Wir haben gestern Abend bereits die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 gehört. Dabei haben wir über die Freude der Hirten gesprochen und darüber, worin diese begründet ist.
Heute Morgen möchte ich eine andere Stelle aus Lukas 2 herausgreifen und noch einmal die Botschaft des Engels auf dem Hirtenfeld vorlesen, und zwar Vers 10 und Vers 11:
„Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Jetzt kommt das Thema der Predigt: Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
Herr, mach uns dein Amt und deine Herrschaft ganz groß! Amen!
Die Bedeutung des Lesens und Verstehens des Evangeliums
Mir macht es immer Freude, liebe Gemeinde, zu beobachten, wie Kinder lesen lernen. Ich konnte das bei meinen eigenen Kindern ausgiebig verfolgen. Meine kleine Hanna ist gerade dabei, die letzten Worte lesen zu lernen. Dabei wandern ihre kleinen Finger über die Zeilen und bleiben so lange stehen, bis sie das Wort entziffert hat.
Das klappt inzwischen gut. Wörter wie „der“, „geht“, „auch“, „Roller“, „Auto“ und „Otto“ kann sie schon lesen. Bei anderen Wörtern bleibt der Finger aber noch hängen, und das Lesen gelingt noch nicht so richtig.
Ich sehe die Not im Verständnis des Evangeliums heute nicht – wie oft behauptet wird – darin, dass die Zeit und die Menschen das Evangelium entwerten und es deshalb so schwierig ist. Vielmehr sehe ich eine viel größere Not darin, dass wir Christen so schlecht lesen können. Wir entleeren die biblischen Begriffe, weil wir zu schnell darüber hinweglesen. Dabei folgen wir oft der Mode der Zeit, deuten alles hastig um und verstehen es nur sinnbildlich. Wir nehmen das Ganze so an, wie es in unseren Kopf passt.
Wir haben kaum Zeit, das Wort so zu verstehen, wie Gott es uns erklären möchte. Für die Hirten war es sicher eine Hilfe, dass in jener Nacht ein großer Lichtglanz das unterstrich. Er zeigte ihnen, dass Gott jetzt redet, dass es kein Menschenwort ist und nicht bloß irgendein Gesprächsbeitrag, sondern Gottes Proklamation: Christus, der Herr.
Heute wird viel mit modernen Begriffen gesprochen, um das Verständnis der Menschen zu erleichtern. Das hat längst auch in christlichen Gruppen und Kreisen Eingang gefunden. Man spricht vom Informationsdefizit und vom Kommunikationsmangel. Mit Feedback versucht man, das Verstehen zu verbessern. Das sind alles moderne Worte, die das Verstehen an dieser Stelle jedoch nicht wirklich fördern.
Denn das Verstehen kommt hier allein daher, dass ein Mensch wieder offen wird. Das wollen wir heute Morgen für uns erbitten: dass wir wieder offen werden für das, was uns heute Morgen Gott der Herr zu sagen hat.
Die zentrale Botschaft: Christus der Herr als Erkennungszeichen der Christen
Christus, der Herr – das war das Wort, das in jener Nacht den Hirten über dem Kind in der Krippe zugerufen wurde. Dieses Wort „Christus, der Herr“ wurde zum Kennzeichen der Christen selbst. Es war ihre Parole, an der sie sich gegenseitig erkannten.
Es stellt sich immer die Frage: Wer ist eigentlich Christ? Ist es derjenige, der die Lieder mitsingen kann? Oder ist es derjenige, der ein makelloses Leben führt? Wenn Letzteres der Fall wäre, dann wäre ich kein Christ.
Die ersten Christen sagten: Ein Christ ist derjenige, der diesen Satz aus Überzeugung nachsprechen kann – „Jesus ist der Christus und der Herr“. Der Apostel Paulus betonte, dass es gar keinen Menschen geben kann, der diesen Satz aus Überzeugung ausspricht, wenn nicht der Heilige Geist in ihm wirkt. Das ist ein Zeichen des neuen Lebens in ihm.
Das ist auch heute für uns wichtig, gerade in einer Zeit, in der das Evangelium von Jesus oft in eine rein menschliche Religion umgedeutet wird. Darum geht es: Das ist das Kennzeichen der Christen – Jesus, der Christus, der Sohn Gottes, der Herr!
Lassen Sie mich dazu, meiner Gewohnheit treu, drei Erläuterungen geben.
Christus als König des neuen Reiches
Er ist der König des neuen Reiches. Das Wort Christus hatte in Israel einen ganz bekannten Klang und war den Menschen geläufig. Denn Christus ist die griechische Übersetzung des hebräischen Königsnamens Messias. Mit diesem Wort bezeichnete man besonders den kommenden, den erwarteten König.
Dieser Brauch geht auf die Zeit Samuels zurück. Bei dem ersten und zweiten König Israels salbte er diese mit einem Horn, einem kleinen Gefäß mit Öl. Er zerbrach das Horn über dem Kopf desjenigen, der König werden sollte. Zuerst war das Saul, als Samuel ihn suchte, während er mit seinem Knecht unterwegs war. Samuel blieb stehen, nachdem sie den Knecht vorausgeschickt hatten, zerbrach das Horn über dem Kopf des jungen Mannes, salbte ihn, legte die Hand auf ihn und sagte: „Du bist der von Gott Gesalbte.“
So war es auch im Hause Isaia, als David, der Junge von der Viehweide, von Samuel gesalbt wurde. Das Wort „Gesalbter“ – im Hebräischen Messias – wurde in der griechischen Übersetzung zu Christus, dem Gesalbten Gottes.
Die große Not mit den Königen Israels ist das Thema der Königserzählungen im Alten Testament. Diese Könige zerbrachen an ihrer Aufgabe. Es ging nicht darum, ein prunkvolles Leben zu führen. Auffällig ist, dass der erste König Israels, Saul, kein Schloss hatte, sondern auf dem Bauernhof blieb und den Acker bearbeitete.
Wenn Gott Könige einsetzte, dann ging es ihm nicht darum, dass sie in der Welt repräsentieren. Sie konnten ihrem irdischen Beruf nachgehen. Der Plan war, dass sie in dieser Welt das Königreich Gottes aufrichten. In einer Welt, in der Lüge, Betrug und Gemeinheit herrschen, sollten sie die Willensgrundsätze Gottes durchsetzen. Das war den Königen wichtig.
Die Enttäuschung war, dass diese Könige anfällig für die Einflüsterungen des Teufels waren. Sie zerbrachen an ihrem Amt und wurden offen für Verführungen. Saul zerbrach daran. Samuel wandte sich von ihm ab. Saul wollte noch seinen Mantel halten, doch der Mantel zerriss. Samuel drehte sich um und sagte: „So hat Gott dir das Königtum weggenommen.“ Gott kann nicht durch Menschen wirken, die ungehorsam sind.
Wir kennen die Not Davids, dieses Königs, den Gott ausersehen hat, ein Mann nach dem Herzen Gottes zu sein. Doch auch David wird vor Gott schuldig, weil er seinen Willen nicht tut und ungehorsam ist. Aus den Psalmen kennen wir das Gebet, das später als Beichtgebet beim Abendmahl verwendet wird: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, gib mir einen neuen gewissen Geist.“ David betete so, weil er wusste, dass er Gottes Königreich in der Welt nur durchsetzen kann, wenn er selbst gehorsam ist. Doch er war es nicht.
Dann kam Salomo. Auch er bat flehentlich um ein gehorsames Herz. In der Nacht vor seiner Krönung gab Gott ihm diesen Wunsch frei. Er bat: „Gib deinem Knecht ein gehorsames Herz, ich will einer sein, der deinen Willen tut.“
Wir kennen die Tragik der Königsgeschichte, wie es bei den Söhnen Davids losging. Wie einer gegen den anderen stand, wie in der Familie Davids die ganze Bosheit ans Licht kam, wie dort Mord und Revolution herrschten. Es kam nicht dazu, dass diese Kinder Davids das Amt Gottes tragen konnten und im Gehorsam zu Gott standen.
Jetzt wird über dem Kind in der Krippe ausgerufen: „Der ist der Messias, der Erwartete, der Statthalter Gottes in dieser Welt, der das Reich des Königs in dieser Welt aufrichtet.“ Jesus legte keinen Königsprunk an den Tag. Doch wir wissen aus der Erzählung des Neuen Testaments, wie die Könige aufgeregt wurden. Herodes ließ den schrecklichen Kindermord in Bethlehem verüben, als er nur das Stichwort hörte, dass ihm ein Gegenspieler erwachsen könnte.
Die Herrschaft Jesu in der Welt und im Leben der Menschen
Das ist immer wieder die Frage, die heute diskutiert wird: Spielt das Evangelium auch in die politischen Bereiche dieser Welt hinein?
Liebe Freunde, natürlich spielt Jesus hinein – aber viel weiter, als wir oft denken. Nicht indem er schlechte Parteipolitik macht oder eine Kanzelverlautbarung verkünden lässt. Das wäre doch zu wenig. Vielmehr wirkt Jesus in die Welt hinein, weil er der wahre König über die ganze Welt ist.
Das beginnt mit seinem Kommen. Er ist der Gehorsame Gottes, der in dieser Welt das vollbringt. Nun kommt der entscheidende Punkt: Menschen werden aus der Macht, aus dem Machtbereich der Finsternis entrissen und zu gehorsamen Söhnen Gottes gemacht.
Dies war Jesu letztes und wichtigstes Ziel. Damit will er auch in unserem Leben zum Zug kommen – dass er unser Herz und unser Wesen so verwandelt, dass wir gehorsame Gottes werden.
So will Gott auch in die Bereiche dieser Welt hineinwirken. Durch gehorsame Menschen wirkt er in die Politik, durch gehorsame Menschen in die Wirtschaft. Durch gehorsame Menschen wirkt er in die Erziehungsgedanken und in die Pädagogik hinein, durch gehorsame Menschen in Forschung und Wissenschaft.
Durch gehorsame Menschen wirkt er in Nachbarschaft, Freundschaft und Familien. Er will ein Königreich aufrichten, er will König sein. Er ist der Messias Gottes in der großen, erwarteten Hoffnung, die er erfüllt. So bringt er dieses neue Reich.
Es geht nicht darum, dass wir an Weihnachten nur fromme Gedanken haben oder ein wenig über die Liebe träumen. Es geht darum, dass Jesus König unseres Lebens werden kann. Und es geht darum, dass durch unser Leben und durch unser Wirken ein Stück dieses Königreichs verwirklicht wird.
Wir stehen draußen in der Welt mit dieser Aufgabe: das Reich unseres Königs aufzurichten. Das war die Parole, die sich vor 120 Jahren junge Männer gegeben haben, als sie den CVJM in Paris gründeten – diese Pariser Basis. Sie wollten das Reich ihres Herrn und Meisters unter jungen Menschen ausbreiten.
Nicht bloß fromme Sprüche erzählen, sondern junge Menschen dahin bringen, dass sie den Willen dieses Königs tun und sich an Jesus gebunden wissen.
Die sichtbare und verborgene Herrschaft Jesu
Das Erste war also: Er ist der König des neuen Reiches. Er ist der Christus, der König dieses neuen Reiches, und er ist der Herr über die ganze Welt.
Kehren wir zurück zu dem Punkt, der uns schon gestern Abend beschäftigt hat: Wenn Jesus der Herr ist, warum sehen wir dann diese Herrschaft nicht? Dann sagt jemand: „Ach, weißt du, Jesus ist eben unsichtbar, und sein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Halt, das stimmt so nicht!
Jesus hat gesagt, sein Reich sei nicht von dieser Welt, es sei nicht nach der Machart dieser Welt. Er kopiert nicht unsere Demokratien, wenn er sein Reich darstellt. Aber sein Reich ist in dieser Welt, es hat schon begonnen, und wir sehen sehr viel von diesem Reich. Die Spuren des Herrschaftsamtes Jesu sehen wir heute. Es geschieht ja in unseren Tagen, wie Menschen frei werden. Wie Menschen in Liebe dienen. Das geschieht doch heute. Wie Menschen aus der Lüge heraustreten und Menschen der Wahrheit werden. Das geschieht heute, dass dieses Reich Jesu ausgebreitet wird.
In der Mission sehen wir es, und unter uns in der Diakonie und in der Evangelisation. Jesus hat zu Pilatus gesagt, es wäre ihm ein Leichtes, eine Legion von Engeln oder Legionen von Engeln vor unseren Augen sichtbar vorüberziehen zu lassen. Ich habe mir das schon oft gewünscht, auch vor den Augen unseres Zweifels, wenn Jesus uns nur für Sekunden einen Blick freigeben würde in sein machtvolles Reich, das uns umgibt in der unsichtbaren Welt – jetzt seine dienstbaren Boten, die Macht der Engel.
Wenn er das nicht tut, dann hat das seinen Grund. Jesus hat auch in seinem Erdenleben auf alle Macht und Majestät verzichtet, obwohl er der Herr ist. An ganz wenigen Punkten wurde das durchgeleuchtet. Es war dort, als er im Sturm dieses Wort sprach: „Schweig und verstumme!“ Diese Majestät zeigte sich, als die Jünger sagten: „Wer ist der?“ Oder bei den Wunderheilungen, bei der Totenauferweckung. Es waren ganz kurze Augenblicke, in denen diese Majestät Jesu sichtbar wurde. Die Evangelisten haben uns diese wichtigen Punkte notiert, damit wir uns daran halten können.
Im Übrigen hat Jesus das verborgen. Er hat sogar nicht erlaubt, dass man darüber spricht. Er sagte, man solle schweigen über seine Herrschaft und Majestät. Warum? Weil Jesus wusste, der Kampf wird an einer wichtigen Stelle geführt – dort, wo der Teufel die Welt in seiner Hand hält.
Es geht ja nicht darum, wie wir Autoritäten begründen, dass einer, der am lautesten schreit, meint, er hätte auch meistens zu sagen. Jesus begründet seine Autorität, und nicht jeder, der Armeen oder Soldaten marschieren lässt, hat Autorität. In unseren modernen Diktaturen genügt ein moderner Oberfeldwebel, um Diktator zu werden – durch einen Militärputsch.
Es geht doch nicht um diese Autoritäten unserer Welt. Jesus begründet seine Autorität nicht auf diese Weise. Worin begründet er seine Macht? Doch nicht auf Legionen von Engeln. Er hat seine Macht über die Welt begründet in seinem Dienst in der Liebe, indem er für diese Welt sich zu Tode geblutet hat.
Jesus hat diese Welt geliebt. Jesus ist jedem nachgelaufen. Er hat keinen Kranken vor dem Stadttor vergessen. Er hat kein Kind vergessen, obwohl die Jünger sie wegschieben wollten und sagten: „Für das Kleingemüse hat Jesus jetzt keine Zeit. Tut mal weg die Kinder, jetzt kommen die Erwachsenen her.“ Jesus hat die Kinder einbezogen. Jesus hat die Kranken gesehen.
Und Jesus hat die Enden der Welt gesehen, an die er seine Jünger als Boten des Evangeliums sandte, weil ihm die ganze Welt wichtig war. Sein gesamter Erlösungsauftrag umfasste die ganze Welt. In seiner Liebe hat er alle Menschen gesehen.
Wenn Jesus sein Herrschaftsamt als Autorität begründet, dann darin, dass er in der Liebe für alle Menschen geblutet hat.
Die Macht der Sünde und die Befreiung durch Jesus
In dieser Welt ist es nicht nur ein Spruch, dass der Teufel alles in der Hand hat. Es ist eine Erfahrung, die wir in unserem eigenen Leben machen, wenn wir mit guten Vorsätzen etwas Neues beginnen wollen. Dabei erkennen wir, wie tief wir in der Macht der Finsternis gefangen sind.
Im Bibeltraining verwenden wir gern das Bild eines großen Staudamms, um die Macht der Sünde zu veranschaulichen. So wie damals in Langerone, als ein Staudamm brach und die Fluten in das Tal stürzten und alles mitrissen, so war es auch in der Welt, als die ersten Menschen sündigten.
Dieser Staudamm, hinter dem Gott die ganze Flut der Verderbensmächte zurückgehalten hatte, brach über die Welt herein. Seitdem leiden wir unter all diesen Nöten. Wenn Jesus in dieser Welt seine neue Herrschaft aufrichtet, will er den Makel beseitigen, an dem das ganze Unheil durch die Sünde hereingebrochen ist. Dafür ist er gestorben.
Es kann nur dann etwas Neues in Ihrem Leben geschehen, wenn Jesus Ihnen die Sünden vergeben hat. Solange Sie mit unvergebenen Sünden durchs Leben gehen, wird der Teufel immer wieder anknüpfen und sagen: „Du gehörst mir doch, du bist doch der Alte.“ Erst wenn wir ihm das streitig machen und sagen: „Dafür ist Jesus gestorben, ich bin frei geworden. Nichts, nichts, nichts kann mich mehr anklagen“, gibt es keinen Platz und kein Tor mehr, durch das der Teufel einfallen kann.
Deshalb war Jesus das wichtig. Er hat seine Herrschaft begründet, indem er Menschen aus der Macht der Finsternis herauszog, sie vergab, freisprach und zu seinen Kindern machte. So konnte das neue Reich beginnen.
Jesus ist der Herr über die ganze Welt. Heute ist das verborgen, und die Spötter sehen es nicht. Auch die Zweifler erkennen es nicht, weil sie gar nicht merken, wo die Herrschaft Jesu heute anfängt.
Beginnen Sie doch an diesem konkreten Punkt: Sagen Sie, dass Sie Ihr unheiliges Leben und all die Dinge, die Sie immer vertuschen wollten, die Sie belasten und niederdrücken – auch aus längst vergangenen Zeiten – heute vor Jesus in sein Licht stellen. Dann bereinigen Sie diese Dinge bei ihm. So werden Sie frei, ganz frei. Dann steht nichts mehr zwischen ihm und Ihnen, und er kann in Ihrem Leben wirken.
Die Einzigartigkeit der Herrschaft Jesu und das Nein zu anderen Autoritäten
Nun das Dritte und Letzte: Er spricht anderen Autoritäten das Recht ab.
Ich wollte heute über das Wort "Christus, der Herr" predigen. Zuerst: Er ist der König eines neuen Reiches. Er ist der Herr über die ganze Welt. Und zuletzt spricht Er anderen Autoritäten jedes Recht ab.
Im Leben Jesu war es oft so, dass andere Autoritäten triumphierten. Was für eine Genugtuung war es für sie, als sie den geschändeten Leichnam Jesu vom Kreuz herunterholten, ihn zur Bestattung freigaben und die Freunde ihn in das Grab des Joseph von Arimathia legten. Die Jünger gingen nach Hause und sagten: „Jetzt ist alles aus. Wir hofften, er sollte Israel erlösen, und wir hofften, Jesus sei der Herr. Doch davon war nichts zu sehen.“
Am Weihnachtsmorgen waren die Hirten voller Freude: Jesus, der Herr! Haben diese Hirten bewusst miterlebt, wie Jesus seine Majestät verhüllt hat? Wie scheinbar in seinem Leben die Lüge triumphierte? Die Hirten waren nicht dabei, als am Karfreitag die Menge brüllte: „Weg mit diesem, kreuzigt ihn, kreuzigt ihn!“ Das kann doch gar nicht sein, wenn er der Herr ist. Doch kann es sein. Es kann sein.
Wir waren in dieser Woche tief getroffen, als uns die Nachricht erreichte, dass Dr. Biancato, den wir am 4. Januar zu einem Vortrag in der Stiftskirche eingeladen hatten, mit 39 Jahren an der ostafrikanischen Küste ertrunken ist. Dieser Mann, der so wichtig für die theologische Entwicklung Afrikas war, der einen großen Weitblick hatte und viele Initiativen begann. Alle sagen: Der Mann ist unersetzlich.
Warum ist Gott so ein schlechter Geschäftsmann? Warum verbirgt er seine Macht so? So ist die Herrschaft Jesu auch heute oft verborgen. Viele werden unruhig und sagen: „Ich sehe nichts von seiner Macht.“
Ich muss Ihnen sagen: Die Macht Jesu wurde am Ostermorgen sichtbar, als er den Tod zur Schau stellte und der Triumph da war. Er ist der Sieger! Wir leben heute immer wieder von diesen Wundern. Ich bin überzeugt, dass die Christen Afrikas, obwohl tief getroffen von diesem schweren Schlag, unter Tränen und in der Armut entdecken, dass er doch der Herr ist. Er demonstriert immer wieder neu seine Macht, gerade wenn wir keinen Ausweg mehr sehen.
Dieser Herr ist heute in der Welt immer wieder da. Gerade wenn wir sagen, die Lüge hat alles besiegt und alles ist verworren, dann ist er der Herr, der seine Macht durchsetzt.
Ich möchte Sie bitten: Werden Sie im Glauben an diesen Jesus ruhig, ganz ruhig. Wenn Sie nur diese Macht Jesu festhalten, wenn Sie nur von seiner Herrschaft wissen und ihm trauen – er ist der Sieger.
Er spricht allen anderen Autoritäten das Recht ab. Da stand Pilatus vor Jesus und lächelte: „Wer bist du denn?“ Und Jesus antwortete: „Ich bin ein König.“
Das muss man einer Gemeinde am Weihnachtsfest sagen: Lassen Sie sich nicht blenden vom Geschrei der Welt, von den Diktaturen heute, von Gerede und Zeitmeinungen. Das ist nur schlimm, wenn eine Gemeinde nicht mehr weiß, dass Jesus der Herr ist.
Das Wort „Herr“, das hier gebraucht wird, ist genau das Wort, das im Alten Testament für den lebendigen Gott steht: Adonai. Der Herr führte das Volk Israel aus Ägypten. Jesus ist die lebendige Gegenwart unseres Gottes. Er ist der Herr, der göttliche Herr.
Es gibt keine Schattierungen, keinen Unterschied zu dem Herrn, der die Welt geschaffen hat, zu dem Herrn, der das Volk Israel herausgeführt hat und es durch die Wüste leitete.
Für die ersten Christen war das eine große Not, als sie vor die Altäre geführt wurden und verlangt wurde, Weihrauchkörner vor dem Kaiserbild zu vergießen und zu sagen: „Oktavian“ oder wie er hieß, „Nero ist Kyrios.“ Dieses Wort Kyrios, genau das Wort, das hier steht, bedeutet Herr.
Sie sagten: „Nein, das kann ich nicht sagen.“ „Ach, sprich doch die paar Worte“, wurde gesagt. „Ich kann nicht“, sagten sie. Denn dieser Jesus erlaubt nicht, dass man sich vor anderen Autoritäten beugt.
Tausende Christen ließen sich lieber den Löwen vorwerfen oder zu Tode steinigen, als sich einmal vor anderen Autoritäten zu beugen.
Es kann einem weh tun, wie weit wir heute vom Glaubenszeugnis und Glaubensbekenntnis entfernt sind.
Ein Beispiel aus unserer Zeit: Als Helmut James Graf von Moltke vor dem Volksgerichtshof Freisler stand, rief er: „Woher nehmen Sie eigentlich Ihre Befehle? Vom Jenseits oder von Adolf Hitler?“ Die Antwort war klar: Es gibt einen Punkt, an dem man sich nicht mehr beugt.
Dieses Beispiel sollten Sie in Ihrem Leben geben, wenn Sie wissen: Er ist der Herr. Da brauchen Sie keine faulen Kompromisse.
Meinen Sie, Sie kämen damit weiter? Oder vielmehr, indem Sie sagen: Jesus, ich traue dir und weiß, dass du mein Leben in der Hand hast, die Dinge in dieser Welt und dein Reich.
Ein Leben ohne ihn, ohne den Herrn, ist leer, ganz leer.
Und das ist die Freude der Weihnachtsbotschaft: Sie bringt uns Jesus – nicht nur einen netten Menschen, sondern den Herrn Gott selbst.
Ich danke dir, du wahre Sonne, dass dein Glanz mir Licht gebracht hat. Amen.
Schlussgebet und Segenswunsch
Wir wollen beten.
Jesus Christus, du unser Herr, wir danken dir, dass deine Herrschaft über diese ganze Welt steht. Du hast deine Herrschaft angetreten, und alles wird sich einmal vor dir beugen und dich anbeten müssen.
Herr, vergib uns diese schwere Schuld, dass wir uns immer wieder vor irdischen Autoritäten beugen, die nur einen äußeren Anspruch haben und doch alle vergehen müssen. Vergib uns auch, dass wir der Macht der Finsternis Raum in unserem Leben geben.
Du willst unser Leben gestalten. Wir dürfen heute schon dein Boden sein und dein Königreich auf dieser Welt ausrichten, bis du wiederkommst.
Herr, erhalte uns in Treue und im Vertrauen auf dich, unter deiner Herrschaft. Wir bitten dich, wirke durch unser Leben Neues, wirke Taten der Liebe. Richte deine Herrschaft mitten unter uns auf und gebrauche auch unsere Gemeinde dazu.
Wehre alle falschen Einflüsse ab. Wir können uns nicht selbst wehren, sondern allein auf deine Macht bauen und dir vertrauen.
Wir bitten dich jetzt auch für alle, die ganz besonders angefochten sind und in Zweifeln leben, die fragen, wo du bist. Herr, mach ihnen deine verhüllte Herrschaft groß, damit sie erkennen, dass du an der wichtigsten Stelle deinen Sieg errungen hast.
So dürfen wir heute gewiss sein, dass wir deine Kinder sind. Es kann uns nichts mehr von dir trennen, wir sind bei dir.
Wir bitten dich für diese friedlose Welt mit all den Gewaltauseinandersetzungen, der Unterdrückung und dem Leiden. Lass Menschen dein frohmachendes Evangelium verstehen, damit sie dich, den wahren Herrn, erkennen und bei dir Frieden finden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.