Dankbarkeit für Gottes Hilfe und die Vergänglichkeit von Denkmälern
Hierher hat der Herr geholfen, so hat der Prophet Samuel jenen Stein, jenes Denkmal dort bei Mitzpa, genannt. Der Herr hat uns geholfen, bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte.
Und das war Ihr Wunsch in der zweihundertjährigen Gemeinschaft Bernhausen, dass dieser Dank an Gott auch an diesem Abend noch einmal laut wird: Gott hat uns bisher geführt, wir waren es nicht, Gott war es. Deshalb haben Sie mir auch die Anregung gegeben, dass ich etwas zu dem Bericht aus 1. Samuel 7 sagen soll.
Je mehr ich jedoch geforscht habe, desto mehr sind uns ganz neue Seiten aufgegangen. Denkmale verwittern. Schon ein paar Jahre später weiß man oft nicht mehr, wozu das Denkmal eigentlich da ist.
Ich habe einmal meine Enkel tief ergriffen zum Zeppelinstein geführt, dort bei Echterdingen, bei der Baumgruppe. Ich erzählte, wie der erste Zeppelin dort gescheitert ist. Da fragte Daniel: „Was ist ein Zeppelin?“ Ich erklärte ihm, es ist ein Luftschiff. Daraufhin fragte er: „Was ist ein Luftschiff?“ Das ist längst vergangene Zeit.
Das Denkmal steht zwar noch, aber wenn Sie Stuttgarter am Karlsplatz in Stuttgart fragen, wer das auf dem Pferd ist, dann sagen manche „Manfred Rommel“ oder wissen nicht, welcher Karl dort gemeint ist. Das ist nicht vorbei.
Auf unseren Friedhöfen ist das besonders bedauerlich. Mit wie viel Liebe wurde der Stein als Grabstein gehauen, und jetzt verwittert er und kennt die Menschen nicht mehr. Grabstätten werden aufgelassen.
Die Bedeutung lebendiger Denkmäler und die Lage Israels zur Zeit Samuels
Das entscheidende Denkmal, das Erinnerungsmahl, das Gottgesetz sind Menschen – das war es auch damals. Viel wichtiger als der Stein, der ebenfalls seine Bedeutung hatte, war Samuel. Von ihm wissen wir einiges über seine Geburt.
Er wurde in einer trostlosen Zeit geboren, als die Philister, die Palästinenser, die Herrschaft über Israel übernommen hatten. Israel war zum Fremdling im eigenen Land geworden. Die Palästinenser zeigten damals schon deutlich: „Wir sind die Herren, und ihr seid erst später gekommen.“ Sie hatten das ganze Land entmilitarisiert. In ganz Israel gab es weder eine scharfe Klinge noch ein Schwert. Selbst wenn man die Sicheln schärfen lassen wollte, musste man ins Philisterland gehen. Dort mussten die Menschen sich bis abends halb zehn anstellen, bis der letzte Philister seine Sichel geschärft hatte.
Das war deprimierend. Wenn in Israel etwas gewachsen war, nahmen es die Philister als Beute an sich, beschlagnahmten es. Man hatte nichts zu essen, nichts zum Nagen und Beißen. Israel war tief gefallen.
In jener Zeit, als Israel abgestürzt war, wurde der kleine Samuel geboren. Doch noch viel schlimmer als die militärische Niederlage war die geistliche Verrottung Israels. Als die Mutter des später geborenen Samuel in der Stiftshütte war – dort, wo man Gott begegnen konnte – schüttete sie ihr Herz vor Gott aus und betete.
Der alte Priester Eli dachte: „Was ist denn da hinten los? Da ist wieder eine Frau betrunken, lass deinen Wein von dir kommen.“ Am Heiligtum ging es zu wie auf dem Volksfest: Mehr Betrunkene als Nüchterne. Dass ein Mensch auch im Heiligtum noch beten könnte, das verstand der Priester nicht mehr.
Als Hanna ihre Bitte vor Gott ausbreitete, hat mein Schwiegervater Gudro, der lange Jahre hier bei Ihnen in Bernhausen leben durfte, immer gesagt: Sie hat nicht gesagt, „Ich möchte einen Sohn haben“, sondern „Lieber Gott, du brauchst einen Menschen in diesem gottverlassenen Volk, und ich darf diesen Menschen gebären.“
Dann durfte sie diesen Buben gebären und nannte ihn Samuel, was bedeutet: „Der Herr hört.“ Beten hat einen Sinn. Gott achtet auf mich. Gott ist da. Gott handelt.
Samuels Fürbitte und Gottes Eingreifen
Dann hören wir einige Zeit nichts von Samuel, bis Israel in seiner tiefsten Erniedrigung steckt: Es gibt eine militärische Niederlage und Nahrungsnot. In 1. Samuel 7 spricht Samuel zum ganzen Volk. Es ist, als würde er plötzlich auftauchen und sagen: „Tut von euch die fremden Götter weg, und ich will für euch zu Gott beten.“
Von Geburt an hat er gewusst, was Gebet bedeutet. Er sagt: „Ich will für euch zu Gott beten.“ Es reicht nicht aus, nur das wegzutun, was Gott nicht gefällt. Das wäre bloß Moral. Wenn wir all das entfernen, was vor Gott nicht Bestand hat, ist das noch nicht genug. Ihr müsst doch erst in die Nähe Gottes kommen!
Wie lange halten Sie es in der Nähe Gottes aus? Bei jedem Telefongespräch halte ich länger durch, obwohl der Partner unsichtbar ist. Beim Gebet müssen wir doch wieder in die Nähe Gottes kommen. Es muss uns doch verlangen lassen, zu Gott zu kommen.
Samuel schrie zum Herrn für das Volk. Ein großes Opfer konnte er nicht bringen. In 1. Samuel wird erzählt, dass es keine Stiere und Farren zum Opfern gab. Er brachte ein Milchlämmlein. Sie schütteten Wasser über den Altar – mehr hatten sie nicht zu bringen, nicht einmal Öl. Jakob hatte an seinem Stein dort in Luz, Bethel, wenigstens ein bisschen Öl. So arm waren sie, sie konnten bloß so ein Wasseropfer und ein kleines Lämmlein bringen.
Aber das Wichtigste war, dass Samuel sagte: „Herr, erbarme dich noch einmal über uns.“ Er hat Fürbitte für sein Volk getan. Plötzlich wurden die Philister geschlagen. Israel wusste nichts davon, heißt es hier. Und der Herr ließ donnern, und die Philister flohen.
Das kann ich mir gut vorstellen. Ich lese es in die Bibel hinein und sage es dazu: Nicht, dass die Israeliten verzweifelt gesucht hätten und gesagt hätten: „Ach, haben wir einen, dessen Gebet einen Wert hat? Wir haben einen Fürbitter, einen samuelischen Kerl.“
Samuel aber richtete einen Stein auf und nannte ihn Eben-Ezer, was bedeutet: „Der Herr hat geholfen, nicht ich.“ Er sagte: „Ich durfte zum Herrn flehen, aber wer bin ich schon?“
Sehen Sie das bei den Segensträgern Gottes, den Gnadenvermittlern, die sagen können: „Nicht ich, sondern er.“ Dabei will ich kein Wort von der Bedeutung der Fürbitte abstreiten.
Gedanken zur Fürbitte und ihre Bedeutung im Glauben
Ein paar Gedanken zur Fürbitte
Das ist der Bereich, an dem ich schuldig werde. Wie oft sagen Menschen zu mir, wenn sie ins Krankenhaus kommen zu einer schweren Operation: „Denke auch an mich.“ Und das heißt ja: „Bete für mich.“ Ja, ich will es tun. Doch nach drei Wochen rufen sie an und sagen: „Es ist alles gut, danke dir vielmals, dass du für mich gebetet hast.“ Nicht einmal habe ich daran gedacht.
Die Stelle, an der ich schuldig werde: Bei Taufen habe ich, glaube ich, zwölf Patenkinder. Ich habe versprochen, für diese Kinder zu beten. Wie oft tue ich es denn wirklich? Fürbitte ist der Bereich, in dem wir Defizite haben. Besonders groß ist es, wenn es Menschen gibt, die Fürbitter sind. Aber noch größer ist die Tatsache, dass unser Herr Jesus für uns bittet.
Es ist, als würde der Herr Jesus sagen: „Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ihr füreinander Fürbitte tut. Aber ich bin vor dem Vater und trete für euch ein.“ Die großen Bibelstellen des Neuen Testaments machen uns das wichtig. Schon Jesus vergleicht sich mit einem Gärtner. Wenn der Besitzer des Weinbergs sagt: „Haue den Baum ab, was hindert ihn das Land?“ sagt der Gärtner: „Lass ihn noch dies Jahr.“ Er bittet, „lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und bedünge, ob er nicht doch noch Frucht trägt.“
Liebe Geschwister, liebe Schwestern und Brüder, wenn wir heute noch hier sind und nicht aus Gottes Garten weggemäht wurden, hat der Herr Jesus vielleicht längst für uns Fürbitte vor seinem Vater getan. „Lass ihn noch, vielleicht kommt noch etwas dabei heraus, dass er aus der Halbheit herauskommt.“
Schon Jesaja 53 zeigt den Vorschauer auf Jesus. Er hat für die Übeltäter gebetet: „Vater, vergib ihnen, den Henkersknechten, sie wissen nicht, was sie tun.“ Das ist Fürbitte.
Wir sind schon mal in diesen Tagen darauf gekommen, als Petrus sagte: „Jesus, die anderen Jünger kannst du nicht verlassen, aber ich bin da.“ Jesus sagt: „Der Satan wird um dich kämpfen, aber ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Übersetzt ins Schwäbische heißt das, dass dein Glaube „nicht auf der Lahme zenausgeht“. Das Christsein ist immer in Gefahr, dass wir stürmisch anfangen mit großer Freude, und dann „geht es auf der Lahme zu“.
Verstehen Sie das? Wenn Sie nur Hochdeutsch sprechen, kann es schwer sein, den schwäbischen Ausdruck zu erfassen. Einige hier sagen: „verebbt“ – es ebbt ab, wird weniger.
Große Bibelstellen wie Römer 8,34 sagen: „Wer will verdammen?“ Mir gäbe es viel zu verdammen. Ist das ein echter Christ? Christus ist hier: der Gestorbene, ja viel mehr der Auferweckte, der zur Rechten Gottes sitzt und für uns eintritt.
Bevor ich heute morgens mein erstes Gebet sprechen konnte, hat Herr Jesus schon vor dem Vater gesagt: „Pass auf den Chefbruch auf“, der doch eine Verantwortung heute Abend hat, „dass er nichts Dummes sagt.“ Es war schön, dass wir die Gebetsgemeinschaft hatten. Aber Jesus, der große Fürbitter, hat doch längst für uns alle miteinander gebetet.
Johannes sagt in 1. Johannes 2,1: „Und wenn wir sündigen“ – kommt das manchmal bei Ihnen vor? Dass Sie es gar nicht wollen, dass Sie aus der Haut fahren, ungeduldig werden, ungerecht? „Und wenn wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater: Jesus, der gerecht ist.“
Der Hebräerbrief sagt, dass darin die entscheidende Hauptsache des Glaubens besteht, worüber wir reden: „Wir haben einen Hohenpriester, der vor dem Vater für uns eintritt.“ Wenn ich zu schwach zum Beten bin, zu beschäftigt in meinen Gedanken oder darüber einschlafe, habe ich einen Fürbitter beim Vater.
Das soll uns nicht im Beten lahm machen, aber der große Trost ist: Mein Fürbitter spricht für mich. Das ist meine Zuversicht. Wenn ich einmal den Mund nicht mehr aufmachen kann im letzten Gericht, wenn all das offenkundig wird, was mir bis heute nicht bewusst war, dann wird Jesus zum Vater sagen: „Vater, den musst du auf mich verrechnen, die Sünde, die ich getragen habe, die gehört zu mir. Und wenn du den wegsendest, dann musst du auch mich nicht wegschicken.“
Wir haben einen Fürbitter beim Vater. Fürbitte – großartig!
Die Bedeutung des Steins "Bis hier hat der Herr geholfen"
Aber noch einmal zurück zu dem Stein: „Bis hier hat der Herr geholfen.“ Für Samuel war das eher eine Abwehrhaltung. Er sagte: „Du, das habe nicht ich gemacht mit meiner Fürbitte, der Herr hat es gemacht.“
Ich durfte demütig Gott anrufen mit unseren schwachen Opfergaben, aber der Herr hat es getan. Die wichtigsten Hinweise darauf, dass Gott lebt, dass er wirkt und dass er sich über uns erbarmen will – dass er dir all deine Sünde vergibt und dich krönt mit Gesundheit und Auskommen – stehen in der Bibel.
Er krönt dich mit Gnade! Selbst wenn du elend am Krebs sterben solltest, gilt: „Geborgen in der Gnade Jesu! Es wird eine Krönung sein, wenn Herr Jesus mich in seinen Arm nimmt.“ Der Herr ist noch da.
Die lebendigen Hinweise sind wichtiger als unsere schönen Kirchtürme, die nach oben weisen. Es sind Menschen, die von Gott berufen und begnadet sind, die sagen: „Der Herr ist noch da und niemals von seinem Volk geschieden.“ Er ist auch heute noch da.
Das ist damals in der Gegend von Mizpa geschehen: Der Herr ist da. Und doch war es schon ein paar Jahre später vergessen. Die Menschen kamen zu Samuel und sagten: „Jetzt wollen wir einen König haben. Mit Gott weiß man nie, wo man dran ist. Aber einen König, der könnte uns führen, auch in der Philisternot retten.“
Die Geschichte von Mizpa und die Herausforderung des Vertrauens
Der vergessene Denkstein – was Gott tun kann.
In der Gegend von Mizpa wird uns in der Bibel mehrfach berichtet, dass Judas Makkabäus kurz vor dem Kommen Jesu, also bis zur Makkabäerzeit, dort gesagt hat: „Jetzt wollen wir, wie in vergangenen Zeiten, noch einmal ganz neu auf den Herrn trauen.“
Dabei hat jemand nicht vergessen, dass Gott einen berufen hat, an die Geschichte zu erinnern. Um das Jahr 900 v. Chr. war Israel erneut in große Not geraten. Das Volk war geteilt in Nordreich und Südreich – schlimmer als die Teilung in Westdeutschland und DDR, die mehr als vierzig Jahre andauerte. Das Volk Gottes war zerrissen.
Es wird erzählt von König Asa, der Mizpa zur Grenzfestung gegen die Nordmänner ausgebaut hat. Er war ein kluger König und wollte innerlich ein ganz rechter Mann sein. Der Geist Gottes erfüllte Asarja, den Sohn Odez, der zum König sagte: „Vertraut doch dem Herrn! Wenn ihr dem Herrn vertraut, seid ihr nicht verlassen. Verlasst euch nicht auf euren starken Arm, auf eure Macht, auf eure Siege oder auf euer Können. Verlasst euch auf den Herrn!“
König Asa hörte diese Worte und führte eine kleine Reformation durch. Er schaffte die Götzenbilder ab und sagte zu seiner Mutter Maacha, die eine Götzenanbeterin war: „Du hast jetzt nichts mehr zu sagen.“
Dann kam eine dunkle Stunde: Israel geriet erneut in Bedrängnis. König Asa sagte: „Hilf, was helfen mag! Jetzt brauche ich einen starken Bundespartner.“ Das konnte nur der König von Aram, von Damaskus, sein. Auch wenn er dafür den Tempel plündern und alles Gold und Silber daraus nehmen musste, um die Freundschaft des Aramäerkönigs zu erkaufen.
Das gelang ihm, Mizpa wurde zurückerobert, die Feinde geschlagen. Doch Gottes Geist erfüllte Hanani, der dem König entgegentrat und sagte: „Hast du alles vergessen, was der Herr tun kann? Du hast dich auf die Macht des Königs von Aram, von Damaskus, verlassen und nicht auf den lebendigen Gott.“
Daraufhin ließ man Hanani ins Gefängnis werfen. Die Augen Gottes aber schauen alle Länder und stärken die, die mit ganzem Herzen bei ihm sind.
Gottes Blick auf die Welt und die Suche nach treuen Menschen
Du bist nicht Heeresmacht, König, Bündnisse oder Klugheit. Die Augen des Herrn schauen auf alle Länder. Viele Menschen haben damals sicher gesagt: „Lieber Gott, siehst du denn nicht die Not? Die Feinde kommen und bedrohen Jerusalem.“ Manche sagen: „Bei uns geht es ja zu wie in Sodom und Gomorra.“ Doch was geht schlimmer zu als in Sodom und Gomorra?
In der Bibel heißt es, dass der Herr auf Sodom und Gomorra schaute. „Lieber Gott, siehst du nicht mehr, wie es in unserer Welt zugeht? Lässt dich das kalt?“ In der Bibel steht auch, wie beim Turmbau zu Babel die Menschen sagten: „Jetzt wollen wir uns einen Namen machen.“ Der Herr schaute auf diesen Turm und das Bauwerk. „Lieber Gott, ist es dir egal, dass sich die Menschen benehmen wie Götter?“
Oh doch, Gott sieht es! Aber Gottes ganzes Interesse gilt der Frage, ob in einer gottverlassenen Welt noch ein paar Menschen sind, die ihm vertrauen. Darauf richten sich die Augen Gottes. Wenn man sieht, wie es in unserer Welt zugeht, müsste man erschrecken. Einige hochgestellte Manager haben einmal gesagt: „In unserer Welt ist doch der Teufel los.“ Das waren reine Techniker.
Verstehen sie es selbst? „Lieber Gott, hast du diese Welt losgelassen?“ Nein! Meine Augen schauen darauf, ob es nicht noch ein paar Menschen gibt, die von ganzem Herzen an mir sind, die Hinweise auf mich geben. Das ist wichtiger als jeder Gedenkstein. Gott erweckt in Bernhausen, Ruid, Kämnert und Bonland Menschen zu lebendigen Denksteinen, zu lebendigen Hinweisen: Gott lebt, und beim Herrn findet man Hilfe.
Können die Menschen das heute sagen? Sie sollen doch in die Welt hineinschauen.
Die Sehnsucht nach übernatürlicher Rettung und die Kraft des Heiligen Geistes
Ich habe in den letzten Jahren viel mehr Zeit gehabt, auch moderne Literatur zu lesen. Dabei hat mich besonders beeindruckt, was einer der modernsten und meistgelesenen Schriftsteller unserer Zeit, ein Amerikaner, sagt: Ohne eine übernatürliche Rettungsaktion ist unsere irdische Existenz hoffnungslos.
Wir sagen: Ja, ob die Berichte von der Jungfrauengeburt wirklich stimmen, weiß ich nicht, und ob das Grab tatsächlich leer war, weiß ich auch nicht. Dieser Schriftsteller, der selbst kein Christ ist, meint, dass in vielen Kirchen Amerikas – in schönen Kirchengebäuden – dem menschlichen Bedürfnis nach Religiosität nachgekommen werden soll. Dabei werden möglichst wenige Anforderungen an die menschliche Vernunft gestellt, damit nichts Anstößiges gesagt wird.
Er sagt diesen Satz: Wir hungern doch nach einer übernatürlichen Rettung, die man nicht vollständig erklären kann. Eine Rettung, bei der man weiß, dass Gott eingreift. Die Augen des Herrn schauen alle Lande ab, ob es noch Menschen gibt, die sich nicht davon abbringen lassen. Menschen, die nicht nur schaumgebremst sagen: „Man kann dem modernen Menschen damit doch nicht mehr kommen.“ Sondern Menschen, die die Not des Menschen sehen, wie er nach Erlösung schreit.
Erlösung von seiner elementaren Angst, Erlösung von seiner Schwachheit, Erlösung, wenn er merkt: Je älter ich werde, desto schuldiger fühle ich mich. Ich kann doch nicht mehr ausbügeln, was in meinem Leben falsch war. Erlösung vom Tod, Erlösung von Krankheit, Erlösung von meiner Gehässigkeit, von meinen Ecken und Macken – wo sind sie? Die Augen des Herrn schauen alle Lande.
Sie schauen auf die Menschen, die sagen: „Du, ich kenne das. Ich wollte auch besser sein, ich habe mich bemüht. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen finde ich nicht.“ Ich weiß, was Elend ist, aber Gott sei Dank gibt es Jesus, den Erlöser. Nicht nur solche, die mit Bibelsprüchen um sich werfen, sondern die glaubhaft bezeugen: „Du, ich brauche den Erlöser, bei dem es auch andere Menschen abnehmen können.“
Diesen Erlöser gibt es. Ich habe es erlebt, und du kannst es auch erfahren. Sind wir solche Leute, die von ganzem Herzen an Gott sind? Es klingt so, als wären wir hundertprozentig erfüllt von der Gegenwart Gottes. Nein, Sie müssen es anders verstehen: Von ganzem Herzen sich an Gott anklammern bedeutet, zu sagen: Ich habe gar nichts.
Wenn die Leute von mir abgestoßen sind, ist das normal. Aber du musst etwas tun.
Erweckungsbewegungen und die Kraft kleiner Gruppen
Eines der großen Erweckungsgebiete, wenn nicht eines der wenigen auf unserer Erde, ist Ostafrika. Seit etwa 1936 hat sich dort eine große Bewegung in den Kirchen von Ruanda, Burundi, Tansania und Kenia entwickelt.
Alles begann mit William Nagenda, einem Afrikaner, und einem enttäuschten Missionar, Doktor Church. Sie hatten erkannt: Wir schaffen es nicht, wir können andere nicht überzeugen. Die Menschen sind in ihren Stammesreligionen gefangen, und wir sind ohnmächtige Leute. Doch sie sagten: Herr, du kannst es.
Daraufhin begannen sie zu verkündigen: Wir sind nichts Besonderes, schaut nicht auf uns, sondern auf ihn. Den brauchen wir, und vielleicht braucht ihr ihn auch.
William Nagenda erzählte, wie einige dänische Missionare kamen. Heute würde man sagen, es waren eher Pfingstler, charismatische Christen. Sie sagten: Wir haben noch etwas Schönes – wir haben den Heiligen Geist.
William Nagenda fragte, was der Heilige Geist ihnen gebracht habe. Die Antwort lautete: Begeisterung, Feuer, Liebe. Er fragte weiter: Hat euch der Heilige Geist auch deutlicher gezeigt, wie tief die Sünde in euch steckt?
Der Heilige Geist zeigt uns, wie ohnmächtig wir sind. „Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute kann ich gar nicht.“ Der Heilige Geist öffnet unsere Augen: Jesus lebt und erlöst mich.
Das ist eine gewiss wahre und kostbare Botschaft: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um gescheiterte Menschen zu retten und sie aus ihrer Ohnmacht zu erlösen.
Diese Rettung gilt besonders denen, die mit ganzem Herzen auf Gottes Eingreifen warten. Solche Menschen sind meist kleine Leute.
Erweckung im Remstal und die Kraft des Gebets
Ich durfte ja entscheidende Jahre meines Lebens im Remstal verbringen. Dort war nach den Hungerjahren 1817 und 1818 die Hungersnot so furchtbar, wie wir es uns heute gar nicht mehr vorstellen können. In Weinbaugebieten herrscht immer dann Hunger, wenn die Ernten ausbleiben. Das ist besonders schlimm, weil die Menschen dort oft nur ein paar Eckerler Land besitzen.
Die Gottlosigkeit, der Diebstahl, das Fluchen und die Unehrlichkeit nahmen zu. Die Kirchen wurden leer. Dann heißt es plötzlich in den Berichten der Spezialsuperintendenten, die heute Dekane genannt werden: Es ist eine neue Hoffnung ins Tal gekommen. Einige Menschen richten Suppenküchen für die Ärmsten der Armen ein. In Winterbach wurde ein Asyl für alte, pflegebedürftige Menschen eröffnet – heute würde man es Altenpflegeheim nennen.
Männer sind bereit, bürgerliche Verantwortung zu übernehmen. Doch viele sagen: „Ich mache nicht mit.“ Woher kommt die Hoffnung? Sie entspringt den kleinen Gruppen und Kreisen, die sich um Bibel und Gebet versammeln. Heute würden sie auch als Hauskreise bezeichnet. So ist das Remstal anders geworden.
Unser ehemaliger Bundeskanzler Kiesinger hielt einen umfangreichen Vortrag darüber, dass Württemberg durch den Pietismus bis hin zur Industrialisierung anders wurde. Wenn ein paar Menschen mit ganzem Herzen an Gott sind, verändert das die Gesellschaft. Aber das waren arme Leute. Hätte man ihnen gesagt: „Ihr seid tolle Leute, ihr seid Pioniere“, hätten sie geantwortet: „Wir? Wir sind die Ärmsten der Armen. Was können wir schon? Wir können doch nicht einmal unsere eigene Familie verändern.“
Doch wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass diejenigen, die von ganzem Herzen an Gott glauben, oft zerschlagene Menschen sind. Sie sind meist kleine Leute.
Erleben von Schwäche und Gottes Nähe
Bei der Jugendevangelisation im Februar 1947 habe ich in der Stuttgarter Markuskirche erlebt, wie Wilhelm Busch, der Evangelist und Jugendpfarrer aus Essen, wie ein Häuflein Elend auf der Kanzeltreppe der Markuskirche saß.
Er hat später gesagt, es war, als wäre die ganze Hölle losgelassen worden. Er war angefochten und konnte kaum reden. Da hat ihm ein Pfarrer einen Zettel zugesteckt. Er hoffte, darauf stünde ein Trostwort. Doch es stand nur: „Bitte die Opferankündigung nachher nicht vergessen.“
In seiner Zerschlagenheit und Angst, ob er das Wort Gottes richtig ausrichten könne, sagte sich Wilhelm Busch: „Den geht es nur ums Opfer, mir geht es darum, dass Menschen Jesus finden.“ So sprach er sich selbst das Wort zu, das ihm zugeteilt wurde: „Meine Seele soll sich rühmen des Herrn, dass es die Elenden hören und sich freuen, der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind.“
Die Augen des Herrn schauen, wo Menschen sind wie ein Häuflein Elend. Er dachte: „Ich habe zwar etwas vorbereitet, aber ich kann doch nicht, Herr Jesus, dich bezeugen.“ Der Herr ist nahe. Er sieht das Häuflein Elend, die zerschlagenen Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Er sieht die Älteren, die sagen: „Was ist aus meinem Leben geworden?“ Er sieht die Erschrockenen, die nach einer Trauerfeier sagen: „Ich wollte noch einiges zurechtbringen mit dem Verstorbenen, jetzt kann ich es nicht mehr.“
Dass es die Elenden hören und sich freuen, denn des Herrn Augen schauen alle Lande. Das werden dann die Hinweise, die lebendigen Steine, die Hinweise, dass Gott auch noch da ist – nicht nur für vollkommene Leute.
Der große indische Evangelist Sadhu Sundar Singh hat gesagt: „Mit uns Christenleuten ist es wie mit der Holzkohle.“ Vielleicht kennen Sie das vom Würstchenbraten. Ich sage immer zu meinen Kindern: „Legt bloß keinen Sack Holzkohle hinten in meinen schönen Kofferraum, sonst verstaubt alles.“ Staubiger Dreck, schwarz. Und wenn jemand nur Steinkohle kennt, sagt er: „Das soll Kohle sein? Das leichte Ding? Das ist doch verrottetes Holz.“
Sadhu Sundar Singh hat gesagt: „So sind wir Christen leicht. Man ist immer schon schmutzig, schwarz. Aber wenn die Holzkohle mit dem Feuer in Verbindung gebracht wird, verändert sie plötzlich ihre Farbe, wird rot glühend und strahlt Wärme und Energie aus.“
Des Herrn Augen schauen alle Lande, damit er uns Holzkohlenleute stärkt, damit bei uns etwas geschieht, lebendig wird. Dass wir unserem Herrn etwas zutrauen und andere dazu mitnehmen.
Einladung zur persönlichen Zuversicht und Glaubensentscheidung
Liebe Brüder und Schwestern,
was für ein Geschenk wäre es, wenn wir diesen Impuls aus Gottes Wort bekämen: Der Herr hilft, nicht nur dem toten Stein, sondern auch mir, der ich oft wie ein toter Stein bin. An meinem Leben wird das deutlich.
Wenn Sie einmal denken: Wo ist Gott? Wenn Sie zweifeln, nehmen Sie ein Stück Papier und schreiben Sie darauf, was Gott schon gnädig in Ihrem Leben getan hat. Sie werden schnell einen zweiten und dritten Bogen brauchen. Denn wir vergessen so schnell: „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
In jedem Menschenleben, so heißt es im Buch Hiob, geschieht dies, dass ein Mensch vom Tode errettet und zum Leben gebracht wird. Jeder von uns könnte Geschichten erzählen, wo es beinahe einen Unfall gab oder wo wir schwer krank waren. Gott greift in unser Leben ein. Die kleine und große Führung hat schon längst bei uns gewirkt. Doch wichtig ist, dass wir von ganzem Herzen an ihm sind und nicht wie der König Asa sagen: „Na ja, ich glaube schon an Gott, aber im Notfall brauche ich dann den König von Aram.“
Ich traue meinem lebendigen Gott Großes zu.
Ludwig Hofacker, der Erweckungsprediger unseres Landes, lag im Sterben – der ganze Körper eine Ruine, ein Wrack. Da kam sein Freund Wilhelm Roos und wollte ihn trösten: „Es geht zum kristallnen Meer der Seligkeiten.“ Das war offenbar früher ein Lied im Gesangbuch.
Doch Hofacker sagte: „Das ist nichts für mich, das ist zu flott für mich. Ich habe tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“ Der Erweckungsprediger wurde plötzlich klar, dass er noch arm war. Was hatte er schon in seinem Leben geschafft? Wahrscheinlich hatte er mehr Leute vor den Kopf gestoßen, als ihnen geholfen.
Wilhelm Roos ging erschüttert weg, wie wir manchmal von Krankenbetten weggehen, wenn wir nicht trösten können. Nach einer Woche kam er ängstlich zurück und war bei Hofacker getröstet, fast fröhlich.
„Ja, wie ist denn der Umschwung gekommen?“ fragte Roos.
Hofacker antwortete: „Ich habe mir klargemacht, wie lange der Heiland Jesus schon seine Arme nach mir ausstreckt, dass er aus mir etwas macht. Und ich nehme mich selbst in meiner Unwürdigkeit und in meinem Kleinglauben so ernst, dass ich sage: Ich bin es nicht wert, nein, das kann nicht sein. Jetzt habe ich mich einfach entschlossen, es gelten zu lassen, dass ich ewig diesem großen Jesus gehöre.“
Das wäre ein Ebenezer: „Bis hierhin hat er geholfen.“
Wenn Sie heute Abend sagen würden: Herr Jesus, jetzt hast du so lange auf mich gewartet, dass ich mit ganzem Herzen zu dir gehöre, jetzt will ich es einfach gelten lassen, dass du deine liebenden Arme zu mir ausgestreckt hast, dass du in meinem Leben schon so oft gewirkt hast und ich will es gelten lassen, dass ich dir gehöre.
Wir wollen beten: Herr Jesus, dazu hilf uns, dass wir es gelten lassen, dass du ewig ein Erbarmer bist, die Fülle der Gnade. Du bist der, der mit seiner ganzen Kraft, unausschöpfbaren und unverständlichen Macht unser Leben reinigen, heiligen und neu machen kann. Du kannst uns mit neuer Zuversicht erfüllen, so dass etwas von uns ausstrahlt, von uns staubigen Schwestern und Brüdern, dass eine neue Energie hineinkommt.
Herr, was wäre das, wenn wir solche lebendigen Steine wären, die hier im Lebensraum der Welt darauf hinweisen könnten: Der Herr hilft, der Herr hört, Herr, du bist nahe.
Amen.