Liebe Freunde, ich freue mich, mal wieder hier im Weiglerhaus zu sein.
Ich bin in solchen Situationen immer etwas unsicher, wenn man nur eine einzelne Bibelstunde hat. Man überlegt dann lange, was man denn besprechen soll. Es ist doch viel angenehmer, wenn man etwas Fortlaufendes hat, nicht wahr?
Nun habe ich eine Entdeckung gemacht. Es gibt ein Wort im Römerbrief, das ich unendlich oft gelesen habe. Ich lese die Bibel jedes Jahr einmal ganz durch. Wie oft habe ich diesen Abschnitt also schon gelesen? Doch erst durch eine besondere Aufgabe bin ich darauf gestoßen, mich intensiver mit diesem Wort zu beschäftigen. Das möchte ich Ihnen heute auslegen.
Ich habe ein bisschen Angst, ob das gut gelingen wird, aber ich will es versuchen.
Es handelt sich um Römer 6, Verse 6 bis 10. Im Neuen Testament, Seite 180.
Der Text beginnt mitten im Satz: „Wir wissen, dass unser alter Mensch mit Christus gekreuzigt ist, damit der sündliche Leib aufhöre, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen.“
Denn wer gestorben ist, der ist – wörtlich übersetzt – fertig mit der Sünde.
Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.
Wir wissen, dass Christus von den Toten erweckt wurde und hinfort nicht mehr stirbt. Der Tod wird von nun an nicht mehr über ihn herrschen.
Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben – einmal für alle Mal.
Was er aber lebt, das lebt er Gott.
Die Herausforderung moderner Menschenbilder und die Offenbarung des neuen Menschen in Christus
Meine Freunde, seit ich keine Gemeindearbeit mehr habe, hat sich mein Blickfeld völlig verändert. Jeden Sonntag gibt es irgendeine Festpredigt. Zum Beispiel letzten Sonntag in Hagen, beim Fest der evangelischen Gesellschaft, wo ein paar tausend Menschen zusammenkamen. Oder am Sonntag zuvor – ich weiß nicht genau, wann –, aber man kommt nicht mehr so wie früher mit den Jungen in ihrem Alter zusammen.
Dann habe ich mein „Licht und Leben“ und bekomme von allen Seiten Briefe. Einige beschimpfen mich, andere stimmen zu, aber alle sind jedenfalls sehr aufregend. In Vorträgen, die ich mit anhören muss, und in diesen Briefen höre ich unablässig das Wort vom modernen Menschen. Das wurde ja am Kirchentag in Köln offenbar geradezu tot geritten. Nicht der moderne Mensch, den wir ganz anders ansprechen müssten, sondern der moderne Mensch als phantastisches Farblesen – skeptisch, gut, böse und so weiter.
Den modernen Menschen möchte ich Ihnen mal sagen, gibt es schon seit langem nicht mehr. Der moderne Mensch ist eine ganz alte Geschichte, nicht wie wenn wir in einem OPP 4 kämen und ihn als neuestes Erzeugnis aller Autoindustrie ausgeben wollten. Wir müssten ihn ja längst als überholten Menschen erkennen. So ist der moderne Mensch total überholt.
Seitdem nämlich der Sohn Gottes Mensch wurde, ist uns deutlich gemacht worden, was wirklich ein neuer Mensch ist. Der moderne Mensch ist ja gar nichts Neues. Es ist im Grunde genau derselbe Mensch wie seit Jahrhunderten. Er ist überholt. Der neue Mensch wird uns wirklich erst gezeigt im fleischgewordenen Sohn Gottes, im Herrn Jesus.
Das Bild des neuen Menschen in Jesus Christus
Hier finde ich also, dass ich mal so sagen möchte, einen wirklich neuen, einen modernen Menschen. Darf ich noch einmal kurz skizzieren? Denken Sie mal an ein Bild von Jesus vor Ihren Augen und umreißen Sie, wie klar er mit Gott verbunden war. Welche Selbständigkeit hatte er! Er kann sagen: „Was ich sehe, das tut der Vater“ – und ebenso tut auch der Sohn. Es ist völlig klar, wie eng er mit Gott verbunden ist. Wie gewiss war er seines Weges!
Ich sehe mich um und mir selbst gehen immer wieder Menschen durch den Sinn, die unsicher sind in ihrem Weg. Soll man es so machen, so machen? Wie war Jesus seines Weges? In jeder Sekunde war er sich gewiss. Als der Teufel ihn in der Versuchungsgeschichte aus der Bahn bringen wollte, wehrte er das ab – in völliger Gewissheit, wie sein Weg ging: Kreuz, Auferstehung, Himmel.
Wie liebevoll war Jesus! So möchte man sein. So möchte man sein! Es packt mich immer wieder die Geschichte von dem Aussätzigen, den er heilte, den er anrührte. Ein entsetzlicher Mensch, dieser Ekelhafte, diese schreckliche Krankheit – den fasst er an. Da ist eine Barmherzigkeit drin, eine Liebe in diesem Heiland, und ich hoffe, die haben Sie in Ihrem eigenen Leben schon erfahren.
Nun, Menschen, die heute lieb sind, sind meist ein bisschen weichlich. Die kann man leicht überrollen. Aber dieser Jesus, der so liebevoll ist, ist zugleich so stark und vollmächtig. Da denke ich an die Geschichte von der Tempelaustreibung. Da nimmt er Stricke und jagt die Wechsler aus dem Tempel. Es gibt eine Riesenaufregung, aber keiner wagt es, ihm zu widersprechen – weder die Tempelpolizei, noch die hohen Priester, noch die Wechsler, noch die Taubenhändler. Er jagt sie hinaus.
Sie wagen höchstens zu fragen: „In welcher Macht tust du das eigentlich? Zeig uns mal deine Vollmacht!“ Das ist etwas Erstaunliches im Bild Jesu: die unendliche Liebe, die Kinder an sich zieht, und eine Vollmacht vor denen, die Mächtigen der Welt sind. Diese Mächtigen erschrecken und kapitulieren.
Ja, und wie rein ist Jesus? Haben Sie mal darüber nachgedacht, dass im Gefolge Jesu Prostituierte liefen, Mädchen aus der Stahlstraße? Und dass in der ganzen Geschichte Jesu nicht einmal irgendwo aufkommt, dass man ihm vorwirft, dass da irgendetwas gewesen wäre? Er war ein Mann, ja, aber es gibt keine Anklage gegen ihn. Das ist so eine strahlende Reinheit. Kein Pastor könnte es sich erlauben, so in seinem Gefolge einen Typen wie Maria Magdalena zu haben, ohne dass Gerüchte herumgingen.
Jesus kann das, weil eine so strahlende Reinheit über ihm liegt, dass niemand wagt, ihm auch in dieser Beziehung Schmutz nachzuwerfen. Er fragt: „Kann mich einer von euch einer sündig sein?“ Und keiner wagt es.
Ach, und wie gehorsam ist Jesus! Dieses Gebet im Garten Gethsemane: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ Wenn wir ganz ehrlich sind, beten wir meistens: „Herr, nicht wie du willst, sondern wie ich will.“ Auch wenn wir es nicht so klar aussprechen, denken wir es doch. So ist er dem Vater gehorsam.
Wissen Sie, das ist der neue Mensch. Ich habe nur mal so ein paar Linien im Bild Jesu gezeigt. Es gibt eine ergreifende Geschichte, wo sogar einem Politiker etwas aufging – und die brauchen ja meistens lange, um etwas zu begreifen –, dass Jesus der neue Mensch ist. Als Jesus geschmäht, gegeißelt und geschlagen auf das Forum geführt wird, sagt Pontius Pilatus: „Ecce homo!“ – „Seht, das ist ein Mensch!“ So heißt es wörtlich: „Das ist ein Mensch!“ Da geht Pilatus einmal auf. Ja, das ist der Mensch, wie wir sein sollten.
Und ich glaube, jeder Weltmensch wird vor dem Bild Jesu sagen: So sollten wir sein, nicht? So rein und so liebevoll und doch so geistlich vollmächtig, dem Vater ganz gehorsam und klar verbunden mit dem lebendigen Gott und so wahrhaftig. So sollte man sein. Das spricht Pilatus da aus: „Seht, was für ein Mensch!“ Ich habe nur das Gefühl, als wollte Pilatus sagen: „Ich habe Wölfe und Bären und Pfauen und Affen in Menschengestalt gesehen. Aber ich sehe zum ersten Mal einen wirklichen Menschen.“
Und sehen Sie, darum ist der moderne Mensch mit seinem Riesengeschrei im Grunde überholt, nicht? Er gleicht ja in seinem Charakterwesen doch eher Pilatus als Jesus. Hier ist wirklich ein neuer Mensch in Jesus. Und wenn Pilatus sagt: „So sollte man sein“, dann sage ich: Christenleute, Kinder Gottes, die sagen doch ein bisschen mehr. Sie sagen nicht nur: „So sollte man sein“, sondern sie sagen: „So möchte ich gern sein.“ Möchten Sie nicht gern Jesus ähnlich sein?
Herr, wie oft höre ich das! Und das will nun Pastor sein, und Sie wollen Pastor sein, denke ich: Ja, ja, ja, man sollte Jesus ähnlich sein. Ich möchte es gerne. Und ich darf glauben, dass Sie das auch gerne wären – dem Herrn Jesus ähnlicher.
Der neue Mensch müsste an uns doch sichtbar werden. Sehen Sie, wie das möglich wird, wie etwas davon möglich wird, dass wir Jesus ähnlich werden, dass wir neue Menschen werden. Davon spricht dieser schwere Text aus dem Römerbrief. Er gibt uns gleichsam Anweisung zur Heiligung unseres Lebens. Jetzt habe ich einen biblischen Ausdruck gebraucht. Er gibt uns Anweisung zur Heiligung unseres Lebens.
Voraussetzungen für die Heiligung und die Zielgruppe des Textes
Ich möchte gleich drei Dinge zu unserem Text sagen, aber zunächst eine kurze Vorbemerkung machen.
Dieser Text richtet sich nicht an Leute, die nur mal eben kurz hineinschauen. In Vers 1 heißt es: „Sollen wir in der Sünde beharren?“ Und in Vers 2: „Das sei ferne!“ Wenn hier also Menschen sitzen, die in einer ganz bestimmten Sünde beharren wollen, dann ist dieser Text nichts für sie. Sie dürfen ihre Ohren zuklappen.
Ebenso ist dieser Text nicht für Selbstgerechte gedacht, die sagen: „Ich bin kein Sünder, ich bin gerecht.“ Für solche Menschen ist dieser Text ebenfalls nicht bestimmt. Er richtet sich an Kinder Gottes, die um ihre Verlorenheit wissen und gern geheiligt werden möchten.
Wenn hier jemand sitzt, der selbstgerecht meint: „Das habe ich ja nicht nötig, ich bin schon gut“, dann möchte ich ihm nur in Klammern sagen: Wir sind nicht Sünder, weil wir Sünde tun oder getan haben, sondern wir tun Sünde, weil wir Sünder sind. Als Sünder werden wir geboren, sagt die Bibel. Wir sind fern von Gott geboren. Ich kann es nur so ausdrücken: Wir sind als Kinder Adams geboren, als Verlorene geboren, und wir können nur noch gerettet werden.
Ich kann nicht sagen, der hat mehr Sünde getan als ich, also ist er ein größerer Sünder. Nein, wir sind alle Sünder, weil wir Sünder sind. Darum tun wir Sünde. Ist das nicht so? Weil wir von Natur aus Sünder sind, weil unsere Anlage böse ist. Gott sei Dank!
Also: Für Selbstgerechte ist dieser Text nicht. Ist das klar?
Ich spreche hier also mit Kindern Gottes. Und so darf ich, glaube ich, in der Bibelstunde auch ein wenig ansprechen, vor allem den größten Teil, der den Herrn Jesus kennt und liebt und gern ein geheiligtes Leben führen möchte. Vielleicht sind sie manchmal traurig, weil sie im Alltag ganz anders sind als in der Bibelstunde.
Erste Erkenntnis: Heiligung ist nicht durch Willensanstrengung zu erreichen
Und jetzt möchte ich drei Dinge dazu sagen. Das erste ist dies: Wie bekomme ich ein geheiligtes Leben?
Erstens nicht durch eine Willensanstrengung. Nicht durch eine Willensanstrengung, obwohl ich mein Leben lang versucht habe, mit mir selbst fertig zu werden. Ich bin keinen Schritt weitergekommen, keinen Schritt! Ein geheiligtes Leben bekommt man also nicht durch eine Willensanstrengung.
Lassen Sie mich das mal deutlich machen. Ein Theologe hat einmal ein Bild gebraucht, das ich für einige Zeit las. Er sagt, in der Geschichte von Kain – die kennen Sie doch – erschlug er seinen Bruder. Da warnt Gott ihn vorher und sagt: „Kain, bei dir ruht die Sünde vor der Tür.“ Die Sünde ruht vor der Tür.
Bei uns allen ruht die Sünde: Hochmut, Streit, Gottlosigkeit und Unreinigkeit ruhen vor der Tür. Jetzt finde ich, die ruht bei mir gar nicht vor der Tür, sondern sie haut die Tür ein und drängt herein.
Nun stellen wir uns die Heiligung so vor, dass wir sagen: „Holla, da kommt ein frecher Kerl, der die Tür einhaut, wir wollen ihn rausdrängen.“ Ich möchte heilig sein, hier soll Jesus wohnen. Und dann drängen wir die Sünde vor die Tür: „Raus!“ Aber sie drückt sich rein, und es gibt eine wilde Rauferei.
Das nennt die Bibel ein gesetzliches Wesen – eine wilde Rauferei, bei der man diese Sünde, die vor der Tür liegt, nicht rausdrücken will. Sie ist stärker, viel stärker, und drückt sich rein. Natürlich unterliegen wir dem Streit. Denn mal so gesagt: Wie sollte ein Sünder gut sein können? Ich bin als Sünder geboren, wie sollte ich gut sein können?
Die Bibel benutzt das Bild: Kann auch ein Moor seine Farbe wechseln? Was meinen Sie? Wenn in Amerika Leute weißer würden? Kann ein Moor seine Farbe wechseln? Die wollen ja weiß werden, so wie wir braun werden wollen. Das ist ja komisch in der Welt.
Kann auch ein Moor seine Farbe wechseln? Oder ein Panther seine Flecken? Ein Panther ist ein gestreiftes Fell, das kann er nicht ändern, das gehört zu ihm. Und so gehört die Sünde zu mir. Wie sollte ich mit meiner Eigenanstrengung gut werden?
Ich habe immer so lachen müssen, wenn Leute mich fragten, als ich noch Jugendpfarrer war: Erleben Sie, dass Jungen sich ändern? Oder auf pädagogische Art sagen: „Du musst dich ändern, mein Junge.“ Da musste ich lachen. Dann würde ich mal sehen, wenn sich einer ändert.
Das ist wie bei Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht. Kann auch ein Moor seine Farbe wechseln? All unsere Willensanstrengung kann uns nicht zu heiligen Leuten machen, zu Jesus hin.
Und doch, sehen Sie, kann sich der natürliche Mensch, auch der christliche Mensch, eigentlich keinen anderen Weg vorstellen, um heilig zu werden, um Jesus ähnlich zu werden, als dass man sagt: „Jetzt will ich gut werden, rein und lieb und brav und tüchtig.“ Das ist der Weg des Gesetzes, wie die Bibel sagt.
Man kann sich keinen anderen Weg vorstellen. Gut, kommen wir noch mit. Als an Pfingsten Petrus gewaltig predigt, da geht es den Leuten durchs Herz, und sie sagen: „Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Das ist die erste Frage: „Wir müssen etwas tun, was sollen wir tun?“
Hätte Petrus sagen können: „Jetzt endet euer Leben nicht, und die Läuterchen werden brav“, so wie Johannes es noch geprägt hat? Das ist Gesetz.
Als der Apostel Paulus noch ein Verfolger war und nach Damaskus zog, begegnet ihm Jesus auf dem Weg. Er stürzte zu Boden, und der Herr fragt: „Was verfolgst du mich, Saul?“ Da sagt Saul zitternd: „Was soll ich tun?“
Nicht: „Was soll ich tun? Jetzt muss es getan werden.“ Alle Religionen geben darauf die Antwort: „Du musst das tun, das tun, das tun, das tun.“ Als der Kerkermeister in Philippi Paulus gefangen hielt, gab es ein Erdbeben. Gott schlug das Gefängnis zusammen, und die Gefangenen wurden frei.
Der Kerkermeister bekam einen Schreck, spürte die Hand Gottes und stürzte zu Paulus. Er sagte: „Ich habe die Hand Gottes gespürt, ihr Männer, was soll ich tun, dass ich errettet werde? Was soll ich tun?“
Nun müssen wir darauf achten, dass all die Leute, die auf die Frage „Was soll ich tun?“ eine Antwort kriegen, gar nichts tun sollen. Der Herr Jesus hat schon alles für dich getan.
Ja, er hat mich erkauft, meine Sünden vergeben, er hat auch deine Heiligung schon getan. Deshalb unser Text: Mit der Antwort „Glaube an den Herrn Jesus Christus“ werden alle menschlichen Anstrengungen zur Verheiligung unseres Lebens weggewischt.
Sie werden weggewischt. Es gibt keine Ratschläge, was wir tun sollen, um ein geheiligtes Leben zu bekommen. Sie werden weggewischt: Glaube an den Herrn Jesus Christus.
So, das war’s dann. Wenn ich also Jesus ähnlich werden will, dann helfen keine menschlichen Willensanstrengungen. Das ist das Erste.
Zweite Erkenntnis: Heiligung geschieht durch den Glauben an das Kreuz Christi
Jetzt kommt das Zweite: Heiligung durch den Glauben. Oh Herr, hilf mir, dass ich das hier klar machen kann. Ich selbst konnte kaum fassen, was hier steht, nicht wahr? Und das soll ich jetzt predigen.
Heiligung durch das Kreuz Jesu Christi, durch den Glauben an das Kreuz Jesu – sehen Sie, hier wird eine unerhörte Botschaft gesagt. Sie ist mir, wie gesagt, auch erst jetzt ganz neu aufgegangen. Früher habe ich das noch gar nicht so verstanden, obwohl ich schon ein älterer Mann bin.
Glaube, dass du mit Jesus gestorben und gekreuzigt bist. Glaube, dass du mit Jesus gestorben und gekreuzigt bist. Bitte schauen Sie mal rein, das steht da. Wenn wir die Bibel ernst nehmen wollen, müssen wir das glauben.
Vers 6: „Weil wir wissen, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist.“
Vers 8: „Sind wir mit Christus gestorben.“
Und Sie können das ganze achte Kapitel durchsehen, das kommt immer wieder neu vor. Vers 4: „Wir sind mit ihm begraben.“
Das ist eine unerhörte Botschaft. Ich bin doch ganz lebendig, ich bin noch nicht gestorben, oder? Sie sind doch auch ganz lebendig. Und da steht, ich wäre mit Christus gestorben. Ich bin höchst lebendig. Wie soll man das verstehen? Ich will versuchen, es klarzumachen.
Nehmen wir nochmal das Bild vom Keim: Da ruht die Sünde vor der Tür. Nein, sie ruht nicht. Sie dringt ein, schlägt die Tür ein, dringt herein. Ich will sie rauswerfen, ich kann sie nicht rauswerfen, sie überwältigt mich. Jede Sünde überwältigt mich, ich bin viel schwächer.
Wenn ich jetzt sterbe – wenn der Karl stirbt – dann ist der Kampf zu Ende. Da die Sünde nicht stirbt, könnte ich erstirben. Dann ist der Kampf aus, nicht wahr? Sehen Sie, ich habe einen Freund, der war Direktor der Berliner Stadtmission, er heißt Timme. Als die Russen 1945 nach Berlin kamen, wollten sie in ein Haus eindringen und seine Frau vergewaltigen, wie das damals üblich war.
Da hat der liebe Bruder sich den Russen entgegengeworfen mit seinem losen Fäust und einem Dutzend Männern. Es gab eine wilde Rauferei. Die Frau ist bei der Gelegenheit entwischen können. In der wilden Rauferei ging es drüber und drunter, und auf einmal löst sich ein Schuss, der ihm durch den Kopf geht. Er ist tot.
Die Rauferei war zu Ende. Und sehen Sie, mein Kampf mit der Sünde, die eindringt, ist zu Ende. Wenn ich gestorben bin, dann ist aus, dann ist der Kampf zwischen Sünde und mir zu Ende. Und da steht hier: Du bist ja gestorben, hör auf mit dem ganzen Kämpfen! Ich bin mit Christus gekreuzigt.
Wie soll das wirklich wahr sein? Ich bin doch noch nicht gekreuzigt. Doch sagt die Bibel: Einer ist für alle gestorben, da sind sie alle gestorben. Da stehe ich also vor dem Kreuz Jesu und sage: Sohn Gottes, da hängst du, warum hängst du da? Du hängst für mich da, du trägst meine Schuld weg, das Gericht, das dich trifft, sollte eigentlich mich treffen.
Ja, dann gilt dein Todesurteil mir. Ja, sagt Jesus, und darum hängst du gewissermaßen mit hier. Und jetzt kann ich vor dem Kreuz stehen und sagen: Da hängt ja wieder ein Mensch, und er ist von Gott gerichtet. Ich bin mit Christus gekreuzigt.
Dann ist der Kampf mit der Sünde zu Ende. Ich bin tot. Das ist aber so schwer zu fassen, dass ich so eine unerhörte Botschaft, die mir ganz neu aufgeht. Ich habe so oft Römer 6 gelesen, habe ich ja noch gar nie begriffen, was da steht, dass ich mit Christus gekreuzigt sein soll und darum tot sein soll, nicht wahr? Nur das geht mir auf zunächst.
Hier ist eine radikale Lösung gezeigt. Da werden nicht ein paar Reparaturen an meinem Charakter vollzogen, sondern wenn ich geheiligt werden soll, da wird radikal übergetötet, mit Jesus in den Tod gegeben. Ich bin mit Christus gekreuzigt – das ist radikal. Das ist sehr schwer zu fassen.
Sehen Sie, jetzt muss ich Ihnen ein eigenes Erlebnis erzählen. Ich habe so gern den Vers und die Predigt oft zitiert: „Liebe, zieh mich in dein Sterben, lass mich mit dir gekreuzigt sein, was dein Reich nicht kann ererben.“ Und ich habe oft in meinem Leben gebetet, wenn ich sehe, wie mächtig die Sünde da und dort in mir ist, dass ich sage: Liebe, zieh mich in dein Sterben, Herr Jesus, lass doch diese Sache und jene Sache, lass mich mit dir gekreuzigt sein, lass mich mit dir gekreuzigt sein, jetzt endlich soll der ganze Kram zu Ende sein.
Passiert aber nicht, ich bin bald verwirrt. Und wie ich da gerade so dran war neulich, bekomme ich ein Buch in die Hand, das ein chinesischer Evangelist geschrieben hat, Watschmann Nie – vielleicht kennen Sie es –, der normale Christenstand heißt es, ist im Deutschen auch bei Brockhaus erschienen, ein wunderbares Buch.
Da erzählt er, da saßen ein paar chinesische Christen zusammen, und einer klagte: „Ich werde mit mir nicht fertig, die Sünde ist mächtig, und da steht in der Bibel: Ich bin mit Christus gestorben. Ja, wenn ich das doch wäre!“ Er sagt, einer muss eben darum beten. Er sagt: Das habe ich ja schon getan. Ich habe gebetet: Herr Jesus, zieh mich in dein Sterben, aber es hilft nichts.
Und da kommt ein alter, erfahrener Christ dazu, hört sich eine Zeit lang dieses Gespräch an und sagt: „Pass mal auf, ich werde die Sache mal klarmachen, was das heißt, ich bin mit Christus gekreuzigt.“ Da stand auf dem Tisch gerade eine Thermosflasche. Er sagte: „Lasst uns von der Thermosflasche mal reden. Stell dir mal vor, die Thermosflasche hätte Bewusstsein und könnte beten und würde eines Tages anfangen zu beten: ‚Ach lieber Herr, ich möchte so schrecklich gern Thermosflasche sein, ich bin so unglücklich, weil ich so gerne Thermosflasche sein möchte.‘“ Da sagt der nächste Christ: „Herr, mach mich doch zu so einer Thermosflasche!“ Was würdest du davon halten?
Dann sagt dieser Christ: „So blödsinnig würde sogar eine Thermosflasche nicht beten, sie ist ja eine.“ So sagt der alte Christ: „Du betest: ‚Lass mich, Herr Jesus, mit dir gekreuzigt sein.‘ Du bist es ja! Seit er gestorben ist, bist du mit ihm zusammen gestorben.“ Er sagt, ich will es wörtlich zitieren: „Du bist in Jesus Christus eingeschlossen. Als er starb, starbst du mit. Da er nun lebt, lebst du mit ihm. Du musst nicht bitten, dass du stirbst, sondern du musst bitten, dass dir die Augen geöffnet werden, dass dein alter Mensch längst am Kreuz gestorben ist. Du musst bitten, dass dir die Augen geöffnet werden, dass dein alter Mensch längst am Kreuz gestorben ist.“
In demselben Buch fand ich folgendes Beispiel. Das ist ein chinesisches Beispiel, ziemlich drastisch, muss ich sagen – nicht, weil Thermosflaschen nicht beten. Da fand ich folgendes Beispiel: In der Stadt, wo er lebte, war eine Frau, deren Mann gestorben war, den sie sehr liebte. Und da war sie durch den Tod dieses Mannes so verwirrt, dass sie ihn einfach nicht beerdigen ließ.
Vierzehn Tage lang wehrte sie sich, dann ging es nicht mehr. Und dann pflegte sie zu sagen: „Der ist doch gar nicht tot, ich spreche doch jeden Tag mit ihm.“ Sie erkannte einfach nicht an, dass er tot ist.
Ich habe jahrelang nicht anerkannt, dass ich tot bin, dass ich mit Christus gekreuzigt bin, bis einem die Augen dafür geöffnet wurden: Ich bin in Christus eingeschlossen, ich bin mit ihm gekreuzigt und ich bin mit ihm auferstanden und mit ihm in einem neuen Leben. Das steht hier.
Ich weiß nicht, ob Sie es verstanden haben. Da muss einem Gott die Augen öffnen. Aber das mir völlig klar: Die Erneuerung unseres Lebens kommt nur daher, dass ich glaube, ich bin mit Jesus gestorben. Der alte Mensch ist totgegeben, ist getötet. Da muss ich gar nicht mehr darum beten, er ist längst für mich gestorben.
Ich will Ihnen eine schöne Formulierung sagen, die ich neulich las, was Glauben heißt: Glauben ist meine Zustimmung zu dem, was bei Gott wahr ist. Meine Zustimmung zu dem, was bei Gott wahr ist.
Sehen Sie, das habe ich bei meiner Wiedergeburt erlebt. Ich muss Ihnen das gerade mal erzählen, um deutlich zu machen, was Glauben so heißt. Ich war schon Pfarrer in Essen, habe gepredigt, hatte volle Kirchen, war damals noch Pfarrer im dreizehnten Pfarrbezirk, aber ich war meines Heils nicht gewiss. Ich war meines Heils nicht gewiss.
Da habe ich mich eines Tages eingeschlossen und gesagt: Herr, ich muss jetzt wissen, ob ich dir gehöre oder nicht, ich muss wissen, wo ich dran bin. Und dann habe ich gelesen, ich schlug die Bibel auf: Jesaja 53, „Er ist um unserer Missetat willen verwundet.“ Ach, ich habe so oft gelesen: „Um unserer Missetat willen geschlagen, die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten.“ Schönes Wort, aber es half mir nicht weiter.
„Durch seine Wunden sind wir geheilt“, unterstützte ich. Ich kam mir ja gar nicht geheilt vor, es war alles nur ein Durchlesen. Ich wusste gar nicht, ob der Herr mich angenommen hat. Ich liebte ihn, ich wusste aber nicht, ob er mich angenommen hat.
Und da sagte ich: Das stimmt doch nicht, es muss heißen: „Durch seine Wunden können wir geheilt werden.“ Und da stand: „Sind wir geheilt.“ Da habe ich die hebräische Bibel hergenommen, was da steht, und da stand auch: „Wir sind geheilt.“ Und plötzlich stand ich vor der Frage: Wenn ich auf mich selbst gucke, ist alles in Durcheinander, alles krank. Wenn ich seinen Worten glaube und auf sein Kreuz sehe, dann bin ich geheilt.
Wem will ich glauben? Dem, was ich vor Augen sehe, oder dem, was er sagt? Dann habe ich ihm geglaubt. Er sagt: „Durch seine Wunden bin ich geheilt.“ Ich fasste es so auf: Im Blick auf Jesu Kreuz bin ich angenommen, geheilt, im Frieden. Alles noch nicht perfekt, aber da.
Das heißt, Glauben heißt zustimmen zu dem, was bei Gott wahr ist. Wenn ich mich selbst betrachte, wird mir Angst und Weh. Wenn ich auf Jesu Kreuz sehe, dann sage ich: Der alte Mensch ist schon tot, er ist gestorben, ich bin in Christus eingeschlossen, er ist auferstanden, ich lebe mit ihm. Ich lebe mit ihm.
Dritte Erkenntnis: Die lebendige Hoffnung und der geistliche Kampf im neuen Leben
Lassen Sie mich noch ganz kurz ein drittes sagen. Wenn ich heute gar nichts erreiche, außer dass Sie furchtbar durcheinander werden und sagen: „Da muss ich Römer 6 mal sechs Wochen lang lesen, bis ich es besser kapiere als Pastor Busch“, habe ich auch schon etwas erreicht. Denn es steht in der Bibel und muss furchtbar wichtig sein.
Ich bin mit ihm gestorben, und nun heißt es hier: Wenn Sie mal eben reinsehen, Vers 8: „Sind wir mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.“ Ich kann es nur so ausdrücken: Wenn ich zum Herrn Jesus komme, gibt er mir an allem vollen Anteil. Was ihm gehört, gehört mir.
Er ist gerecht vor Gott. Er schenkt mir seine völlige Gerechtigkeit, sodass ich vor Gott gerecht bin. Er stirbt, und er lässt mich teilhaben an seinem Sterben. Er steht von den Toten auf, und ich darf mit ihm auferstehen zu einem neuen Leben.
Sehen Sie, wenn ich mal zwischendurch etwas sagen darf: Heute wird so furchtbar gesagt, die Christen müssten in die Welt hinein, wir müssen solidarisch sein mit der Welt. Beim Kirchlichen Tag wurde sogar gesagt, wir müssten solidarisch sein mit der Welt, die so am Kirchlichen Tag bis zu Tode gekommen ist. Wir müssen solidarisch sein mit der Welt, wir müssen solidarisch sein mit den Sündern – also so eine letzte Solidarität gibt es nicht für jemanden, der das gefasst hat, nicht?
Ich bin da im neuen Leben. Ich bin mit Jesus gestorben und auferstanden. Da kann ich mit einem, der das nicht erlebt hat, nicht mehr ganz solidarisch sein. Da steht etwas zwischen uns. Mir scheint, dieses Geschrei kommt von denen, die von Römer 6 noch wenig Ahnung haben.
Nun steht also: Hier sind wir mit Christus gestorben, dann dürfen wir auch mit ihm leben, mit ihm in einem neuen Leben. Er gibt mir Anteil an seiner Auferstehung. Der hat das einfach mal geglaubt, es ist so. Ich sehe nicht auf mich, sondern ich sehe auf den Auferstandenen, auf Jesus. An dir habe ich teil, ich bin mit dir auferstanden.
So, und jetzt sieht es vielleicht aus, als würde ich etwas zurücknehmen: Im Himmel wird das einmal völlig sein, da werden wir mit ihm leben von Angesicht zu Angesicht. Aber hier heißt es: Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Ich bin mit Jesus in ein neues Leben gekommen, alt ist gestorben, aber meine alte Natur ist noch da.
Ich stehe nicht mehr unter der Herrschaft des Teufels, der lässt die Tür nicht einschlagen. Wer an Jesus glaubt und mit ihm gestorben und auferstanden ist, steht nicht mehr unter der Herrschaft des Teufels. Sie sind ja mit ihm gestorben, fassen Sie es doch: Sie brauchen nicht mehr unter der Herrschaft des Teufels zu stehen.
Aber unsere alte Natur ist noch da, und der Teufel will uns das oft streitig machen: „Du, du bist ja gar nicht Jesus.“ Stimmt ja alles gar nicht. Und sehen Sie, darum müssen Christen hier immer noch wie auf einem Schlachtfeld stehen und diese Glaubensstellung bewahren.
Wenn Sie mal das Neue Testament durchlesen, wird der Christenstand immer dargestellt wie ein Soldatenstand. „Steht nun mit dem Helm des Heils, mit dem Schwert des Geistes.“ Wenn ich mit Jesus gestorben und auferstanden bin, könnte ich ja meinen, dann ist alles gut, da brauche ich nichts mehr zu machen. So ist es nun doch nicht, oder?
Weil der Teufel es immer noch streitig machen will, darum muss ich dastehen wie auf dem Schlachtfeld – mit dem Helm des Heils, mit dem Schwert des Geistes, mit dem Harnisch des Glaubens usw. Aber ich weiß, dass ich nicht mehr der Macht der Sünde ausgeliefert bin, sondern mit Jesus diesen neuen Kampf kämpfe.
Lassen Sie mich das noch einmal deutlich machen mit einem Bibelwort aus dem Propheten Jesaja. Wenn ich das alles zusammenfasse, dann hängt unsere Heiligung nicht von unserem Willen ab, sondern vom Kreuz Jesu, oder?
Da heißt es im Propheten Jesaja: „Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler.“ Und da steht nun im Hebräischen für das Wort „harren“ ein Wort, das gebraucht wird, etwa wenn einer auf die Jagd geht und zielt.
Früher ging man mit Pfeil und Bogen. Wenn einer einen Bogen spannt und auf das Ziel zielt, dann drückt er ein Auge zu. Wie ein anderer, der ganz fest den Pfeil auf das Ziel richtet, kann dann nicht plötzlich nach den Sternen schauen, oder? Da muss er auch hingucken, wo er hinschießen will, und zwar ganz konzentriert.
Und die, die auf den Herrn schauen, auf ihn, wie er am Kreuz stirbt und für mich mitgestorben ist und aufersteht, die bekommen neue Kraft, sodass sie auffahren mit Flügeln wie Adler – in einem neuen, geheiligten Leben.
Ich wünsche uns, dass uns in unserem Leben deutlich wird, dass wir mit Jesus gestorben und auferstanden sind.