Ende 2008 ist mein älterer Bruder im Alter von 21 Jahren bei einem Autounfall gestorben. Das war natürlich ein Riesenschock für meine Familie und für mich – einfach für uns als Familie ein Schmerz, den wir bis dahin noch nie erlebt hatten. Vor allem, wenn jemand so jung aus dem Familienleben gerissen wird, ist das besonders schwer zu verkraften.
Was wir in dieser Zeit jedoch erlebt haben, war, dass wir durch die Gemeinden, in denen wir damals waren, mit ganz viel Liebe aufgefangen wurden. Ich erinnere mich noch genau: Der Autounfall geschah an Silvester. Zu der Zeit war ich gerade auf einer Kurzbibelschule in Baden-Württemberg. Ich weiß nur, wie unsere Susanne und Claudia mich bei schlimmstem Schneewetter abgeholt haben, um mich zurück zu meinen Eltern zu bringen. Sie sind diesen weiten Weg gefahren, obwohl die Bedingungen schwierig waren.
Wir wurden von verschiedenen Leuten regelmäßig besucht. Man hat uns bei der Beerdigung geholfen und uns so viel abgenommen. Wir wurden einfach mit unglaublich großer Liebe aufgefangen – und das alles geschah inmitten einer riesigen Menge von Ungläubigen. Bei der Beerdigung waren so viele Menschen, dass sie gar nicht alle in die Kirche passten. Viele standen bis zu den Eingängen.
Diese Menschen haben die ganze Trauer- und Druckphase miterlebt. Ich hoffe, dass sie dabei die Liebe Gottes gesehen haben, weil Christen sich gerade in dieser schweren Zeit gegenseitig geliebt und geholfen haben.
Die Bedeutung von Liebe in Druckzeiten
Nun, warum diese Einleitung? Ich möchte heute mit uns einen Bibeltext aus dem ersten Petrusbrief weiter durchgehen.
Es ist so, dass die Christen – wir haben das in den letzten Treffen schon thematisiert – grundsätzlich mit Druck rechnen müssen. Gerade dort, wo es schwierig wird, soll inmitten dieses Drucks und der Schwierigkeiten eine ganz besondere Liebe unter den Geschwistern zum Ausdruck kommen.
Das ist etwas, was Petrus im ersten Kapitel, im zweiten Kapitel und sogar noch einmal im vierten Kapitel betont. Er zeigt auf, wie wichtig es ist, dass wir als Christen, wenn der Druck steigt, wenn es uns nicht gut geht und wenn es schlimm wird, eine besondere Liebe haben. Eine Liebe, die nach außen sichtbar wird.
Petrus schreibt also an Christen, die am Horizont Druck spüren, bei denen die Luft dünner wird. Sie müssen mit Verlusten, Schwierigkeiten und Anfechtungen rechnen. Er schreibt: Liebe Christen dort in Asien, habt eine ungeheuchelte Brüder- oder Geschwisterliebe untereinander – eine echte Liebe untereinander, so wie es Jesus schon sagte.
Schlagen wir dazu Johannes 13,35 auf. Das ist ganz wichtig, um diesen Gedanken zu verstehen – wie es auch damals bei der Beerdigung und bei dem Drumherum war und wie hoffentlich viele Menschen gesehen haben, welche Liebe die Christen untereinander hatten.
Liebe als Erkennungszeichen der Jünger
In Johannes 13,35 finden sich sehr bekannte Worte. Dort sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
Hier steht nicht, dass man daran erkennt, dass ihr seine Jünger seid, wenn ihr bei Diskussionen über den Glauben immer die besten Antworten habt oder am lautesten redet. Vielmehr wird daran erkannt, dass ihr seine Jünger seid – und „Jünger“ bedeutet in diesem Kontext „Schüler“ –, dass ihr zuvor etwas von ihm gelernt habt und dieses nun untereinander praktiziert. Daran wird jeder erkennen, dass ihr seine Schüler seid.
Ein Vers zuvor, in Vers 34, gibt Jesus dieses neue Gebot. Er sagt: „Dieses neue Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, wie ich euch geliebt habe.“
Was Christus letztendlich sagt, ist also: Ihr sollt einander lieben, so wie ich euch geliebt habe. Im nächsten Vers erklärt er, dass die Menschen daran erkennen werden, dass ihr seine Jünger und Schüler seid, weil ihr gelernt habt, wie er euch liebt. Ihr habt von Gott selbst Liebe erfahren und gelernt, wie Gott liebt. Mit dieser Liebe sollt ihr nun als Gottes Schüler eure Nächsten lieben.
Im Grunde sagt uns Jesus hier: Ihr habt von mir, also von Christus, die Liebe gelernt. Als gute Jünger und Nachfolger Gottes liebt jetzt einander. Die Welt wird euch sehen und diese Liebe mit Gottes Liebe in Verbindung bringen.
Warum lieben wir? Weil er uns zuerst geliebt hat.
Die Herausforderung der echten Liebe unter Druck
Den Gemeinden, an die Petrus schreibt, scheint das nicht ganz klar gewesen zu sein. Vielleicht wusste Petrus, dass, wenn der Druck steigt – etwa durch politische Entscheidungen, bei denen Christen unterschiedlicher Meinung sein können, wie bei Corona – Christen unter Druck anfangen, sich gegenseitig zu beißen und zu zerfleischen.
Auch ich habe mich in dieser Zeit selbst entschuldigen müssen. Haben wir als Christen nicht genau das erlebt? Wenn der Druck steigt, beginnen Christen plötzlich, sich nicht mehr zu lieben, sich zu beißen und zu streiten. Deshalb lautet unser Predigt-Titel: „Lasst uns lieben, wenn wir leiden“. Schlagen wir gemeinsam im ersten Petrusbrief Kapitel 2 auf, und ihr werdet sehen, was ich meine.
Warum muss Petrus so etwas schreiben, was wir heute hier lesen? Man könnte meinen: Wenn der Druck steigt, ist es doch klar, dass die Leute zusammenrücken und sich lieben. Aber es war eben nicht klar. Das war nicht selbstverständlich.
Der Hauptbibeltext für heute ist 1. Petrus 2,1, der sich eigentlich bis Vers 3 zieht. Ich wollte daraus zunächst eine Predigt machen, habe das aber getrennt und werde beim nächsten Mal die anschließende Predigt halten. Ganz wichtig ist auch, dass wir zusätzlich Kapitel 1, Vers 22 lesen. Denn 1. Petrus 1,22 leitet ein Nebenthema ein, über das ich nächstes Mal predigen werde. Dann knüpft Vers 22 in Kapitel 2, Vers 1 an.
Lest mit mir, um diesen Gedanken zu verstehen: 1. Petrus 1,22 und dann ab Kapitel 2.
„Da ihr eure Seelen im Gehorsam gegen die Wahrheit gereinigt habt durch den Geist zu ungeheuchelter Bruderliebe, so liebt einander beharrlich und aus reinem Herzen.“
Das ist die Aufforderung. Weil ihr euch sozusagen zu wahrer Bruderliebe bekehrt habt, liebt einander beharrlich und aus reinem Herzen – das ist der Auftrag.
Und jetzt Kapitel 2, Vers 1: „Was sollen wir deswegen tun?“ Wahrscheinlich ging es in den Gemeinden darum, wie sie sich verhalten sollten.
Deswegen legt ab alle Bosheit und Betrug und Heuchelei und Neid und alle Verleumdungen. Und seid als neugeborene Kindlein begierig nach der unverfälschten Milch des Wortes, damit ihr durch sie heranwächst, wenn ihr wirklich geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
Darauf werden wir beim nächsten Mal noch näher eingehen.
Historischer und theologischer Kontext des Petrusbriefs
Wie gesagt, ich hoffe, der Kontext ist uns einigermaßen klar: der historische Hintergrund, die lokale Christenverfolgung in Rom unter Nero. Dieser Brief wird an mehrere Gemeinden in der heutigen Türkei geschrieben. Das Gebiet gehörte zwar zum Römischen Reich, doch die Christenverfolgung fand vor allem in Rom statt.
Die Christen in der Türkei hören davon aus der Ferne. Sie merken, dass die Luft dünner wird. Das ist der historische und weitere Kontext des Textes. Petrus möchte den Christen angesichts dieses Drucks, der Verfolgungen und Schwierigkeiten Mut machen. Er sagt: Ja, Christen, ihr werdet vieles verlieren, die Luft wird dünner. Aber Christus hält euch etwas im Himmel bereit, das so viel besser ist als das Leid, das ihr hier auf der Erde erlebt.
Die Freude wird größer sein als die Traurigkeiten, die ihr hier noch erfahren müsst. Das ist der eigentliche Mutmacher in diesem Brief. Kurz zusammengefasst: Wir alle gehen durch Schwierigkeiten und Traurigkeiten im Leben. So beginnt der ganze Brief. Aber Gott bewahrt uns etwas, das uns Mut macht, durchzuhalten und Hoffnung gibt. Es wird besser.
So beginnt der Brief. Beim letzten Mal haben wir uns angesehen, wie wichtig es ist, in solchen Drucksituationen eine gewisse Heiligkeit zu bewahren. In Kapitel 4, Vers 17 steht dazu etwas ganz Wichtiges. Wir können das noch kurz aufschlagen, denn es hilft, die Drucksituation und die Verfolgungen richtig einzuordnen.
Petrus schreibt in 1. Petrus 4,17, dass all diese Verfolgungen, der ganze Druck, unsere Krankheiten und Schwierigkeiten im Leben – alles, was du persönlich erlebst – ein Mittel Gottes ist. Es ist sein Gericht, das an seinen Christen beginnt, um uns zu heiligen. Dieser Vers steht im Kontext von Verfolgung. Er sagt, dass das Gericht Gottes an seinem eigenen Haus beginnt, um unseren Glauben zu prüfen, uns zu formen und unseren Blick weg von dem Traum eines erfüllten Lebens hier zu nehmen. Stattdessen soll eine Sehnsucht in uns geweckt werden, bei Christus zu sein und das Zukünftige zu erwarten.
Manchmal stutzt Gott uns die Flügel, damit wir aufhören, unsere Hoffnung auf ein perfektes Leben hier zu setzen, und stattdessen Christus erwarten.
Heute geht es um einen liebenden Umgang untereinander. Wir schauen dazu in Kapitel 1, Vers 22. Alles steht in diesem Zusammenhang. 1. Petrus 1,22 beschreibt etwas, was meiner Meinung nach mit Bekehrung und Wiedergeburt zu tun hat. Es hat ein Ziel: Wenn ihr in Vers 22 schaut, was hat unsere Rettung für ein Ziel?
Wir haben unsere Seelen gereinigt zu was? Zu ungeheuchelter Bruderliebe, um eine Gemeinde zu sein, in die Gott uns einsetzt, damit wir einander ungeheuchelt lieben. Das ist der Gedanke in Kapitel 1, Vers 22.
Letztlich beschreibt Petrus hier, und er geht auch in Vers 23 auf die Wiedergeburt ein, dass das Lieben unserer Geschwister – und hier geht es nicht um Nächstenliebe für Ungläubige, sondern um den Gemeindekontext – die Pflicht unserer Wiedergeburt ist. Wir sind dazu wiedergeboren worden, uns einander zu lieben und Gutes zu tun.
Die Aufforderung zur echten und beharrlichen Liebe
Da ihr sozusagen das erlebt habt, tut Folgendes. Was schreibt denn Vers 22? Liebt einander, und zwar in drei Punkten:
Erstens: ungeheuchelt. Das bedeutet nicht geschauspielert oder so zu tun, als wäre man freundlich, obwohl man die andere Person in Wirklichkeit nicht leiden kann. Man kann ja auch freundlich zu allen sein, ohne es ernst zu meinen. Das wäre geheuchelte Liebe.
Wir werden darauf noch eingehen, denn Petrus beschreibt das Ganze noch einmal in Kapitel 2, Vers 1.
Dann sagt er, wie wir lieben sollen: beharrlich. Beharrlich bedeutet, und ich zitiere, es ist ein physiologischer Begriff, der bedeutet, einen Muskel bis zu seiner absoluten Grenze auszustrecken. Beharrlich zu lieben heißt also, eine Liebe zu haben, die bis zum Äußersten geht.
Ich habe mir bei der Predigtvorbereitung gedacht: Eigentlich will ich das gar nicht. Ich will schon lieben, versteht mich nicht falsch, aber diese Liebe, die hier beschrieben wird – mit meinem Muskel bis zum Äußersten zu gehen –, das heißt, dass du dich manchmal komplett für andere aufgibst. Das ist die Liebe, die Petrus hier fordert.
Ihr werdet es noch sehen: Auch später werden wir dieses Gegenstück zur Liebe sehen.
Das Ganze muss einfach nur ein Ziel haben, denn es geht die ganze Zeit nur ums Herz. Wir werden den Spiegel noch hochhalten – und dieser Spiegel meint auch mich. Wir werden die ganze Zeit sehen, wie sehr wir fehlen.
Denn Gottes Liebe, die so rein ist, fordert unglaublich viel von uns. Wenn wir von ihm gelernt haben als seine Jünger, sollen wir genauso lieben.
Beharrlich zu lieben bedeutet, einen Muskel bis zur absoluten Grenze auszustrecken, um jemandem zu helfen. Und aus reinem Herzen heißt mit reinen Motiven, mit einer Liebe, die Gott uns schenkt, indem er in unseren Herzen wohnt.
Was Petrus in Vers 22 macht, ist eigentlich, einen Kontrast zu Kapitel 2, Vers 1 aufzustellen. Kapitel 2, Vers 1 ist genau das Gegenteil von ungeheuchelter Liebe, von Liebe, die bis zum Äußersten geht, von reinen Motiven bei der Liebe. Kapitel 2, Vers 1 ist das genaue Gegenteil.
Die Schattenseiten der menschlichen Liebe
Wir sehen in Kapitel 2, Vers 1, wie unser Fleisch, unser natürliches Wesen eigentlich liebt. Dieses Natürlichsein in unserem Wesen bedeutet, dass wir dem anderen nicht das Gute wünschen. Stattdessen sind wir neidisch und haben böse Gedanken, wenn andere etwas haben, was wir nicht besitzen. Wenn jemandem etwas Böses widerfährt, hoffen wir manchmal auf Rache. Und wenn ihm etwas passiert ist, empfinden wir zumindest ein Gefühl der Genugtuung.
In Kapitel 2, Vers 1, wird deutlich, wer wir wirklich sind. Deshalb bitten wir Gott: Hilf uns, einen Blick in unser Herz zu bekommen. Überführe unsere Herzen, damit wir wirklich erkennen, wie wir sind.
Ach, wie oft haben Christen eine verborgene Arroganz, einen Stolz und Hochmut. Sie messen ihr Leben an Äußerlichkeiten und glauben, es im Griff zu haben. Doch ihr Herz sieht aus wie in Kapitel 2, Vers 1 beschrieben. Sie sollten als Gottes Jünger erkennbar sein, indem sie lieben. Doch in ihrem Herzen ist Hass, der sich in verschiedenen Punkten in Kapitel 2, Vers 1 zeigt.
Und wisst ihr was? Petrus redet hier zu Wiedergeborenen. Schaut in Kapitel 1, Vers 23, dort spricht er zu wahren Christen, deren Herz eben nicht mit ungeheuchelter Liebe erfüllt ist und die den Nächsten bis zum Äußersten dienen wollen. Stattdessen redet er zu Christen, die mit Neid, schlechtem Reden und Boshaftigkeit anderen Christen gegenüber leben und wandeln. Ihre Liebe, die sie zeigen, ist geheuchelt und vorgespielt. In Wirklichkeit verfolgen sie einen eigenen Vorteil, und ihr Herz ist verbittert von Neid.
Wenn irgendjemand etwas kann oder hat, was du nicht hast, zerfrisst es dich. Das beschreibt Kapitel 2, Vers 1. Wenn jemand etwas besser kann, mehr hat oder mehr Glück im Leben hat, und du es siehst, und es gibt dir einen Stich im Herzen – kennst du das? Ja, natürlich sind wir freundlich. Petrus geht dieses Thema an.
Was sagt Kapitel 2, Vers 1? Weil es vorhanden ist. Weil es in uns ist. Deshalb sollen wir es ablegen. Warum sollen wir ablegen? Ablegen heißt, diese schlechten Dinge loszuwerden. Anziehen bedeutet, die guten Dinge mehr anzueignen, so wie Gottes Liebe eigentlich sein soll.
Warum sollen wir ablegen? Das sehen wir in Kapitel 1, Vers 22. Dort heißt es, dass wir uns bei unserer Wiedergeburt unsere Seelen gereinigt haben zu wahrer Bruderliebe, zu wahrer Geschwisterliebe. Weil wir laut Kapitel 1, Vers 23 wiedergeboren sind, weil wir Leben aus Gott haben, weil wir eine neue Geburt sind, sollen wir die Dinge ablegen, die uns vor unserer Bekehrung ausgemacht haben. Diese Dinge sind manchmal noch vorhanden, hängen an uns und quälen uns. Doch niemand sieht es hinter der Fassade.
Warum? Weil es manchmal vorkommt, dass wir Kapitel 2, Vers 1 Heuchler sind. Es quält uns, aber niemand sieht, was in unserem Herzen wirklich los ist. Weil wir Kapitel 2, Vers 1 Heuchler waren und manchmal immer noch sind. Sonst müsste Petrus das hier nicht schreiben.
Wir sind wiedergeboren zur Bruderliebe. Um diese echte Liebe anzuziehen und auszuleben, müssen wir mit diesen Dingen aus Kapitel 2, Vers 1 zu Christus kommen und mit seiner Hilfe loslassen.
Die fünf negativen Eigenschaften, die abgelegt werden sollen
Nun, was genau sollen wir ablegen? Wir wollen die Worte aus Kapitel 2, Vers 1, einfach ein bisschen genauer betrachten. Ich stelle mich genau unter das, was wir jetzt lesen und die ganze Zeit hören – das betrifft auch mich.
Schauen wir in Kapitel 2, Vers 1. Dort heißt es, dass wir etwas ablegen sollen. Das bedeutet, wir müssen verstehen, was wir ablegen sollen. Mit anderen Worten: Wir müssen erkennen, was in unserem Herzen falsch ist.
Das heißt auch, wir müssen verstehen, was an der Liebe, die ich habe, falsch ist. Ist das überhaupt Liebe, so wie es in Kapitel 1, Vers 22 heißt? Liebe ich so, wie Christus liebt, so wie er es von mir fordert? Kann man an mir erkennen, dass ich sein Schüler bin, weil ich seine Liebe nachahme?
Petrus nennt hier fünf Punkte, die genau das Gegenteil von Liebe sind.
Bosheit
Der erste Punkt ist Bosheit. Bosheit ist letztendlich eine verdorbene, böse Grundhaltung. Es ist wie bei jemandem, der immer schlecht gelaunt ist und ständig alles, was ein anderer tut, schlecht findet. Es ist einfach eine richtig negative Einstellung dem anderen gegenüber, eine böse Grundhaltung, die auch kein Problem damit hat, dem anderen Schaden zuzufügen.
Damit ist nicht gemeint, dass man ihm die Beine bricht, sondern einfach, dass man ihm irgendeinen Schaden wünscht oder sich daran freut, wenn es dem anderen mal schlecht geht, wenn er endlich seine Lektion lernt oder Ähnliches. So eine richtig negative Bosheit ist genau das Gegenteil von Liebe.
Vielleicht kennst du das bei dir nicht. Vielleicht hast du nicht den Wunsch, anderen zu schaden. Aber vielleicht kennst du es gerade dann, wenn du neidisch bist. Dann gefällt es dir irgendwie ganz gut, wenn es anderen nicht gelingt. Kennst du das? Wie oft hast du Genugtuung verspürt, wenn andere etwas verloren haben? Wie oft haben wir Rachegefühle gespürt, wenn jemand uns Böses getan hat? Und ja, man freut sich, wenn dieser jemand Schaden in seinem Leben hat, weil es ihm recht geschieht. Kennst du das? Einfach so eine grundsätzlich negative Einstellung gegenüber anderen Menschen, auch anderen Christen.
Was sagt Petrus zur Liebe untereinander? In Kapitel 4, Vers 8 schreibt Petrus: "Vor allem aber habt innige Liebe untereinander, denn die Liebe wird eine Menge von Sünden zudecken."
Innige Liebe untereinander bedeutet, dass sie das Böse erträgt. Selbst wenn an ihr gesündigt wird, ist diese innige Liebe fähig, über Sünden hinwegzusehen. Sie kann manche Dinge ertragen, weil man weiß: Ich bin ein Sünder, du bist ein Sünder. Und weil Christus uns beide liebt, kann man über vieles hinwegsehen. Man liebt den anderen so, wie Christus einen selbst liebt.
Das ist diese innige Liebe – nicht ein "Ah, es geschieht ihm recht. Jetzt spürt er endlich mal, wie ich mich die ganze Zeit schon fühle." Oder was auch immer für komische Gedanken wir haben. Jeder prüfe sich selbst.
Innige Liebe, die vom Geist Gottes gegeben ist, ist einfach ganz anders als unsere fleischliche Natur. Wir tragen Sünden nach, zumindest in unserem Herzen. Und manchmal freuen wir uns am Schaden anderer. Dabei wünscht sich Gott, dass man an unserer Liebe sieht, wie Gott uns geliebt hat – gerade in Drucksituationen.
Sind wir seine Schüler? Bist du Gottes Schüler, was die Liebe angeht? Hast du seine Liebe selbst gelernt? Vielleicht hast du seine Liebe nie oder nur ein bisschen kennengelernt. Vielleicht denkst du die ganze Zeit, Gott sei böse und kritisch gegen dich. Und weil du das als Gottesliebe verstehst, bist du genauso böse und kritisch gegen andere Christen. Das kann auch sein.
Aber wenn wir verstehen, dass Christus bis ans Äußerste gegangen ist, weil er uns so geliebt hat – bis er sein Leben gegeben hat –, und dass er so gütig und sanft ist, dann ist das eine Liebe, die wir lernen können. Und so, wie er uns geliebt hat, können wir auch anderen begegnen.
Haben wir es verdient, dass er sein Leben für uns gegeben hat? Nein. Hat der andere es verdient, dass ich ihn liebe? Nein, natürlich nicht. Sollen wir es trotzdem tun?
Freut sich Gott an deinem Schaden? Trägt Gott dir Sünde nach? Ist Gott böse und gehässig über dich? Ist das so, wie wir in Kapitel 2, Vers 1 lesen? Oder ist Gottesliebe ganz anders – rein und ungeheuchelt, bis ans Äußerste gehend, wie in Kapitel 1, Vers 20 und 22?
Wir merken, dass unser Herz nicht mit dem Anspruch, den Petrus hier setzt, zusammenpasst. Merken wir es nicht, wie unsere äußere Fassade bröckelt? Und das ist jetzt nur der allererste Punkt.
Betrug
Zweitens, Kapitel 2, Vers 1: Betrug, betrügerische Liebe.
Das Wort „Betrug“ könnte man auch mit „List“ übersetzen oder umschreiben. Dieses Wort „Betrug“, das wir im Kontext unserer christlichen Liebe ablegen sollen, meint so etwas wie einen Angelhaken mit einem Köder dran.
Dieser Angelhaken mit dem Köder verspricht einem Fisch, der vorbeischwimmt, erst einmal ein Festmahl. Doch der Fisch merkt nicht, dass er selbst zum Festmahl wird. Das ist der Punkt: Betrügerische Liebe ködert, hat aber in Wirklichkeit nur Selbstliebe im Zentrum.
Das heißt, ich kann freundlich zu dir sein, weil ich letztendlich etwas von dir möchte. Ich bin nicht selbstlos freundlich, sondern hoffe, einen Vorteil daraus zu ziehen. Das ist betrügerische Liebe.
Was macht ein Betrüger? Ein Betrüger gibt etwas vor, um von dir etwas zu bekommen, richtig? Ein Betrüger ist meistens sehr freundlich, kompetent und hat sehr gute Argumente, um dich zu überzeugen. Aber was er dir gibt, ist eine Mogelpackung.
Wenn er dir eine Uhr verkauft, auf der „Rolex“ steht, verkauft er dir eine Uhr, in der keine Rolex drin ist. Ein Betrüger verkauft dir ein Auto, da steht 50 Kilometer auf dem Tacho, aber in Wirklichkeit hat es 200 Kilometer.
Was der Betrüger letztendlich möchte, ist dein Geld. Er verkauft dir etwas und sagt, es sei das Beste, aber in Wirklichkeit möchte er etwas von dir.
Wie kann das bei uns in der Gemeinde oder allgemein im christlichen Kontext aussehen? Betrug in der Gemeinde in Bezug auf Liebe kann bedeuten, dass man Menschen eine gewisse Liebe und Freundlichkeit entgegenbringt, damit sie das tun, was ich möchte.
Vielleicht erinnert ihr euch an die Predigt vor zwei Wochen über Ananias und Saphira. Genau dasselbe: Das war betrügerische Liebe. Sie gaben vor, einen Liebesdienst zu tun und anderen Menschen mit ihrer Habe dienen zu wollen.
Aber ging es ihnen wirklich darum? Hatten sie Liebe aus reinem Herzen? Ging es ihnen wirklich darum, den Menschen zu helfen, oder worum ging es ihnen? Daniel hat das ein bisschen als Anerkennung ausgelegt. So könnte es gewesen sein, dass sie auch etwas darstellen wollten, weil sie alles verkauft hatten.
Das ist betrügerische Liebe, keine echte Liebe. Sie verkaufen eine Mogelpackung und wollen letztendlich ihren eigenen Vorteil.
Heuchelei
Dritter Punkt, Kapitel zwei, Vers eins: Heuchelei ist stark verknüpft mit dem Thema von eben. Heuchelei bedeutet letztendlich Schauspielerei, etwas vorzugeben, um die wahren Absichten zu verschleiern.
Schauen wir gemeinsam in Markus Kapitel zwölf. Dort finden wir ein klassisches Beispiel von Heuchelei, das uns helfen soll, dieses Thema besser zu verstehen. Markus 12,13-17 behandelt die Frage nach den Steuern. Jesus wird gefragt, ob man dem Kaiser Steuern zahlen soll.
Beobachten wir, wie Heuchelei hier aussieht. In Vers 13 heißt es: "Und sie sandten etliche von den Pharisäern und Herodianern zu ihm, um ihn in der Rede zu fangen." Welche wahre Absicht steckt also hinter dieser Fassade? Die Herzenshaltung zeigt sich hier: Sie wollen Jesus fangen, ihn sozusagen mit einem Angelhaken und Köder locken, damit er hineinfällt und sie etwas gegen ihn in der Hand haben.
In Vers 14 kommen sie zu Jesus und geben vor, ihn zu ehren: "O Meister, wir wissen, dass du vollkommen bist und den Weg Gottes wahrhaftig lehrst. Gib uns eine Antwort auf unsere Frage." Diese Worte wirken schleimig und schmeichelnd. Doch ihre Absicht ist böse. Sie sind nicht aufrichtig, sondern verbergen ihre wahren Gedanken. Sie tun so, als seien sie freundlich, haben aber Böses im Sinn.
Wie reagiert Jesus darauf? In Vers 15 erkennt er ihre Heuchelei. Ihre Freundlichkeit und Liebe sind nur vorgetäuscht. Ihre wahre Absicht ist eine ganz andere. Sie sind nicht ehrlich in ihrer Liebe und nicht bereit, bis zum Äußersten zu gehen, um andere aufrichtig zu lieben.
Petrus schreibt in 1. Petrus 2,1, dass wir solche geheuchelte Liebe ablegen sollen. Gemeint ist eine aufgesetzte Freundlichkeit, die ein böses Herz und schlechte Absichten verbirgt. Genau diese Heuchelei sollen wir ablegen.
Dass Petrus dies schreibt, zeigt, dass dieses Verhalten bei den Christen damals vorhanden war. Wahrscheinlich war es nicht nur eine einzelne Person, sonst hätte er sie vielleicht namentlich genannt. Es scheint vielmehr so zu sein, dass es jeden von uns betrifft, denn unser Fleisch schläft nicht. Unsere natürliche menschliche Natur kommt immer wieder durch.
Neid
Vierter Punkt, Kapitel 2, Vers 1: Was sollen wir als Nächstes ablegen? Was ist genau das Gegenteil von ungeheuchelter Bruder- oder Geschwisterliebe? Neid.
Neid ist der Stich, den man verspürt, oder der Hass, der hochkommt im Anblick von Überlegenheit. Das bedeutet: Jemand ist besser als ich oder hat mehr Glück. Jemand anders hat in seinem Leben mehr Erfolg oder hat den besseren Fang gemacht in irgendeiner Sache. Wenn ich das sehe, empfinde ich eine gewisse Überlegenheit des anderen. Es fühlt sich an wie ein Stich, der mich zerbeißt und zerfrisst. Ich kann mich einfach nicht mit ihm freuen. Ich kann nicht von ganzem, aufrichtigem Herzen sagen: „Ich gönne es dir, meinem Bruder oder meiner Schwester.“ Das ist Neid.
Neid sagt: „Ich will das auch. Warum habe ich das nicht?“ Das ist keine ungeheuchelte Bruderliebe aus einem reinen Herzen.
Frage: Hast du mit Neid zu tun? (Melden – ein Spaß.) Ja, wir merken schon, unser Herz ist krank, richtig? Wenn wir Gottes Anspruch sehen und unsere Realität, wie können wir dann noch stolz auf unsere perfekte Fassade sein, wie wir es manchmal denken? „Ja, ich bin ja ganz in Ordnung.“ Oh ja, weiß ich nicht.
Was ist das höchste Gebot? Die Liebe. Das ist erst mal das Allerwichtigste. Und wir merken an diesem obersten, wichtigsten Gebot, dass wir kranken, mindestens kränkeln. An diesem allerwichtigsten Gebot, das Gott am allerwichtigsten ist.
Neid hat nichts mit Liebe zu tun. Neid ist genau das Gegenteil von 1. Korinther 13,22. Es ist einfach ein „Ich gönne es dir nicht, dass du besser bist.“ Ich gönne es dir auch nicht, dass du etwas hast, was ich nicht habe.
Neidische Menschen – kennst du das? Schon mal jemanden erlebt? Kennst du das selber? Schon mal bei dir selber erlebt? Ich natürlich, ja, ich gebe es zu, ich melde mich. Durchschaust du dich so weit selber? Bist du so reflektiert? Bewirkt Gott in dir diese Selbstreflexion? Wurmt es dich, wenn andere etwas bekommen, was du schon so lange haben willst?
Das vergiftet die Liebe und zeigt den Zustand unseres Herzens.
1. Korinther 13,4: Lasst uns das noch aufschlagen, wir brauchen noch ein bisschen Zeit. Ja, 1. Korinther 13,4.
Wir haben eben überlegt: Aha, Neid. Und ich vermute jetzt einfach, der eine oder andere von euch kennt Neid nicht nur aus der Theorie. Das zeigt also den Zustand unseres Herzens.
Wir haben die ganze Zeit den Gegenpart zu dieser reinen Liebe, die Gott uns beigebracht hat, mit der wir andere lieben sollen, in 1. Korinther 13,4.
Was sagt 1. Korinther 13,4? Wenn man das vergleicht mit dem, was wir eben gelesen haben: Was tut die Liebe, was tut sie nicht? Die Liebe beneidet nicht. Die Liebe beneidet nicht.
Jedes Mal, wenn du Neid in deinem Herzen spürst, merkst du, wie weit du weg bist von göttlicher Liebe. Nimm das als Kratzer, nicht als Anklage. Es ist die ganze Zeit nur ein Spiegel.
Denn dieser Spiegel muss uns gleich zu Christus treiben. Er muss uns dahin bringen, dass wir sagen: „Oh Herr Jesus, ja, du hast Recht.“ Und hier ist keiner von uns besser, glaub mir das. Wir stehen alle unter demselben Kreuz und brauchen dieselbe Gnade.
Das ist keine Anklage, es ist ein Spiegel, der uns zeigen soll, wie unser Herz wirklich tickt.
Jedes Mal, wenn du Neid verspürst, merkst du, dass du so weit wie der Osten vom Westen entfernt bist von göttlicher Liebe. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Christus von dir möchte.
Die Liebe beneidet nicht. Die Liebe freut sich mit dem Nächsten. Sie gönnt es dem Nächsten. Sie gönnt es dem Nächsten.
Was finden wir in unserem Herzen, wenn wir uns ehrlich prüfen? Ist da Neid oder liebst du mit reinem Herzen, wie in 1. Korinther 13,4 steht?
Verleumdung
Letzter Punkt, Kapitel 2, Vers 1, fünfter Punkt: 1. Petrus 2,1 – Verleumdung.
Der fünfte Punkt, der genau das Gegenteil von Liebe ist, ist Verleumdung. Was ist Verleumdung? Es ist am Ende nicht einfach nur übles Nachreden. In einem gewissen Sinne zeigen wir im Textzusammenhang eine geheuchelte Liebe, indem wir den Menschen Freundlichkeit zeigen und ihm ins Gesicht lächeln. Gleichzeitig sind wir zum Beispiel neidisch und zerstören seinen Ruf an anderer Stelle, indem wir schlecht über ihn reden.
Kennst du diese kleingiftigen Kommentare, die man hier und dort mal abgibt? Diese giftigen Pfeile sind wie ein kleines Feuer, das man anzündet und das einen ganzen Wald im Gegenüber in Brand setzen kann. Kennst du Verleumdung? Wie redest du über andere Christen?
Ist es für dich wieder ein Gradmesser deines Herzens, ob du mit ungeheuchelter, reiner Liebe den Nächsten liebst und bereit bist, für ihn bis zum Äußersten zu gehen? Willst du dein Bestes geben? Oder tötest du ihn durch Rufmord?
Und die Frage ist vielmehr, liebe Freunde: Haben wir das Recht, über Antichristen zu lästern und zu verleumden? Hast du das Recht dazu? Also die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Denkst du wirklich, du bist geistlicher?
Aber was ist denn anderes, wenn wir über andere Giftpfeile verteilen und verleumden? Ist das nicht eine gewisse Arroganz, die denkt: „Ich wäre besser als er. Wie kann er nur?“ Oder weil ich neidisch bin, ertrage ich es nicht und versuche ihm deshalb anders zu schaden? Denkst du wirklich, du bist geistlicher? Das ist eine Frage, die wir uns stellen müssen.
Laut dem Hohelied bläst sich die Liebe nicht auf, sie wird nicht aufgeblasen und stolz und schaut auf andere herab. Das ist keine Liebe, meine Freunde, das ist keine Liebe. Das ist genau das Gegenteil.
Und du merkst, wie weit der Osten vom Westen entfernt ist, wenn du so etwas in dir siehst: eine gewisse Arroganz anderen Christen gegenüber, eine Aufgeblasenheit, die dazu führt, sie zu verleumden.
Die wahre Liebe bläst sich nicht auf, sie prahlt nicht mit ihrer Geistlichkeit. Sie ist in Wirklichkeit sehr demütig und klein. Die Liebe neidet auch nicht. Sie redet auch nicht aus Neid schlecht über andere, sondern, wie in Kapitel 1, Vers 23 steht, sie streckt ihre Muskeln bis zum Äußersten aus, um anderen Menschen zu dienen.
Das ist heute ein Gradmesser für jeden von uns. Weg mit äußerlichem, funktionierendem Schein und Leben, auf das wir irgendwie stolz sind. Heute geht es um unser Herz, heute geht es um das allerhöchste Gebot, das allerwichtigste.
Gerade in diesen schwierigen Zeiten, wie hier im ersten Petrusbrief, schreibt Petrus das diesen Empfängern, weil er weiß, dass schwierige Zeiten kommen. Und es ist so wichtig – auch für uns –, wenn die Wolken dunkler werden sollten, dass wir aufeinander bauen können.
Ich finde, das können wir. Das, was ich in der Einleitung gesagt habe, hat man hier in der Gemeinde auch schon ganz oft bei anderen Situationen erlebt. Es ist heute zwar eine klare Predigt, aber ich finde euch jetzt nicht so schlecht. Trotzdem ist es wichtig, und es hat diese Schärfe, weil es das oberste Gebot ist.
Deshalb nehme ich jetzt nicht den Druck hier raus. Ich will nur, dass ihr wisst, dass ich mit euch auf einer Stufe stehe oder vielleicht sogar eine Stufe darunter. Wichtig ist trotzdem: Wir wissen nicht, wie die Zeiten kommen. Wir sehen es politisch usw. Es kann ganz schnell alles kippen, es kann schwieriger werden.
Genauso wie der Druck, der hier beschrieben wird, ist es wichtig, dass wir als Christen dann sozusagen aufeinander bauen können. Dass wir aufeinander bauen können in schwierigen Zeiten, auch wenn wir verschiedene Meinungen haben.
Aber wissen wir: Wir dienen einander, wir lieben einander, wir helfen einander, wir halten zusammen, selbst wenn man mal verschiedene Meinungen hat. Das ist so wichtig. Und ich glaube, das war auch hier so wichtig für diese Gemeinden. Sie mussten zusammenstehen mit ungeheuchelter, wahrer Liebe, mit dem Ziel, dass die Welt, während sie uns verklagt und angreift, unsere Liebe in schwierigen Situationen sieht.
Nein, wir verleumden uns nicht, und wir verraten uns auch nicht, wenn einer von uns mal vor Gericht steht oder irgendwo festgenommen wird – wie in China – und auspacken soll über seine Glaubensgeschichte. Nein, wir verleumden uns nicht, wir stehen zusammen. Wie ein Mann vor Gott.
Und ja, während mich Schicksalsschläge treffen, bin ich nicht neidisch, während es dem anderen gut geht, so wie es in Kapitel 2, Vers 1 steht.
Die zentrale Bedeutung der Liebe im Glauben
Und ich will zum Abschluss, also jetzt kommt der Landanflug, einfach noch für euch 1. Korinther 13,3 lesen, denn ich finde, das passt ganz gut. Es ist wirklich ein ernstes Thema heute, denn es ist das oberste Gebot. Das ist keine Rhetorik oder irgendetwas anderes, es ist das oberste Gebot Gottes. Hinweg mit allem anderen in der Priorität.
1. Korinther 13,3: Jetzt habe ich es noch nicht aufgeschlagen, und es sind so bekannte Verse, aber man kann sie gut in diesem Kontext hier verstehen. Wenn ich all meine Habe austeile – und wir denken an ungeheuchelte Liebe, denn wir können ja auch Liebe vortäuschen – und wenn ich alles gebe und meinen Nächsten helfe, die alles verloren haben, wenn ich der größte Spender nach Rumänien bin, wenn ich alles austeile, wenn ich sogar bereit bin, meinen Leib hinzugeben, also bereit bin, mich für den Glauben opfern zu lassen, ja, in den Scheiterhaufen zu gehen wie im Mittelalter, wenn ich all das tun würde, aber keine Liebe hätte, dann lass es! Lass es! Hör auf zu spenden, hör auf, deinen Leib in der Gemeinde zum Dienst zur Verfügung zu stellen, deine Freizeit zu opfern, um irgendwelche Dinge vorzubereiten – lass es bitte!
Wenn du keine Liebe hast, lass es! Wirklich! Hör auf damit, es nützt nichts! Keiner hat etwas davon, außer dir. Denn die wahre Motivation, warum du es tust, musst du in dein eigenes Herz schauen. Wenn du keine Liebe hast, warum tust du es dann? Oh, welch klarer Spiegel! Wenn ich meinen Leib hingehe, um im Scheiterhaufen zu sterben, um als Held dazustehen, damit über mich eine Biografie geschrieben wird – oh ja! Das war auch bei Ananias und Saphira so. Nun, ihre Biografie kommt jetzt nicht so gut weg in der Apostelgeschichte, aber sie haben bekommen, was sie wollten.
Es ist Gott völlig egal. Vielmehr verurteilt er diese Herzenshaltung. Wenn du keine Liebe hast, bitte lass es! Das ist keine Rhetorik, bitte lass es!
Nun, was diese Predigt in einem gewissen Sinne ist, wie schon erwähnt: Es ist ein Spiegel in unser Herz, um unsere Liebe zu reflektieren, weil es das oberste Gebot ist. Es ist so egal, was du in der Gemeinde tust, was du privat tust oder was auch immer dir irgendwie eine Selbstrechtfertigung gibt. Damit meine ich etwas, womit du denkst, etwas zu sein oder dich darzustellen vor Gott und den Menschen.
Sie werden an unserer Liebe erkennen, dass wir seine Jünger sind, dass wir Gottes Schüler sind, weil wir die Liebe von ihm gelernt haben.
Und während wir in diesen Spiegel schauen und irgendwie Mangel an ungeheuchelter und reiner Liebe sehen – was passiert jetzt? So, wir schauen in diesen Spiegel und wir sehen Mangel an ungeheuchelter Liebe, Mangel an Hingabebereitschaft. Was ist jetzt?
Der Weg zur Reinigung und Erneuerung der Liebe
Vielleicht kennt ihr das Beispiel schon, ich habe es selbst übernommen, weil ich es so deutlich finde. Stell dir vor, du wechselst gerade Reifen. Du sitzt da, wechselst die Reifen, und mit der Zeit bekommst du richtig schwarze Finger vom Öl. Der Schweiß läuft dir herunter, und mit deinen schwarzen Fingern wischst du dir den Schweiß vom Gesicht. Dabei wirst du überall schwarz im Gesicht, aber du merkst es noch gar nicht.
Du befleckst dich immer mehr und arbeitest weiter mit deinen schwarzen Fingern, um wieder etwas Schweiß abzuwischen. Irgendwann gehst du zum Spiegel und schaust hinein. Was zeigt dir der Spiegel? Er zeigt dir deinen wahren Zustand.
Was wir heute gelesen haben, zeigt uns zunächst unseren Zustand. Aber kann der Spiegel mein schmutziges Gesicht sauber machen? Kann dieses Gesetz mein Gesicht ändern? Nein. Was zeigt mir der Spiegel? Er zeigt mir, dass ich irgendwo hingehen und gewaschen, also gereinigt werden muss. Versteht ihr dieses Bild?
Wenn wir heute einen Blick auf unsere unvollkommene Nächstenliebe werfen, auf die Abgründe unseres Herzens, unseren Neid und unsere Boshaftigkeiten, die immer wieder hochkommen – wenn es nicht täglich ist, dann zumindest immer wieder – und wenn wir sehen, wie rein Gottes Liebe ist und wie schwer es uns fällt, sie umzusetzen, dann sehen wir, dass wir befleckt sind.
Was tun wir? Wir fliehen zu Christus. Es drängt uns zum Thron der Gnade, zu dem wir herzlich eingeladen sind. Gott hat so viel Gefallen daran, wenn wir jetzt kommen, wenn wir es eingesehen haben. Das ist doch sein Ziel. Er hat doch keinen Gefallen daran, wenn du hier rausgehst und denkst: "Oh ja, ich versuche mich jetzt zu ändern. Den anderen trifft es bestimmt mehr als mich." Unser Herz ist da genauso verdreht.
Es drängt uns zu Christus, denn es bringt nichts, wenn wir äußerliche Taten tun, während unser Herz weiterhin von Bosheit und Neid befleckt ist. Es bringt doch gar nichts. Wir wollen zu Christus fliehen. Es treibt uns zum Thron der Gnade, wo wir herzlich willkommen sind – mit all unseren Herzensmotiven.
Und wisst ihr, was wir dort erfahren? Wisst ihr, was wir dort wieder neu erfahren? Wir erfahren neu, wie freundlich er ist. Wir erfahren neu, dass er uns liebt, obwohl unsere Motive dreckig und selbstliebend sind.
Weißt du, was das Schöne ist? Während wir als Gottesschüler in diesem Moment neu seine Liebe lernen – ja, denn wie er uns geliebt hat, sollen wir unseren Nächsten lieben, weil wir seine Schüler sind – kommen wir heute zum Thron der Gnade mit unserem befleckten Herzen. Wir lernen seine Liebe, wir lernen, dass er uns annimmt, uns vergibt, dass er die Hand auf uns legt und mit uns weitergeht.
Und weil wir in diesem Moment seine Gnade und Freundlichkeit erfahren, sind wir als gute Schüler fähig, weil er uns zuerst geliebt hat, diese Liebe jetzt auch nach außen weiterzugeben. Wir können unseren Nächsten mit dieser Liebe begegnen, uns mit ihnen freuen und ihnen aufhelfen.
Wollen wir gute Schüler sein? Ich weiß nicht, wer von euch in der Schule ein guter Schüler war. Ich hatte zwei Phasen in meinem Leben: einmal war ich miserabel, später, als ich Christ wurde, wollte ich ein guter Schüler sein. Wollen wir nicht gute Schüler sein?
Aber um gute Schüler zu sein, müssen wir erst von der wahren Liebe gelernt haben. Das tun wir heute, indem wir zu Christus gehen und diese wahre Liebe neu erfahren.
Christus – und das will ich sagen – erfüllt alles, was wir heute gesehen haben, komplett. Christus liebt uns nicht mit betrügerischen Absichten. Stellt euch das mal vor: Wenn Gott so wäre, dass man nie wüsste, ob er nicht doch etwas Schlechtes im Schilde führt. Nein, er liebt uns mit reinen Motiven.
Ist das nicht schön, das wirklich zu wissen, wenn man mal diesen Kontrast hat? Und wisst ihr was? Christus ist auch nicht neidisch, wenn es uns gut geht. Er freut sich mit uns.
Und wisst ihr was? Christus bläht sich auch nicht auf. Obwohl er der Größte ist, ist er demütig. Und Christus lästert auch nicht über uns und verleumdet uns nicht.
Und wisst ihr, Christus’ Liebe, wie sie am Kreuz sichtbar wurde, war nicht geschauspielert oder geheuchelt. Es gibt keine größere Liebe als die, die ihr Leben gibt. Das war der Beweis seiner großen Liebe.
Und wisst ihr, was noch schöner ist? Oder besser gesagt, was noch dazu kommt? Dieser Christus, der diese reine Liebe ist – Gott ist Liebe – er liebt nicht nur, er ist Liebe. Er wohnt in uns.
Und wisst ihr, was er durch die Frucht seines Heiligen Geistes in uns bewirken will? Er will eine heilige, aufopferungsvolle Liebe in uns bewirken. Er will, dass wir gute Schüler sind.
Ich denke, das werden wir in zwei Wochen von Sebastian hören. Er wird nämlich vermutlich über die Frucht des Geistes predigen. Ich weiß nicht, ob er es genau so macht. Schön, dass bei uns in der Gemeinde die Predigten oft thematisch gut zusammenpassen.
Aber was Gott will, ist, dass er das in uns bewirkt. Es treibt uns zum Thron der Gnade, damit er uns hilft. Dann fangen wir aktiv an. Wir flehen ihn an um Hilfe: "Bewirke es in uns!" Und dann fangen wir aktiv an, diese Dinge zu tun – mit dem Willen und seinem Gelingen –, uns zu lieben mit einer Liebe, die nicht menschlich ist.
Amen.
