Wer ist schuld an Jesu Tod? Fünf Verdächtige, die du kennen solltest
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um geistliche Würdenträger.
Einführung in die Schuldfrage um Jesu Tod
Wer ist schuld an Jesu Tod? Unsere erste Antwort war die einfachste: Judas. Er ist der Verräter, der Dieb in der Truppe der Jünger, der aus Habgier seinen Meister verkauft hat. Judas ist schuld.
Und wann immer man sich über Judas Gedanken macht, kommt eigentlich immer die Frage auf: Warum hat Jesus ihn überhaupt als Apostel erwählt? Warum war Judas ein Apostel? Es war ja kein Versehen. Jesus hatte gebetet, bevor er ihn erwählt hatte. Es war Absicht. Aber warum wurde er ausgewählt?
War es vielleicht so, dass Gott einen Sündenbock für den Verrat brauchte? Also erwählte er Judas? Gern wird dann auch Sprüche 16,4 zitiert: "Alles hat der Herr zu seinem Zweck gemacht, so auch den Gottlosen für den Tag des Unglücks."
Ganz ehrlich, ich habe hier zwei Probleme. Erstens mit der Übersetzung von Sprüche 16,4. Die betont nämlich ganz ohne Grund eine Vorherbestimmung zum Tag des Unglücks. Deshalb übersetze ich den Vers lieber so: "Der Herr bringt alles zu seinem angemessenen Ende, auch den Bösen zu einem bösen Tag."
Im Skript findet ihr den Link zu meinem Online-Kommentar zu diesem Vers, falls ihr mehr wissen wollt. Aber die Übersetzung ist nicht mein größtes Problem.
Mein größtes Problem ist das Gottesbild, das sich daraus ergeben würde: Gott sucht sich einfach einen Prügelknaben aus, jemanden, der die Drecksarbeit erledigt und der dann persönlich dabei auf der Strecke bleibt. Das passt für mich irgendwie nicht zu einem gerechten, liebenden und unparteiischen Gott.
Deshalb erstaunt es mich auch nicht, dass Jesus sich Judas gegenüber so verhält wie allen anderen Jüngern gegenüber. Er weist ihn frühzeitig darauf hin, dass er sein Herz kennt. Er beschenkt ihn mit seiner Liebe und Freundschaft und stellt ihn nie persönlich bloß – bis zu dem Moment, wo er ihn fragt: "Judas, überlieferst du den Sohn des Menschen mit einem Kuss?"
Und selbst das erscheint mir noch wie eine Einladung zur Buße zu sein. Judas erfährt die Liebe seines Freundes, aber er lässt sich davon nicht in seinem Herzen berühren. Das ist das Drama.
Wusste Gott das vorher? Ja, natürlich. Gott kennt die Zukunft und alle unsere Entscheidungen. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen dem Vorwissen Gottes und einer irgendwie gearteten Vorherbestimmung.
Judas hatte die Wahl, aber er entschied sich gegen die Freundschaft. Gott kannte seine freie Entscheidung gegen die Liebe und verwendete sie für seine Pläne.
Judas und die geistlichen Würdenträger als Mitverantwortliche
Judas ist also der Verräter. Aber er allein trägt nicht die Schuld am Tod Jesu. An wen hat er seinen Rabbi verraten?
Wir lesen das in Lukas 22, Verse 1-6: Es nahte das Fest der ungesäuerten Brote, das Passa genannt wird. Die Hohenpriester und die Schriftgelehrten suchten heimlich nach einer Möglichkeit, Jesus umzubringen, denn sie fürchteten das Volk.
Doch Satan fuhr in Judas, der Iskariot genannt wurde und zu den Zwölfen gehörte. Er ging zu den Hohenpriestern und Hauptleuten und besprach mit ihnen, wie er Jesus an sie überliefern könnte. Sie waren erfreut und einigten sich darauf, ihm Geld zu geben. Judas versprach es und suchte eine Gelegenheit, Jesus ohne Volksauflauf an sie zu überliefern.
Hier sehen wir, wie Judas Iskariot die Kontrolle über sein Handeln verliert. Die Formulierung „Satan fuhr in Judas“ bringt dies zum Ausdruck. Judas ist nicht im eigentlichen Sinne besessen, aber er hat sich so sehr für die böse Seite geöffnet, dass sein Denken und Verhalten nun vom Satan dominiert werden.
Als er hörte, dass die Hohenpriester und Schriftgelehrten Jesus umbringen wollten, wurde er zu ihrem Handlanger. Die Geistlichkeit hatte ein Problem: Sie wollten Jesus töten, aber heimlich. Sie wollten unter allen Umständen einen Volksauflauf vermeiden.
Diese Heimlichkeit war nötig, weil sie wussten, wie beliebt Jesus war. Der Jubel bei seinem Einzug in Jerusalem war ihnen Beweis genug. Dieser junge Rabbi musste weg, aber sie konnten es nicht riskieren, das jüdische Volk gegen sich aufzubringen. Deshalb musste alles heimlich geschehen, und Judas war dafür das ideale Werkzeug.
Er ebnete den Weg für eine unbemerkte Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane, wie wir in Markus 14, Vers 43 lesen: „Und sogleich, während er – gemeint ist Jesus – noch redet, kommt Judas, einer der Zwölf, heran. Mit ihm ist eine Menge mit Schwertern und Stöcken von den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten.“
Jesus wird gefangen genommen. Der anschließende Prozess ist eine Farce. Es geht nicht um Wahrheit oder Gerechtigkeit, sondern nur darum, den Schein von Rechtsstaatlichkeit zu wahren und diesen unliebsamen Rabbi aus Galiläa loszuwerden.
Die Motive der geistlichen Würdenträger
Frage: Warum ist Jesus für sie so gefährlich? Mir fallen zwei Antworten ein, eine politische und eine sehr persönliche.
Zuerst einmal ist Jesus eine Gefahr für die nationale Sicherheit. Das klingt dann so: In Johannes 11, Verse 47 und 48 versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer den Hohen Rat und fragten: „Was tun wir? Denn dieser Mensch tut viele Zeichen. Wenn wir ihn so lassen, werden alle an ihn glauben. Und die Römer werden kommen und unsere Stadt wie auch unsere Nation wegnehmen.“
Wenn dieser Jesus so weitermacht, verlieren wir auch noch den letzten Rest an Autonomie. Das ist ihr realpolitisches Denken – davor haben sie Angst.
Und die Lösung? In Johannes 11, Verse 49 und 50 sagt einer von ihnen, Kaiphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war: „Ihr wisst nichts und überlegt auch nicht, dass es nützlich ist, dass ein Mensch für das Volk stirbt und nicht die ganze Nation umkommt.“
Was will Kaiphas sagen? Bevor das ganze Volk durch die Hand der Römer Schaden nimmt, weil es zu Aufständen kommt, die dann blutig niedergeschlagen werden, ist es besser, dafür zu sorgen, dass dieser Jesus – genau der, der mit seinen Wundern die Menschen zum Glauben an ihn als Messias verführt – stirbt. Das ist ihre politische Motivation. Sie wollen Schaden vom Volk abwenden.
Aber es gibt natürlich noch eine hässliche, sehr persönliche Seite. Eine Seite, die für Außenstehende so offensichtlich war, dass sie bereits dem römischen Statthalter Pilatus beziehungsweise wohl seinen Spitzeln, von denen er auf dem Laufenden gehalten wurde, aufgefallen war.
Wenn Pilatus dem Volk anbietet, zum Passa als Geschenk einen Gefangenen freizugeben und dabei an Jesus denkt, dann tut er es, weil er wusste, warum der Hohe Rat diesen Jesus eigentlich tot sehen wollte.
Markus 15, Vers 10: „Denn Pilatus wusste, dass die Hohenpriester ihn – Jesus – aus Neid überliefert hatten.“
Politik ist eine Sache, aber zwischen den geistlichen Würdenträgern des Judentums und diesem Jesus aus Galiläa gab es noch eine sehr persönliche Sache: Sie waren schlichtweg neidisch.
Neidisch auf seine Beliebtheit, neidisch auf seinen Einfluss. Ihr Neid war Grund genug, diesen jungen Rabbi aus dem Weg zu schaffen.
Schlussfolgerung und Anwendung
Wer ist schuld am Tod Jesu? Die geistlichen Würdenträger.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wo du neidisch bist. Wie wir gesehen haben, ebnet Neid leicht den Weg für gröbere Sünden.
Das war's für heute. Noch mehr Predigten von mir gibt es auf meinem YouTube-Kanal.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.