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Das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden

Lukas 19,11-27

I. Falsche Erwartungen (11)

Bereits zum dritten Mal erklärte Jesus seinen Jüngern den bevorstehenden Leidensweg. Eigentlich in unmissverständlicher Weise: sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Lk.18,33.

Und nun sass Jesus im Hause des Zachäus in Jericho nicht weit von Jerusalem (ca. 20 Km). Jesus war im Begriff nach Jerusalem weiterzureisen. Es sollte auch die letzte Reise Jesu nach Jerusalem sein, denn bereits als nächstes berichtet Lukas vom Einzug nach Jerusalem und fährt mit der Leidensgeschichte bis zum Kreuz weiter. Die um Jesus versammelten erwarteten nun gerade nicht das Leiden Jesu wenn er nach Jerusalem kommt, sondern sie meinten, Jesus würde das Reich Gottes aufrichten. Israel wartet ja bis heute auf ihren Messias, der das Königreich aufrichten wird. Die Nachfolger Jesu waren nun in der Erwartung, dass Jesus das Königreich aufrichtet, dass er selbst als König aufstehen wird und die Macht übernimmt. Wie stark diese Erwartung der Jünger war zeigt uns die Aussage, der Jünger, die nach dem Tod Jesu nach Emmaus wanderten, sie sagten: Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, daß dies geschehen ist. Lk.24,21. Und als sie mit Jesus nach der Auferstehung zusammen waren, war wiederum eine vordringliche Frage: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Königreich für Israel? Apg.1,6.

Die Erwartung war richtig, Jesus wird ein Königreich aufrichten, aber die Zeit dazu ist noch nicht gekommen. Mit der Erzählung eines Gleichnisses möchte nun Jesus seinen Zuhörern bei Zachäus ihre falschen Erwartungen richtigstellen. Ob sie es in dem Moment verstanden haben, was Jesus sagte ist nicht so sicher, aber nachdem Jesus gestorben und auferstanden ist, haben sie bestimmt verstanden, was Jesus damit sagen wollte, deshalb hat Lukas diese Erzählung in seinem Evangelium aufgenommen. Auch uns hat dieses Gleichnis viel zu sagen. Es ist eine ernste Rede Jesu an uns.

II. Die Zeit der Bewährung (12-14)

A. Der aktuelle Bezug

Jesus greift eine Begebenheit auf, die in Israel sehr wohl bekannt war. Ein Mensch von hoher Herkunft, ein Fürst, also einer aus königlicher Herkunft, zieht in ein fernes Land, um das Königtum zu empfangen, um dann als beglaubigter König in sein Land zurückzukehren. Er betraut seine Knechte, die in dieser Zeit für ihn arbeiten sollen, mit einer kleinen Summe. Sie sollen wirken bis er wieder kommt. Die Bürger des Landes, senden eine Gesandtschaft hinter dem Fürst her um dem, der ihm das Königtum zuspricht zu sagen: Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche.

Dies ereignete sich genau in dieser Weise nach dem Tod des Herodes des Grossen. Herodes wollte seinen Sohn Archelaos zum König machen. Dies hielt er in seinem Testament fest. Er behielt aber vor, dass der Kaiser in Rom dieses Testament noch beglaubigen musste. Er überliess die letzte Entscheidung dem Kaiser in Rom, ob Archelaos König werden soll oder nicht. So zog Archelaos und seine Verwandten nach Rom, eben in ein fernen Land, damit er vom Kaiser als König beglaubigt werde.[1] Archelaos war aber ein schrecklicher Herrscher. Bevor er nach Rom reiste richtete er im Tempelbezirk in Jerusalem ein Blutbad an. Eine Gesandtschaft von 50 Mann, Bürger aus Israel, Juden, reisten nach Rom, ihnen zur Seite traten auch noch über 8000 in Rom ansässige Juden. Vor dem Kaiser brachten sie zur Geltung, dass sie nicht möchten, dass Archelaos über sie herrschen soll. Trotzdem wurde er provisorisch eingesetzt.[2] Er war tatsächlich ein schrecklicher Herrscher und wir begegnen ihm auch in der Bibel, wo es heisst: Als er aber hörte, daß Archelaus in Judäa König war anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Und im Traum empfing er Befehl von Gott und zog ins galiläische Land. Mt.2,22. Diesen Sachverhalt, der den Juden in Isreal sehr wohl bekannt war greift Jesus hier nun auf, um es auf sein Königtum anzuwenden.

B. Die Situation Jesu

Jesus ist der Hochgeborene, wie wir einige Verse vorher von einem Blinden hören: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Lk.18,39. Jesus ist von königlichem Geschlecht, ein Fürst. Wie Archelaos geht er in ein fernes Land, d.h. er geht zum Vater um sein Königtum zu empfangen. Damit weist Jesus auf sein Sterben, seine Auferstehung und Himmelfahrt hin.

Er rief zehn seiner Knechte und gab jedem eine Mine oder wie Luther sagt ein Pfund. Dies entsprach einem Betrag von 100 Tagelöhne. Also ein nicht sehr grosser Betrag, ca. 4 Monatslöhne. Sie mussten also nicht das Königreich verwalten, bis er wiederkommt, was die Knechte des Archelaos mussten. Diese Knechte bekamen nur eine geringe Summe, mit der sie arbeiten sollten. Die Bürger, die dem Mann nachreisten, sind die Juden, die Jesus nicht als Messias anerkannten. Also zehn Knechte gegen ein ganzes Volk.

Jesus macht damit deutlich: Ich werde nicht das Königreich aufrichten, sondern ich werde hingehen und euch zurücklassen. Ihr werdet eine kleine Schar sein und euch bewähren müssen. Handelt mit dem, was ich euch gegeben habe während ich zurückkommen. Jesus sagt, dass die Knechte ihn jederzeit erwarten sollen. Jeder Knecht bekommt gleichviel oder besser: gleichwenig. Sie müssen nicht ein grosses Vermögen verwalten. Sie bekommen nicht viel Macht. Der angehende König möchte offenbar seine Knechte prüfen, wie treu sie mit geringen Dingen umgehen.

Was ist aber dieses Pfund, von dem Jesus erzählt? Es handelt sich nicht um Geistesgaben oder Begabungen, sondern um die Rettung, um das Heil. Wie Jesus den Jüngern sagt: Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Joh.14,27. Oder man könnte auch vom ewigen Leben sprechen, wie Jesus sagt: und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reissen. Joh.10,28.

Nun sind diese Knechte verbunden mit einem angehenden König, der vom Volk aber nicht als solcher akzeptiert wird. Sie wollen nicht, dass er über sie herrscht. Dies bringt natürlich diese Knechte in schwierige Situationen, wie es Jesus ihnen auch deutlich gesagt hatte: Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn. / Es ist für den Jünger genug, daß er ist wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausherrn Beelzebul genannt, wieviel mehr werden sie seine Hausgenossen so nennen! Mt.10,24-25. Wahrlich keine guten Aussichten für diese Knechte. Ihr Herr ist verachtet und sie haben nicht einmal Mittel, mit denen sie eine gewisse Macht demonstrieren können. Nichts womit sie die Menschen beeindrucken könnten.

Anwendung

Das ist unsere Situation. Wenn wir ewiges Leben haben, so sind wir in derselben Situation. Unser König ist nicht sichtbar gegenwärtig. Wir haben ein Pfund bekommen. Paulus spricht von einem Pfand:

In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Rettung in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem heiligen Geist, der verheißen ist, / welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unrer Erlösung, daß wir sein Eigentum würden zum Lobe seiner Herrlichkeit. Eph.1,13-14. Nun sind wir zum Handeln aufgerufen. Wir sollen dieses Pfund mehren, nicht darauf ausruhen. Durch unsere Bekehrung sind wir in eine Aufgabe gestellt wie der Hebräer deutlich macht: um wieviel mehr wird dann das Blut Christi, der sich selbst als Opfer ohne fehl durch den weigen Geist darbegracht hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott! Hebr.9,14.

III. Die Zeit der Abrechnung (15-26)

A. Die Belohnung (15-19)

Nun kommt der Fürst wieder zurück als rechtsmässiger König. Er hat das Königtum empfangen und wird es jetzt antreten. Zuerst bestellt er seine Knechte, um mit ihnen abzurechnen, er möchte sehen, was jeder erhandelt hat.

Der erste kommt und sagt: Herr dein Pfund hat zehn Pfund eingebracht. 16. Beachten wir die echte Bescheidenheit dieses Knechtes. Er spricht nicht von dem was er mit dem Pfund erreicht hat. Nicht seine Leistung stellt er in den Vordergrund, sondern die Gabe seines Königs: Dein Pfund hat zehn Pfund eingebracht. Hier kommt die Haltung zum Ausdruck, die ein richtiger Knecht haben sollte, so wie Jesus sagt: So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren. Lk.17,10. Der König rühmt diesen Knecht, der in aufrichtiger Weise dem König zurückgeben will, was er erwirtschaftet hat: Recht so, du tüchtiger Knecht; weil du im Geringsten treu gewesen bist, sollst du Macht haben über zehn Städte. 17. Nun bekommt dieser Knecht einen Lohn, der alle Erwartungen übersteigt. Er wird zum Verwalter über zehn Städte gesetzt.

Dasselbe auch beim zweiten Knecht. Er hat fünf Pfund erwirtschaftet und wird über fünf Städte gesetzt. Ihre Macht ist unverhältnismässig gross, die sie bekommen im Vergleich zu dem immer noch kleinen Ertrag. Der König wollte nur die Treue dieser Knechte prüfen.

Anwendung

Es hängt nicht davon ab, wie mächtig oder gar wie angesehen wir in der Welt sind. Jesus möchte dass wir ihm treu sind. So sagt Jesus der Gemeinde in Philadelphia: Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. Offb.3,8.

Wenn wir Gottes Wort bewahren, und das heisst nicht nur, wenn wir es wissen, sondern wenn wir demgemäss handeln, dann erweisen wir uns als treue Diener. Das heisst auch immer Opfer bringen. Opfer an Zeit, Ansehen, Komford, Ferien, Geld usw. Gott wird es uns lohnen, wie diesen Knechten.

B. Die Strafe (20-26)

Der dritte Knecht kommt nun mit einer besonderen Begründung, weshalb er sein Pfund nicht vermehrt hat, er sagt: Herr, siehe, hier ist dein Pfund, das ich in einem Tuch verwahrt habe; / denn ich fürchtete mich vor dir, weil du ein harter Mann bist; du nimmst, was du nicht angelegt hast, und erntest, was du nicht gesät hast. Lk.19,20-21.

Woher hat nur dieser Knecht diese Idee? Gerade die ersten beiden Knechte, die die Pfunde vermehrten zeigen, dass der König ihnen mehr anvertraute, als sie erarbeitet hatten. Und hat der König dem Knechten dieses Pfund nicht ohne eine Gegenleistung gegeben? Nichts musste er für dieses Pfund tun. Er hat es einfach bekommen. Nun, weil er zu faul war den Auftrag wahrzunehme klagt er den König der Unbarmherzigkeit an. Was für eine Ungehäuerlichkeit, welch eine Frechheit. Dieser Knecht hat noch nicht begriffen wer er ist. Er sieht die wahren Verhältnisse verschoben, anstatt sich selbst anzuklagen, wagt er es den König anzuklagen und ihn in ein schlechtes Licht zu rücken.

Der König antwortet nicht weniger deutlich, er sagt zu ihm: Mit deinen eigenen Worten richte ich dich, du böser Knecht. Wußtest du, daß ich ein harter Mann bin, nehme, was ich nicht angelegt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe: / warum hast du dann mein Geld nicht zur Bank gebracht? Und wenn ich zurückgekommen wäre, hätte ich's mit Zinsen eingefordert.

Die Worte des Knechten habe seine Gesinnung verraten. Er ist ein böser Knecht. Seine Anklage gleicht eher eine Ausrede, als einem wirklichen Tatbestand. Würde er der Überzeugung sein, dass sein Herr ein harter Mann ist, dann hätte er doch gearbeitet und das Geld mindestens so angelegt, dass es Zinsen erbringt, um einer Strafe zu entgehen. In Wahrheit war es Gleichgültigkeit und Ungehorsam des Knechts, der zu Folge hatte, dass er keinen Ertrag einbrachte. Der König lässt ihm das eine Pfund abnehmen und dem geben der bereits zehn hat. Die dabeistanden verstanden das nicht, denn jener hatte doch schon zehn, aber Jesus antwortet ihnen: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. Lk.19,26.

Anwendung

Jesus macht uns damit etwas ganz drastisch deutlich: Wir können uns nicht auf unserer Rettung ausruhen. Jesus erwartet, dass wir wirken bis er kommt. Jesus will uns an der Arbeit finden wenn er zurückkommt.

Wer ist nun dieser Knecht, der sein Pfund vergraben hat? Er ist einer der Jesus kennt, der um die Rettung weiss, der aber nicht bereit ist Opfer zu bringen. Es ist ein Gläubiger, der in einer gewissen Gleichgültigkeit seinen Tag so dahinlebt, wohl alle Veranstaltungen wie Bibelstunden, Gottesdienste usw. mitmacht, aber selbst nicht tätig ist in der Arbeit für den Herrn. Er kennt in seiner Gleichgültigkeit keine Furcht vor dem großen Tag der Rechenschaft. Bei dieser Gesinnung tut man so wenig als möglich. Man meint, Gott müsse zufrieden sein, wenn wir uns schlechter Handlungen enthalten und sein Evangelium durch unser Tun und Reden nicht schänden und die Gottesdienste besuchen. Der Knecht kommt noch so knapp davon. Er bleibt noch Knecht. Es ist zu vergleichen mit der Beschreibung des Paulus: Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. / Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, / so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird's klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. / Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. / Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch. 1.Kor.3,11-15.

Wie steht es mit Deinem Werk? Vielleicht möchte Jesus auch, dass Du Dich für die Mission oder für einen anderen Dienst bereitstellst und vorbereitest, dann tue es. Es lohnt sich!

IV. Das Gericht (27)

Nun fällt der König das Urteil über die Bürger, die ihn nicht anerkannten als König. Er bezeichnet sie als seine Feinde. Sie werden nicht in das Königreich aufgenommen, sondern sie werden hart bestraft. Wie es auch zur damaligen Zeit üblich war.

Evangelisation

Hast Du Jesus schon als Herrn und König anerkannt? Oder bist du der Meinung, Jesus sei einer von vielen Propheten Gottes? Jesus sagt deutlich: Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. / Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch in gerettet werde. / Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Joh.3,16-19.

Gerne helfe ich bei diesem Schritt, ein richtiger Knecht dieses Königs zu werden.

Schluss

Jesus macht deutlich, dass die Jünger eine Zeit der Bewährung vor sich haben. Das zurecht erwartete Königreich wird nicht so schnell anbrechen, wie sie gedacht hatten. Wir stehen immer noch in derselben Bewährungsprobe. Jesus hat uns ein Pfund anvertraut, das wir vermehren sollen. Wie steht es um dein Pfund? Vermehrt es sich in Deinem Leben oder hast Du es vergraben?

Ich wünschte, dass Jesus zu jedem von uns sagen kann, wenn er kommt: Recht so, du tüchtiger Knecht; weil du im Geringen treu gewesen bist, sollst du Macht haben über zehn Städte. Lk.19,17.

Amen

----------------------- [1]Jos.bell. II,2.ff.

[2]Jos.bell. II,6.1ff o. II, 80ff.