Liebe Schwestern und Brüder,
den Ton des Liedes, das wir eben gesungen haben, wollen wir aufnehmen mit einem Satz aus dem zweiten Brief des Apostels Petrus, 2. Petrus 1,10.
Dort heißt es: „Darum, liebe Geschwister, bemüht euch desto mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen.“
Die Dringlichkeit, die Berufung festzumachen
Berufung festmachen. Wir waren auf dem Frankfurter Flugplatz eine große Reisegruppe von beinahe 250 Leuten. Wir wollten von Kiew den Dnjepr hinunterfahren, aber bis Kiew mit dem Flugzeug fliegen. Unser Reiseleiter, Heiner Zahn, ging schon voraus zu den Omnibussen, die uns dann aufs Rollfeld in Frankfurt brachten. Er sagte: „Du wartest noch auf die Letzten.“
Es fehlte immer noch jemand, als schon der Herr von Lufthansa sagte: „Wir schließen jetzt unseren Schalter.“
„Da können Sie nicht machen, uns fehlt noch einer“, antwortete ich. Ich war zu der Zeit Pfarrer im Ruhestand. „Also können Sie nicht warten lassen.“
„Ja“, sagte er, „der Last Call ist schon längst vorbei.“ Damit meinte er den letzten Ruf, bei dem sich die Leute sammeln, ihr Ticket bekommen, den Platz zugewiesen kriegen, in den Omnibus gehen, aufs Rollfeld fahren und dann ins Flugzeug einsteigen.
Ich sagte: „Wir warten noch ein, zwei Minuten.“
Er erwiderte: „Also, ich kann es kaum verantworten.“
Plötzlich schlenderte mein Amtskollege ganz in Ruhe herein. Er sagte: „Au, wir müssen los.“
Dann fragte er: „Gibt es hier nicht noch ein Kartentelefon? Ich habe meinen Kindern versprochen anzurufen. Und gibt es einen Briefkasten? Ich habe ein paar Postkarten geschrieben, die müssen hier noch weg.“
Ich sagte: „Haben Sie nicht den letzten Ruf gehört?“
Er antwortete: „Ja, aber auf meinem Ticket steht, ab 8.40 Uhr geht der Flieger hoch. Eine halbe Stunde vorher muss man bereit sein zum Einchecken.“
Da wurde mir klar, er hatte den letzten Ruf gehört, aber noch andere Pläne gehabt. Es eilt ja gar nicht, dachte er, und hätte beinahe den längst für ihn vorgesehenen, bezahlten und hergerichteten Platz im Flugzeug verpasst.
Petrus wusste noch nichts von Flugzeugen, er kannte sich gut mit Fischerbooten aus. Aber ihm war wichtig: Ihr müsst die Berufung, die an euch ergangen ist, auch ernst nehmen. Ihr dürft die Konsequenzen nicht auf die lange Bank schieben. Ihr müsst die Berufung und Erwählung festmachen und daraus Konsequenzen ziehen.
Die Gefahr der Routine im Glaubensleben
Bei uns allen ist es so, dass der gute Hirte, ich denke, es gilt für uns alle, uns gerufen, gelockt und gepfiffen hat. Er hat unser Gewissen geweckt, uns ein Wort zugeteilt und Menschen in unseren Weg geschickt. Er hatte viele Wege, um uns zu sich zu rufen.
Doch im normalen Leben, bis hinein in viele Ehen, legt sich oft ein Mehltau des Gewöhnlichen darüber – die große Langeweile. Viele unserer Mitgliedschaften liegen brach. Wenn ich in meiner Schreibtischschublade blättere, sehe ich, in wie vielen Büchereien ich eine Ausleihkarte habe, die aber schon seit Jahren nicht mehr benutzt wurde. „Ah ja, das war mal.“ Manches pendelt aus, läuft aus.
So kann auch in der Verbindung mit Jesus eine gewisse Routine entstehen, die das Ganze selbstverständlich erscheinen lässt. Beim Lesen des Wortes Gottes, wenn man aus einer Bibelstunde oder einem Gottesdienst herausgeht, wäre es schön, wenn man fragen könnte: „Was ist der Hauptgedanke, den du mitnimmst?“ Oft weiß man es dann aber nicht mehr so genau.
Da sagt Petrus: „Tut fleißig euer Bestes, bemüht euch, eure Berufung und Erwählung festzumachen.“ Das steht sogar noch in Vers 10 dieses Kapitels. Warum? Der Zusammenhang macht es deutlich: Gleich vorher wurde davon gesprochen, dass man rein geworden ist von den früheren Sünden.
Wisst ihr eigentlich, wie anfällig ihr seid für gröbste Sünden, für Hass, für Ungeduld, für Zorn, für das Hängen am Mammon, für ein bisschen Geld, Ehrgeiz und Selbstsucht? Wisst ihr, wie anfällig ihr seid? Von wie vielen früheren Sünden ihr gereinigt werden müsst, die euch auch jetzt noch anhaften? Habt ihr sie nicht einfach nur abgelehnt?
Die göttliche Kraft für ein wachsendes Leben
Es ist wichtig, eure Berufung festzumachen, weil ihr anfällig seid. Der gesamte Abschnitt ab Vers drei zeigt, was Jesus uns schenken kann.
In Vers drei heißt es, dass Seine göttliche Kraft uns geschenkt wurde. Danach folgen Glaube, Tugend, Erkenntnis, Mäßigkeit, allgemeine Liebe und brüderliche Liebe. Das zeigt, dass der Herr Jesus noch viel mehr in euer Leben hineinschenken kann. Er kann euer Leben noch reicher machen.
In unseren menschlichen Rechten, so nennen das die Alten, ist es ja schön, dass wir sie haben und nicht mehr so viel arbeiten müssen. Von uns Älteren wird nicht mehr erwartet, dass wir viel leisten. Doch der Apostel Petrus sagt uns: Habt ihr eine Ahnung, dass jedes geschenkte Jahr, das euch gegeben wird – auch im Alter – eine Möglichkeit ist, dass der Herr Jesus unvorstellbar viel bei euch wirkt und noch mehr in euer Leben hineingeben will?
Ihr seid in göttlicher Rechnung noch lange nicht im Ruhestand. Die ganze Aktivität des Herrn Jesus ist nicht entbunden, sondern darauf ausgerichtet, bei uns noch etwas wachsen zu lassen. Je mehr der Herr Jesus etwas tun will und je mehr wir es brauchen, desto mehr gilt: Seid fleißig und bemüht euch, eure Berufung festzumachen.
Die wiederkehrende Bedeutung der Berufung bei Petrus
Wenn Sie die Briefe des Petrus kennen – den Ersten Petrusbrief und den Zweiten Petrusbrief – dann werden Sie feststellen, dass das Stichwort „Berufung“ immer wieder bei Petrus auftaucht.
Wenn Sie zum Beispiel im Ersten Petrusbrief blättern, finden Sie in Kapitel 1, Vers 15: „Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, so sollt auch ihr geheiligt sein.“ Der heilige Gott hat euch berufen.
In Kapitel 2, Vers 9 heißt es: „Ihr seid das auserwählte Volk, das Volk des Eigentums, ein priesterliches Königtum, das die Wohltaten dessen verkündigen soll, der euch berufen hat.“ Er hat euch berufen, von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht zu kommen. Kommt doch raus aus dem Dreck!
Kapitel 2, Vers 21 sagt: „Dazu seid ihr berufen, weil auch Christus für euch gelitten hat und euch ein Vorbild hinterlassen hat.“ Ihr sollt nicht irrende Schafe bleiben, sondern ihr seid doch bekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen. Ihr seid berufen.
In Kapitel 3, Vers 9 steht: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, den Segen zu erben.“
Das reicht noch nicht, an vielen weiteren Stellen im Brief taucht dieses Thema auf. Für Petrus war es ganz verinnerlicht: Das Wesentliche in meinem Leben ist, dass Jesus mich berufen hat.
Der Ruf Jesu an Petrus und seine Bedeutung
Wann denn? Dort am See in Nazareth, nach dem wunderbaren Fischzug, sagt Jesus: „Ich will einen Menschenfischer aus dir machen, folge mir nach.“ Wird das Petrus noch einmal gesagt: „Folge mir nach“? Johannes 21 zeigt den Auferstandenen, der sagt: „Du, folge meinen Schafen, folge mir nach.“ Dann sagt Petrus: „Und was ist mit Johannes? Hast du mit ihm auch etwas vor?“ Offenbar hat Jesus mehr mit ihm vor. Er sagt: „Ich will, dass er bleibt, bis ich komme.“ Darauf antwortet Jesus: „Was geht es dich an? Du aber, folge mir nach.“
Das hat Petrus immer wieder gehört: diesen heiligen Ruf. Nicht aus unseren Werken, so heißt es bei Paulus, sondern wir sind berufen mit einem heiligen Ruf. Du sollst nicht als armseliger Fischer am See zurückbleiben. Ich habe etwas mit dir vor. Auch wenn dieser Ruf nicht immer direkt auftaucht: „Folge mir nach!“ Die Sache ist immer da gewesen. Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.
Als Petrus sagte: „Jesus, du musst doch nicht nach Jerusalem hinauf! Das musst du dir nicht gefallen lassen, dass du verspottet wirst, in die Hände der Heiden gegeben wirst – komm, wir müssen dich retten!“ Da antwortete Jesus: „Petrus, du meinst nicht, was göttlich ist, sondern was menschlich ist.“ Das war ein Ruf zur Sache.
Jesus sagte auch: „Petrus, ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhört.“ Das war ebenfalls ein heiliger Ruf. Petrus hat in seinem Leben immer wieder erfahren, bis hin nach Caesarea Philippi oder bis nach Caesarea, wo er dachte: „Heiden, dem Hauptmann Cornelius, kann ich das Evangelium nicht bringen, das sind wir, die Unreinen.“ Doch Jesus sagte: „Petrus, ich habe mit denen etwas vor.“
Der Herr Jesus hat Petrus immer wieder getroffen. Deshalb war es ihm ein ganz wichtiges Wort, eine wichtige Vokabel, ein wichtiger Begriff: berufen. Und er möchte uns heute Morgen auch, falls das nicht so ist, diesen Ruf ins Herz drücken: Leute, ihr seid doch auch berufen! Was macht ihr daraus? Ihr seid berufen mit einem heiligen Ruf. Sorgt dafür, dass eure Berufung festgemacht wird!
Die göttliche Berufung als Geschenk Jesu
Herr Jesus, mach den Ruf: Ich will dich zu Menschenfischern machen! Wir müssen uns nicht selbst berufen.
Der große englische Missionstheologe Michael Green hat gesagt, es ist in der Christenheit oft gefährlich, wenn manche Leute sagen: „Ich fühle mich berufen, ich weiß, dass ich berufen bin, Missionar zu werden oder eine Aufgabe zu übernehmen.“ Seiner Meinung nach müssen andere Christen einem sagen, ob man fähig ist.
Aber diese Berufung, die Petrus meint – und deshalb noch einmal in Klammern – ist etwas anderes. Jesus lässt uns wissen: „Komm her zu mir! Komm aus deinem Leben heraus, steh auf! Lass göttliches Leben in dein Leben hineinfließen!“ Das kann nur Jesus machen.
Auch der feurigste Evangelist kann höchstens die Einladung Jesu ausrichten, aber er selbst, Jesus, muss das bekräftigen: „Komm doch zu mir!“ Es sind heilige Stunden, wenn Jesus das tut. Wir wissen das von Augustin, von Martin Luther und von August Hermann Francke.
Aber, wie gesagt, ich denke, bei uns gibt es auch solche heiligen Stunden, in denen wir es wussten: Jetzt ruft der gute Hirte mich, der Verlorene, und sagt: „Komm doch noch mal, komm!“ Was wir können, ist, diesen Ruf festzumachen, zu verankern und bleibend zu machen.
Herr Jesus, ja, ich will das auch. Bemüht euch, diese Berufung festzumachen!
Die Berufung führt zur ewigen Herrlichkeit
Aber jetzt geht es weiter – nicht nur der Ruf zu Jesus, sondern wenn Jesus uns zu sich ruft, dann hat er umfassende Pläne, die unser kleiner Verstand kaum erfassen kann.
Im Johannes 17, im Hohen Priesterlichen Gebet, sagt Jesus: „Vater, ich will, dass die bei mir seien, die du mir gegeben hast, auf dass sie meine Herrlichkeit sehen.“ Es geht also nicht nur darum, zu Jesus zu kommen, um ein anständiges oder frommes Leben zu führen. Vielmehr sagt Jesus: „Vater, ich will, dass sie meine Herrlichkeit sehen.“
Das hat auch Petrus verstanden. Wenn man im selben Abschnitt in den meisten Bibelausgaben noch einmal im ersten Petrusbrief nachschlägt, findet man in Kapitel 5, Vers 10, ein großes Wort: „Der Gott aller Gnade, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus.“
Wenn Jesus uns berufen hat, dann hat Gott den Plan, dass wir die Herrlichkeit des Herrn Jesus miterben, mithaben sollen (1. Petrus 5,10). Der Gott aller Gnade hat euch in Christus berufen zu seiner ewigen Herrlichkeit.
Es ist unvorstellbar, dass nicht nur Leid, Geschrei, Schmerz und Tod aufhören sollen. Das sind alles Dinge, die wir uns wünschen. Doch der Herr Jesus hat noch weit darüber hinausgehende Wünsche in seiner Herrlichkeit. Er will, dass wir, die wir zu ihm gehören, seine Herrlichkeit erleben, sehen und erfahren.
Wir werden ihm gleich sein. Wir werden ihn sehen, wie er ist.
Die Herrlichkeit Gottes als Ziel der Berufung
Stellen wir uns ganz praktisch vor, wir könnten in der Ewigkeit neben Herrn Jesus stehen und schauen, ob auch nur ein Millimeter weniger Herrlichkeit über uns sein wird.
Jetzt betrachten Sie sich einmal im Spiegel. Manchmal wünscht man sich eine gerade Nase, weniger Falten oder ein bisschen mehr Haare. Jeder hat solche Wünsche, wenn er in den Spiegel schaut. Doch selbst wenn all das da wäre – die gerade Nase und mehr Haare – wäre das noch lange keine Herrlichkeit. Sonst wäre der alte Wolf Schiffhuch mit seiner Ungeduld und all seinen Fehlern schon herrlich.
Wir werden ihn sehen, wie er wirklich ist, und wir werden ihm gleich sein – geborgen in der Liebe des ewigen Vaters. Sein Auge blickt strahlend auf mich.
Stellen Sie sich vor, der ewige heilige Gott, den kein Mensch sehen kann – so heißt es im 1. Timotheus 6,16 – wir werden ihn sehen. Mit strahlendem Angesicht wird er auf uns schauen, berufen zu dieser Herrlichkeit. Voll Gerechtigkeit wird nicht einmal mehr eine Narbe unserer Sünde zu sehen sein.
In Korntal gibt es den alten Brauch, dass die verstorbenen Glieder der Brüdergemeinde in einen weißen Sarg gelegt und so begraben werden. Symbolisch bedeutet das: all der Geruch der Sterblichkeit, das Vergängliche, wird verschlungen sein von der Gerechtigkeit und dem neuen Leben des Herrn Jesus.
Das wird allein Herrlichkeit sein – wenn ich frei von Weh sein Angesicht sehe und wenn sein Auge strahlend auf uns blickt.
Die Weisheit und Erkenntnis in der Herrlichkeit
Jesus Christus ist uns zur Weisheit geworden. Wenn Jesus zu seinen Jüngern sagt: „An jenem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen“, dann denke ich manchmal: Wenn ich einmal in das Reich Gottes kommen darf und dem Apostel Paulus begegne, möchte ich ihn fragen, was er eigentlich mit dem Satz „Das Weib schweige in der Gemeinde“ gemeint hat. Ich habe das nie ganz richtig verstanden.
An jenem Tag wird es überhaupt keine Fragen mehr geben. Dann wird alles durchdrungen sein, und ihr werdet hineingenommen sein in göttliche Weisheit und göttliche Klarheit. All das, was uns in der Bibel bisher schwer verständlich war, wird hell und klar sein. Die Pläne Gottes, die er mit unserer Welt gemacht hat – das wird Herrlichkeit sein!
Der Vater sagt: „Ich will, dass die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen.“ Der Gott der Gnade hat uns in Jesus zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen.
Die Hoffnung über den Tod hinaus
Liebe Schwestern und Brüder, wenn das stimmt und wenn wir diese Berufung festmachen, dann wollen wir es uns einüben, dass wir nicht bloß auf unser Sterben fixiert sind – wir, die dem Herrn Jesus gehören wollen.
Dann ist Sterben gar nicht mehr der letzte Einschnitt. In Afrika sagen sie oft, wenn Christen sterben: "He was promoted to the glory." Er ist promoviert worden, erhoben zur Herrlichkeit. Es war ein Siegen.
So war es auch bei unserem Bruder Doktor Wilhelm Jung, als die Todesnachricht vom Tod seiner Schwägerin kam und die Familie weinte. Da hat er unter Tränen gesagt: "Hier sitzen wir und heulen, und singen doch immer: Was wird sein, was wird sein, wenn ich sie in Sion, in die Stadt der goldenen Gassen, sehe? Herr mein Gott, ich kann es nicht fassen, was für eine Wonne das sein wird."
Deshalb sagt der Apostel Paulus: Wir wollen, wir Christen, nicht trauern wie solche, die keine Hoffnung haben. Es ist schmerzlich, Abschied zu nehmen von einem Menschen, der uns lieb ist. Aber wir wollen uns über ihn freuen, wenn er dem Herrn Jesus gehört hat, weil es ihm wesentlich besser geht.
Verstehen Sie, wir müssen umdenken. Mitten in einer Welt, die anders denkt, müssen wir festmachen, dass wir berufen sind zu seiner ewigen Herrlichkeit. Und wir müssen auch festmachen, dass die Jahre und Tage, die uns geschenkt sind – auch wenn wir uns manchmal vorkommen wie auf dem Aussterbeetat – eine Perspektive in der Hoffnung sind. Jesus will uns an jedem neuen Tag erfüllen. Er hat Pläne mit uns.
Wenn Sie hineinschauen beim Petrus, wie oft das Wort Erkenntnis vorkommt – dieser Begriff Erkenntnis –, zum Beispiel in Kapitel 1, Vers 3: „Durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat“ oder Vers 6: „Tugend, Erkenntnis“ und im Schluss vom ersten Petrusbrief: „Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn.“
Ich habe schon einmal angedeutet, seitdem mir das aufgegangen ist, dass auch neugeschenkte Jahre im Alter wertvoll sind. Ich habe angefangen mit diesem Büchlein, überschrieben mit „Durchblicke und Erkenntnisse“, was mir über das Wort Gottes an Erkenntnis gegeben wurde. Ich habe längst ein zweites Buch angefangen. Das macht einen auch gespannt darauf, was der Herr Jesus mir in Bibelstunden, Predigten, Predigtvorbereitungen und bei der täglichen Bibellese an Durchblicken und Erkenntnissen teilt.
Die Bedeutung des Glaubens und der Tugend
Schlägt man eine Seite auf, auf der Paulus schreibt, so heißt es: Der Leib ist tot um der Sünde willen.
Leib meint hier unsere gesamte Körperlichkeit und unsere ganze irdische Existenz. Ach, wie froh sind wir doch, wenn wir manche Aufgaben, die uns so sehr beansprucht haben, abgeben können. Der Leib ist tot – auch manche Ehrungen, auf die wir stolz waren und die uns wohlgetan haben, sowie manche Anerkennung sind nicht mehr da. Der Leib ist tot, das heißt, er stirbt ab.
Und nur das ist wichtig: dass wir ihm gehören und dass er bleibt. Jeder Tag, der uns geschenkt wird, ist eine Möglichkeit, in Erkenntnis zu wachsen.
Für Gott gibt es keinen Ruhestand, bei ihm erst recht nicht – und bei uns auch nicht. Darum fülle uns mit deiner Gnade, nicht nur früher, sondern auch im Alter.
Praktische Hilfen zur Bewahrung der Berufung
Die Lake Avenue Gemeinde in Pasadena, in der ich gerne war, wenn ich in Amerika, in Kalifornien, war, hatte in einem Abendgottesdienst einen Prediger, der Folgendes sagte:
Macht euch doch an eure Brille oder an einen anderen Gegenstand, den ihr oft am Tag in die Hand nehmt, aus blauer Gräbefolie einen kleinen Punkt. Man kann diesen Punkt auch auf den Ringfinger der linken Hand machen.
Dieser Punkt soll euch immer daran erinnern: Jesus ist da. Jesus hat Pläne mit mir. Er hat heute etwas mit mir vor.
Diese Erinnerung soll euch helfen, eure Berufung festzumachen. Gebt euch Hilfen, damit ihr daran denkt, wenn ihr im täglichen Geschäft versinken wollt. Er hat uns berufen zu seiner ewigen Herrlichkeit.
Die Verklärung und das Auf und Ab im Glaubensleben
Der Begriff Herrlichkeit spielt in der Bibel eine große Rolle. Im 2. Korintherbrief heißt es, dass wir von einer Herrlichkeit zur anderen verklärt werden. Manche Ausleger verstehen das so, dass dies peu à peu, also stufenweise geschieht.
Wenn das so ist, dann bin ich nicht immer dabei. Bei mir gibt es auch manche Rückschläge. Besonders nach solchen Tagen, die wir gemeinsam in der Gemeinschaft von Christen erleben, kehren wir oft in unser einsames Zuhause zurück. Dort liegen auf dem Tisch die Rechnungen, und die schöne Blume ist verdorrt, weil die Dame, die die Blumen gießen wollte, nicht mehr daran gedacht hat.
Plötzlich werden wir aus der Herrlichkeit heruntergestürzt. Bengel, von dem wir vorgestern gehört haben, sagte: Von der Herrlichkeit, die der Herr Jesus hat, werden wir in seine Herrlichkeit hineingezogen – von einer Herrlichkeit, die beim Jesus ist, zu einer anderen Herrlichkeit, die auch uns einmal erfassen wird. Wir sind also berufen zur ewigen Herrlichkeit.
Das Entscheidende kommt, und dazu hilft es immer wieder, wenn wir den Ruf Gottes hören. Unser Gott ruft. Er hat uns berufen und bleibt am Rufen, damit wir wach bleiben.
Die Notwendigkeit des Bemühens und der geistlichen Entwicklung
Wozu und wie, auf welche Weise kann man Berufung und Erwählung festmachen? Ich habe es gleich zu Beginn gesagt: Weil wir anfällig sind, denkt daran, ihr seid rein geworden von früheren Sünden. Aber ihr seid nicht automatisch sicher für heute. Ihr seid auch noch für manches anfällig – für viele Ungeduld, für manchen Zorn, dafür, dass ihr manche Leute am liebsten weit wegsehen würdet. Dass ihr bei manchen Namen und Begriffen die Zähne zusammenbeißt.
Ihr seid darauf angewiesen, eure Berufung festzumachen, darauf, dass der Herr Jesus in eurem Leben wirkt. Und weil der Herr Jesus sehr viel mehr tun wird. Was will er denn tun? Wir gehen gerade mal ein bisschen durch ab Vers 3:
Alles, was zum Leben und zur Frömmigkeit dient, hat uns seine göttliche Kraft geschenkt durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat, durch seine Herrlichkeit und Kraft. Wir sollen erkennen, was wir an Jesus haben. Mir ist aufgegangen, wie oft die Evangelien berichten, dass Jesus befiehlt: Bringt ihn her zu mir! Füllt die Krüge! Werft die Netze aus! Seht, öffnet eure Augen! Hört!
Der Jesus ist einer, der befehlen kann, auch in mein Leben hinein, in meine Lethargie. Komm, auf! Trau mir etwas zu! Ich will dir etwas schenken! Wach auf, damit wir erkennen, was wir an Jesus haben.
Vers 5 machen wir weiter: So wendet alle Mühe daran und weist in eurem Glauben Tugend zu. Der Petrus hat es erlebt, dass er gesagt hat: Wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Und wir haben geglaubt und erkannt, dass du Christus bist.
Gleich danach ist er darauf angewiesen, dass Jesus ihm sagt: Du meinst nicht, was göttlich ist. Du hast vielleicht Glauben an mich, aber du weißt noch lange nicht, was göttlich ist. Du denkst sehr menschlich, teilnahmsvoll, aber du erkennst noch nicht die Wege Gottes.
Wie lange hat es Petrus gebraucht, bis er das begriffen hat? Bis hin nach Caesarea mit dem Hauptmann Cornelius und später noch in Galater 2. Er hat mitgeheuchelt, hat so getan, als ob er ein frommer Jude ist und nicht einer, der freigemacht ist von Speisevorschriften.
Wendet eurem Glauben Tugend zu, damit das Leben davon bestimmt ist. Und wenn Jesus unser Leben prägt, folgt in der Tugend Erkenntnis. Der Christenglaube, das Christenleben, ist nicht in erster Linie eine Moral, eine Ethik oder Lebensgestaltung, sondern in erster Linie das Erkennen, was wir an Jesus haben.
Die Balance zwischen Erkenntnis und Demut
Ich möchte Rat geben, auch in Bezug auf unser Beten. Wir haben es uns so angewöhnt, und das ist auch gut so, dass wir sagen: Herr, jetzt überlegen Sie sich mal. Jedes Mal, wenn wir ihn als Herrn anrufen, da sind Schöpfer des Himmels und der Erde, du großer Erbarmer, du Erlöser, du Heiland, du König aller Könige, Jehova.
In der Bibel gibt es vielleicht 200 Würdebezeichnungen für Jesus und den ewigen Gott. Es ist wichtig, dass wir nicht nur beim Wort „Herr“ bleiben, sondern sehen, was wir an ihm haben: Du Sohn Davids, du hoher Priester, der du vor dem Vater stehst und für uns bittest, du Nazarener, Jesus von Nazareth, der du unsere Welt kennst, auch mit den letzten Winkeln. So erkennen wir, was wir an Jesus haben.
Doch man kann sich auch in der Erkenntnis verlieren, in der Erkenntnismäßigkeit. Wir stolzen Menschenkinder sind armselige Sünder und wissen gar nicht viel. Die große Erkenntnis kommt erst. Ach, was werden da unsere Theologie-Professoren erst noch zu lernen haben, wenn sie einmal in den Himmel kommen dürfen und Erkenntnis davon erhalten, was die Fülle der Schrift ist und was der Herr Jesus, unser ewiger Gott, bedeutet.
Was wir selbst als schriftgläubige Professoren und Theologen wissen, ist ja nur ein kleiner Bruchteil der großen Erkenntnismäßigkeit. Das soll uns lehren, nicht zu viel von uns selbst zu halten. Diese Erkenntnismäßigkeit bringt Geduld mit sich – Geduld, die nicht die Geduld eines Anglers ist, sondern ein gespanntes Erwarten auf das, was Jesus tun wird.
All das kann der Herr Jesus tun. Macht euren Glauben fest, macht ihn fest, dass ihr berufen seid.
Die Kraft der Choräle im Glaubensleben
Es ist mir in Krankheitstagen immer wieder wichtig geworden, wie viel unsere Choräle an geistlicher Erkenntnis enthalten. Wenn man einmal schwach ist – körperlich schwach und im Glauben schwach – dann ist es ein großer Trost, dieses Lied beten zu können, das uns einer vorliest: „Ich will streben nach dem Leben, wo ich selig bin, ich will ringen, einzudringen, bis dass ich’s gewinne.“
Hält man mich so, laufe ich fort; stehe ich, bin ich matt, so ruft Dein Wort. Die Choräle sind ja komprimierte, kondensierte, verdichtete Bibel. Wir müssten einer jungen Generation helfen, die irgendwo den Anschluss an das Verständnis unserer Choräle verloren hat. Wir sollten ihnen wieder hineinhelfen, indem wir sagen: „Du, mir hat das so geholfen. Lass uns im Glauben wachsen, nun wähle ich das Beste zu dem Leben dringlich ein.“
„Ich will in dem Glauben feste stehen, ich will nicht verloren sein. Treuer Heiland, Lebensfürst, halt mich, bis du kommen wirst.“ Wenn junge Leute sagen: „Entschuldigung, wo steht das?“, dann schlagen wir den Choral auf. Vielleicht müssen wir auch einiges über die Liederdichter erzählen, zum Beispiel über Paul Gerhardt, der in der unvorstellbar schwierigen Zeit des Dreißigjährigen Krieges gedichtet hat.
„Geh aus, mein Herz, und suhle dich in Freuden, mach in mir deinem Geiste Raum, erwähle mich zum Paradies und lass mich bis zur letzten Reise an Leib und Seele grünen.“ So wie die Kräfte der Schöpfung die totscheinenden Bäume durchdringen und plötzlich mit herrlichen Farben und Lebenskraft erfüllen, so bittet er: „Erwähle mich zum Paradies und lass mich bis zur letzten Reise, bis in die Sterbestunde hinein, an Leib und Seele grünen.“
Ha, das wäre doch etwas! Wenn die Leute nicht mehr Goethe lesen, ist das schade für die deutsche Literatur und Sprache. Aber wenn sie die Choräle nicht mehr verstehen, die die Seiten unserer Seele in Bewegung bringen, ist das ein Verlust, den wir kaum wieder gutmachen können.
Also lasst uns da helfen. Es gibt so schöne Bücher, die auch über Liederdichter erzählen. Man kann den Kummer sich vom Herzen singen, erkennen, was wir an Jesus haben, und das alles aufarbeiten. Auch damit können wir unsere Berufung festmachen.
Die Kraft des Segnens im Umgang mit Feindschaft
Dem Petrus, der ein sehr impulsiver Mann war, war es wichtig, im ersten Petrusbrief steht das Wort fett gedruckt in vielen Bibelausgaben: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem.“
Das hat Herr Petrus gesagt, der am Garten Gethsemane das Schwert gezogen hat und meinte, er sei auf dem richtigen Weg. Er sagte: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem, noch Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr berufen seid, dass ihr den Segen ererbt.“
Gehen Sie einmal die Geschichte Ihres Lebens durch und denken Sie an manche Menschen, auf die Sie einen Hass hatten, denen Sie böse waren. Auch jetzt, selbst wenn derjenige nicht mehr lebt, dürfen Sie sagen: „Vater, ich bitte Dich um Deinen Segen, Herr Jesus, vergib mir den Hass, den ich gehabt habe, reiß ihn aus meinem Herzen.“
Wir dürfen Menschen segnen und erleben, wie wir plötzlich vom Hass und von der Ungeduld geheilt werden. So können wir unsere Berufung festmachen, denn „ihr seid berufen, dass ihr den Segen erbt“ – segnet.
Das kann man auch als 76-Jähriger, Herr Jäger, tun, wenn man sonst nicht mehr gebraucht wird außer auf der Lachhöhe. Also segnen – nicht nur beten, sondern durchgehend die Geschichte meines Lebens mit all den Namen, die uns oft Beschwer gemacht haben, segnen.
Die Berufung im Alltag und in der Ewigkeit verankern
Mein Vater war Parlamentarier, eigentlich Politologe und Studienrat. Nach dem Krieg hat er das Berufsschulwesen in Württemberg und Baden wieder aufgebaut. Er war unheimlich beschäftigt und von seiner Arbeit fasziniert. Manchmal könnte man fast sagen, er hat darunter gelitten – das wäre allerdings zu viel gesagt. Aber es war ihm nicht recht, dass von seinen fünf Söhnen drei Theologie studiert haben. Er sagte: Man braucht auch Christen, die einen normalen Beruf ausüben.
In der heutigen Welt als Christen in normalen Berufen zu wirken – als Juristen, Verwaltungsbeamte oder in der Wirtschaft – das hat ihn sehr herausgefordert. Besonders faszinierte ihn die Herausforderung, das berufliche Schulwesen, das wirtschaftliche Schulwesen, die Fachhochschulen und Ingenieurschulen, die am Boden lagen, wieder aufzubauen. Deshalb bat er mich, ihm in Frakturschrift etwas Großgeschriebenes zu schreiben. Er stellte es auf seinen Schreibtisch mit den Worten:
„Mach mir stets süß deinen Himmel und bitter diese schnöde Welt. Gib das mir, in dem Weltgetümmel sei die Ewigkeit vorgestellt.“
Für ihn war es wichtig, die Berufung festzumachen. Er sagte: Ich bin doch nicht bloß berufen zu diesem faszinierenden Geschäft, sondern ich bin berufen zur Ewigkeit. Und ich lasse mich nicht aus dem Weltgetümmel bringen, auch wenn es dort manche Schwierigkeiten gibt. Die Ewigkeit sei vorgestellt.
Macht eure Berufung fest, sie kann sehr verschieden aussehen. Lord Radstock, der große kühne englische Lord, der um 1880 eine ganze Erweckungswelle in Sankt Petersburg, Russland, auslösen durfte, war im Alter schwer krank. Wenn man ihn fragte, wie es ihm gehe, sagte er: „Ich muss eben täglich in die Schule.“ Wenn die Leute dann etwas merkwürdig schauten, erklärte er: „Ja, ich muss täglich lernen, mich selbst zu verleugnen, nicht immer Gott zu zwingen, sich nach meinen Wünschen zu richten – auch im Blick auf die Gesundheit, mein Ergehen und meine Kinder. Ich muss in die Schule der Selbstverleugnung.“
Und in der Schule fängt es eben um sieben Uhr fünfzig an. Wenn man um zehn Uhr gern gehen wollte, sagte der Lehrer: „Moment mal, zwölf Uhr fünfzig ist ja Schluss.“
Also, in der Schule der Selbstverleugnung: Macht eure Berufung fest. Wir erwarten Großes von Jesus, aber es geht nicht in erster Linie nach unseren Wünschen, sondern: Herr, was willst du? Es gehörte zur Herrlichkeit des Herrn Jesus, dass sein Wollen an Gottes Mund hing, sein Wirken Gottes Sagen war und er sich nach ihm ausrichtete. Wir dürfen unseren Glauben nicht in unserer Welt einfach auspendeln lassen.
Die Bedeutung der ewigen Perspektive im Leben
Einer meiner Großväter war Kaufmann und hat einen großen Betrieb aufgebaut. Ich habe ihn oft versorgt, als die Arteriosklerose ihn zunehmend schwächte. Er war ganz verkalkt, brachte wenig hervor und wiederholte immer wieder die gleichen Worte.
Eigentlich gehörte er in Weilheim-Teck in der Michael-Hanschen-Stunde an den Brüdertisch. Doch die Brüder sagten: „Jetzt ist genug, du kannst nicht mehr so das Wort Gottes auslegen“, weil er immer wieder denselben Satz wiederholte: „Nur was du dem Himmel lebst, dir von Schätzen dort erstrebst, das ist Gewinn.“
Für ihn als Kaufmann, als erfolgreichen Geschäftsmann, der durch die Lande zog, um Aufträge hereinzuholen, wurde dieser Satz plötzlich wichtig. Er half ihm, seine Berufung festzumachen: „Nur was du dem Himmel lebst, die einen Schätzen dort erstrebst, das ist Gewinn.“
In meiner Umgebung erlebe ich viele ältere Menschen, bei denen ich einmal den Haushalt auflösen soll. Sie haben mir Generalvollmacht gegeben. Sie sagen: „Rolf, komm doch vorbei und hilf mir, wenigstens ein bisschen mein Studierzimmer aufzuräumen, welche Bücher ich abgeben kann.“ Wenn ich das vierte Buch herausziehe, heißt es oft: „Ah nein, das brauche ich noch.“
Neulich hat mich eine Dame, die aus dem Osten kommt und ihr Leben wieder aufgebaut hat, gefragt: „Meine Mutter ist mit 92 gestorben. Haben Sie eine Verwendung für die schönen Kleider, die meine Mutter sich noch angeschafft hat, für die Mäntel?“ Ich sagte: „Ja, der Missionsbund liegt im Osten und freut sich darüber.“ Also bin ich mit großen, leeren Bananenschachteln hingefahren, um die vielen Mäntel und Kleider einzupacken.
Doch schon beim zweiten Mantel sagte sie: „Nein, der war meiner Mutter so lieb, der soll da bleiben. Den zieht die bestimmt nicht mehr an.“ Dieser Satz „Nur was du dem Himmel lebst, die von Schätzen dort erstrebst, das ist Gewinn“ hängt sich unheimlich an unser Herz.
Wir brauchen nicht über die Dame zu lachen, denn bei uns ist es genauso. Es geht darum, unsere Berufung festzumachen und das Leben auf die ewige Herrlichkeit auszurichten.
Das wollen wir uns immer wieder vor Augen halten und die Jahre, die uns geschenkt werden, mit der Erkenntnis unseres Heilandes füllen lassen.
Die besondere Zeit der Erkenntnis im Alter
Der große jüdische Rabbi Maimonides, der um 1200 gelebt hat – also schon lange her –, sagte, dass Menschen, die mit Gott leben, im Alter oft eine besondere Spannzeit erleben. Es ist eine zusätzliche Zeit, die sie eigentlich gar nicht erwartet haben.
Es ist Gottes Absicht, dass diese geschenkte Spannzeit erfüllt wird mit dem Erkennen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus. Maimonides konnte als jüdischer Rabbi nicht sagen, was wir heute fühlen: dass wir erkennen, was wir an Jesus haben.
Mir ist in letzter Zeit die größte Erkenntnis aus Hebräer 8 gekommen: „Das ist nun die Hauptsache, von der wir reden. Wir haben einen Hohen Priester, welcher erhöht ist zum Thron Gottes.“ Bevor ich heute Morgen meine erste Gebetsbitte an Jesus richtete, war er schon längst vor dem Thron des Vaters und hat gebetet: „Vater, ich bitte für den Rolfschefuh, dass er keine Dummheiten macht, gib ihm das Wort in den Mund.“
Was für eine Sache ist das, dass wir eingebettet sind in die Fürsorge, in die fürbittende Fürsorge des großen Hohen Priesters! Das Leben reicht nicht aus, um auch nur etwas von der großen Herrlichkeit des Herrn Jesus zu entdecken und zu erkennen. Je mehr wir uns bemühen und fleißig sind, desto mehr können wir unsere Berufung festmachen.
Herr Jesus, ich bin dein – so haben wir es vorgestern im Lied von Hilla gesungen: „Ich möchte in Ewigkeit dir gehören.“ Das soll so sein. Lieber, erbarmer, du treuer Hirte, du Erzhirte deiner kleinen, schwachen Herde, der du uns in unseren Schwachheiten kennst, dass wir dir gehören dürfen. Du kannst bewirken, dass die Berufung, die längst an uns ergangen ist, festgemacht wird. Dass wir es gelten lassen, dass das die Würde unseres Lebens ist: dir zu gehören – bis hin zur ewigen Herrlichkeit.
Herr, unser Gott, wir können es doch gar nicht fassen: Die Weisheit in Person, die du bist, die Fülle der Erkenntnis. Weite unseren Verstand, mach unser Herz begierig und unser Leben voll von Sehnsucht. Schenk uns einen Hunger nach der Gerechtigkeit, die du geben kannst.
Damit wir voll sind vom Bemühen, vom ernsthaften Bemühen, die an uns gegangene Berufung festzumachen, festzunageln. Amen!
