Eindrückliche Begegnungen im Leben
Ja, im Leben gibt es manchmal eindrückliche und nachhaltige Begegnungen, die sich tief einprägen. Man hört oft, dass manche Menschen, wenn sie einem Prominenten begegnet sind und ihm die Hand schütteln durften, sich sogar einige Wochen lang die Hände nicht gewaschen haben – um irgendwie das Gefühl festzuhalten. Das war natürlich vor Corona.
Ich dachte dabei an Pele oder andere Persönlichkeiten, die in den letzten Tagen durch die Zeitung gingen. Heute möchte ich mit euch eine vielleicht der eindrücklichsten Begegnungen betrachten, die ein Mensch in der Geschichte hatte.
Simon hat es schon angesprochen, es ist sozusagen die Einleitung zu einem Überblick über den Propheten Jesaja. Ich muss sagen, dass wir diesen Überblick bis zu den Sommerferien machen wollen. Mit heute werden es maximal dreizehn Predigten sein. Vielleicht sage ich auch sonntags noch etwas dazu, aber ungefähr dreizehn Predigten.
Wer ungefähr weiß, wie viele Kapitel Jesaja hat, kann sich ausrechnen, wie viele Kapitel wir pro Vortrag behandeln müssen. Das bedeutet, wir werden über Jesaja „fliegen“ und ab und zu „zwischenlanden“.
Heute möchte ich mit euch, wie gesagt, über diese eindrückliche Begegnung sprechen, die Jesaja hatte. Er beschreibt sie nicht ganz am Anfang seines Buches, sondern erst in dem, was bei uns Kapitel 6 ist. Zuvor fasst er in den ersten fünf Kapiteln bereits unter der Führung des Geistes seine wesentliche Botschaft zusammen, die das Buch prägt.
Dann aber kehrt er zurück zu seiner Berufung als Prophet – zu seiner ersten Begegnung mit Gott, Auge in Auge. Diese Begegnung hat seinen Dienst geprägt und seine Sicht von Gott mehr als alles andere beeinflusst.
Ich dachte, das ist eine passende Einleitung zu diesem Buch, wenn wir uns am Anfang diese Begegnung dieses großen Propheten mit dem lebendigen Gott anschauen. Es ist das, was ihn dazu gebracht hat, Prophet zu werden und letztlich dieses Buch zu schreiben.
Manche von euch kennen diese Predigt schon; für sie ist es wahrscheinlich eine gute Wiederholung. Für andere ist sie neu.
Die Situation Israels und die Aufgabe Jesajas
Warum kehrt Jesaja in Kapitel 6 auf diese Begegnung mit Gott zurück? Warum gerade an dieser Stelle?
Die Situation, die Jesaja in seinem Buch darstellen muss, ist folgende: Dieses Volk war eigentlich das Volk Gottes. Es hätte als solches leben sollen. Es war das Volk, das den Schöpfer von Himmel und Erde wirklich kannte. Doch die Realität sah anders aus. Seit Generationen hatte sich dieses Volk immer weiter von Gott entfernt.
Dies war ein zentrales Thema in der Geschichte Israels. Das Volk entfernte sich von Gott, erlebte immer wieder Erweckungen und kehrte ganz oder teilweise zu Gott zurück. Doch nach solchen Zeiten ging es erneut bergab. Über die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte hatte diese Abkehr deutlich zugenommen.
Jesajas Aufgabe war es, dieses Volk auf das Gericht Gottes vorzubereiten – auf das größte Gericht, das sie bis dahin erlebt hatten. Er musste sie zunächst auf eine syrische Invasion vorbereiten und später auch auf die Invasion und Deportation durch die Babylonier, die drei bis vier Generationen später folgen sollten.
Man kann sich vorstellen, dass Jesajas Aufgabe alles andere als leicht war. Am Ende der ersten fünf Kapitel seines Buches, die dem großen sechsten Kapitel vorangestellt sind, beschreibt er die Invasion durch die Assyrer.
Die Assyrer hatten das Nordreich Israel vernichtet. Israel war damals in zwei Teile geteilt, ähnlich wie es einst Ost- und Westdeutschland gab. Allerdings handelte es sich nicht um Osten und Westen, sondern um Norden und Süden. Die Assyrer zerstörten das Nordreich, das sogenannte Nordisrael.
Doch sie besetzten auch das Südreich Juda mit seiner Hauptstadt Jerusalem. Dort lebte Jesaja und wirkte als Prophet Gottes. Viele sind sich nicht bewusst, dass zur Zeit Jesajas bereits viele Menschen aus dem Südreich durch die Assyrer deportiert wurden, auch wenn Jerusalem selbst letztlich nicht erobert wurde.
Assyrien war zur Zeit Jesajas die militärische Großmacht, eine Supermacht, der niemand etwas entgegenzusetzen hatte. Das syrische Reich erstreckte sich nördlich von Israel, vom Osten der heutigen Türkei bis zum Persischen Golf.
Dieses Reich war wirtschaftlich fast gezwungen, jedes Jahr militärische Spezialoperationen durchzuführen – wie man es damals wohl nannte –, um neue Tribute zu erlangen und neue Gebiete zu erobern.
Alle kleinen Reiche in der Region östlich des Mittelmeers warteten darauf, wann sie als Nächstes erobert und tributpflichtig gemacht würden. Das war die politische und militärische Lage zur Zeit Jesajas.
Jesajas poetische Beschreibung der Assyrer
Jesaja beschreibt am Ende von Kapitel 5, wie das Heer der Assyrer aussieht. Er tut dies in seinen poetischen Worten. Fast niemand im Alten Testament verwendet eine so bildhafte und poetische Sprache wie Jesaja.
Ich lese einige Verse ab Jesaja 5,26 vor: „Ihr Gott wird eine Nation herbeipfeifen vom Ende der Erde, und siehe, eilend, schnell wird sie kommen. Bei ihr ist kein Müder und kein Strauchelnder, keiner schlummert oder schläft. Auch ist der Gürtel ihrer Lenden nicht gelöst, noch der Riemen ihrer Schuhe zerrissen. Ihre Pfeile sind geschärft und alle ihre Bogen gespannt. Die Hufe ihrer Pferde sind wie Kiesel zu achten, und ihre Räder gleichen dem Wirbelwind. Ihr Gebrüll ist wie das einer Löwin. Sie brüllt wie die jungen Löwen.“
Ein Stück weiter, in Vers 30, heißt es: „Und man blickt zu diesem Land, und siehe, Finsternis und Drangsal, und das Licht wird verfinstert durch ihr Gewölk.“
Jesaja beschreibt hier ein Heer, das so viel Staub aufwirbelt, dass man die Sonne nicht mehr sehen kann. Das ist die Sprache Jesajas, wenn er das Eroberungsheer der Assyrer darstellt.
Ich glaube, dies ist ein Grund dafür, dass Jesaja in Kapitel 6 einen Einschnitt macht. Er blickt zurück und beschreibt, wie es war, als er Gott auf seinem Thron gesehen hat. Angesichts der unglaublichen und unwiderstehlichen Macht dieses Heeres muss er einfach sagen, wer wirklich auf dem Thron sitzt.
Die Vision Gottes auf dem Thron
Wer wirklich regiert, ist nicht etwa das assyrische Heer, trotz seiner militärischen Macht. Deshalb beginnt Jesaja Kapitel 6 mit den Worten aus Vers 1: „Im Todesjahr des Königs Usia sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenem Thron, und seine Schleppen füllten den Tempel.“ Am Ende von Vers 3 heißt es: „Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.“
Dieses Heer wirbelt so viel Staub auf, dass man die Sonne nicht sieht. Doch in Wirklichkeit ist die ganze Erde voll seiner Herrlichkeit. Es erbebten die Türrahmen von der Stimme der Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt.
Interessant ist, dass Jesaja in diesem ersten Vers des Kapitels genau angibt, wann das war. Es war im Todesjahr des Königs Usia. Er war der erste König, den Jesaja erlebt hat. Im Todesjahr dieses Königs wurde Jesaja zum Propheten Gottes berufen. Warum erwähnt er das so genau?
Usia war der König, der am längsten in Juda regiert hat. Er herrschte 52 Jahre. Viele von euch sind nicht einmal so alt. Die meisten in Israel kannten keinen anderen König. Das ist vergleichbar mit England: Bis vor kurzem kannte kaum ein lebender Engländer eine andere Monarchin als Elizabeth II.
Usia brachte eine Zeit relativen Friedens und Wohlstands nach Juda. Er hielt Kriege von den Grenzen Judas fern. Es gab ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Er war zwar kein Friedenskönig wie Salomo, der keine Kriege führen musste, doch die Kriege fanden immer außerhalb der eigenen Grenzen statt. Im Land selbst herrschte ein Gefühl der Sicherheit.
Dieses Gefühl hielt über 52 Jahre an und auch unter seinem Nachfolger, seinem Sohn Jotam, noch weitere sechzehn Jahre. So gab es einen relativen Wohlstand im Land. Man hatte materielle Sicherheit, militärische Sicherheit und hatte sich daran gewöhnt.
Wenn ein solcher Regent stirbt, geht eine Ära zu Ende. Solche Umbrüche führen immer zu Verunsicherung – besonders dann, wenn der Regent wirklich der König ist und nicht nur eine Repräsentationsfigur wie in England. Das ist ein weiterer Grund, warum Jesaja dieses Kapitel schreibt.
Der König, den Jesaja 52 Jahre erlebt hat als den, der auf dem Thron sitzt, ist nicht mehr da. Wie wird es weitergehen? Doch Jesaja sagt durch dieses Kapitel: Wer sitzt wirklich auf dem Thron Israels? Wer ist der König? Stirbt dieser König? Nein, es ist ein König, der unveränderlich ist.
Das sind die zwei Anlässe, die zwei Punkte, von denen Jesaja in diesem Kapitel ausgeht: Erstens die furchteinflößende Militärmacht im Norden, die kommen wird – man weiß nicht wann. Und zum anderen der König, der wirklich auf dem Thron sitzt.
Der zweite Angelpunkt ist das Ende einer Ära: Der König stirbt nach so langer Zeit. Aber es ist einer, der auf dem Thron bleibt.
Jesaja macht noch eine Andeutung in Vers 1. Er sagt nicht nur, dass Gott auf dem Thron sitzt, sondern dass die Schleppen seines Umhangs den Tempel erfüllen. Das hat eine besondere Bedeutung, denn das war ein Knackpunkt in den letzten Jahren der Regierung Usias.
Usia war eigensinnig in den Tempel gegangen, trotz Warnungen der Priester. Er hatte selbst Opfer im Tempel dargebracht, was eigentlich nur den Priestern erlaubt war. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, König zu sein und alles zu dürfen, dass er dachte, er dürfe alles.
Sein Leben war dadurch ruiniert. Er wurde aussätzig und konnte die Regierungsgeschäfte nicht mehr selbst führen. Den Menschen seiner Zeit war sehr deutlich vor Augen, dass da ein heiliger Gott ist. Gott sitzt auf dem Thron, er ist heilig, und Gott erfüllt den Tempel.
Diesen Gott möchte Jesaja an dieser Stelle den Menschen zeigen, an dieser Stelle seines Buches. Von dieser Begegnung mit Gott will er schreiben. Diesen Gott wollen wir uns heute Morgen kurz anschauen.
Die Seraphim und die Heiligkeit Gottes
Der Thron Gottes! Seraphim standen über ihm. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel: Mit zweien bedeckte er sein Angesicht, mit zweien bedeckte er seine Füße, und mit zweien flog er.
Einer rief dem anderen zu und sprach: "Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Herrscharen! Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit."
Die Türrahmen erbebten von der Stimme der Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt.
Wer sind die Seraphim? Manchmal werden Engel in der Bibel Cherubim genannt. Hier verwendet Jesaja den Ausdruck Seraphim. Man kann überlegen, ob es sich um eine besondere Art von Engeln handelt. Wenn man verschiedene Bibelstellen betrachtet, in denen Engel beschrieben werden, hat man den Eindruck, dass es wahrscheinlich keine eigene Engelart ist. Vielmehr scheint Seraphim ein besonderer Name für Engel in einer besonderen Situation zu sein.
Seraphim bedeutet nichts anderes als „die Feurigen“ oder „die Brennenden“. Wahrscheinlich ist es einfach eine Bezeichnung für Engel, wenn sie unterwegs sind, um das feurige Gericht Gottes zu bringen. Sie sind Feuerflammen, ausgesandt von Gott, um seinen Zorn auszuführen und sein Gericht auf dieser Erde zu vollziehen.
Jesaja befindet sich in diesem Thronsaal und sieht die Engel entflammt – entflammt vom Zorn Gottes und von seinem Gericht. Gott hatte Gericht geplant, das Jesaja verkünden sollte. Er plante Gericht über sein Volk, weil vieles geschehen war, das ihn zornig machte. Es waren Dinge, die seine moralischen und ethischen Maßstäbe verletzten und seinen Anspruch, ihr einziger Gott zu sein, untergruben.
Gott war zornig. Er sandte Jesaja nicht nur mit einer Botschaft eines zukünftigen Erlösers und Messias, sondern auch mit einer Botschaft des Gerichts für seine Generation. Jesaja sah die Engel in Flammen. Das Gericht war zu dieser Zeit unabwendbar, unwiderstehlich und gerecht.
Deshalb rufen die Engel: „Die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit.“ Es gehört auch zu seiner Herrlichkeit, ein gerechtes, unwiderstehliches Gericht über sein Volk und letzten Endes über die ganze Erde zu bringen. Jesaja hat in seinen 66 Kapiteln viel über dieses Thema zu sagen.
Die Engel sahen bereits, wie Gottes Handeln begann – unwiderstehlich wie ein Tsunami. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass die Schwellen der himmlischen Türen von dem Ruf der Engel erbebten, wie von einem Erdbeben. Ein Erdbeben ist normalerweise das, was Häuser und Türschwellen zum Beben bringt.
Das Gericht Gottes ist unwiderstehlich und unlöschbar wie eine Feuersbrunst. Wahrscheinlich ist es auch kein Zufall, dass der Thronsaal im Himmel von Rauch erfüllt ist – von dem Rauch des Feuers, das Gott in seinem Land und auf dieser Erde anzündet.
Gott richtet sein Volk, und er wird diese Erde richten. Das ist es, was Jesaja erlebt hat, was er gesehen hat und was ihn beeindruckte, als er vor dem Thron Gottes war.
Es ist ein Gericht, das gerade anfängt, und das alles erfassen, erschüttern und verbrennen wird.
Die Ehrfurcht der Engel und Jesajas Reaktion
Jesaja ist ein sehr guter Beobachter. Er beobachtet diese Engel und registriert sehr genau, dass sogar diese mächtigen Wesen, entflammend vom Zorn Gottes, einen unglaublichen Respekt vor Gott selbst und seiner Heiligkeit haben.
Er beschreibt diese Engel, diese flammenden Gestalten, als solche, die fliegen und sechs Flügel besitzen. Zwei davon benutzen sie zum Fliegen, mit zwei bedecken sie ihr Angesicht, und mit zwei bedecken sie ihre Füße. Es ist, als wollten sie ausdrücken: Wir sind auf der Erde unterwegs mit dem Gericht Gottes. Möglicherweise haben wir die Erde an der einen oder anderen Stelle mit unseren Füßen berührt. Es wäre jedoch nicht passend, mit diesen Füßen den Boden des Thronsaals Gottes zu berühren.
Ja, es ist nicht einmal passend, dass unsere Füße, die vielleicht irgendwie beschmutzt sind, gesehen werden. Selbst beim Fliegen bedecken sie ihre Füße mit zwei Flügeln. Es ist nicht passend, selbst für uns, diesem heiligen Gott in die Augen zu schauen, mit all dem, was diese Augen gesehen haben. Deshalb benutzen sie zwei ihrer Flügel, um ihr Angesicht zu bedecken. Sie rufen einander zu und erinnern sich ständig daran: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Herrschaft!
Jesaja registriert sehr genau, wie diese Engel von Gott denken und wie sie sich in der Gegenwart Gottes verhalten. Wie reagiert er? Was macht diese Beobachtung mit ihm?
In Vers fünf schreibt Jesaja später auf: „Und ich sprach: Wehe mir, denn ich bin vernichtet, denn ich bin ein Mann von unreinen Lippen, und inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen wohne ich, denn meine Augen haben den König, ja, den Herrn Schan, gesehen.“
Wie reagiert Jesaja auf das, was er sieht? Wie reagiert er auf diese Engel, die es nicht wagen, Gott anzuschauen, die es nicht wagen, mit ihren Füßen den Boden des Thronsaals zu betreten, die entflammt sind? Er sagt: Wie soll ich überleben? Ich habe diesen Gott gesehen, wie soll ich überleben?
Jesaja gehörte zu einem kleinen Teil in Israel, in Juda, dem Südreich Israels, dem Gott noch treu war. Vielleicht hat er sich bisher hauptsächlich mit der Mehrheit des Volkes verglichen. Er gehörte zu dieser kleinen Minderheit, die sich zu Gott gestellt hatten, die versucht hatten, sich zu heiligen, die versucht hatten, sich nicht von allem mitziehen zu lassen, wie dieses Volk insgesamt drauf war, was sie getan haben und wie sie gedacht haben.
In diesem Augenblick wurde ihm deutlich, dass er viel mehr von seiner Umgebung beeinflusst war, als er bisher gedacht hatte – in dem, was er sagte und was er dachte. Er sagt: „Wehe mir, ich bin ein Mann mit unreinen Lippen, und inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen wohne ich.“
Wie die Gesellschaft funktioniert, was selbstverständlich ist in seiner Gesellschaft, wurde ihm plötzlich klar, dass das viel mehr auf ihn abgefärbt hatte, als es hätte sein dürfen, um vor diesem lebendigen Gott zu stehen.
In Kapitel 5, also im vorigen Kapitel, hat er diese Gesellschaft beschrieben. Vers 20: „Wehe denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse.“ Er sagt, seine Gesellschaft habe Maßstäbe vertreten, die Dinge böse nennen, die eigentlich gut sind, und Dinge gut nennen, die eigentlich böse sind. Die Finsternis wird zu Licht gemacht und Licht zu Finsternis, Bitteres zu Süßem und Süßes zu Bitterem.
Die Maßstäbe dieser Gesellschaft waren so weit davon entfernt, wie Gott ist, wie Gott Dinge sieht und wie Gott denkt.
Wie viele haben damals Leute mit Unternehmergeist bewundert, die sich eine Existenz aufgebaut haben, die Karriere gemacht haben in ihrer Firma oder in ihrem Beruf? Kennt man diese stille Bewunderung von Menschen, die es zu etwas gebracht haben, die sich irgendwo durchgesetzt haben und zum gewissen Wohlstand gekommen sind?
Ich habe jemanden in der Familie. Wie oft wurde damals verdrängt, dass das ganz oft auf Kosten von jemand anderem passiert ist. Wie viele von denen, die man heimlich oder offen bewundert, sind dort, wo sie sind, weil sie mit mehr oder weniger Gewalt andere zur Seite geschoben haben, um selbst nach vorne zu kommen.
Ja, manchmal wird Gutes böse genannt und Böses gut.
Oder man genoss den kleinen Luxus, den man sich leisten konnte, und erzählte begeistert vom letzten Urlaub bei Eilat am Roten Meer, das sehr gut von Jerusalem aus zu erreichen ist. Dabei hatte man völlig verdrängt, dass unter den Zuhörern welche waren, die sich diesen Urlaub nie hätten leisten können und für die es ein Stich ins Herz war, diese PowerPoint-Präsentation mit diesen wunderbaren Bildern zu sehen.
Oder die netten Frauen, gläubige jüdische Frauen aus Jerusalem, die sich den neuesten Film aus – ich weiß nicht, wie das Äquivalent von Hollywood damals hieß, Hebron Mountain Pictures oder For Ron Valley Pictures, keine Ahnung – angeschaut haben. War es nun so dramatisch und so romantisch? Nach all diesen Intrigen und Hindernissen finden die Hauptpersonen zueinander und feiern ihre Vereinigung mit einer Liebesnacht, die im Bett endet. Dabei verdrängen sie völlig, dass Gott das Hurerei nennt.
Ihm wird plötzlich bewusst, wie selbst für ihn, einen frommen Mann, wie viel stärker er von dieser Gesellschaft geprägt war – von dem, was in dieser Gesellschaft üblich, normal und selbstverständlich war. Wie viel stärker war er in seinem Reden und Denken davon beeinflusst, als er sich das bisher klargemacht hatte.
Es wurde ihm klar, als er in der Gegenwart Gottes war, dass er sich zwar in vielen Punkten sehr bewusst von seiner Umgebung abgegrenzt hatte, aber bei weitem nicht überall. Plötzlich hatte er existenzielle Angst, dass er sterben müsse in dieser Gegenwart Gottes.
Reinigung und Sendung Jesajas
Fest sieben
Und einer der Seraphim flog zu mir. In seiner Hand hielt er eine glühende Kohle, die er mit der Zange vom Altar genommen hatte. Er berührte damit meinen Mund. Das stelle ich mir unangenehm vor. Dann sprach er: „Siehe, dies hat deine Lippen berührt.“
Jesaja hatte vor allem irgendwie erkannt, was er mit seinem Mund gesagt hatte. Sein Reden war natürlich geprägt von seinem Denken und seinem Empfinden. Jetzt aber berührte symbolisch dieser Engel mit einer glühenden Kohle vom Altar seine Lippen. Dabei sagte er zwei Dinge: „Deine Ungerechtigkeit ist gewichen, und deine Sünde ist gesühnt.“
Ich glaube, das ist nicht nur die typische hebräische Parallelität, bei der man zweimal dasselbe ausdrückt, um es zu betonen. Vielmehr sind es wirklich zwei verschiedene Aspekte, die der Engel hier Jesaja einprägen möchte.
Jesaja wird sehr direkt mit dem Gerichtsfeuer Gottes konfrontiert. Das Erste, was der Engel sagt, ist: „Deine Sünden sind gesühnt.“ Das bedeutet, dass die Sünde für die Vergangenheit bezahlt ist. Jesaja verstand zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht, warum seine Sünden auf diesem Altar gesühnt sind. Aber er wird es einige Kapitel später schreiben: 1. Jesaja 53, „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“ Jemand anderes hatte sein Blut vergossen und an diesen Altar gesprengt, und deshalb konnte diese glühende Kohle vom Altar Jesajas Sünde wegnehmen.
Doch das war nicht der einzige Aspekt. Vorher hatte der Engel zu Jesaja gesagt, und Jesaja hat es aufgeschrieben: „Deine Ungerechtigkeit ist gewichen.“ Ich glaube, hier geht es nicht nur darum, dass die Sünde bezahlt ist, sondern auch um Veränderung. Der Engel möchte Jesaja sagen: Dadurch, dass du mit Gott konfrontiert wurdest, dadurch, dass du mit seiner Heiligkeit in Berührung gekommen bist, wird dich diese Begegnung verändern – für dein ganzes Leben.
Diese Begegnung wird sich dir einbrennen, so wie die Kohle auf deinen Lippen brennt. Du wirst nie mehr der Gleiche sein, wenn du aus diesem Thronsaal gehst. Die Heiligkeit Gottes wird sich in dein Denken und Reden einprägen. Seine Maßstäbe werden sich durch diese Begegnung verändern, dein Reden wird sich verändern – viel mehr als vorher.
Diese Begegnung mit Gott prägt dich, und du wirst nicht mehr von der Gesellschaft geprägt sein, in der du lebst. „Deine Ungerechtigkeit ist gewichen.“ Nun kannst du ein Bote Gottes sein, ein Bote dieses heiligen Gottes, jemand, der eine persönliche, unmittelbare Begegnung mit Gott gehabt hat.
Vielleicht brauchen wir öfter eine unmittelbare Begegnung mit Gott, selbst wenn wir keine Vision haben wie Jesaja. Vielleicht müssen wir Gott manchmal in unserem Herzen begegnen, wenn wir sein Wort aufschlagen oder mit ihm reden. Manchmal müssen wir ihn als den heiligen Gott sehen, und diese Begegnung muss sich tief in uns einprägen, damit wir Boten Gottes sein können – Boten dieses heiligen Gottes.
Jesaja ist tief von Gott geprägt worden, und die Sünden der Vergangenheit hat jemand anderes getragen. Als Gott in dieser Situation einen Boten sucht, stellt sich Jesaja spontan zur Verfügung (Vers 8): „Und ich hörte die Stimme des Herrn, der sprach: ‚Wen soll ich senden, und wer wird für uns gehen?‘ Da sprach ich, schreibt Jesaja: ‚Hier bin ich, sende mich!‘“
Wow! Dann bekommt er einen Auftrag. Ich weiß nicht, ob er es fünf Minuten später schon bereut hat. Gott spricht: „Geh hin und sprich zu diesem Volk: ‚Hörend hört und versteht nicht, sehend seht und erkennt nicht. Mache das Herz dieses Volkes fett, mache seine Ohren schwer, verklebe seine Augen, damit es mit seinen Augen nicht sieht und mit seinen Ohren nicht hört und sein Herz nicht versteht und es sich nicht umkehrt und geheilt wird.‘“
Ich glaube, hier stecken zwei Bedeutungen in dem, was Gott zu Jesaja sagt. Erstens sagt er: Rede zu diesem Volk, rede immer wieder zu diesem Volk. Aber der Effekt wird sein, dass sie sich an deine Botschaft so sehr gewöhnen, dass sie sie immer weniger hören – weniger als beim ersten Mal. Deine Botschaft wird die Mauern des Widerstands und der Verdrängung nur dicker machen. Du wirst nicht durchkommen, und mit jeder Wiederholung wird es schwieriger.
Vielleicht hat der eine oder andere schon diese Beobachtung gemacht, dass das ein Effekt sein kann.
Der zweite Aspekt ist, dass Gott zu diesem Zeitpunkt auch nicht wollte, dass eine Erweckung passiert. Er hatte es zu oft erlebt, dass er es dem Volk schwer gemacht hatte, umzukehren, und sobald es ihnen ein bisschen besser ging, war alles vergessen. Diesmal hatte Gott den ganz großen Einschnitt schon geplant – den Einschnitt, von dem ich am Anfang gesprochen habe: die Deportation.
Sie würden alles verlieren, alles würde zerstört, sie würden deportiert werden. Er wollte einen tieferen Einschnitt, keine oberflächliche Erweckung, die nur ein paar Jahre andauert.
Beides spielte zu dieser Zeit eine Rolle. Jesaja musste sich darüber klar werden: Die Deportation nach Babylon war schon geplant. Man konnte sie vielleicht verschieben, aber nicht mehr abwenden. Er würde einige wenige erreichen, aber nicht die große Masse.
Und er stellte sich Gott zur Verfügung für diesen frustrierenden Job: das Wort Gottes zu predigen, mit dem Wissen, dass es so gut wie nichts bewirken wird.
Jesaja fragt Gott (Vers 11): „Wie lange, Herr, wie lange muss ich predigen, ohne dass es etwas bewirkt?“ Die Antwort ist auch nicht ermutigend. Gott spricht: „Bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner und die Häuser ohne Menschen, und das Land öde und verwüstet ist, und der Herr die Menschen weit entfernt hat, und die Verlassenheit inmitten des Landes groß ist. Und wenn noch ein Zehntel darin ist, werde ich es wieder vertilgen.“
Er sagt Jesaja, sie werden gar nicht auf dich hören. Es gibt keinen Endpunkt, wie lange du predigen musst. Du wirst predigen, bis das Land leer ist, bis die Städte Trümmerhaufen sind. Ich mache dir keine Hoffnung, dass du nur lang genug predigen musst, und irgendwann gibt es den Durchbruch.
Wow, das ist entmutigend.
Aber Gott hat noch einen Nachsatz (Vers 13): „Wie die Terrebinte und wie die Eiche, von denen, wenn sie fällt, ein Wurzelstock bleibt.“
Das ist ein Bild von einem Baum, der umgehauen wird, aber ein Wurzelstock bleibt im Boden. Das ist Jesaja. Eigentlich müsste es jetzt weitergehen: „Wie bei diesem Baum ist so wird es sein …“ Aber es kommt kein „so“. Jesaja lässt es offen, oder Gott ließ es offen, als er mit Jesaja sprach.
Er sagt, es wird ein Wurzelspross, eine Wurzel, ein Wurzelstock im Boden bleiben. Was ist das für ein Wurzelstock? Wie lange wird er im Boden bleiben? Was wird mit ihm passieren?
Gott beschließt diesen Satz mit der einfachen Aussage: „Ein heiliger Samen ist sein Wurzelstock.“
Die Bedeutung des Wurzelstocks
Irgendwie ist dieser Wurzelstock wie ein Samen, aus dem irgendwann wieder etwas Neues hervorgeht. Aber was genau ist dieser Wurzelstock? Ich glaube, es ist bewusst offen gelassen. Was meint Gott damit?
Wenn wir Jesaja studieren, finden wir drei Antworten.
Die erste Antwort lautet: Es gibt einige Treue rund um Jesaja. Es gibt einen Rest von Leuten, die Gott noch treu sind – in Israel, in Juda. Diese wenigen Menschen werden das Volk nicht retten können. Jesaja, du und die wenigen Leute, die bei dir sind, ihr werdet das Ruder nicht umreißen können. Diese Menschen werden genauso in die Deportation gehen wie die anderen auch.
Aber trotzdem: Das ist eine Gruppe, die mit Gott in die Deportation gehen wird. Wir denken an Menschen wie Ezechiel oder Daniel, der noch sehr jung war, als er in die Deportation ging. Gott sagt: Es gibt eine Gruppe, es ist nicht alles verloren. Es gibt etwas, aus dem wieder Leben entstehen kann.
Jesaja 8,16 fordert Gott Jesaja auf: „Binde das Zeugnis zu, versiegle die Anweisung unter meinen Jüngern.“ Besonders denen, die Gott noch treu sind und ihm folgen, soll die Botschaft mitgegeben werden, dass sie bei ihnen konserviert wird. Irgendwann in der Zukunft, vielleicht nach Generationen, kann aus diesen Familien wieder etwas wachsen. Gott kann neu mit ihnen anfangen.
Aber was ist, wenn das nicht funktioniert? Wenn von Generation zu Generation Kinder dem Glauben ihrer Eltern nicht folgen wollen? Wenn nach und nach die eine oder andere dieser Familienlinien geistlich erlischt – erlischt damit auch die Hoffnung?
Ich glaube, das ist der zweite Aspekt, den Gott hier meint: Es gibt einen heiligen Wurzelstock. Dieser Wurzelstock besteht nicht nur aus gläubigen Menschen und Familien, sondern auch aus etwas Geschriebenem.
Dieses Volk, diese Treuen, die in die Deportation gingen, nahmen etwas mit: die fünf Bücher Mose, Jesaja. Sie nahmen das mit, was Jesaja gesagt und aufgeschrieben hatte. Das, was er gesagt hat, sein Buch, kann ein heiliger Wurzelstock sein.
Und es kann Menschen geben, die dieses Buch oder die Bücher Mose entdecken. Selbst bei jemandem, der nicht aus einer treuen und gläubigen Familie stammt, kann daraus Leben hervorgehen. Neues Leben kann entstehen, selbst bei Menschen, die keine gläubigen Eltern hatten.
Jesaja schreibt davon in Kapitel 40: „Das Volk ist Gras, das Gras ist verdorrt, die Blume ist abgefallen, aber das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.“ Jahrhunderte später zitiert Petrus in seinem ersten Brief genau diese Stelle und kommentiert sie mit einem Satz: Er zitiert Jesaja 40,7-8 und setzt davor den Satz: „Ihr seid nicht wiedergeboren aus verweslichem, sondern aus unverweslichem Samen, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes.“
Das war die Hoffnung, die Gott Jesaja mitgegeben hat: Es gibt treue Familien, aus denen wieder etwas entstehen kann, und es gibt dieses heilige Wort Gottes, das auch dir anvertraut ist. Gott redet durch dich. Dieses Wort kann nach Generationen, wenn du längst nicht mehr auf dieser Erde bist, Menschen zu einer neuen Geburt führen und das Volk zu einem neuen Aufbruch bringen.
Aber es gibt einen dritten Aspekt. Gott sagt: Es gibt eine Linie, eine Familie, auf die werde ich ganz besonders aufpassen. Ich werde nicht zulassen, dass diese Familie von Generation zu Generation jemals ausgelöscht wird. Sie wird nicht untergehen, sondern sie wird widersprossen.
Ganz am Ende der ersten großen Teile Jesajas schreibt Jesaja in Kapitel 11, Vers 1: „Und ein Trieb wird hervorwachsen aus dem Stumpf Isais, und ein Schössling wird sprossen aus seinen Wurzeln.“ In Vers 10 heißt es weiter: „Und es wird geschehen an jenem Tag, der Wurzelspross Israels, der dasteht als Banner der Völker; nach ihm werden die Nationen fragen, und seine Wohnstätte wird Herrlichkeit sein.“
Wir wissen, von wem Jesaja schreibt: Er spricht von der Dynastie Davids, der alten Königslinie Israels. Er sagt, es ist ein heiliger Wurzelstock, der irgendwann widersprossen wird. Aus ihm wird ein König kommen, dem Gott die Regierung über sein Volk und weit darüber hinaus anvertraut.
Gott wird darauf aufpassen, dass diese alte Königslinie nicht untergeht. Er wird irgendwann aus dieser Linie den Messias bringen.
Jesaja, du wirst predigen und kaum jemand wird auf dich hören. Dieses Land wird untergehen, die Städte werden verwüstet werden. Aber es bleibt etwas: Es bleiben ein paar gläubige Familien, es bleibt das Wort Gottes, das unter anderem du geredet hast, und es bleibt auf jeden Fall diese eine Königslinie übrig, aus der Gott irgendwann in der Zukunft seinen Messias bringen wird.
Hoffnung und Ermutigung zum Abschluss
Jesaja, es gibt Hoffnung – vielleicht nicht in deiner Lebenszeit, aber es gibt Hoffnung für die Zukunft. Jesaja beendet diesen ersten großen Teil seines Buchs in Kapitel zwölf, Verse fünf und sechs: Singt dem Herrn, denn Herrliches hat er getan! Dies werde kund auf der ganzen Erde. Jauchzt und jubelt, Einwohnerschaft von Zion, denn groß ist in deiner Mitte – wer? Der Heilige Israels.
Jesaja hat den Heiligen Israels gesehen. Dieser Heilige Israels wird irgendwann seinen König auf den Thron bringen und seine Leute neu sammeln als sein Volk. Er ist der Heilige Israels, der nicht nur heilig genug ist, um zu richten, sondern der so heilig ist, dass er an sein Wort bindet und seine Verheißungen erfüllt.
Okay, dieses Kapitel ist zu Ende und meine Zeit auch. Ich möchte zwei Dinge noch einmal betonen am Ende. Ich ermutige, zwei Dinge mitzunehmen.
Was hat Jesaja selbst tief verändert und dazu geführt, dass er nicht mehr von seiner Umgebung mitgerissen wurde und nicht mehr von seiner Umgebung negativ beeinflusst wurde? Es war eine Begegnung – eine persönliche Begegnung mit dem heiligen Gott. Auch wenn wir, wie gesagt, wahrscheinlich nicht wie er ein übernatürliches Erlebnis haben werden und Gott sehen, sollten wir doch irgendwie darum ringen, vor ihm im Gebet immer wieder persönliche Begegnungen mit ihm zu haben und ihn zu sehen, wie er wirklich ist. Denn das kann uns verändern und uns zu wirklichen, brauchbaren Boten Gottes machen.
Das Zweite: Was hat Jesaja den Mut gegeben, seine Aufgabe als Bote Gottes auszuführen, obwohl es so wenig Erfolgsaussichten gab? Er wusste, dass er etwas sehen kann, was überdauern wird – was sein eigenes Leben sogar überdauern wird, was seine Botschaften und seine Begegnungen mit Menschen überdauern wird.
Und das könnte dir auch passieren, oder? Vielleicht hast du ein Gespräch mit jemandem aus deiner Umgebung, mit jemandem, der dir wichtig ist, vielleicht auch mit jemandem, dem du nur ein- oder zweimal begegnest. Und du hast den Eindruck, dass in dem Gespräch irgendwie nichts herausgekommen ist. Aber vielleicht war der Einsatz doch hängen geblieben und wird irgendwann in irgendeiner Situation bei deinem Gesprächspartner plötzlich wieder im Kopf sein und Frucht bringen. Vielleicht in der Situation, in der du ganz weit weg bist und gar nichts davon mitbekommst.
Vielleicht gibt es die Möglichkeit, einen Samen zu säen, der wie eine Wurzel ist, aus der irgendwann etwas keimt. Oder du hast einen Brief geschrieben, der wenig Wirkung hat, aber vielleicht nicht weggeworfen wird und irgendwann wieder herausgeholt und noch einmal gelesen wird – in einer ganz anderen Situation, in ganz anderen Lebensumständen. Und der plötzlich eine Wirkung entfaltet, die er am Anfang gar nicht hatte.
Oder vielleicht entfernt sich eines deiner Kinder vom Herrn, trotz all dem, was du über Jahre in die Erziehung und Prägung investiert hast. Es gibt Frustration und viele Tränen. Aber vielleicht ist es doch etwas, das im Verborgenen bestehen bleibt – das, was du investiert hast, und was irgendwann viel später deinen Sohn oder deine Tochter zu Gott zurückführt.
Manchmal überlegt sich jemand selbst, wie er seine Kinder prägen möchte, was ihn geprägt hat und was gut wäre. Oft sehen wir auf Hoffnung. Aber manchmal bleibt ein heiliger Wurzelspross, der einmal aufgehen kann und neue Triebe, neues Leben hervorbringt.
Jesaja konnte nur auf Hoffnung sehen. Gott hat ihm keine Hoffnung gemacht für seinen ganzen Dienst. Er hat unter vier Königen prophezeit – sein Dienst war nicht kurz. Gott hat ihm keine Hoffnung gemacht, dass es zu seinen Lebenszeiten große Auswirkungen geben wird. Aber er hat auf Hoffnung gesät. Und das dürfen wir auch tun.
