Von Verführung zu Verrat: Die Geschichte von Josef und der Frau Potiphar
Liebe Freunde, manche Frauen sind wie Filterzigaretten: Das ganze Gift sammelt sich im Mundstück. So war es auch bei der Frau von Potiphar.
Die Frau von Potiphar hat zunächst honigsüß gesprochen, um Josef zum Ehebruch zu verführen. Als er jedoch nicht mitmachte, wurde sie giftig. Josef hatte klipp und klar Nein gesagt. Doch als das nichts half, wurde sie handgreiflich. Sie zog Josef ins Bett, riss ihm die Jacke vom Leib. Daraufhin flüchtete Josef. Nun sitzt sie auf ihrem Diwan, hält die Jacke in der Hand und schmiedet Rachepläne in ihrem Herzen.
Nichts ist gefährlicher, als wenn eine heiße Liebe sich in glühenden Hass verwandelt. Weil Josef sich nicht zu ihr ins Bett legen wollte, will sie ihn jetzt reinlegen.
Die Frau Potiphar spuckt Gift und Galle, fängt an zu kreischen. Als ihr Mann nach Hause kommt, fällt sie schluchzend in seine Arme und erzählt von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Sie fuchtelt mit der Jacke vor Potiphars Gesicht herum. Potiphar, der Trottel, fällt auf die Show herein.
Er sagt: „Mein Täubchen, reg dich doch nicht so auf. Was ist denn passiert? Erzähl doch mal in Ruhe.“ Und er denkt bei sich: „Schau dir das an, was du dir da von dem lausigen Pelz hast einreden lassen, mit diesem Judenbängel, der hier als Hausverwalter eingesetzt ist. Vergewaltigen wollte mich dieser Hässling. Als ich um Hilfe schrie, ist er abgehauen, dieser Feigling. Aber hier ist seine Jacke, die habe ich festgehalten. Das ist der Beweis.“
Und sie fleht ihn an: „Mein über alles geliebter Potiphar, schütze mich, deine ehrbare Gattin, vor diesem unverschämten Frauenschänder.“
Die Folgen der Denunziation: Josef im Gefängnis
Während sie ihre Show abzieht, hat Potiphar bereits den Entschluss gefasst und die Konsequenzen gezogen (1. Mose 39). Er warf Joseph ins Gefängnis. Die Denunziation eines giftigen Weibsstückes genügte, um Joseph zu erledigen. Ohne Verhör, ohne Verteidigung und ohne Verhandlung wurde er abgeführt.
Ein modernes Gefängnis ist sicherlich kein angenehmer Aufenthaltsort. Doch im Vergleich zu damals sind die heutigen Gefängnisse geradezu Paläste. Damals waren Gefängnisse meist unterirdische Löcher: kalt, finster, feucht, voller Ungeziefer – grauenhaft, grausam, ekelhaft und viehisch. Wer dort hineingeriet, lebte nicht mehr wie ein Mensch, sondern eher wie ein Tier.
Altertumsforscher haben inzwischen solche Gefängniszellen aus der Erde ausgegraben. Sie fanden nicht nur alte Gefängnisse, sondern auch Steintafeln mit ägyptischen Hieroglyphen. Darauf stand, wie Gefangene zu behandeln seien. Meistens waren diese Gesetze, die es auch im Altertum gab, ziemlich human.
Doch Stein ist geduldig. Was auf Stein, Papier oder Papyrus steht, entspricht nicht unbedingt der Realität. Humane Gesetze sind leicht proklamiert. Die Frage ist, ob sie auch wirklich respektiert werden.
Die Realität von Menschenrechten und Folter
Seit den Ereignissen, die ich euch hier erzähle, sind ungefähr vier Jahre vergangen. So lange hat die Menschheit gebraucht, um überhaupt erst einmal ein paar Menschenrechte zu formulieren und dann von vielen unterzeichnen zu lassen.
Doch die feierliche Unterschrift oder die Erklärung der Menschenrechte ist etwas anderes als das, was sich in der Wirklichkeit abspielt. So wurden zum Beispiel noch niemals auf dieser Erde so viele Menschen gefoltert wie in unserem Jahrhundert.
Es sollte eine Konferenz gegen die Folter geben, die eigentlich in der UNESCO in New York stattfinden sollte. Diese wurde jedoch nach Paris verlegt, weil sich herausstellte, dass über die Hälfte der Mitgliedstaaten der UNO selbst zu den Staaten gehören, die Folter anwenden.
In unserer viel gepriesenen Neuzeit, die mit solcher Überheblichkeit auf das sogenannte finstere Mittelalter herabblickt, geht es finsterer zu als im finstersten Mittelalter oder Altertum.
Der Josef ist kein Einzelfall. Es gibt Hunderttausende Josefe, die unschuldig in Kellern, Haftanstalten, Menschenkäfigen, Konzentrationslagern und irren Krankenhäusern sitzen.
Vergiss diese Menschen nicht in deinem Gebet, denn viele von ihnen sind Christen, deine Glaubensgeschwister.
Verfolgung von Christen weltweit
Es gibt eine Zeitschrift, die sich speziell mit diesem Thema befasst. Sie heißt „Die Stimme der Märtyrer“. Die letzte Ausgabe erschien unter der Überschrift „Die Folter geht weiter“. Darin wird über Folter in Russland berichtet, wo auch nach der dortigen Wende seit vier Jahren immer noch Folter in den Gefängnissen angewendet wird.
Ich lese euch auf der letzten Seite einige Nachrichten aus der Welt vor. Dort sind verschiedene Überschriften zu finden:
Banja Luka: sechs Geistliche getötet.
Zwei Kopten in Ägypten ermordet.
Marokko: vier Christen verhaftet.
Burundi: katholischer Priester ermordet.
Nigeria: evangelischer Pastor bei Unruhen getötet.
Nicaragua: Bombenanschlag gegen Kloster.
Wieder ein Attentat gegen die katholische Kirche in Nicaragua.
China: siebzig Katholiken im Gefängnis.
Diese Berichte zeigen die anhaltenden Schwierigkeiten und Verfolgungen, denen Christen in verschiedenen Ländern ausgesetzt sind.
Der Maßstab einer Gesellschaft: Umgang mit Schwachen und Gefangenen
Es hat einmal jemand gesagt: Sage mir, wie die Alten, die Geisteskranken und die Gefangenen bei dir behandelt werden, und ich sage dir, ob du in einem humanistischen Staat lebst.
Der Humanismus einer Gesellschaftsform misst sich nicht an den Großbauten, wie den Pyramiden, die hoch in den Himmel ragen und Touristenattraktionen sind, sondern am Zustand der Gefängniszellen, die unter der Erde angelegt wurden.
Dort sitzt Joseph, Joseph, der ganz unten gelandet ist. Als er in seiner Zelle wieder zu sich kommt – er war ja eben noch Hausverwalter und Chef eines großen Anwesens – sagt er sich: Das darf doch nicht wahr sein. Das habe ich jetzt von meiner Anständigkeit, das habe ich jetzt von meinem Glauben an Gott.
Denn Joseph war nicht im Gefängnis, weil er gegen ein Gebot Gottes verstoßen hatte, sondern weil er sich geweigert hatte, gegen ein Gebot Gottes zu verstoßen. Das sechste Gebot, das heißt: Du sollst nicht Ehe brechen, hatte er schon längst in seinem Herzen verankert. Daran hatte er sich gehalten, und deswegen saß er jetzt im Gefängnis.
Weil er seinem Grundsatz treu geblieben war – der Grundsatz lautete: Ich will in meinem Leben keine Sünde gegen Gott tun – weil er treu geblieben war, weil er anständig geblieben war, einfach weil er Gott gehorsam gewesen war, deshalb war er im Gefängnis.
Die Frage nach dem Warum: Leid und Gottes Plan
Und das hat Gott zugelassen? Ja, das hat Gott zugelassen.
Vielleicht fragst du dich manchmal auch verzweifelt: Warum lässt Gott das zu? Warum muss gerade mir das und das passieren? Die anderen leben ihr Leben scheinbar sorglos. Sie trinken, gehen ihren Gelüsten nach, lügen und kümmern sich kaum um Gott. Und doch leben sie wie die Maden im Speck. Und ich, der ich das alles nicht mitmache, ausgerechnet ich gerate in Schwierigkeiten.
Manchmal möchten wir Gott die Faust entgegenstrecken und sagen: „Gott, wenn es dich wirklich gibt, dann gib eine Antwort! Warum gibt es so viel sinnloses Leid und Elend? Warum?“
Ich habe darauf keine Antwort. Ich weiß, dass wir Gott oft nicht verstehen können. Manchmal können wir ihn überhaupt nicht verstehen. Es ist unfassbar und unerträglich, was Gott uns an Schicksalsschlägen, Gemeinheiten, Unrecht und Unglück zumutet. Und dann fragen wir eben: Warum?
Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass der Tag kommen wird, an dem uns diese Warum-Frage beantwortet wird. An dem du verstehen wirst, warum dein Leben so verlaufen ist und nicht anders. Jesus hat einmal gesagt: „Was ich tue, das verstehst du jetzt noch nicht, aber du wirst es später begreifen.“
Wann dieses „später“ ist, weiß ich auch nicht. Manchmal dauert es Jahre, manchmal vielleicht ein ganzes Leben. Es gibt Fragen, es gibt Rätsel, mit denen wir leben müssen – und vielleicht auch sterben.
Aber wir haben ja eben gesungen: Wenn Christus kommt, dann wird alles klar sein. Kein Rätsel mehr, nur Klarheit wird dann herrschen.
Wenn du Jesus in dein Leben kommen lässt, dann kommt Licht und Klarheit hinein. Es ist nicht so, dass du alle Probleme und Schwierigkeiten deines Lebens sofort verstehst und durchschauen kannst. Aber bei den Fragen, für die du noch keine Klärung findest, hast du zumindest eine Antwort aus der Bibel. Diese Antwort lautet: „Denn denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten.“
Der Blickwinkel Gottes: Den Teppich von oben sehen
Solange du dein Leben nicht vom Standpunkt Jesu aus betrachtest, bist du wie ein Mensch, der einen Teppich von unten ansieht. Wenn du dir einen Teppich mal von unten ansiehst, also von der verkehrten Seite, dann siehst du ein einziges Gewirr von Fäden und Farben – ein großes Durcheinander, das dir sinnlos erscheint. Du kannst darin nichts Richtiges erkennen.
Drehst du den Teppich jedoch um und siehst ihn von oben, von der richtigen Seite und mit etwas Abstand, erkennst du das Ganze. Du siehst den Sinn und das Bild, das der Schöpfer hineingewebt hat. Dann verstehst du, warum sich an dieser Stelle zwei Fäden kreuzen oder warum dort ein Faden, zum Beispiel ein Lebensfaden, plötzlich abbricht.
Es kommt immer auf den richtigen Standpunkt an. Erst wenn du dein Leben vom Standpunkt Gottes aus betrachtest, bekommst du einen Sinn in das Durcheinander. Bleib also auf dem Teppich und bleib unbeirrbar bei dem Standpunkt des Glaubens: Gott hat dir dein Leben gegeben, Gott hat dich lieb und Gott hat einen Plan für dich.
Gottes Plan und die Schule des Lebens
Und viertens: Gott macht keinen Fehler. Was du für einen Webfehler hältst, ist in Wirklichkeit ein Knotenpunkt. Und was dir als eine unerhörte Sinnlosigkeit vorkommt, ist in Wirklichkeit ein wichtiger Punkt in Gottes Plan.
Um diesen Plan Gottes zu verstehen, musst du in Gottes Schule gehen und auch Prüfungen bestehen. Wenn du in dieser Welt eine besonders hohe Stellung haben willst, musst du eine Hochschule besuchen. Sonst kannst du diese Stellung nicht erreichen.
Wenn du einmal in jener Welt vor Gottes Thron stehen willst, nimmt dich Gott vorher auch in seine Schule. Nur ist es bei ihm so, dass seine Hochschulen Tiefschulen sind. Das ist ein Gesetz im Gottesreich: Erst geht es nach unten und dann wieder nach oben.
Zuerst kommt das Kreuz, dann die Krone. Zuerst kommt der Spott, dann der Thron. So war es auch bei Jesus. Von Jesus heißt es in der Bibel, dass er sich selbst erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.
Und darum, als er ganz unten war, hat Gott ihn auch erhöht und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist (Philipper 2,8-9).
Josef im Gefängnis: Gottes Begleitung in der Tiefe
Joseph versteht Gott überhaupt nicht mehr und hat keine Ahnung, warum er unschuldig im Gefängnis sitzt. Er ahnt nicht, was Gott noch mit ihm vorhat. Er soll der erste Mann nach dem Pharao werden und jahrzehntelang das ägyptische Großreich regieren.
Niemals hätte Joseph den höchsten Posten in diesem ägyptischen Staat einnehmen können, wenn er nicht zuvor in den tiefsten Gefängniskellern Ägyptens das Elend kennengelernt hätte. Die Jahre dort unten waren seine Hochschule. Dort ist seine Menschenkenntnis gereift und sein Gottvertrauen gewachsen. Das hat sich später gefestigt. Rückblickend war ihm das natürlich klar, aber jetzt, wo er im Elend steckt und einfach unter den Teppich gekehrt wurde, versteht er nur Bahnhof. Für ihn ist das die Endstation, er erlebt Ebbe in seinem Leben.
Wenn es dir auch so geht, jetzt oder später, wenn du mit deinem Schicksal, deiner Krankheit oder mit den Rätseln deines Lebens nicht zurechtkommst, dann denke nicht, Gott hätte dich vergessen. Denk an Joseph: Gott hatte ihn auch im Gefängnis nicht vergessen. Es heißt ausdrücklich, dass man ihn ins Gefängnis legte, aber der Herr war mit ihm.
Gerade den Leidenden ist Gott am allernächsten. Und gerade wenn du die Schnauze voll hast, wenn du fertig bist, wenn sie dich fertig gemacht haben, wenn du alles sinnlos findest und keinen Ausweg mehr weißt, dann ist Gott dir ganz nah. Diese Erfahrung haben Millionen Menschen gemacht.
Zeugnis eines Glaubens in schwerer Krankheit
Einer von den Millionen, die diese Erfahrung gemacht haben, war ein junger Mann, der früher hier in diesen Gottesdienst gekommen ist. Er hieß Uwe und war ein baumlanger, starker, hübscher junger Kerl.
Eines Tages bekam er Multiple Sklerose. Er hatte Sprachschwierigkeiten, konnte nicht mehr richtig schlucken oder sich bewegen. Er kam in den Rollstuhl und später ins Krankenbett, bis alles immer weniger wurde.
Wenn man vor so einem Krankenbett steht, vergehen einem alle Phrasen. Man weiß zunächst überhaupt nicht mehr, was man noch sagen soll.
Ich habe einmal an dem Bett von Uwe gestanden, zusammen mit Jörg, dem Subotter, der das nächste Mal hier als Sänger kommt. Als wir aus dem Krankenzimmer wieder herausgingen, waren die beiden großen Evangelisten, Jörg und Theo, und wir fühlten uns so klein. Vor Entsetzen über diese Krankheit und vor Verstaunen über diesen Kranken.
Uwe hat uns damals erzählt, dass er in der Krankheit Gott erst wirklich gefunden hat. Von ihm ging etwas Wunderbares aus, das noch über seinen Tod hinausreichte. Von ihm ging etwas Wunderbares aus.
Die Beerdigungsfeier dieses jungen Mannes war eine richtige Siegesfeier.
Gott erleben im Alltag und im Leid
Manche denken, man kann Gott nur in der Ekstase erleben, in schönen Gottesdiensten, mit erhebenden Gefühlen und erhobenen Händen. Aber das wäre ein schlechter Gott, den man erst erfahren kann, wenn man sich mit schönen Stimmungen und Stimulanzien zu ihm hochschaukeln muss. So etwas hätte keinen praktischen Wert.
Der Gott der Bibel ist etwas Praktisches. Um ihn zu erfahren, braucht man nicht aus der Wirklichkeit auszubrechen oder in höhere Sphären abzutauchen. Dort spielt sich sowieso nichts ab.
Man sieht doch, wo sich die biblischen Geschichten abspielen, wo Menschen Gott begegnen. Zum Beispiel in der Geschichte von Joseph, die ich euch hier erzähle: in der Familie, wo die Brüder untereinander neidisch sind und sich hassen; in Schlafzimmern, wo Unmoral herrscht; in Gefängnissen, wo gefoltert wird. Dort, wo es gemein, unmenschlich und erbärmlich zugeht, ist Gott.
Josef erlebt die Nähe Gottes nicht mit frommem Schauder in einem herrlichen Gottesdienst, beim großen Orgelkonzert oder beim strahlenden Sonnenaufgang. Er erlebt sie unter den Schreien der Häftlinge in der Tiefe eines verlausten Gefängnisses – gerade dort, wo die Stimmung unter dem Nullpunkt ist.
In Angst, Hilflosigkeit und Leiden ist Gott am nächsten. Als Josef ganz unten war, heißt es hier: „Aber Gott war mit ihm.“
Josef als Lichtblick im Gefängnis
Wenn ein Mensch eine solche Gotteserfahrung macht, verändert ihn das. Es prägt ihn, und diese Veränderung wird auch nach außen sichtbar. Andere Menschen nehmen das wahr. So ein Mensch fällt einfach auf.
Joseph fiel auf, weil er anders war als die anderen Häftlinge im Gefängnis. Zum Beispiel hatte er für jeden ein gutes Wort. Eines Tages wurden zwei neue Gefangene eingeliefert: der oberste Bäcker und der oberste Kellner des Pharao. Wahrscheinlich wurden sie verdächtigt, versucht zu haben, den Pharao zu vergiften. Sie lebten in ständiger Angst um ihr Leben.
Bei jedem Bissen und bei jedem Schluck mussten sie fürchten, vergiftet zu werden. Wenn der letzte Gefangene im ägyptischen Großreich seine Portion Maisbrot isst, tut er das vielleicht unter Tränen, aber jedenfalls nicht aus Angst, das Brot könnte vergiftet sein. Diese Angst haben nur die Diktatoren, die Tyrannen.
Deshalb haben Tyrannen Leibärzte, Leibwächter und Leibköche. Aber das reicht noch nicht: Sie müssen auch vor den Augen des Diktators vom Mittagessen kosten, um zu beweisen, dass kein Gift im Essen ist.
An den leeren Tischen der Unterdrückten sitzt das Gespenst des Hungers. Aber sie können wenigstens das Wenige, das sie haben, ohne Angst essen. An den vollen Tafeln der Unterdrücker sitzt das Gespenst der Angst. Bei jedem Schritt, bei jedem Tritt, bei jedem Bissen und jedem Schluck.
Es gibt nur eine Angst, die noch größer ist als die Angst der Unterdrückten: die Angst der Unterdrücker vor ihren eigenen Unterdrückten. Angst macht misstrauisch gegenüber allen anderen. Und Misstrauen macht Menschen gefährlich.
Eine einzige falsche Bewegung bei Tisch, eine Kleinigkeit genügt, ein kleiner Verdacht – und schon sind die beiden fetten Bonzen, der Oberbäcker und der Oberkellner, von der Bildfläche verschwunden. Gestern Nacht tranken sie Wein aus goldenen Kelchen, heute saufen sie Wasser aus der hohlen Hand. Vom Kaviar zur Kleie – das ist auch eine Karriere.
Josef hilft den Gefangenen und erhält Gottes Gabe
Als die beiden im Gefängnis landen, wird Josef ihnen zur Zellenreinigung zugeteilt. Eigentlich hätte ihm das Schicksal dieser beiden Hofschranzen egal sein können. Er hatte genug mit sich selbst zu tun und brauchte sich die Probleme der beiden nicht auch noch aufzubürden.
Doch ein echtes Kind Gottes kann an den Leiden anderer Menschen nicht einfach vorbeigehen. Eines Tages sitzen die beiden besonders niedergeschlagen zusammen. Sie schauen so zerknittert vor sich hin wie der alte Mielke im Gefängnis. Da kommt Josef herein, nimmt den Eimer und begrüßt sie. Er sagt zu ihnen: „Na, ihr beiden Hübschen, was ist euch denn heute von der Laus über die Leber gelaufen?“
Das ist natürlich kein frommer Spruch, aber immerhin eine menschliche Äußerung. Schon die kleinste menschliche Regung ist in einer solchen Situation ein Geschenk Gottes. Liebe Brüder von der frommen Kante, versucht nicht immer krampfhaft, irgendwo Zeugnis abzulegen. Sagt erst einmal freundlich Guten Morgen und begegnet euren Mitmenschen auf einer rein menschlichen Ebene. Dadurch seid ihr dem anderen schon zum Engel geworden.
Bevor ihr dem anderen den Satz „Jesus löst deine Probleme“ an den Kopf knallt, seid bitte so nett und fragt den anderen erst einmal nach seinen Problemen. Weil Josef die beiden nach ihren Problemen gefragt hatte, schöpften sie Vertrauen zu ihm. Sie erzählten ihm ihre innersten Gedanken, vertrauten sich ihm an und teilten Dinge, die man sonst nicht jedem erzählt. Sie hatten nämlich in der Nacht schlecht geträumt und berichteten ihm ihre Träume.
Der Oberkellner hatte von einem Weinstock und drei Trauben geträumt. Er hatte dem Pfarrer einen Becher davon gegeben. Der Bäcker träumte, er würde mit einem Korb voller Gebäck herumlaufen. Den Korb trug er auf dem Kopf, und Vögel kamen und fraßen die Brezeln weg.
Josef hatte von Gott die Gabe der Traumdeutung erhalten. Er sagte: „Ich kann nicht erklären, was das bedeutet.“ Dann wandte er sich an den Bäcker: „Du wirst in drei Tagen gehängt, und die Vögel werden dich fressen.“ Zum Oberkellner sagte er: „Du wirst rehabilitiert. In drei Tagen bist du wieder Oberkellner beim Chef.“
Und genau so geschah es.
Die Enttäuschung und die Hingabe an Gottes Willen
Und bevor der Oberkellner entlassen wird, sagt Joseph zu ihm: „Hör mal zu, wenn du wieder draußen bist, in der Freiheit, dann denk doch bitte mal an mich. Du kannst für mich ein gutes Wort einlegen.“
Der Oberkellner antwortet: „Das ist ja klar. So einen Kumpel wie dich werde ich doch nicht vergessen.“
Es vergehen zwei Tage, zwei Wochen, zwei Monate, sogar zwei Jahre. Zwei Jahre lang sitzt Joseph noch im Gefängnis. Der andere aber hat ihn längst vergessen.
Leute, es ist sinnlos, sich auf Menschen zu verlassen. Die Bibel sagt es beim Propheten Jeremia: „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt, und gesegnet ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht Gott ist.“
Joseph begreift, dass es zwecklos ist, seine Hoffnung auf Menschen zu setzen. Deshalb überlässt er alles Gott und gibt ihm sozusagen seinen Willen aus: „Dein Wille geschehe.“
Das war es, was Joseph erst einmal lernen musste. Darauf hatte Gott die ganzen Jahre gewartet: dass ein Mensch zu dem Punkt kommt, an dem er sagt, nicht mehr mein, sondern dein Wille geschehe.
Und das ist es, was Gott auch von dir erwartet. Darauf wartet Gott bei dir. Hör doch endlich auf, an Gott ständig herumzukritisieren, an ihm herumzunörgeln, dich über dein Schicksal aufzuregen und Gott Vorwürfe zu machen.
Hör auf, dich auf deine Beziehungen zu anderen Menschen zu verlassen und immer deinen Willen durchsetzen zu wollen – bei anderen und bei Gott.
Komm endlich zu dem Punkt, an dem du wirklich aus deinem Herzen ehrlich sagst: „Jetzt ist Schluss mit meinen Gedanken und meinen Vorschriften. Dein Wille geschehe.“
Diesen Satz hast du im Vaterunser vielleicht schon tausendmal mitgemurmelt im Gottesdienst. Aber ich rede hier nicht vom Murmeln. Ich rede davon, ob du es einmal aus deinem Herzen mit Bewusstsein klar sagst, klar zu Gott sagst: „Dein Wille geschehe.“
Das ist Bekehrung.
Die Stunde der Freiheit und der Ruf zu Jesus
Als Josef so weit ist, dass sein Wille geschehe, schlägt für ihn die Stunde der Freiheit. Ein Bote bringt die Nachricht, dass Josef sofort persönlich beim Pharao erscheinen soll.
Ich komme heute mit einer viel besseren Nachricht zu dir – und zwar im Auftrag eines viel höheren Königs als der Pharao es je war. Der Pharao ist nur eine verschrumpelte Murmel. Er liegt irgendwo in einem Keller einer Pyramide begraben und wartet auf denselben Tag, auf den alle anderen schon Verstorbenen warten. Dazu gehören auch alle Diktatoren und Weltherrscher. Sie alle erwarten den Tag, an dem sie zusammen mit uns vor Gott, unserem Richter, erscheinen müssen.
Ich sage das nicht aus Häme, sondern weil es für mich ein sehr beruhigender Gedanke ist, dass es ein Gericht gibt und eine ausgleichende Gerechtigkeit. Vor Gottes Gericht müssen wir alle einmal erscheinen. Ich hoffe, du hast Jesus als deinen Verteidiger, der dir deine Sünden abgenommen hat und vor Gott für dich einsteht.
Aber es müssen auch alle vor Gott erscheinen, die es bisher nicht wahrhaben wollten und nicht so gelebt haben, als müssten sie je vor Gott erscheinen. Manchmal möchte man, wenn man die Zeitung liest, die Fäuste ballen. Es kann einen verrückt machen, wenn man erfährt, dass die SED-Richter, die das Unrecht beugt haben, weiterhin Recht sprechen. Dass Rechtsanwälte, die das Recht verdreht haben, weiter praktizieren. Dass große Stasi-Chefs Firmen leiten und Schaden anrichten. Selbst Krenz mit seiner großen Klappe – der früher demokratische Grundsätze mit Füßen getreten hat – ist noch nicht zur Rechenschaft gezogen.
Auch wenn sich manche vor weltlichen Gerichten durchwursteln und viele, die uns früher erpresst haben, gar nicht von Gerichten erwischt werden, müssen sie alle noch einmal vor Gottes Gericht erscheinen. Das ist, wie gesagt, ein tröstlicher Gedanke für die, die unter dem Unrecht gelitten haben.
Dir sollte auch der Gedanke kommen, dass du einmal vor Gottes Gericht stehen musst. Du kannst nicht alleine dort erscheinen. Du brauchst einen Verteidiger. Jesus ist dieser Verteidiger, der sich dir anbietet. In seinem Namen komme ich heute zu dir.
Jesus hat gesagt, dass ihm alle Gewalt gegeben ist – im Himmel und auf der Erde. Im Namen dieses Königs komme ich zu dir, rufe dich zu ihm und lade dich ein.
Ich weiß nicht, wie das Gefängnis aussieht, in dem du gerade steckst und aus dem du dich befreien möchtest. Vielleicht fühlst du dich beengt durch Ängste oder belastet durch Schuld. Möglicherweise bist du gebunden an eine Sucht, zum Beispiel an Alkohol. Du bist vielleicht abhängig von Mächten oder Menschen, hast dich auf Aberglauben eingelassen oder suchst verzweifelt nach Sinn in deinem Leben. Du suchst nach einem Ausweg aus deinen Problemen.
Jesus will dich da herausholen. Er hat gesagt, dass er will, dass alle Menschen gerettet werden. Es tut ihm leid, wenn du vor die Hunde gehst.
Tennessee Williams hat einmal gesagt: Wir sind alle zu lebenslänglicher Einzelhaft in unserer eigenen Haut verurteilt. Das stimmt – aber nur bis zu dem Tag, an dem du zu Jesus kommst. Denn Jesus sagt: Ihr sollt frei werden.
Deine lebenslängliche Einzelhaft ist vorbei, wenn du zu Jesus kommst. Deshalb sage ich: Komm doch und gib ihm dein Leben. Damit du wieder Land siehst und erkennst, wie schön das Leben sein kann.
Sag doch einfach zu Jesus: Ich mache das Spiel nicht mehr mit. Ich kann nicht mehr. Ich lege die Maske ab. Ich will nichts mehr bestimmen. Dein Wille geschehe. So oder ähnlich kannst du mit Jesus reden.
Führe ein ehrliches Gespräch mit ihm und sag: Jesus, da bin ich. Ich bitte dich, nimm mich an.
In der Bibel steht, dass Jesus gesagt hat: Wer zu mir kommt, den schicke ich nicht wieder fort. Egal, was du hinter dir hast, in welchem Gefängnis du steckst, welche Ängste du hast und wie groß deine Probleme sind – geh zu Jesus, lade deine Last bei ihm ab und sag es ihm. Wer zu mir kommt, den schicke ich nicht wieder fort.
Einladung zur Freiheit durch Jesus
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