Einführung in den Galaterbrief und das Thema Gerechtigkeit vor Gott
Unser Predigttext steht im Galaterbrief Kapitel 2. Nehmen Sie nun bitte die ausgelegten Bibeln zur Hand. Ich hoffe, Sie haben auch eigene Bibeln mitgebracht. Wir lesen ab Galater 2, Vers 16.
Es gibt im Glauben Dinge, die man nicht so schnell versteht. Da muss man gründlich mitlesen und mitdenken. In den ausgelegten Bibeln finden Sie den Text auf Seite 198.
Doch weil wir wissen, dass der Mensch durch die Werke des Gesetzes vor Gott nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen. Damit wollen wir durch den Glauben an Christus gerecht werden und nicht durch die Werke des Gesetzes. Denn durch Gesetzeswerke wird kein Mensch gerecht.
Wenn aber wir, die wir durch Christus gerecht zu werden suchen, selbst als Sünder dastehen, ist dann Christus nicht ein Diener der Sünde? Nein! Wenn ich nämlich das, was ich niedergerissen habe, wieder aufbaue, dann mache ich mich selbst zu einem Übertreter. Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe.
Ich bin mit Christus gekreuzigt. Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Solange ich aber in diesem Leib lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben hat.
Ich werfe die Gnade Gottes nicht weg. Denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, dann ist Christus vergeblich gestorben.
Herr Jesus, du musst uns jetzt einen Durchblick schenken. Amen.
Zu dem Grafen Zinzendorf: Einmal kamen ein paar junge Männer zu ihm und fragten: „Was sollen wir denn tun?“ Sie waren voller sprühender Aktivität und warteten darauf, dass Zinzendorf ihnen eine Aufgabe zuweist.
Wissen Sie, was er ihnen geantwortet hat? „Seid des Heilands fröhliche Leute!“ Wenn Sie nur mit Ihrem Leben das schaffen, ein fröhliches Christenleben zu führen!
Ich habe das nun ein bisschen unterteilt, damit wir die schwierigen und ungewohnten Worte besser verstehen.
Meine erste Frage: Warum sind dann so viele Christen verkrampft? Das hat doch auch Sie schon abgestoßen. Man hat Leute kennengelernt, von denen man meinte, sie seien wie eingeschnürt. Und alle, die nicht glauben können, denken dann manchmal: „Gott sei Dank bin ich kein Christ, so wie die will ich nicht sein. Die sind so verkrampft, so leblos, so erstarrt.“
Darum hat sich Paulus immer so dagegen gewehrt, gegen das, was er immer wieder mit „Gesetz“ beschreibt.
Damals waren in die jungen Gemeinden Leute eingebrochen, die den Christen dort erzählt und gesagt haben: „Wenn ihr richtige Christen sein wollt, dann muss euer Alltag auch noch mehr nach Jesus aussehen. Und es gibt ein bewährtes Rezept, das ihr nehmen könnt: Nehmt die ganzen Ordnungen, die das jüdische Volk in seinem alttestamentlichen Gottesdienst hatte. Nehmt die Bräuche der Reinigung der Hände und der Speisegebote, nehmt die ganzen Ordnungen, und dann wird euer Leben noch mehr von Gottes Heiligkeit durchdrängt. Macht euch die Quasten an die Kleider hin, damit ihr immer an Gott erinnert werdet.“
Und ich frage mich manchmal: Sollte man heute nicht gegen die Entwertung des Sonntags wieder die alten Sabbatgesetze betonen? Dass man am Sonntag nicht die größten Autotouren machen soll, sondern sich mit einem kurzen Weg bescheiden kann? Wären solche Ordnungen heute nicht für die Christen hilfreich?
Paulus hat hier gestritten. Das überrascht Sie vielleicht, dass in der ersten Christenheit gestritten wurde. Aber das geht in unserem Glauben nicht anders. Denn immer wieder werden Dinge hineingezogen, die nicht hineingehören. Und immer wieder kommen Leute, die uns etwas auflegen wollen, was nicht dazugehört.
Darum hat Paulus selbst mit dem ehrwürdigen Apostel Petrus gerungen. Er hat gesagt, leider hat Petrus das nicht eindeutig selbst gelebt in den Gemeinden, in denen er hinkam. Wir sollten den Menschen so deutlich sagen, dass wir nicht durch Ordnungen selig werden.
Jetzt muss ich erklären, worum es im Hintergrund geht: Unser Leben ist gefangen in den Bindungen der Sünde. Dann verstehen Sie erst, was Paulus sagt.
Wir haben ja in unserer Welt große Menschen, die wir bewundern können. Sie sind Wohltäter der Menschheit, in ihren edlen Handlungen Vorbild. Aber Paulus sagt: Auch die großen Menschen, zu denen wir bewundernd aufsehen, werden nicht gerecht vor Gott. Auch sie können ihr Leben vor Gott nicht vollkommen leben. Eine kleine Versuchung, und sie sind niedergestreckt wie die anderen. Urplötzlich bricht auch in ihr Leben die Sünde ein.
Es geht also um die Frage, wie ich mein Leben freimachen kann von den Bindungen der dunklen Macht des Bösen.
Da haben sich viele Christen so verkrampft. Jetzt können Sie das doch gut verstehen. Sie haben sich verkrampft gegen den Einfluss des Bösen in ihrem Leben, damit kein Streit in ihrer Familie entsteht, damit Friede herrsche, damit sie selbst reine Gedanken haben. Sie laufen ganz verklemmt durch die Welt.
Paulus sagt: Du kannst das nicht tun, indem du dir selbst Ordnungen auferlegst.
Zweiter Punkt: Kennst du die Kraft Jesu?
Was hat Paulus gegenübergestellt gegen die eigenen Ordnungen der Frömmigkeit, gegen die er radikal war? Den Glauben an Jesus.
In unseren Kirchen wird ja manchmal gesagt, Paulus hätte dem Glauben gegenübergestellt, nicht dem Glauben allein. Der Glaube allein rette dich nicht, der Glaube an Jesus. Der Glaube ist nur ein Instrument, das ist nur deine Hand, die Jesus fasst.
Aber Paulus sagt: Wie war das, als ihr einst das erste Mal von Jesus gehört habt? Er erinnert die Gemeinde an ihren Anfang.
Ich möchte Sie bitten: Merken Sie, dass es heute um Fragen geht, die uns so scheiden voneinander wie damals auch die ersten Christen. Dass darüber vielleicht sogar Streit entstehen kann. Denn wir müssen hier nach den Spuren der Bibel leben.
Damals, als wir Christen wurden, da haben wir entdeckt: Mein Leben ist so verkehrt und falsch. Wie haben wir es gerade im Abendmahl bekannt? Jesus Christus, der für meine Sünden starb, der rettet mich. Und ich darf vor Gott reden, weil Jesus meine Schuldenlast durchstreicht. Jetzt nimmt er sie vollkommen hinweg.
Ich darf zu Jesus kommen, und Jesus ist so stark und so mächtig und in seiner Liebe so groß, dass er keinen Menschen hinausstößt.
Damals, als diese Leute in Galatien zum ersten Mal von Jesus hörten, da war das so wie bei uns: Das sind Freudentage. Da haben wir die Freude entdeckt: „Ach, Gott hat mich lieb, das Alte ist weggetan, und ich darf wissen, dass Gott mich trägt in seiner Güte und Geduld. Ich bin gerecht, selbst wenn die anderen mit Fingern auf mich zeigen und sagen, du? Sagen wir, Gott hat mich dennoch lieb. Und alle, alle meine Schuld hat er weggenommen. Ich freue mich, dass ich Jesus gehören darf.“
Dritter Punkt: Aber wenn dann die Sünde wieder durchbricht.
Das war der fröhliche Anfang, und der wiederholt sich jetzt bei jedem Menschen, der zum Glauben kommt. Er ist voll der Freude an Jesus, und dann merken wir, dass wir, solange wir in dieser Welt leben, immer noch mit dem Teufel zu kämpfen haben.
Er hat ein Einfallstor in unserem Leben. Er kommt, und da gibt es so viele Schwachstellen, an denen er uns packen kann. Und dann fallen wir immer wieder in tiefe Sünde. Das ist der Grund, warum so viele Christen verkrampft werden.
Mein Freund Hans Brandenburg hat gesagt: Das sind die Kinderkrankheiten des Glaubens. So wie jedes Kind mal ein paar Kinderkrankheiten durchmacht, so macht fast jeder Christ, kaum ist er zum Glauben gekommen – ihr jungen Leute –, diese Kinderkrankheit durch. Er meint, er könne die Schwachstellen seines Lebens besiegen, indem er sich ganz strengen Ordnungen unterwirft.
Es ist ja alles gut gemeint, es ist ja lieb gedacht.
Manchmal wollten wir so jung bekehrte Christen am liebsten unserer Kontrolle unterziehen und sagen: „Tag und Nacht, ich passe auf dich auf, damit du nicht mehr zurückfällst in die alten Sünden.“ Das ist ja notvoll.
Da erlebt einer, der an den Alkohol gekettet war, durch ein Wunder Jesu die völlige Befreiung. Und ein dreiviertel Jahr später fällt er wieder zurück. Dass die Sünde uns wieder so packen kann und wir so schwach sind.
Wir haben ja erlebt, wie Dinge in unserem Leben gar keine Rolle mehr spielen, böse Gedanken, die wir besiegt hatten. Und dann kommt das wieder. Dass der Teufel so viel Macht haben kann, solange wir in der Welt leben, das macht uns Kummer.
Nun will man das mit Ordnung regeln. Und Paulus sagt, da hat sich besonders angeboten, das jüdische Gesetz zu nehmen. Wir können uns auch andere Hilfsmittel zur Hand nehmen. Und Paulus sagt: Bleibt davon lassen!
Nämlich, du kannst das mit deiner Anstrengung gar nicht schaffen. Je mehr sie sich verbeißen und verkrampfen – und das ist die Freudlosigkeit so vieler Christen –, je mehr sie sich verbeißen und verkrampfen und gegen ihr böses Wesen angehen wollen und sagen: „Ich möchte mich jetzt ändern“, kriegen sie das gar nicht hin.
Und was bietet Paulus dagegen an? Er sagt: Nicht, wir werden doch nicht gerecht, wir werden doch nicht neue Menschen, wir werden doch nicht neue Persönlichkeiten, indem wir uns Ordnungen unterwerfen, indem wir uns verkrampfen, sondern allein durch den Glauben an Jesus.
Jesus war in der Stunde deiner Bekehrung – oder ist heute in der Stunde deiner Bekehrung – der mächtige Heiland, der dich herausreißt aus allen Bindungen. Und er ist auch der wunderbare Schöpfer eines neuen Lebens.
Er hat die Verheißung gegeben: „Ich will meinen Geist in euch geben, will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln.“ Er will sie umändern, er will ihnen eine ganz neue Art geben, er will sie rein machen durch und durch, er will ihre Herzensgedanken, ihre Fantasie verändern. Jesus will in ihrem Leben wohnen.
Und wie können sie das erreichen? Gott benutzt als Mittel etwas, auf das wir nie stolz sein können: Glauben ist ja nur das vertrauende Annehmen. Das kann jedes Kind. Ein Kind kann sogar das Glauben noch besser, das Vertrauen schon aus einer Bindung an die Eltern, dieses vertrauende Hingeben an Jesus.
Wie werde ich jetzt mit meinen Schwachstellen im Leben fertig? Indem ich Jesus vertraue. Ihm allein.
Und dann hat Paulus gerungen und gesagt: „Jetzt führt doch nicht wieder die alten Ordnungen ein, sondern lebt aus der Freude an Jesus!“
Vierter Punkt: Jetzt ist mein Leben voll von sprühender Aktivität.
Sie haben sicher schon über dieses Kapitel in der Bibel und über diesen ganzen Gedankengang viel predigen gehört. Und es ist immer wieder erschütternd, dass die Prediger sagen: Es kommt gar nicht so auf die Werke an.
Stimmt das eigentlich? Es kommt doch darauf an, wie wir leben. Und es gibt so eine komische Unsicherheit im Denken der Leute: Es kommt doch darauf an, dass ich recht lebe, ich muss doch auch nach dem Willen Gottes leben, ich will mich doch heute in der modernen Welt bewähren als ein Mensch, der auf Gott vertraut.
Kommt es doch auf die Werke an?
Heute sagt man oft und beruft sich auf diese Stellen des Paulus, es käme nicht auf die Leistung an. Und dann hat man gleich einen modernen Anknüpfungspunkt und redet von der modernen Leistungsgesellschaft.
Das ist doch Unsinn.
In unserer Welt kommt es auf Leistung an. Sie wollen doch im Leben auch etwas leisten. Ich möchte nicht nur unnütz leben. Und wir Christen wollen, dass wir nicht vergeblich gelaufen sind. Ich möchte auch mit meinem Leben etwas wirken für Gott.
Es geht nicht um die Frage, ob Werke oder Leistung, sondern aus welcher Kraft machen Sie das? Wo haben Sie denn diese Energiereserven, aus denen Sie lieben können?
Sie merken ja manchmal, wenn Ihre Nerven abgespannt sind, dass Sie gar keine Kraft zum Lieben haben. Da können Sie sechsmal das Gebot hören: „Liebe deinen Nächsten!“ Sie haben nicht die Kraft dazu. Er geht Ihnen auf den Wecker.
Und da spricht Paulus von der wunderbaren Umwandlung. Da, wo einer Jesus glaubt und die Glaubensverbindung zu Jesus bleibt, ist die einzige Energiequelle ihres Lebens die von Verheißung.
Da, auf einmal, lebt Christus in mir. Ich verfüge über seine Macht, dass man das so sagen darf.
Können Sie das von Ihrem Leben so sagen, dass das eins wird: Jesus lebt in mir? Wenn ich rede, wirkt Jesus die Worte durch mich.
Das habe ich gar nicht.
Dann geben Sie sich doch im Glauben Jesus so hin, dass er in Ihnen wirken kann. Dass Ihr Familienleben – und ich will es immer wieder ganz praktisch sagen, wo es anfängt: Ihr Eheleben, Ihre Jugendkraft – Jesus gegeben wird, dass er darin wirken kann.
Unsere Aufgaben, in denen wir stehen und Verpflichtungen haben, die Gespräche am Tisch heute Mittag – Jesus lebt in mir.
Glauben Sie das wirklich? Sonst hätten doch solche Leute wie Paulus nie solche großen Taten vollbracht.
Das sind verborgene Weisen, wie Jesus wirken kann, und das will er bei Ihnen tun.
Sie schaffen das nicht, indem Sie sich verkrampfen, sondern indem Sie als des Heilands fröhliche Leute leben.
Paulus sagt: Wir wollen doch nicht wieder die alten Ordnungen einrichten, die uns einengen. Wir wollen aus der Fülle Jesu leben. Und dann sprießt es aus unserem Leben heraus: voll Aktivität und Werke, und Werke und Taten – die Fülle.
Ich hoffe, dass Ihr Leben reich ist an vielen guten Werken, die Jesus in Ihnen vollbringt und wirkt. Dass alle Ihre Werke davon geprägt sind.
Solange ich in diesem Leib lebe – in diesem Leib, der unser Kummer macht, unserem schwachen Leib –, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes.
Was ist Glaube? Dieses Austrecken der Hände zu Jesus. Bei jedem Schritt: Jesus, du musst in mir wirken.
Liebe Schwestern und Brüder, ich kann ohne Jesus nicht leben. Ich kann ohne Jesus mein Leben nicht meistern. Ich kann ohne Jesus die Sünde nicht besiegen. Ich kann ohne Jesus nicht Taten vollbringen, die von Bedeutung sind.
Darum ist es so wichtig, dass wir die Hände ausstrecken, dass sie ihre stille Zeit am Morgen haben, dass sie beten können und rufen können und im Glauben an Jesus bleiben den Tag über, selbst wenn sie mittendrin sind in den Geschäften des Alltags.
Dann sagt Paulus: Was ich lebe im Fleisch – da meint Paulus mit „Fleisch“ immer den versuchlichen, irdischen Menschen, mit unserer schwachen Psyche, mit unserer geringen Nervenkraft und mit all den erbärmlichen Niederlagen, die wir haben –, das lebe ich jetzt Gott zur Ehre.
Ich bringe meinen Leib dar als Gottesdienst, damit Gott etwas daraus wirkt, weil Jesus in mir Raum greift und mich zum Leben benutzt.
Fünfter Punkt: Nichts mehr ohne ihn.
Ich habe es versucht, ein bisschen auseinanderzunehmen.
Ich werfe doch die Gnade Gottes nicht weg.
Paulus hat gesagt: Das sieht so fromm aus bei euch, wenn ihr euch so anstrengt. Und manche sagen ganz bezaubert: „Du, was der fastet und wie der heilig lebt!“ Bezaubert sind sie auch.
Mich bezaubert nur noch, wenn einer fröhlichen Glauben lebt.
Die anderen werfen die Gnade Gottes weg. Sie reden sehr viel von ihrem eifrigen Streben und wie sie Tag und Nacht an Gott denken. Das ist gar nicht nötig.
Wenn sie nur im Glauben in der Verbindung mit Jesus fröhlich stehen, leben sie von der Begnadigung, die ihnen geschenkt wurde.
Und dann warnt Paulus und sagt: Werfe die nicht weg!
Wenn du meinst, du könntest ohne Jesus – na ja, ohne Jesus geht es doch –, dann würde das bedeuten, dass du ihn gar nicht brauchst.
Darf ich Ihnen ein Beispiel sagen? Da ertrinkt einer im Fluss. Ein Mann, der vorbeikommt, springt als Retter ihm nach. Unter Einsatz seines Lebens kämpft er sich zum Ertrinken vor. Und dann lächelt er bloß und sagt: „Ha, ha, ha, ich wäre auch selber rausgekommen.“
So macht ihr es doch täglich. Ihr seid stolz auf eure Frömmigkeit, wo ihr Jesus nicht bemüht.
Paulus sagt: Ich kann doch ohne Jesus nichts mehr. Jeden Schritt meines Lebens will ich mit Jesus leben.
Ich sage das wieder in dieser Schärfe, weil man heute so sagt, als ob das nur eine Frömmigkeitsrichtung wäre: Können Sie ohne Jesus leben? Können Sie in der Öffentlichkeit wirken, Ihre Aufgaben Ihres Lebens wahrnehmen, ohne Jesus? Ich nicht, ohne seine Gnade.
Ich bin jeden Tag überwältigt, wie er mich sündigen Menschen lieb hat und dass er immer wieder alles Dunkle meines Lebens auslöscht, wie es Ihnen schon vorher im Abendmahl zugesagt wurde und bei Ihnen Wohnung sucht.
Bleiben Sie an dem fröhlichen Anfang Ihres Glaubens stehen, bis zum Sterben, bis Sie einst Gott schauen von Angesicht zu Angesicht.
Erbarmung ist uns widerfahren, das macht uns fröhlich, und was uns rettet, ist diese unbegreifliche Vergebung Gottes in Jesus, der so groß ist, dass er uns nachgeht bis heute.
Werfen Sie doch die Gnade nie weg, nicht einen einzigen Augenblick.
Nichts ohne ihn. Amen.
Warum sind so viele Christen verkrampft?
Meine erste Frage lautet: Warum sind dann so viele Christen verkrampft? Das hat doch auch Sie schon abgestoßen. Man hat Leute kennengelernt, bei denen man das Gefühl hatte, sie seien wie eingeschnürt.
Alle, die nicht glauben können, denken dann manchmal: Gott sei Dank bin ich kein Christ. So wie die will ich nicht sein. Die sind so verkrampft, so leblos, so erstarrt.
Darum hat sich Paulus immer wieder gegen das gewehrt, was er mit dem Begriff „Gesetz“ beschreibt. Damals waren in die jungen Gemeinden Leute eingebrochen, die den Christen dort erzählten: Wenn ihr richtige Christen sein wollt, dann muss euer Alltag noch mehr nach Jesus aussehen.
Es gibt ein bewährtes Rezept, das ihr nehmen könnt: Nehmt die ganzen Ordnungen, die das jüdische Volk in seinem alttestamentlichen Gottesdienst gehabt hat. Nehmt die Bräuche der Reinigung der Hände und der Speisegebote, nehmt die ganzen Ordnungen, und dann wird euer Leben noch mehr von Gottes Heiligkeit durchdrängt.
Macht euch die Quasten an die Kleider, damit ihr immer an Gott erinnert werdet.
Ich frage mich manchmal: Sollte man heute nicht gegen die Entwertung des Sonntags wieder die alten Sabbatgesetze betonen? Dass man am Sonntag nicht die größten Autotouren machen soll, sondern sich mit einem kurzen Weg bescheiden kann? Wären solche Ordnungen heute nicht für die Christen hilfreich?
Paulus hat hier gestritten. Das überrascht Sie vielleicht, dass es in der ersten Christenheit Streit gab. Aber das geht in unserem Glauben nicht anders, weil immer wieder Dinge hineingezogen werden, die nicht hineingehören.
Es kommen immer wieder Leute, die uns etwas auflegen wollen, was nicht dazugehört. Darum hat Paulus selbst mit dem ehrwürdigen Apostel Petrus gerungen. Er hat gesagt, dass Petrus leider nicht eindeutig selbst so gelebt hat in den Gemeinden, in denen er hinkam.
Wir sollten den Menschen so deutlich sagen, dass wir nicht durch Ordnungen selig werden.
Die Bindung der Sünde und die Unvollkommenheit der Menschen
Und jetzt muss ich erklären, worum es im Hintergrund geht. Unser Leben ist gefangen in den Bindungen der Sünde. Erst dann verstehen wir, was Paulus sagt.
In unserer Welt gibt es große Menschen, die wir bewundern können. Sie sind Wohltäter der Menschheit und in ihren edlen Handlungen ein Vorbild für uns. Aber Paulus sagt: Auch die großen Menschen, zu denen wir bewundernd aufsehen, werden nicht gerecht vor Gott. Auch sie können ihr Leben vor Gott nicht vollkommen leben. Eine kleine Versuchung genügt, und sie werden niedergestreckt wie die anderen.
Urplötzlich bricht auch in ihr Leben die Sünde ein. Es geht also um die Frage, wie ich mein Leben von den Bindungen der dunklen Macht des Bösen freimachen kann.
Viele Christen haben sich in diesem Zusammenhang sehr verkrampft. Sie versuchen, den Einfluss des Bösen in ihrem Leben zu bekämpfen, damit kein Streit in ihrer Familie entsteht, Frieden herrscht, sie reine Gedanken haben und sie ganz verklemmt durch die Welt gehen.
Paulus sagt jedoch: Du kannst das nicht erreichen, indem du dir selbst Ordnungen auferlegst.
Die Kraft des Glaubens an Jesus Christus
Glaube als Gegenpol zu Gesetzeswerken
Kennst du die Kraft Jesu? Was hat Paulus den eigenen Ordnungen der Frömmigkeit gegenübergestellt, gegen die er radikal war? Den Glauben an Jesus.
In unseren Kirchen wird manchmal gesagt, Paulus hätte dem Glauben etwas anderes gegenübergestellt, nicht dem Glauben allein. Es heißt dann, der Glaube allein rette nicht, sondern der Glaube an Jesus. Der Glaube sei nur ein Instrument, nur deine Hand, die Jesus fasst. Aber Paulus fragt: Wie war das, als ihr zum ersten Mal von Jesus gehört habt? Er erinnert die Gemeinde an ihren Anfang.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es heute um Fragen geht, die uns so scheiden wie damals auch die ersten Christen. Darüber kann sogar Streit entstehen, denn wir müssen hier nach den Spuren der Bibel leben.
Damals, als wir Christen wurden, haben wir entdeckt: Mein Leben ist so verkehrt und falsch. Wie haben wir es gerade im Abendmahl bekannt? Jesus Christus, der für meine Sünden starb, der rettet mich. Ich darf vor Gott treten, weil Jesus meine Schuldenlast durchstreicht. Jetzt nimmt er sie vollkommen hinweg.
Ich darf zu Jesus kommen, und Jesus ist so stark, so mächtig und in seiner Liebe so groß, dass er keinen Menschen hinausstößt. Als die Leute in Galatien zum ersten Mal von Jesus hörten, war das wie bei uns: Freudentage. Da haben sie die Freude entdeckt: Ach, Gott hat mich lieb! Das Alte ist weggetan, und ich darf wissen, dass Gott mich trägt in seiner Güte und Geduld.
Ich bin gerecht, selbst wenn andere mit dem Finger auf mich zeigen und sagen: „Du!“ Aber Gott hat mich dennoch lieb. Alle meine Schuld hat er weggenommen. Ich freue mich, dass ich Jesus gehören darf.
Die Realität des Kampfes mit der Sünde
Dritter Punkt
Aber wenn die Sünde dann wieder durchbricht, war der fröhliche Anfang da, und dieser wiederholt sich jetzt bei jedem Menschen, der zum Glauben kommt. Er ist voller Freude an Jesus. Doch dann merken wir, dass wir, solange wir in dieser Welt leben, immer noch mit dem Teufel zu kämpfen haben. Er hat ein Einfallstor in unserem Leben. Es gibt so viele Schwachstellen, an denen er uns packen kann.
Dann fallen wir immer wieder in tiefe Sünde. Das ist der Grund, warum so viele Christen verkrampfen. Mein Freund Hans Brandenburg hat gesagt, das seien die Kinderkrankheiten des Glaubens. So wie jedes Kind mal ein paar Kinderkrankheiten durchmacht, so durchlebt fast jeder Christ, kaum ist er zum Glauben gekommen – besonders ihr jungen Leute – diese Kinderkrankheit. Sie meinen dann, sie könnten die Schwachstellen ihres Lebens besiegen, indem sie sich ganz strengen Ordnungen unterwerfen.
Es ist ja alles gut gemeint und lieb gedacht. Manchmal wollten wir so jung bekehrte Christen am liebsten unserer Kontrolle unterziehen und sagen: Tag und Nacht passe ich auf dich auf, damit du nicht mehr zurückfällst in die alten Sünden. Das ist ja notvoll. Da erlebt einer, der an Alkohol gekettet war, durch ein Wunder Jesu völlige Befreiung. Doch nach dreiviertel Jahr fällt er wieder zurück. Dass die Sünde uns so wieder packen kann und wir so schwach sind, macht uns Kummer.
Wir haben ja erlebt, wie Dinge in unserem Leben gar keine Rolle mehr spielen, böse Gedanken, die wir besiegt hatten, und dann kommen sie wieder. Der Teufel hat so viel Macht, solange wir in der Welt leben. Das macht uns Kummer.
Nun will man das mit Ordnung lösen. Paulus sagt, da hat sich besonders das jüdische Gesetz angeboten. Wir können uns auch andere Hilfsmittel zur Hand nehmen. Paulus sagt jedoch: Bleibt davon lassen! Du kannst das mit deiner Anstrengung gar nicht schaffen. Je mehr sich jemand verbeißt und verkrampft – und das ist die Freudlosigkeit so vieler Christen – je mehr sie sich verbeißen und verkrampfen und gegen ihr böses Wesen angehen wollen, indem sie sagen: „Ich möchte mich jetzt ändern“, desto mehr schaffen sie es nicht.
Was bietet Paulus dagegen an? Er sagt: Wir werden doch nicht gerecht, wir werden doch nicht neue Menschen, wir werden doch nicht neue Persönlichkeiten, indem wir uns Ordnungen unterwerfen und verkrampfen, sondern allein durch den Glauben an Jesus.
Jesus war in der Stunde deiner Bekehrung – oder ist heute in der Stunde deiner Bekehrung – der mächtige Heiland, der dich herausreißt aus allen Bindungen. Er ist auch der wunderbare Schöpfer eines neuen Lebens. Er hat die Verheißung gegeben: „Ich will meinen Geist in euch geben.“ Er will solche Leute aus euch machen, die in seinen Geboten wandeln.
Er will sie umändern, er will ihnen eine ganz neue Art geben. Er will sie reinmachen, durch und durch. Er will ihre Herzensgedanken, ihre Fantasie verändern. Jesus will in ihrem Leben wohnen.
Wie können sie das erreichen? Gott benutzt als Mittel etwas, auf das wir nie stolz sein können: Glauben. Glauben ist ja nur das vertrauende Annehmen. Das kann jedes Kind. Ein Kind kann sogar das Glauben noch besser, weil es Vertrauen schon aus einer Bindung an die Eltern kennt – dieses vertrauende Hingeben an Jesus.
Wie werde ich jetzt mit meinen Schwachstellen im Leben fertig? Indem ich Jesus allein vertraue. Paulus hat gerungen und gesagt: Führt jetzt doch nicht wieder die alten Ordnungen ein, sondern lebt aus der Freude an Jesus.
Das Leben in der Kraft Jesu und die Bedeutung der Werke
Vierter Punkt
Jetzt ist mein Leben voll von sprühender Aktivität. Sie haben sicher schon viel über dieses Kapitel in der Bibel und den dazugehörigen Gedankengang gehört. Es ist immer wieder erschütternd, wenn Prediger sagen, es komme gar nicht so sehr auf die Werke an. Stimmt das eigentlich? Es kommt doch darauf an, wie wir leben.
Es gibt eine merkwürdige Unsicherheit im Denken vieler Menschen: Es kommt doch darauf an, recht zu leben. Ich muss nach dem Willen Gottes leben. Ich will mich heute in der modernen Welt als ein Mensch bewähren, der auf Gott vertraut. Kommt es denn nun auf die Werke an?
Heute hört man oft, und man beruft sich auf Stellen des Paulus, dass es nicht auf die Leistung ankomme. Dann hat man gleich einen modernen Anknüpfungspunkt und redet von der modernen Leistungsgesellschaft. Das ist aber Unsinn. In unserer Welt kommt es sehr wohl auf Leistung an. Sie wollen im Leben doch auch etwas leisten. Ich möchte nicht nur unnütz leben. Und wir Christen wollen, dass wir nicht vergeblich gelaufen sind. Ich möchte mit meinem Leben etwas bewirken für Gott.
Es geht nicht um die Frage, ob Werke oder Leistung wichtig sind, sondern aus welcher Kraft wir das tun. Woher nehmen Sie die Energiereserven, aus denen Sie lieben können? Sie merken ja manchmal, wenn Ihre Nerven angespannt sind, dass Sie gar keine Kraft zum Lieben haben. Da können Sie sechsmal das Gebot hören: „Liebe deinen Nächsten“, aber Sie haben nicht die Kraft dazu. Er geht Ihnen auf den Wecker.
Paulus spricht von der wunderbaren Umwandlung, die geschieht, wenn jemand Jesus glaubt. Die Glaubensverbindung zu Jesus bleibt die einzige Energiequelle im Leben, die von Verheißung ist. Da heißt es: Christus lebt in mir. Ich verfüge über seine Macht – wenn man das so sagen darf. Können Sie von Ihrem Leben so sagen, dass es eins wird mit Jesus, dass Jesus in Ihnen lebt? Wenn Sie sprechen, wirkt Jesus durch Ihre Worte? Wenn nicht, dann geben Sie sich doch im Glauben Jesus hin, damit er in Ihnen wirken kann.
Ich möchte das ganz praktisch sagen: Wo es anfängt – in Ihrem Eheleben, Ihrer Jugendkraft, Ihren Aufgaben und Verpflichtungen, in den Gesprächen am Mittagstisch – da soll Jesus in Ihnen leben. Glauben Sie das wirklich? Sonst hätten solche Leute wie Paulus nie so große Taten vollbracht. Das sind verborgene Wege, wie Jesus wirken kann, und das will er auch bei Ihnen tun.
Sie schaffen das nicht, indem Sie sich verkrampfen, sondern indem Sie als fröhliche Menschen des Heilands leben. Paulus sagt: Wir wollen nicht wieder die alten Ordnungen einrichten, die uns einengen. Wir wollen aus der Fülle Jesu leben. Dann sprießt aus unserem Leben heraus voll Aktivität, Werke und Taten – die Fülle.
Ich hoffe, dass Ihr Leben reich ist an vielen guten Werken, die Jesus in Ihnen vollbringt und wirkt. Dass alle Ihre Werke davon geprägt sind. Solange ich in diesem Leib lebe – in diesem Leib, der unser Kummer ist, unserem schwachen Leib –, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes.
Was ist Glaube? Es ist das Austrecken der Hände zu Jesus. Bei jedem Schritt sage ich: Jesus, du musst in mir wirken. Liebe Schwestern und Brüder, ich kann ohne Jesus nicht leben. Ich kann ohne Jesus mein Leben nicht meistern. Ich kann ohne Jesus die Sünde nicht besiegen. Ich kann ohne Jesus keine Taten vollbringen, die von Bedeutung sind.
Darum ist es so wichtig, dass wir die Hände ausstrecken, dass wir unsere stille Zeit am Morgen haben, dass wir beten und rufen können und im Glauben an Jesus bleiben – den Tag über, selbst wenn wir mitten im Alltag stehen.
Paulus meint mit „Fleisch“ immer den versuchlichen, irdischen Menschen – mit unserer schwachen Psyche, unserer geringen Nervenkraft und all den erbärmlichen Niederlagen, die wir haben. Das lebe ich jetzt Gott zur Ehre. Ich bringe meinen Leib dar als Gottesdienst, damit Gott etwas daraus wirken kann, weil Jesus in mir Raum greift und mich zum Leben benutzt.
Fünfter Punkt: Nichts mehr ohne ihn
Ich habe versucht, das ein wenig auseinanderzunehmen. Ich werfe die Gnade Gottes nicht weg. Paulus hat gesagt: „Das sieht so fromm aus bei euch, wenn ihr euch so anstrengt.“ Manche sind ganz bezaubert: „Du, wie der fastet und heilig lebt!“ Mich bezaubert nur noch, wenn jemand fröhlichen Glauben lebt.
Die anderen werfen die Gnade Gottes weg. Sie reden viel von ihrem eifrigen Streben und davon, wie sie Tag und Nacht an Gott denken. Das ist gar nicht nötig. Wenn sie nur im Glauben und in der Verbindung mit Jesus fröhlich stehen, leben sie von der Begnadigung, die ihnen geschenkt wurde.
Paulus warnt und sagt: Werfe die Gnade nicht weg! Wenn du meinst, du könntest ohne Jesus leben – na ja, ohne Jesus geht es doch –, dann würde das bedeuten, dass du ihn gar nicht brauchst.
Darf ich Ihnen ein Beispiel sagen? Da ertrinkt jemand in einem Fluss. Ein Mann, der vorbeikommt, springt als Retter hinterher. Unter Einsatz seines Lebens kämpft er sich zum Ertrinkenden vor. Und der lächelt bloß und sagt: „Ha, ha, ha, ich wäre auch selbst rausgekommen.“ So macht ihr es doch täglich: Ihr seid stolz auf eure Frömmigkeit, bemüht Jesus aber nicht.
Paulus sagt: Ich kann ohne Jesus nichts mehr. Jeden Schritt meines Lebens will ich mit Jesus leben. Ich sage das in dieser Schärfe, weil heute oft gesagt wird, als ob das nur eine Frömmigkeitsrichtung wäre.
Können Sie ohne Jesus leben? Können Sie in der Öffentlichkeit wirken, Ihre Lebensaufgaben wahrnehmen ohne Jesus? Ich nicht, ohne seine Gnade.
Ich bin jeden Tag überwältigt, wie er mich, einen sündigen Menschen, liebt und wie er immer wieder alles Dunkle meines Lebens auslöscht – wie es Ihnen schon im Abendmahl zugesagt wurde. Er sucht bei Ihnen Wohnung. Bleiben Sie an dem fröhlichen Anfang Ihres Glaubens stehen – bis zum Sterben, bis Sie Gott einst von Angesicht zu Angesicht schauen.
Erbarmung ist uns widerfahren. Das macht uns fröhlich. Und was uns rettet, ist diese unbegreifliche Vergebung Gottes in Jesus, der so groß ist, dass er uns bis heute nachgeht.
Werfen Sie die Gnade nie weg, nicht einen einzigen Augenblick. Nichts ohne ihn. Amen.
Die Gnade Gottes bewahren und nicht verwerfen
Bitte geben Sie den zu überarbeitenden Text ein.
