es dir mehr oder weniger leicht fällt, mit Gott zu leben.
Paulus ahnt schon, dass es, wenn er das schreibt, wieder übergeistliche Christen gibt, die sagen: Na, ist doch klar, er traut sich nicht, es genau zu sagen, aber in Wirklichkeit meint er, wir sollen nicht heiraten.
Vielleicht kennt ihr den Spruch: Junge Christen sind Extremisten, die verstehen immer das, was man nicht wirklich sagen will.
Und er hier will wirklich ausgewogen bleiben.
Deswegen Vers 36: Wenn aber jemand denkt, er handle ungeziemend mit seiner Jungfrau – ungeziemend heißt so viel wie unschicklich, unanständig – also wenn jemand denkt, es ist falsch, wenn ich meine Verlobte heirate.
Also wenn jemand denkt, er handle ungeziemend mit seiner Jungfrau, wenn er oder sie in der Vollkraft steht – das heißt eigentlich, wenn jemand überreif ist.
Ihr müsst euch vorstellen: Du nimmst so einen Pfirsich und lässt den so richtig liegen; der ist so richtig saftig.
Du bist in so einem Zustand, wo du sagst: Jetzt wäre es wirklich langsam Zeit, dass wir heiraten.
Und es muss so geschehen. Das muss ich übersetzen, frei übersetzt, mit: Und es ist das Richtige.
Wenn du denkst: Ich kann eigentlich vor Gefühl und Emotion und Hormonen nicht mehr, das kommt aus jeder Pore, und ich möchte sie endlich heiraten – bei uns war das so.
Wir waren, bevor wir uns bekehrt haben, schon drei Jahre zusammen.
Dann haben wir uns bekehrt, haben dann zwei Jahre Verzicht gehabt auf alles, was wir vorher schon hatten, so körperlich.
Und nach zwei Jahren dachte ich: Jetzt wird es wirklich langsam Zeit. Es wurde nicht mehr leichter.
Und wenn das so ist, dann tue er, was er will. Er sündigt nicht, sie sollen heiraten.
Wenn du so ein Typ bist, der sagt: Ey, ich werde langsam hier zur wandelnden Zeitbombe, dann heirate.
Wer aber in seinem Herzen feststeht, also wenn du Überzeugungen hast an der Stelle und keine Not – das heißt, du bist in der Lage, mit dieser sexuellen Spannung richtig umzugehen, es fällt dir leicht, ohne Partner auszukommen – sondern Macht hat über seinen Willen, da ist niemand, der dich unter Druck setzt.
Wir müssen ja auch über eine Gesellschaft nachdenken, wo Leute verheiratet wurden.
Ein Sklave wurde verheiratet, der konnte sich das womöglich nicht aussuchen.
Aber wenn du sagst: Ich weiß, was ich will, ich habe keine Not und ich habe die Möglichkeit, selber darüber zu bestimmen und dies in seinem Herzen beschlossen hat, seine Jungfrau zu bewahren – sprich aus dieser Position sagt: Ich möchte nicht heiraten, es erscheint mir unweise, jetzt zu heiraten – der handelt klug.
Einfach nur klug.
Das heißt nicht richtig.
Es heißt klug.
Das ist keine ethische Entscheidung, der eine sündigt, der andere sündigt nicht.
Es ist einfach eine kluge Entscheidung, wenn ich die Möglichkeit habe, so ein Leben zu leben.
Ich weiß nicht, ob Leute von euch Markus Wesch kennen. Vielleicht, ja, das ist einer der bestaussehendsten Singles, die, glaube ich, noch so zu haben sind.
Aber ich bin total begeistert.
Du schaust: Ist er inzwischen verheiratet? Weiß jemand was?
Ah, ja, okay.
Wer ist verwandt mit ihm? Noch nicht, okay.
Ja.
Und es ist immer so erstaunlich, oder?
Also, ich habe mal mit ihm darüber gesprochen.
Er meinte: Warum hast du nicht geheiratet?
Und seine Einstellung war: Hey, ich kann alleine viel mehr erreichen.
So, das hat mich – also das fand ich total toll, weil irre, natürlich kann der viel mehr erreichen, logisch, weil er alleine ist.
Weil er seine Gaben als Referent einfach in einem Maße ausreizen kann, wo jeder, der verheiratet wäre, es einfach nicht könnte.
Wahnsinn!
Mich beeindruckt das, dass das eine Option ist.
Es ist so eine selten gelebte Option.
Aber wenn das jemand tut, der ist wirklich klug.
Wer seine Jungfrau heiratet, handelt klug.
Und wer sie nicht heiratet, wird besser handeln.
Paulus bleibt Paulus.
Er sagt: Das eine ist gut, das andere ist – Achtung – um der gegenwärtigen Not willen besser!
Eine Frau ist gebunden, solange ihr Mann lebt.
Und jetzt kommt ein schöner Vers:
Wenn aber der Mann entschlafen ist, so ist sie frei, sich zu verheiraten, an wen sie will.
Den Vers brauche ich auf jeder Outdoor-Bibelschule, weil natürlich immer die Frage kommt: Hat Gott für mich den einen Ehepartner? Gibt es den einen, auf den ich warten muss?
Und die Antwort lautet: Nein.
Und das ist mein Vers.
Du kannst heiraten, wen du willst.
Und das ist auch sehr beruhigend, denn wenn es genau den einen Partner gäbe – und jetzt stell dir mal vor, das wäre jemand, der am anderen Ende der Welt lebt und du findest ihn nicht.
Junger gläubiger Mann auf einer Südseeinsel mit so einem Knochen in der Nase.
Stell dir vor, den hätte Gott für dich.
Boah, du suchst ein Leben lang und kommst nie auf die Insel.
Das wäre fies.
Außerdem wäre es fies, weil wenn einer mal daneben greift und den Weg heiratet, der für jemand anders bestimmt war, dann hat der ja auch niemanden mehr.
Das geht ganz schnell nicht mehr auf.
Und der Text sagt: Du kannst heiraten, wen du willst.
Schön, oder?
Heirate, wen du willst.
Achtung! Nur im Herrn muss es geschehen.
Das heißt, die Sphäre, in der deine Ehe geschlossen wird, ist der Herr Jesus.
Wenn du jemanden heiratest, dann heirate jemanden – plattgesprochen – der Christ ist, der auch im Herrn ist, der mit dir eintritt in einen Lebensstil, der von denselben Werten, denselben Prioritäten, derselben Leidenschaft für das Reich Gottes, derselben Zuneigung zum Herrn Jesus geprägt ist.
Heirate einen Christen!
Aber wen du da heiratest, mach, wie du willst.
Achte darauf, dass es ein Christ ist.
Und wenn du noch ein paar mehr Ratschläge haben willst, kannst du mich danach noch mal fragen.
Aber zum Großen und Ganzen ist das die Linie: Heirate, wen du willst.
Glückseliger ist sie aber, wenn sie so bleibt, das heißt im Sinne von unverheiratet.
Nach meiner Meinung: Also fragst du Paulus, wie ist deine Meinung, dann sagt er: Na ja, ich habe eine leichte Präferenz um der gegenwärtigen Not willen für unverheiratet sein.
Wenn ihr aber heiratet, keine Sünde.
Aber wenn ihr es tut, bitte passt auf.
Ja, zum einen: Die Zeit ist begrenzt.
Ihr könnt nicht ewig lang dienen.
Die Möglichkeiten, euer Leben für den Herrn einzusetzen, sind limitiert.
Und außerdem, wenn du Ja sagst, dann musst du dich auch um deinen Partner kümmern.
Dann ist das nicht so ein Spielchen, so nach dem Motto: „Ich habe dich zwar geheiratet, aber ansonsten dreht sich mein Leben nur um Gemeinde.“
Das geht nicht. Das geht definitiv nicht.
Du bist geteilt, und bitte nimm das ernst.
Du kannst heiraten, wen du willst, aber achte darauf, es soll im Herrn geschehen.
So ausgewogen findet Seelsorge statt.
Und diese Seelsorge findet statt in einer Gemeindesituation, wo es Leute gibt, die die Frage ernsthaft gestellt haben: Ist es eigentlich gut, überhaupt noch für einen Menschen eine Frau zu berühren, mit ihr zu schlafen?
Und Paulus sagt: Ja.
Und wenn ihr lieben Extremisten das nicht glauben wollt, ich denke aber am Ende von Vers 40: Ich denke aber, dass auch ich Gottes Geist habe.
Also Paulus sagt: Freunde, ich weiß auch, wo es langgeht.
Und das ist meine apostolische Meinung.
Punkt.
Amen.