Einführung und Kontext der Predigtserie
Die nächsten vier Wochen sind sehr vollgepackt. Deshalb gibt es wieder kurze, prägnante Vorträge.
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ihr hört die Vorträge zum Titusbrief von der Jugendpfingstfreizeit der Allgäuer Gemeinden.
Bedeutung des Begriffs „gläubige Kinder“ im Kontext der Ältesten
Und dann heißt es hier: der gläubige Kinder. Eine spannende Formulierung, „gläubig“, denn das Wort kann zweierlei bedeuten. Es kann einmal wirklich gläubig im Sinne von Glauben an Gott bedeuten, so wie wir es verstehen, wenn man sich zu Gott bekehrt. Dann ist man gläubig.
Es kann aber auch einfach nur vertrauenswürdig bedeuten, also dass sie sich nicht daneben benehmen. Nun stellt sich die Frage: Was bedeutet es hier im Blick auf die Ältesten? Müssen die Kinder gläubig sein im Sinne von wiedergeboren, getauft und Teil der Gemeinde? Oder reicht es, dass sie vertrauenswürdig sind, einen guten Charakter haben und sich in der Familie unterordnen und einordnen?
Man erkennt, worum es hier geht, wenn man ein Stück weiterliest. Dieses „gläubig“ wird nämlich näher erläutert, es wird definiert durch den Nachsatz: „die nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt oder aufsässig sind“. „Ausschweifendes Leben“ ist ein harter Begriff. Es sind Menschen, die so ähnlich wie der verlorene Sohn unterwegs sind.
„Aufsässig“ ist ebenfalls ein starker Begriff, der zum Ausdruck bringt, dass ein Kind rebelliert. Das sind Kinder, die nicht bereit sind, sich in den Familienverbund einzugliedern. Sie machen einfach nicht mit, sind ein Stück weit gegen alles. Wenn hier „aufsässig“ steht, dann ist das mehr als der ganz normale Widerspruchsgeist, der in jedem Kind ein wenig schlummert. Das ist normal.
Aber wenn ich es nicht schaffe, damit richtig umzugehen, und dieser Widerspruchsgeist wächst sich aus, sodass ich ein Kind habe, das einfach sein Ding durchzieht, dann zeigt dieser Zustand – also das Nichterzogensein meines Kindes –, dass ich auch nicht qualifiziert bin, um einer Gemeinde vorzustehen. Denn wenn ich meine eigenen Kinder nicht erziehen kann, dann kann ich auch mit den Problemen der Gemeinde nicht richtig umgehen.
Man lernt immer im Kleinen, also in der Familie, was man im Großen, in der Gemeinde, braucht. Daher geht es hier meiner Meinung nach bei „gläubige Kinder“ nicht darum, dass sie wiedergeboren, getauft und Teil der Gemeinde sind – so wünschenswert das auch ist.
Ich tue mich jedoch schwer damit, Eltern die Pflicht aufzuerlegen, die Wiedergeburt ihres Kindes erzwingen zu müssen. Das geht zu weit. Die Eigenverantwortung der Kinder bleibt bestehen. Ganz abgesehen davon ist die Frage, wann sich ein Kind aus einem gläubigen Elternhaus wirklich bekehrt hat, eine ganz andere und schwierige Frage.
Deshalb meine Erklärung: „gläubige Kinder“ – ich fände es schöner, wenn hier „vertrauenswürdige Kinder“ stünde. Kinder, an denen man sieht, dass der Vater einen guten Job macht, dass die Familie sich als Ganzes aus dem Heidentum heraus in die Christusnachfolge begeben hat und die Kinder, soweit von ihnen erwartet werden kann, nach den Familienregeln leben und am gemeinschaftlichen familiären Glauben teilnehmen.
Das ist, denke ich, hier gemeint.
Anforderungen an den Aufseher als Gottesverwalter
Vers 7: Denn der Aufseher muss untadelig sein, als Gottesverwalter.
Ihr merkt, vorher ging es um Älteste, jetzt geht es um Aufseher. Der Begriff beschreibt mehr die Funktion. Ein Aufseher ist jemand, der über jemanden wacht, der sagt: „Ich habe tatsächlich eine Verantwortung für dein Leben.“
Deshalb dürfen wir auch nicht überrascht sein, wenn Älteste mal kommen und sagen: „Ich würde gern mal mit dir reden, ich sehe da etwas in deinem Leben, und das finde ich durchaus schwierig.“ Das ist nicht der Moment, in dem du sagst: „Was hast denn du mir zu sagen?“ Denn genau das ist ihre Aufgabe, das ist ihr Job.
Der Aufseher muss, so heißt es wieder, untadelig sein. Noch einmal: Das heißt nicht perfekt, das heißt nicht sündlos. Er muss es als Gottesverwalter sein. Die Autorität eines Ältesten leitet sich aus der Funktion ab, die er als Aufseher hat. Er ist Aufseher unter Gott.
Hier steht, er ist Gottesverwalter. Gott übergibt ihm als Ältesten eine Aufgabe, und diese Aufgabe lautet: Sei für meine Gemeinde wie ein Hirte! Kümmere dich um meine Schafe!
Wenn ein Ältester seinen Job ernst nimmt – und ich war Jahrzehnte Ältester in Gemeinden –, dann wird er von diesem Job wirklich auch ein Stück weit getrieben. Getrieben in dem Sinne, dass man sich immer die Frage stellt: Mache ich es richtig?
Wenn dir Menschen von Gott anvertraut werden, dann bekommst du etwas Heiliges anvertraut. Du möchtest, dass das funktioniert, du möchtest, dass niemand Schaden nimmt.
In Hesekiel 34 wirft Gott den Ältesten seiner Zeit vor – es gab damals noch keine Ältesten, weil es noch keine Gemeinden gab, sondern er meint die Hirten im Volk. Das waren die Menschen, die sich hätten darum kümmern müssen, dass das Volk geführt wird wie eine Herde.
Er sagt zu ihnen in Hesekiel 34, Vers 4: „Die Schwachen habt ihr nicht gestärkt, das Kranke nicht geheilt, das Gebrochene nicht verbunden, das Versprengte nicht zurückgebracht und das Verlorene nicht gesucht.“
Ich habe diesen Vers sehr früh auswendig gelernt, weil ich dachte, hier wird beschrieben, was ein Ältester tut. Ein Ältester stärkt das Schwache, heilt das Kranke, verbindet das Gebrochene, bringt das Versprengte zurück und sucht das Verlorene.
Wenn du das überträgst – das ist ein Bild von Schafen, aber ich denke, es ist einfach zu übertragen –, kannst du hier Menschen sehen. Dann merkst du, welche Verantwortung damit verbunden ist.
Du gehst als Ältester permanent die Gemeindeliste durch und fragst dich: Wie geht es den einzelnen? Was muss ich tun, um dem Einzelnen auf seinem Weg zu helfen? Ist das jemand, der gerade dabei ist, verloren zu gehen? Muss ich ihn suchen? Ist das jemand, der krank ist und meine Hilfe braucht? Ist das jemand, der schwach ist und meine Unterstützung benötigt?
Deshalb bitte: Wenn ihr Älteste in Gemeinden habt, feiert diese Leute! Feiert sie auch, wenn ihr sie nicht immer versteht und wenn sie euch an der einen oder anderen Stelle ein bisschen komisch vorkommen. Das gibt es auch.
Aber genießt es, dass ihr Leute habt, die sagen: Wir übernehmen aus Gottes Hand als Gottesverwalter die Aufgabe, einer Gemeinde vorzustehen.
Warnung vor Eigenmächtigkeit als schwere Sünde für Älteste
Und um das zu tun, gibt es eine Sache, die man auf keinen Fall sein darf. Es gibt noch mehr, aber diese eine möchte ich jetzt besonders betonen. In Vers sieben heißt es: nicht eigenmächtig.
Das ist die Sünde aller Sünden in meinen Augen. Wenn ich eine Sünde aus dem Leben all meiner Freunde entfernen könnte, dann wäre es die Sünde der Eigenmächtigkeit.
Vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einer jungen Frau. Ich sagte ihr, dass es drei Sünden gibt, die eine Ehe kaputtmachen: Eigenwilligkeit, Eigenwilligkeit und nochmal Eigenwilligkeit. Dieses „Ich weiß es besser, ich lasse mir von niemandem etwas sagen, ich bin in meiner Meinung absolut unangreifbar“ ist etwas, das sehr problematisch ist.
Wenn du das in deinem Leben feststellst, also wenn du merkst, dass es dir schwerfällt, wenn ein anderer dir etwas sagt, wenn jemand zu dir kommt und dich kritisiert, dann solltest du das nicht ablehnen. Nicht, weil du dem anderen besonders lieb bist, der sich traut, mit dir darüber zu reden, sondern weil du dadurch wachsen kannst.
Wenn du dann merkst, wie du dich wie ein Igel zusammenrollst, deine Stacheln ausfährst und dem anderen am liebsten eine Schelle geben möchtest – und schon gar nicht zuhören willst –, dann ist Eigenmächtigkeit oder Eigenwilligkeit dein Problem.
Das ist ein riesengroßes Problem in unserer Zeit, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der wir heute im Seminar zum Thema expressiver Individualismus darüber gesprochen haben. Wir werden förmlich dazu aufgerufen, uns selbst zu erfinden, jedem zu zeigen, wie toll wir sind, und von niemandem Rat anzunehmen. Wir sollen alles allein schaffen.
Und das ist tiefer in unserem Wesen verankert, als uns manchmal lieb ist. Wenn du feststellst, dass Kritik bei dir sofort dazu führt, dass du auf Abstand gehst, dann hast du ein Problem mit Eigenmächtigkeit. Und dann musst du daran arbeiten.
Das ist etwas, das ein Ältester nicht haben darf. Er darf so nicht sein. Wir müssen uns an den Ältesten als Vorbild nehmen.
Wenn dir jemand etwas zeigt – und das gilt natürlich zuallererst für das Wort Gottes –, wenn dir jemand zeigt, wo du einen Fehler machst, dann feiere das mit allem, was du kannst. Kauf dir immer irgendwie Magnum Mandel, wenn dir jemand etwas zeigt, wo du sagst: Da darf ich mich noch ändern.
Das ist großartig. Es ist großartig.
Abschluss und Ausblick
Das war es für heute. Mein Tipp: Lies das Kapitel im Titusbrief, das heute dran war, noch einmal in Ruhe durch. Lass dich von Gottes Geist inspirieren.
In der nächsten Episode geht es mit dem Titusbrief weiter. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.