Als ich das erste Mal vor Gericht stand, war ich ganz allein. Niemand kam mir zur Hilfe, sondern alle verließen mich. Ich hoffe aber, dass der Herr mir verziehen hat und dass mir das nicht als Sünde angerechnet wird.
Doch der Herr stand mir bei und gab mir Kraft, damit durch mich die ganze Botschaft verkündet werden konnte und alle Heiden sie hören konnten. Und ich wurde aus der Löwengrube gerettet.
Gedenke an Jesus Christus, der aus dem Stamm Davids auferstanden ist. Er ist mein Herr. Darum kämpfe ich den guten Kampf, halte an deinem Glauben fest und bewahre das ewige Leben, zu dem du berufen bist und das du mit vielen Zeugen gehört hast.
Ich befehle dir vor Gott und Jesus Christus, der bald richten wird, die Lebenden und die Toten, dass du das Wort treu verkündigst, auch wenn die Zeit schwierig wird. Halte dich bereit dazu, jederzeit und mit Geduld.
Meide falsche Lehren und die Streitigkeiten um Worte, denn sie führen zu nichts und verderben die Zuhörer.
Bei mir sind nur Lukas und Markus. Hol Markus zu dir, denn er ist mir nützlich für den Dienst.
Tychikus habe ich nach Ephesus geschickt.
Wenn du kommst, bring die Bücher und besonders die Pergamente mit.
Eubulus grüßt dich, ebenso Pudens, Linus, Klaudias und alle Brüder.
Der Herr sei mit deinem Geist! Die Gnade sei mit euch! Amen.
Einsamkeit und Verlassenheit in schweren Zeiten
Bei meinem ersten Verhör stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle. Es sei ihnen nicht zugerechnet, der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Botschaft ausgebreitet würde und alle Heiden sie hörten. So wurde ich erlöst aus dem Rachen des Löwen. Der Herr aber wird mich erlösen von allem Übel und mich retten in sein himmlisches Reich. Ihm sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Grüße Priska und Aquila und das Haus des Onesiphorus. Erastus blieb in Korinth, Trophimus aber ließ sich krank in Milet. Es ist eine wichtige Stelle, dass auch in der Urchristenheit Menschen krank geworden sind. Auch wenn sie glauben, kann man krank werden. Wir haben am Dienstag viel darüber gehört im Bibeltraining.
„Beeile dich, dass du vor dem Winter kommst. Es grüßen dich Eubulus und Pudens und Linus und Claudia und alle Brüder. Der Herr sei mit deinem Geist, die Gnade sei mit euch.“
Da wird man ganz still, wenn einer so auspackt und von seiner Not erzählt. In meinem ersten Verhör stand mir niemand bei, es verließen mich alle. Ich habe gedacht: Heute sitzen sicher manche unter uns, die sagen, mir ist in der letzten Woche ganz ähnlich gegangen. Ich war ganz allein, ich hätte jetzt jemand gebraucht in diesem schwierigen Augenblick, und da war niemand da.
Es ist mir immer schwer, wenn ich durch die Straßen unserer Stadt gehe. Unser Stuttgart ist so eine schöne Stadt, eine große Stadt, eine mächtige und reiche Stadt. Da herrscht in den Häusern eine grenzenlose Einsamkeit. Immer mehr Menschen warten nur auf einen, der sie versteht, der Zeit für sie hat, der sie anhört mit dem, was sie bewegt, der Anteil nimmt.
Ganz besonders, wenn wir Schweres haben: wenn einer durch die Prüfung gefallen ist, wenn einer in einem Wahlgang durchgefallen ist, wenn einer zur Operation muss, wenn einer eine schlimme Nachricht gehört hat.
Ich weiß nicht, wie hoch der Prozentsatz ist, aber in den letzten Jahren hat sich die Zahl der ganz allein lebenden Menschen wahrscheinlich verdoppelt. Menschen, die sagen: Ich habe keinen. Ich kenne niemanden in dieser Stadt, ich weiß niemanden, an den ich mich wenden kann.
Und dass diese Einsamkeit zur Verlorenheit wird, zur Verzweiflung führt, das ist gar kein weiter Weg. Manche können sich bloß noch über ihre Einsamkeit hinüberretten mit Alkohol und mit Tabletten, denn sonst halte ich es nicht mehr aus, da drehe ich durch.
Ganz besonders schlimm ist das, wenn uns jemand angreift, wenn wir verspottet und verlacht sind oder wenn man sich plötzlich unnütz vorkommt. Und dann sagt man: Jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich machen soll. Da fehlt jemand, der uns mal in den Arm nimmt.
Oder sagen Sie, es wäre gar nicht nötig, bloß einer, der mir die Hand drückt, ganz still und wortlos. Oder vielleicht nicht mal das, einer, der mich nur in die Augen blickt und sagt: Es ist gut, er hat Recht gemacht, es wird gut werden. Einer, der aufmuntert.
Ich habe gedacht, wenn man all die Milliarden, die Theo Weigel auf den Haufen schichtet, oder wenn man alle Industriegüter Westeuropas, wenn man alle Besitztümer zusammennimmt, ist das nicht aufzuwiegen mit einem getreuen Herzen.
Wenn Sie einen Menschen wissen, dem Sie vertrauen können und sagen: Der steht zu mir, nichts in der Welt ist dem gleichzusetzen. Das wissen nur die, die einsam sind. Das größte Gut, mehr als aller Besitzer der Welt, ist ein Mensch, der in Treue zu mir steht, der mich lieb hat, der mich annimmt.
Und wer das nicht hat, der verzweifelt daran, der leidet darunter an der schrecklichen Einsamkeit. Haben Sie jemanden, der Sie lieb hat, der Sie versteht, der Sie annimmt, der Ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen gibt?
Verlassenheit ohne Verzweiflung ertragen
Ich möchte in diesem Wort des Paulus drei Dinge zeigen. Erstens, dass man in der Verlassenheit nicht verzweifeln und nicht zerbrechen muss.
Ich finde die Szene großartig, die uns Paulus hier so miterleben lässt. Es ist immer gut, wenn man auch bei den großen Glaubenszeugen die persönlichen Nöte ein wenig ahnt. Dadurch werden sie uns viel menschlicher und kommen uns so nahe, dass man sich plötzlich ganz verbunden mit ihnen fühlt.
Zuerst die Haft des Paulus: Das muss ja schon schwer gewesen sein. Eingesperrt zu sein bedeutet, dass man nicht mehr herauskommt und sein Leben nicht mehr selbst bestimmen kann. Aber dann die grausame Haft! Da sind Menschen, die kommandieren: „Steh auf! Sieh es hin!“ Da werden die Ketten angelegt.
Paulus war ja ein schwer kranker Mann. Hat er überhaupt seine Medikamente gehabt? Was sind Menschen ohne Medikamente? Verstehen Sie, da ist man doch schon ganz schwach und matt. Und dann das miese Essen! Man muss einfach essen, was einem vorgesetzt wird.
Endlich kam das erste Verhör. Man geht mit Spannung dem Tag entgegen. Manche von Ihnen waren vielleicht schon in Haft oder im Kriegsgefangenenlager und sagen: „Jetzt endlich, so ein Moment, auf den man wartet!“ Dann wird man in den Saal geführt. Es war wahrscheinlich ein öffentliches Verhör, und der Saal ist gedrückt voll mit Menschen.
Herr Paulus schaut sich um, wissen Sie, wie am Bahnhof, wenn Leute abholen. Er fragt sich: Ist jemand da, der mich abholt? Ist da jemand, der am Flughafen auf mich wartet? Sitzt da jemand still im Saal und betet für mich? Er schaut und schaut noch einmal – und da ist niemand. Gar niemand!
Er hat doch so viele Schwestern und Brüder in Rom – wo sind sie denn? Das gibt es doch nicht! Wenn damals schon die neronische Verfolgung begann und die Christen ins Martyrium mussten, soll man das nicht leicht verurteilen, dass sich manche aus Angst verkrochen hatten. Aber das tut weh!
Paulus sagt: „Ich trage doch die Fesseln für euch, wo seid ihr denn jetzt?“ Ich hätte verstanden, wenn Paulus gesagt hätte: „Ihr seid mal schöne Fieslinge! Ich habe für euch mein Leben gewagt, ich habe in der Schwachheit meines Leibes euch gedient, und jetzt versteckt ihr euch. Ihr seid es nicht wert gewesen.“ Wissen Sie, wie leicht man in der Einsamkeit bitter wird.
Ich kenne viele verbitterte, einsame und verlassene Menschen. Und die Bitterkeit ist vielleicht noch der letzte Schutz unserer Persönlichkeit. Wir ziehen uns zurück und sagen: „Ich bin ja nicht so schlecht wie die anderen, die keinen Kontakt mehr wollen, die sich von mir getrennt haben, die feigen, sich verstecken und keinen Mut mehr haben.“
Man kann das so weiterführen und sagen: „Ich habe auch einmal Christen erlebt, und mit den Christen ist es immer das Gleiche, sie versagen im entscheidenden Augenblick.“ Aber in Paulus kommt keine Bitterkeit auf.
Warum nicht? Weil er weiß, dass gerade die, die ihn verlassen haben, besonders seine Fürbitte brauchen. Das ist die Art Jesu: „Vater, vergib ihnen!“ Wir wollen die Schwachen tragen und nichts an uns denken. Es sind immer Leute nötig, die auch dann, wenn Gott ihnen viel auf den Rücken legt, auch noch die Last der anderen mittragen können und sagen: „Ich will mitleiden!“
Das Weh des Paulus war nicht umsonst. Das habe ich nicht hineingelesen, sondern Paulus sagt ja: Es sei ihnen nicht zugerechnet, ich möchte es ihnen nicht mehr vorhalten, ich will nicht klagen – und er wird nicht bitter.
Diese Fürbitte des Paulus war nicht umsonst. Die Christen von Rom wurden später so mutige Märtyrer, dass sie singenden Löwen entgegengingen und in den Gladiatorenkämpfen ihrem Herrn Ehre brachten!
Es ist gut, daran zu denken: Wenn Gott mir Schweres auflegt, muss ich auch die Schwachen tragen und für andere da sein. Aber es ist wichtig, dass man dann in Verfolgung, auch wenn Feindschaft kommt, feststeht. Wenn wir das Lied gesungen haben: „Ein feste Burg ist unser Gott“, dann, wenn unser Glaube auf den Prüfstand kommt, ist es wichtig, dass wir sagen, wortwörtlich: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Da hat mich mein Herr hingestellt. Ganz gleich, was jetzt auch ist, ich will an meinem Platz treu sein. Herr Jesus, Dir lebe ich, Dir leide ich, Dir sterbe ich. Dahin bin ich tot und lebendig.“
Es gibt so wenige Christen, die ihren Glauben mutig bewähren. Wenn wir so allein und verlassen sind wie Paulus dort im Verhör, fehlt uns etwas. Wenn nur so ein Jugendchor noch einmal so schön singen würde! Das wäre so ein Augenblick, der einen erhebt. Oder wenn die Orgel schallen würde, oder wenn die Posaunen blasen – das ist immer schön. Oder wenn man einen vollen Gottesdienst hat. Aber wenn man ganz allein steht …
Paulus sieht diese grinsenden Gesichter, den Kaiser mit seiner ganzen Macht, der da auftrumpft. Das alte, untergehende Rom steht noch einmal mit seiner ganzen Herrlichkeit vor ihm, und er steht ganz klein davor.
Kennen Sie die Not eines Zeugen Jesu, der sich verlassen fühlt in der Welt und sagt: „Ich bin allein übrig geblieben, ganz allein und verlassen“?
Gottes Nähe in der Einsamkeit erfahren
Die Bibel versteht sehr gut, was einsame Menschen durch Leiden erfahren. Im Psalm 102 finden sich wunderbare Beschreibungen: „Ich bin wie eine Eule in der Einöde, wie das Käuzchen in den Trümmern. Ich wache und klage wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.“ Haben Sie so etwas auch schon einmal durchlitten? Vielleicht sagten Sie: „Mich hat keiner besucht, als ich krank war. Ich war ganz allein an meinem Ort, und niemand war bei mir, der mit mir betete.“
Oder nehmen wir Psalm 22: „Ich schreie, und Hilfe ist ferne. Ich bin ein Spott der Leute und verachtet vom Volk. Alle, die mich sehen, verspotten mich, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf.“ Wenn man so verlassen und einsam ist, kommt es zur Bewährung, ob unser Glaube echt ist. Ganz allein – das kann wohl sein, dass uns der Herr so führt. Ganz allein – ob dann unser Glaube zerfällt und zerbricht, ob wir nur noch bitter werden oder ob uns das in die Verzweiflung treibt.
Ich möchte einen zweiten Punkt machen, damit wir das ordnen. Das Erste war also: An dieser Verlassenheit darf nichts zerbrechen. Zweitens machen wir eine wunderbare Erfahrung. Paulus beginnt einfach so: „Doch der Herr stand mir bei.“ Wer? Der Herr, Jesus. Haben Sie das auch erlebt? „Der Herr aber stand mir bei.“
Ich muss zuerst sagen, dass ich lange Jahre meines Lebens Angst vor der Nähe Gottes hatte. Ich fürchtete mich. Und das ist der Grund, warum viele in der Einsamkeit den Trost nicht erleben. Sie wissen doch, wie es Adam und Eva erging: Als sie aus dem Paradies vertrieben wurden, liefen sie davon und verhüllten ihr Angesicht. Sie schämten sich. Oft spüren wir in der Einsamkeit plötzlich, dass wir gar nicht zu Gott kommen können. Wer kann schon in die Nähe Gottes treten? Unser Leben ist doch voller Sünde und Vergehen. Ich kann doch gar nicht zu ihm zurück.
Die Bibel erzählt von Judas, der noch nach dem Abendmahl, als Jesus ihm Brot und Kelch reichte, in die Nacht rannte. Ein Bild dafür, wie wir uns oft selbst die Einsamkeit suchen. Die Tragik, warum wir in der Einsamkeit zugrunde gehen und verloren sind, liegt darin, dass wir unsere Sünde nicht ins Licht Gottes bringen.
Wir müssen in diesem Augenblick merken: Jetzt muss etwas mit Gott bereinigt werden. Ich darf Ihnen sagen: Jesus steht da und wartet auf Sie. Uns ist nur eins nötig. Das habe ich bei Billy Graham wieder gelernt. Ich möchte Ihnen jeden Sonntag so simpel sagen: Sagen Sie jetzt, „Herr, vergib mir meine Schuld, und ich möchte doch bloß zu Dir. Ich will Dich jetzt wieder aufnehmen in mein Leben und möchte Dich haben.“
Wir haben vorhin Psalm 139 gebetet. Dort schwingt auch noch etwas Ungeheuerliches mit: „So viele Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ Es ist fast schwer zu glauben. Herr, Du siehst ja auch das, was im Dunkeln passiert – die Sünde, das Unrecht, das Böse. Und auf einmal merkt man: Das ist ja befreiend. Es gibt keinen Platz in dieser Welt, an dem mich nicht schützend und bergend die Gegenwart Jesu umfangen könnte. „Bettete ich mich in die Hölle, siehe, dann bist du auch da.“
Es gibt gar keine Hölle mehr. Es gibt keine Traurigkeit mehr, keine Verlassenheit, weil Jesus da ist. Und genau dort, wo mich alle Menschen verlassen, wartet Jesus auf mich. Will ich das? „Der Herr aber stand mir bei.“ Will ich das? Will ich ihn haben, dann nehmen Sie ihn auf. Will ich ihn haben, nehmen Sie ihn auf. „Der Herr aber stand mir bei.“
Das sollen Sie die ganze Woche erleben. Und wenn Ihr Leben voller Schuld ist, wenn Sie sagen: „Ich kann doch gar nicht“, doch, Sie können. Was es auch ist – er wartet auf Sie und will Ihnen begegnen.
Erlösung aus der Angst und die Kraft des Glaubens
Manche haben gerätselt, was es mit dem Löwenrachen auf sich hat. Einige meinten, vielleicht hätte Paulus selbst einen solchen Löwenkampf durchleiden müssen. Andere sagten, das sei interessant, denn in der jüdischen Literatur wird der Kaiser Tiberius auch als Löwe bezeichnet. Möglicherweise wurde auch dieser Kaiser als Löwe bezeichnet. Paulus berichtet, dass er vom Schiffankläger gerettet wurde.
Sie müssen sich die Atmosphäre vorstellen: Der schwache Paulus, dem Tod geweiht, mit einem schwerkranken Körper voller Schmerzen, steht in einer höhnenden Menge. Plötzlich erlebt er, wie der Herr eine scheinbar unlösbare Situation zum Sieg führt. Diese Erfahrung dürfen Sie in den nächsten Tagen vielfach machen, entdecken und ebenso erleben, denn Jesus hat alle Macht im Himmel und auf Erden.
Es ist eine wunderbare Erfahrung, wenn ich auf Jesus blicke. Dann darf ich Mut haben und brauche vor nichts mehr zu erschrecken. Kein Unheil kann mich betrüben, denn mich deckt mein Heiland mit Flügeln. Er liebt mich, hat für mich sein Leben gegeben und ich gehöre ihm im Leben und im Sterben. Mein Schicksal ist bestimmt, nichts kann mehr geschehen, denn alles liegt in seiner Hand.
Und selbst wenn die Welt voller Teufel wäre, wenn der Teufel Barrikaden vor Ihnen aufbaut und Hunderte oder Tausende Menschen gegen Sie stehen – ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal durch die Zeitung verleumdet wurde, natürlich mit lauter Lügen – dann stehen Sie ganz allein da und sagen: „Jeder Asylbewerber bekommt Recht, aber es gibt Menschen, die in unserer Gesellschaft kein Recht mehr haben.“ Menschen, die geschmäht, verlacht und gejagt werden, um ihre Schuld von einer gnadenlosen Welt.
Nur Jesus nicht. Er stellt sich zu dem, der gefallen ist, legt die Hand auf ihn und sagt: „Ich habe dich lieb und ich bin bei dir.“ Sie müssen wissen, ob Jesus bei Ihnen ist, ob er Sie trägt, hält und mit seinem Frieden umgibt.
Die Zuversicht auf Erlösung und Treue im Glauben
Noch ein dritter Punkt: Ich ordne es immer gern ein wenig, damit wir es besser verstehen.
Zuerst war mir also wichtig, dass man in seiner Verlassenheit nicht zerbrechen darf. Viele Menschen zerbrechen und flüchten in den Tod. Da macht man eine wunderbare Erfahrung – nur eine Erfahrung: Jesus ist da, wirklich, wirklich, und er rettet mich aus des Löwen Rachen. Er wird mich erlösen von allem Übel und mich retten in sein himmlisches Reich. Mein Ende ist vorprogrammiert, wenn ich es in die Hand Jesu lege. Selbst meine Todesstunde brauche ich nicht zu fürchten, nicht einmal das Gericht am jüngsten Tag. Der Herr holt mich heim in seinen Frieden – wunderbar!
Ein Letztes: Was passierte eigentlich? Jetzt interessiert es uns. Wollen wir mal unsere Phantasie wieder spielen lassen. Im Prozess, was war denn los plötzlich? Der Herr errettete mich aus des Löwen Rachen. Ist Paulus frei geworden, freigesprochen? Ich habe keine Anzeichen dafür. Es wäre sicher erwähnt worden, wenn es so gewesen wäre.
Ja, warum triumphiert er dann so? Die Ketten sind beim ersten Verhör nicht abgefallen. Auf das erste Hörensagen folgten noch weitere Verhöre. Es war gar keine optimistische Aussicht.
Ja, ist er vielleicht gesund geworden? Das war auch eine Frage, die Paulus sehr bewegt hat, die übrigens viele unter uns auch bewegt. Bestimmt nicht, das hätte er auch erwähnt.
Was ist eigentlich als Wunder geschehen? Waren plötzlich Freunde da? Es waren auch keine menschlichen Freunde da. Was ist denn wirklich passiert, was Paulus so begeistert in diesem Augenblick?
Noch einmal: Da sitzt die ganze Schickeria von Rom, und da ist die ganze anlaufende Christenverwaltung und der ganze Hass und die Feindschaft dieser merkwürdigen, üppigen Luxuswelt Roms, der Kaiserin seiner Macht. Und was ist denn passiert? Sagen Sie es, was war denn los?
Da steht es doch: Damit durch mich die Botschaft ausgebreitet wurde. Wer ein bisschen was von Theologie weiß, dem ist klar, dass im Griechischen das Wort Kerygma steht. Das ist der konzentrierte Inhalt der Jesusbotschaft, das kompakte Evangelium.
Paulus sagt: Leute, ich habe es noch einmal erlebt. Erst dann wollte er den Mund nicht aufmachen. Und jetzt wird er mir so nah sympathisch, wie ich oft feige zurückweichen will und sagen will: Im Eisenbahnabteil möchte ich kein Zeugnis von Jesus geben, ich geniere mich so, oder in der Schulklasse oder wo es uns da so manchmal schwer wird im Kollegenkreis.
Und Paulus sagt: Da habe ich auf Jesus geblickt. Da hat der Herr mich auf einmal von meiner Angst befreit. Und da habe ich es diesen Menschen sagen können. Es war totenstille in der Halle. Ich habe von der Auferstehung Jesu gesprochen, vom Gericht, dass man sich bekehren muss zum Licht. Ganz ähnlich wie es ein Caesarea getan hat vor diesen Königen und vor dem Landpfleger, so darf er es noch einmal tun.
Das war seine Lebensbestimmung: dass er doch vor dem Kaiser in Rom das Zeugnis von Jesus laut werden lassen muss. Das ist das Wichtigste ihres Lebens, dass sie in dieser Welt den Ruhm Gottes verkündigen.
Darum hat Paulus zum Timotheus gesagt: Du, ich habe meinen Kampf gekämpft, ich habe das Ziel erreicht, ich war dem Herrn treu. Ich habe nicht gekniffen vor dem Kaiser, obwohl mir schwer wurde. Ich habe Angst gehabt, ich war feige, aber dann hat der Herr mich erlöst aus dem Rachen der Angst. Das meine ich, das war es.
Und dann habe ich den auferstandenen Herrn bekannt. Jetzt, Timotheus, du bist die nachfolgende Generation, jetzt bist du dran. Sei du dem Herrn treu, gib du das Bekenntnis, so wie Jesus es vor Pontius Pilatus abgelegt hat.
Jetzt sei du ein treuer Zeuge in aller Einsamkeit. Und wenn du ganz allein stehst und alle gegen dich reden, wenn alle über dich lachen, alle über dich spotten, was auch los sein mag, rede zur Zeit und zur Unzeit.
Und auf einmal gelten uns diese Worte des Paulus, mit denen er abschließt: Dem Herrn sei Ehre, der Herr sei mit deinem Geiste, die Gnade sei mit euch. Seid Zeugen des auferstandenen Jesus! Amen!
