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Persönliche Ermutigung

Abschiedsworte, Teil 1/3
26.10.2013Kolosser 4,7-9

Persönliche Ermutigung

Reihe: Abschiedsworte (1/3)

Kolosser-Brief 4,7-9

Einleitende Gedanken Jetzt haben wir das Ende des Kolosserbriefes definitiv erreicht. Es bleiben noch Abschiedsworte, die wir miteinander betrachten werden. Diese persönlichen Abschiedsworte geben uns einen kleinen Einblick, wie die Christen damals miteinander verbunden waren. In dieser Predigtreihe lernen wir einige Christen etwas besser kennen, die wir später in der Herrlichkeit auf der neuen Erde tatsächlich treffen werden. Vermutlich hat Paulus diesen Brief während seiner Gefangenschaft in Rom geschrieben. Dort lebte Paulus in einer Wohnung, bewacht von einem römischen Soldaten, denn: „In Rom angekommen, erhielt Paulus die Erlaubnis, in eine eigene Wohnung zu ziehen, allerdings unter ständiger Bewachung durch einen Soldaten.“ Apg.28,16. Und Paulus empfing in dieser Wohnung viele Gäste, denen er das Evangelium erklärte und Besuche von Gemeindeleuten, die ihn um einen Rat baten oder ihn über das Ergehen in der Gemeinde orientierten. Lukas berichtet über diese Zeit folgendes: „Paulus blieb zwei volle Jahre in der von ihm gemieteten Wohnung und durfte dort so viele Besucher empfangen, wie er wollte. Er verkündete ihnen die Botschaft vom Reich Gottes und lehrte sie alles über Jesus Christus, den Herrn. Er tat es frei und offen und wurde von niemand daran gehindert.“ Apg.28,30-31. Paulus nutzte die Zeit und die Freiheit, die er während seiner Gefangenschaft hatte. Er jammert nicht über die Tatsache, dass er Rom nicht verlassen darf, sondern er macht das Beste daraus und nutzt die Gelegenheiten voll aus, die sich ihm bieten. Nur schon durch dieses Verhalten ist er für die Christen eine Ermutigung. Sie sehen an seinem Leben, auf was es ankommt. Paulus verkörpert das, was er lehrt: „Eins tue ich: Ich lasse das, was hinter mir liegt, bewusst zurück, konzentriere mich völlig auf das, was vor mir liegt, und laufe mit ganzer Kraft dem Ziel entgegen, um den Siegespreis zu bekommen – den Preis, der in der Teilhabe an der himmlischen Welt besteht, zu der uns Gott durch Jesus Christus berufen hat.“ Phil.3,13-14. Er gestaltet sein Leben im Blick auf das, was in der Herrlichkeit kommen wird. Einfach gesagt: Er schaut zum Himmel und aus dieser Perspektive gestaltet er sein Leben. Deshalb lässt er auch bei grossen Hindernissen den Auftrag, das Evangelium zu verkündigen, nie ausser Acht. Ihm war es sowieso klar, wenn er Jesus ganz und gar vertraut und den Auftrag, den er bekommen hat, ernst nimmt, dann werden Schwierigkeiten auf ihn zukommen. Das schrieb er in seinem letzten Brief an Timotheus: „Im Übrigen sind Verfolgungen etwas, womit alle rechnen müssen, die zu Jesus Christus gehören und entschlossen sind, so zu leben, dass Gott geehrt wird.“ 2.Tim.3,12. Hätte sich Paulus über die Gefangenschaft beklagt und die Christen vorwiegend aufgefordert zu beten, dass er möglichst schnell frei werde, dann hätte er die Christen entmutigt. Sie hätten dann gar nicht begriffen, dass es ein grösseres Ziel gibt, für das es sich lohnt, alles zu investieren. Doch Paulus will die Christen ermutigen mit Jesus unterwegs zu bleiben! Das sehen wir auch in diesen drei Versen, die wir heute genauer betrachten werden.

Paulus schreibt: „Über meine persönliche Situation wird euch Tychikus, unser geliebter Bruder und mein treuer Helfer und Mitarbeiter im Dienst für den Herrn, ausführlich informieren. Wenn ich ihn zu euch schicke, dann genau aus diesem Grund: Ihr sollt erfahren, wie es um uns steht, und sollt durch seinen Besuch gestärkt und ermutigt werden. Zusammen mit ihm wird Onesimus reisen, unser treuer und geliebter Bruder, der ja aus Kolossä kommt und somit einer von euch ist. Die beiden werden euch alles mitteilen, was es von hier zu berichten gibt.“ Kol.4,7-9

I. Tychikus ermutigt durch seine Berichte

Wenn Paulus in Rom war, musste der Brief eine lange Strecke überwinden. Über 2'000 Kilometer, je nach Weg, den man wählte. Natürlich hätte Paulus diesen Brief einer Karawane oder einem Kurier mitgeben können. Im römischen Reich gab es einen regen Reiseverkehr. Durch das grosse Reich wurden ständig Nachrichten hin und her geschickt. Doch Paulus wollte seinen Brief nicht durch unbekannte Boten überbringen lassen. Er schickt einen seiner besten und engsten Mitarbeiter. Er verzichtet auf die Gemeinschaft und Unterstützung von Tychikus zugunsten der Christen in Kolossä. Er möchte nämlich nicht nur den Brief schicken, sondern er möchte, dass sie aus erster Hand erfahren, wie es in Rom geht. „Über meine persönliche Situation wird euch Tychikus, unser geliebter Bruder und mein treuer Helfer und Mitarbeiter im Dienst für den Herrn, ausführlich informieren.“ Kol.4,7. Das ist zwar für uns etwas schade, weil wir so eben nicht erfahren, was ihn Rom während der Gefangenschaft von Paulus alles vorging. Hätte Paulus das niedergeschrieben, wüssten wir das jetzt. Paulus war aber bewusst, dass ein Brief sehr wohl hilfreich und wichtig sein kann, aber er kann eine persönliche Begegnung nicht ersetzen. Ein persönliches Gespräch mit einem Augenzeugen kann den Christen in Kolossä mehr Aufschluss darüber geben, wie die Gefangenschaft von Paulus verläuft. Sie können Tychikus zurückfragen und er kann ihnen alles ausführlich erzählen. Bestimmt hatte er viel darüber zu berichten, was in der Wohnung von Paulus vor sich ging. Wie vielen Menschen dort ein- und ausgehen. Wie das Evangelium verkündigt wird und wie sich Paulus und seine Mitarbeiter um die verschiedenen Gemeinden kümmern. Natürlich war es für die Christen auch interessant zu erfahren, wie es um die bevorstehende Gerichtsverhandlung steht. Je nachdem wie das Gerichtsurteil ausfallen wird, wird das auf die Christen im römischen Reich Auswirkungen haben. Das ist so, wie wenn ein Pastor einer Gemeinde wegen seinem Glauben verklagt wird. Wenn er verurteilt wird, dann wird das Urteil auch die Christen dieser Gemeinde betreffen. Sie müssen mit Repressionen rechnen, bis dahin, dass man die Gottesdienste und sonstige Treffen verbietet. Das Interesse am Ergehen des Paulus und seiner Begleiter war gross, obwohl die Kolosser Paulus noch nicht persönlich kannten. Auch wenn wir über den genauen Inhalt dessen, was Tychikus berichtete nur Vermutungen anstellen können, so wissen wir wenigsten, dass das, was Tychikus berichten konnte, die Christen ermutigen und stärken wird. Das ist ja das erklärte Ziel des Besuchs von Tychikus, wie Paulus schreibt: „Wenn ich ihn zu euch schicke, dann genau aus diesem Grund: Ihr sollt erfahren, wie es um uns steht, und sollt durch seinen Besuch gestärkt und ermutigt werden.“ Kol.4,8. Die persönliche Begegnung war Paulus immer wichtig. Obwohl er verschiedene Briefe schrieb, war es Paulus wichtig, wenn immer möglich, die Gemeinden zu besuchen. Geschrieben hat er eigentlich nur im Notfall, wenn er nämlich nicht selber hingehen konnte. Oft schickte er auch seine Mitarbeiter z.B. Timotheus, wenn er selber nicht gehen konnte, denn er wollte durch einen vertrauten und zuverlässigen Bruder in Erfahrung bringen, wie es den Gemeinden geht. Wenn immer möglich versuchte er aber, die Gemeinden selber zu besuchen. Paulus ging sogar davon aus, dass seine Gefangenschaft in Rom bald beendet sein wird und er plante, die Christen in Kolossä zu besuchen. Seinen Freund Philemon bat er in einem persönlichen Brief, ihm eine Unterkunft bereitzuhalten: „Denn ich hoffe, dass eure Gebete erhört werden und Gott mir in seiner Gnade ein Wiedersehen mit euch schenkt.“ Phlm.22. Offensichtlich wusste Paulus schon damals, dass ein Brief sehr hilfreich sein kann, aber einen Besuch nicht ersetzt. Er erlebte ja auch, dass seine Briefe manchmal missverstanden wurden. In der direkten Begegnung hätte er manches Missverständnis gleich klären können. Wir haben es heute viel besser. Uns stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, wie wir miteinander kommunizieren können. Heute ist es sogar möglich über die Kontinente hinweg mit Skype und ähnlichen Diensten, kostenlos stundenlang zu sprechen. Gleichzeitig kann man sich sogar noch sehen. Heute könnte Paulus von Rom aus über Skype mit den Christen in Kolossä sprechen. Die Gemeinde könnte sogar sein Bild via Beamer oder Bildschirm im Raum projizieren. So könnte Paulus sogar predigen oder eine Bibelarbeit halten. Das ist alles wunderbar und es ist wichtig, dass wir diese Möglichkeiten zur Verbreitung des Evangeliums einsetzen. Aber all diese Möglichkeiten – so hilfreich sie sind – können eine persönliche Begegnung nicht ersetzen. Eine persönliche Begegnung hat einfach eine andere Qualität oder besser gesagt: eine andere Dimension. Es ist wie mit unseren Gottesdiensten. Wir können unseren gesamten Gottesdienst filmen, so dass man zeitgleich z.B. in Thailand den Gottesdienst mitverfolgen könnte. Wenn man den Zeitpunkt verpasst, kann man den Gottesdienst nachschauen, wann immer man Zeit hat. Wirklich eine tolle Sache. Aber ein aufgezeichneter Gottesdienst wird einen persönlichen Gottesdienstbesuch nicht ersetzen können. Wenn ich selber an diesem Gottesdienst teilnehme, werde ich noch ganz anders berührt, als wenn ich ihn nur höre oder am Fernsehen zuschaue. Ich werde Menschen begegnen und beteilige mich an praktischen Diensten. Ich kann jemanden ermutigen oder werde ermutig usw. Ich denke, dass Paulus heute all diese hervorragenden Kommunikationsmöglichkeiten nutzen würde, aber ich bin überzeugt, er würde trotzdem die Gemeinden besuchen. Mir erzählte ein Missionar, dass er von einem verantwortlichen Gemeindeglied auf dem Missionsfeld besucht wurde, und zwar für ca. drei Wochen. Das war für ihn und seine Familie eine grosse Ermutigung. Wir denken vielleicht, warum soll man nach Brasilien reisen und dort einen Missionar besuchen. Das ist ein grosser Zeitaufwand und kostet viel Geld. Aufwand und Nutzen scheinen uns oft nicht in einem gesunden Verhältnis zueinander zu stehen. Das Geld würde man besser gleich dem Missionar überweisen, davon hätte er einen grösseren Nutzen, als von meinen Besuch. Wirklich? Ist das nicht ein materialistisches Denken? Würde eine Frau ihrem Mann sagen: Das mit den Blumen und Geschenken kannst du bleiben lassen, gib mir einfach jeweils das Geld. Für die Gemeinde in Kolossä war es eine grosse Ermutigung und Stärkung von Tychikus, einem der treusten Mitarbeiter von Paulus, über die aktuelle Situation informiert zu werden. Wir stehen in der Gefahr, dass wir durch die vielen Kommunikationsmöglichkeiten, den persönlichen Begegnungen zu wenig Bedeutung beimessen.

II. Onesimus ermutigt durch seine Veränderung

Thychikus hat noch einen Begleiter bei sich, Onesimus heisst er. Onesimus lebte vorher in Kolossä. Paulus schreibt: „Zusammen mit Tychikus wird Onesimus reisen, unser treuer und geliebter Bruder, der ja aus Kolossä kommt und somit einer von euch ist.“ Kol.4,9. Dieser Onesimus ist ein Sklave, der seinem Herrn, Philemon, davongelaufen ist. Aus Gründen, die uns nicht bekannt sind, kam dieser Sklave mit Paulus in Kontakt und er wurde tatsächlich Christ. Was für eine Freude für Paulus! Onesimus war vermutlich auch einer, der vielen Besucher in der Wohnung von Paulus in Rom. Diesen Mann hatte Paulus ins Herz geschlossen. Er ist wie ein Sohn für ihn geworden – ein geistlicher Sohn. Philemon schreibt er: „Es geht bei meiner Bitte um jemand, den ich als mein Kind betrachte, jemand, dessen Vater ich geworden bin, weil ich ihn hier im Gefängnis zum Glauben an Christus geführt habe; es geht um Onesimus.“ Phlm.10. Eigentlich hätte Paulus Onesimus am liebsten bei sich behalten, aber er wollte Philemon in Kolossä nicht bestehlen, denn Onesimus war Philemons Eigentum. Paulus bittet Philemon, Onesimus nicht in erster Linie als seinen Sklaven zurückzunehmen und ihn für seine Flucht und den damit angerichteten Schaden zu bestrafen. Er bittet ihn, Onesimus als seinen neuen Bruder in Christus aufzunehmen. Paulus erklärt sich auch bereit für den Schaden, den Onesimus angerichtet hat, aufzukommen, falls Philemon das wünscht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Paulus Onesimus nicht nur deswegen zurückgeschickt hat, weil er das „Eigentum“ Philemons war. Vermutlich wollte Paulus damit auch die Christen in Kolossä ermutigen, indem sie mit eigenen Augen sehen, wie Gott einen Menschen verändert hat, von dem sie es nie erwartet hätten. Aus einem unzuverlässigen Sklaven wird ein an Christus hingegebener Mensch. Die Kolosser bekommen einen Eindruck davon, wie grossartig Gott selbst während der Gefangenschaft wirkt und Menschen durch den Dienst von Paulus zu Jesus finden. Diese fundamentale Veränderung im Leben des Onesimus war eine grosse Ermutigung für die Christen: Gott wirkt selbst dort, wo man das nicht erwarten würde. Übrigens hatten Tychikus und Onesimus nebst dem Brief an die Gemeinde in Kolossä noch einen persönlichen Brief an Philemon, in dem Paulus Philemon bittet, Onesimus wohlwollend, freundschaftlich und brüderlich aufzunehmen. Diesen kurzen Brief findest du auch in deiner Bibel. Ja – und Paulus zeigt den Christen in Kolossä, was Versöhnung bedeutet. Wenn Gott einem Menschen die Schuld erlassen hat, dann sollen wir mit ihm genauso barmherzig sein, wie Gott mit uns barmherzig war. Daran erinnert Paulus Philemon, indem er ihm sagt: „Ich, Paulus, werde die Schuld begleichen; ich schreibe es hier mit eigener Hand. Eigentlich schuldest auch du mir etwas – nämlich dich selbst; aber davon will ich jetzt nicht sprechen.“ Phlm.19. Mit anderen Worten: Du Philemon bist auch von grosser Schuld befreit worden. Vergiss das nicht und verhalte dich nicht wie der Knecht im Gleichnis das Jesus erzählte. Diesem Mann wurde eine riesengrosse Schuld erlassen. Doch kaum war er von der Schuld befreit, forderte er rücksichtslos eine kleine Schuld ein. So soll sich Philemon gegenüber Onesimus nicht verhalten.

Schlussgedanke Die Abschiedsworte des Paulus im Kolosserbrief geben uns einen kleinen Einblick, wie die ersten Christen über weite Strecken miteinander verbunden waren. Bestimmt würde Paulus heute auch alle Kommunikationsmöglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, ausschöpfen. Er würde aber nicht auf die persönliche Begegnung verzichten wollen. Gerade in unserer Art zu leben, handeln und denken ist es wichtig, dass wir die Wichtigkeit und Bedeutung der persönlichen Begegnung neu schätzen lernen. Es ist keine Zeitverschwendung, wenn ich mit jemandem zusammensitze und wir uns über verschiedenes Austauschen. Es ist super, dass ich einem kranken Menschen eine SMS schicken kann, um ihm alles Gute zu wünschen. Doch diese SMS wird einen Besuch nie ersetzen können. Die Freude über einen Besuch wird grösser und nachhaltiger sein, als über eine SMS. Selbstverständlich kann ich meiner Frau jeden Tag via Mail, Skype, WhatsApp oder SMS mitteilen, dass ich sie liebe. Darüber würde sie sich bestimmt freuen, aber die Freude wird noch grösser und nachhaltiger sein und meine Worte werden an Bedeutung gewinnen, wenn ich sie in die Arme nehme. Ich freue mich darüber, dass in unserer Gemeinde viele persönliche Begegnungen stattfinden: im Gottesdienst, in den Hauskreisen, in den Interessegruppen, in den verschiedenen Teams und Treffen, in den Spitälern und Heimen. Begegnungen, in denen viele im Glauben ermutigt und gestärkt werden. Diese vielen Begegnungen dienen dazu, dass wir als Kinder Gottes zusammenwachsen. Was Paulus den Korinthern schreibt, wird dann immer stärkeren Ausdruck finden, nämlich: „Wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit, und wenn ein Teil geehrt wird, ist das auch für alle anderen ein Anlass zur Freude.“ 1.Kor.12,26. Wen könntest du in den nächsten Wochen besuchen oder zum Pizzaessen abmachen? Oder, wenn du noch in keinem Hauskreis bist, dann könntest du dich heute darum kümmern.