
Und das Wort des Herrn geschah zu Jona, dem Sohn des Amittai: Mach dich auf, geh nach Ninive, der großen Stadt, und verkündige gegen sie, denn ihre Bosheit ist vor mich aufgestiegen.
Aber Jona machte sich auf, um nach Tarsis zu fliehen, weg vom Angesicht des Herrn. Er ging nach Jaffo hinab, fand ein Schiff, das nach Tarsis fuhr, gab den Fahrpreis dafür und stieg hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren.
Weg vom Angesicht des Herrn! Da warf der Herr einen gewaltigen Wind auf das Meer, und es entstand ein großer Sturm, so dass das Schiff zu zerbrechen drohte. Die Seeleute fürchteten sich und schrien um Hilfe, jeder zu seinem Gott. Sie warfen die Geräte, die im Schiff waren, ins Meer, um ihre schwierige Lage zu erleichtern.
Jona aber war in den untersten Schiffsraum hinabgestiegen, hatte sich hingelegt und schlief fest. Da trat der Kapitän an ihn heran und sagte zu ihm: „Was ist mit dir, du Schläfer? Steh auf, ruf deinen Gott an, vielleicht wird sich Gott auf uns besinnen, sodass wir nicht umkommen.“
Und sie sagte zu dem anderen: „Kommt, lasst uns Lose werfen, damit wir erkennen, um wessen Willen uns dieses Unglück trifft.“
Sie warfen Lose, und das Los fiel auf Jona. Da sagten sie zu ihm: „Teile uns doch mit, durch wessen Schuld dieses Unglück uns trifft. Was ist dein Beruf, und woher kommst du? Was ist dein Land, und von welchem Volk bist du?“
Er antwortete ihnen: „Ich bin ein Hebräer, und ich fürchte den Herrn, den Gott des Himmels, der das Meer und das trockene Land gemacht hat.“
Da fürchteten sich die Männer sehr und sagten zu ihm: „Was hast du da getan?“ Die Männer hatten nämlich erfahren, dass er vor dem Angesicht des Herrn auf der Flucht war, denn er hatte es ihnen mitgeteilt.
Sie fragten ihn weiter: „Was sollen wir mit dir tun, damit das Meer uns in Ruhe lässt?“ Denn das Meer wurde immer stürmischer.
Er sagte zu ihnen: „Nehmt mich und werft mich ins Meer, dann wird das Meer euch in Ruhe lassen. Denn ich habe erkannt, dass dieser große Sturm um meinetwillen über euch gekommen ist.“
Und die Männer ruderten mit aller Kraft, um das Schiff ans trockene Land zu bringen. Aber sie konnten es nicht, weil das Meer immer stürmischer gegen sie anstürmte. Da riefen sie zum Herrn und sagten: „Lass uns doch nicht umkommen um der Seele dieses Mannes willen, und bringe nicht unschuldiges Blut über uns. Denn du, Herr, hast getan, wie es dir gefallen hat.“
Sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da ließ das Meer ab von seinem Wüten, und die Männer fürchteten den Herrn mit großer Furcht. Sie brachten dem Herrn Schlachtopfer dar und gelobten ihm Gelübde.
Und der Herr bestellte einen großen Fisch, um Jona zu verschlingen. Jona war drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches.
Jona betete zum Herrn, seinem Gott, aus dem Bauch des Fisches und sprach:
„Ich rief aus meiner Bedrängnis zum Herrn, und er antwortete mir.
Aus dem Schoss des Sheol schrie ich um Hilfe, du hörtest meine Stimme.
Du hattest mich in die Tiefe geworfen, in das Herz der Meere, und Strömung umgab mich.
Alle deine Wogen und deine Wellen gingen über mich dahin.
Da sprach ich: Verstossen bin ich von deinen Augen hinweg, dennoch werde ich wieder hinblicken zu deinem heiligen Tempel.
Wasser umfing mich bis an die Seele, die Tiefe umschloss mich.
Seetang schlang sich um mein Haupt.
Zu den Gründen der Berge sank ich hinab, der Erderiegel war hinter mir auf ewig verschlossen.
Da führtest du mein Leben aus der Grube herauf, Herr, mein Gott!
Als meine Seele in mir verschmachtete, dachte ich an den Herrn, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel.
Die, die nichtige Götzen verehren, verlassen ihre Gnade.
Ich aber will dir Opfer bringen mit der Stimme des Lobes.
Was ich gelobt habe, werde ich erfüllen.
Bei dem Herrn ist Rettung!“
Und der Herr befahl dem Fisch, und der spie Jona auf das trockene Land aus.
Ja, das ist eine Geschichte, die zu den bekanntesten des Alten Testaments gehört. Vermutlich hat jeder dabei schon ein Bild vor Augen. Das Buch Jona ist relativ kurz, erzählt aber eine wesentliche Phase im Leben dieses Propheten.
Diese Geschichte wurde in der Vergangenheit der Christenheit immer wieder aufgegriffen. Erste Darstellungen der Geschichte von Jona finden sich bereits im zweiten und dritten Jahrhundert, zum Beispiel in den Katakomben. Dort wird Jona dargestellt, wie er unter einem Rizinusbaum sitzt und die Stimmung genießt. Christen im zweiten Jahrhundert sahen darin ein Bild für die Hoffnung auf die Ewigkeit. Jona geht es in dieser Darstellung richtig gut.
Später reflektierte man mehr und erkannte, dass dies eigentlich nur die Vorgeschichte war. Der Rizinusbaum geht ein, und Jona sitzt dann im Trockenen. Ab dem Zeitraum von 300 bis 400 n. Chr. wurde dies häufig dargestellt. Der Prophet Jona wurde dann mehr als hartherziger Mann gezeigt, und die Szene sollte ein Zeichen des Gerichts sein.
Ab dem Mittelalter finden wir zahlreiche Bilder, wenn man in Museen geht oder in Büchern nachschlägt. Jona wurde immer zusammen mit dem Fisch dargestellt – einem riesengroßen Fisch. Entweder spuckt er Jona gerade aus, oder Jona fällt in den Mund dieses großen Fisches hinein.
Die Geschichte des untreuen Propheten, der nicht dorthin geht, wohin er gesandt wurde, der ins Meer geworfen und von einem Fisch verschluckt wird, und der schließlich doch in Ninive predigt und die Menschen zur Umkehr bewegt, hat schon immer fasziniert. Das gilt nicht nur für Christen in christlichen Kirchen, sondern auch für das Judentum und den Islam.
Interessanterweise taucht Jona im Judentum relativ häufig auf. Im Judentum gibt es eine Art Liturgie, in der festgelegt wird, welcher Text aus dem Alten Testament zu welchen Zeiten gelesen wird. Die Geschichte von Jona wird normalerweise am Jom Kippur in den Synagogen gelesen. Jom Kippur ist ein Tag der Buße, der Umkehr und des Bittens um Vergebung bei Gott.
An diesem Tag steht besonders der Aspekt im Vordergrund, dass die Menschen in Ninive nach der Predigt Jona Buße getan und sich umgekehrt haben – obwohl sie keine Juden, sondern Heiden waren. Dieser Gedanke ist im Judentum stark verankert.
Jona ist auch eine der wenigen Personen des Alten Testaments, die im Islam aufgegriffen wird. Allerdings werden einige Details der Geschichte leicht verändert, weil sie nicht ganz zu Mohammeds Vorstellungen passten. Er setzte neue Akzente und band die Geschichte in sein eigenes Leben ein. Darauf müssen wir hier nicht näher eingehen.
Jona, beziehungsweise die Geschichte von Jona, ist also überall präsent.
Wenn wir in der Bibel an anderen Stellen nach Jona suchen, dann kommen wir sehr schnell ans Ende, denn er taucht nur an einer einzigen weiteren Stelle im Alten Testament auf, und das ist in 2. Könige 14. Dort wird er noch einmal erwähnt. Es wird gesagt, dass er geboren wurde, auch wo er geboren wurde – in Gad Hefer – und dass sein Vater Amitei hieß. Das hatten wir gerade noch einmal gelesen, wobei wir von diesem Amitei relativ wenig wissen.
Dieses Gad Hefer, das im zweiten Buch Könige erwähnt wird, liegt in Galiläa, und zwar in der Nähe von Nazareth. Wobei es Nazareth damals noch gar nicht gab, denn Nazareth entstand erst kurz vor der Zeit des Neuen Testaments, die Stadt, in der Jesus aufgewachsen ist. Aber dieses kleine Dorf gab es schon. Daher stammte Jona, und er wuchs im sogenannten Nordreich auf, etwa um das Jahr 750 vor Christus.
Zu diesem Zeitpunkt gab es die Unterscheidung zwischen Nordreich und Südreich. Im Nordreich waren die Leute nicht mehr so fromm. Sie hatten zum Teil eigene Altäre aufgebaut und dienten nicht mehr Gott. Jona weist darauf hin. Er verheißt aber auch, dass Gott das Land noch einmal segnet und dass es eine große Ausdehnung bekommt. Das passiert dann auch.
Dazwischen liegt sein Auftrag, der ganz ausführlich im Buch Jona beschrieben wird. Das ist vermutlich nur ein Ausschnitt aus seinem gesamten Wirken, seinem gesamten Auftreten. Den Rest wissen wir nicht so genau. Das hat auch dazu geführt, dass bis heute an verschiedenen Stellen an Jona erinnert wird.
So war ich zum Beispiel auf einer Studienreise in Israel, die ich selbst geleitet habe. Da dachte ich, schauen wir uns mal etwas Originelles an, nämlich das Grab von Jona. Das ist etwas Spezielles, wenn man es sehen möchte. Allerdings gibt es heute noch drei Stellen, an denen Jona beerdigt sein soll. Da die anderen mir zu weit entfernt waren, habe ich eine gewählt, die in Safed liegt.
Safed ist eine heilige Stadt im Judentum, im mystischen Judentum, in Galiläa. Dort gibt es auch den Har Jonah, also den Berg Jonas, der nach ihm benannt ist. Am Rand der Stadt sieht man tatsächlich ein kleines Denkmal, ein Gebäude, direkt daneben auch noch eine Moschee. Das erinnert an Jona, und dort soll er beerdigt sein.
Historisch gibt es gewisse Zweifel, denn wir lesen nichts darüber in der Bibel. Wir wissen auch nicht, wo er genau beerdigt war. Das hat sich alles erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt.
Das bekannteste Grabmal für Jona ist in Mossul. Dort hat es bis 2014 bestanden. Dann haben die IS-Kämpfer es zerstört, weil sie alle Gebäude sprengten. Mossul spielt insofern eine Rolle, als dass dort früher die Stadt Ninive stand.
Mossul liegt heute im Irak, und dort leben auch heute noch relativ viele orthodoxe Christen. Diese Stadt war das antike Ninive. Die Geschichte erzählt uns auch etwas über Ninive, das wir aus dem Gesamtzusammenhang des Alten Testaments kennen.
Ninive war eine der beiden Hauptstädte des assyrischen Reiches. Wer sich intensiver damit auseinandersetzt, weiß, dass es einmal die Stadt Assur gab, nach der Assyrien benannt ist, und dann Ninive. Beide waren wichtige Städte und Königsresidenzen.
Hier wird uns insbesondere Ninive als Hauptstadt von Assyrien vor Augen gestellt. Assyrien war zu Beginn des achten Jahrhunderts vor Christus eine aufsteigende Macht, die sich zur Weltmacht entwickelte. Das wissen wir auch: Erst waren die Assyrer an der Macht, danach die Neubabylonier und dann die Perser. Daniel spielt in dieser Zeit auch eine Rolle.
Zunächst aber waren es die Assyrer, die die Macht im Nahen Osten innehatten. Sie bauten ein Weltreich auf, eroberten alle Völker im Norden, Süden, Osten und Westen. Die Assyrer waren damals bekannt als militärische Spitzenmacht mit der besten Bewaffnung der damaligen Zeit.
Die Bogenschützen der Assyrer waren berühmt, ebenso die Lanzenträger. Die Armee war sehr diszipliniert, aber auch für ihre Brutalität und Rücksichtslosigkeit bekannt. Es gibt einige Könige, von denen man in Ninive Steintafeln ausgegraben hat, auf denen sie sich selbst beschreiben.
Einer davon war Asurbanipal. Sein Name leitet sich von Asur ab, dem Gott Assyriens. Er rühmt sich auf diesen Tafeln seiner Taten. Mancher Politiker würde das heute vielleicht auch gerne tun, aber nicht so offen. Damals war man nicht christlich geprägt und hatte keine Probleme damit.
Asurbanipal schreibt, er sei ein rücksichtsloser Kämpfer gewesen. Er berichtet, dass er eine Stadt erobert und allen Männern die Hände und Füße abgehackt habe. Heute würde man das als Kriegsverbrechen bezeichnen, damals interessierte das niemanden. Das war ein Heldentum.
Diese Brutalität führte dazu, dass viele sich ergaben, sobald die assyrische Armee kam, weil sie von den Schrecken gehört hatten. Asurbanipal berichtet auch, dass er seinen Feinden bei lebendigem Leib die Haut abgezogen habe.
Das sollten wir uns vor Augen halten, wenn wir verstehen wollen, warum Gott Jona nach Ninive schickt. Das waren keine menschenfreundlichen Leute. Manche heute haben viel Mitgefühl mit denen, über die Gott sein Gericht ausspricht, und sagen, Gott sei ungerecht. Doch Gott hat viel Gnade, aber diese Menschen waren aus unserer Sicht ziemlich brutal.
Sie waren mächtig, stark und rücksichtslos. Nach und nach eroberten sie alles. Zu der Zeit, als Jona auftrat, war das noch nicht ganz absehbar, aber Assyrien eroberte 722 v. Chr. das Nordreich Israel und zerstörte es.
Sie hatten eine Technik, die Kultur der Länder zu zerstören und zu assimilieren. Deshalb lesen wir im Alten Testament, dass die assyrischen Heere die jüdische Bevölkerung deportierten und mit der einheimischen Bevölkerung vermischten. Sie siedelten Assyrer im Nordreich an, sodass niemand mehr genau wusste, wo die zehn verlorenen Stämme Israels geblieben sind.
Bis heute gibt es viele Spekulationen darüber, wo diese zehn verlorenen Stämme sind. Je nach Jahrzehnt behaupten verschiedene Völkerschaften, sie seien die verlorenen Stämme. So meldeten sich Gruppen aus Afrika und Indien, die jüdische Bräuche haben und sagen, sie seien die verlorenen Stämme.
Ich hatte auch ab und zu Kontakt mit Sintis, die den Eindruck haben, sie seien die zehn verlorenen Stämme, weil sie ähnliche Reinheitsgebote haben. Im 19. Jahrhundert behaupteten die Engländer, sie seien die verlorenen Stämme, und deshalb sei das britische Empire so gesegnet. Das ist allerdings eher aus der Luft gegriffen.
Bei den Mormonen wird behauptet, die Indianer Nordamerikas seien die zehn verlorenen Stämme. Es gibt also viele Theorien, aber am Ende wissen wir es nicht genau.
Durch die Assimilierungspolitik der Assyrer haben sich die verlorenen Stämme mehr oder weniger aufgelöst. Heute sprechen wir nicht mehr so stark von Israel, sondern von Juden, weil der Schwerpunkt von Israel damals das Südreich Juda war. Nach Juda werden alle Israeliten bis heute als Juden bezeichnet.
Das kam aber erst nach Jona. Als Jona auftrat, waren die Assyrer gerade dabei, durch ihre grausame Eroberungspolitik ihre Macht immer weiter auszudehnen. Von Israel aus gesehen lag Assyrien nordöstlich. Es war ein feindliches Land, vor dem man im Nordreich Angst hatte, weil die Assyrer mächtig und brutal waren.
Das ist möglicherweise einer der Gründe, warum Jona nicht sehr motiviert war, nach Ninive zu gehen und dort zu predigen. Aus jüdischer Sicht waren das Heiden, mit denen man nicht viel zu tun haben wollte. Sie waren grausam, und man dachte, ihnen geschehe es recht, wenn sie eine Strafe von Gott bekamen.
Jetzt wissen wir ungefähr, wie das politische Umfeld war: eine aufsteigende Großmacht Assyrien, brutal und rücksichtslos, die Israel bedrohte. Auch wenn es noch einige Jahre dauerte, bis sie Israel eroberten und das Nordreich zerstörten, sprach Gott bereits Gericht über die Assyrer aus, und dafür sollte Jona losziehen.
Jona, ein von Gott berufener Prophet, der offenbar schon vorher bekannt war, lebt in Galiläa. Nun bekommt er von Gott den Auftrag: „Zieh los, predige den Assyrern!“ Doch bald merkt man, dass er keine Lust dazu hat. Stattdessen tut er etwas anderes.
Die Geschichte beschreibt das sehr eindrücklich: Er geht ans Mittelmeer, und zwar nach Jaffa oder Joppe, wie der Ort auch genannt wird. Dieser Hafen wird in der Bibel mehrfach erwähnt, unter anderem auch im Zusammenhang mit Petrus. Einige erinnern sich vielleicht an die Geschichte, in der Petrus nach Joppe kommt, dort eine Vision hat – das Tuch mit den Tieren, das vom Himmel heruntergelassen wird – und später zu Cornelius nach Caesarea am Meer gehen soll. Das ist genau an dieser Stelle.
Bis heute erinnert man sich daran, dass von diesem Hafen aus Jona in See gestochen ist. Jaffa ist einer der ältesten Orte in Israel. Direkt daneben, etwas weiter nördlich, liegt heute die Millionenstadt Tel Aviv. Diese Stadt ist jedoch erst im 20. Jahrhundert entstanden und somit relativ neu.
Etwas südlich von Tel Aviv gibt es noch einen kleinen Ort, der heute überwiegend arabisch geprägt ist. Dort findet man zum Beispiel ein großes Denkmal, das an Jona erinnert. Es sieht aus wie ein großer Walfisch mit einem Springbrunnen. Außerdem wurden dort Überreste einer uralten Kirche aus früheren Jahrhunderten ausgegraben, die ebenfalls an Jona erinnern.
So ist Jona bis heute lebendig in Erinnerung geblieben. Es ist spannend, sich an diesen Ort zu stellen und sich vorzustellen: „Hier vor dreitausend Jahren war Jona, und von hier aus ist er in See gestochen.“ Damals war das Schifffahren, wie wir an der Geschichte sehen, deutlich abenteuerlicher als heute.
Stellt euch vor, ihr seid mal auf See gewesen und habt stürmisches Wetter erlebt. Die meisten modernen Schiffe, besonders Kreuzfahrtschiffe, haben Stabilisatoren, sodass man kaum etwas von den Bewegungen des Meeres merkt. Bei älteren Schiffen spürt man die Bewegung deutlich, und nicht jeder verträgt das gut – manche übergeben sich sogar.
Damals waren die Schiffe viel kleiner. Jona sucht sich ein Schiff, bezahlt die Passage und will nach Tarsis fahren. Wenn man im Alten Testament weiterliest, etwa bei Salomo, fällt auf, dass der Begriff Tarsis mehrfach vorkommt. Für die meisten Juden war Tarsis das Symbol für das Ende der Welt – das Ende der Welt in Richtung Westen.
Tarsis wurde gut lokalisiert: Es liegt weiter westlich, jenseits der Meerenge von Gibraltar, im heutigen Spanien. Dieser Hafenort war vor allem durch die dort betriebenen Minen bekannt, insbesondere Silberminen. Deshalb wird bei Salomo erwähnt, dass Reichtümer aus Tarsis, vor allem Silber und teilweise Gold, nach Israel gebracht wurden.
Um dorthin zu gelangen, musste man das gesamte Mittelmeer durchqueren. Im Alten Testament liest man, dass eine solche Reise im Durchschnitt drei Jahre dauerte. Das lag auch daran, dass man bei stürmischen Zeiten, meist im Herbst, im Hafen blieb und erst im nächsten Frühjahr weiterfuhr. Paulus erzählt von seiner Schiffsreise Ähnliches. Man fuhr also nicht durchgehend, sondern die Reise war langwierig und aufwendig.
Tarsis lag am westlichen Ende der damals bekannten Welt. Man ging durch das gesamte Mittelmeer, durch die Meerenge von Gibraltar, entlang der spanischen Küste und dann etwas nördlich davon lag die Stadt Tarsis.
Jona wollte dort vermutlich keinen Silber kaufen – nichts deutet darauf hin. Er wollte einfach möglichst weit weg von Israel sein. Und irgendwie auch möglichst weit weg von Gott und dem Auftrag, den Gott ihm gegeben hatte.
Während er unterwegs ist, bricht plötzlich ein starker Sturm über ihn herein.
Wenn wir das dann durchlesen, wird derjenige, der schon einmal bei einem Sturm auf dem Meer war, das ein wenig nachvollziehen können. Wir haben ja auch andere Berichte von Stürmen in der Bibel. Schnell spüren die Leute in solchen Situationen, dass es ernst wird: „Wir werden umkommen, wir werden hier sterben.“ Das Meer hat eine ungemeine Macht. Als kleiner Mensch kannst du dagegen kaum etwas ausrichten. Das gilt selbst heute bei riesengroßen Schiffen. Wenn das Meer richtig stürmt, bist du ziemlich machtlos.
Genau so geht es den Menschen in der Geschichte. Was machen sie? Sie versuchen, das Schiff zu erleichtern, werfen alle möglichen Sachen über Bord, damit nicht zu viel Wasser reinschwappt. Doch all das hilft nicht. An dieser Stelle sollten wir einen Moment innehalten. Das sollte bei uns etwas auslösen, und zwar in Bezug auf unser Verständnis der Natur.
Wir leben heute in einer Zeit, in der viele Menschen natursensibilisiert sind. Das ist eigentlich eine schöne Sache, denn die Natur spiegelt uns etwas von der Herrlichkeit Gottes wider. Das lesen wir im Alten Testament im Schöpfungsbericht, wir lesen es in den Psalmen, und auch im Neuen Testament, gerade im Römerbrief. Dort heißt es, dass alle Menschen wissen, dass es einen Gott gibt, weil sie das an der Natur sehen.
Wer ehrlich in die Natur schaut, muss erkennen, dass ein intelligenter Schöpfer dahintersteht. Heute sind viele Menschen offen für Natur, manchmal allerdings wird die Natur auch idealisiert. Es wird gesagt, die Natur sei perfekt, alles super, alles toll. Die Natur wird als eine ganz heilige Angelegenheit angesehen. Dabei verlieren viele Menschen – und auch wir als Christen, wenn wir das so sehen – die biblische Perspektive.
Wir müssen klar sagen: So lieb und nett die Natur manchmal scheint, wenn du einen schönen Waldspaziergang machst, eine bunte Blumenwiese siehst oder ein paar kuschelige Tiere, so schön die Natur auch erscheint – als Christen sollten wir nie vergessen, dass diese Natur eine gefallene Natur ist. Eine pervertierte Natur, in der Leiden und Defizite dominieren.
Das lesen wir auch im Neuen Testament: Die ganze Kreatur seufzt und ächzt und sehnt sich nach der Stunde, in der die Kinder Gottes offenbart werden. Das sollten wir nicht vergessen, besonders wenn wir mit Menschen zu tun haben oder konfrontiert werden, die die Natur zu sehr idealisieren, als ob alles perfekt wäre.
Ich habe auch Leute getroffen, die sagen, die Natur wäre besser ohne den Menschen. Der Mensch sei wie ein Parasit auf der Erde. Wenn die Menschen alle weg wären, dann ginge es der Natur richtig gut. Aus biblischer und biologischer Perspektive ist das jedoch falsch. Tiere sind untereinander auch grausam. Es interessiert sie nicht, ob sie Leid verursachen.
Meint ihr, ein Löwe hat viel Mitleid mit der Gazelle, die er auffrisst? Nein, gar nicht. Oder denkt ihr, die Malariamücke hat Skrupel, dich zu stechen, auch wenn du an Malaria stirbst? In der Natur gibt es kein Mitgefühl. Der Stärkere setzt sich durch. Der Borkenkäfer zum Beispiel überlegt nicht, ob er die armen Fichten fressen soll, die sterben. Nein, er frisst sich tot, und wenn alles abgefressen ist, stirbt er selbst.
Die Natur ist nicht an sich intelligent, sie ist auch nicht an sich gut. Es sind nur Reste der Herrlichkeit Gottes, die wir darin sehen. Genau das wird in der Beschreibung des Sturmes deutlich. Interessant ist, dass die Menschen in diesem Moment nicht darüber nachdenken, ob der Sturm vielleicht durch die Klimaerwärmung verursacht wird. Für sie ist klar – und das zeigt auch das Alte Testament – dass am Ende nicht wir die Herren der Schöpfung sind und auch nicht die Herren des Klimas, sondern Gott ist der Herr des Klimas.
Das heißt nicht, dass der Mensch das Klima nicht beeinflusst. Natürlich tun wir das. Aber das Alte Testament lässt keinen Zweifel daran, dass Gott am Ende das letzte Wort hat. Das lesen wir immer wieder, zum Beispiel beim Propheten Elija. Gott schickt eine langanhaltende Trockenheit, weil er es so will. Oder als Josef nach Ägypten kommt, wird im Traum von sieben fetten Jahren und sieben Jahren Trockenheit gesprochen. Das liegt nicht daran, dass der Mensch das bewirkt hat, sondern weil Gott es so bestimmt hat.
Diese Perspektive sollten wir als Christen gegenüber unseren Nachbarn und Freunden nicht vergessen, die sich Sorgen um die Natur machen. Wir sollten nicht meinen, unser Handeln würde den entscheidenden Ausschlag geben. Natürlich sind wir verantwortlich, auch dafür, ordentlich mit der Natur umzugehen. Aber in dieser Geschichte denken die Menschen auf dem Meer zuerst ganz klar: Das, was hier passiert, muss von Gott kommen.
Dieser Sturm ist nicht normal. Im Mittelmeer gibt es das zu dieser Zeit nicht. Deshalb fangen alle an zu beten. Und diese Perspektive ist biblisch gesehen gar nicht falsch. Sie haben den richtigen Punkt getroffen. Hinterher wird klar: Es war Gott, der diesen Sturm gemacht hat. Es ging nicht darum, menschliche Mittel zu ergreifen. Sie werfen Sachen über Bord, rudern kräftig, um ans Ufer zu kommen. Doch alles ist aussichtslos. An dieser Stelle war Gott am Werk.
Das ist auch eine gute Perspektive für uns: Wenn wir in die Natur schauen und merken, dass wir tun, was wir können, wissen wir doch, dass am Ende Gott derjenige ist, der die entscheidenden Worte spricht und die Macht hat. Natur betrifft ökologische Fragen, aber auch Krankheiten. Krankheiten entstehen durch Zellen, die mutieren, durch Viren und Bakterien. Wir können tun, was wir können, aber am Ende hat Gott die Sache in der Hand.
Das wissen diese Leute auch, obwohl sie scheinbar Heiden sind. Die Frage ist: Welchen Gott hast du? Diese Menschen waren keine Juden oder Israeliten, sondern gehörten anderen Völkern an. Doch sie wissen, dass Gott dahintersteht, und deshalb müssen sie beten.
In gewisser Weise sind diese Leute ein Vorbild für unsere gegenwärtige Gesellschaft. Sie wirken ein bisschen postmodern-esoterisch. Postmoderne Esoterik bedeutet oft eine Patchwork-Religiosität: Religion ist gut, es gibt Kräfte, Energien und Götter, und man verehrt einfach die, die einem weiterhelfen. Welcher Gott wahr ist, spielt keine große Rolle. Auf dem Schiff beten sie also zu verschiedenen Göttern, Hauptsache, es hilft.
So pragmatisch gehen heute viele Menschen mit Religion um: Sie probieren alles aus. Wenn das nichts bringt, probieren sie etwas anderes. Und als das alles nicht hilft, kommt der Kapitän zu Jona. Da stellt sich die Frage: Warum schläft der Mann unten im Schiff? Wenn man auf einem Schiff ist, das kurz vorm Untergehen ist und schaukelt, wie gut schläft man da? Viele schlafen selbst in ihrem eigenen Bett nicht gut, wenn alles ruhig ist. Doch Jona schläft.
Das erinnert an Jesus, der auf dem See Genezareth bei einem Sturm schläft und von den Jüngern geweckt wird. Warum Jona schläft, wissen wir nicht genau. Doch als die anderen sagen, sie haben schon alle Götter angerufen, soll er auch zu seinem Gott beten. Er tut es, aber es geschieht nichts.
Dann sagen sie, dass alles nichts gebracht hat. Dieses postmoderne Ausprobieren, Beten zu allem Möglichen, spiegelt sich hier wider. Man weiß, es gibt Gott, aber nicht, welcher Gott es ist. Das sollten wir Christen wissen und nicht so vorgehen wie die Leute im Boot – nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.
Manche Christen neigen auch dazu, im Krankheitsfall zu sagen: „Ich habe mit Gott probiert, aber ich werde nicht gesund, also probiere ich etwas anderes.“ Dann wird auf Esoterik gesetzt, auf Energieheilung oder Ähnliches. Das ist aus christlicher Sicht problematisch. Als Christen glauben wir nicht an diese Option: Hauptsache gesund oder erfolgreich.
Vielmehr wissen wir, dass Gott etwas anderes bewirken will. Nicht wir bestimmen das Ergebnis, sondern Gott. Wir können ihn durch Zeremonien, Opfer oder Versprechungen nicht zwingen, zu tun, was wir wollen. Wenn Gott entscheidet, dich nicht gesund zu machen, ist es manchmal besser, das zu akzeptieren, auch wenn es schwerfällt, als zweifelhafte Wege zu suchen, die vielleicht Erfolg versprechen. Die Leute auf dem Boot handeln so, weil sie es nicht besser wissen. Als Christen sollten wir es besser wissen.
Wir wissen, dass es nur einen Gott gibt. Die anderen Götzen sind nicht existent, sondern dahinter verbirgt sich der Teufel, der Einfluss auf die Menschen nehmen will.
Dann machen die Leute auf dem Schiff noch etwas Interessantes, was man nicht empfehlen sollte, das aber hier erfolgreich ist – und Gott nutzt es auch: Sie werfen das Los. Sie wollen herausfinden, wer schuld ist. Es ist ihnen klar, dass sie alle Götter angerufen haben, Jona auch seinen Gott, aber nichts geschieht. Also muss jemand von ihnen schuld sein.
Sie werfen das Los, und es trifft Jona. Er weiß sofort, dass er falsch gehandelt hat. Warum das Unwetter aufhört, wenn er ins Meer geworfen wird, sagt die Geschichte nicht. Entweder ist es eine Vermutung: Gott ist zornig über mich, ich opfere mich, dann ist Gott wieder friedlich. Wahrscheinlicher ist, dass Jona als Prophet Gottes genau wusste, was zu tun ist.
Er sagt nicht, bringt mich um, sondern: Werft mich ins Meer. Die Seeleute zögern erst, was sympathisch ist. Sie sind nicht gläubig, aber menschlich sympathisch. Sie werfen wertvolle Sachen über Bord, um Jona das Leben zu retten, rudern noch einmal kräftig, weil sie rechnen, dass Jona sterben wird, wenn er ins Meer geworfen wird.
Auf dem Mittelmeer hat niemand eine Chance, wenn er ins Wasser fällt – erst recht nicht im Sturm. Deshalb beten sie zu Gott, er möge ihnen nicht die Schuld an Jona’s Tod anrechnen. Schließlich werfen sie ihn ins Meer. Und dann sind sie erstaunt: Der Sturm hört schnell auf, das Mittelmeer wird spiegelglatt, sie können weiterfahren. Doch Jona ist weg. Niemand sieht ihn mehr.
Was Jona gedacht hat, wissen wir nicht genau. Er rechnet wohl damit, zu sterben. Die Leute im Boot merken das nicht, Jona schon. Dann kommt der große Fisch, der Jona verschluckt. Viele Bibelleser, auch Professoren, reagieren an dieser Stelle skeptisch oder schmunzeln und sagen, das sei ein Märchen. Ein Mensch, der von einem Fisch verschluckt wird und überlebt, sei unmöglich.
Im Text wird die Fischgattung nicht genannt. Manche Übersetzer sagen Walfisch, aber es steht nur „großer Fisch“. Vielleicht hat Gott einen speziellen Fisch geschaffen, um Jona zu transportieren. Er war jedenfalls groß genug, um einen Menschen aufzunehmen.
Professor Wilder-Smith, ein Wissenschaftler mit mehreren Doktortiteln, hat vor Jahren historische Berichte untersucht und veröffentlicht. Darin wird von Menschen berichtet, die in den letzten zweihundert, dreihundert Jahren von großen Fischen, meist Walfischen, verschluckt und später lebend gerettet wurden. Das passierte häufig bei Walfängern, wenn jemand über Bord fiel.
Diese Berichte sind real, allerdings hatten viele Betroffene psychische Schäden. Man kann sich vorstellen, wie es ist, in einem Fischmagen zu sein, umgeben von Dämpfen und Dunkelheit. Jona hält dort drei Tage aus, ohne verrückt zu werden – nur mit Gottes Kraft.
Wir wissen nicht, wie Jona sich gefühlt hat. Er verbringt drei Tage und Nächte im Bauch des Fisches. Er beschwert sich nicht, sondern betet und dankt Gott, dass er ihn am Leben lässt und versorgt. Obwohl er nicht weiß, wie es weitergeht, hat er eine positive Perspektive. Das Normale wäre, im Magen verdaut zu werden, was sicher unangenehm ist. Es ist stockdunkel, und er weiß nicht, was passiert. Das muss beängstigend gewesen sein.
Doch ihm ist klar: Gott hat ihn nicht gleich sterben lassen. Wahrscheinlich hat Gott noch etwas mit ihm vor. So geschieht es auch: Jona erhält einen neuen Auftrag und führt ihn aus.
Im Koran wird diese Geschichte etwas anders erzählt. Dort tut Jona im Bauch des Fisches Buße und sagt, er sei ein sündiger Mensch und glaube an Allah. In der Bibel ist das anders: Jona lobt Gott, dass er ihn am Leben lässt und versorgt, selbst in der Notlage.
Das kann auch für uns tröstlich sein. Manchmal sind wir in Notlagen – gesundheitlich, emotional, familiär, beruflich – und wissen nicht, wie es weitergeht. Wir beschweren uns vielleicht, klagen, aber dann können wir anfangen zu wissen: Ich bin in Gottes Hand. Egal, was passiert, Gott hat es in der Hand. Der Gott, an den ich glaube, ist gut. Selbst wenn es schmerzhaft ist, ist es gut.
Das ist eine schwere Sache. Ich selbst hatte das ein paar Mal erlebt: Krebs, lange Krankenhausaufenthalte, Operationen, Chemotherapie – eine schwere Zeit. Oder seit anderthalb Jahren eine große Einschränkung beim Sehen, ebenfalls eine schwere Sache. Dabei nicht stehen zu bleiben, sich zu beschweren und zu hoffen, dass ein Wunder passiert, sondern wie Jona zu sagen: Gott, du hast die Sache in der Hand. Ich weiß nicht, wie es weitergeht, aber du bist gut, groß und mächtig, auch wenn ich das Ende nicht kenne.
Gott hat einen Plan. Der Fisch spuckt Jona wieder aus, und Jona geht auf die Reise nach Ninive, um zu predigen. Seine Botschaft ist erfolgreich. Die Bewohner von Ninive kehren um, tun Buße und glauben an den Gott, den sie bisher kaum kannten. Sie erhalten eine Gnadenfrist.
Das war ungefähr 750 v. Chr. Es dauert noch zwei Generationen, bis Ninive durch die Babylonier vernichtet wird. Dann kommt das Gericht Gottes endgültig. Bis dahin aber gibt es für die Heiden ein Angebot.
Übrigens wird Jona im Neuen Testament in den Evangelien dreimal im Zusammenhang mit Jesus erwähnt. Auffällig ist, dass gerade diese drei Stellen besonders bekannt sind. Wahrscheinlich kennt ihr die Geschichte, in der Jesus sich selbst mit Jona vergleicht. Die Leute fordern von Jesus ein Wunder, worauf er antwortet: „Ihr werdet kein anderes Wunder sehen als das Wunder des Jona.“ Er sagt, er werde drei Tage und Nächte im Bauch der Erde sein, ähnlich wie Jona drei Tage im Bauch des Fisches war, bevor er wieder herauskam.
Bei Jona war es so, dass er zwar nicht gestorben ist, aber wie vom Erdboden verschluckt schien. Alle rechneten mit seinem Tod, wahrscheinlich auch er selbst. Als er dann an Land ausgespuckt wurde, erkannte er, dass ihm das Leben wieder geschenkt wurde. Im christlichen Umfeld wird diese Geschichte oft als Sinnbild für den Tod, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben interpretiert. Jesus deutet sie ebenfalls genau in diesem Zusammenhang.
Wenn Jesus also sagt, dass dieses ungläubige Geschlecht kein anderes Zeichen sehen wird als das Zeichen des Jona – nämlich drei Tage im Bauch der Erde und dann wieder herauszukommen – dann verweist er darauf, dass er wirklich tot war, im Totenreich war und wieder auferstanden ist. Das gibt uns nach 1. Korinther 15 die Hoffnung, dass auch wir auferstehen werden. Jona im Bauch des Fisches wird so zum Zeichen der Auferstehung der Toten bei Jesus und in zweiter Linie auch bei uns.
Im Neuen Testament gibt es zwei Stellen, die darüber sprechen: Zum einen wird Jesus mit Jona verglichen, zum anderen wird Jona zitiert. Dabei werden auch Sodom und Gomorra erwähnt. Es heißt, dass die Leute, die in Ninive lebten, und die in Sodom und Gomorra, auf die Menschen herabschauen werden, weil sie weniger von Gott wussten als die Menschen zur Zeit Jesu. Dennoch taten die Niniviten Buße und kehrten um, während das bei Sodom und Gomorra nicht der Fall war. Die Niniviten werden also als Vorbild benutzt.
Jesus erwähnt in seiner Antrittspredigt in Nazareth bewusst einige Heiden, darunter die Witwe von Sarepta, zu der Elija gesandt wurde. Eine kleine Bemerkung dazu: Im Judentum wird in der mündlichen Überlieferung, dem Midrasch, behauptet, Jona sei der Sohn der Witwe von Sarepta, den Elija wieder zum Leben erweckt hat. Das ist eine interessante Geschichte, allerdings gibt es ein historisches Problem, denn Elija lebte mehrere Jahrhunderte vor Jona – Elija war vor der Zeit des Königtums, während Jona etwa 750 vor Christus lebte.
Es gibt verschiedene Interpretationen, aber historisch ist das kaum haltbar. In der Bibel findet sich kein Hinweis darauf. Trotzdem wird diese Erzählung im Judentum bis heute manchmal so erzählt. Das verleiht Jona eine besondere Bedeutung als Teil einer Gottesheilsgeschichte. Allerdings sollte man die Geschichte nicht wörtlich nehmen, denn sonst müsste Jona ja sehr alt sein oder von den Toten auferweckt worden sein. Es handelt sich eher um eine Legende oder einen Mythos.
Dennoch ist es bemerkenswert, dass Jona als „auferweckt“ gilt. Jesus fordert dazu auf, sich mit solchen Geschichten zu vergleichen. Ebenso wird Naaman erwähnt, ein Aussätziger, der von Gott geheilt wurde – und das als Heide. Im Neuen Testament zeigt sich, dass die Juden oft stolz darauf waren, das Volk Gottes zu sein. Jesus und auch Johannes der Täufer halten ihnen deshalb den Spiegel vor.
Johannes der Täufer warnt, dass sie dem künftigen Zorngericht Gottes nicht entkommen werden. Er sagt, Gott könne aus Steinen Kinder erwecken. Das ist ein Gericht über Israel. Die ersten Gläubigen waren Israeliten, also Juden, die an Jesus glaubten. In dieser Situation wird das Gericht sehr scharf formuliert: „Ihr wisst so viel von Jesus, vom Alten Testament und vom angekündigten Messias. Warum akzeptiert ihr ihn nicht?“
Das ist auch eine Herausforderung für uns heute, die Christen. Denn wenn wir viel Wissen über Gott haben, sollte sich das in unserem Leben zeigen. Wenn unser Leben sich kaum von dem unserer ungläubigen Nachbarn unterscheidet, stimmt etwas nicht. Noch schlimmer ist es, wenn wir oder unsere Kinder Jesus ablehnen. Dann ist die Situation schlimmer als bei einem Gottlosen, der von Jesus nichts weiß. Denn dieser hat zumindest keine Kenntnis und geht deshalb in Distanz.
Im Neuen Testament werden die Bewohner von Ninive als Vorbild benutzt. Sie wussten wenig von Jesus, doch sie folgten dem Wenigen, das sie wussten, und kehrten um. Das macht sie zu einem Vorbild. Demgegenüber stehen diejenigen, die viel wissen – Israel damals und die christliche Gemeinde heute. Deshalb tragen wir eine größere Verantwortung als die Bewohner von Ninive zur damaligen Zeit.
Übrigens, falls ihr da nachlesen wollt: Bei Jona hat er auch noch einen interessanten Namen mit einer Namensbedeutung. In manchen Bibeln steht das auch, nämlich dass Jona auf Deutsch übersetzt aus dem Hebräischen „Taube“ heißt.
Jetzt gibt es Ausleger, die darüber lange spekulieren, was das denn nun bedeutet. Am Ende – ich habe mir das durchgelesen – war ich auch nicht viel klüger, weil es sehr unterschiedliche Deutungen gab. Der eine sagte, Tauben seien flatterhaft, und so sei auch Jona: mal hier, mal dort, kann sich nicht festlegen.
Ein anderer, das könnt ihr euch jetzt denken, verwies natürlich auf Noah und die Taube, die mit dem Zweig im Schnabel zurückkommt. Das ist ja später bekannt geworden als Symbol für die Friedensbewegung. Wir würden heute gleich an Taube und Frieden denken. Im Alten Testament kommt dieser Zusammenhang aber eigentlich nicht vor. Denn die Taube bei Noah sollte lediglich zeigen, dass es schon trockenes Land gibt. Mit Frieden hatte das damals wenig zu tun.
Außerdem war die Taube im Alten Testament seit Mose das Opfertier der Armen. Das kam also immer wieder vor. Aber ich würde eher sagen: Er hieß halt „Taube“. Ob Gott damit etwas Bestimmtes beabsichtigt hat, wissen wir nicht ganz genau. Das wird auch im Buch Jona nicht explizit erwähnt. Von daher könnten wir sagen: Nett zu wissen, aber führt uns nicht wirklich sehr viel weiter.
Jetzt bin ich schon auf ein paar Sachen zu sprechen gekommen, wie zum Beispiel: Wenn in der Natur etwas Schlimmes passiert, lasst uns daran denken, dass nicht nur wir die Sache in der Hand haben. Lasst uns beten, weil wir wissen, dass am Ende das letzte Wort bei Naturereignissen Gott hat. Daran glauben wir.
Wenn die Leute um uns herum esoterisch gesinnt sind und alles annehmen, was irgendwie hilft, und jeden Gott anrufen, dann sollten wir als Christen sagen: Das ist verständlich, aber wir sollten es nicht einfach so tun. Denn wir wissen, dass hinter anderen Göttern auch andere Mächte stehen. Wir sollen uns allein an den Gott wenden, der Himmel und Erde geschaffen hat – den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, den Vater Jesu Christi. Dem folgen wir nach und nicht irgendwelchen Göttern, Geistern oder Kräften.
Eine ganz entscheidende Stelle, die ich bisher etwas umgangen habe, wird euch wahrscheinlich beschäftigen. Ihr werdet euch ihr gestellt und vielleicht unterschiedlich beantwortet haben. Es geht um die Frage, warum Jona eigentlich in das Boot steigt und nicht in den Osten fährt, wo der Fluss Nivea liegt, im heutigen Irak. Stattdessen fährt er in den Westen, mit dem Ziel, so weit wie möglich von Israel wegzukommen.
Man könnte ja sagen: „Ja, ja, was willst du da, lieber Jona? Du verstehst weder die Sprache noch kennst du die Kultur, es ist für dich ein völlig fremdes Land, und beruflich hast du damit auch nichts zu tun.“ In der Geschichte vom Buch Jona wird nicht genau erklärt, warum er das tut. Es wird nur beschrieben, dass er es tut. Das Naheliegendste wäre, dass er irgendwie vor Gott fliehen will.
Möglicherweise hatte er die Vorstellung, wie manche Leute damals im Orient, dass ein Gott immer für ein bestimmtes Territorium zuständig ist. Er dachte vielleicht, Gott sei mächtig, sogar der Mächtigste und Größte, aber seine Macht gelte vor allem für Israel. Wenn er weit genug weggeht, wird die Macht Gottes schwächer. Dann beruft Gott ihn nicht mehr, und er muss diesem Auftrag nicht mehr nachkommen.
Ganz offensichtlich wollte Jona diesem Auftrag Gottes nicht folgen. Er wollte vor Gott fliehen. Vielleicht dachte er, wenn er weit genug entfernt ist, reicht Gottes Arm nicht mehr hin. Dann hört er Gottes Auftrag nicht mehr, hat kein schlechtes Gewissen und kann sein Leben einfach weiterleben.
Wenn er vor Gott fliehen wollte, stellt sich natürlich die Frage: Warum?
Zunächst einmal ist diese Vorstellung falsch. Wir wissen aus den Psalmen: „Bleibe ich am äußersten Meer, so wäre auch deine Hand da nicht fern von mir.“ Dort wird ganz deutlich gesagt, dass Gottes Macht auf der ganzen Erde ist und natürlich auch in Tarsis ankommt. Gottes Macht ist also auch auf dem Meer gegenwärtig.
Aber warum wollte Jona fliehen? Manche würden sagen, er war einfach ein bisschen faul und wollte sich die Arbeit nicht antun, in Ninive zu predigen. Man könnte auch die These aufstellen, dass er Angst vor den Bewohnern von Ninive hatte. Die Assyrer waren als schlimme Krieger und grausame Menschen bekannt. Vielleicht wollte er nicht riskieren, dass man ihm Arme oder Beine abhackt. Das wäre auch naheliegend.
Ebenso naheliegend ist, dass er nicht zu den Feinden Israels gehen wollte. Immerhin war das assyrische Reich das mächtigste Reich an der Nordgrenze Israels. Sie bedrohten Israel, auch wenn sie es noch nicht erobert hatten. Vielleicht dachte Jona: „Sollen die doch ruhig untergehen, dann ist Israel sicherer, und wir brauchen keine Angst vor Feinden zu haben.“
Vielleicht missgönnte er den Feinden Gottes oder den grausamen Menschen eine Errettung und Umkehr. So etwas kann auch vorkommen. Ich weiß nicht, wie intensiv ihr für irgendwelche Terroristen betet, die andere Menschen massakrieren, oder ob nicht manchmal schon der Gedanke kommt: „Eigentlich wäre es gar nicht so schlecht, wenn die tot umfallen würden.“ Manchmal kann man als Christ solche Gedanken haben.
Das ist ähnlich wie bei Dietrich Bonhoeffer, der Kontakt zum politischen Widerstand aufnahm mit dem Gedanken: „Sollten wir nicht vielleicht Hitler beseitigen, dann könnten wir den Krieg beenden.“ Man könnte auch sagen: „Lass uns doch dafür beten, dass Hitler sich bekehrt.“ Aber das war damals nicht der Hauptfokus.
Manche würden das irrational finden, weil sie sagen: „Das passiert ja gar nicht.“ Doch bei Gott ist kein Ding unmöglich. Theoretisch wäre es möglich, auch wenn es nicht passiert ist.
Vielleicht steckt hinter Jonas Flucht noch etwas anderes. In einem jüdischen Midrasch, einer mündlichen Überlieferung im Judentum, gibt es eine andere Variante, die wir in der Bibel nicht direkt bestätigen können. Dort wird gesagt, dass Jona schon längere Zeit Prophet in Israel war und vorher schon mehrere Aufträge hatte, anderen Städten den Untergang zu predigen.
Jedes Mal hatte Gott Gnade geschenkt, weil die Menschen umgekehrt waren. Doch die Leute beschimpften Jona als Lügenprophet, weil sie sagten: „Du hast doch gesagt, die Stadt geht unter, aber sie geht ja gar nicht unter.“ Statt dankbar zu sein, dass Gott Gnade schenkte, nannten sie ihn Lügenprophet.
Der Midrasch sagt, Jona hatte keine Lust mehr, wieder als Lügenprophet bezeichnet zu werden. Er rechnete damit, dass er auch diesmal wieder hingehen und die Menschen umkehren würden. Und wieder würden sie sagen: „Jona, du bist ein Lügner, es stimmt ja gar nicht.“
Das ist eine interessante Idee, ob sie so stimmt, wissen wir nicht. Wie gesagt, das ist nur jüdische Überlieferung. In der Bibel selbst wird das nicht erwähnt. Dort werden nur zwei Prophezeiungen erwähnt: einmal die Ausdehnung des Reiches weiter in den Norden und einmal der Untergang Ninives, der zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht stattfindet.
Manche könnten heute sagen: „Steht nicht im Alten Testament, der Prophet ist falsch, dessen Prophezeiung sich nicht erfüllt hat? Ah, siehst du, Jona, falscher Prophet.“ Ich würde eher sagen: Wir wissen nicht hundertprozentig, was Jona gesagt hat und was Gott gesagt hat.
Für mich klingt das eher wie eine Ankündigung des Gerichts. Aber wir lesen im Alten Testament, dass Gott keine Lust am Tod des Ungerechten hat, sondern an seiner Umkehr. Auch bei Sodom und Gomorra lesen wir, dass das Gericht abgewendet wird, wenn dort zehn Gerechte sind.
Für mich klingt das so, dass Gott Gericht ankündigt wegen der Ungerechtigkeit. Doch das beinhaltet immer auch die Möglichkeit der Umkehr und damit die Vergebung, wenn diese genutzt wird.
Deshalb würde ich nicht sagen, dass es eine falsche Ankündigung war. Weil die angekündigte Reaktion der Menschen auf das Gericht ausblieb, hat Gott das Gericht nicht vollzogen.
Das ist auch für dich und mich so: Gott kündigt an, dass, wenn du kein Christ bist, du ewig in der Verdammnis sein wirst, ewig von Gott getrennt. Das ist auch eine Art Prophezeiung.
Wenn du aber Jesus deine Sünden bekennst und um Vergebung bittest, sagt er: Dann wird das nicht vollzogen. Du kommst nicht an diesen Ort der Qual.
So klingt das für mich. Deshalb würde ich mich scheuen, zu sagen, Jona sei ein falscher Prophet. Das angekündigte Gericht ist immer an Bedingungen geknüpft. Die Bedingung war die Sündhaftigkeit und die mangelnde Bußfertigkeit der Bewohner von Ninive.
Da sie jetzt in großer Zahl Buße getan haben, hat Gott auf sein Gericht verzichtet.
Jetzt stellt sich natürlich bei der ganzen Geschichte von Jona die Frage: Was können du und ich daraus mitnehmen?
Wir haben die Geschichte von Jona gehört, und einige Punkte habe ich bereits erwähnt. Zum Beispiel in Bezug auf die Natur: Wenn du sie beachtest und in ökologischen Diskussionen bist, vergiss nicht Gott, der das letzte Wort hat. Wende dich nicht an alle möglichen Götter und Religionen, wenn du in einer Notlage bist, wie es die Seeleute getan haben.
Denke auch daran: Selbst wenn es ganz, ganz schlimm aussieht, kann Gott als Herr der Natur auf ungewöhnliche Weise eingreifen. So wie durch den speziell geschaffenen Fisch, der Jona rettete – wenn auch auf eine unangenehme Art – und ihn am Leben erhielt.
Eine ganz entscheidende Sache habe ich bisher noch nicht erwähnt. Ich glaube, sie ist das Zentrum oder vielleicht sogar das Herzstück dieses Teils des Buchs Jona: das Ausweichen vor der Berufung Gottes. Jona hat eine Berufung Gottes, aber er versucht, ihr auszuweichen. Warum genau, wissen wir nicht ganz genau. Ich habe mehrere Möglichkeiten aufgezeigt.
Hier müssen wir ganz deutlich sagen: Auch du bist von Gott berufen. Jeder von uns hat eine ganz spezifische Aufgabe von Gott erhalten. Und es kann dazu führen, dass wir dazu neigen, diesem Ruf Gottes auszuweichen.
Das kann auf verschiedenen Ebenen geschehen. Vielleicht bist du ein Kind, das in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen ist, oder du hast Freunde, die gläubig sind. Der Ruf Gottes an dich lautet: Kehre um, bereue deine Sünden, werde ein Nachfolger Jesu. Und du versuchst, dem auszuweichen.
Heutzutage weichen die meisten Menschen dem nicht aus, indem sie eine Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer buchen, sondern eher so: Sie entfernen sich möglichst weit von der Gemeinde, möglichst weit vom Wort Gottes. Sie füllen ihr Leben mit anderen Dingen, damit das innere Rufen Gottes leiser wird.
Das funktioniert relativ gut. Wenn du jedes Wochenende Party machst oder jeden Abend irgendwelche Filme bei Netflix ansiehst, wird das Rufen Gottes mit der Zeit immer schwächer. Irgendwann lebst du mit relativ gutem Gewissen so dahin, bis der Tod kommt und dich ruft. Und die ganze Zeit hast du versucht, dem Ruf Gottes auszuweichen.
Das ist genau das, was Jona auch tut. Glücklicherweise zieht sich Gott nicht sofort zurück. Er ruft, schickt einen Sturm – zack, dein Leben wird durchgerüttelt. Manche fragen dann: „Gott, warum hast du das zugelassen?“ Statt zu fragen: „Ja, gut, das ist ja, weil ich dem Ruf Gottes ausgewichen bin. Gott wollte ja etwas ganz anderes.“ Aber das ist ein weiterer Ruf zur Umkehr.
Ich glaube, so kann es kommen, dass manche ihr Leben lang dem Ruf Gottes ausweichen. Er ruft zur Umkehr, zum Einsehen, dass wir seine Hilfe brauchen und versagt haben. Und dann gibt es viele Menschen, die dem Ruf ausweichen – in Selbstgerechtigkeit, in Vergnügungen oder in philosophischen Erklärungen.
Dabei sagt der Ruf Gottes ganz deutlich: „Du bist ein Loser, du brauchst meine Hilfe.“ Diesen Ruf anzunehmen, ihn zu akzeptieren und den eigenen Stolz ein bisschen herunterzuschrauben – das ist der Weg. Dann komm zu Jesus und bekenne ihm deine Schuld.
Es gibt aber auch Christen, die dem Ruf Gottes ausweichen. Wenn du schon gläubig bist, besteht Gottes Ziel mit dir nicht nur darin, dass du in den Himmel kommst. Gott hat dir ewiges Leben gegeben und den Heiligen Geist, weil er dich hier auf der Erde weiter gebrauchen will.
Er hat dich berufen, in der Gemeinde, in der du bist, aktiv mitzuwirken. Vielleicht ruft Gott schon lange: „Ich möchte dich im Chor haben, ich möchte dich als Evangelist, in der Technik oder bei der Mitarbeit.“ Doch du machst die Ohren zu und sagst: „Das ist unangenehm, da habe ich weniger Zeit für mich. Und so viel Dankbarkeit gibt es auch nicht. Verdienen kann ich damit auch nichts.“
Es gibt viele Gründe, warum Menschen das nicht tun: Manche trauen sich nicht, manche sind zu faul, manche wollen es nur machen, wenn es viel Aufmerksamkeit gibt. Am Ende sind die Gründe egal. Aber es gibt Christen, die ihrem Auftrag ausweichen, wie Jona, der versucht, Gott räumlich zu entkommen.
Manche fliehen sogar räumlich. Vielleicht kennst du jemanden, der sagt: „Ich gehe einfach ins Ausland, reise um die Welt, bin weit weg von der Gemeinde, von den Eltern, hier sagt mir keiner mehr was vom Glauben.“ Und sie hoffen, dort ein besseres Leben zu finden, mit netteren Menschen und weniger Problemen.
Meistens hält das nicht dauerhaft an, aber der Traum dahinter ist klar. Andere fliehen in Aktivität oder in Süchte. Sie sammeln endlos Dinge, die sie beschäftigen, oder schütten sich mit Arbeit zu, um das Rufen Gottes nicht hören zu müssen.
Als Christen sollten wir wissen: Der Ruf Gottes bedeutet manchmal unangenehme Aufgaben. Für Jona bedeutete das eine lange Reise nach Ninive. Das war nicht gerade um die Ecke, sondern zu einem feindlichen, fremden Volk mit einer anderen Kultur und bösen Menschen. Trotzdem sollte er dorthin gehen und diese Mühe auf sich nehmen.
Am Ende tut er es ja auch, und Gott segnet ihn auf außergewöhnliche Weise. So etwas würde ich auch gerne erleben. Ninive wird als riesengroße Stadt beschrieben. Wenn wir uns das vorstellen, etwa Frankfurt oder Köln, und du bekommst den Auftrag, den Menschen dort zu sagen, dass die Stadt untergehen wird – was würdest du tun?
Zuerst würdest du dich zehnmal fragen, ob das wirklich von Gott kommt. Sonst machst du dich ja lächerlich. Dann gehst du durch die Stadt, und viele lachen dich aus. Aber stell dir vor, es passiert wirklich wie in Ninive: Riesenerweckung in Köln, alle tun Buße, knien nieder, besuchen die Kirchen. Wäre das nicht super?
Aber es muss nicht immer so laufen. Manche Menschen, die Gott berufen hat, enden im Gefängnis, wie Petrus oder Paulus. Entscheidend ist: Führst du dein Leben im Rahmen der Berufung, die Gott dir gegeben hat, oder weichst du ihr aus?
Vielleicht sagst du: „Ich kann das nicht, ich bin zu wenig begabt, das muss jemand anderes machen.“ Oder du denkst zu sehr an dein Privatleben und hast Angst vor Einschränkungen. Vielleicht gönnst du den Menschen in der Welt nicht, den Ruf Gottes zu hören. Oder du glaubst, Gott will dich gar nicht retten.
Es gibt viele Wege, dem Ruf Gottes auszuweichen. Aber im Neuen Testament steht klar: Wenn du Christ geworden bist, bist du nicht nur berufen, als kleines Licht in den Himmel zu kommen. Gott hat dir Aufgaben auf der Erde gegeben und dich mit dem Heiligen Geist ausgestattet, wie wir im 1. Korinther 12 lesen.
Jetzt will Gott, dass du diese Berufung annimmst. Fliehe nicht vor ihr, auch wenn du dir das nicht zutraust oder es dir zu mühsam erscheint. Wenn du denkst, andere können es besser, oder du befürchtest Einschränkungen und Unannehmlichkeiten, mach es nicht wie Jona, der versucht zu entfliehen.
Manchmal bekommst du dann größere Probleme, wie den Sturm oder die Zeit im Bauch des Fisches, weil Gott dich an einem Ort haben will. Manchmal zieht sich Gott auch ein Stück weit zurück, weil du nicht auf ihn hören willst.
Dann kann es sein, dass du jahrelang Gottesdienste besuchst und in der Bibel liest, aber Gott sich zurückgezogen hat, weil es nur noch Tradition ist. Du siehst die Berufung, wofür Gott dich gebrauchen will, nicht und bist nicht bereit, dich einzubringen.
Wenn jeder von uns diese Berufung annimmt, wird sich in der Gemeinde viel mehr verändern. Dann werden auch die Nichtgläubigen in unserer Umgebung sehen, was Gott in unserem Leben tut. Und dann werden noch mehr Menschen durch uns das Evangelium hören – das ist auch Jesu Wunsch.
Wenn du diese schöne Geschichte von Jona hörst oder liest, wie wir es heute Morgen in den ersten drei Kapiteln getan haben, behalte immer im Blick, dass Gott auch dich berufen hat. Nicht nur, um gerettet zu werden.
Wenn du noch nicht gläubig bist, verdränge das nicht mit anderen scheinbar wichtigen Dingen in deinem Leben. Folge dem Ruf Gottes und bekenne ihm deine Schuld.
Wenn du Christ bist, denke daran: Gott hat einen Auftrag für dich. Er besteht nicht nur darin, einen Platz im Gottesdienst zu besetzen oder Mitglied einer Gemeinde zu sein. Er will dich aktiv in seinem Reich gebrauchen.
Er hat dich dafür ausgerüstet. Wenn du nicht genau weißt, wofür, bete mit einem Bruder oder einer Schwester, frag einfach nach, such danach. Gott wird es dir zeigen, wenn du suchst.
Dann geh mutig voran, auch wenn du denkst, du bist nur ein kleines Licht oder hast keine Lust. Lass dich nicht abbringen. Dann wirst du die Erfüllung erleben, die Gott dir geben will, umso mehr.
Ich finde es ganz toll, was Jona später erlebt. Wäre er in Tarsis geblieben, hätte er nie die Massenbekehrung in Ninive erlebt. Wir sehen, wie Gott durch uns wirksam wird, wenn wir bereit sind, unserer Berufung nachzugehen.
Es gibt viele Dinge, die dich davon abhalten können. Aber denke daran: Das ist das Beste, was dir im Leben passieren kann – trotz Mühe und Schwierigkeiten.
Bitte Leute, die mit dir beten und suchen, um Mut und Kraft, diese Berufung anzunehmen. Auch wenn du dich selbst nicht für fähig hältst, fliehe dem Ruf Gottes nicht. Weiche ihm nicht aus.
Heute Morgen haben wir uns mit Jona beschäftigt – mit Jona, der aufgefordert ist, auch die Feinde zu lieben. Selbst die bösen Assyrer, egal wie brutal und rücksichtslos sie sind.
Jona denkt, er könne Gott entkommen. Doch er merkt, dass Gott der Herr des Geschehens ist, auch was die Naturkräfte angeht. Daraufhin betet er, vertraut Gott, der ihn rettet.
Jona weiß, was die Leute auf dem Schiff nicht wissen: dass die anderen Götter nie retten können, dass diese anderen Götter nur Verkleidungen für den Teufel sind. Dieser möchte von Gott wegziehen, weil man ihn selbst erfindet und er nicht wirklich von Gott kommt. Jona will dem Ruf Gottes entkommen.
Ich hoffe, dass du das mitnimmst. Wenn du weißt, wofür Gott dich haben will, setz dich ein und mach das auch, wenn es mal schwerfällt. Sei motiviert, so wie Jona.
Und wenn du noch nicht weißt, such danach, frag Leute, bete dafür. Wenn du noch nicht Kind Gottes bist und Jesus noch nicht kennst, dann denk daran: Du bist auch von Jesus berufen. Du bist von Jesus gerufen, damit du anerkennst, wie du zu Gott stehst, wo die Schuld ist, die dich von Gott trennt, und sie mit ihm bekennst. Geh in eine Beziehung mit ihm ein.
Verdräng das nicht immer. Versuche nicht ständig, dem Ruf Gottes auszuweichen. Denn am Ende ist es kein großer Verlust, sondern ein großer Gewinn, den du dabei haben kannst: an der Stelle zu sein, die Gott für dich vorgesehen hat. In dieser lebendigen Verbindung mit deinem Schöpfer, der mit dir durch den Rest deines Lebens gehen will.
Weiche dem Ruf Gottes nicht aus, wo auch immer er gerade in deinem Leben ist.
An dieser Stelle bete ich gerne noch mit euch und bitte Gott darum, dass er uns Weisheit gibt, mit dem Gehörten richtig umzugehen.
Vater im Himmel, vielen Dank dafür, dass du uns so ganz konkrete, überraschende und beeindruckende Beispiele in der Bibel erzählst, wie du handelst. Danke für die Geschichte von Jona, diesem Propheten, den du berufen hast, um die Feinde Israels zur Umkehr zu rufen und das Gericht anzukündigen.
Danke, dass du in Geduld Jona nachgehst, obwohl er sich so störrisch zeigt, und dass du ihn schließlich doch zu dem Ort führst, wo du ihn hinberufen hast.
Wir danken dir dafür, dass du damals so vielen Bewohnern von Ninive das Leben gerettet hast, weil sie ehrlich bereit waren, umzukehren und Buße zu tun.
Wir möchten dich bitten, jetzt für uns, für unser Land und für uns selbst, dass du auch Gnade hast mit den Menschen, die in Deutschland leben. Dass du Menschen berufst, die darauf hinweisen, dass es Umkehr und Vergebung braucht. Dass du Menschen liebst, aber am Ende auch Gericht üben wirst, wenn Menschen nicht bereit sind, das einzugestehen.
Ich möchte dich bitten für diejenigen, die heute Morgen da sind, die schon sehr viel wissen, die deinen Ruf kennen, für Umkehr und das Christwerden, aber dem bisher nicht nachgekommen sind. Berühre sie innerlich noch einmal, sprich sie an, damit sie merken: Das ist die Berufung, der ich eine Antwort geben muss. Lass sie sich dafür entscheiden, ein Leben mit dir zu beginnen und das nicht immer wieder in den Hintergrund zu stellen oder zu verdrängen.
Ich möchte dich bitten für alle meine Geschwister, die heute Morgen da sind und die du berufen hast, in dem Leben, in dem sie gerade sind, für dich tätig zu sein – auf die eine oder andere Art und Weise.
Ich bitte dich, dass du so laut rufst, dass jeder erkennt, wo seine Berufung ist. Ich bitte dich, dass du jedem Einzelnen jemanden an die Seite stellst, der ihn darauf aufmerksam macht, falls er es noch nicht weiß.
Vor allem bitte ich dich um die Bereitschaft meiner Geschwister und auch von mir, zu erkennen, wenn wir wissen, was dran ist – auch wenn es uns unangenehm ist, auch wenn wir keine Lust dazu haben oder uns zu klein dafür fühlen.
Mach uns bereit, dass wir deine Berufung annehmen und darin leben. Lass dich verherrlichen durch uns, damit wir erleben, wie du durch uns wirksam bist. So können wir auch mitbekommen, was du dadurch im Leben anderer bewirkst.
Danke, dass du mit uns gehst in die kommende Woche. Dass du uns auch gebrauchen willst für Menschen in unserer Umgebung, um dich zu verherrlichen oder für sonst irgendetwas.
Mach uns darauf aufmerksam und gib uns die Kraft, das auch zu tun. Amen. Amen.