Einführung in das Reich Gottes und seine Grundbegriffe
Wir machen uns Gedanken über das Reich Gottes und haben zu Beginn eine kleine Definition vorgenommen. Ein Reich ist eine politisch organisierte Gemeinschaft. Daher braucht ein Reich einen Herrscher, eine Gruppe von Beherrschten und ein Herrschaftsgebiet.
Wenn wir das auf geistliche Dinge übertragen, auf die Bibel und ihre Botschaft, dann ist Gott der Herrscher, wir sind die Beherrschten, und die gesamte sichtbare und unsichtbare Welt ist das Herrschaftsgebiet. Das Reich Gottes ist also der Bereich, über den der souveräne Gott regiert – im Grunde die ganze Welt. In der äußersten Definition könnten wir das so sagen.
Weiterhin haben wir uns Gedanken über die Souveränität Gottes gemacht. Das kann ich jetzt nicht alles wiederholen. Wir haben gesehen, dass Gott der souveräne Herr ist, der alles in seiner Hand hält und dass dieser Gott eine Strategie, einen Plan mit dieser Welt hat.
Um sein Ziel zu erreichen, gebraucht er folgende Dinge, die ich jetzt aufzähle: Gottes Ziel ist es, die Erde wieder so herzustellen, wie sie vor dem Fall in die Sünde, vor dem Sündenfall war. Gott möchte, dass das Böse völlig besiegt wird und dass sich eines Tages sein Reich ungehindert ausbreiten kann. Das ist sein Ziel.
Außerdem möchte er die Menschen, die in den Fall Satans hineingezogen sind, erretten und in sein Reich hineinrufen. Gott gebraucht dazu gute und gefallene Engel, aber auch Menschen. Er gebraucht das Kommen seines Erlösers, das aus unserer Sicht schon fast zweitausend Jahre zurückliegt.
Damals hat Gott den Erlöser in diese gefallene Welt gesandt. Die Erlösung ist geschehen durch den Tod Christi. Seitdem ist eine Errettung möglich – aus dem Reich Satans in das Reich Christi oder in das Reich Gottes hinein.
Die Gegenspieler Gottes und ihre Strategien
Aber wie irdische Herrscher hat auch Gott als himmlischer Herrscher Feinde. Ich decke es ganz auf: Satan ist Gottes Feind und der Feind unserer Seelen. Er hat eine Strategie. Er möchte Gottes Plan durchkreuzen und verhindern. Dazu gebraucht er ebenfalls gefallene Engel und Menschen.
Seine Strategie war es damals, das Kommen des Erlösers zu verhindern. Deshalb wollte er das Volk Israel ausrotten, noch bevor Jesus geboren wurde. Später versuchte er, Jesus als kleines Kind zu töten. Bis zum Kreuz wollte er immer wieder die Erlösung verhindern.
Schon beim Nächsten versuchte er das. Und jetzt, wo er die Erlösung nicht mehr verhindern kann – das heißt, dass sie geschehen ist, diese Tatsache –, versucht er zu verhindern, dass Menschen aus dem Reich Satans, aus seinem Reich, herausgerufen werden in das Reich Christi oder Reich Gottes.
Das verhindert er, indem er Menschen verblendet. Er benutzt das helle Licht seiner Verblendung, damit sie das eigentlich helle Licht des Evangeliums nicht erkennen können. Das ist der Grund, warum so viele Menschen in dieser Welt nicht glauben.
Nur dazu sind wir noch bei der Wiederholung.
Gottes Strategie und die Rolle der Erlösten in der Welt
Dann haben wir uns weiter mit den Punkten von Gottes Strategie beschäftigt. Die Erlösten bleiben als Zeugen Jesu Christi in dieser Welt. Gott nimmt seine Erlösten nicht sofort von dieser Erde weg, auch wenn uns das manchmal lieber wäre.
Er lässt sie hier als seine Zeugen, selbst wenn sie Widerwärtigkeiten ausgesetzt sind. Gott braucht zur Erfüllung seines Plans auch Ungläubige. Er konnte sogar ungläubige Herrscher zur Zeit des Alten Testaments gebrauchen.
Gott erlaubt es, dass sich das Böse bis zum Gericht entwickeln kann, aber auch das Gute. Beides wächst in dieser Welt nebeneinander: Das Böse reift heran, und das Gute reift heran. Diese Welt ist vermischt; erst am Ende wird sortiert.
Dann wird jede gute Tat ihre Belohnung erhalten, aber auch jede böse Tat ihre gerechte Strafe.
Satans Gegenstrategie gegen das Zeugnis der Erlösten
Und wir sehen Satans Strategie in Bezug auf diese Punkte. Er will das Zeugnis der Erlösten zerstören, und zwar durch Verfolgung der Gemeinde. Er verfolgt die Gemeinde.
Hier bei uns im „Freien Westen“ ist das im Augenblick weniger zu erkennen. Mehr zeigt sich das durch die sechste Strategie. In China und anderen Ländern hingegen ist diese Strategie derzeit sehr aktiv. Die Zerstörung des Zeugnisses der Erlösten gehört dort dazu.
Durch unheiligen Wandel will er das Zeugnis der Christen zerstören. Er verführt uns zu unheiligem, ungutem und unglaubwürdigem Verhalten. Außerdem versucht er, das Zeugnis der Erlösten durch Vermischung und falsche Lehre zu zerstören.
Wir sehen: Auf jede Strategie Gottes hat der Teufel versucht, eine Antwort zu finden. Wir sollten ihn ernst nehmen. Wir glauben nicht an den Teufel, aber wir glauben an seine Existenz. Wir wissen, dass er genauso real ist wie Gott selbst und wie auch wir.
Möchtest du noch etwas über Menschen hören? Ja, nächste Woche gibt es dazu noch mehr.
Verschiedene Formen des Reiches Gottes
Am Ende des letzten Abends haben wir fünf Facetten oder Formen des Reiches Gottes betrachtet. Ich kann sie jetzt nicht mehr ausführlich erklären, möchte sie aber noch einmal nennen und anschließend an der Folie etwas dazu erläutern.
Wir haben das Reich Gottes mit Wasser verglichen. Wasser hat drei Aggregatzustände: fest, flüssig und gasförmig. Das Reich Gottes hingegen hat fünf Aggregatzustände, also fünf verschiedene Formen. Es ist immer dasselbe Reich Gottes, aber es zeigt sich in unterschiedlichen Erscheinungsformen. Natürlich ist das nicht wörtlich zu verstehen, dass es gasförmig oder flüssig ist.
Es gibt das universelle oder ewige Königreich Gottes, das sich über alles erstreckt. Dann gibt es das geistliche Königreich Gottes, in das man hineingeboren werden muss. Das theokratische Königreich war in der Geschichte Israels vorhanden, als Gott ein alttestamentliches Bundesvolk hatte und in diesem Volk selbst regierte. Zuerst geschah dies durch Priester als vermittelnde Instanz, später durch Könige in Israel, von Saul bis Zedekia. Dieses theokratische Reich in Israel gehört längst der Vergangenheit an.
Das nächste Reich ist noch in der Zukunft: das messianische Königreich. Wir nennen es hier Davidisch-messianisch, weil David die Verheißung und das Versprechen Gottes erhalten hat, dass ein solches Reich einmal auf dieser Erde errichtet werden wird. David selbst hat es zu seinen Lebzeiten nicht erlebt, auch nicht Salomo. Dieses Reich wird noch kommen, und es liegt in der Zukunft. Es wird auch als das tausendjährige Reich bezeichnet.
Adolf Hitler wollte ein solches Reich ebenfalls errichten, doch sein Regime dauerte nur zwölf Jahre. Das war nicht das tausendjährige Reich. Dieses liegt noch vor uns.
Das verborgene Königreich ist das Schwierigste zu erfassen. Es ist das Reich, das im Augenblick, während wir hier sitzen, in dieser Welt Gestalt annimmt. Es ist ein verborgenes, mystisches und vermischtes Reich, das man nicht genau fassen kann. Es liegt in einer Mischform vor.
Ich möchte dies nun noch einmal an der Folie zeigen, so wie wir es beim letzten Mal vorbereitet haben.
Das universelle, geistliche und theokratische Reich Gottes
Wir sehen also, dass das universelle oder ewige Reich Gottes sich über alle Zeiten erstreckt. Solange es Gott gibt, war Gott immer König, und er hatte immer ein Reich. Dieses Reich ist Gottes Reich, sein universelles, ewiges Königreich.
Dann gibt es das geistliche Reich Gottes. Dieses Reich ist natürlich nicht ewig, sondern hat einen Anfang und ein Ende. Seitdem es Menschen gibt, können Menschen in dieses geistliche Reich Gottes hineingeboren werden. Jesus sprach zu Nikodemus von diesem Reich in jener Nacht, als er sagte: „Wenn du nicht von neuem geboren wirst, kannst du nicht ins Reich Gottes kommen.“ Damit meinte er nicht das ewige Reich Gottes, in dem oder unter dem wir ja schon immer sind. In dieses Reich kann man auch nicht hineingeboren werden. Aber in diese Form des Reiches müssen wir durch Wiedergeburt hineingeboren werden. Ein Menschenkind wird man durch Geburt, aber ein Gotteskind durch Wiedergeburt.
Dann haben wir vom theokratischen Reich gesprochen. Dieses Reich bestand in der Geschichte Israels von der Herausführung Israels aus Ägypten, als Gott sich mit diesem Volk am Sinai einen Bund schloss, bis zum letzten König Israels, Zedekia. Als dieser König abdankte und das Reich weggeführt wurde, begann die babylonische Gefangenschaft. Damit war dieses theokratische Reich zu Ende.
Das messianische und verborgene Königreich
Anhand der Farbe erkennt man, dass das messianische Reich eine Fortsetzung haben wird. Dieses Reich, das in der Zukunft liegt, ist letztlich eine Weiterführung dieses Reiches. Deshalb wird die gleiche Farbe verwendet. Es wird auch wieder in erster Linie Israel betreffen und hier auf dieser Erde eine konkrete Gestalt annehmen.
Es wird sich hier manifestieren, wie man heute so schön sagt. In der Zwischenzeit, also jetzt in dieser Zeit, sieht man etwa seit Jesu Sterben – etwas früher, wie wir beim nächsten Mal noch genauer sehen werden – ungefähr von seinem Kreuz bis zur Entrückung der Gemeinde, dass es ein verborgenes und vermischtes Reich auf dieser Erde geben wird.
Denn jetzt kann man das Reich Gottes nicht genau herauskristallisieren. Man kann nicht sagen: „Schau mal, hier ist das Reich Gottes, und da ist es nicht.“ Stattdessen liegt es in einer Mischform vor. Diese Mischform könnten wir am besten mit einem Wort beschreiben, und dieses Wort heißt Christenheit.
Zur sogenannten Christenheit gehören alle, die sich dazu zählen, die sich für gute Menschen halten und zweimal im Jahr in die Kirche gehen – die sogenannten Owe-Christen, also zu Ostern und Weihnachten einmal. Das ist alles Christenheit. Aber auch die echten Gläubigen, die Wiedergeborenen, sind dabei. Sie sind mit anderen in dieser Welt vermischt.
Man kann sie nicht so trennen wie Spreu und Weizen. Im Augenblick ist das Reich Gottes also eine Mischform. Die Scheidung wird noch kommen, aber derzeit ist es so vermischt.
Übergang zur Geschichte Israels und theokratisches Königreich
So, das war bis hierhin die kurze Wiederholung vom ersten Abend. Jetzt wollen wir mit der Fortsetzung zum Reich Gottes in der Geschichte Israels weitermachen.
Wir haben eben gesehen, dass das Reich Gottes eine theokratische Form hatte. Dieses theokratische Reich begann praktisch schon vor mehr als dreitausend Jahren mit Mose. Während der Königszeit, die dann in Israel stattfand – von Saul bis Zedekiah, also ungefähr bis 600 v. Chr. –, verlor dieses theokratische Königreich immer mehr an Qualität. Gerade in diesen fünfhundert Jahren Königszeit in Israel ging es steil bergab, fast mit Lichtgeschwindigkeit.
Je mehr das theokratische Königreich Gottes an Bedeutung verlor, desto lauter begannen die Propheten, eine künftige, bessere Form des Reiches Gottes anzukündigen. Die Propheten Jesaja, Jeremia, Daniel und andere sprachen plötzlich von einem zukünftigen Reich. Sie meinten nichts anderes als das Reich Gottes, aber sie sagten nicht genau, wann es kommen würde. Sie kündigten nur an, dass ein besseres Reich kommen wird, nämlich das messianische oder tausendjährige Königreich.
Schließlich wurde das theokratische Königreich durch die Zerstörung Jerusalems im Jahr 586 v. Chr. durch die Babylonier beendet. Mit Nebukadnezars Sieg ging dieses Reich zu Ende. Danach begann eine neue Zeit, die Lukas in seinem Evangelium „die Zeit der Nationen“ nennt. Das war die Zeit einer Nation, des Volkes Israel. Mit dem Ende der theokratischen Zeit, als Israel in die Gefangenschaft von der großen Weltmacht Babylon geführt wurde, begann die Zeit der Nationen oder der Weltreiche.
Man könnte auch sagen, die Zeit der Weltreiche begann, und zwar vier große Weltreiche, die Daniel in seiner gewaltigen Prophetie sah. Ich habe sie hier mal zusammengefasst auf dieser Folie. Auf den ersten Blick sieht das ein bisschen verwirrend aus, aber wir können es auseinander sortieren.
Daniel sah in Kapitel 2 eine Statue mit vier verschiedenen Materialien und in Kapitel 7 vier verschiedene Tiere, seltsame Tiere, fast Monster. Diese Statue und die Tiere beschreiben beide vier Weltreiche.
Das erste Weltreich, das Daniel sah, war das Babylonische, also Nebukadnezar. Das ist in Kapitel 7 gleich dem Adler, dem Löwen mit den Adlerflügeln, als König der Tiere, und hier auf der Statue das goldene Haupt.
Dann sah er die Brust aus Silber und die Arme – das war das medopärtische Reich, schon nicht mehr so glanzvoll, etwas abgeschwächt. Es geht am Wert der Materialien nach unten: Bauch und Lenden aus Erz oder Bronze, und zum Schluss die Schenkel aus Eisen bis zu den Füßen, Eisen mit Beton vermischt, das Römische Reich.
Hier in der Mitte sind Bauch und Lenden das griechisch-mazedonische Reich unter Alexander dem Großen und dann das Römische Reich mit Augustus und anderen.
Links sehen wir also das Babylonische Reich, dargestellt durch den Löwen mit Adlerflügeln. Das medopersische Reich ist der Bär. Dieses Reich war sehr behäbig und machte seine Eroberungen sehr langsam, wie ein Bär. Danach kam der Leopard mit den vier Köpfen, nämlich das griechisch-mazedonische Reich unter Alexander dem Großen, bekannt durch seine Blitzzüge und schnellen Eroberungen. Die vier Köpfe stehen dafür, dass sich sein Reich später in die vier Diadochenreiche zerteilte.
Dann sah Daniel am Ende ein schreckliches Tier, ein Monster mit einem Horn und später zehn Hörnern – das römische Reich, bekannt für seine Gewalttätigkeit und Brutalität.
Also, ganz grob sieht Daniel in seinen gewaltigen Visionen die Weltreiche. Er bekommt eine Schau von Gott geschenkt über weit mehr als zweitausend Jahre, denn dieses Reich dauert jetzt noch an. Wir befinden uns jetzt in diesem Stadium, also noch im römischen Reich.
Das römische Reich hatte zunächst zwei Beine, das heißt das Oströmische und das Weströmische Reich, und später zehn Hörner. Manche schnelle, vorschnelle Ausleger dachten, das könnten die zehn Staaten der damaligen EWG sein, ja, oder EG damals. Aber das war natürlich viel zu kurz gedacht.
Wir wissen nicht genau, was die zehn sind, aber wir sind im Römischen Reich oder in der Zeit des Tieres, und das wird sich noch eine Weile hinziehen.
Daniel sieht also diese Weltreiche, er sieht die Zeit der Nationen.
Vielleicht können wir dazu mal eine Stelle im Buch Daniel aufschlagen. Wir haben ja Bibelabende, und ich hoffe, dass die meisten von uns die Bibel greifbar haben. Ansonsten kann man auch hören, was gesagt wird.
Wir lesen Daniel 4, das ist etwas sehr Wichtiges. Daniel 4, Vers 22 und 23 – wollen wir das lesen? Das ist das Kapitel, in dem Nebukadnezar sich überhob und von Gott gedemütigt wird, wo er wie ein Tier umherkriecht.
Jetzt wird ihm gesagt – wir lesen ab Vers 21:
„Dies ist die Deutung, o König“, also das Wort geht an Nebukadnezar, „und dies ist der Beschluss des Höchsten, der über meinen Herrn, den König, kommen wird: Man wird dich von den Menschen ausstoßen, und bei den Tieren des Feldes wird deine Wohnung sein. Man wird dir Gras zu essen geben wie den Rindern, und vom Tau des Himmels lässt man dich benetzen. Es werden sieben Jahre über dir vergehen, bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will.“
Und dass man gesagt hat, man solle den Wurzelstock des Baumes übrig lassen, das bedeutet: „Dein Königtum soll dir erhalten bleiben, sobald du erkennst, dass die Himmel herrschen.“
Auf diese Aussage kommt es mir an: Sobald du erkennst, dass die Himmel herrschen.
Wir hatten vorher das theokratische Königreich, und da herrschte Gott in Israel hier auf dieser Erde. Gott war der Herrscher, zuerst als König Israels, und als Gott verworfen wurde, waren irdische Könige da, aber Gott herrschte durch diese Könige.
Jetzt lesen wir hier in Daniel, der die Zeit der Weltreiche ankündigt, dass die Himmel herrschen.
Es heißt in Vers 23: „... bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht“, und dass die Himmel herrschen.
Das ist sehr wichtig: In der Zeit der Nationen, in der Zeit der Weltreiche, herrschen die Himmel, oder wir könnten auch sagen, Gott herrscht vom Himmel her.
Interessant ist, dass nach der babylonischen Gefangenschaft, nach den siebzig Jahren, in denen Israel in Babylon war, ein neuer Gottesname in der Bibel auftaucht, den es bis dahin nicht gab.
Bitte geht mal mit mir in das Buch Esra, das ist etwas schwerer zu finden im Alten Testament. Nach den Chronikbüchern kommt das Buch Esra, Kapitel 1, Vers 2.
Ein neuer Gottesname in der Bibel, der hier zum ersten Mal auftaucht, obwohl inzwischen schon mehr als tausend Jahre Geschichte Israels vergangen sind.
Esra 1, Vers 2: „So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben.“
Hier wird Gott zum ersten Mal „Gott des Himmels“ genannt.
Daniel sagt, die Himmel herrschen, der Höchste herrscht jetzt aus dem Himmel, und prompt wird Gott hier „Gott des Himmels“ genannt.
Nun gut, von Kyrus, sagt ihr, aber nicht nur von Kyrus. Kapitel 5, Verse 11 bis 12, Esra 5, da sagen Juden: „Wir sind die Knechte des Gottes des Himmels und der Erde, und wir bauen das Haus wieder auf, das früher viele Jahre als Gebäude bestanden hat. Ein großer König von Israel hatte es gebaut und vollendet. Da aber unsere Väter den Gott des Himmels zum Zorn reizten, gab er sie in die Hand Nebukadnezars.“
Zweimal wird Gott hier „Gott des Himmels“ genannt, im Buch Esra, und genauso im Buch Nehemia, das etwa zeitgleich ist und gleich danach kommt.
Nehemia 1 nennt Gott wieder den „Gott des Himmels“. Nehemia 1, Vers 4: „Und es geschah, als ich diese Worte hörte von dem schrecklichen Zustand Jerusalems und der zerfallenen Mauer, da setzte ich mich hin, weinte und trauerte tagelang, und ich fastete und betete vor dem Gott des Himmels.“
Auch Nehemia nennt Gott den „Gott des Himmels“.
Ihr seht, das sind Zeitgenossen: Daniel als Erster sagt, die Himmel herrschen. Dann, nach der babylonischen Gefangenschaft, im Buch Esra und im Buch Nehemia lesen wir vom „Gott des Himmels“.
Das ist nicht zufällig. Die Bibel ist so genau inspiriert. Hier finden wir diesen Hinweis.
Damit bringt die Bibel zum Ausdruck, dass Gott nur noch mittelbar vom Himmel her regiert.
In dieser Zeit der Weltreiche sieht es hier auf der Erde so aus, als hätten die Weltreiche die Fäden in der Hand, als hätten mächtige Herrscher wie Stalin oder Breschnew oder vor ihnen Hitler oder andere die Zügel in der Hand, scheinbar sogar Macht über die Gläubigen und die Gemeinde Jesu.
Die Gemeinde gerät zwischen die Mahlsteine der großen Weltreiche und wird scheinbar zerrieben.
Aber es ist nur scheinbar.
Gott regiert vom Himmel her, auch wenn es in dieser Welt fast so aussieht, als hätte er sich zurückgezogen und als wäre ihm alles entglitten.
Er ist und bleibt der souveräne Gott, er herrscht jetzt vom Himmel her.
Ich fasse zusammen:
In der Zeit des theokratischen Königreichs war Gott zuerst selbst König von Israel, dann regierte er durch israelitische Könige.
Nach deren Niedergang begann die Zeit der Nationen oder der Weltreiche.
Von da an zog sich Gott von seinem irdischen Bundesvolk Israel immer mehr zurück und wurde zum „Gott des Himmels“.
Fortan herrschten die Himmel.
Das ist ein wichtiger Vorspann, ein wichtiger erster Punkt, den wir jetzt miteinander bedenken mussten, um das Folgende zu verstehen.
Jetzt machen wir einen Sprung bis in die Zeit der Evangelien.
Wir kommen zum Reich Gottes zur Zeit des irdischen Lebens Jesu.
Wir machen also einen Sprung um etwa 450 bis 500 Jahre von Esra und Nehemia zur Zeit des irdischen Lebens Jesu.
Wir wissen, dass das Leben Jesu in vier Evangelien beschrieben wird.
Vielleicht noch mal ganz kurz die Frage: Warum vier Evangelien?
Gott wollte uns eine völlige Offenbarung von sich selbst und auch von seinem Sohn Jesus Christus geben.
Das konnte er nicht in ein Evangelium hineinpacken.
Er brauchte vier Evangelisten, die Jesus von verschiedenen Seiten aus beschrieben.
Matthäus beschreibt Jesus Christus als den König, als den Messias Israels.
Matthäus 1,1 nennt ihn Sohn Davids in der Königslinie und später auch Sohn Abrahams.
Die Geburtsgeschichte, vielleicht können wir das an dem Beispiel hier sehr gut sehen, kommt zum Beispiel im Matthäusevangelium vor.
Der Höhepunkt der Geburtsgeschichte bei Matthäus, der Jesus als König beschreibt, ist Matthäus 2.
Da kommen Magier von tausend Kilometer Entfernung und huldigen dem König, das heißt in Matthäus 2, sie beteten ihn an.
Die katholische Kirche würde dort gerne sehen, dass sie Maria anbeten, aber das tun sie nicht.
Sie beteten das Kindlein an, steht dort, Matthäus 2,11.
Markus beschreibt Jesus Christus als den Knecht oder Diener.
Markus zeigt vielmehr den handelnden Christus, der arbeitet, der immer in Bewegung ist – in Action würden wir heute sagen, auch wenn das vielleicht ein unpassendes Wort ist.
Er zeigt den handelnden Christus.
Der Schlüsselvers ist Markus 10,45: Christus ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen.
Die Geburtsgeschichte – was braucht ein Knecht für eine Geburtsgeschichte? Da braucht man keine.
Sie fehlt bei Markus, weil er diesen Aspekt Jesu zeigt, diese Facette seines Lebens.
Lukas zeigt Jesus als den Sohn des Menschen, als den Menschensohn.
Als Arzt berichtet er viele menschliche Details, natürlich die Geburtsgeschichte mit vielen Einzelheiten.
Natürlich ist er es, der von der Jungfrauengeburt spricht.
Johannes beschreibt Jesus Christus als den Sohn Gottes.
Nicht nur Lukas spricht von der Jungfrauengeburt, auch Matthäus, aber Johannes macht es am ausführlichsten.
Johannes offenbart den Herrn Jesus in einer unbeschreiblichen Tiefe.
Viele Bibelleser, die sechzig Jahre die Bibel gelesen haben, sagen, dass das Johannes-Evangelium unerschöpflich in seiner Tiefe ist.
Die Geburtsgeschichte wäre hier auch unpassend.
Johannes zeigt den Gottessohn.
Seine Weihnachtsgeschichte besteht aus einem Vers: „Das Wort wurde Fleisch.“
Fertig.
Das ist die Weihnachtsgeschichte bei Johannes.
Das passt, weil er Jesus als den Sohn Gottes zeigen will.
So sehen wir an diesem Beispiel – ich habe absichtlich die Geburtsgeschichte gewählt –, man könnte das an vielen anderen Dingen zeigen.
Man könnte andere Themen nehmen, die die vier Evangelisten aus ganz verschiedenen Perspektiven beschreiben.
So wollte Gott uns ein vollkommenes Bild von Jesus Christus, seinem Sohn, und damit letztlich von sich selbst geben, denn Jesus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes.
Dann haben wir vier Evangelien.
Wir werden uns heute und auch beim nächsten Mal auf das Matthäusevangelium konzentrieren.
Denn das Matthäusevangelium hat für das Thema Reich Gottes eine ganz besondere Bedeutung.
Das Matthäusevangelium war nämlich unzweifelhaft an Juden gerichtet.
Markus schrieb an Römer, Lukas an Griechen, Johannes auch an Nichtjuden, kann man nicht genau sagen an welche Gruppe, aber auf jeden Fall an Nichtjuden.
Matthäus schrieb ganz eindeutig an Juden.
Woran erkennt man das?
Matthäus setzt zum Beispiel das Alte Testament als bekannt voraus.
Das machen die anderen nicht, aber er zitiert ständig aus dem Alten Testament.
Er setzt es bei seinen Lesern als bekannt voraus.
Nur die Juden kannten das Alte Testament wirklich.
Das Matthäusevangelium enthält sehr viele Zitate aus dem Alten Testament.
Damit hätten Nichtjuden kaum etwas anfangen können.
Das Markus-Evangelium zum Beispiel enthält fast keine Zitate aus dem Alten Testament, weil es an Römer gerichtet ist.
Matthäus schreibt an Juden.
Ein wichtiger Punkt: Wir finden dreizehnmal die Redewendung „damit erfüllt würde“ im Matthäusevangelium – dreizehnmal!
Matthäus wollte den jüdischen Lesern offensichtlich nahebringen, dass Jesus Christus der verheißene Messias des Alten Testaments ist.
Obwohl er das Reich nicht so aufgerichtet hat, wie es die Juden damals erwartet hatten, ist er der verheißene Messias.
Deswegen schreibt Matthäus dreizehnmal „damit erfüllt würde“.
Man braucht das nicht wörtlich mitzuschreiben, ihr bekommt später einen Ausdruck, auf dem nicht alles steht, was ich heute Abend sage, aber doch das meiste.
Wir haben gesehen, dass das Matthäusevangelium an Juden gerichtet ist.
Nun müssen wir drei Stellen im Matthäusevangelium aufschlagen, das ist ganz wichtig, da kommen wir nicht drum herum.
Gehen wir ins Matthäusevangelium, Kapitel 3, zuerst Vers 2.
Da geht es um Johannes den Täufer.
Lesen wir Vers 1 noch mit:
„In jenen Tagen aber kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste von Judäa und sprach: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen.“
Was fällt euch an diesem Vers auf?
Der Begriff Reich Gottes.
Ja, und wie nennt er es?
Reich der Himmel.
Das fällt auf.
Er nennt es Reich Gottes, richtig, aber er nennt das Reich Gottes „Reich der Himmel“.
Das tun die anderen Evangelisten nicht.
Ihr könnt nachschauen, müsst es aber nicht, ihr könnt mir glauben.
Weder Markus, Lukas noch Johannes verwenden den Ausdruck „Reich der Himmel“.
Nur Matthäus, und zwar über zwanzig Mal.
Johannes der Täufer sagt schon: „Tut Buße“, zu den Juden, „kehrt um, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Gehen wir ein Kapitel weiter, Kapitel 4, Vers 17.
Da haben wir gerade die Taufe Jesu gehabt und die Versuchung Jesu in der Wüste nach der Messiasweihe, der Messiasprobe, wie unsere Väter gesagt haben, die Versuchung.
Jetzt beginnt er seine öffentliche Wirksamkeit.
Kapitel 4, Vers 17: „Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“
Ganz ähnlich wie Johannes der Täufer spricht auch Jesus vom Reich der Himmel.
Das fällt auf.
Und als Jesus später seine Jünger aussendet, in Kapitel 10, Vers 7, da trägt er ihnen auf, folgende Botschaft auszurichten:
„Wenn ihr aber hingeht, predigt und sprecht: Das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Das gilt innerhalb Israels, zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel sind sie gesandt (Vers 6).
Immer wieder im Matthäusevangelium das Reich der Himmel.
Zwei Fragen entstehen:
Was bedeutet das Reich der Himmel?
Ist das etwas anderes als das Reich Gottes oder dasselbe?
Wie können wir das herausfinden?
Bleiben wir im Matthäusevangelium, wir können es ganz leicht dort erkennen.
Kapitel 19 haben wir die Antwort.
Matthäus 19, Verse 13 bis 15:
„Dann wurden Kinder zu ihm gebracht, damit er ihnen die Hände auflegte und betete, nicht damit er sie taufte.“
Die Jünger aber fuhren sie an.
Jesus aber sprach: „Lasst die Kinder und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel.“
Das Reich der Himmel.
Wenn ihr jetzt die beiden Parallelberichte in Markus 10 oder Lukas 18 lest, steht dort fast dasselbe, fast identisch mit diesem Text, nur etwas ist anders.
Bei Markus und Lukas steht: „Denn solcher ist das Reich Gottes.“
Da seht ihr: Reich der Himmel und Reich Gottes sind ein und dasselbe.
Es sind nur zwei verschiedene Begriffe für dieselbe Sache.
Ich habe noch einen besseren Beweis.
Hier in Kapitel 19, Matthäus 19, ein paar Verse weiter, lesen wir Vers 23 und 24.
Dann kann es keinen Zweifel mehr geben.
Warum?
Jesus sprach zu seinen Jüngern – das ist die bekannte Geschichte vom reichen Jüngling.
Er sagt zu seinen Jüngern:
„Wahrlich, ich sage euch: Schwerlich wird ein Reicher in das Reich der Himmel eingehen.“
Wiederum aber sage ich euch:
„Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr eingeht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes eingeht.“
In einem Atemzug spricht Jesus einmal vom Reich der Himmel und einmal vom Reich Gottes.
Das sind nicht zwei verschiedene Sachen, das ist natürlich ein und dasselbe.
Also Reich Gottes und Reich der Himmel sind gleichbedeutend, meinen ein und dasselbe.
Aber jetzt kommt die zweite Frage:
Warum verwendet dann Matthäus als einziger Evangelist den Begriff „Reich der Himmel“?
Warum spricht nicht Matthäus auch wie Markus, Lukas und Johannes vom Reich Gottes?
Warum der Ausdruck „Reich der Himmel“?
Arnold Fruchtenbaum erklärt das folgendermaßen:
Der Grund, warum Matthäus „Reich der Himmel“ oder „Himmelreich“ verwendet, ist, weil er sein Evangelium für Juden schrieb.
Die Juden waren empfindlich gegenüber dem Missbrauch des Namens Gott.
Wann immer sie schrieben oder redeten, versuchten sie, dieses Wort zu vermeiden und neigten dazu, es nur innerhalb der Synagoge oder bei anderen Zusammenkünften zu gebrauchen.
Anstatt „Gott“ sagten sie ein Ersatzwort, eine Chiffre, nämlich den Namen „Haschem“.
Das machen heute noch Juden. Sie sagen: „Wir loben Haschem“, wir loben den Namen und meinen Gott damit.
Sie sagen: „Wir loben den Namen“, „wir loben Gott“, „Haschem“, oder sie sagen „der Himmel“, „wir danken dem Himmel“.
Haschamai im Hebräischen.
Wir sagen ja auch manchmal „Dem Himmel sei Dank“, und damit meinen wir natürlich „Gott sei Dank“.
Aber wir benutzen eine Chiffre und sagen „Dem Himmel sei Dank“.
Matthäus kannte die jüdische Sensibilität und gebrauchte deshalb nicht den Ausdruck „Reich Gottes“, wo Gott vorkommt, sondern den Begriff „Reich der Himmel“, sagt der Jude Arnold Fruchtenbaum.
Markus hingegen schrieb an die Römer, Lukas an die Griechen, die diese Empfindsamkeit nicht hatten.
Deshalb gebrauchten sie den Ausdruck „Reich Gottes“.
Ich glaube, dass Arnold hier in die richtige Richtung geht.
Aber mich befriedigt seine Erklärung an dieser Stelle nicht hundertprozentig.
Denn Matthäus benutzt nicht durchgängig den Ausdruck „Reich der Himmel“.
Wenn Arnold ganz Recht hätte, müsste im Matthäusevangelium durchgängig „Reich der Himmel“ stehen.
Aber wir haben ja eben hier in Matthäus 19,24 gelesen „Reich Gottes“.
Und es gibt noch drei weitere Stellen.
Insgesamt viermal steht im Matthäusevangelium doch „Reich Gottes“.
Das geht nicht ganz auf.
Ich habe noch eine Erklärung, von der ich überzeugt bin.
Ich bin überzeugt, dass Matthäus an die letzten Bücher des Alten Testaments anknüpft, an Esra und Nehemia.
Wie wurde Gott dort genannt?
Der Gott des Himmels.
Matthäus knüpft an und spricht jetzt vom Reich der Himmel anstatt vom Reich Gottes.
Er bleibt in dieser Linie von Esra, Nehemia und Daniel, die sagen: Die Himmel herrschen.
Matthäus schreibt an Juden, die diese Linie kannten.
Er nimmt die Linie auf und spricht folgerichtig vom Königreich der Himmel.
Denn Gott ist der Gott des Himmels, der König des Himmels, der vom Himmel herrscht.
Also spricht er vom Reich der Himmel an die Juden.
Gut, wenn Arnold kommt, werden wir darüber diskutieren.
Aber jetzt lassen wir es vielleicht mal dabei.
Es geht auf jeden Fall in die richtige Richtung, was er da gesagt hat.
Das ist nicht falsch, auf keinen Fall.
Das Ganze habe ich jetzt vergessen, hier aufzudecken, aber das haben wir jetzt hier miteinander besprochen.
Reich Gottes und Reich der Himmel bedeuten ein und dasselbe.
Und meine Erklärung habt ihr gehört, warum Matthäus doch vom Reich der Himmel spricht.
Weil er anknüpft an die alttestamentlichen Geschichtsbücher.
Kommen wir zum nächsten Schritt:
Wir müssen uns über das Evangelium vom Reich unterhalten.
Wenn wir das Wort Evangelium hören, verbinden wir damit sofort die gute Nachricht, dass Jesus Christus für Sünder gestorben ist.
Und es gibt keine bessere Nachricht in dieser Welt als diese.
Für Journalisten sind nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten.
Ja, es ist eine alte Journalistenweisheit: Schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.
Aber es gibt eine wirklich gute Nachricht in dieser Welt, und das ist, dass es einen Gott gibt, der uns mit ewiger Liebe liebt, der alles für uns getan hat und der verlorene Sünder ganz aus Gnade, ganz ohne Verdienst und Würdigkeit annimmt und zu seinen Kindern macht.
Das ist das Evangelium der Bibel, das Evangelium der Gnade, oder das Evangelium Jesu Christi, oder das Evangelium Gottes, oder wie es noch genannt wird.
Das ist das Evangelium der Gnade.
Wenn wir das Wort Evangelium hören, denken wir wahrscheinlich alle an dieses Evangelium.
Aber was viele Christen nicht wissen, ist, dass es noch ein anderes Evangelium im Neuen Testament gibt, nämlich das Evangelium des Reiches.
Es gibt ein Evangelium der Gnade und ein Evangelium des Reiches, und das sind zwei ganz verschiedene Botschaften.
Das Evangelium der Gnade haben wir wunderbar ausgedrückt in Epheser 2,8-9, den Vers sollten wir alle auswendig können:
„Denn aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit sich niemand rühme.“
Margret und Sigrid haben das gerade auswendig gelernt? Oder wie musste ich diesen Blick deuten? Ja, ich habe ihn richtig gedeutet.
Gut, macht es ihnen nach, lernt das auswendig, fundamentaler Vers der Bibel, das Evangelium von der Gnade.
Aber jetzt zum Evangelium des Reiches, etwas anderes.
Matthäus 4, wieder im Matthäusevangelium, lesen wir von diesem Begriff.
Matthäus 4, Vers 23:
„Und Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches.“
Nicht das Evangelium der Gnade, nicht das Evangelium Gottes, nicht das Evangelium Jesu Christi, nicht das Evangelium von der rettenden Gnade Gottes, vom Blut Christi, sondern das Evangelium des Reiches.
Und es geht noch weiter:
„Und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk.“
Dazu gleich noch etwas.
Im selben Matthäusevangelium, Kapitel 9, Vers 35, lesen wir das wieder:
„Und Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches.“
Matthäus 24,14, die sogenannte Endzeitrede oder Ölbergrede unseres Herrn, da spricht er von der Zukunft der jüdischen Nation, die heute noch in der Zukunft liegt, und dann sagt er in Vers 14:
„Und dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis, allen Nationen zum Zeugnis, und dann wird das Ende kommen.“
Wir sehen dreimal im Matthäusevangelium das Evangelium des Reiches.
Was ist das für ein Evangelium?
Vielleicht noch eine Stelle dazu, die es deutlich macht, und eine letzte noch: Lukas 17.
Wir müssen immer die Bibel mit der Bibel auslegen.
Das war ein Grundsatz der Reformatoren.
Die Bibel legt sich selbst aus.
Wir brauchen nicht in erster Linie große Kommentare und Auslegungen.
Die Bibel selbst genügt schon.
Sie legt sich selbst aus.
Jetzt sehen wir es in Lukas 17, Vers 21, das gibt uns Licht, vielleicht von Vers 20 ab:
„Als er von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte, noch wird man sagen: Siehe hier oder siehe dort, denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“
Die Luther-Ausgabe von 1912, die, glaube ich, einige von euch auch haben, übersetzt:
„Das Reich Gottes ist inwendig in euch, mitten unter euch.“
Oder „inwendig in euch, mitten unter euch“ würde bedeuten, es steht unter euch.
Jesus Christus ist in seiner Gestalt neu auf diese Erde gekommen, und er wird den Juden angeboten.
Nämlich der König dieses Reiches, der König der Juden, der König dieses messianisch-davidischen Reiches, steht vor ihnen.
Er will ihnen dieses Reich anbieten und es aufrichten.
Eine Bedingung: Sie müssen ihn als König der Juden, als König über ihre Nation anerkennen.
Und genau dazu waren sie nicht bereit.
Sie riefen später: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche, wir wollen nicht, dass dieser über uns König sei.“
„Das ist nicht der König der Juden.“
Als Pilatus über sein Kreuz schreibt: INRI, eigentlich I.N.R.I., Jesus Nazarenus Rex Judeorum, Jesus von Nazareth, König der Juden, da sagen sie: „Weg, mach das runter. Was schreibst du denn da? Weg mit diesem Schild!“
Pilatus sagt: „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.“ Und er lässt es.
Der König der Juden.
Da hängt er am Kreuz, sie lehnen ihn ab.
Aber zunächst war er mitten unter ihnen.
Er bot ihnen das Reich an.
Sie hätten dieses Reich annehmen können, und es wäre anders gekommen.
Aber in Gottes ewigem Plan und Ratschluss war schon so beschlossen, dass Jesus Christus, wenn er abgelehnt wird, für die Menschheit sterben würde.
Da gehen Gottes Pläne und menschliches Versagen ineinander.
Das können wir nicht völlig entwirren.
Auf jeden Fall zeigt uns die Bibel diese beiden Sichtweisen.
Und die Erlösung geschah am Kreuz.
Das Evangelium des Reiches bezieht sich also auf das messianische Reich, das in Jesus Christus gegenwärtig war und hier auf der Erde den Juden damals angeboten wurde.
Deshalb sagt dieses Evangelium vom Reich den Menschen: Tut Buße und empfangt den Messias, dann werdet ihr in das Reich Gottes eingehen, wenn es hier auf dieser Erde kommt.
Das Evangelium der Gnade sagt: Tut Buße und empfangt Christus, dann werdet ihr einmal zu ihm entrückt und werdet allezeit beim Herrn sein im Himmel.
Das Evangelium des Reiches heißt, ihr könnt in das Reich kommen, in die sichtbare Gestalt des Reiches Gottes hier auf dieser Erde.
Es gilt den Juden in erster Linie, die hineinkommen sollen in dieses Reich, das nun das tausendjährige sein wird.
Dann wird Israel in dieses Reich hineingehen, nachdem sie zuvor Jesus als ihren König anerkannt haben.
Das Evangelium der Gnade bezieht sich nicht auf diese Erde, sondern auf den Himmel.
Es spricht von der Errettung und vom ewigen Leben und vom allezeit beim Herrn sein.
Natürlich hat dieses Evangelium auch hier schon seine Auswirkung in den Gläubigen, aber es bezieht sich letztlich in seiner letzten Zielform auf den Himmel.
Ich weiß nicht, wer von euch zuhause das Bibelpanorama hat.
Wer kennt das Bibelpanorama oder hat es zuhause?
Oh, doch eine ganze Reihe.
Ich habe es euch kopiert, nicht das ganze Bibelpanorama, sondern im Bibelpanorama ist hinten ein Exkurs, ein Anhang, über die drei verschiedenen Arten des Evangeliums, nämlich das Evangelium der Gnade, das Evangelium des Reiches und das ewige Evangelium, das nur an einer Stelle in der Offenbarung vorkommt.
Das ist noch das dritte, das interessiert uns heute Abend nicht.
Ich habe das kopiert, und es hängt dem Ausdruck, den ich nachher austeile, an.
Lassen wir es dabei.
Also wir sehen: Jesus hat hier auf dieser Erde das Reich Gottes verkündigt.
Er hat es den Juden angeboten.
Er sagt ihnen: Das Reich Gottes ist nahegekommen.
Johannes der Täufer sagt es schon, Jesus sagt es, er schickt seine Jünger aus, und sie sagen den Juden hier: Das Reich Gottes ist nahegekommen.
Kehrt um und nehmt Jesus Christus als den Messiaskönig an.
Erkennt ihn als den von Gott gesandten Erlöser, beugt euch vor ihm, und dann werdet ihr in dieses Reich eingehen können.
Aber die Juden lehnten das ab.
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ausführen, bevor wir zum Schluss kommen.
Ich will noch darauf hinweisen, dass dieses Evangelium des Reiches einen zeichenhaften Charakter hatte.
Das heißt, ihr habt es eben schon gesehen, und ich habe es ja auch bereits betont bei den Stellen, dass im Zusammenhang mit diesem Evangelium des Reiches überall von Heilungen und sogar an einigen Stellen von Totenauferweckung die Rede ist, aber ganz besonders auffällig von Heilungen.
Wenn ihr bitte noch einmal zurückgeht mit mir in Matthäus 4, Vers 23, das ist mir noch sehr wichtig heute Abend.
Wenn wir das noch aufnehmen könnten, kommen wir in wenigen Minuten zum Schluss.
Matthäus 4, Vers 23:
„Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen, predigte das Evangelium des Reiches.“
Wohlgemerkt: Er konnte hier noch nicht das Evangelium der Gnade predigen.
Das gibt es erst seit seiner Kreuzigung und Auferstehung natürlich.
Aber er predigt das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk.
Und sein Ruf ging aus in das ganze Syrien.
Sie brachten zu ihm alle Leidenden, die mit mancherlei Krankheiten und Qualen behaftet waren, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte.
Er heilte sie alle.
Verständlicherweise heißt es dann: „Und es folgten ihm große Volksmengen aus Galiläa und dem Zehnstädtegebiet und Jerusalem und Judäa und von jenseits des Jordan.“
Hier hat unser Herr Jesus seinen größten Zulauf.
Die größte Masse folgt ihm nach.
Es ist kein Wunder.
Es würde heute genauso sein, wenn er heute hier auf dieser Erde wäre und wieder jede Krankheit und jedes Gebrechen heilen würde.
Ich glaube, wir alle hätten Grund, bei ihm Heilung zu suchen, jeder von uns.
Der eine für größere Gebrechen, der andere für kleinere.
Aber keiner von uns ist kerngesund, nicht mal die Ärzte unter uns.
Keiner ist kerngesund.
Deswegen war das damals erklärlich, dass er einen solchen Zulauf hatte, eine solche Popularität.
Genauso in der anderen Stelle, die wir gelesen haben, Matthäus 9,35, brauchen wir jetzt nicht mehr aufschlagen.
Da heißt es wieder: Er heilte jede Krankheit, jede.
Er ließ niemanden krank.
Da sehen wir den ganzheitlichen Charakter dieses Reiches Gottes in seiner sichtbaren Gestalt.
Wo dieses Reich sich manifestiert, wo das konkret wird, wo es Gestalt annimmt, da müssen Krankheit, Lähmung, Gebrechen, Besessenheit und all diese Dinge, die der Teufel in dieser Welt angerichtet hat, weichen.
Wo das Reich Gottes sichtbar Gestalt annimmt und aufgerichtet wird.
Ein Amerikaner, Benjamin B. Warfield, schrieb schon im letzten Jahrhundert: Krankheit und Tod müssen in diesem Gebiet für kurze Zeit fast nicht mehr vorhanden gewesen sein, weil das Reich Gottes hier schemenhaft, ansatzweise sichtbare Gestalt annahm.
Aber in dem Status des Angebots.
Den Juden wurde es angeboten.
Außerhalb Judäas, im Nordreich, Galiläa, wurde es mehr noch angenommen als im eigentlichen Kernland der Juden.
Dort war die Ablehnung umso größer.
Fazit:
Heilungen und andere Machttaten haben im Neuen Testament eine bestimmte Bedeutung.
In den Evangelien sind sie Legitimation für die Messianität Jesu.
Dass er der Messias ist, wurde deutlich an den Zeichen und Wundern, die er tat.
Es ist einige Zeit her, da hat Richard einmal über einige Zeichen im Johannesevangelium gepredigt.
Könnt ihr euch daran erinnern, auch Hochzeit zu Kana usw.?
Da hat er gezeigt, dass das Zeichen waren für die Messianität Jesu, dass er wirklich der von Gott gesandte Erlöser ist.
Gleichzeitig waren diese Zeichen auch Zeichen des anbrechenden messianischen Reiches.
So wie Gott im Alten Testament Krankheiten von seinem Volk fernhalten wollte, so wie er in den Erdentagen Jesu alle Krankheiten heilte – hier in dieser Phase, die wir eben gerade an den Stellen gesehen haben –, so wird es auch zukünftig in der Zeit des messianischen oder tausendjährigen Reiches wieder werden.
Auch dort wird Krankheit kein Thema sein, und die Menschen werden wieder viel älter werden.
„Als Knabe gilt, wer mit hundert Jahren stirbt.“
Sie werden wieder Lebensalter erreichen wie am Anfang der Bibel.
In der Zwischenzeit der Gemeinde, in der wir jetzt leben, heilt Gott auch Krankheiten, wann und wie es ihm gefällt.
Gott heilt jetzt auch Krankheiten, oh ja.
Aber er heilt wann und wie es ihm gefällt und sicherlich nicht mehr in diesem Ausmaß wie hier, als Jesus das Reich Gottes sichtbar auf der Erde hatte.
Da, wo es sich ausbreitete, musste jede Krankheit weichen, auch Tod, Besessenheit, Dämonie, Lähmung und all diese Dinge.
Aber es gibt für uns als neutestamentliche Christen jetzt in der Zeit, in der wir leben, keine Heilungsgarantie.
Wir können jetzt nicht mehr sagen: „Ja, das war doch zur Zeit Jesu, und Jesus hat sich doch nicht verändert, er ist doch gestern, heute und in Ewigkeit derselbe.“
Das stimmt, er ist derselbe, aber er handelt nicht immer gleich.
Hier war ein ganz anderer heilsgeschichtlicher Zusammenhang.
Hier war das Reich Gottes sichtbar auf der Erde in seiner Gestalt.
Darum diese zeichenhaften Heilungen, Austreibungen von Dämonen und sogar Totenauferweckungen.
In dieser Dichte und Auffälligkeit werden wir das heute nicht mehr erleben.
Wo das so propagiert wird, sollte man erst mal ein großes Fragezeichen setzen und sehr genau hinschauen, ob das wirklich echte Heilungen und andere Zeichen und Wunder sind.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen, indem ich eine letzte Folie auflege und daran versuche, deutlich zu machen, dass das Ganze in einem noch größeren Zusammenhang steht mit diesen Heilungen, die wir eben gesehen haben.
Die Überschrift heißt hier: sichtbare und unsichtbare Bezüge.
Wir müssen sehen, dass das Volk Israel unter sichtbaren Bezügen stand.
Ich kann es nicht anders ausdrücken.
Wenn jemand eine bessere Formulierung hat, bin ich sehr dankbar.
Was ich meine, ist Folgendes:
Im Volk Israel waren Engelerscheinungen an der Tagesordnung.
Im Alten Testament gab es immer wieder Engelerscheinungen.
Visionen spielen eine große Rolle im Alten Testament bei den Propheten.
Dann gab es eine sichtbare Heimat.
Es waren also sichtbare Dinge.
Engel wurden sichtbar, andere Dinge wurden für die Propheten sichtbar.
Das Volk Israel hatte eine sichtbare Heimat, das Land Israel, das Eretz Israel.
Dann hatte Israel ein sichtbares Bundeszeichen, die Beschneidung.
Ein sichtbares Bundeszeichen, wir gehören in den Bund mit Gott.
Dann hatten sie einen sichtbaren Tempel, erst die Stiftshütte, ein sichtbares Heiligtum, später der Tempel über Jahrhunderte.
Sie hatten einen sichtbaren Mittler, den Hohenpriester.
Sie hatten sichtbare Sündenvergebung, indem sie ihre Sünden auf ein Opfertier auflegten.
Die Hände wurden aufgelegt, die Sünden wurden übertragen auf das Opfertier, das getötet oder in die Wüste gejagt wurde.
Sichtbare Sündenvergebung im Grunde.
Israel hatte auch sichtbare Feinde, die Philister, Amalekiter, Moabiter, Peresiter und wie sie alle heißen.
Die ganzen Völker, sichtbare Feinde rundherum.
Ihr seht, Israel steht von vorne bis hinten unter sichtbaren Bezügen, weil das Volk Israel Gottes sichtbares, buntes Volk hier auf dieser Erde war.
Sichtbare Bezüge.
Es wird vielleicht deutlicher, wenn wir den Kontrast anschauen mit der Gemeinde Jesu.
Die Gemeinde Jesu hat keine Verheißung von Engelerscheinungen oder Visionen.
Im Gegenteil, davor wird gewarnt.
Im Kolosserbrief, Kapitel 2, haben wir das vor nicht allzu langer Zeit behandelt.
Im Gegenteil: „Lasst das Wort Gottes reichlich in euch wohnen.“
Es ist nicht sichtbar, gut sichtbar in der Bibel, aber letztlich nicht in diesem Sinne hier, sondern wir haben das schlichte Wort.
Der Hebräerbrief sagt: „Lasst uns nicht am Ziel vorbeitreiben, sondern festhalten am Wort.“
Wir haben eine unsichtbare Heimat.
Paulus schreibt an die Philipper: Unsere Heimat ist im Himmel, unser politäumer, unsere politische Verankerung, wir würden sagen, unser erster Wohnsitz ist im Himmel.
Deswegen sind wir hier Pilger, wie Dieter vor einigen Wochen am Beispiel Abrahams gezeigt hat.
Unsichtbares Bundeszeichen, nämlich die Versiegelung mit dem Heiligen Geist.
Ohne Heiligenschein, ja, kann niemand dem anderen ansehen, dass das ein Kind Gottes ist.
Unsichtbares Bundeszeichen.
Dann unsichtbarer Tempel.
Jesus sagt: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“
Hannelore, hast du schon mal jemanden mit Heiligenschein gesehen?
Ah ja.
Unsichtbarer Tempel.
Die Gemeinde Jesu ist heute der Tempel Gottes, und jeder einzelne Gläubige (1. Korinther 3,16):
„Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel Gottes seid?“
Schreibt Paulus an die Korinther.
Dann haben wir einen unsichtbaren Mittler, Christus (Hebräer 7), der abgesondert ist von den Sündern im Himmel.
Unsichtbare Reinigung durch das Blut Christi.
Das Blut Jesu Christi macht uns rein von jeder Sünde, aber ohne Opfertier und ohne Zeremonien.
Ein schlichter Vorgang des Bekennens, und das Blut Christi reinigt uns.
Wir haben unsichtbare Feinde unter dem Himmel.
Nicht sichtbare Feinde.
Nicht die Russen sind unsere Feinde, nicht die Chinesen oder sonstige Völker.
Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit bösen Geistern und Dämonen, Satan und die Dämonen.
Seht ihr, wenn ihr das gegenüberstellt, wird es ganz, ganz deutlich:
Sichtbare Bezüge bei Israel.
Darum hatte das Reich Gottes, als es hier auf dieser Erde sichtbar dem Volk Israel angeboten wurde, auch diese sichtbaren Begleiterscheinungen von Heilungen.
Heilung ist sichtbar.
Dämonenaustreibung, Totenauferweckung sind alles Dinge, die gehören in diesen Zusammenhang hier, auf dieser Seite.
Die Gemeinde Jesu steht unter unsichtbaren Bezügen.
Das heißt, wir haben das Wort Gottes und den Heiligen Geist.
Wir werden selten sichtbare Manifestationen erleben.
Paulus schreibt: „Wir leben im Glauben und nicht im Schauen.“
Natürlich möchten auch Christen heute, auch wir, allzu gerne mal ein bisschen im Schauen leben.
Es wäre schön, wenn wir so ein bisschen schauen könnten auf das Reich Gottes.
Wir schauen es auch ansatzweise, wenn wir miterleben, wie Menschen in das Reich Gottes hineingeboren werden, wie sich das Reich Gottes ausbreitet.
Wir sehen schon etwas davon.
Aber wir werden es nicht in der Weise sehen, wie es sich vielleicht manche wünschen und vielleicht auch vorgeben, es zu haben und es anschauen zu können in der Gruppe oder Gemeinde, wo man eben hinkommen soll, wo angeblich wieder das Gleiche passiert wie zur Zeit Jesu.
Ich bin da sehr skeptisch, weil ich den biblischen Zusammenhang sehe.
Das gehört in die Zeit des Evangeliums des Reiches.
Ich sage noch einmal: Gott ist ein souveräner, lebendiger Gott, der auch heute Wunder tut.
Er hat in meinem Leben schon Wunder getan, im Leben vieler von euch Wunder getan.
Er tut Wunder.
Aber es wird nicht mehr so spektakulär zugehen, und schon gar nicht in dieser Dichte wie zur Zeit der Evangelien.
Es gibt natürlich auch hier und da Erweckungen auf dieser Erde, lokale, regionale Erweckungen, manchmal auch in einem ganzen Volk.
Was sich in Amerika zugetragen hat bei der sogenannten großen Erweckung unter Jonathan Edwards, das war eine Erweckung einer ganzen Nation, von der das Volk und Land der Amerikaner heute noch zehrt.
Der Grund, warum es dort so viele Christen und Gemeinden gibt, ist die große Erweckung unter Jonathan Edwards und danach unter George Whitefield.
Das hat das Land so durchdrungen, dass heute noch die Spuren davon zu sehen sind.
Ja, das war unter Edwards etwa 1730, und Whitefield ein paar Jahrzehnte später, also im 18. Jahrhundert.
Ich las gestern Abend in einem Buch, da schreibt ein amerikanischer Gemeindegründer, er hat drei Monate eine Gemeindegründung vorbereitet, und dann hat er an Ostern einen Gottesdienst veranstaltet, den ersten.
Er hat dazu 15 Einladungszettel verteilt.
Die Post hat die Einladungszettel schon eine Woche zu früh ausgeliefert.
Da kamen schon etwa 80 zu der Generalprobe einen Sonntag vorher, und von diesen 80 haben sich gleich bei der Generalprobe fünf bekehrt.
Eine Woche später kamen 207 Leute, und über 50 Menschen bekehrten sich.
Ob die nun wirklich alle echt bekehrt sind und wiedergeboren, lassen wir mal dahingestellt sein.
Aber trotzdem.
Das sind amerikanische Verhältnisse.
Das ist nur erklärbar, wenn man weiß, was dort gewesen ist, was da ein Grundwasserspiegel an christlichen Werten, Kenntnissen, Informationen, christlichen Vorfahren usw. in diesem Volk ist.
Ich weiß, die von uns, die dort länger gelebt haben, haben Amerika auch von der anderen Seite kennengelernt.
Die will ich hier gar nicht verschweigen.
Es gibt auch eine dunkle Seite Amerikas.
Ich bin nicht geneigt, Amerika zu glorifizieren.
Aber was es dort gibt an Christen und auch an guter, gesunder Gemeinde und Theologie, das geht zurück bis auf diese Aufbrüche.
Dieser Exkurs stand nicht in meinem Manuskript.
Da bin ich jetzt gerade so noch hingerutscht.
Aber wie es heißt: „Wes des Herz voll ist, des geht der Mund über.“
Lasst uns schließen mit diesem Blick auf die Gegenüberstellung sichtbare und unsichtbare Bezüge.
Ich dachte, das könnte hilfreich sein, um das einzuordnen.
Wir haben heute Abend gesehen, dass das Reich Gottes in seiner irdischen Geschichte hier in der Geschichte Israels von der theokratischen Form überging in die Zeit des Reiches, des Evangeliums des Reiches.
Wir werden nächstes Mal sehen, wie es weiterging, als dieses Reich abgelehnt wurde und eine neue Form des Reiches entstand, nämlich das vermischte oder verborgene Königreich.
Davon nächstes Mal mehr.
Das ist dann auch ganz aktuell, weil wir in dieser Zeit leben.
Die vier Weltreiche in Daniels Vision
Daniel sah in Kapitel 2 eine Statue, die aus vier verschiedenen Materialien bestand. In Kapitel 7 sah er vier seltsame Tiere, die fast wie Monster wirkten. Sowohl die Statue als auch die Tiere beschreiben jeweils vier Weltreiche.
Das erste Weltreich, das Daniel sah, war das Babylonische, also das Reich Nebukadnezars. In Kapitel 7 entspricht es dem Adler. Der Löwe mit den Adlerflügeln gilt als König der Tiere. Auf der Statue ist dieses Reich durch das goldene Haupt dargestellt.
Dann sah Daniel die Brust und die Arme aus Silber. Das war das medopersische Reich, das schon nicht mehr so glanzvoll war und etwas abgeschwächt erschien. Der Wert der Materialien nimmt also ab. Danach folgen Bauch und Lenden aus Erz, oder man könnte auch Bronze sagen. Das ist schon viel weniger wert.
Zum Schluss sind die Schenkel bis zu den Füßen aus Eisen, teilweise mit Beton vermischt. Das stellt das Römische Reich dar. In der Mitte, also Bauch und Lenden, befindet sich das griechisch-mazedonische Reich unter Alexander dem Großen. Danach folgt das Römische Reich mit Augustus und seinen Nachfolgern.
Hier, in Kapitel 7, entspricht das Babylonische Reich dem Löwen mit den Adlerflügeln. Das medopersische Reich wird durch den Bären symbolisiert. Dieses Reich war sehr behäbig und machte seine Eroberungen langsam – ähnlich wie ein Bär. Danach kam der Leopard mit den vier Köpfen, nämlich das griechisch-mazedonische Reich unter Alexander dem Großen. Dieses Reich war bekannt für seine schnellen Eroberungen, die sogenannten Blitzzüge. Die vier Köpfe symbolisieren die spätere Aufteilung seines Reiches in die vier Diadochenreiche.
Am Ende sah Daniel ein schreckliches Tier, fast ein Monster, mit einem Horn, das später zehn Hörner bekam. Dieses Tier steht für das Römische Reich, das bekannt war für seine Gewalttätigkeit und Brutalität.
Die Zeit der Weltreiche und Gottes Herrschaft vom Himmel
Daniel sieht in seinen gewaltigen Visionen die Weltreiche. Er erhält von Gott eine Schau, die weit mehr als zweitausend Jahre umfasst. Dieses Reich dauert nämlich bis heute an. Wir befinden uns jetzt in diesem Stadium, also noch im römischen Reich.
Das römische Reich hatte zunächst zwei Beine, das heißt das Oströmische und das Weströmische Reich. Später waren es zehn. Einige schnelle, vorschnelle Ausleger dachten damals, dass diese zehn Beine die zehn Staaten der damaligen EWG, also der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, oder später der EG sein könnten. Doch das war natürlich viel zu kurz gedacht.
Wir wissen heute nicht genau, was die zehn Beine bedeuten. Aber wir befinden uns im römischen Reich oder in der Zeit des Tieres, und diese Phase wird sich noch eine Weile hinziehen. Daniel sieht also diese Weltreiche, er sieht die Zeit der Nationen.
Vielleicht können wir dazu einmal eine Stelle im Buch Daniel aufschlagen. Wir haben ja Bibelabende, und ich hoffe, dass die meisten von uns die Bibel greifbar haben. Ansonsten kann man auch einfach hören, was gesagt wird.
Wir lesen die Stelle Daniel 4, das ist etwas sehr Wichtiges. Daniel 4, Verse 22 und 23. Das ist das Kapitel, in dem Nebukadnezar sich überhoben hat und von Gott gedemütigt wird. Er kriecht wie ein Tier umher. Nun wird ihm gesagt:
Lesen wir vielleicht von Vers 21 ab: „Dies ist die Deutung, o König“, also das Wort geht an Nebukadnezar, „und dies ist der Beschluss des Höchsten, der über meinen Herrn, den König, kommen wird. Man wird dich von den Menschen ausstoßen, und bei den Tieren des Feldes wird deine Wohnung sein. Man wird dir Gras zu essen geben wie den Rindern, und vom Tau des Himmels lässt man dich benetzen. Es werden sieben Jahre über dir vergehen, bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will.“
Dass man gesagt hat, man solle den Wurzelstock des Baumes übriglassen, bedeutet, dass dein Königtum dir erhalten bleiben soll, sobald du erkennst, dass die Himmel herrschen.
Auf diese Aussage kommt es mir an: „Sobald du erkennst, dass die Himmel herrschen.“ Zuvor hatten wir das theokratische Königreich, in dem Gott in Israel herrschte. Auf dieser Erde war Gott der Herrscher. Zuerst war er der König Israels. Als Gott verworfen wurde, gab es irdische Könige, aber Gott herrschte durch diese Könige.
Jetzt lesen wir hier in Daniel, der die Zeit der Weltreiche ankündigt, dass die Himmel herrschen. Es heißt in Vers 22: „bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht“, und in Vers 23, dass die Himmel herrschen. Das ist sehr wichtig.
In der Zeit der Nationen, in der Zeit der Weltreiche, herrschen die Himmel. Oder wir könnten auch sagen: Gott herrscht vom Himmel her.
Neuer Gottesname nach der babylonischen Gefangenschaft
Interessant ist, dass nach der babylonischen Gefangenschaft, also nach den siebzig Jahren, in denen Israel in Babylon war, ein neuer Gottesname in der Bibel auftaucht, den es bis dahin nicht gab.
Gehen wir dazu ins Buch Esra. Dieses Buch ist im Alten Testament etwas schwerer zu finden. Es steht nach den Chronikbüchern, nach den großen Chronikbüchern. Im Buch Esra, Kapitel 1, Vers 2, wird ein neuer Gottesname genannt, der hier zum ersten Mal auftaucht – obwohl inzwischen schon mehr als tausend Jahre Geschichte Israels vergangen sind.
Dort heißt es: "So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben." Hier wird Gott zum ersten Mal als "Gott des Himmels" bezeichnet. Daniel sagt, dass die Himmel herrschen und der Höchste jetzt aus dem Himmel herrscht. Prompt wird Gott hier "Gott des Himmels" genannt.
Nun gut, das sagt Kyrus, aber nicht nur er. Im Kapitel 5, Verse 11 bis 12, heißt es im Buch Esra: "Wir sind die Knechte des Gottes des Himmels und der Erde, und wir bauen das Haus wieder auf, das früher viele Jahre als Gebäude bestanden hat. Ein großer König von Israel hatte es gebaut und vollendet. Doch da unsere Väter den Gott des Himmels zum Zorn reizten, gab er sie in die Hand Nebukadnezars."
Gott wird hier also zweimal als "Gott des Himmels" bezeichnet – im Buch Esra. Ebenso im Buch Nehemia, das etwa zeitgleich entstanden ist und gleich danach kommt. Nehemia 1 nennt Gott ebenfalls "Gott des Himmels". Dort heißt es in Vers 4: "Und es geschah, als ich diese Worte hörte von dem schrecklichen Zustand Jerusalems und der zerfallenen Mauer, da setzte ich mich hin, weinte und trauerte tagelang, und ich fastete und betete vor dem Gott des Himmels."
Auch Nehemia nennt Gott also "Gott des Himmels". Man sieht: Das sind Zeitgenossen. Daniel spricht als Erster davon, dass die Himmel herrschen. Danach, nach der babylonischen Gefangenschaft, lesen wir im Buch Esra und im Buch Nehemia plötzlich vom "Gott des Himmels". Das ist kein Zufall. Die Bibel ist so genau inspiriert.
Hier finden wir diesen Hinweis, der zum Ausdruck bringt, dass Gott nur noch mittelbar vom Himmel her regiert. In dieser Zeit der Weltreiche sieht es auf der Erde so aus, als hätten die Weltreiche die Fäden in der Hand. Mächtige Herrscher – Stalin, Breschnew, vorher Hitler oder andere – scheinen die Zügel in der Hand zu halten. Sogar scheinbar haben sie Macht über die Gläubigen und die Gemeinde Jesu.
Die Gemeinde gerät zwischen die Mahlsteine der großen Weltreiche und scheint zerrieben zu werden. Es sieht fast so aus, als wäre Gott vom Himmel her regiert, aber in der Welt hätte er sich zurückgezogen, als wäre ihm alles entglitten.
Doch er ist und bleibt der souveräne Gott. Er herrscht jetzt vom Himmel her.
Zusammenfassung der Herrschaft Gottes in verschiedenen Zeiten
Ich fasse zusammen: In der Zeit des theokratischen Königreichs war Gott zunächst selbst König von Israel. Danach regierte er durch israelitische Könige. Nach dem Niedergang dieser Könige begann die Zeit der Nationen oder der Weltreiche.
Von da an zog sich Gott von seinem irdischen Bundesvolk Israel immer mehr zurück und wurde zum Gott des Himmels. Fortan herrschten die Himmel.
Das ist ein wichtiger Vorspann und ein wesentlicher erster Punkt, den wir jetzt miteinander bedenken mussten, um das Folgende zu verstehen.
Übergang zur Zeit des irdischen Lebens Jesu
Jetzt machen wir einen Sprung bis in die Zeit der Evangelien. Wir kommen zum Reich Gottes, zur Zeit des irdischen Lebens Jesu. Das bedeutet, wir überspringen etwa 450 bis 500 Jahre von Esra und Nehemia bis zur Zeit des irdischen Lebens Jesu.
Wir wissen, dass das Leben Jesu in vier Evangelien beschrieben wird. Vielleicht noch einmal ganz kurz zur Frage: Warum vier Evangelien? Gott wollte uns eine vollständige Offenbarung von sich selbst und von seinem Sohn Jesus Christus geben. Das konnte er nicht in einem einzigen Evangelium unterbringen. Deshalb brauchte er vier Evangelisten, die Jesus aus verschiedenen Perspektiven beschrieben.
Matthäus beschreibt Jesus Christus als den König, als den Messias Israels. In Matthäus 1,1 wird er als Sohn Davids genannt, also in der Königslinie, und später auch als Sohn Abrahams. Die Geburtsgeschichte, die wir im Matthäusevangelium finden, zeigt dies sehr gut. Der Höhepunkt der Geburtsgeschichte bei Matthäus ist Kapitel 2. Dort kommen Magier von tausend Kilometer Entfernung und huldigen dem König. In Matthäus 2 wird berichtet, dass sie das Kindlein anbeteten. Die katholische Kirche würde hier gerne sehen, dass sie Maria anbeten, aber tatsächlich beteten sie das Kind an (Matthäus 2,11).
Markus beschreibt Jesus Christus als den Knecht oder Diener. Markus zeigt vielmehr den handelnden Christus, den tätigen Jesus. Er ist immer in Bewegung, in Aktion, wie wir heute sagen würden. Der Schlüsselvers ist Markus 10,45: Christus ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Eine Geburtsgeschichte braucht ein Knecht nicht, deshalb fehlt sie bei Markus. Denn er zeigt diese Facette Jesu, nämlich seinen Dienst und seine Handlung.
Lukas zeigt Jesus als den Sohn des Menschen, den Menschensohn. Als Arzt berichtet er viele menschliche Details, darunter eine ausführliche Geburtsgeschichte mit vielen Einzelheiten. Er spricht auch davon, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde.
Johannes beschreibt Jesus Christus als den Sohn Gottes. Nicht nur Lukas spricht von der jungfräulichen Geburt, auch Matthäus tut das, aber Johannes macht es am ausführlichsten. Sein Evangelium offenbart den Herrn Jesus in einer unbeschreiblichen Tiefe. Viele Bibelleser, die seit sechzig Jahren die Bibel lesen, sagen, dass das Johannes-Evangelium unerschöpflich in seiner Tiefe ist. Eine Geburtsgeschichte wäre hier unpassend. Johannes zeigt den Gottessohn. Seine Weihnachtsgeschichte besteht aus einem einzigen Vers: „Das Wort wurde Fleisch.“ Damit ist die Weihnachtsgeschichte bei Johannes abgeschlossen. Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Das passt, weil Johannes Jesus als den Sohn Gottes zeigen will.
An diesem Beispiel sehen wir, warum es vier Evangelien gibt. Ich habe absichtlich die Geburtsgeschichte gewählt, aber man könnte viele andere Themen nehmen, die die vier Evangelisten aus ganz verschiedenen Perspektiven beschreiben. So wollte Gott uns ein vollkommenes Bild von Jesus Christus, seinem Sohn, und damit letztlich von sich selbst geben, denn Jesus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes.
Die Zielgruppen der Evangelien und die Bedeutung des Matthäusevangeliums
Dann haben wir vier Evangelien, und wir werden uns heute sowie beim nächsten Mal auf das Matthäusevangelium konzentrieren. Das Matthäusevangelium hat für das Thema Reich Gottes eine ganz besondere Bedeutung.
Es ist unzweifelhaft, dass das Matthäusevangelium an Juden gerichtet war. Markus schrieb an Römer, Lukas an Griechen, und Johannes an Nichtjuden, wobei man nicht genau sagen kann, an welche Gruppe. Aber Matthäus schrieb ganz eindeutig an Juden.
Woran erkennt man das? Matthäus setzt zum Beispiel das Alte Testament als bekannt voraus. Das machen die anderen nicht. Er zitiert ständig aus dem Alten Testament und geht davon aus, dass seine Leser es kennen. Nur die Juden kannten das Alte Testament wirklich.
Das Matthäusevangelium enthält sehr viele Zitate aus dem Alten Testament. Damit hätten Nichtjuden kaum etwas anfangen können. Das Markus-Evangelium zum Beispiel enthält fast keine Zitate aus dem Alten Testament, weil es an Römer gerichtet ist. Aber Matthäus schreibt an Juden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir im Matthäusevangelium dreizehnmal die Redewendung „damit erfüllt würde“ finden. Dreizehnmal! Matthäus wollte den jüdischen Lesern offensichtlich nahebringen, dass Jesus Christus der verheißene Messias des Alten Testaments ist.
Obwohl Jesus das Reich nicht so aufgerichtet hat, wie es die Juden damals erwartet hatten, ist er dennoch der verheißene Messias. Deshalb schreibt Matthäus dreizehnmal „damit erfüllt würde“.
Man braucht das nicht wörtlich mitzuschreiben. Ihr bekommt später einen Ausdruck, auf dem nicht alles steht, was ich heute Abend sage, aber doch das Meiste.
Das Reich der Himmel im Matthäusevangelium
Wir haben gesehen, dass das Matthäusevangelium an Juden gerichtet ist. Nun müssen wir drei Stellen im Matthäusevangelium aufschlagen. Das ist ganz wichtig, hier kommen wir nicht drum herum.
Zuerst gehen wir ins Matthäusevangelium, Kapitel 3, Vers 2. Dort geht es um Johannes den Täufer. Lesen wir zur Einführung auch Vers 1 mit: Matthäus 3,1-2: „In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa und spricht: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen.“
Was fällt an diesem Vers auf? Der Begriff „Reich Gottes“. Ja, und wie nennt Johannes es? „Reich der Himmel“. Das ist bemerkenswert. Er spricht vom Reich Gottes, aber er nennt es „Reich der Himmel“. Das tun die anderen Evangelisten nicht. Ihr könnt es nachschauen, müsst es aber nicht, ihr könnt mir glauben: Weder Markus, Lukas noch Johannes verwenden den Ausdruck „Reich der Himmel“. Nur Matthäus tut das, und zwar über zwanzig Mal kommt der Begriff „Reich der Himmel“ vor.
Johannes der Täufer fordert also die Juden auf, Buße zu tun, sich zu bekehren, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.
Gehen wir ein Kapitel weiter, zu Kapitel 4, Vers 17. Dort haben wir gerade die Taufe Jesu erlebt und seine Versuchung in der Wüste nach der Messiasweihe, die sogenannte Messiasprobe, wie unsere Väter sie genannt haben. Jetzt beginnt Jesus seine öffentliche Wirksamkeit. Matthäus 4,17: „Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Ganz ähnlich wie Johannes der Täufer spricht auch Jesus vom Reich der Himmel. Das fällt auf.
Später, als Jesus seine Jünger aussendet, lesen wir in Kapitel 10, Vers 7: „Geht hin und predigt und sprecht: Das Reich der Himmel ist nahegekommen.“ Die Jünger sind ausgesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (Vers 6).
Immer wieder im Matthäusevangelium begegnet uns der Begriff „Reich der Himmel“.
Bedeutung und Gleichsetzung von Reich Gottes und Reich der Himmel
Zwei Fragen entstehen: Was bedeutet das Reich der Himmel? Ist das etwas anderes als das Reich Gottes oder dasselbe? Wie können wir das herausfinden?
Was bedeutet Reich der Himmel? Bleiben wir im Matthäusevangelium, können wir es ganz leicht erkennen. In Kapitel 19 finden wir die Antwort. Matthäus 19, Verse 13-15: Dann wurden Kinder zu ihm gebracht, damit er ihnen die Hände auflegte und betete – nicht damit er sie taufe, sondern damit er ihnen die Hände auflegte und betete. Die Jünger aber fuhren sie an. Jesus aber sprach: Lasst die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solcher ist das Reich der Himmel.
Das Reich der Himmel. Wenn ihr jetzt die beiden Parallelberichte in Markus 10 oder in Lukas 18 lest, steht dort fast dasselbe, es ist fast identisch mit diesem Text, nur etwas ist anders. Bei Markus und bei Lukas steht: Denn solcher ist das Reich Gottes. Da seht ihr: Reich der Himmel und Reich Gottes sind ein und dasselbe. Es sind nur zwei verschiedene Begriffe für dieselbe Sache. Reich Gottes und Reich der Himmel sind identisch.
In Markus 10 und Lukas 18 heißt es bei den Kindern: Denn solcher ist das Reich Gottes.
Ich habe noch einen besseren Beweis. Hier in Kapitel 19 des Matthäusevangeliums, ein paar Verse weiter, lesen wir Vers 23-24. Dann kann es keinen Zweifel mehr geben. Warum? Jesus sprach zu seinen Jüngern die bekannte Geschichte vom reichen Jüngling. Er sagte zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch, schwerlich wird ein Reicher in das Reich der Himmel eingehen. Wiederum aber sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr eingehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes eingehe.
In einem Atemzug spricht Jesus einmal vom Reich der Himmel und einmal vom Reich Gottes. Das sind nicht zwei verschiedene Dinge, das ist natürlich ein und dasselbe. Also sind Reich Gottes und Reich der Himmel gleichbedeutend und meinen ein und dasselbe.
Erklärung für die Verwendung des Begriffs „Reich der Himmel“ bei Matthäus
Aber jetzt kommt die zweite Frage: Warum verwendet Matthäus als einziger Evangelienschreiber den Begriff „Reich der Himmel“? Warum spricht nicht auch Matthäus, wie Markus, Lukas und Johannes, vom „Reich Gottes“? Warum der Ausdruck „Reich der Himmel“?
Arnold Fruchtenbaum erklärt es folgendermaßen: Der Grund, warum Matthäus „Reich der Himmel“ oder „Himmelreich“ verwendet, liegt darin, dass er sein Evangelium für Juden schrieb. Die Juden waren empfindlich gegenüber dem Missbrauch des Namens Gott. Wann immer sie schrieben oder redeten, versuchten sie, dieses Wort zu vermeiden. Sie neigten dazu, es nur innerhalb der Synagoge oder bei anderen Zusammenkünften zu gebrauchen.
Anstatt „Gott“ sagten sie ein Ersatzwort, eine Chiffre, nämlich den Namen „Haschem“. Das machen Juden heute noch. Sie sagen: „Wir loben Haschem“, also „Wir loben den Namen“ und meinen damit Gott. Sie sagen: „Wir loben den Namen, wir loben Gott, Haschem“ oder sie sagen „der Himmel“. Sie danken dem Himmel, „Haschamai“ im Hebräischen. Wir sagen ja auch manchmal: „Dem Himmel sei Dank“, und damit meinen wir natürlich „Gott sei Dank“. Aber wir benutzen eine Chiffre und sagen „dem Himmel sei Dank“.
Matthäus kannte die jüdische Sensibilität und gebrauchte deswegen nicht den Ausdruck „Reich Gottes“, in dem Gott vorkommt, sondern den Begriff „Reich der Himmel“, sagt der Jude Arnold Fruchtenbaum. Markus hingegen schrieb an die Römer, Lukas an die Griechen, die diese Empfindsamkeit nicht hatten, deshalb gebrauchten sie den Ausdruck „Reich Gottes“.
Ich glaube schon, dass mein Freund Arnold hier in die richtige Richtung geht, aber mich befriedigt seine Erklärung an dieser Stelle nicht hundertprozentig. Nicht ganz, denn Matthäus benutzt nicht durchgängig den Ausdruck „Reich der Himmel“. Wenn Arnold ganz Recht hätte, müsste im Matthäusevangelium durchgängig „Reich der Himmel“ stehen. Aber wir haben ja eben hier in Matthäus 19,24 gelesen „Reich Gottes“. Und es gibt noch drei weitere Stellen. Insgesamt viermal steht im Matthäusevangelium doch „Reich Gottes“, und das geht nicht ganz auf.
Ich habe noch eine Erklärung, von der ich überzeugt bin. Ich bin überzeugt, dass Matthäus an die letzten Bücher des Alten Testaments anknüpft, an Esra und Nehemia. Wie wurde Gott dort genannt? „Der Gott des Himmels“. Matthäus knüpft an und spricht jetzt vom „Reich der Himmel“ anstatt vom „Reich Gottes“. Er bleibt in dieser Linie von Esra, Nehemia und Daniel, die Himmel herrschen, und Matthäus schreibt an Juden, die diese Linie kannten. Er nimmt die Linie auf und spricht folgerichtig vom „Königreich der Himmel“. Denn Gott ist der Gott des Himmels, der König des Himmels, der vom Himmel herrscht. Also spricht er vom „Reich der Himmel“ an die Juden.
Gut, wenn Arnold kommt, werden wir darüber diskutieren, aber jetzt lassen wir es vielleicht mal dabei. Es geht auf jeden Fall in die richtige Richtung, was er da gesagt hat. Das ist nicht falsch, auf keinen Fall.
Das Ganze habe ich jetzt vergessen hier aufzudecken, aber das haben wir jetzt hier miteinander besprochen: „Reich Gottes“ und „Reich der Himmel“ bedeuten ein und dasselbe. Und meine Erklärung habt ihr gehört, warum Matthäus doch vom „Reich der Himmel“ spricht – weil er an die alttestamentlichen Geschichtsbücher anknüpft.
Das Evangelium des Reiches und das Evangelium der Gnade
Kommen wir zum nächsten Schritt: Wir müssen über das Evangelium vom Reich sprechen. Wenn wir das Wort „Evangelium“ hören, verbinden wir damit sofort die gute Nachricht, dass Jesus Christus für Sünder gestorben ist. Es gibt keine bessere Nachricht auf dieser Welt als diese.
Für Journalisten sind oft nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten – das ist eine alte Journalistenweisheit: Schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht. Doch es gibt eine wirklich gute Nachricht in dieser Welt. Diese lautet: Es gibt einen Gott, der uns mit ewiger Liebe liebt, der alles für uns getan hat und den verlorenen Sünder ganz aus Gnade, ohne Verdienst und Würdigkeit annimmt und zu seinen Kindern macht.
Das ist das Evangelium der Bibel, das Evangelium der Gnade, auch genannt das Evangelium Jesu Christi oder das Evangelium Gottes. Wenn wir das Wort „Evangelium“ hören, denken wir wahrscheinlich alle an dieses Evangelium.
Aber viele Christen wissen nicht, dass es im Neuen Testament noch ein anderes Evangelium gibt, nämlich das Evangelium des Reiches. Es gibt also ein Evangelium der Gnade und ein Evangelium des Reiches – zwei ganz verschiedene Perspektiven.
Das Evangelium der Gnade haben wir wunderbar ausgedrückt in Epheser 2,8-9, das wir alle auswendig kennen sollten: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.“ Margret und Sigrid haben das gerade auswendig gelernt? Oder wie sollte ich diesen Blick deuten? Ja, ich habe ihn richtig gedeutet. Gut, also macht es ihnen nach und lernt diesen fundamentalen Vers der Bibel, das Evangelium der Gnade, auswendig.
Aber jetzt zum Evangelium des Reiches, das ist etwas anderes. Im Matthäusevangelium lesen wir von diesem Begriff. Matthäus 4,23: Kaum hat Jesus mit seiner öffentlichen Wirksamkeit begonnen, das Reich der Himmel zu predigen – das Reich der Himmel ist nahe gekommen, wie wir eben in Vers 17 gelesen haben –, beruft er seine Jünger (Verse 18 bis 22) und zieht dann in ganz Galiläa umher. Er lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches, nicht das Evangelium der Gnade, nicht das Evangelium Gottes, nicht das Evangelium Jesu Christi, nicht das Evangelium von der rettenden Gnade Gottes und vom Blut Christi, sondern das Evangelium des Reiches.
Und es geht noch weiter: Er heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk. Dazu gleich noch etwas. Im selben Matthäusevangelium, Kapitel 9, Vers 35, lesen wir das wieder: „Und Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches.“
In Matthäus 24,14, in der sogenannten Endzeitrede oder Ölbergrede unseres Herrn, spricht er von der Zukunft der jüdischen Nation, die heute noch in der Zukunft liegt. Dort sagt er in Vers 14: „Und dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis als Zeugnis für alle Nationen, und dann wird das Ende kommen.“
Wir sehen also dreimal im Matthäusevangelium das Evangelium des Reiches erwähnt. Was ist das für ein Evangelium? Vielleicht hilft noch eine weitere Stelle, die es verdeutlicht. Eine letzte dazu: Lukas 17. Wir müssen immer die Bibel mit der Bibel auslegen – das war ein Grundsatz der Reformatoren. Die Bibel legt sich selbst aus. Wir brauchen nicht in erster Linie große Kommentare und Auslegungen, die Bibel selbst genügt.
Lukas 17,20-21 gibt uns Licht: Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte, noch wird man sagen: Siehe hier oder siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Die Luther-Ausgabe von 1912, die einige von euch auch haben, übersetzt: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch, mitten unter euch.“
Das bedeutet: Jesus Christus ist in seiner Gestalt neu auf diese Erde gekommen und hat den Juden das Reich Gottes angeboten. Der König dieses Reiches, der König der Juden, der König dieses messianisch-davidischen Reiches, steht vor ihnen. Er will ihnen dieses Reich anbieten und es aufrichten.
Eine Bedingung gibt es: Sie müssen ihn als König der Juden, als König über ihre Nation anerkennen. Genau dazu waren sie nicht bereit. Später rufen sie: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche, wir wollen nicht, dass dieser unser König sei.“
Als Pilatus an seinem Kreuz das Schild anbringen ließ mit der Aufschrift „Jesus von Nazareth, König der Juden“ (INRI, eigentlich JNRJ), forderten sie: „Weg mit diesem Schild!“ Doch Pilatus antwortete: „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.“ So blieb es. Der König der Juden hing am Kreuz, und sie lehnten ihn ab.
Aber zunächst war er mitten unter ihnen und bot ihnen das Reich an. Sie hätten es annehmen können, und es wäre anders gekommen. Doch in Gottes ewigem Plan und Ratschluss war bereits beschlossen, dass Jesus Christus, wenn er abgelehnt wird, für die Menschheit sterben würde. Gottes Pläne und menschliches Versagen gehen hier ineinander, das können wir nicht völlig entwirren.
Die Bibel zeigt uns also diese beiden Sichtweisen. Die Erlösung geschah am Kreuz. Das Evangelium des Reiches bezieht sich auf das messianische Reich, das in Jesus Christus gegenwärtig war und damals den Juden hier auf der Erde angeboten wurde. Deshalb sagt dieses Evangelium vom Reich den Menschen: „Tut Buße und empfangt den Messias, dann werdet ihr in das Reich Gottes eingehen, wenn es hier auf dieser Erde kommt.“
Das Evangelium der Gnade sagt: „Tut Buße und empfangt Christus, dann werdet ihr einmal zu ihm entrückt und allezeit beim Herrn sein im Himmel.“
Das Evangelium des Reiches bedeutet, dass ihr in das Reich kommen könnt – in die sichtbare Gestalt des Reiches Gottes hier auf der Erde. Es gilt in erster Linie den Juden, die in dieses Reich hineinkommen sollen, das nun das Tausendjährige sein wird. Dann werden sie ihn als ihren König anerkannt haben und in das Reich eingehen.
Das Evangelium der Gnade hingegen bezieht sich nicht auf diese Erde, sondern auf den Himmel. Es spricht von Errettung, ewigen Leben und vom immerwährenden Dasein beim Herrn. Natürlich hat dieses Evangelium auch hier schon seine Auswirkung in den Gläubigen, aber letztlich zielt es auf den Himmel ab.
Ich weiß nicht, wer von euch das „Bibelpanorama“ zuhause hat. Wer kennt das „Bibelpanorama“ oder besitzt es? Oh, doch einige. Ich habe euch einen Auszug kopiert, nicht das ganze „Bibelpanorama“, sondern den Anhang, in dem über die drei verschiedenen Arten des Evangeliums gesprochen wird: das Evangelium der Gnade, das Evangelium des Reiches und das ewige Evangelium, das nur an einer Stelle in der Offenbarung vorkommt. Das dritte interessiert uns heute Abend nicht.
Ich habe den Auszug kopiert, er liegt dem Umdruck bei, den ich nachher austeile. Lassen wir es dabei.
Wir sehen also: Jesus hat hier auf der Erde das Reich Gottes verkündet und den Juden angeboten. Er sagt ihnen, das Reich Gottes ist nahegekommen. Johannes der Täufer sagt es bereits, Jesus sagt es, er schickt seine Jünger aus, und sie sagen den Juden: „Das Reich Gottes ist nahegekommen, kehrt um und nehmt Jesus Christus als den Messiaskönig an. Erkennt ihn als den von Gott gesandten Erlöser, beugt euch vor ihm, dann werdet ihr in dieses Reich eingehen können.“
Aber die Juden lehnten das ab.
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ausführen, bevor wir bald zum Schluss kommen: Dieses Evangelium des Reiches hatte einen zeichenhaften Charakter. Ihr habt es ja schon gesehen, und ich habe es bereits betont: Im Zusammenhang mit dem Evangelium des Reiches ist überall von Heilungen und sogar an einigen Stellen von Totenauferweckung die Rede, besonders auffällig von Heilungen.
Bitte geht noch einmal mit mir zurück zu Matthäus 4,23 – das ist mir heute Abend sehr wichtig. Wenn wir das noch aufnehmen, könnten wir in wenigen Minuten zum Schluss kommen.
Matthäus 4,23: Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches. Wohlgemerkt: Er konnte hier noch nicht das Evangelium der Gnade predigen, das gibt es erst seit seiner Kreuzigung und Auferstehung. Aber er predigte das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk.
Sein Ruf ging aus in das ganze Syrien. Sie brachten zu ihm alle Leidenden, die mit mancherlei Krankheiten und Qualen behaftet waren, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte. Er heilte sie alle. Verständlicherweise heißt es dann: Es folgten ihm große Volksmengen aus Galiläa, dem Zehnstädtegebiet, Jerusalem, Judäa und von jenseits des Jordan.
Hier hatte unser Herr Jesus seinen größten Zulauf, die größte Masse folgte ihm nach. Es ist kein Wunder – es wäre heute genauso, wenn er heute auf dieser Erde wäre und wieder jede Krankheit und jedes Gebrechen heilen würde. Ich glaube, wir alle hätten Grund, bei ihm Heilung zu suchen, jeder von uns, der für größere Gebrechen, der andere für kleinere. Aber keiner von uns ist kerngesund, nicht einmal die Ärzte unter uns.
Deswegen war es damals erklärlich, dass er einen solchen Zulauf hatte, eine solche Popularität.
Auch in Matthäus 9,35, den wir schon gelesen haben, heißt es wieder, dass er jede Krankheit heilte, jede, und niemanden krank ließ.
Wir sehen den ganzheitlichen Charakter dieses Reiches Gottes in seiner sichtbaren Gestalt. Wo dieses Reich sich manifestiert und Gestalt annimmt, müssen Krankheit, Lähmung, Gebrechen, Besessenheit und all diese Dinge, die der Teufel in dieser Welt angerichtet hat, weichen.
Ein amerikanischer Theologe, Benjamin B. Warfield, schrieb schon im letzten Jahrhundert, dass Krankheit und Tod in diesem Gebiet für kurze Zeit fast nicht mehr vorhanden gewesen sein müssen, weil das Reich Gottes hier schemenhaft, ansatzweise sichtbare Gestalt annahm – aber noch im Status des Angebots.
Den Juden wurde es angeboten, und außerhalb Judäas, im Nordreich Galiläa, wurde es mehr angenommen als im eigentlichen Kernland der Juden. Dort war die Ablehnung umso größer.
Fazit: Heilungen und andere Machttaten haben im Neuen Testament eine bestimmte Bedeutung. In den Evangelien sind sie eine Legitimation für die Messiaschaft Jesu. Das wurde deutlich an den Zeichen und Wundern, die er tat.
Vor einiger Zeit hat Richard einmal über einige Zeichen im Johannesevangelium gepredigt – vielleicht erinnert ihr euch – zum Beispiel die Hochzeit zu Kana. Er zeigte, dass diese Zeichen Belege für die Messiaschaft Jesu sind, dass er wirklich der von Gott gesandte Erlöser ist.
Gleichzeitig waren diese Zeichen auch Zeichen des anbrechenden messianischen Reiches.
So wie Gott im Alten Testament Krankheiten von seinem Volk fernhalten wollte und wie er in den Erdentagen Jesu alle Krankheiten heilte – hier in dieser Phase, die wir gerade gesehen haben –, so wird es auch zukünftig in der Zeit des messianischen oder tausendjährigen Reiches wieder sein.
Auch dann wird Krankheit kein Thema mehr sein, und die Menschen werden wieder viel älter werden. „Als Knabe gilt, wer mit hundert Jahren stirbt.“ Sie werden wieder Lebensalter erreichen wie am Anfang der Bibel.
In der Zwischenzeit, in der Gemeindezeit, in der wir jetzt leben, heilt Gott auch Krankheiten – wann und wie es ihm gefällt. Gott heilt jetzt auch Krankheiten, ja, aber nicht mehr in diesem Ausmaß wie damals, als Jesus und damit das Reich Gottes sichtbar auf der Erde waren.
Dort, wo sich das Reich ausbreitete, musste jede Krankheit weichen, ebenso Tod, Besessenheit, Dämonie, Lähmung und all diese Dinge.
Für uns als neutestamentliche Christen heute gibt es keine Heilungsgarantie mehr. Wir können nicht sagen: „Das war doch zur Zeit Jesu, und Jesus hat sich doch nicht verändert. Er ist doch gestern, heute und in Ewigkeit derselbe.“ Das stimmt, er ist derselbe, aber er handelt nicht immer gleich.
Hier war ein ganz anderer heilsgeschichtlicher Zusammenhang. Das Reich Gottes war sichtbar auf der Erde in seiner Gestalt. Darum gab es diese zeichenhaften Heilungen, Austreibungen von Dämonen und sogar Totenauferweckungen.
In dieser Dichte und Auffälligkeit werden wir das heute nicht mehr erleben. Wo das so propagiert wird, sollte man zunächst ein großes Fragezeichen setzen und sehr genau hinschauen, ob es wirklich echte Heilungen und andere Zeichen und Wunder sind.
Zum Schluss möchte ich noch eine letzte Folie zeigen, um deutlich zu machen, dass das Ganze in einem noch größeren Zusammenhang steht mit den Heilungen, die wir eben gesehen haben. Die Überschrift lautet: sichtbare und unsichtbare Bezüge.
Wir müssen sehen, dass das Volk Israel unter sichtbaren Bezügen stand. Ich kann es nicht anders ausdrücken. Wenn jemand eine bessere Formulierung hat, bin ich dankbar.
Was ich meine, ist Folgendes: Im Volk Israel waren Engelerscheinungen an der Tagesordnung. Im Alten Testament gibt es immer wieder Engelerscheinungen. Visionen spielen eine große Rolle, besonders bei den Propheten.
Dann gab es eine sichtbare Heimat: das Land Israel, das Eretz Israel. Israel hatte ein sichtbares Bundeszeichen, die Beschneidung, ein sichtbares Zeichen, dass sie im Bund mit Gott standen.
Sie hatten einen sichtbaren Tempel – zuerst die Stiftshütte, später über Jahrhunderte den Tempel. Sie hatten einen sichtbaren Mittler, den Hohenpriester.
Sichtbare Sündenvergebung fand statt, indem sie ihre Sünden auf ein Opfertier legten: Sie legten die Hände auf, die Sünden wurden übertragen, und das Tier wurde getötet oder in die Wüste gejagt. Das war im Grunde sichtbare Sündenvergebung.
Und Israel hatte sichtbare Feinde: die Philister, Amalekiter, Moabiter, Peresiter und viele andere. Sichtbare Feinde rundherum.
Ihr seht: Israel stand von vorne bis hinten unter sichtbaren Bezügen, weil das Volk Gottes ein sichtbares, buntes Volk auf dieser Erde war.
Das wird vielleicht deutlicher, wenn wir den Kontrast zur Gemeinde Jesu anschauen.
Die Gemeinde Jesu hat keine Verheißung von Engelerscheinungen oder Visionen. Im Gegenteil, davor wird gewarnt, zum Beispiel im Kolosserbrief, Kapitel 2, den wir vor Kurzem behandelt haben.
Stattdessen heißt es: Lasst das Wort Gottes reichlich in euch wohnen.
Die Gemeinde hat eine unsichtbare Heimat. Paulus schreibt an die Philipper: Unsere Heimat ist im Himmel, unser Bürgerrecht ist dort. Unser erster Wohnsitz ist im Himmel, deswegen sind wir hier Pilger, wie Dieter vor einigen Wochen am Beispiel Abrahams gezeigt hat.
Wir haben ein unsichtbares Bundeszeichen, nämlich die Versiegelung mit dem Heiligen Geist. Ohne Heiligenschein, den niemand sehen kann.
Wir haben einen unsichtbaren Tempel. Jesus sagt: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Hannelore, hast du schon einmal jemanden mit Heiligenschein gesehen? Nein? Eben. Die Gemeinde Jesu ist heute der Tempel Gottes, und jeder einzelne Gläubige, wie Paulus in 1. Korinther 3,16 schreibt: „Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel Gottes seid?“
Wir haben einen unsichtbaren Mittler, Christus, der abgesondert ist von den Sündern im Himmel (Hebräer 7).
Wir haben unsichtbare Reinigung durch das Blut Christi. Das Blut Jesu Christi macht uns rein von jeder Sünde, aber ohne Opfertier und Zeremonien – ein schlichter Vorgang des Bekennens.
Und wir haben unsichtbare Feinde unter dem Himmel. Nicht die Russen, nicht die Chinesen oder andere Völker sind unsere Feinde, sondern wir kämpfen nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen böse Geister und Dämonen – Satan und seine Mächte.
Wenn ihr das gegenüberstellt, wird deutlich: Israel stand unter sichtbaren Bezügen. Darum hatte das Reich Gottes, als es hier auf der Erde sichtbar dem Volk Israel angeboten wurde, auch diese sichtbaren Begleiterscheinungen wie Heilungen, Dämonenaustreibungen und Totenauferweckungen.
Die Gemeinde Jesu steht unter unsichtbaren Bezügen. Wir haben das Wort Gottes und den Heiligen Geist. Und wir werden selten sichtbare Manifestationen erleben. Paulus schreibt: „Wir leben im Glauben und nicht im Schauen.“
Natürlich möchten Christen heute, auch wir, allzu gerne mal im Schauen leben. Es wäre schön, wenn wir das Reich Gottes so sehen könnten. Wir sehen es ansatzweise, wenn Menschen in das Reich Gottes hineingeboren werden und sich das Reich Gottes ausbreitet. Wir sehen schon etwas davon.
Aber wir werden es nicht in der Weise sehen, wie es sich vielleicht manche wünschen oder vorgeben, es in der Gemeinde oder Gruppe erleben zu können, wo angeblich wieder das Gleiche passiert wie zu Jesu Zeiten.
Ich bin da sehr skeptisch, weil ich den biblischen Zusammenhang sehe: Das gehört in die Zeit des Evangeliums des Reiches.
Gott ist ein souveräner, lebendiger Gott, der auch heute Wunder tut. Er hat in meinem Leben schon Wunder getan, im Leben vieler von euch auch. Er tut Wunder, aber es wird nicht mehr so spektakulär sein und schon gar nicht in der Dichte wie in der Zeit der Evangelien.
Natürlich gibt es hier und da Erweckungen auf dieser Erde, lokale oder regionale, manchmal auch in einem ganzen Volk.
Was sich in Amerika zugetragen hat, bei der sogenannten großen Erweckung unter Jonathan Edwards, war eine Erweckung einer ganzen Nation. Davon zehrt das Volk und Land der Amerikaner heute noch.
Der Grund, warum es dort so viele Christen und Gemeinden gibt, liegt in dieser großen Erweckung unter Jonathan Edwards und später unter George Whitefield. Das hat das Land so durchdrungen, dass heute noch Spuren davon sichtbar sind.
Das war etwa 1730 bei Edwards, und Whitefield folgte ein paar Jahrzehnte später, also im 18. Jahrhundert.
Gestern Abend las ich in einem Buch, dass ein amerikanischer Gemeindegründer drei Monate eine Gemeindegründung vorbereitet hat. An Ostern veranstaltete er den ersten Gottesdienst und verteilte 15 Einladungszettel.
Die Post lieferte die Zettel eine Woche zu früh aus, und schon bei der Generalprobe eine Woche vorher kamen etwa 80 Leute. Von diesen 80 bekehrten sich gleich fünf bei der Generalprobe.
Eine Woche später, beim ersten Gottesdienst mit 207 Anwesenden, bekehrten sich über 50 Menschen.
Ob alle wirklich echt bekehrt und wiedergeboren sind, lassen wir mal dahingestellt.
Das sind amerikanische Verhältnisse – nur erklärbar, wenn man weiß, was dort an christlichen Werten, Kenntnissen, Informationen und christlichen Vorfahren vorhanden ist.
Ich weiß, diejenigen von uns, die länger dort gelebt haben, kennen auch die andere Seite Amerikas. Die will ich hier nicht verschweigen.
Ich bin nicht geneigt, Amerika zu glorifizieren, aber was dort an Christen, guter Gemeinde und Theologie vorhanden ist, geht auf diese Aufbrüche zurück.
Dieser Exkurs stand nicht in meinem Manuskript, aber „wes das Herz voll ist, geht der Mund bekanntlich über“.
Lasst uns schließen mit diesem Blick auf die Gegenüberstellung sichtbarer und unsichtbarer Bezüge.
Wir haben heute Abend gesehen, wie das Reich Gottes in seiner irdischen Geschichte hier in der Geschichte Israels wirkte.
Wir haben gesehen, wie es von der theokratischen Form überging in die Zeit des Evangeliums des Reiches.
Nächstes Mal werden wir sehen, wie es weiterging, als dieses Reich abgelehnt wurde und eine neue Form des Reiches entstand – nämlich das vermischte oder verborgene Königreich.
Davon mehr beim nächsten Mal, das ist auch ganz aktuell, weil wir in dieser Zeit leben.
Fazit zu Heilungen und Zeichen im Neuen Testament
Fazit: Heilungen und andere Machttaten haben im Neuen Testament eine besondere Bedeutung. In den Evangelien dienen sie als Legitimation für die Messiaschaft Jesu. Dass er der Messias ist, wird deutlich an den Zeichen und Wundern, die er vollbrachte.
Vor einiger Zeit hat Richard über einige Zeichen im Johannesevangelium gepredigt. Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, zum Beispiel an die Hochzeit zu Kana. Er zeigte dabei, dass diese Zeichen Beweise für die Messiaschaft Jesu sind – dass er wirklich der von Gott gesandte Erlöser ist. Gleichzeitig waren diese Zeichen auch Hinweise auf das anbrechende messianische Reich.
So wie Gott im Alten Testament Krankheiten von seinem Volk fernhalten wollte und wie er in der Zeit Jesu alle Krankheiten heilte – wie wir an den Stellen gesehen haben – wird es auch zukünftig im messianischen oder tausendjährigen Reich wieder so sein. Dort wird Krankheit kein Thema mehr sein. Die Menschen werden wieder viel älter werden. „Als Knabe gilt, wer mit hundert Jahren stirbt“ – so wird es sein. Sie werden Lebensalter erreichen wie zu Beginn der Bibel.
In der Zwischenzeit, also in der heutigen Zeit der Gemeinde, heilt Gott ebenfalls Krankheiten – wann und wie es ihm gefällt. Ja, Gott heilt jetzt auch Krankheiten, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie zu Jesu Zeiten, als das Reich Gottes sichtbar auf der Erde war. Dort, wo sich das Reich ausbreitete, musste jede Krankheit weichen, ebenso Tod, Besessenheit, Dämonie, Lähmung und all diese Dinge.
Für uns als neutestamentliche Christen gibt es heute jedoch keine Heilungsgarantie. Wir können nicht einfach sagen: „Das war doch zur Zeit Jesu so, und Jesus hat sich doch nicht verändert, er ist doch gestern, heute und in Ewigkeit derselbe.“ Das stimmt zwar – er ist derselbe –, aber er handelt nicht immer gleich.
Zu Jesu Zeiten bestand ein ganz anderer heilsgeschichtlicher Zusammenhang. Das Reich Gottes war sichtbar auf der Erde in seiner Gestalt. Deshalb gab es diese zeichenhaften Heilungen, Austreibungen von Dämonen und sogar Totenauferweckungen. In dieser Dichte und Auffälligkeit werden wir solche Ereignisse heute nicht mehr erleben.
Wo solche Heilungen und Wunder jedoch heute groß propagiert werden, sollte man zunächst ein großes Fragezeichen setzen und sehr genau hinschauen, ob es sich wirklich um echte Heilungen und andere Zeichen und Wunder handelt.
Sichtbare und unsichtbare Bezüge im Volk Israel und in der Gemeinde Jesu
Lassen Sie mich zum Schluss kommen, indem ich eine letzte Folie zeige und versuche, deutlich zu machen, dass das Ganze in einem noch größeren Zusammenhang steht mit den Heilungen, die wir eben gesehen haben. Die Überschrift lautet hier: sichtbare und unsichtbare Bezüge.
Wir müssen erkennen, dass das Volk Israel unter sichtbaren Bezügen stand. Ich kann es nicht anders ausdrücken. Wenn jemand eine bessere Formulierung für mich hat, bin ich sehr dankbar. Was ich meine, ist Folgendes:
Im Volk Israel gab es Engelerscheinungen. Engel oder Engels, egal – Engelerscheinungen waren an der Tagesordnung im Alten Testament. Immer wieder traten Engelerscheinungen auf. Visionen spielen eine große Rolle im Alten Testament, besonders bei den Propheten.
Es gab eine sichtbare Heimat, also sichtbare Dinge. Engel wurden sichtbar, andere Dinge wurden für die Propheten sichtbar. Das Volk Israel hatte eine sichtbare Heimat, das Land Israel, das Eretz Israel.
Israel hatte ein sichtbares Bundeszeichen, nämlich die Beschneidung – ein sichtbares Zeichen, dass sie zum Bund mit Gott gehörten. Außerdem hatten sie einen sichtbaren Tempel: zuerst die Stiftshütte, ein sichtbares Heiligtum, später dann über Jahrhunderte den Tempel.
Sie hatten einen sichtbaren Mittler, den Hohenpriester. Es gab sichtbare Sündenvergebung, indem sie ihre Sünden auf ein Opfertier legten, die Hände darauf legten und die Sünden so übertragen wurden. Das Opfertier wurde getötet oder in die Wüste gejagt – im Grunde eine sichtbare Sündenvergebung.
Israel hatte auch sichtbare Feinde: die Philister, Amalekiter, Moabiter, Peresiter und viele andere Völker. Sichtbare Feinde rundherum.
Ihr seht, Israel stand von vorne bis hinten unter sichtbaren Bezügen, weil das Volk Gottes hier auf der Erde ein sichtbares, buntes Volk war.
Es wird vielleicht deutlicher, wenn wir den Kontrast zur Gemeinde Jesu betrachten. Die Gemeinde Jesu hat keine Verheißung von Engelerscheinungen oder Visionen. Im Gegenteil, davor wird gewarnt. Im Kolosserbrief Kapitel 2, den wir vor nicht allzu langer Zeit behandelt haben, heißt es: Lasst das Wort Gottes reichlich in euch wohnen.
Das Wort Gottes ist nicht sichtbar – gut, es ist sichtbar in der Bibel, aber nicht in diesem Sinne hier. Wir haben das schlichte Wort. Der Hebräerbrief sagt: Lasst uns nicht am Ziel vorbeistreben, sondern festhalten am Wort.
Wir haben eine unsichtbare Heimat. Paulus schreibt an die Philipper, unsere Heimat ist im Himmel. Unsere politische Verankerung, unser erster Wohnsitz, ist im Himmel. Deshalb sind wir hier Pilger, wie Dieter vor einigen Wochen am Beispiel Abrahams gezeigt hat.
Wir haben ein unsichtbares Bundeszeichen, nämlich die Versiegelung mit dem Heiligen Geist. Ohne Heiligenschein – ja, niemand kann dem anderen ansehen, dass er ein Kind Gottes ist. Unsichtbares Bundeszeichen.
Dann haben wir einen unsichtbaren Tempel. Jesus sagt: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Hannelore, hast du schon einmal jemanden mit Heiligenschein gesehen? Ah ja, unsichtbarer Tempel.
Die Gemeinde Jesu ist heute der Tempel Gottes, und jeder einzelne Gläubige auch, wie Paulus im 1. Korinther 3,16 schreibt: „Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel Gottes seid?“
Wir haben einen unsichtbaren Mittler, Christus, der abgesondert ist von den Sündern im Himmel (Hebräer 7). Die Reinigung geschieht unsichtbar durch das Blut Christi. Das Blut Jesu Christi macht uns rein von jeder Sünde – ohne Opfertier und Zeremonien. Es ist ein schlichter Vorgang des Bekennens, und das Blut Christi reinigt uns.
Wir haben unsichtbare Feinde unter dem Himmel. Nicht sichtbar. Nicht die Russen oder Chinesen oder andere Völker sind unsere Feinde. Wir kämpfen nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit bösen Geistern und Dämonen – Satan und seine Dämonen.
Wenn ihr das gegenüberstellt, wird es ganz deutlich: Israel stand unter sichtbaren Bezügen. Darum hatte das Reich Gottes, als es hier auf der Erde sichtbar dem Volk Israel angeboten wurde, auch diese sichtbaren Begleiterscheinungen von Heilungen.
Heilung ist sichtbar, Dämonenaustreibung, Totenauferweckung – all das gehört in diesen Zusammenhang hier, auf dieser Seite.
Die Gemeinde Jesu steht unter unsichtbaren Bezügen. Wir haben das Wort Gottes und den Heiligen Geist. Wir werden selten sichtbare Manifestationen erleben, denn Paulus schreibt: „Wir leben im Glauben und nicht im Schauen.“
Natürlich möchten auch Christen heute, auch wir, gerne mal ein bisschen im Schauen leben. Es wäre schön, wenn wir das Reich Gottes ein wenig sehen könnten. Wir sehen es ansatzweise, wenn wir miterleben, wie Menschen in das Reich Gottes hineingeboren werden und sich das Reich Gottes ausbreitet. Wir sehen schon etwas davon.
Aber wir werden es nicht in der Weise sehen, wie sich manche wünschen und vielleicht vorgeben, es zu haben und in der Gruppe oder Gemeinde anschauen zu können – so wie es zur Zeit Jesu auf Erden war.
Ich bin da sehr skeptisch, weil ich den biblischen Zusammenhang sehe: Das gehört in die Zeit des Evangeliums des Reiches.
Ich sage noch einmal: Gott ist ein souveräner, lebendiger Gott, der auch heute Wunder tut. Er hat in meinem Leben und im Leben vieler von euch Wunder getan. Er tut Wunder, aber es wird nicht mehr so spektakulär zugehen und schon gar nicht in dieser Dichte wie zur Zeit der Evangelien.
Natürlich gibt es hier und da Erweckungen auf dieser Erde, lokale oder regionale Erweckungen, manchmal auch in einem ganzen Volk.
Was sich in Amerika zugetragen hat bei der sogenannten großen Erweckung unter Jonathan Edwards, war eine Erweckung einer ganzen Nation. Davon zehrt das Volk und Land der Amerikaner heute noch.
Der Grund, warum es dort so viele Christen und Gemeinden gibt, ist die große Erweckung unter Jonathan Edwards und danach unter George Whitefield. Das hat das Land so durchdrungen, dass heute noch Spuren davon zu sehen sind.
Das war etwa 1730 unter Edwards und einige Jahrzehnte später unter Whitefield, also im 18. Jahrhundert.
Ich las gestern Abend in einem Buch, da schreibt ein amerikanischer Gemeindegründer: Er hat drei Monate eine Gemeindegründung vorbereitet und dann zu Ostern den ersten Gottesdienst veranstaltet. Er verteilte 15 Einladungszettel.
Die Post lieferte die Einladungszettel schon eine Woche zu früh aus, und es kamen etwa 80 Leute zu einer Generalprobe einen Sonntag vorher. Von diesen 80 bekehrten sich gleich bei der Generalprobe fünf.
Eine Woche später kamen 207 Leute zum ersten Gottesdienst, und über 50 Menschen bekehrten sich noch einmal.
Ob alle wirklich echt bekehrt und wiedergeboren sind, lassen wir mal dahingestellt. Trotzdem – das sind amerikanische Verhältnisse.
Das ist nur erklärlich, wenn man weiß, was dort gewesen ist, welcher Grundwasserspiegel an christlichen Werten, Kenntnissen, Informationen und christlichen Vorfahren in diesem Volk vorhanden ist.
Ich weiß, diejenigen von uns, die dort länger gelebt haben, haben Amerika auch von der anderen Seite kennengelernt. Das will ich hier nicht verschweigen. Es gibt auch eine dunkle Seite Amerikas.
Ich bin nicht dazu geneigt, Amerika zu glorifizieren. Aber was es dort an Christen gibt und auch an guter, gesunder Gemeinde und Theologie, das geht zurück auf diese Aufbrüche.
Dieser Exkurs stand nicht in meinem Manuskript. Da bin ich jetzt gerade so noch hineingerutscht. Aber wie es so schön heißt: Wes das Herz voll ist, geht der Mund bekanntlich über.
Lasst uns schließen mit diesem Blick auf die Gegenüberstellung sichtbare und unsichtbare Bezüge. Ich dachte, das könnte hilfreich sein, um das einzuordnen.
Wir haben heute Abend gesehen, dass das Reich Gottes in seiner irdischen Geschichte hier in der Geschichte Israels war. Wir haben gesehen, wie es von der theokratischen Form überging in die Zeit des Reiches, das Evangelium des Reiches.
Beim nächsten Mal werden wir sehen, wie es weiterging, als dieses Reich abgelehnt wurde und eine neue Form des Reiches entstand, nämlich das vermischte oder verborgene Königreich.
Davon nächstes Mal mehr. Das ist dann auch ganz aktuell, weil wir in dieser Zeit leben.
