Einführung in das Thema Meinungsverschiedenheiten und Lehrfragen
Wir kommen nun zum dritten Thema: Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Lehrauffassungen. Ich habe eine Liste mit Fragen zusammengestellt, die viele beschäftigen.
Darf ein Geschiedener wieder heiraten? Kann ein Christ abfallen? Gibt es ewige Heilssicherheit? In welchem Verhältnis stehen diese beiden Fragen zueinander? Sind sie sich ausschließend oder ergänzend?
Wann ist die große Bedrängniszeit? Wann in Bezug auf diese Bedrängniszeit findet die Entrückung statt – vorher, nachher oder mittendrin? Gibt es ein tausendjähriges Reich? Wenn ja, wann – vor der Ankunft Christi oder danach?
Wie stehen die alttestamentlichen Verheißungen über Israels Zukunft in Verbindung mit dem Königreich Gottes? Soll man diese Verheißungen eins zu eins übertragen oder sind sie bildlich zu verstehen? Wenn sie bildlich sind, wie genau?
Eine weitere Frage: Was ist Erwählung? Was ist Vorherbestimmung? Wozu wird der Mensch vorherbestimmt? Wie steht die Lehre von der freien Entscheidungsmöglichkeit des Menschen im Zusammenhang mit der Lehre von der Erwählung und der Gemeinde in Christus?
Dürfen Frauen öffentlich das Wort Gottes verkündigen? Dürfen Frauen in Gemeinden leiten und dort Verkündigung halten? Wenn ja, in welchem Rahmen? Sollen sich Frauen beim Beten heute noch den Kopf bedecken? Wenn ja, bei welchen Gelegenheiten? Dürfen verheiratete oder unverheiratete Männer sich beim Beten bedecken?
Dürfen Frauen in der Versammlung vor anderen sprechen, beten oder im Gebet leiten? Der ganze komplexe Fragenbereich zur Kleidung: Was ist geziemende Kleidung beim Zusammenkommen, zuhause oder anderswo? Was ist spezifische weibliche Kleidung? Ist Kleidung überhaupt wichtig? Gibt es Unterschiede in der Kleidung?
Was ist die Haartracht? Welche Haartracht ist wohlgefällig bei Männern und bei Frauen? Dürfen Männer lange Haare tragen und Frauen kurze? Welcher Schmuck ist erlaubt und geziemend? Darf man sich schminken, die Haare färben oder anderweitig färben?
In Vers 14 – wo bin ich da schon? Welche Musik ist Gott wohlgefällig? Wie weit darf der Rhythmus dominieren? Gibt es christliche Rockmusik oder Popmusik?
Dürfen Christen Schulden machen? Ich bin jetzt schon bei Frage 15, dann 16: Was ist die Geistestaufe und wann geschieht sie? Gibt es eine zweite Erfahrung? Gibt es heute noch das wunderbare Reden in Fremdsprachen, die man nie gelernt hat? Man nennt das Zungenreden.
Geschehen heute noch Wunder wie früher im materiellen Bereich? Gibt es wunderbare Heilungen? Kann man sie voraussagen oder bei Gebet mit Handauflegung erwarten? Spricht Gott durch Träume? Gibt es heute noch direkte Prophetie?
Wie Sie sehen, gibt es eine ganze Reihe von Fragen. Es geht weiter: Exorzismus und so weiter, Territorialgeister. Kann man heute noch Christen Dämonen austreiben? Darf man beim Herrenmahl Traubensaft verwenden oder muss es Wein sein? Darf man Wein verwenden? Gesäuertes oder ungesäuertes Brot?
Wer darf am Mahl teilnehmen? Kann man jemandem die Teilnahme verweigern? Muss man sie verweigern? In welchen Fällen? In welchen Fällen nicht? In welcher Form soll man taufen? Ist die Taufe überhaupt wichtig? Was sind die Bedingungen für die Taufe? Was ist mit der Säuglingstaufe – gilt sie oder nicht?
Werden schließlich alle Menschen mit Gott versöhnt? Das sogenannte Thema Allversöhnung: Werden alle Menschen gerettet oder nicht? Wie sieht das die Bibel?
Ist die ganze Bibel Gottes Wort oder nur Teile davon? Gibt es Widersprüche in der Schrift? Ist die Schrift irrtumslos?
Dürfen Christen einen Fernseher haben, Filme schauen, ins Kino gehen oder ins Freibad? Wie soll man mit Filmen und diesen Dingen umgehen? Wie ist der Umgang mit iPhone, iPod, iPad und Internet?
Wie soll sich ein Christ in der Politik engagieren? Soll er das überhaupt? Darf man Wehrdienst leisten oder muss man? Oder darf man nicht? Sind gewisse Berufe überhaupt erlaubt? Darf man sie ausüben – zum Beispiel als Polizist?
Dürfen Christen schwören? Das gehört auch zu diesem Thema. Das nächste Thema: Tage halten. Dürfen oder sollen Christen Weihnachten feiern? Oder sollen sie es nicht? Wie ist das mit Ostern, Geburtstagen und so weiter?
Ein sehr komplexes Thema ist die Gemeindezucht. Wie geschieht sie? Wie sieht sie aus? Es gibt verschiedene Methoden des Gemeindebaus. Wie baut man Gemeinde auf? Wie kommt man zu Ältesten? Wie gestaltet man die Gemeindeversammlung? Wie muss man das machen? Oder soll man überhaupt nichts machen? Wie sieht das aus?
Die Bedeutung der Auseinandersetzung mit Lehrfragen
Stellenwert des Wortes Gottes und Erlebnisse: Was ist wichtiger – diese ganzen charismatischen Fragen, Show-Gottesdienste und dergleichen? Ah, nächste Seite. Das kann ich leider nicht lesen, ich muss es einfach vorlesen. Show-Gottesdienste à la Willow Creek – ist das gut oder nicht? Soll man das empfehlen oder tun?
Dann die Stellung zur Allianz und zur Ökumene, Pluralismus und Toleranz. Pluralismus heißt die Frage: Gibt es eine absolute Wahrheit oder gibt es mehrere Wahrheiten, die alle wahr sind? Und was ist Toleranz? Was bedeutet Toleranz eigentlich?
Zur christlichen Psychologie: Sollen wir psychotherapeutische Methoden anwenden oder nicht? Soll man sie empfehlen oder nicht? Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit anderen Gläubigen aus? Oder soll man sich von ihnen absondern?
Auch Themen wie Theater und Pantomime im Gottesdienst oder bei Evangelisation spielen eine Rolle. Überhaupt Evangelisationsmethoden: Wie weit darf die Zusammenarbeit mit anderen Gläubigen gehen und wo sind Grenzen?
Kindererziehung ist ebenfalls ein Thema. Die Frage der Züchtigung: Soll man Kinder, insbesondere Kirchenkinder, körperlich züchtigen? Was ist mit Homeschooling? Paramedizin, Homöopathie, Akupunktur, Wünschelruten – sind das gute oder schlechte Methoden? Soll man das erlauben oder dulden?
Auch Kremation oder Erdbestattung – also Verbrennen oder Bestatten – wird diskutiert. Nikotin und Alkohol: Wie weit ist das erlaubt, wie weit nicht? Was ist erlaubt, was nicht? Soll man den Sabbat halten oder nicht?
Und gestern hatten wir noch das Thema theistische Evolution. Das sind nur einige der Fragen. Es gibt also genug Stoff für Christen, um Meinungsunterschiede und Meinungsverschiedenheiten zu haben. Ich habe da schon sehr viel erlebt in dieser Hinsicht.
Nun wollen wir systematisch vorgehen, als Einleitung. Es ist wichtig, sich mit manchen Dingen auseinanderzusetzen. Natürlich stellt sich immer die Frage, welche Fragen wir behandeln wollen. Es gibt wichtige Fragen und weniger wichtige Fragen.
Grundsätzlich muss man sich mit Lehrfragen auseinandersetzen. Man kann nicht einfach sagen: „Ach, glaubt halt irgendetwas, jeder soll glauben, was er möchte.“ Man muss sich grundsätzlich mit Lehrfragen beschäftigen, sonst entsteht Verwirrung und Durcheinander.
Wir müssen als Christen um die Wahrheit ringen. Das ist einfach klar. Wir können vielleicht nicht alle Fragen gleich beantworten, aber der Wunsch muss da sein: Herr, ich möchte verstehen, was das Wort Gottes sagt.
Wir müssen es auch wagen, einen Standpunkt einzunehmen. Gerade bei speziellen und wichtigen Fragen müssen wir eine klare Position beziehen. Dabei sollten wir uns bemühen, dass es der biblische Standpunkt ist.
Es gibt zum Beispiel Fragen zur Bibel, zur Inspiration der Bibel, zur Autorität der Bibel: Ist alles Wort Gottes? Ist es ein vollkommenes Wort Gottes oder unvollkommen? Ist alles wahr oder nur Teile davon? Da muss ein Christ einen Standpunkt einnehmen. Man kann sich nicht einfach zurückziehen.
Das heißt, man muss sich damit auseinandersetzen. Man muss sich auch distanzieren, wo es nötig ist. Es gibt Fragen und Punkte, bei denen man sagen muss: Nein, so nicht, das geht nicht. Dort muss man sich distanzieren.
Bei ganz bestimmten, wichtigen Fragen – darauf kommen wir gleich noch zu sprechen – muss man Distanz zeigen. Die Auseinandersetzung darf nicht bei einem Unentschieden stehen bleiben.
Es gibt Punkte, auf die wir bestehen müssen. Es gibt wichtige Punkte, bei denen wir keine Ungewissheit zulassen dürfen. Zum Beispiel: Werden alle Menschen versöhnt oder nicht? Wird der Satan am Ende auch versöhnt oder nicht? Das ist eine Frage, die unter Christen diskutiert wird.
Ja, es gibt tatsächlich solche Fragen unter Christen, auch unter wiedergeborenen Christen. Zum Beispiel die sogenannte Allversöhnungslehre. Daraus ergibt sich, dass man von der Schrift her klare Antworten haben muss.
Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und die Verantwortung des Christen
Die Gefahr besteht darin, dass man in Form von Meinungen denkt – vor allem bei nicht ganz so entscheidenden Fragen oder bei Zwischenfragen, bei denen man nicht weiß, ob sie gewichtig oder unwichtig sind. Dann sagt man oft: „Schau, der Gottesmann sagt so, und der Gottesmann sagt so“, und man spielt sich gegenseitig aus. Der Gläubige steht dazwischen und denkt: „Wenn die gescheiten und geistlichen Leute sich nicht einig sind, wer bin ich als Christ, dass ich das herausfinden soll?“ Dann macht man die Bibel zu und sagt: „Über dieses Thema will ich einfach nichts wissen.“
Ich spreche hier von ganz persönlichen Erfahrungen. Das hat mich selbst sehr betroffen gemacht. Ein Familienmitglied von mir war in einer ähnlichen Situation. Sie sagte: „Ich weiß jetzt nicht mehr, wie das mit der Erwählung ist. Wird man bestimmt dazu, sich zu bekehren, oder wird man nicht bestimmt dazu? Hat Gott bestimmt, dass einige Leute in die Hölle gehen und andere nicht?“ Sie hat Meinung gegen Meinung ausgespielt und war nicht mehr bereit, sich selbst in die Schrift hineinzutauchen und zu sagen: „Jetzt lese ich einfach mal und schaue mir das in der Bibel an.“ Nein, sie meinte, sie könne das sicher nicht, weil sie nicht in der Lage sei. Sie bekam irgendwie Angst vor der Bibel, als wäre sie etwas Gefährliches. Man versteht es ja sowieso nicht, wenn diese hohen Männer Gottes sich nicht einig sind.
Das ist ganz falsch. Jeder Christ hat die Verantwortung, die Heilige Schrift zu lesen. Jeder Christ hat die Verantwortung zu beten. Jeder Christ hat den Heiligen Geist bekommen, und wir sollen die Schrift studieren – gemeinsam. Wir sollen uns fragen: „Was steht eigentlich da?“
Ich habe nämlich gemerkt, dass man in manchen Diskussionen Sätze und Begriffe verwendet, die die Bibel gar nicht benutzt. Dann kann man natürlich nicht sagen, was dort steht, weil dieser Begriff nicht vorkommt. Zum Beispiel: „Gott bestimmt, wer sich bekehrt.“ So steht das nirgends in der Bibel. Das kann man nicht finden. Man muss schauen, wie Dinge in der Bibel eigentlich ausgedrückt werden. Dann kann man einen Satz so wiederholen, wie er in der Bibel steht. Dieser Satz stimmt sicher. Paulus sagt zum Beispiel in einem Vers dies, und in einem anderen Vers sagt er das. So kommt man weiter.
Glaubst du an die Unverlierbarkeit? Ich habe das Wort „Unverlierbarkeit“ nicht gefunden. Was ist damit gemeint? Da wird eine Sprache verwendet, die nicht biblisch ist. Es geht ja gar nicht um das Verlieren des Heils. Untersucht mal die Bibel nach der Formulierung „Verlieren des Heils“. Das Heil ist eine Person – Gott ist mein Heil. Diese Person kann man nicht verlieren. Einen Menschen kann man verlieren, weil er stirbt, aber Gott stirbt nicht. Den kann man nicht verlieren, denn er stirbt nicht.
Einen Schlüssel kann man verlieren, aber Gott nicht. Ich habe eine Vertrauensbeziehung zu ihm. Das ist eine Beziehung. Beziehungen kann man vielleicht verlassen oder sich abwenden, aber Gott kann man nicht verlieren.
Wir müssen bereit sein zu lernen. Das ist der dritte Punkt. Wir müssen uns überlegen: Wenn jetzt jemand von der Schrift her argumentiert, soll ich die Bereitschaft aufbringen, mir das anzuhören, was er argumentiert hat.
Mein Bruder hat mal gesagt, ein Lehrer in einer Bibelschule habe gesagt: „Ich denke, wenn man fünfzig Jahre alt ist, wird man seine Meinung in Lehrfragen nicht mehr ändern.“ Ich habe mir gedacht: „Herr, bewahre mich, bewahre mich vor so einem Denken.“ Ich möchte auch mit achtzig Jahren meine Meinung noch ändern, wenn ich von der Schrift überzeugt werde.
Ich kenne einen Bruder, der als Achtzigjähriger seine Meinung geändert hat – einen Lehrer, einen Bibellehrer, der in einigen Punkten seine Meinung geändert hat, als er achtzig war. Wenn die Schrift es so sagt, gut.
Kategorisierung von Fragen und die Bedeutung von Standpunkten
Wir müssen drei Arten von Fragen unterscheiden: wichtige Fragen, unwichtige Fragen und unentschiedene Fragen. Wichtige Fragen sind zentrale Lehrfragen. Unwichtige Fragen sind Randfragen, die nicht so bedeutend sind. Zum Beispiel, ob es ein tausendjähriges Reich gibt oder nicht, sollte heute einem Christen keine schlaflosen Nächte bereiten.
Diese Frage wirkt sich nicht stark auf die Gegenwart aus, also darauf, wie ich heute lebe. Ob das tausendjährige Reich so oder so ist und wie lange es dauert, hat wenig Einfluss auf das praktische Leben. Es mag das Verständnis mancher Schriftstellen beeinflussen, aber in der Praxis ist es kaum relevant. Deshalb ist es keine zentrale Frage.
Auch die genaue Zeit der Entrückung ist keine zentrale Frage. Es gibt also unwichtige Randfragen und Fragen, bei denen wir noch nicht wissen, ob sie wichtig sind oder nicht. Wir haben uns noch nicht entschieden, in welche Kategorie diese Fragen gehören – wichtig oder unwichtig. Bei solchen Fragen muss man manchmal abwarten oder genauer überlegen. Oft hängt es vom Zusammenhang ab, wie stark eine Frage das Leben betrifft.
Das ist jetzt die fünfte Aussage: Wir müssen wissen, wer als Ehelehrer gilt.
Zu dem anderen Thema muss man noch etwas hinzufügen: Es gibt Abweichungen von der richtigen Lehre und der richtigen Praxis. Diese Abweichungen sind nicht auf Gottes Führung zurückzuführen. Ich war in Rumänien, und eine Schwester stellte mir eine Frage, die auf einem Zettel stand. Sie fragte sich, warum Gott Christen so verschieden führt, dass einige charismatisch werden und andere nicht.
Sie meinte, das sei Gottes Führung, dass einige charismatische Lehren verkündigen und diese Auffassungen vertreten, während andere es nicht tun. Das ist jedoch nicht Gottes Führung. Es hat überhaupt nichts mit Gottes Führung zu tun. Es hängt mit unserer Unvollkommenheit, mit unserer Fehlerhaftigkeit im Denken oder mit ungenauem Bibelstudium zusammen.
Abweichungen von der gesunden Lehre und unterschiedliche Auffassungen gab es auch im Neuen Testament. Zum Beispiel bei der Frage, wie man sich im Hinblick auf Götzenopferfleisch verhalten soll. Einige meinten, man könne Götzenopferfleisch essen, andere lehnten das ab. Es ging dabei nicht um den Götzenkult selbst, sondern um das Fleisch, das früher den Götzen geopfert wurde und später auf dem Markt verkauft wurde.
Manche Christen sagten, man dürfe so ein Fleisch nicht kaufen, andere meinten, es sei erlaubt. Es gab also einen Zwiespalt unter Christen, ob man solches Fleisch essen darf oder nicht. Paulus hat darüber geschrieben, zum Beispiel in 1. Korinther 8 und auch in Römer 14. Dort geht er allgemein auf Fragen des Fleischessens ein.
Es gibt also gewisse Randfragen, die nicht das Zentrale betreffen. In solchen Bereichen können Christen unterschiedliche Meinungen oder Auffassungen haben. Nicht weil es so sein soll, sondern weil wir fehlerhaft sind oder vorläufig unterschiedliche Meinungen haben.
Das Ziel ist, dass wir zur gleichen Meinung kommen. Gott möchte, dass die Christen zur Einheit des Glaubens gelangen, dass sie alle dasselbe glauben und zur Einheit der Erkenntnis des Sohnes Gottes kommen (Epheser 4,13 und 1. Korinther 1,10).
Ich möchte jetzt 1. Korinther 1,10 vorlesen:
"Ich rufe euch auf, Brüder – Schwestern sind auch als Brüder gemeint – ich rufe euch aber auf, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle dasselbe sagt. Alle sollen dasselbe sagen, alle sollen das Gleiche sagen und nicht Spaltungen unter euch sein, sondern ihr sollt gerecht gebracht sein in demselben Sinn, im selben Denken und in derselben Auffassung."
Steht das nicht ähnlich bei euch? In derselben Meinung, in derselben Gesinnung? Gesinnung ist hier zu schwach. Überzeugung und Meinung sind besser. Es geht um die Meinung, die Überzeugung, die Auffassung.
Das wäre das Ziel: dass wir alle die gleiche Meinung haben. Es geht hier natürlich um wichtige Dinge. Nicht um Fragen wie, ob man einen roten oder grünen Vorhang im Versammlungshaus aufhängen soll. Das sind ganz andere Fragen.
Hier geht es um lehrmäßige Dinge. Im Kontext wird das im ersten Kapitel, Verse 1 bis 4, klar.
Gefahr der Personenverehrung und die Realität menschlicher Fehler
Das Problem bei den Korinthern war, dass sie eher in Form von Meinungen dachten. Sie orientierten sich nicht mehr an dem, was gesagt wurde, sondern an den Personen, die etwas sagten. So wechselten sie ihre Ansichten je nachdem, ob Petrus oder Paulus sprachen. Sie spielten die Personen gegeneinander aus – Petrus, Paulus, Kefas und Apollos – und betrieben dabei eine Art Menschenverehrung.
Diese Gefahr besteht immer wieder. Man lernt Menschen kennen, mag sie und schätzt auch ihre Aussagen. Doch es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass wir alle fehlerhafte Menschen sind. Selbst die geistlichsten Menschen und diejenigen, die der Herr besonders mächtig gebraucht hat, sind nicht ohne Fehler.
Wenige Menschen hat der Herr so mächtig gebraucht wie John Wesley, Charles Finney und Whitcomb, wie sie heißt. Diese Erweckungsprediger wurden sehr stark eingesetzt. Dennoch hatten sie sehr unterschiedliche Auffassungen. Zum Beispiel haben Whitcomb und Wesley sich eine Zeit lang sogar heftig in bestimmten Lehrfragen bekämpft. Später versöhnten sie sich persönlich, auch wenn sie in den Lehrfragen weiterhin unterschiedliche Meinungen hatten. Der eine ließ den anderen bei seiner Beerdigung ehren, beziehungsweise ließen ihre Anhänger dies tun.
Wir müssen also wissen, wer als Irrlehrer gilt und wer nicht. Das ist eine wichtige Unterscheidung. Es gibt zentrale Fragen, bei denen es um entscheidende Dinge geht. Grundsätzlich ist jede falsche Auffassung, also alles, was nicht mit der Schrift übereinstimmt, problematisch. Alles, was nicht die Wahrheit genau wiedergibt, wirkt störend und ist letztlich gegen das Heil gerichtet.
Allerdings wirken sich nicht alle falschen Auffassungen gleich stark aus.
Beispiel Watchman Nee und die Entstehung von Irrlehren
Watchman Nee, einer der am meisten gebrauchten und einflussreichsten Christen in der chinesischen Christenheit, hat sehr gute Dinge geschrieben. Seine Bücher basieren hauptsächlich auf Vorträgen. Er hat nur ein Buch verfasst, das den Titel Der geistliche Christ trägt. Gegen Ende seines Lebens setzte er sich jedoch dafür ein, dass dieses Buch nicht veröffentlicht wird. Er erkannte darin, dass er gewisse Dinge zu perfekt dargestellt hatte, die in Wirklichkeit nicht so sind.
In diesem Buch spricht er über praktische Beispiele und Anwendungen. Obwohl er wollte, dass das Buch nicht verbreitet wird, geschah dies dennoch. Auch in diesem Buch und in anderen Werken zeigt sich eine Lehre, die nicht mit der Bibel übereinstimmt. Besonders seine Anthropologie, also seine Lehre über den Menschen, ist problematisch. Er war in diesem Bereich sehr dogmatisch, insbesondere im Buch Der geistliche Christ. Dort wird genau aufgezeichnet, was Geist, Seele und Leib sind. Er ordnet den Verstand und das Denken des Menschen einfach dem Bereich der Seele zu.
Bei Watchman Nee hatte diese Einordnung keine großen Auswirkungen, da er sonst sehr bibeltreu lehrte. Allerdings griff ein Anhänger namens Witness Lee genau diesen Punkt auf und sagte, der Heilige Geist wirke auf unseren Geist und nicht auf unser Denken. Deshalb müssten wir unser Denken ausschalten, wenn wir die Bibel lesen, damit der Heilige Geist wirken kann.
Diese Vorstellung führte zu einer sehr problematischen Irrlehre und einer gefährlichen Bewegung. So ist es oft: Wenn etwas Falsches auftaucht, nutzt Satan dies, um das Falsche hervorzuheben und vieles Gute in den Hintergrund zu drängen. Bei Witness Lee ist das der Fall. Nicht alles wirkt sich sofort negativ aus, aber man muss genau unterscheiden, wer als Irrlehrer gilt und wer nicht.
Es gibt Christen, die irregeführt sind und ein wenig Irrlehre in sich tragen. Doch wenn die falsche Lehre so entscheidend und heilswidrig ist, muss man vor ihr warnen. Ein Beispiel dafür sind gewisse charismatische Lehren. Die charismatischen und pfingstlichen Bewegungen haben viel Richtiges und Gutes. Besonders beeindruckend ist die Hingabe, der Einsatz und der Gebetseifer dieser Menschen. Dennoch gibt es einige gefährliche Lehrinhalte.
Eine falsche Lehre betrifft den Heiligen Geist und das Heil. Sie besagt, dass es Christen in zwei Stufen gibt. Zunächst bekehrt sich der Christ, erhält aber noch nicht alles. Erst in einer zweiten Erfahrung, der sogenannten Geistestaufe, erlangt er die Fülle des Heiligen Geistes. Erst dann sei er ein „voller“ oder „erfüllter“ Christ. Diese Lehre ist gefährlich, weil sie suggeriert, dass Christen in Christus nicht alles haben.
Dabei ist es eine grundlegende Lehre der Schrift, dass wir in Christus alles haben. Diese Vorstellung hat eine lange geschichtliche Entwicklung. Sie stammt aus der Heiligungsbewegung. John Wesley, der stark gebraucht wurde, hatte in seiner Lehre einige problematische Ansichten. Er sprach von einer nachträglichen vollkommenen Heiligung, bei der ein Christ einen Zustand erreichen könne, in dem er nicht mehr sündigt.
Diese Lehre des Perfektionismus ist ebenfalls falsch. Zwar betonte Wesley dies zu seiner Zeit nicht so stark, doch später griffen andere diese Ideen auf. So entwickelten sich um die Jahrhundertwende die Zwei-Stufen-Lehre und die Heiligungsbewegung weiter. Dabei entstanden auch eigenartige Erfahrungen in der Keswick-Bewegung, die in Amerika begann und später nach Deutschland kam.
In der Zungenbewegung wurde das Zungenreden als Zeichen der zweiten Erfahrung angesehen. Daraus entstand die Pfingstbewegung. Damals stellten sich viele bibeltreue Christen klar dagegen und veröffentlichten die sogenannte Berliner Erklärung in Deutschland. Diese brachte viel Klärung. Dennoch spaltete sich die evangelikale Gemeinde Jesu in eine pfingstliche und eine konservative Richtung. Dies betraf vor allem die freien Kirchen, nicht die Großkirchen.
In den 1960er Jahren kam diese Zwei-Stufen-Lehre in die evangelische und katholische Kirche, insbesondere durch die katholisch-charismatische und evangelisch-lutherische charismatische Bewegung. Diese Entwicklung dauerte etwa sechzig Jahre. Die Lehre wurde dabei noch problematischer, da sie in der katholischen Kirche mit der Marienverehrung und anderen falschen Lehren vermischt wurde.
Später trennten sich in einigen Ländern, etwa in Rumänien und der Ukraine, Pfingstgemeinden von den Charismatikern, weil sie die Lehren als falsch erkannten. In anderen Regionen vereinigten sich Pfingstler und Charismatiker. Es gibt Gläubige, die in irregeleiteten Gemeinden Gemeinschaft pflegen, ohne selbst alle dort gelehrten falschen Lehren zu glauben. Solchen Menschen kann man helfen. Sie sind keine Irrlehrer, sondern irregeführte Seelen.
Dann gibt es Gläubige, die klar biblisch stehen, deren Leiter aber Irrlehrer in ihren Reihen dulden und sogar lehren lassen. Das kommt häufig vor. Diese Gläubigen selbst sind nicht Irrlehrer. Sie sollten ermutigt werden, Gemeinschaften zu suchen, in denen klar biblisch verkündigt wird. Solche Gläubigen sind selbst keine Irrlehrer.
Ursachen von Meinungsverschiedenheiten und geistlicher Kampf
Was ist die Ursache von Meinungsverschiedenheiten? Warum gibt es sie?
Nun, es ist so: Entweder entstehen richtige neue Gedanken, oder es kommen falsche neue Gedanken auf. Es kann sein, dass die Gemeinde Jesu in manchen Punkten Dinge vernachlässigt oder gar nicht erkannt hat. Durch Bibelstudium wird dann etwas Neues erkannt. Das hat es immer wieder gegeben.
Ein Beispiel ist Luther. Durch sein Bibelstudium erkannte er etwas Neues, was die katholische Kirche über Jahrhunderte verschwiegen hatte. So kamen bei Luther richtige neue Gedanken auf, etwa die Rechtfertigung. Es gab dadurch auch Meinungsverschiedenheiten zwischen Luther und den Katholiken. Luther war in der Minderheit, hatte aber Recht.
Das zeigt: Neue Erkenntnisse durch das Studium des Wortes Gottes können zu Meinungsverschiedenheiten führen.
Es kann aber auch sein, dass falsche Gedanken entstehen. Das ist sehr häufig der Fall. Im Neuen Testament wird davon gesprochen. So heißt es im 2. Petrus 2,1: „Es werden unter euch falsche Lehrer aufstehen, die verkehrte Dinge reden.“ Auch in Apostelgeschichte 20,20 heißt es: „Aus eurer eigenen Mitte werden Lehrer aufstehen, die Falsches reden und die Seelen der Jünger an sich ziehen.“
Das bedeutet, wir müssen leider damit rechnen. Deshalb muss man wachsam sein. Satan ist der Urheber. Er will Unkraut unter den Weizen säen, Falsches unter das Gute mischen und das Wort Gottes in Frage stellen.
In Matthäus 13 wird von Satan gesprochen. Dort heißt es in Vers 25, dass er Unkraut unter den Weizen streut. Auch in Epheser 6 wird deutlich, dass dies Teil unseres geistlichen Kampfes ist. Wir leben in einer geistlichen Welt, in der Dämonen am Werk sind, sagt uns die Schrift.
In Epheser 6,10-12 lesen wir, dass unser Kampf nicht gegen Fleisch und Blut gerichtet ist, sondern gegen Geister und die Mächte der Finsternis. Es findet ein geistlicher Kampf statt. Deshalb müssen wir mit geistlichen Waffen kämpfen und wachsam sein.
Man muss sich klar sein: Der Feind schläft nicht und schaut auch nicht nur zu, auch nicht in unseren Kreisen. Deshalb ist Wachsamkeit notwendig. Die geistlichen Waffen, die in Epheser 6 genannt werden, sind Wahrheit, Gerechtigkeit, das Wort Gottes, der Schutz des Kopfes durch die Heilsgewissheit und weitere.
Die Schrift spricht von einem Abfall in der letzten Zeit. Die „letzte Zeit“ ist allerdings sehr lang und reicht von Pfingsten bis zur Wiederkunft des Herrn. Diese letzte Zeit entwickelt sich aber immer mehr zum Bösen hin, wie uns die Schrift sagt.
Das wird in 1. Timotheus 4,1 beschrieben. Es ist Teil unserer Sündhaftigkeit und Unvollkommenheit. Wir sind unvollkommene und sündhafte Menschen. Daher müssen wir damit rechnen, dass wir nicht alles verstehen oder nicht alles richtig sagen. Manchmal sagen wir auch ein bisschen falsch.
Deshalb ist es wichtig, dass man korrigiert wird und auch Korrektur gibt. Wir brauchen die Gemeinde Jesu und einander. Jeder von uns hat Zeiten, in denen er „das Lenkrad ein wenig schräg hält“, so wie beim Autofahren. Das ist kein großes Problem, wenn es nur ein wenig ist. Aber wenn man zu lange schräg hält, wird es problematisch.
Es braucht nur wenig Korrektur, und genau diese brauchen wir. Deshalb brauchen wir Gemeinschaft. Auch Menschen, die herumreisen, wie ich zum Beispiel, sind wichtig. Wir brauchen unbedingt Korrektur.
Ich versuche immer wieder, wo ich hinkomme, offen zu sein. Ich möchte auf andere hören und von ihnen Korrektur bekommen. Nur so funktioniert es. Das ist realistisch, und die Praxis sowie die Geschichte beweisen das.
Deshalb ist es gefährlich, wenn Menschen ganz individualistisch sind und nur sagen: „Ich und nur ich“, oder „Wir und nur wir“. Wenn jemand sagt: „Ich höre auf niemand anderen mehr, nur auf die Bibel“, dann habe ich immer Sorge.
Die Bibel sagt zwar, dass wir auf die Bibel hören sollen. Das ist richtig. Aber die Bibel sagt auch, dass wir auf Christen hören sollen, denn der Heilige Geist wirkt auch in den anderen Christen.
Umgang mit Parteiungen und die Bedeutung von Gemeinschaft
Was steht da? Ich weiß es nicht. Kann jemand vorlesen? Ah, da ist eine, ja, Parteiungen. In Galater 5 ist die Rede von den Werken des Fleisches, die offenbar sind. Dort werden gewisse Dinge erwähnt, wie zum Beispiel Welchthaberei oder Parteiungen.
Das ist leicht verständlich: Auch als Lehrer kann man rechthaberisch sein und nicht auf den anderen hören wollen. Das ist ein Zug unseres Fleisches. Parteienbildung gegen andere dürfen wir nicht zulassen.
In 1. Korinther 11,17 ist ebenfalls die Rede von Parteien: "Es müssen ja Parteiungen unter euch sein, damit die Bewerten unter euch offenbar werden." Es muss also so sein, dass es unter euch zum Vorschein kommt. Aber jetzt ist die Frage, wie geht ihr damit um, dass es solche Unterschiede oder kleine Parteiungen gibt? Das ist an sich noch keine Tragik.
Die entscheidende Frage ist, was geschieht jetzt? Lassen wir uns korrigieren? Stellen wir uns wieder unter das Wort Gottes, unter das Haupt Jesus Christus und unter die Liebe, die weiß, dass wir abhängig voneinander sind?
Das eine, was Sie vorhergebracht haben, war Luther, oder? Luther hatte einen wirklich neuen Gedanken, der aufgekommen ist: nämlich die Rechtfertigungslehre. Das war in einer Zeit, in der diese Lehre völlig unter den Tisch gekehrt war oder fast völlig. Einige Christen gab es schon damals, aber für viele war es etwas absolut Neues.
Zum Beispiel August Hermann Francke und der Pietismus: Als die Pietisten kamen, wurde die Lehre von der Wiedergeburt neu entdeckt. Die Lutheraner hatten wenig von Wiedergeburt gesprochen, aber die Christen studierten weiter die Bibel. In diesen pietistischen Kreisen gab es die Erkenntnis, dass man eine Umkehr und eine Wiedergeburt braucht. Das war in vielen Kreisen irgendwie verschüttet.
So sind im Laufe der Zeit wieder Dinge ausgegraben worden. Was ist eigentlich wirklich Gemeinde? Das ist etwas, das im zwanzigsten Jahrhundert sehr stark aufgekommen ist, weil man vorher so in Kirchen gedacht hat – Großkirchen.
Dann haben Christen die Bibel studiert und gefragt: Was ist eigentlich Gemeinde Jesu und wie geschieht das? Man hatte das Denken in Mitgliedschaften, großen Bündnissen und so weiter. Doch dann kam man auf die Idee, dass das im Neuen Testament gar nicht so war. Das hat man neu entdeckt.
Das führte natürlich zu Meinungsverschiedenheiten, weil die einen so geprägt waren und die anderen anders.
Die Notwendigkeit des Prüfens und Kriterien für die Beurteilung von Lehrern
Zum Prüfen möchte ich mich noch ein bisschen aufhalten. Wir sollen ja die Meinungsverschiedenheiten prüfen. Warum sollen wir prüfen?
Das geschieht wegen der Gefahr der Verführung und Vermischung mit Bösem. Gutes und Böses vermischen sich. Wenn wir unwissend sind, dann gibt es leicht Verführung. Und wenn wir nichts tun, entsteht Verwirrung unter den Gläubigen.
Das heißt, wir müssen prüfen. Das Wahre kann mit Falschem vermischt sein. Gott gebietet uns sogar zu prüfen: „Prüft die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1. Johannes 4,1).
In 2. Korinther 11,13 heißt es, dass der Satan sich als Engel des Lichts verstellt. Daher ist es auch kein Wunder, wenn seine Diener sich als Apostel ausgeben, als Diener der Gerechtigkeit. Wir können das nicht allein vom Äußeren unterscheiden.
Würde ein Engel hereinkommen bei der Tür, und würde der Herr Jesus dastehen – zwei Erscheinungen, oder? Oder sagen wir es so: Ein Engel steht da und ein Dämon. Wir wüssten nicht, wer der Engel ist und wer der Dämon. Keine Ahnung, wir hätten keine Ahnung.
Würden sie dann sprechen und uns eine Lehre verkündigen, könnten wir zuhören und auch unsere Bibel hernehmen und prüfen, was sie uns sagen. Mit der Zeit würde man darauf kommen: Moment, der spricht etwas, was nicht mit der Bibel übereinstimmt. Das ist ein falscher Geist. Der andere spricht etwas, was übereinstimmt.
Die Geister muss man prüfen, indem man die Aussagen der Geister prüft. Wie wirken die Geister? Wie wirken heute die Menschen? Geister bemächtigen sich des Geistes von Menschen und geben dann ihre Lehren, ihre dämonischen Lehren über Menschen weiter.
Das heißt, wir müssen das, was die Menschen verkündigen, erst anhören und dann mit der Schrift vergleichen. Nur so kann ich prüfen. Dazu muss ich aber das Wort Gottes gut kennen.
Ich hatte einmal eine Schwester, die mir Kassetten gab. Sie sagte, sie sei so begeistert. „Das ist herrlich, was der sagt, und ich muss mir das unbedingt anhören.“ Sie wollte sie mir geben, weil ich einer der Leiter in der Gemeinde vor Ort bin.
Ich war froh, dass sie mir die Kassetten gegeben hat, und ich habe sie angehört. Zehn Kassetten, das ist schon viel, und eigentlich hatte ich meine Zeit für etwas anderes. Aber ich sagte mir: Gut, ich fange mal an. Beim Autofahren habe ich sie dann angehört.
Die erste Kassette war recht interessant, die zweite auch nicht schlecht. Bei der dritten Kassette dachte ich mir: Irgendwas stimmt nicht bei dem Verkündiger, aber ich komme nicht darauf. Er kam noch nicht dorthin, wo er hin wollte. So hörte ich weiter und weiter.
Ich merkte, das ist ja irgendwie ein Judaist. Er spricht viel über die Juden und darüber, was man in Israel alles tun muss. Irgendwie eigenartig ist das schon, komische, seltsame Betonungen – das ist nicht gesund, dachte ich mir.
Aber ich wollte etwas Handfestes haben, um der Schwester zu sagen, da stimmt etwas nicht. Das dauerte vier Kassetten lang. Bei der vierten Kassette erwähnte er in einem Nebensatz die Trinitarier.
Ich dachte, er erwähnt die Trinitarier ein bisschen negativ. Da läuteten bei mir die Alarmglocken. Er ist also kein Trinitarier. Trinitarier sind Menschen, die an die Dreieinigkeit Gottes glauben.
Dann suchte ich im Internet nach diesem Mann. Endlich fand ich ihn und merkte: Total Judaist, Unitarier. Er glaubt nicht an die Gottheit Jesu Christi. Er hat seine eigene Vorstellung vom Judentum.
Da erkannte ich: Aha, moderner Judaismus, ganz einfach moderner Judaismus in christlichem Gewand. Es gibt übrigens viele unter den sogenannten jüdischen messianischen Christen, die nicht an die Gottheit Jesu Christi glauben. Weißt du das? Das ist ähnlich wie bei den Zeugen Jehovas.
Dann hatte ich es schwarz auf weiß, und die Schwester war froh, dass ich ihr das Ganze erklärt habe.
Gut, aber wir müssen prüfen. Gott gebietet uns zu prüfen: „Prüft alles und das Gute behaltet“ (1. Thessalonicher 5,21).
Mit welchem Ziel? Damit man das Richtige vom Falschen unterscheiden kann. Wir müssen uns klar werden: Ist es wirklich klar, was gefährlich falsch ist? Oder sind es Randfragen, bei denen man sagt: Na bitte, wegen so einem Thema muss man sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen?
Zum Beispiel: Wie ist es mit dem Traubensaft und dem ungesäuerten Brot? Ist das wirklich so wichtig? Oder welche Formel muss man beim Abendmahl verwenden? Welche Gebete darf man sprechen, welche nicht? Es gibt ja alle möglichen Fragen.
Kriterien und Vorgehensweisen beim Prüfen von Lehrern
Wie gehen wir jetzt vor? Was hilft uns beim Prüfen?
Für uns muss klar sein: Wir müssen entschiedene Menschen sein. Ich muss ein Mensch sein, der sich dem Herrn verschrieben hat und gesagt hat: Ja, Herr Jesus, nur das Wort Gottes und das Wort Gottes allein. Die ganze Sache muss für mich klar sein. Ich muss im Wort Gottes zuhause sein, ich muss um Weisheit beten und mich intensiv mit dem Wahren beschäftigen.
Ein Beispiel: Banker, die in die Lehre gehen, müssen sich viel mit richtigem Geld beschäftigen. Sie zählen viel echtes Geld, um zu spüren, wie sich richtiges Geld anfühlt. Dann mischen sie manchmal Falschgeld darunter, um zu sehen, ob der Lehrling es erkennt. Wenn man sich viel mit dem Richtigen beschäftigt, erkennt man das Falsche leichter.
Was haben wir bei einigen falschen Dingen gemacht? Wir haben um Weisheit und einen wachen Geist gebetet. Wer hilft uns noch beim Prüfen? Gott selbst hilft uns. Wir beten zu ihm. Gott verheißt uns, dass er uns zeigen wird, was richtig ist.
In Philipper 3,15 drückt Paulus seine Hoffnung aus, dass Gott den Philippern zeigen wird, was richtig ist: „So viele also von uns, die reif sind, lassen uns diese Gesinnung haben, und wenn ihr in irgendeinem Punkt anders gesinnt seid, wird Gott euch das offenbaren.“ Er drückt seine Hoffnung und Zuversicht aus, dass Gott den Gläubigen auch in Punkten helfen wird, in denen sie noch anderer Meinung sind.
Wer soll prüfen? Prüfen sollen natürlich vor allem die Hirten, denn sie tragen eine größere Verantwortung für die ganze Herde, die Gott ihnen anvertraut hat. Aber jeder Christ darf prüfen und hat sogar die Mitverantwortung dazu. Der Herr hat uns verschieden begabt, und wir sollen entsprechend unserer Begabung handeln.
Wenn einige Lehrer unter uns sind, sollen sie sich gründlich mit der Lehre und auch mit dem Prüfen befassen. Die Gabe der Unterscheidung der Geister ist dabei wichtig. Wer lehrt, sollte fähig sein, Geister zu unterscheiden, indem er den Inhalt der Lehre prüft.
Gibt es jetzt noch Fragen? Wir machen gleich eine kleine Pause, etwa um halb. Ist das gut? Zwanzig Minuten Pause, also um fünf nach halb.
Sind jetzt noch Fragen zu diesem allgemeinen Thema? Wenn nicht, mache ich erst einmal weiter. Ihr könnt ja noch darüber nachdenken.
Fragen zur Prüfung von Lehrern und Autoritäten
Welche Fragen helfen uns jetzt konkret, wenn wir Lehrer oder Menschen prüfen? Das ist sehr wichtig. Man hat Kontakt mit jemandem, oder? Und jetzt: Wie prüfe ich ihn?
Hier gibt es hilfreiche Fragen, die mir geholfen haben. Einige dieser Fragen habe ich selbst von anderen übernommen.
Welche Autorität gibt der Lehrer an? Worauf beruft er sich? Berufet er sich zum Beispiel auf E. G. White? Adventisten berufen sich stark in ihrer Lehre auf ihre Prophetin. Sie sagen: Ja, wir glauben an die Bibel, und viele Adventisten sind echte, klare, gläubige Christen, keine Frage. Aber zusätzlich zur Bibel kommt immer diese Ellen White hinzu.
Ich kenne ganz klare gläubige Adventisten, keine Frage. Aber in ein paar Punkten sind sie einfach nur auf Ellen White fixiert. Zum Beispiel beim Sabbat. Der Herr hat Ellen White eine Vision gezeigt von den zehn Geboten, und das vierte Gebot war eingerahmt: Du sollst den Sabbat halten. Das haben die Christen nicht gehalten. Und das ist das Entscheidende.
Das ist das Erkennungszeichen für die wahren Gläubigen in der Endzeit: Sie halten den Sabbat. Und sie meinen, wenn man einem anderen Christen sagt, er soll den Sabbat halten, und er tut es nicht, dann steht sein Heil in Frage. Das ist eine gefährliche Irrlehre.
So darf man nicht denken. Jeder darf einen Sabbat halten, keine Frage. Jeder kann so viel Sabbat halten, wie er möchte. Aber er darf nicht kommen und sagen: Ihr Christen müsst den Sabbat halten, versteht ihr? Darum geht es.
Und genau das tun sie aber. Sie kommen und sagen: Ihr Christen müsst den Sabbat halten. Wenn ihr das nicht tut, dann bezweifeln wir, dass ihr gerettet werdet. Das sind die Sabbatisten, die Adventisten.
Es gibt einen Unterschied zwischen einer richtigen unchristlichen Sekte und den Adventisten. Das ist ganz klar ein Unterschied. Die Adventisten haben wirklich viel Wahres und Gutes. Ich habe selbst sogar Kinderbücher von den Adventisten meinen Kindern vorgelesen. Da habe ich manchmal etwas anderes gelesen, als da stand, wenn es um den Sabbat ging. Aber ansonsten muss ich sagen, war das echt gut.
Aber in diesem Punkt Sabbat und dann auch mit den Speisegeboten, da sagen sie: Nein, das tun wir ja nicht als Werke, das ist nur für die Gesundheit. Aber dann meinen sie doch wieder, wenn es Schweinefleisch ist, dann ist es auch nicht mehr gut mit dir.
Also haben sie da ganz stark eine Schlagseite. Der Grund ist, dass sie sich auf Ellen White berufen, die das gelehrt hat. Von der Schrift her allein wären sie da nicht draufgekommen.
Die Schrift lehrt sehr klar über den Sabbat. Das können wir jetzt nicht ausführlich behandeln. Aber das habt ihr sicher schon mal gelehrt oder werdet ihr sicher mal lehren.
Umgang mit Kommentaren und die Bedeutung verschiedener Quellen
Die Gefahr besteht sicherlich, denn man liebt gewisse Kommentare. Mir geht es ja auch so: Ich habe in meinem Leben sehr, sehr viele Kommentare gelesen. So habe ich zum Beispiel bei William McDonald beide Kommentare von Anfang bis Ende durchgelesen, ebenso andere Kommentare.
Ich habe auch Karl Delitzsch gelesen, speziell die Kommentare zu den kleinen Propheten. Normalerweise liest man solche umfangreichen Werke nicht einfach durch, sondern sucht gezielt nach bestimmten Fragen. Doch diesen Band über die kleinen Propheten habe ich komplett gelesen.
Kommentare können natürlich eine große Hilfe sein. Aber wenn ihr Kommentare lest, dann lest verschiedene. Das ist eine Unterstützung beim Unterscheiden und Prüfen. Wenn man nur einseitig liest, verpasst man wichtige Perspektiven.
Ein guter Kommentar bespricht eine schwierige Stelle und gibt mehrere Argumente an – etwa A, B, C, D, E – und entscheidet sich dann für E. Er nennt auch die Gründe für diese Entscheidung. Es kann aber sein, dass man selbst eher zu F oder D tendiert. So kann man mit dem Autor mitdenken und sagen: „Ja, aber da folge ich dir nicht.“ Ein Kommentar sollte also vor allem den Text besprechen und nicht einfach nur die eigene Meinung darstellen. Das wäre viel besser.
Dennoch ist es gesund, wenn wir – wer Zeit und Kraft hat und Lehrer ist – sich auf alle Fälle mit Kommentaren befassen. Mir hat es zum Beispiel sehr geholfen, als ich alte deutsche Kommentare ausgegraben habe. Heutzutage kann man sie im Internet herunterladen. Früher hat es ein Vermögen gekostet, so einen Karl Delitzsch zu kaufen – seine zehn oder wie viele Bände über das Alte Testament.
Die Deutschen waren immer gründliche Leute. Als sie noch bibeltreu waren – im vorvorigen Jahrhundert – da waren sie wirklich bibeltreu, und man konnte ihre Kommentare noch lesen. Heutige Kommentare von deutschen Theologen sollte man nicht mehr lesen. Was die erzählen, ist zum Großteil Unsinn.
Da sind die Engländer und Amerikaner besser. Gerade die Bibeltreuen sind dort viel stärker geblieben. Heute gibt es die bibelkritische Theologie, und deren Werke kann man nicht verwenden. Aber die alten Deutschen wie Keil, Delitzsch, Lange und andere haben große Schinken geschrieben. Sagt nicht „Schinken“! Natürlich sind sie oft in altdeutscher Schrift verfasst, was das Lesen etwas erschwert. Aber man kommt rein.
Sie schreiben lange Sätze, wie man damals schrieb, und man muss oft dreimal lesen, bis man den Gedanken versteht. Zum Beispiel Theodor Zahn – kennt ihr den? Er hat eine Kommentarreihe herausgegeben, etwa zwölf dicke Bände. Nicht er allein, aber er war Herausgeber. Es sind viele Theologen aus dem vorigen Jahrhundert, also aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert bis vielleicht in die 1940er Jahre.
Diese Kommentarreihe von Zahn ist hoch theologisch, das stimmt. Aber bei schwierigen Fragen greife ich gern darauf zurück, weil er die Themen gründlich diskutiert. Ich glaube zwar nicht alles, was Zahn sagt, aber es hilft mir, weil er viel Wissen vermittelt, das man sonst nicht hat. Er geht auch auf die griechischen Formen ein und Ähnliches.
Oder Lenski, wenn jemand Englisch kann. Aber das ist jetzt... Man kann diese Sachen heutzutage alle herunterladen.
Weitere Kriterien zur Beurteilung von Lehrern
Weiter. Welche Autorität wird hier eigentlich genannt? Bezieht sich die Autorität allein auf die Schrift oder auf Schrift plus etwas anderes? Die katholische Kirche vertritt die Ansicht, dass Bibel und Tradition gleichwertig sind. Für sie sind die mündliche und die schriftliche Überlieferung zwei Quellen der Wahrheit. Das ist die grundlegende Irrlehre. Daraus ergeben sich alle weiteren Irrlehren innerhalb der katholischen Kirche.
Zweitens: Auf wen wird die Aufmerksamkeit gelenkt? Wirklich auf Christus oder auf Menschen? Welche Aussagen werden gemacht? Hier kann man konkret prüfen, ob das tatsächlich so in der Bibel steht. Das ist eine sehr hilfreiche Frage. Man liest etwas und überlegt: Steht das wirklich so in der Bibel? Das ist eine gesunde Haltung.
Ich habe einmal eine Bibelstunde gehalten und unseren Geschwistern gesagt, sie sollten prüfen, ob das, was gesagt wird, auch wirklich so geschrieben steht. Während ich lehrte, fragte eine Schwester: "Steht das eigentlich so geschrieben?" Ich habe dann nachgedacht und festgestellt: Nein, so steht es nicht geschrieben. Ich hatte zwar etwas aus einem anderen Text übernommen, aber im behandelten Text stand es nicht so. Man muss dann ehrlich zugeben: Nein, hier steht es nicht so geschrieben. Ich habe mehr gesagt, als der Text tatsächlich hergibt. Das passiert oft – wir sagen mehr, als der Text sagt. Daraus entstehen dann Diskussionen.
Was lernen wir daraus über die Grundhaltung dieses Lehrers? Ist er bereit, sich korrigieren zu lassen? Das ist sehr wichtig. Gibt es Menschen, die an ihrer Meinung festhalten und keinen Millimeter nachgeben? Oder sind es Menschen, die offen sind, darüber nachzudenken, sich selbst zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren?
Welche personellen Verbindungen pflegt dieser Lehrer? Mit wem hat er Kontakt? Wenn jemand zum Beispiel Kontakt zu Zeugen Jehovas hat – ich kenne so jemanden aus einem griechisch-biblischen Forum im Internet. Er sagte, er sei Christ, hatte aber Kontakt mit Zeugen Jehovas. Da merkte ich, dass deren Denken schon auf ihn abgefärbt hatte. Sein Denken war beeinflusst.
Man sagt: Sag mir, was du liest, und ich sage dir, wer du bist. Was liest er? Mit welchen Kommentaren und Büchern beschäftigt er sich? Natürlich ist auch die Frucht im Leben wichtig, also die praktische Umsetzung. Doch die Frucht im Leben ist nicht das einzige Kriterium.
In der Schweiz gibt es einen Irrlehrer namens Ivo Sasek, der am Bodensee lebt. Er hat eine sehr gute Familie und vorbildlich erzogene Kinder. Doch seine Lehre war anfangs nicht so schlimm, wird aber von Jahr zu Jahr schlimmer. Mittlerweile glaubt er an Reinkarnation. Er sieht sich selbst als Apostel in der heutigen Zeit – mit großem A, so wie die zwölf Apostel. Er sagt, der Herr habe ihn berufen, und er bindet die Menschen an sich. Das ist das Problem.
Viele kommen wegen ihm, und er verlangt von ihnen, andere Verpflichtungen abzusagen. Die Leute fahren hunderte Kilometer, um sonntags zu ihm zu kommen. Dort müsse man sich von der ganzen Vergangenheit reinigen lassen. Die Gemeinschaft ist sehr sektiererisch und enthält einige gravierende Irrlehren.
Sasek stammt übrigens aus dem charismatischen Bereich und hat eine charismatische Bekehrung erlebt. Ihm sei etwas erschienen, und ich habe sein Zeugnis auf Kassette gehört. Vor solchen Leuten kann man nur warnen.
Auswirkungen von Irrlehren und Umgang in Gemeinden
Welche Auswirkungen hat diese Lehre heute in den Gemeinden, und welche hatte sie früher? Führt sie in eine Gefangenschaft oder in eine falsche Gesetzlichkeit? Es gibt ja eine richtige und eine falsche Gesetzlichkeit. Wir alle sollen sehr gesetzlich sein. Das Wort Gottes ist das Gesetz – das ist unser Gesetz. Von 1. Mose bis Offenbarung ist das unser Gesetz. Darin wollen wir ganz gesetzlich sein und alle schauen, was das Wort Gottes sagt.
Aber es gibt auch eine falsche Gesetzlichkeit, bei der Dinge über das Wort Gottes hinausgehen. Das birgt Gefahr. Wie wichtig ist diese Lehre? Ist sie zerstörerisch? Steht sie im Vordergrund? Was steht im Vordergrund bei dieser Lehre? Ist es wirklich das Christsein oder nur eine Nebenfrage? Es gibt beispielsweise solche Israel-Gemeinden, in denen Israel alles ist – nur Israel und Israel. Wir haben davon einiges in der Schweiz, vielleicht kennt ihr das.
Wie ist die Reaktion anderer reifer Christen? Es ist auch hilfreich, was andere reife Christen sagen, die Bekanntschaft mit dieser Lehre gemacht haben. Das kann Unterstützung sein. Darüber warten wir noch.
Jetzt haben wir zehn Fragen. Wenn wir miteinander reden und verschiedene Auffassungen in Randfragen haben, ist es wichtig, zuerst zu verstehen, was Kommunikation bedeutet. Kommunikation heißt, dass ich das, was der andere spricht, aufnehme, in meinen Kopf aufnehme und seine Argumente sachlich zu eigen mache. Ich muss wirklich verstanden haben, was seine Argumente sind.
Dann brauche ich Zeit, um darüber nachzudenken. Das geht nicht so schnell. Wenn ich mich mit seinen Argumenten befasst habe, kann ich sachlich darauf antworten. Das nennt man Gespräch. Leider läuft es oft so: Der eine sagt etwas, der andere antwortet gleich mit einer Gegenrede, ohne das Argument wirklich aufgenommen und durchdacht zu haben. So kann man nicht wirklich antworten.
Ich muss nicht gleich zur Lösung kommen. Wenn wir verschiedene Auffassungen haben, müssen wir das nicht heute klären. Es steht nirgends geschrieben, dass wir das sofort tun müssen. Wir können ruhig weiterleben und sagen: „Wir müssen uns mit diesem Thema befassen, aber es ist kompliziert und braucht Zeit.“
Manche Themen sind schwerer und schwieriger als andere. Ob man Wein oder Traubensaft nimmt, ist nicht so schwierig. Du brauchst nicht viele Bibelstellen zu untersuchen. Das ist ohnehin keine so wichtige Frage. Aber pragmatisch gesehen, wenn viele Alkoholiker da sind, nehme ich abends keinen Wein. Ehemalige Alkoholiker könnten Probleme bekommen. Dann verzichten wir auf Wein und nehmen Traubensaft.
Aber zum Beispiel die Frage Scheidung und Wiederheirat: Darf ein Geschiedener wieder heiraten? Das ist eine wichtige Frage. Nicht theoretisch, denn wir haben geschiedene Leute. Was sollen sie tun? Dürfen sie heiraten oder nicht? Das sind ganz praktische Fragen, die Zeit brauchen.
Man muss schauen, was die Argumente Jesu dazu sind. Der Herr Jesus sagt etwas darüber, zum Beispiel in Matthäus. Dort gibt es eine Ausnahmeklausel. Was heißt diese Ausnahmeklausel? Die Regel ist klar: Es gibt überhaupt keine Scheidung. Gott hasst Scheidung, Gott ist gegen Scheidung.
Aber wenn die Scheidung schon passiert ist, was dann? Gott hasst es, aber was ist jetzt geschehen? Man muss sich Gedanken machen: Was ist eine Ehe? Wie lange dauert eine Ehe? Die Ehe ist ein Treugelöbnis, ein Bund, in dem sich zwei Menschen Treue versprechen. Sie versprechen sich Treue fürs ganze Leben.
Das heißt: Das Gelöbnis „Ich gelobe dir, es gibt keine andere Frau in meinem Leben, bis wir sterben“ ist bindend. Wenn ich dieses Gelöbnis breche, habe ich eine der zwei Säulen der Ehe zerstört. Die zweite Säule ist das Beisammensein. Eine Ehe besteht aus Menschen, die zusammen sind, sich Treue versprechen und zusammen wohnen.
Wenn sie nicht mehr zusammen wohnen, der eine vom anderen weggeht, ist die zweite Säule kaputt. Die Ehe ist aber noch nicht zerstört, denn sie kann wiederhergestellt werden. Man kann zurückkehren und das Gelöbnis erneuern.
Aber irgendwann ist die Ehe kaputt, wenn sie nicht mehr erneuert werden kann. Spätestens dann, wenn jemand einen zweiten Menschen heiratet. Wenn der eine einen anderen heiratet, kann er die zweite Ehe nicht mehr auflösen, um zur ersten zurückzukehren. Das ist verboten.
Man muss sich also über das Wesen der Ehe im Klaren sein, um zu wissen, wie man mit Fragen zur Scheidung umgeht. Besonders bei der Frage: Wo ist eine Scheidung gerechtfertigt und wo nicht? Der Herr Jesus nennt nur eine Ausnahme, bei der Scheidung gerechtfertigt ist.
Ich sage nur einige Gedanken, um zu zeigen, wie man vorgehen könnte. Aber man braucht Zeit, sammelt alle Bibelstellen, schaut sich das Wesen der Ehe an, im Alten und im Neuen Testament, und kommt dann zu einem Schluss. Das braucht Zeit.
Es gibt Fragen, die sehr schwierig sind, besonders Endzeitfragen. Christen haben über Jahrtausende damit gerungen. Auch die Erwählungslehre ist nicht einfach. Wie viel tut Gott, wie viel der Mensch? Das kann man nicht schnell lösen. Da darf man auch offen bleiben und sich nicht sofort festlegen.
Man kann weiterhin offen bleiben, wenn man noch nicht alle Argumente gehört oder berücksichtigt hat. Es gibt aber auch viele Fragen, die viel leichter zu lösen sind – viele davon habe ich aufgeführt.
Dann gibt es Kulturfragen, die heutzutage sehr explosiv sein können. Kulturfragen betreffen Ästhetik, wie wir aussehen, wie wir uns kleiden, wie wir singen und so weiter. Da muss man sich von der Schrift leiten lassen, was klar darin steht. Wollen wir uns daran halten?
Es gibt einige Punkte, die einfach frei sind. Ob man sich die Haare färbt oder nicht, ist so eine Frage. Einer hat gesagt, wenn der Stahl alt wird, streicht man ihn an oder nicht. Die Bibel ehrt das graue Haar. Wenn es nie grau wird, verliert man die Ehre.
Graues Haar hat auch eine Bedeutung. Darum kann man darüber hin und her argumentieren. Aber ich sage: Das sind keine großen Fragen. Dafür brauche ich keine Gemeindeordnung über graue oder nicht graue Haare.
Manche Dinge müssen wir den Ältesten überlassen. Es gibt Fragen, bei denen die Hirten der Gemeinde irgendwann sagen: „Geschwister, vorläufig halten wir es so.“ Und die Geschwister sagen: „Okay, vorläufig halten wir es so. Wenn wir mehr Licht haben, ändern wir es vielleicht, aber heute halten wir es so.“
Das gibt es gerade bei Fragen, bei denen es kein klares Wort Gottes gibt. Oder man sagt: „In diesem Punkt lassen wir es offen, hier kann jeder tun, was er will, aber in einem anderen Punkt nicht.“ Kleidung ist auch so eine Frage. Jeder zieht irgendwo Grenzen, aber irgendwo muss man Grenzen setzen. Die Frage ist, wo.
Auch darüber muss man irgendwann sprechen: Wo setzen wir unsere Grenzen? Wir machen jetzt eine Pause und sprechen dann über Römer 14.