Der Predigttext steht in Matthäus 15,21-28.
Begegnung mit einer verzweifelten Frau
Und Jesus ging von dort weg und zog in die Gegend von Tyrus und Sidon.
Siehe, eine kanaanäische Frau kam aus jener Gegend und rief Jesus nach. Sie sprach: „Ach, Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist schwer geplagt.“
Jesus antwortete ihr zunächst kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sagten: „Lass sie doch von dir, denn sie schreit uns nach.“
Jesus antwortete und sprach: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“
Die Frau kam aber, fiel vor Jesus nieder und sagte: „Herr, hilf mir!“
Jesus antwortete: „Es ist nicht recht, den Kindern ihr Brot zu nehmen und es den Hunden vorzuwerfen.“
Sie erwiderte: „Ja, Herr, aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“
Da antwortete Jesus ihr: „O Frau, dein Glaube ist groß, dir geschehe, wie du willst!“
Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.
Herr, lehre uns solchen Glauben. Amen.
Die tiefste Not im Leben: Unglauben
In unserem Leben haben wir viel zu kämpfen mit einer großen Not. Wenn man unter Christen ein wenig offen darüber spricht, tritt das immer wieder hervor. Wir haben Not mit dem Ungeheilten, und in unser aller Leben wütet, solange wir in dieser Welt sind, das Böse. Je länger man im Christenstand steht, umso schlimmer wird das. Man möchte immer nur von dieser schrecklichen Krankheit der Sünde reden und fragen: Warum kann ich das nicht besser machen? Warum wird mein Leben nicht heiliger und gottwohlgefälliger?
Ich muss Ihnen heute Morgen eine kühne These aussprechen: Die schlimmste Not in unserem Leben ist nicht die Sünde. Sünde kann vergeben werden. Ich denke, es ist niemand unter uns, der nicht los sein will von dieser Krankheit und nicht damit ringt. Darum wird es auch keiner missverstehen, was ich formuliere. Sünde kann vergeben werden.
Was ist denn noch schlimmer als Sünde? Noch schlimmer ist Unglauben. Wenn wir nicht mehr glauben können, dann kann uns auch nicht vergeben werden. Und wenn wir nicht mehr glauben können, dann können wir auch nicht mehr das Böse unter die Füße kriegen. Dann können wir auch nicht mehr Gott gehorsam sein, und wir können Gott nicht mehr zur Ehre leben. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. Wir können noch so viele gute Werke tun, ohne Glauben sind sie nichts wert.
Irgendwo hat uns dies in den letzten drei Wochen tief bewegt, wenn einem immer wieder von gesetzestreuen jüdischen Menschen gesagt wird, es gehe letztlich vor Gott um das Tun. Wir wollen das nicht herunterspielen, denn wir wissen selbst, wie schlimm es ist, wenn in unserem Leben Tun und Glauben nicht im Einklang stehen. Aber es wurde uns ganz neu groß als das eine Geschenk Gottes, dass wir im Glauben sogar über unser Unvermögen und unsere Schlechtigkeit springen dürfen. Und dass wir im Glauben die Hand Gottes fassen dürfen.
Darum möchte ich heute Morgen vom Glauben reden, und diese Frau lehrt uns das Glauben. Es war eine große Not im Hause dieser Frau. Wer Kinder hat, der weiß, wie das ist. Und wenn das dann zur letzten Krankheit kommt, wo der Arzt am Bett steht und sagt: Es geht nicht mehr, ich kann nicht mehr helfen. Sie hat das sicher lange Zeit gar nicht so ernst genommen, obwohl eine Mutter sich natürlich sorgt. Aber als dann endlich der Arzt da war und alle Mittel nichts mehr halfen, und der Arzt der Mutter sagte: Wissen Sie, jetzt hilft niemand mehr, dieses letzte vernichtende Wort „nichts mehr gibt es“ – da hat diese Frau doch gesagt, es gibt noch etwas, und das ist Glauben.
In ihrer Not hat sie sich nicht den Quacksalbern anvertraut, und sie hat nicht irgendwo auf ein seltsames Glück gehofft oder an einen Strohhalm gedacht, der sie herausreißen könnte. Sie sagt: Da ist einer, und bei dem ist das Beten nicht vergebens, da ist Jesus.
Diese Geschichte steht so merkwürdig im Neuen Testament, weil man nicht weiß, woher der Glaube dieser Frau kommt, woher sie überhaupt ihr Wissen hat. Es ist oft so mit dem Glauben, dass man nicht erklären kann, woher er überhaupt kommt. Das soll uns jetzt auch gar nicht arg interessieren. Uns interessiert, wie diese Frau durch die Straßen und Dörfer läuft. Sie musste ja zuerst Jesus suchen. Wie hat sie das angetrieben? Wie sagte sie: In meiner Not muss ich nur jetzt zu Jesus kommen. Sie lässt sich keine Ruhe, bis sie ihn gefunden hat und bis sie ihm alles ausgebreitet hat.
Wie ich das so in meinem Kopf noch einmal durchgehen ließ, bin ich erschrocken und dachte: Das wäre Glauben. Die Frau hat eine felsenfeste Überzeugung. Niemand kann sie durcheinanderbringen, kein Zweifel, kein Bedenken, keine Unsicherheit. Bei uns wird auch so viel gesprochen darüber, wie man glauben kann, glauben – wie macht man das? Wenn wir die Frau fragen würden: Wie machst du das? Sie würde sagen: Für mich ist das gar keine Frage, wie ich das mache. Für mich ist das eine Frage, was ich glaube. Irgendetwas glaube ich: Entweder glaube ich, ich bin verloren, oder ich glaube, es hilft nichts, oder ich glaube, vielleicht wird ein Zufall oder Schicksal mir helfen. Oder ich glaube, was das einzig Begründete ist: dass Gott seinen Sohn gesandt hat und dass er mich nicht allein lässt in meinem Schmerz, sondern dass ich mich ihm anvertrauen kann.
Sie würde sagen: Ich verlasse mich doch nicht auf alles Wankende und Schwankende. Ich verlasse mich auf das einzig Gewisse, auf das einzig Felsenfeste.
Lassen Sie mich drei Bemerkungen zum Glauben dieser Frau machen, ganz schlichte Bemerkungen, uns zur Hilfe, damit wir auch in diesen Glauben der heidnischen Frau, die sie ja eigentlich war, aus Syrophenizien eintreten können.
Glauben äußert sich zuerst durch Vertrauen. Glauben äußert sich in Vertrauen. Wir sind im Abendland Menschen, die vom Verstand ausgehen, und für uns ist Glauben zuerst einmal eine Verstandesfrage. Für uns äußert sich Glauben in großen, formvollendeten Sätzen, in Bekenntnissen, die man rezitieren kann. Ich weiß nicht, ob diese Frau viel aussprechen konnte. Für sie war Glauben ein großes Vertrauen. Sie ist einfach losgelaufen und hat ihre Not Jesus vor die Füße geworfen.
Ich stelle mir sie als eine praktische Frau vor, als eine Frau des Alltags, die zwei Hände hat, die zupacken kann. Viel mehr kann man von ihr gar nicht erkennen, und so macht sie es auch. Sie sagt: Ich verstehe von allen Dingen nichts, bei mir daheim ist meine Tochter im Sterben, und da ist Jesus der Heiland. Und dann nimmt sie einfach ihren Schmerz und schreit ihn hinaus und sagt: Da, Jesus, du musst jetzt helfen.
Wenn wir glauben lernen wollen, dann nur so. Da liegt unsere Not vielleicht gar nicht so sehr im Verstehen, denn die Frau hat ja auch nicht verstanden. Meinen Sie, sie hätte alle Geheimnisse Gottes ergründen können? Das wird gar nie möglich sein, solange wir in dieser Welt leben. Aber diese Frau war von ihrer Not geschüttelt. Wochen vorher, ob sie da so geglaubt hat, das denke ich nicht. Aber jetzt in dieser Lage stand es auf Messers Schneide: Wem glaube ich? Was glaube ich?
Man kann in seinem Leben viele religiöse Theorien haben, aber wenn man einmal seiner eigenen Schuld in die Augen sieht und sein vor Gott verlorenes Leben erkennt, dann ist Glauben keine akademische Diskussion mehr. Dann wird Glauben für uns eine existenzielle Frage: Glaube ich, es ist alles nicht schlimm und es gibt kein Gericht Gottes? Glaube ich, Gott nimmt mich dennoch an? Es ist alles doch so gut? Oder: Wer kann mich denn vertreten? Wer kann mein Leben lösen? Wenn ich an dieser Schwelle stehe und frage: Was rettet mich denn in meinem Leben?
Ich kann viele Jahre in der festen Überzeugung leben, der Mensch ist groß und der Mensch macht die Welt neu. Aber wenn uns dann nur ein Stück weit die Augen geöffnet sind und wir sehen, wie wir wirklich sind, dann wird der Glaube eine echte Frage: Wem glaube ich? Was glaube ich?
Da steht uns diese Frau aus Syrophenizien als ein Vorbild. Sie sagt: Ich muss glauben, es gibt doch gar keinen anderen Ausweg. An was will man denn glauben? Worauf will man denn gründen? Und das ist hoffentlich in ihrem Leben zu einer Klarheit gekommen. Wollen Sie denn Ihr Leben auf Ihre Wohlanständigkeit gründen und sagen: Ich bin doch gar nicht so schlecht? Oder ist das nicht auch Ihr Glaube, all das, was Sie hält und fröhlich macht, dass Sie sagen: Gott hat seinen Sohn für mich am Kreuz sterben lassen, und darum bin ich gewiss, dass mich aus der Hand Gottes nichts mehr trennen kann?
Und wenn ich im Leben vieles nicht verstehe, das eine will ich fassen: Gott hat mich lieb, weil er Jesus Christus für mich hat sterben lassen. Alles andere kann dunkel bleiben im Leben, aber ihm glaube ich. Und das ist die Grundtatsache meines Glaubens, auf die ich mich gründe.
Wenn ich auf die Erfahrungen sehe, könnte ich auch denken: Gott hat mich verlassen und er denkt nicht an mich. Aber ich glaube ihm, weil er mich da vom Kreuz ansieht und mir sagt: Für dich in den Tod gegeben, und niemand kann dich aus meiner Hand reißen.
Das ist Glauben. Das Vertrauen. Ja, woher kam denn das Vertrauen der Frau? Ein wenig will ich doch noch nachfragen. Wahrscheinlich hat sie – anders kann es kaum sein – etwas von Jesus gehört. Da haben ein paar Nachbarn etwas mitgebracht, oder einer, der auf Reisen unterwegs war, hat erzählt, wie er jenen Jesus von Nazareth traf, und da hat sie die Ohren geöffnet. Es war ja nur wie eine Kunde, die an ihr Ohr drang.
Aber als sie dann dieser schweren Not gegenüberstand, da dachte sie: Der, der den Tauben das Ohr geöffnet hat, sollte der nicht helfen können? Der vom Reich Gottes gepredigt hat, sollte der seine Herrschaft nicht angesichts der Macht des Todes aufrichten?
Wenn schon bei der Frau armselige, bruchstückhafte Berichte solch einen Glauben wirken, wie müsste unser Glaube, unser Vertrauen zu Jesus erst stark sein, wo wir so viel von ihm gehört haben? So viele Zeugen vor uns durch Jahrhunderte hinweg haben von den Erfahrungen mit dem Herrn gesprochen.
Ich darf nur bitten: Glauben lernen am Abgrund, wie diese Frau angesichts der großen Hoffnungslosigkeit. Wer bin ich und wer ist er? Ich vertraue ihm.
Eine zweite Beobachtung machen wir an diesem Abschnitt: Glauben geht durch die Anfechtung. Es geht nicht ganz so leicht, wie ich eben gepredigt habe. Diese Frau kommt zu Jesus, und Jesus erteilt ihr eine glatte Abfuhr. Das versteht man nicht. Es kommt einem ganz ärgerlich vor, wie Jesus sie hier verstellt. Warum hilft er der Frau nicht? Er muss ihr doch auf diesen starken Glauben eine tröstliche Antwort geben. Er tut es nicht. Er schickt sie weg und sagt: Ich bin nicht zuständig für dich.
Das ist richtig einordnen können. Das war während der drei Jahre Wirksamkeit Jesu. Und der Vater hat Jesus den Auftrag gegeben, die verlorenen Schafe vom Hause Israel zu sammeln in diesen drei Jahren. Erst nach der Himmelfahrt geht ja der Auftrag an die Heidenvölker.
Darum hat Jesus gesagt: Ich kann mich jetzt nicht verzetteln, ich muss dem Vater gehorsam sein und meine Aufgabe an Israel erfüllen. Ich will jetzt nicht.
Das muss ja für die Frau ein Schock gewesen sein. Wo ist denn dann Gottes Liebe? Ich habe geglaubt und vertraut, und er hilft nicht. Das ist ja die Stimme, die wir immer wieder hören von Menschen, die sagen: Ich habe gebetet und es blieb stumm, ich habe gewartet und nichts hat sich ereignet.
Ja, diese Frau auch, so steht es ja schon im Neuen Testament. Aber der Glaube dieser Frau hat sich gerade darin gezeigt, dass sie sagt: Ja, Herr, das ist recht, dass du deinen Plan erfüllst und dem Vater gehorsam bist.
Und selbst als Jesus ein Beispiel wählt, das diese Frau eigentlich verwunden muss: Es ist nicht recht, dass man den Kindern Gottes das Brot wegnimmt – Israel, Juden bleiben Kinder Gottes – und werfe es vor die Hunde, das sind die Heiden. Da sagt sie: Ja, Herr, aber dann lass mich so ein Hund sein, der noch ein paar Brocken mitkriegt von dem, was am Tisch Israels auf die Seite herunterfällt.
Das ist Glauben. Sie glaubt selbst dann noch, als Jesus ihr Nein sagt. Woher hat sie nun ein solches Vertrauen? Woher hat sie das?
Denn nur zu sagen, sie hat das aus dem Wort, aus dem, was sie gehört hat, aus den Berichten: Sie sagt, wenn der Messias Israels kommt, dann kann das gar nicht sein, und wenn es so aussieht, als ob er mir nicht hilft, ich bleibe dabei. Und wenn es so aussieht, als sei er nur für Israel da, dann bleibe ich dennoch dabei.
Dass Glauben nicht Ergebung bedeutet im Neuen Testament, das muss uns spätestens hier klar werden. Glauben heißt ja nicht, sich drein schicken zu lassen und still zu sein. So ein Glauben heißt bei Gott protestieren und auf den Tisch hauen und sagen: In aller Demut, Herr, aber ich lasse dich nicht los, du segnest mich denn. Und ich gehe nicht weg.
Und wenn es immer dunkler aussieht und es so scheint, als ob das Angesicht Jesu, das wir vor Augen haben, verfinstert wäre – nein, die Frau bleibt dabei. Und sie sieht durch das Dunkel, das vor ihr nur noch bleibt wie eine dunkle Wand, sieht sie doch das leuchtende Antlitz Jesu.
Das ist Glauben. Und Jesus sagt: Das ist Glauben, dir geschehe, wie du willst. Wie du willst, du kannst Gott finden. Das ist das Geheimnis des Glaubens, du kannst mit Gott eins sein.
Darum sagte ich Ihnen gleich am Anfang: Das Allerschlimmste ist, wenn man nicht mehr glauben kann. Schuld und Böses kann vergeben werden, ein verkorkstes Leben kann neu werden durch Glauben, Not kann geheilt werden. Aber wenn man nicht mehr glauben kann, will der Herr Jesus unseren Glauben stärken.
Er schaut uns an und ruft uns zu und sagt: Ich verstelle mich vor dir nicht. Du siehst meine ganze Liebe. Er hat sie dir enthüllt, was er für dich tut. So hat es diese Frau aus Syrophenizien nicht gehabt. Er hat uns seine ganze Liebe oft erfahren lassen. Glaube mir, fürchte dich nicht, glaube nur.
Wir denken jetzt an Petrus, der einst auf dem See Jesus entgegengehen wollte und bei der ersten kleinen Welle auf die Seite blickt und denkt: Herr, jetzt gehe ich unter, jetzt reicht’s nicht mehr, deine starke Hand.
Dann wird uns deutlich: Es ist gefährlich, wenn man bei der kleinsten Welle, beim kleinsten Anschein schon denkt, ich bin ein hoffnungslos Verlorener.
Ach, diese Frau schaut doch nicht mehr auf die Wellen. Die Frau schaut nicht mehr auf das, was sie mit den Augen beobachten kann. Sie weiß: Da ist die Liebe Gottes, und er kann gar nicht anders, als sich meiner erbarmen. Auf ihn baue ich und ihm traue ich.
Es gibt Stunden, wo wir Angst haben und wo wir verzweifeln wollen, wo wir das Grauen empfinden, und da dürfen wir dann aufblicken und durchblicken durch das Grauen der Nacht und gewiss werden in der Liebe Jesu.
Noch einen dritten Gedanken: Dieser Glaube siegt. Glauben äußert sich im Vertrauen, Glauben geht durch Anfechtung, dieser Glaube siegt.
Wir hätten die Geschichte etwas anders berichtet, wenn wir Matthäus gewesen wären. Ich hätte noch das Happy End erzählt, wie die Mutter nach Hause kam, wie sie die Tochter in die Arme nahm und das große Glück, was aus der Tochter geworden ist.
Das Neue Testament bricht da ab, weil das Entscheidende erzählt ist. Es muss der Mutter offenbar gar keine Not mehr gemacht haben. Sie hat nicht gesagt: Gib mir das schriftlich oder wenn ich nach Hause komme, stimmt das alles nicht.
Die Frau ist auf dem Heimweg, und ich vermute, sie sang ein Lied nach dem anderen, bevor sie ihre Tochter gesund in ihre Arme schloss.
Jesus hat ihr nur zugesagt: Geh nach Hause, es ist alles in Ordnung, die Tochter ist gesund.
Dieser Frau ähneln wir auch an dieser Stelle. Wir leben im Glauben und nicht im Schauen. Für uns bedeutet das immer ein großes Handicap. Wir sagen: Wir haben es noch nicht gesehen.
Mir ist das sehr schwer, wenn man immer wieder unter Versuchungen leidet und kämpfen muss und immer wieder erlebt, wie der Teufel Macht hat im Leben. Warum denn noch?
Aber da sind wir ja gleichsam wie diese Frau auf dem Heimweg. Da gibt uns heute Jesus schon das Wort: Dir sind deine Sünden vergeben, du bist gerecht gemacht durch den Tod Jesu, du bist ein Heiliger, du bist ein Kind Gottes.
Wir haben noch ein Stück Heimweg zu machen, bis wir dann einmal das Erfülltsehen in der Ewigkeit haben, dass das neue Leben wirklich schon Gestalt gewonnen hat bei uns.
Da darf ich nun im Glauben fröhlich meine Lieder singen und sagen: Herr Jesus, ich will ablegen, was mich beschwert, auch die Ängste und die Sorgen. Und wenn doch die Krankheit und wenn doch das Alte wieder hochkommt.
Darum ist die Sünde und der Teufel nicht mehr das Thema im Christenleben. Wir glauben, dass Jesus die Macht der Finsternis besiegt hat. Wir sagen: Uns genügt dein Wort, du hast es uns zugesagt. Du hast uns schon deinen Pfand gegeben, deinen Heiligen Geist, der in uns Wohnung macht.
Und wir bitten dich nur: Lass jetzt deinen Geist in unserem Leben etwas Neues schaffen. Die Hauptschlacht ist schon geschlagen, die Krankheit ist besiegt. Es dauert nur noch eine kurze Zeit, bis wir die Erfüllung unseres Glaubens sehen.
So steht diese Frau vor uns als eine Zeugin des Glaubens, die uns Mut macht und die uns sagt: Schau mal, was ich erlebt habe, du kannst noch Größeres erleben. Vertraue dich ihm an!
Einer der Väter des Glaubens, Woltersdorf, hat einen Vers gedichtet, der an dieser Stelle das Ringen dieser Frau aufnimmt, und den möchte ich Ihnen am Schluss sagen. Er empfiehlt uns, wie wir glauben sollen: wie Bettler stehenbleiben und unverschämt betreiben, worum sie angesprochen und an die Tür pochen, so sollen wir es wagen, an sein Herz anzuschlagen, getrost und freudig beten, nicht von der Stelle treten.
Wenn lauter Nein erscheint, ist lauter Ja gemeint. Wenn der Verzug am größten ist, so ist die Hilfe am nächsten.
Amen.
Und beten wir: Herr, dir sei Dank für dein Wort. Du hast es uns so oft schon zugerufen, dass deine Liebe uns nicht loslässt und dass dein Herz für uns offensteht.
Herr, vergib uns, dass wir uns nicht loslassen, dass wir uns nicht verlassen. Das große Unrecht der Zweifel, die deine Liebe lästern. Das große Unrecht unseres Unglaubens, dass er eine Majestätsbeleidigung deiner Herrlichkeit und deines Erbarmens ist.
Ja, das kann nicht sein, dass dein Wort lügt und dass dein Erbarmen eine Täuschung wäre. Darum wollen wir uns dir anvertrauen mit all dem, was uns jetzt bewegt. Wir wollen unser sündiges Leben in deine Hand legen, unseren schwachen Willen, alles, was wir sind, unsere Aufgaben, in die du uns stellst.
Wir wollen uns dir anbefehlen und danken dir, dass du Neues und Großes aus unserem Leben machen kannst, dir zur Ehre.
Du gibst uns dein großes Wort, das mit einem Auferstehungssieg die Macht der Finsternis überwunden hat. Darum glauben wir dir und wollen in ein neues Leben eintreten, wollen das Alte liegenlassen und vergessen.
Und es dir zutrauen, dass deine Kraft in Schwachen mächtig ist.
Dir bringen wir auch die Aufgaben, die wir haben: in unserem Beruf, in unserer Familie, in den Mitmenschen, in Volk und Land, in der Gemeinde, in der Christenheit.
Lass uns hier auch unseren Platz ausfüllen. Gib uns einen klaren Blick, dass wir unsere Aufgaben erkennen.
Und hier befehlen wir auch all die an, die jetzt nicht unter uns sein können, die getrennt sind von uns, die Einsamen, die Kranken, die überall in der Welt im Einsatz sind für dich und dein Werk, in der Mission, in der Diakonie.
Gib du ihnen auch jetzt fröhliche Glaubensgeborgenheit in dir.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.
Geht hin unter dem Segen des Herrn.
Herr segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Drei einfache Erkenntnisse zum Glauben der Frau
Lassen Sie mich drei Bemerkungen zum Glauben dieser Frau machen – ganz schlichte Bemerkungen, die uns helfen sollen, damit auch wir in diesen Glauben der heidnischen Frau aus Syrophenizien eintreten können.
Glauben äußert sich zuerst durch Vertrauen. Wir sind im Abendland Menschen, die vom Verstand ausgehen, und für uns ist Glauben zunächst eine Verstandesfrage. Für uns zeigt sich Glauben in großen, formvollendeten Sätzen, in Bekenntnissen, die man rezitieren kann. Ich weiß nicht, ob diese Frau viel aussprechen konnte. Für sie war Glauben ein großes Vertrauen. Sie ist einfach losgelaufen und hat ihre Not Jesus vor die Füße geworfen.
Ich stelle mir sie als eine praktische Frau vor, als eine Frau des Alltags, die zwei Hände hat und zupacken kann. Viel mehr kann man von ihr gar nicht erkennen, und so macht sie es auch. Sie sagt: „Ich verstehe von allen Dingen nichts, bei mir daheim ist meine Tochter im Sterben, und da ist Jesus der Heiland.“ Dann nimmt sie einfach ihren Schmerz, schreit ihn hinaus und sagt: „Da, Jesus, du musst jetzt helfen.“
Wenn wir Glauben lernen wollen, dann nur so. Da liegt unsere Not vielleicht gar nicht so sehr im Verstehen, denn die Frau hat ja auch nicht verstanden. Meinen Sie, sie hätte alle Geheimnisse Gottes ergründen können? Das wird niemals möglich sein, solange wir in dieser Welt leben. Aber diese Frau war von ihrer Not geschüttelt. Wochen vorher – ob sie da so geglaubt hat, das denke ich nicht. Aber jetzt, in dieser Lage, stand es auf Messers Schneide: Wem glaube ich? Was glaube ich?
Man kann in seinem Leben viele religiöse Theorien haben, aber wenn man einmal seiner eigenen Schuld in die Augen sieht und sein vor Gott verlorenes Leben erkennt, dann ist Glauben keine akademische Diskussion mehr. Dann wird Glauben für uns eine existenzielle Frage: Glaube ich, dass es alles nicht schlimm ist und es kein Gericht Gottes gibt? Glaube ich, dass Gott mich dennoch annimmt? Ist alles doch so gut? Oder: Wer kann mich denn vertreten, wer kann mein Leben lösen?
Wenn ich an dieser Schwelle stehe und frage: Was rettet mich denn in meinem Leben? Ich kann viele Jahre in der festen Überzeugung leben, der Mensch sei groß und mache die Welt neu. Aber wenn uns dann nur ein Stück weit die Augen geöffnet sind und wir sehen, wie wir wirklich sind, dann wird der Glaube eine echte Frage: Wem glaube ich? Was glaube ich?
Da steht uns diese Frau aus Syrophenizien als ein Vorbild gegenüber, die sagt: „Ich muss glauben, es gibt doch gar keinen anderen Ausweg.“ An was will man denn glauben? Worauf will man denn gründen? Und das ist hoffentlich in ihrem Leben zu einer Klarheit gekommen. Wollen Sie Ihr Leben auf Ihre Wohlanständigkeit gründen und sagen: „Ich bin doch gar nicht so schlecht“? Oder ist das nicht auch Ihr Glaube, all das, was Sie hält, was Sie fröhlich macht, dass Sie sagen: „Gott hat seinen Sohn für mich am Kreuz sterben lassen, und darum bin ich gewiss, dass mich aus der Hand Gottes nichts mehr trennen kann“?
Und wenn ich im Leben viel nicht verstehe, das eine will ich fassen: Gott hat mich lieb, weil er Jesus Christus für mich hat sterben lassen. Alles andere kann dunkel bleiben im Leben, aber ihm glaube ich. Und das ist die Grundtatsache meines Glaubens, auf die ich mich gründe.
Wenn ich auf die Erfahrungen sehe, könnte ich auch denken, Gott hat mich verlassen und er denkt nicht an mich. Aber ich glaube ihm, weil er mich da vom Kreuz ansieht und mir sagt: „Für dich in den Tod gegeben“ – und niemand kann dich aus meiner Hand reißen. Das ist Glauben. Das Vertrauen.
Ja, woher kam denn das Vertrauen der Frau? Ein wenig will ich doch noch nachfragen. Wahrscheinlich hat sie – anders kann es kaum sein – etwas von Jesus gehört. Da haben ein paar Nachbarn etwas mitgebracht, oder einer, der auf Reisen unterwegs war, hat erzählt, wie er jenen Jesus von Nazareth traf, und da hat sie die Ohren geöffnet. Es war ja nur wie eine Kunde, die an ihr Ohr drang.
Aber als sie dann dieser schweren Not gegenüberstand, da dachte sie: Der, der den Tauben das Ohr geöffnet hat – sollte der nicht helfen können? Der vom Reich Gottes gepredigt hat – sollte der seine Herrschaft nicht angesichts der Macht des Todes aufrichten? Wenn schon bei der Frau solche armseligen, bruchstückhaften Berichte einen Glauben wirken, wie müsste unser Glaube, unser Vertrauen zu Jesus erst stark sein, wo wir so viel von ihm gehört haben, so viele Zeugen vor uns durch Jahrhunderte hinweg von den Erfahrungen mit dem Herrn gesprochen haben.
Ich darf nur bitten: Glauben lernen wir am Abgrund, wie diese Frau angesichts der großen Hoffnungslosigkeit. Wer bin ich und wer ist er? Ich vertraue ihm.
Eine zweite Beobachtung machen wir an diesem Abschnitt: Glauben geht durch die Anfechtung. Es geht nicht ganz so leicht, wie ich eben gesagt habe. Diese Frau kommt zu Jesus, und Jesus erteilt ihr eine glatte Abfuhr. Das versteht man nicht. Es kommt einem ganz ärgerlich vor, wie Jesus sie hier verstellt. Warum hilft er der Frau nicht? Er müsste ihr doch nun auf diesen starken Glauben eine tröstliche Antwort geben. Er tut es nicht.
Er schickt sie weg und sagt: „Ich bin nicht zuständig für dich.“ Das ist recht einzuordnen. Das war während der drei Jahre Wirksamkeit Jesu so. Der Vater hat Jesus den Auftrag gegeben, die verlorenen Schafe vom Hause Israel zu sammeln – in diesen drei Jahren. Erst nach der Himmelfahrt geht der Auftrag an die Heidenvölker.
Darum hat Jesus gesagt: „Ich kann mich jetzt nicht verzetteln, ich muss dem Vater gehorsam sein und meine Aufgabe an Israel erfüllen. Ich will jetzt nicht.“ Das muss für die Frau ein Schock gewesen sein. Wo ist denn dann Gottes Liebe? Ich habe geglaubt und vertraut, und er hilft nicht.
Das ist die Stimme, die wir immer wieder hören von Menschen, die sagen: „Ich habe gebetet und es blieb stumm, ich habe gewartet und nichts hat sich ereignet.“ Ja, auch diese Frau. So steht es ja schon im Neuen Testament.
Aber der Glaube dieser Frau hat sich gerade darin gezeigt, dass sie sagt: „Ja, Herr.“ Sie sagt, es ist recht, dass Jesus seinen Plan erfüllt und dem Vater gehorsam ist. Selbst als Jesus ein Beispiel wählt, das diese Frau eigentlich verwunden muss: „Es ist nicht recht, dass man den Kindern Gottes, das heißt den Israeliten, das Brot wegnimmt und es vor die Hunde wirft – das sind die Heiden.“
Da sagt sie: „Ja, Herr, aber dann lass mich so ein Hund sein, der noch ein paar Brocken mitkriegt von dem, was am Tisch Israels auf die Seite herunterfällt.“ Das ist Glauben. Sie glaubt selbst dann noch, als Jesus ihr Nein sagt. Woher hat sie nun ein solches Vertrauen? Denn nur zu sagen, sie habe das aus dem Wort, aus dem, was sie gehört hat, aus den Berichten, reicht nicht.
Sie sagt: „Wenn der Messias Israels kommt, dann kann das gar nicht sein, und wenn es so aussieht, als ob er mir nicht hilft, ich bleibe dabei. Und wenn es so aussieht, als sei er nur für Israel da, dann bleibe ich dennoch dabei.“
Dass Glauben nicht Ergebung bedeutet, muss uns spätestens hier klar werden. Glauben heißt ja nicht, sich drein schicken zu lassen und still zu sein. So ein Glauben heißt bei Gott zu protestieren, auf den Tisch zu hauen und zu sagen: „In aller Demut, Herr, aber ich lasse dich nicht los, du segnest mich denn, und ich gehe nicht weg.“
Und wenn es immer dunkler aussieht und es so scheint, als ob das Angesicht Jesu, das wir vor Augen haben, verfinstert wäre – nein, die Frau bleibt dabei. Sie sieht durch das Dunkle, das vor ihr nur noch bleibt wie eine dunkle Wand, doch das leuchtende Antlitz Jesu. Das ist Glauben.
Und Jesus sagt: „Das ist Glauben, dir geschehe, wie du willst. Wie du willst, du kannst Gott finden.“ Das ist das Geheimnis des Glaubens: Du kannst mit Gott eins sein.
Darum sagte ich Ihnen gleich am Anfang: Das Allerschlimmste ist, wenn man nicht mehr glauben kann. Schuld und Böses können vergeben werden, ein verkorkstes Leben kann neu werden durch Glauben, Not kann geheilt werden. Aber wenn man nicht mehr glauben kann, dann ist das bitter.
Der Herr Jesus will unseren Glauben stärken. Er schaut uns an und ruft uns zu: „Ich verstelle mich vor dir nicht.“ Du siehst meine ganze Liebe. Er hat sie ihnen enthüllt, was er für sie tut. So hat es diese Frau aus Syrophenizien nicht gehabt. Er hat uns seine ganze Liebe oft erfahren lassen.
Glaube mir, fürchte dich nicht, glaube nur. Wir denken jetzt an Petrus, der einst auf dem See Jesus entgegengehen wollte und bei der ersten kleinen Welle auf die Seite blickt und denkt: „Herr, jetzt gehe ich unter, jetzt reicht’s nimmer.“ Deine starke Hand!
Dann wird uns deutlich, dass es gefährlich ist, wenn man bei der kleinsten Welle, beim kleinsten Anschein schon denkt: Ich bin ein hoffnungslos Verlorener. Ach, diese Frau schaut doch nicht mehr auf die Wellen. Sie schaut nicht mehr auf das, was sie mit den Augen beobachten kann. Sie weiß: Da ist die Liebe Gottes, und er kann gar nicht anders, als sich meiner erbarmen. Auf ihn baue ich und ihm traue ich.
Es gibt Stunden, in denen wir Angst haben und verzweifeln wollen, in denen wir das Grauen empfinden. Da dürfen wir dann aufblicken und durchblicken durch das Grauen der Nacht und gewiss werden in der Liebe Jesu.
Noch einen dritten Gedanken: Dieser Glaube siegt. Glauben äußert sich im Vertrauen, Glauben geht durch Anfechtung, und dieser Glaube siegt.
Wir hätten die Geschichte etwas anders berichtet, wenn wir Matthäus gewesen wären. Ich hätte noch das Happy End erzählt, wie die Mutter nach Hause kam, wie sie die Tochter in die Arme nahm, das große Glück und was aus der Tochter geworden ist.
Das Neue Testament bricht hier ab, weil das Entscheidende erzählt ist. Es muss der Mutter offenbar gar keine Not mehr gemacht haben. Sie hat nicht gesagt: „Gib mir das schriftlich!“ oder „Wenn ich jetzt nach Hause komme, stimmt das alles nicht.“ Die Frau ist auf dem Heimweg, und ich vermute, sie sang ein Lied nach dem anderen, bevor sie ihre Tochter gesund in die Arme schloss.
Jesus hat ihr nur zugesagt: „Geh nach Hause, es ist alles in Ordnung, die Tochter ist gesund.“ Dieser Frau ähneln wir auch an dieser Stelle. Wir leben im Glauben und nicht im Schauen. Für uns bedeutet das immer ein großes Handicap. Wir sagen: „Wir haben es noch nicht gesehen.“
Mir ist das sehr schwer, wenn man immer wieder unter Versuchungen leidet und kämpfen muss und immer wieder erlebt, wie der Teufel Macht hat im Leben. Warum denn noch? Aber da sind wir ja gleichsam wie diese Frau auf dem Heimweg.
Da gibt uns heute Jesus schon das Wort: „Dir sind deine Sünden vergeben, du bist gerecht gemacht durch den Tod Jesu, du bist ein Heiliger, du bist ein Kind Gottes.“ Wir haben noch ein Stück Heimweg zu machen, bis wir dann einmal das Erfülltsehen in der Ewigkeit haben, dass das neue Leben wirklich schon Gestalt gewonnen hat bei uns.
Da darf ich nun im Glauben fröhlich meine Lieder singen und sagen: Herr Jesus, ich will ablegen, was mich beschwert, auch die Ängste und die Sorgen. Und wenn doch die Krankheit und wenn doch das Alte wieder hochkommt, darum ist die Sünde und der Teufel nicht mehr das Thema im Christenleben.
Wir glauben, dass Jesus die Macht der Finsternis besiegt hat. Wir sagen: Uns genügt dein Wort, du hast es uns zugesagt. Du hast uns schon deinen Pfand gegeben, deinen Heiligen Geist, der in uns Wohnung macht. Und wir bitten dich nur: Lass jetzt deinen Geist in unserem Leben etwas Neues schaffen.
Die Hauptschlacht ist schon geschlagen, die Krankheit ist besiegt. Es dauert nur noch eine kurze Zeit, bis wir die Erfüllung unseres Glaubens sehen.
So steht diese Frau vor uns als eine Zeugin des Glaubens, die uns Mut macht und sagt: Schau mal, was ich erlebt habe, du kannst noch Größeres erleben. Vertraue dich ihm an!
Einer der Väter des Glaubens, Woltersdorf, hat einen Vers gedichtet, der an dieser Stelle das Ringen dieser Frau aufnimmt, und den möchte ich Ihnen am Schluss sagen. Er empfiehlt uns, wie wir glauben sollen: wie Bettler stehenbleiben und unverschämt betreiben, worum sie angesprochen und an die Türe pochen. So sollen wir es wagen, an sein Herz anzuschlagen, getrost und freudig beten, nicht von der Stelle treten.
Wenn lauter Nein erscheint, ist lauter Ja gemeint. Wenn der Verzug am größten ist, so ist die Hilfe am nächsten. Amen.
Und beten: Herr, dir sei Dank für dein Wort. Du hast es uns so oft schon zugerufen, dass deine Liebe uns nicht loslässt und dass dein Herz für uns offensteht.
Herr, vergib uns, dass wir uns nicht loslassen, dass wir uns nicht verlassen. Das große Unrecht der Zweifel, die deine Liebe lästern, das große Unrecht unseres Unglaubens, dass er eine Majestätsbeleidigung deiner Herrlichkeit und deines Erbarmens ist.
Ja, das kann nicht sein, dass dein Wort lügt und dass dein Erbarmen eine Täuschung wäre. Darum wollen wir uns dir anvertrauen mit all dem, was uns jetzt bewegt. Wir wollen unser sündiges Leben in deine Hand legen, unseren schwachen Willen, alles, was wir sind, unsere Aufgaben, in die du uns stellst.
Wir wollen uns dir anbefehlen und danken dir, dass du Neues und Großes aus unserem Leben machen kannst, dir zur Ehre. Du gibst uns dein großes Wort, das mit einem Auferstehungssieg die Macht der Finsternis überwunden hat.
Darum glauben wir dir und wollen in ein neues Leben eintreten, wollen das Alte liegen lassen und das Alte vergessen. Und es dir zutrauen, dass deine Kraft in Schwachen mächtig ist.
Dir bringen wir auch die Aufgaben, die wir haben: in unserem Beruf, in unserer Familie, in den Mitmenschen, in Volk und Land, in der Gemeinde, in der Christenheit. Lass uns hier auch unseren Platz ausfüllen.
Gib uns einen klaren Blick, dass wir unsere Aufgaben erkennen. Hier befehlen wir auch all die an, die jetzt nicht unter uns sein können, die getrennt sind von uns, die Einsamen, die Kranken, die überall in der Welt im Einsatz sind für dich und dein Werk, in der Mission, in der Diakonie.
Gib du ihnen auch jetzt fröhliche Glaubensgeborgenheit in dir.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.
Geht hin unter dem Segen des Herrn. Herr segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Der Ursprung des Vertrauens
Ein wenig möchte ich doch noch nachfragen. Wahrscheinlich hat sie anders, kann es kaum sein, etwas von Jesus gehört. Vielleicht haben ein paar Nachbarn etwas mitgebracht, oder einer, der auf Reisen war, hat erzählt, wie er jenen Jesus von Nazareth traf. Da hat sie die Ohren geöffnet. Es war ja nur wie eine Kunde, die an ihr Ohr drang.
Aber als sie dann dieser schweren Not gegenüberstand, da dachte sie: Der, der den Tauben das Ohr geöffnet hat, sollte der nicht helfen können? Der, der vom Reich Gottes gepredigt hat, sollte er seine Herrschaft nicht angesichts der Macht des Todes aufrichten?
Wenn schon bei der Frau armselige, bruchstückhafte Berichte solchen Glauben wirken, wie stark müsste unser Glaube, unser Vertrauen zu Jesus erst sein, wo wir so viel von ihm gehört haben? Wo so viele Zeugen vor uns durch Jahrhunderte hinweg von ihren Erfahrungen mit dem Herrn gesprochen haben?
Ich darf nur bitten, Glauben zu lernen – am Abgrund, wie diese Frau angesichts der großen Hoffnungslosigkeit. Wer bin ich und wer ist er? Ich vertraue ihm.
Glauben besteht auch in Anfechtung
Eine zweite Beobachtung machen wir an diesem Abschnitt: Glauben geht durch die Anfechtung. Es geht nicht ganz so leicht, wie ich eben gepredigt habe. Diese Frau kommt zu Jesus, und Jesus erteilt ihr eine glatte Abfuhr. Das versteht man nicht. Es kommt einem ganz ärgerlich vor, wie Jesus sie hier verstellt. Warum hilft er der Frau nicht? Er muss ihr doch auf ihren starken Glauben eine tröstliche Antwort geben. Doch er tut es nicht. Er schickt sie weg und sagt: „Ich bin nicht zuständig für dich.“
Das muss man richtig einordnen können. Das war während der drei Jahre Wirksamkeit Jesu. Der Vater hat Jesus den Auftrag gegeben, die verlorenen Schafe vom Hause Israel zu sammeln – in diesen drei Jahren. Erst nach der Himmelfahrt geht der Auftrag an die Heidenvölker. Darum hat Jesus gesagt: „Ich kann mich jetzt nicht verzetteln. Ich muss dem Vater gehorsam sein und meine Aufgabe an Israel erfüllen. Ich will jetzt nicht.“
Das muss ja für die Frau ein Schock gewesen sein. Wo ist denn dann Gottes Liebe? Ich habe geglaubt und vertraut, und er hilft nicht. Das ist ja die Stimme, die wir immer wieder von Menschen hören, die sagen: „Ich habe gebetet, und es blieb stumm. Ich habe gewartet, und nichts hat sich ereignet.“ Ja, so ging es auch dieser Frau, wie es im Neuen Testament steht.
Aber der Glaube dieser Frau hat sich gerade darin gezeigt, dass sie sagt: „Ja, Herr.“ Sie akzeptiert, dass Jesus seinen Plan erfüllt und dem Vater gehorsam ist. Selbst als Jesus ein Beispiel wählt, das die Frau eigentlich verletzen muss – er sagt, es ist nicht recht, den Kindern Gottes, also den Israeliten, das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen, das sind die Heiden – da antwortet sie: „Ja, Herr, aber lass mich so ein Hund sein, der noch ein paar Brocken vom Tisch Israels abbekommt.“
Das ist Glauben. Sie glaubt selbst dann noch, als Jesus ihr Nein sagt. Woher hat sie ein solches Vertrauen? Woher hat sie das? Man könnte sagen, sie hat es aus dem Wort, aus dem, was sie gehört hat, aus den Berichten. Sie sagt: „Wenn der Messias Israels kommt, dann kann das gar nicht sein, dass er mir nicht hilft. Auch wenn es so aussieht, als ob er nur für Israel da ist, bleibe ich dennoch dabei.“
Dass Glauben nicht ergebenes Hinnehmen bedeutet, muss uns spätestens hier klar werden. Glauben heißt nicht, sich dreinlegen und still sein. So ein Glauben heißt bei Gott zu protestieren, auf den Tisch zu hauen und zu sagen: „In aller Demut, Herr, aber ich lasse dich nicht los. Du segnest mich denn, und ich gehe nicht weg.“ Selbst wenn es immer dunkler aussieht und es so scheint, als ob das Angesicht Jesu, das wir vor Augen haben, verfinstert wäre – nein, die Frau bleibt dabei.
Sie sieht durch das Dunkel, das vor ihr wie eine dunkle Wand bleibt, doch das leuchtende Antlitz Jesu. Das ist Glauben. Und Jesus sagt: „Das ist Glauben. Dir geschehe, wie du willst. Wie du willst, du kannst Gott finden.“ Das ist das Geheimnis des Glaubens: Du kannst mit Gott eins sein.
Darum sagte ich Ihnen gleich am Anfang: Das Allerschlimmste ist, wenn man nicht mehr glauben kann. Schuld und Böses können vergeben werden, ein verkorkstes Leben kann neu werden durch Glauben, Not kann geheilt werden. Aber wenn man nicht mehr glauben kann, dann ist das eine große Not.
Der Herr Jesus will unseren Glauben stärken. Er schaut uns an, ruft uns zu und sagt: „Ich verstelle mich vor dir nicht.“
Vertrauen trotz Zweifel und Angst
Du siehst meine ganze Liebe. Er hat sie ihnen offenbart, was er für sie tut. So hat es diese Frau Syrophenizierin nicht erlebt.
Er hat uns seine ganze Liebe oft erfahren lassen. Glaube mir, fürchte dich nicht, glaube nur.
Wir denken jetzt an Petrus, der einst auf dem See Jesus entgegengehen wollte. Bei der ersten kleinen Welle blickt er zur Seite und denkt: „Herr, jetzt gehe ich unter, jetzt reicht es nicht mehr!“ Dann wird uns deutlich, wie gefährlich es ist, wenn man schon bei der kleinsten Welle oder beim geringsten Anschein denkt, man sei hoffnungslos verloren.
Ach, diese Frau schaut doch nicht mehr auf die Wellen. Sie schaut nicht mehr auf das, was sie mit den Augen beobachten kann. Sie weiß: Da ist die Liebe Gottes, und er kann gar nicht anders, als sich meiner zu erbarmen. Auf ihn baue ich und ihm traue ich.
Es gibt Stunden, in denen wir Angst haben und verzweifeln wollen, in denen wir das Grauen empfinden. Doch dann dürfen wir aufblicken und hindurchblicken durch das Grauen der Nacht. Wir dürfen gewiss werden in der Liebe Jesu.
Der siegreiche Glaube
Noch ein dritter Gedanke: Dieser Glaube siegt. Glauben äußert sich im Vertrauen. Glauben geht durch Anfechtung. Dieser Glaube siegt.
Wir hätten die Geschichte etwas anders erzählt, wenn wir Matthäus gewesen wären. Ich hätte noch das Happy End berichtet, wie die Mutter nach Hause kam, wie sie die Tochter in die Arme schloss und das große Glück erlebte – und was aus der Tochter geworden ist. Das Neue Testament bricht hier ab, weil das Entscheidende erzählt ist.
Es muss der Mutter offenbar gar keine Not mehr gemacht haben. Sie hat nicht gesagt: „Gib mir das schriftlich“ oder „Wenn ich jetzt nach Hause komme, stimmt das alles nicht.“ Die Frau ist auf dem Heimweg, und ich vermute, sie sang ein Lied nach dem anderen, bevor sie ihre Tochter gesund in die Arme schloss.
Jesus hat ihr nur zugesagt: „Geh nach Hause, es ist alles in Ordnung, die Tochter ist gesund.“ Dieser Frau ähneln wir auch an dieser Stelle. Wir leben im Glauben und nicht im Schauen. Für uns bedeutet das oft ein großes Handicap.
Wir sagen: „Wir haben es noch nicht gesehen.“ Mir fällt das sehr schwer, wenn man immer wieder unter Versuchungen leidet, kämpfen muss und immer wieder erlebt, wie der Teufel Macht im Leben hat. Warum denn noch?
Aber da sind wir ja gleichsam wie diese Frau auf dem Heimweg. Da gibt uns heute Jesus schon das Wort: „Dir sind deine Sünden vergeben, du bist gerecht gemacht durch den Tod Jesu, du bist ein Heiliger, du bist ein Kind Gottes.“
Wir haben noch ein Stück Heimweg zu machen, bis wir dann einmal das Erfülltsehen in der Ewigkeit haben – dass das neue Leben wirklich schon Gestalt gewonnen hat bei uns.
Da darf ich nun im Glauben fröhlich meine Lieder singen und sagen: Herr Jesus, ich will ablegen, was mich beschwert, auch die Ängste und die Sorgen. Und wenn doch die Krankheit kommt, und wenn doch das Alte wieder hochkommt.
Darum sind Sünde und Teufel nicht mehr das Thema im Christenleben. Wir glauben, dass Jesus die Macht der Finsternis besiegt hat. Wir sagen: Uns genügt dein Wort, du hast es uns zugesagt. Du hast uns schon deinen Pfand gegeben, deinen Heiligen Geist, der in uns Wohnung macht.
Und wir bitten dich nur: Lass jetzt deinen Geist in unserem Leben etwas Neues schaffen. Die Hauptschlacht ist schon geschlagen, die Krankheit ist besiegt. Es dauert nur noch eine kurze Zeit, bis wir die Erfüllung unseres Glaubens sehen.
So steht diese Frau vor uns als eine Zeugin des Glaubens, die uns Mut macht und uns sagt: Schau mal, was ich erlebt habe! Du kannst noch Größeres erleben. Vertraue dich ihm an!
Ermutigung zum beharrlichen Glauben
Einer der Väter des Glaubens, Woltersdorf, hat einen Vers gedichtet, der an dieser Stelle das Ringen dieser Frau aufgreift. Diesen Vers möchte ich Ihnen zum Schluss sagen.
Er empfiehlt uns, wie wir glauben sollen: wie Bettler stehenbleiben und unverschämt beharrlich sein. So wie die Frau angesprochen hat und an die Tür pochte, sollen auch wir es wagen, an sein Herz zu klopfen. Dabei sollen wir getrost und freudig beten und nicht von der Stelle treten.
Wenn lauter Nein erscheint, ist lauter Ja gemeint. Wenn der Verzug am größten ist, so ist die Hilfe am nächsten. Amen.
Schlussgebet und Segen
Und beten. Herr, dir sei Dank für dein Wort. Du hast es uns so oft schon zugerufen, dass deine Liebe uns nicht loslässt und dass dein Herz für uns offensteht.
Herr, vergib uns, dass wir uns nicht loslassen, dass wir uns nicht verlassen. Das große Unrecht der Zweifel, die deine Liebe lästern, das große Unrecht unseres Unglaubens, dass er eine Majestätsbeleidigung deiner Herrlichkeit und deines Erbarmens ist – ja, das kann nicht sein. Es kann nicht sein, dass dein Wort lügt und dass dein Erbarmen eine Täuschung wäre.
Darum wollen wir uns dir anvertrauen, mit all dem, was uns jetzt bewegt. Wir wollen unser sündiges Leben in deine Hand legen, unseren schwachen Willen, alles, was wir sind, und unsere Aufgaben, in die du uns stellst. Wir wollen uns dir anbefehlen und danken dir, dass du Neues und Großes aus unserem Leben machen kannst, dir zur Ehre.
Du gibst uns dein großes Wort, das mit einem Auferstehungssieg die Macht der Finsternis überwunden hat. Darum glauben wir dir und wollen in ein neues Leben eintreten. Wir wollen das Alte liegen lassen und das Alte vergessen. Und es dir zutrauen, dass deine Kraft in Schwachen mächtig ist.
Dir bringen wir auch die Aufgaben, die wir haben: in unserem Beruf, in unserer Familie, in den Mitmenschen, in Volk und Land, in der Gemeinde, in der Christenheit. Lass uns hier auch unseren Platz ausfüllen. Gib uns einen klaren Blick, damit wir unsere Aufgaben erkennen.
Hier befehlen wir auch all die an, die jetzt nicht unter uns sein können, die getrennt sind von uns, die Einsamen, die Kranken, die überall in der Welt im Einsatz sind für dich und dein Werk – in der Mission, in der Diakonie. Gib du ihnen auch jetzt fröhliche Glaubensgeborgenheit in dir.
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.
Geht hin unter dem Segen des Herrn. Herr segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
