Einführung in das Thema des Reiches Gottes
Je weiter wir mit dem Thema des Gekürzten fortschreiten, desto wichtiger wird die Wiederholung der vergangenen Abende. Es geht um das Reich Gottes. Am ersten Abend haben wir gesehen, dass das Reich Gottes in verschiedenen Formen oder Erscheinungsweisen in der Bibel beschrieben wird.
Wir haben es mit Wasser verglichen. Wasser hat drei Aggregatzustände. Das Reich Gottes hingegen hat fünf Aggregatzustände. In der Bibel finden wir Aussagen über das universelle oder ewige Reich Gottes. Gott ist immer Gott, immer König, Herrscher und Regent. Deshalb gibt es ein universelles und ewiges Reich. Letztlich müssen sich alle geschaffenen Wesen diesem Reich und dieser Herrschaft beugen. Das ist die blaue Linie.
Dann haben wir die schöne rote Linie, die das geistliche Reich Gottes beschreibt. In der Mitte sehen wir das Kreuz. Das geistliche Reich Gottes ist das Reich, in das wir hineingeboren werden müssen. In dieses Reich können wir nicht von Geburt an hineingeboren werden, denn wir leben unter dem universellen und ewigen Reich. Aber in das geistliche Reich müssen wir neu geboren werden.
Jesus sagt zu Nikodemus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn ihr nicht von neuem geboren werdet, könnt ihr das Reich Gottes nicht sehen“ (Johannes 3,3).
Im Alten Testament finden wir das theokratische Reich Gottes. In der Geschichte des Volkes Israel hat sich dieses Reich auf dieser Erde manifestiert. Das Reich war hier auf der Erde sichtbar und greifbar – von der Aufrichtung des Volkes Israel und des Bundes am Sinai bis zum letzten König Israels, Zedekia.
Man könnte sagen, dass es noch ein wenig weiterging, zumindest durch die alttestamentliche Zeit, und sich auf das Volk Israel bezog. Dieses theokratische Reich ist das Reich, in dem Gott selbst auf der Erde geherrscht hat – durch Priester, Könige, Mittler und Könige.
Wir sehen hier, dass das theokratische Reich eine gewisse Fortsetzung auf dieser Erde haben wird. Deshalb ist die gleiche Farbe beim messianischen Reich, dem tausendjährigen Reich, das noch kommen wird. Beide Reiche, das theokratische und das messianische Reich, waren beziehungsweise werden auf der Erde sein.
Das geistliche Reich ist eben geistlich, das universale Reich ist universal, aber diese beiden Reiche werden auf der Erde stattfinden.
Dazwischen haben wir noch den fünften Aggregatzustand, das verborgene oder vermischte Reich Gottes. Dieses Reich soll uns heute Abend besonders beschäftigen.
Deshalb ist es wichtig zu erklären, dass nach dem Kreuz und der Auferstehung Jesu das verborgene, vermischte Reich begann – genauer gesagt an Pfingsten. Dieses Reich wird enden mit der Wiederkunft Jesu Christi und der Entrückung der Gemeinde.
Rückblick auf die bisherigen Abende und Unterscheidung der Evangelien
Wir haben uns heute vor einer Woche am zweiten Abend vor allem mit dem theokratischen Reich beschäftigt. Dabei haben wir gesehen, dass wir zwei Arten von Evangelien oder besser gesagt zwei Formen des Evangeliums unterscheiden müssen: das Evangelium des Reiches und das Evangelium der Gnade.
Diese beiden Formen des Evangeliums kommen in der Bibel vor. Es gibt außerdem noch eine dritte Form, das ewige Evangelium, das in der Offenbarung erwähnt wird.
Wir haben gesehen, dass das Evangelium des Reiches die frohe Botschaft war, dass das Reich Gottes hier auf dieser Erde gekommen ist – in der Gestalt des Königs, Jesus Christus, des Messiaskönigs von Israel. Dieser König wollte das Reich aufrichten.
Dieses Reich wurde dem Volk angeboten – durch Johannes den Täufer, durch Jesus Christus selbst und durch seine Jünger.
Heute Abend werden wir sehen, dass dieses Reich abgelehnt wurde. Daraufhin entstand eine neue Form des Reiches Gottes, ein verborgenes Königreich, das wir noch näher betrachten werden.
Im Zusammenhang mit dem Evangelium des Reiches stehen auch Heilungen und übernatürliche Wirkungen Gottes, wie Heilungen, Totenauferweckungen und Dämonenaustreibungen.
Wir haben gesehen, dass dies im Zusammenhang mit dem Volk Israel steht, das unter sichtbaren Bezügen lebt. Deshalb finden wir im Alten Testament viele Engelserscheinungen und Visionen.
Das Volk Israel hat eine sichtbare Heimat auf der Erde. Es besitzt ein sichtbares Bundeszeichen, die Beschneidung, sowie den sichtbaren Tempel und die Stiftshütte. Es hat einen sichtbaren Mittler, sichtbare Sündenvergebung durch die Übertragung auf ein Opfertier und sichtbare Feinde, wie die Philister.
Wir als Gemeinde Jesu haben heute keine sichtbaren Bezüge mehr, sondern unsichtbare. Wir haben das Wort Gottes, eine unsichtbare Heimat im Himmel, wo unser Bürgerrecht liegt.
Wir besitzen ein unsichtbares Bundeszeichen, die Versiegelung mit dem Heiligen Geist. Wir haben einen unsichtbaren Tempel – die Gemeinde Jesu Christi bildet heute den Tempel. Der Leib des Gläubigen ist natürlich sichtbar, aber niemand sieht direkt, dass er ein Tempel des Heiligen Geistes ist.
Außerdem haben wir einen unsichtbaren Mittler, Christus, eine unsichtbare Reinigung durch das Blut Christi und unsichtbare Feinde, nämlich die bösen Geister unter dem Himmel.
Wir sollten keine menschlichen Feinde haben, soweit es an uns liegt.
Daraus können wir zusammenfassen und die Aussage aus 2. Korinther 4,7 darunterstellen: Wir leben jetzt im Glauben und nicht im Schauen. Israel lebte viel im Schauen. Natürlich mussten sie auch an Gott glauben, aber sie hatten immer wieder Erscheinungen Gottes. Sie hatten die Wolkensäule, die Feuersäule und weitere sichtbare Zeichen.
Wir haben diese sichtbaren Dinge nicht. Wir haben als Gemeinde Jesu andere Bezüge.
Zum Schluss haben wir vor einer Woche gesagt, dass all diese Zeichen, die im Zusammenhang mit dem Reich Gottes erwähnt werden, hier einzuordnen sind und nicht unbedingt in unsere heutige Zeit passen.
Heute tut Gott zwar auch Wunder und kann jede Form von Wundern wirken, aber er will sie nicht mehr so massiv tun – vor allem nicht mit dem Zweck, wie damals zu zeigen, dass das Reich Gottes angebrochen ist.
Das war damals so, heute ist es nicht mehr der Fall. Wir leben heute in einer ganz anderen Form des Reiches Gottes, wie wir im Folgenden sehen werden.
Das verborgene Reich Gottes im Matthäusevangelium
Kommen wir also zu dem heutigen Thema, dem verborgenen Reich Gottes. Wir müssen dazu noch einmal an den Anfang des Matthäusevangeliums gehen. Ich hoffe, dass wir alle die Bibel zur Hand haben, zumindest das Neue Testament.
In Matthäus Kapitel 3, Vers 2 steht, dass Johannes der Täufer mit der Botschaft begonnen hat: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen.“ Das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen. Jesus Christus hat genauso angefangen zu predigen. In Kapitel 4, Vers 17 lautet der gleiche Wortlaut: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Doch in Kapitel 8 kündigt sich schon ein gewisser Übergang an. In Matthäus 8, Verse 11 und 12 hat unser Herr gerade den Diener des königlichen Beamten, des Hauptmanns, geheilt. Nun lesen wir, weil er erstaunt über den Glauben dieses Mannes, eines Heiden, ist, in Vers 10: „Als aber Jesus es hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, selbst in Israel habe ich nicht so großen Glauben gefunden. Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden im Reich der Himmel. Aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“
Die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen, aber von Osten und Westen und allen Himmelsrichtungen werden Menschen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch liegen im Reich der Himmel. Das ist eine sehr interessante Aussage. Sie zeigt, dass hier ein Übergang stattfinden wird.
Die Söhne des Reiches meint eigentlich Israel, das Volk Israel. Sie waren die Teilhaber des theokratischen Reiches hier auf Erden. Dort war das Königreich Gottes ganz im Volk Israel aufgerichtet; Gott war der König Israels, und sie waren die Söhne dieses Reiches. Nun sagt Jesus, als er den Glauben dieses römischen Hauptmanns sieht: So werden viele kommen wie dieser Mann und von allen Himmelsrichtungen, von allen Nationen, glauben. Aber die eigentlichen Reichsteilhaber, die Israeliten, werden hinausgeworfen. Von ihnen wird das Reich Gottes weggenommen werden. Es wird eine andere Form annehmen, in der sie nicht mehr als Volk im Königreich sein werden.
Wir hatten darauf hingewiesen, dass auch die Jünger Jesu, die er aussandte, genau dieselbe Botschaft verkündeten, als sie innerhalb Israels predigten: Das Reich der Himmel ist nahegekommen, das Königreich der Himmel. Israel wurde also mindestens durch drei verschiedene Gruppen das Königreich der Himmel angeboten: durch Johannes den Täufer, durch Jesus und durch seine Jünger.
Die Bibel hat ein Prinzip: Es soll alles auf zweier oder dreier Zeugen Mund bestehen. Israel bekommt durch dreier Zeugen Mund verschiedener Gruppen das Reich angeboten. Aber warum lehnt Israel dennoch ab?
Israel erwartete den Messias, der im Alten Testament an vielen Stellen angekündigt wurde. Doch Israel hatte eine bestimmte Vorstellung vom kommenden Messias entwickelt. Es gab ein genaues Bild davon, wie der Messias aussehen müsste. Man erwartete, dass er Zeichen und Wunder tun würde – das stimmte auch. Aber man erwartete besondere Zeichen und Wunder vom Messias. Warum?
Mose hatte in 5. Mose 18,15 gesagt: „Einen Propheten wie mich wird euch der Herr erwecken.“ Da Mose große Zeichen und Wunder getan hatte – den Stab über das Meer gehalten, und es hatte sich geteilt, und all diese Dinge – erwartete man vom Messias auch, dass er große Zeichen und Wunder tun würde.
Nach rabbinischer Theologie erwartete man folgende konkrete Wunder des Messias: Wenn jemand behaupten würde, er sei der Messias, dann wäre das die Nagelprobe. Er müsste mindestens einen Aussätzigen heilen, mindestens einen Menschen von den Toten auferwecken und drittens einen Besessenen befreien, der stumm ist. Ich werde gleich sagen, warum gerade diese drei Dinge erwartet wurden.
Also brauchte niemand einfach nur behaupten, er sei der Messias. Wenn er das nicht nachweisen konnte, dann erkannten die rabbinischen Theologen ihn nicht an. Vielleicht hätten einige ungelehrte Leute aus dem Volk dann schon mal überlegt, aber die rabbinischen Theologen hätten gesagt: „Moment mal, hat er erstens, zweitens, drittens nicht – danke, das kann er nicht sein.“
Diese drei Dinge wurden wirklich vom Messias erwartet. Das weiß ich von unserem jüdischen Bruder Arnold Fruchtenbaum.
Interessanterweise berichtet das Matthäusevangelium genau diese Wunder. In Kapitel 8 heilt Jesus als erstes, was Matthäus berichtet, einen Aussätzigen (Matthäus 8,1-4). Ist das Zufall? Ich glaube nicht.
Dann berichtet Matthäus in Kapitel 9, dass Jesus jemanden von den Toten auferweckt hat, nämlich die Tochter des Jairus, die wirklich tot war, nicht scheintot, sondern wirklich tot (Matthäus 9,18-26).
Und nun in Kapitel 12 gibt es einen besonderen Vorfall mit einem Besessenen, der stumm war (Matthäus 12,22). Wir merken, wie Matthäus das berichtet. Er erwähnt auch noch andere Zeichen und Wunder und legt darauf Wert, dass Jesus einen Aussätzigen geheilt hat – nicht nur einen, sondern viele –, dass er Tote auferweckt hat, und nun wird berichtet, wie ein Besessener zu ihm gebracht wird, blind und stumm. Jesus heilte ihn so, dass der Stumme redete und sah.
War das so besonders?
Die jüdischen Theologen trieben auch Dämonen aus, sie betrieben Exorzismus bei Besessenen. Aber sie konnten das nur, wenn sie mit dem Betreffenden reden konnten, wenn der Besessene ihnen sagen konnte, um welche Dämonen es sich handelt, und wenn sie praktisch beim Exorzismus direkt mit diesen Dämonen in Verbindung treten konnten – durch Sprache, durch das Reden des Besessenen.
Weil der Stumme aber nicht sprechen konnte, konnten sie bei einem stummen Besessenen nicht austreiben, weil sie nicht mit den Dämonen reden konnten. Deshalb galten stumme Besessene bei den Juden als unheilbar, man konnte sie nicht befreien.
Aber der Messias, wenn er kommen würde, würde auch stumme Besessene befreien können. Und nun hat Jesus genau das getan: Er heilte einen Besessenen, der blind und stumm war.
Was war die Reaktion?
Wir lesen das in Vers 23: „Und es erstaunten die ganzen Volksmengen und sagten: Dieser ist doch nicht etwa der Sohn Davids?“ Mit anderen Worten: „Das muss der Messias sein!“ Sohn Davids ist nur ein anderer Ausdruck für Messias. Sohn Davids ist der alttestamentliche Messias-Titel. Mit anderen Worten: „Das muss doch der Messias sein!“
Jetzt hören das die Pharisäer, die religiösen Führer des Volkes, die Theologen, wie wir heute sagen würden. Die Pharisäer aber sagten, als sie es hörten: „Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul, den Obersten der Dämonen.“
Merken wir, was da passiert ist? Das Volk erkennt Jesus als den Messias und sagt, das kann doch gar nicht anders sein. Aber bei den Pharisäern heißt es, also schlossen sie messerscharf: „Nichts kann sein, was nicht sein darf.“ Das kann er nicht sein, dieser Zimmermannssohn aus Nazaret. Das kann nicht der Messias sein. Egal, welche Kunststücke er anstellt, er kann es nicht sein. Und dann gibt es nur eine Erklärung: Dieser Besessene war nicht mehr besessen, er konnte reden, er konnte sehen, ein Wunder war geschehen. Also wenn es nicht von Gott war, dann war es vom Satan. Dann war es ein dämonisches Wunder. Dann hat er die Dämonen ausgetrieben durch den Obersten der Dämonen, sagen sie. Der hatte so ein paar Unterdämonen, ja, war besessen. Aber Jesus hat dieses Wunder durch den Obersten der Dämonen getan. Das ist ihre Erklärung. Sie bezeichnen das Wunder als dämonisch bewirkt.
Der Herr Jesus widerlegt daraufhin ihr fadenscheiniges Argument mit messerscharfer Logik. Er sagt: Da er aber ihre Gedanken wusste, sprach er zu ihnen: „Jedes Reich, das mit sich selbst entzweit ist, wird verwüstet, und jede Stadt oder jedes Haus, die mit sich selbst entzweit sind, werden nicht bestehen. Und wenn der Satan den Satan austreibt, so ist er ja mit sich selbst entzweit.“
Jesus sagt: Überlegt doch mal, ihr Pharisäer, der ist von Dämonen besessen. Und ich soll durch den Obersten der Dämonen die unteren Dämonen ausgetrieben haben. Dann haben ja die Dämonen gegen sich selbst gekämpft, dann hat ja der Satan in seinem Reich mit sich selber Krieg geführt – die Oberen gegen die Unteren. Das ist „hirnrissig“, sagt Jesus. Ja, überlegt doch einmal!
Er geht noch weiter und sagt: Wie wird dann sein Reich bestehen? Und wenn ich durch Beelzebul die Dämonen austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Also die Söhne der Pharisäer betrieben auch Exorzismus. Darum werden sie eure Richter sein.
Wenn ich aber durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, wenn es ein göttliches Wunder ist, „durch die Kraft Gottes“, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen. Ihr blinden Pharisäer, wacht doch auf, das Reich Gottes ist doch in personhafter Gestalt vor euch!
Dann sagt er: Oder wie kann jemand in das Haus des Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuerst den Starken bindet? Und dann wird er sein Haus berauben.
Eigentlich spricht er von einer Burg und von einem Starken, von einem Ritter, also von jemandem, der eine befestigte Anlage hat. Wie kann man bei dem rein und den Hausrat rauben? Hausrat meint hier nicht das Silberbesteck, sondern seine Sklaven, seine Hausangestellten, seine Diener. Das ist der Hausrat.
Jesus will sagen: Ich habe doch dem Teufel seine Leute weggenommen, ich habe ihm doch jemanden weggenommen, aber nur deswegen, weil ich Satan zuvor gebunden habe. Wie hat Jesus den Satan gebunden? In der Versuchungsgeschichte in Matthäus Kapitel 4 hat Satan ihn versucht, vierzig Tage lang, und Jesus hat die Versuchung bestanden. Darin hat er den Teufel gebunden. Er war jetzt im bildlichen Sinne gebunden, und darum konnte Jesus jetzt schon Leute von ihm wegnehmen, auch Besessene befreien. Satan musste das geschehen lassen, weil Jesus der Stärkere war und ihn gebunden hatte.
Er sagt dann: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ Also will er sagen: Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich. Überlegt doch mal, es kann doch gar nicht anders sein. Entweder sind alle im Reich Satans, und die halten zusammen und kämpfen gegen das Reich Gottes, oder alle sind im Reich Gottes, und sie halten zusammen und kämpfen gegen das Reich des Feindes. Dass sie unter sich kämpfen, ist völlig unlogisch und unsinnig.
Dann geht er noch einen Schritt weiter und warnt die Pharisäer. Jetzt kommt diese Stelle, die viele Christen durch die Jahrhunderte immer wieder verunsichert hat und auch, danke Matthias, manche sehr irritiert hat. Darüber gibt es auch viele falsche Auslegungen. Aber wir müssen sehen, in welchem Zusammenhang Jesus diese Worte sagt.
In Vers 31 sagt Jesus: „Deshalb sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden.“ Um das erst mal festzuhalten: Ja, jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden. Das ist Evangelium. Jede Sünde und Lästerung.
Aber: Die Lästerung des Geistes wird den Menschen nicht vergeben werden.
Und wenn jemand ein Wort reden wird gegen den Sohn des Menschen, gegen ihn, gegen Jesus, dem wird vergeben werden. Wenn aber jemand gegen den Heiligen Geist reden wird, dem wird nicht vergeben werden, weder in diesem Zeitalter noch im zukünftigen.
Jesus will etwas ganz Wichtiges sagen zu diesen Leuten, die vor ihm stehen. Er sagt: Freunde, passt auf, ihr könnt viel sagen und machen, aber es gibt eine heilige Grenze. Ihr seid jetzt gerade in Gefahr, über eine unsichtbare Linie zu gehen, wo es kein Zurück mehr gibt. Da ist ein point of no return.
Wenn ihr jetzt behauptet und dabei bleibt, dass ich dieses Wunder und all die vorhergehenden auch in der Kraft Satans bewirkt habe, dann begeht ihr die Lästerung des Heiligen Geistes, und das kann euch nicht vergeben werden.
Sie hatten praktisch nur die eine Wahl: Jesus anerkennen als den Messias und niederfallen und sagen: „Jawohl, du bist der König Israels, du bist der Messias. Du hast alle Voraussetzungen erfüllt, du hast genau die Wunder getan, und du hast auch durch deine Reden und durch deine ganze Person bestätigt, dass du der vorausgesagte Messias bist.“
Er hätte niederfallen müssen und ihn anbeten. Aber genau das wollten sie nicht.
Er warnt sie und sagt: Vorsicht, Freunde, jetzt geht ihr über diese Linie drüber.
Weil sie nicht böse taten, begingen sie tatsächlich die Sünde gegen den Heiligen Geist. Das war eine Sünde, die diese Generation Israels begangen hat. Sie hatten all die Zeichen und Wunder und Taten und Reden Jesu gesehen, gehört, miterlebt, sogar hautnah – und ihn trotzdem als Messias abgelehnt.
Das war die Sünde gegen den Heiligen Geist.
Das konnte praktisch nur diese Generation Israels tun. Nur die Juden damals.
Christen danach oder heute in unserer Zeit können diese Sünde nicht begehen. Kein Christ kann diese Sünde begehen, von der hier die Rede ist. Christen sind ja schon im Reich Gottes, gehören dem Herrn und stehen unter ganz anderen Vorzeichen, sage ich jetzt mal, und werden auch bewahrt.
Aber was ist mit Nichtchristen heute? Was ist, wenn ein Nichtchrist heute vielleicht das Wirken Jesu an sich oder an seinem Ehepartner oder an nahen Angehörigen hautnah miterlebt hat und trotzdem sagt: „Ich will das alles nicht, das ist nicht göttlich“, und erklärt es nur psychologisch oder gar dämonisch? Was ist dann?
Begeht er dann die Sünde gegen den Heiligen Geist?
Nein, nicht ausdrücklich. Nur die Folge seines Verhaltens wird natürlich genau dieselbe sein: Er wird verloren gehen. Mehr als verloren gehen kann man nicht.
Man kann nicht dreimal verloren gehen, fünfmal oder zehnmal. Die Gerichte verurteilen zwar manchmal Leute zu zehnmal lebenslänglich und hundertmal lebenslänglich, aber lebenslänglich ist lebenslänglich, verloren ist verloren.
Man kann auch heute ewig verloren gehen, wenn man Jesus ablehnt. Alle, die das tun, gehen verloren.
Es geht heute nach Kreuz und Auferstehung niemand mehr an seinen Sünden verloren, sondern nur daran, wenn er den ablehnt, der seine Sünden getragen hat.
Das ist ein Unterschied.
Es geht heute nicht an Mord, an Ehebruch, an Abtreibung, an Zauberei und all den Dingen verloren. Man geht verloren, wenn man den ablehnt, der das alles am Kreuz getragen hat und der einem alles vergeben wollte.
Wenn man ihn ablehnt als seinen Retter und Herrn, dann ist man verloren und faktisch genauso getrennt von Gott wie die Menschen damals, die diese Sünde begangen haben.
Aber wenn wir ganz buchstäblich und wörtlich bei der Sünde gegen den Heiligen Geist bleiben, ist es meine feste Überzeugung, dass sie nur diese Generation Israels damals begehen konnte – und sie hat diese Sünde begangen.
Exkurs: Die Pfingstpredigt und die Sünde gegen den Heiligen Geist
Ein kleiner Exkurs dazu in Apostelgeschichte 2: Vielleicht versteht ihr nun, warum sich Petrus bei der Pfingstpredigt, wenige Zeit später – vielleicht ein Jahr oder nur wenige Monate danach – an die jüdische Generation wendet.
Diese Generation hatte Jesus als Messias abgelehnt und ihn ans Kreuz schlagen lassen. In seiner Predigt richtet sich Petrus an sie und sagt in Kapitel 2, Vers 38: "Kehrt um, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden."
Sie sollen sich auf den Namen Jesu Christi taufen lassen, den sie zuvor abgelehnt hatten. Damit sollen sie zum Ausdruck bringen: Jesus Christus war doch der Messias, er ist der Messias. Wir haben ihn als Volk abgelehnt und "kreuzige ihn" gerufen, aber wir erkennen, dass das falsch war. Er ist der Messias.
Darum sollen sie sich auf seinen Namen taufen lassen, zur Vergebung der Sünden, die daraus entstanden, dass sie ihn abgelehnt haben. Außerdem sagt Petrus: "Ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen."
In Vers 40 ruft er dann auf: "Lasst euch retten aus diesem verkehrten Geschlecht, aus dieser verkehrten Generation, die die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen hat." Diese Generation hat Jesus unter sich erlebt und dennoch abgelehnt.
So steht diese Stelle im Zusammenhang mit der vorherigen Aussage und korrespondiert damit.
Fortsetzung der Auslegung im Matthäusevangelium
Gehen wir noch weiter in Matthäus 12, und es wird gleich deutlicher werden. Ich weiß, ihr müsst mir das jetzt erst einmal so glauben, aber ihr braucht mir gar nichts zu glauben. Ihr sollt nur der Bibel glauben.
Hört einfach, was ich jetzt sage, wie ich die Schrift auszulegen versuche. Nachher können wir darüber sprechen, wenn noch Fragen sind oder wenn ihr mit etwas gar nicht einverstanden seid oder andere Stellen dazu bringen wollt. Wir werden noch Zeit haben.
Lasst uns nun weitermachen. Ihr werdet sehen, wie das hier im Matthäusevangelium aufgebaut ist. Jesus hat jetzt den Pharisäern gesagt: „Freunde, ihr geht über die unsichtbare Linie, ihr lästert den Heiligen Geist. Seid vorsichtig, macht das nicht!“ In den folgenden Versen spricht er auch noch vom Gericht, das kommen wird.
Danach folgt ein Abschnitt über das Zeichen Jonas. Plötzlich sagen die Pharisäer und Schriftgelehrten zu ihm: „Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen.“ Verrückt, oder? Sie haben gerade das größte Zeichen gesehen, das es geben kann. Jesus hat einen Besessenen geheilt, der blind und stumm war. Und jetzt stehen sie da und sagen: „Wir möchten noch ein Zeichen von dir sehen. Mach mal noch ein Kunststück, dann glauben wir dir vielleicht.“
Jesus antwortet: „Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen des Propheten Jona. Wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein.“
Er sagt also: Ihr bekommt nur noch ein Zeichen, das Zeichen vom Kreuz und der Auferstehung. Das wird das Zeichen sein. Jesus wird sterben, ins Grab gelegt werden und am dritten Tag auferweckt werden.
Ich kann jetzt nicht darauf eingehen, warum hier „drei Tage und drei Nächte“ steht. Das ist ein jüdischer Ausdruck, der nicht wörtlich zu nehmen ist, also nicht genau 72 Stunden bedeutet. Es heißt einfach „drei angebrochene Tage“. „Drei Tage und drei Nächte“ ist ein jüdischer Fachausdruck, ein Terminus technicus, der nicht im buchstäblichen Sinn 72 Stunden meint. Sonst würde es nicht stimmen. Aber so haben es die Juden damals gebraucht und verstanden.
Genauso stimmt es, dass Gott Christus am dritten Tag von den Toten auferweckt hat und ihnen das Zeichen gegeben hat: Kreuz und Auferstehung, wie bei Jona. Also sagt Jesus, ihr bekommt nur noch dieses eine Zeichen, sonst keine mehr.
Danach folgt der Abschnitt in den Versen 43 bis 45 über das geschmückte Haus. Jesus sagt: „Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchwandert er dürre Orte, sucht Ruhe und findet sie nicht. Dann spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren.“
Das Haus ist hier immer ein Ausdruck für das Haus Israel. Jesus benutzt dieses Bild und sagt: „Ich will in mein Haus zurückkehren, von dem ich ausgegangen bin.“ Wenn der unreine Geist zurückkommt, findet er es leer, gekehrt und geschmückt.
Israel war leergefegt vom Sauerteig der Sünde, gekehrt und geschmückt durch Johannes den Täufer. Johannes hatte Israel zur Buße aufgerufen und eine Sündenpredigt gehalten, bis man ihn im Kapitel zuvor durch Herodes gefangen gesetzt hatte. Er hatte Israel auf den Messias vorbereitet. Das Haus war praktisch leer, gekehrt und geschmückt.
Jetzt hätte der Messias einziehen können. Israel wäre eigentlich vorbereitet gewesen, das Reich Gottes in Gestalt des Messiaskönigs Jesus anzunehmen. Er hätte sein Reich aufgerichtet. Doch sie lehnen ihn ab.
Jesus sagt nun: „Wenn ihr das macht, dann wird dieses Haus nicht leer bleiben, sondern es wird schlimmer als zuvor.“ Sieben andere Geister werden kommen und in das Haus einziehen. Das Ende jenes Menschen wird schlimmer sein als der Anfang.
Jesus weiß hier weit in die Geschichte Israels hinein. Genau das ist mit Israel passiert. Später war der Götzendienst Israels schlimmer als je zuvor. Und noch in der Zukunft wird das Volk Israel einmal Götzendienst in Vollendung betreiben. Sie werden den Antichristen anbeten.
Dann wird sich das im buchstäblichen Sinne erfüllen: Das Haus, das einmal gekehrt, leer und geschmückt war, wird den Antichristen einladen und anbeten. Israel wird den Antichristen annehmen. Das sagen eine ganze Reihe von Bibelstellen im Buch Daniel und auch hier im Neuen Testament.
Dann folgt noch ein Abschnitt über die wahren Verwandten Jesu. Wir verstehen nun, wie das eine Linie ist. Es heißt weiter: „Als er aber zu den Volksmengen redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und suchten ihn zu sprechen.“
Da spricht einer zu ihm: „Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und suchen dich zu sprechen.“ Mit anderen Worten: Mach mal Pause, geh mal raus. Du wirst doch nicht deine Verwandten, die von weit gekommen sind, da im Regen stehen lassen.
Jesus antwortete und sprach zu dem, der es ihm sagte: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ Er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: „Siehe da, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen meines Vaters tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“
Er sagt also: Von jetzt an zählt nicht mehr die Volksverwandtschaft, wie sie vorher war. Das Volk Israel war das erwählte Volk und zusammen im theokratischen Reich. Von jetzt an zählt Gehorsamsverwandtschaft. Wer meinen Willen tut, das ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.
Zusammenfassung der Ereignisse in Matthäus 12 und Übergang zu Kapitel 13
Auf einen Blick haben wir Folgendes: Kapitel 12, Vers 22. Auch in den vorherigen Versen gab es noch einige Hinweise, die ich aus Zeitgründen nicht behandeln konnte. Doch in Kapitel 12 sehen wir, wie bei dem Ereignis, bei dem das dritte messianische Wunder vollbracht wurde – die Heilung des Besessenen, der stumm war – ein Bruch entsteht. Die Pharisäer lehnen Jesus nun offiziell ab. Hier haben wir die offizielle Ablehnung des Reiches und deren Folgen.
Jesus sagt: „Freunde, ihr begeht die Sünde gegen den Heiligen Geist. Ihr werdet nur noch ein Zeichen erhalten: Kreuz und Auferstehung.“ Das wird fatale Folgen haben. Israel wird später im Götzendienst enden. Die Volksverwandtschaft, auf die sich Israel immer berufen hat – „Wir sind Abrahams Kinder“ –, spielt jetzt keine Rolle mehr, sagt Jesus. Nun zählt nur noch Gehorsam.
Einen letzten Hinweis noch zu Kapitel 12: Im Alten Testament wurde der Messias immer als König, Priester und Prophet beschrieben. Das wird auch in einem Lied aufgegriffen: „Welcher ein Freund ist unser Jesus, König, Priester und Prophet.“ Interessant ist, dass in diesem Kapitel, in dem das Reich Israel noch einmal angeboten wird – das letzte Angebot des Reiches –, das Wesen Jesu als König, Priester und Prophet noch einmal deutlich gezeigt wird.
Jesus ist Priester in Kapitel 12, Vers 6. Dort heißt es: „Größeres als der Tempel ist hier.“ In der Geschichte mit den Schaubroten können wir nicht alles lesen, aber auf Vers 6 möchte ich aufmerksam machen. Dort sagt Jesus: „Leute, Größeres als der Tempel ist hier; hier steht der wahre Priester, größer als der Tempel.“ Achtet auf diese Ausdrucksweise: Größeres als der Tempel ist hier – Jesus, der wahre Priester.
In Vers 41 heißt es: „Männer von Ninive werden im Gericht mit diesem Geschlecht auferstehen und es verdammen, denn sie taten Buße auf die Predigt Jonas damals. Und siehe, mehr als Jonas ist hier.“ Vor euch steht der größte Prophet, König, Priester und Prophet. Größeres als der Tempel, mehr als Jonas.
Im nächsten Vers heißt es: „Eine Königin des Südens wird im Gericht mit diesem Geschlecht auftreten und es verdammen, denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören. Und siehe, mehr als Salomo ist hier.“ Salomo galt als der größte König Israels. Unter ihm erreichte das Reich seine größte Ausbreitung. Jesus sagt also: „Mehr als der große König Salomo ist hier.“
So sehen wir, wie Jesus noch einmal seine wahre Größe zeigt: als Priester, Prophet und König – oder in anderer Reihenfolge: König, Priester und Prophet. Doch Israel ging nicht darauf ein. Ihnen war das Reich angeboten worden, und nun lehnten sie es offiziell ab.
An dieser Stelle kommt ein großer Bruch in der Geschichte Israels, aber auch im Matthäusevangelium. Mittendrin erfolgt dieser Schnitt. Kapitel 13 zeigt, dass eine neue Zeit anbricht – nach der Ablehnung des Reiches durch Israel.
Kapitel 13 beschreibt in sieben sogenannten Himmelreichsgleichnissen, welche Zeit nun kommen wird. Diese wollen wir uns im zweiten Teil etwas näher anschauen.
Die Gleichnisse vom Himmelreich: Das vierfache Ackerfeld
Zuerst kommt das bekannte Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Das kennen wir alle wahrscheinlich schon von Kindesbeinen an, viele von uns haben es schon in den Kindersonntagsschulklassen gehört oder in Predigten behandelt.
Das vierfache Ackerfeld zeigt ganz klar, was Jesus deutlich machen will: Er ist wie ein Sämann, und das Wort Gottes ist das Saatgut. Dieses Saatgut fällt auf verschiedene Herzensböden.
In Kapitel 13 will Jesus sagen, dass man nicht mehr durch Geburt oder Volkszugehörigkeit zum Volk Israel in das Königreich Gottes kommt. Stattdessen geschieht der Eintritt durch eine neue Art – durch Wiedergeburt. Diese Wiedergeburt geschieht durch den Samen des Wortes Gottes.
Genau das sagt uns die Bibel im 1. Petrus 1,23: „Ihr seid wiedergeboren, nicht durch vergänglichen Samen, sondern durch den unvergänglichen Samen des Wortes Gottes.“ Die Wiedergeburt geschieht also nicht durch irgendwelche Erlebnisse oder durch andere Menschen, sondern durch den Samen des Wortes Gottes.
Jakobus 1,18 sagt das Gleiche. Ihr wisst ja, dass ihr das nicht mitschreiben müsst; das gibt es später auf dem Handzettel.
Jesus erklärt, dass der Same des Wortes Gottes immer fruchtbar ist. Das Fruchtbringen hängt jedoch von der Beschaffenheit des Bodens ab. Es gibt verschiedene Böden: den festgetretenen Weg, auf dem die Vögel das Saatgut wegpicken; das felsige Gelände, wo es zwar aufgeht, aber keine tiefen Wurzeln schlagen kann; und die brennende Sonne, die das Saatgut gleich wieder verdorrt.
Die brennende Sonne steht hier symbolisch für Trübsal und Anfechtung um des Evangeliums willen. Das Saatgut kann auch unter die Dornen fallen. Mit den Dornen sind die Sorge der Welt und der Betrug des Reichtums gemeint.
Aber es gibt auch fruchtbaren Herzensboden. Dort führt das Saatgut fortwährend zur Wiedergeburt, zur echten geistlichen Neugeburt. Man wird ein Kind Gottes und ein Bürger des Reiches Gottes.
Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen
Dann sagt Jesus in den folgenden Versen das erste Gleichnis vom Königreich der Himmel: Es ist wie ein Sämann, der Samen sät.
Im nächsten Gleichnis, ab Vers 24, spricht er davon, dass es Widerstand gegen dieses Königreich der Himmel geben wird – nämlich durch einen Feind.
Vers 24: Jesus legte ein anderes Gleichnis vor und sprach: „Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Menschen schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging weg.“
In diesem Gleichnis wird das Bild weitergeführt. Die Saat, die Jesus sät, sind die Kinder Gottes, die Kinder des Reiches. Sie werden von Jesus in diese Welt gesät. Doch der Teufel sät mitten unter die Kinder des Reiches seine eigenen Kinder – falsche Christen, Imitationschristen. Satan fördert das gefälschte Christentum.
Wenn wir uns das einmal vor Augen halten, spricht das Neue Testament an verschiedenen Stellen von solchen Imitationschristen, falschen Christen in der Gemeinde. Zum Beispiel nennt Paulus in Korinth falsche Brüder. Bei den Galatern gab es ein falsches Evangelium. Bei den Israeliten förderte Satan eine falsche Gerechtigkeit – nämlich die Werkgerechtigkeit.
Satan fördert sogar eine falsche Kirche, die in Offenbarung 2,9 als „Satansynagoge“ bezeichnet wird. Er wird einen falschen Christus in diese Welt bringen, den Antichristen, einen falschen Heilsbringer.
Wir sehen also: Das ist die Saat Satans, der Feind. Er sät falsche Saat, und aus dieser Saat entstehen solche Gewächse, die unter Umständen mitten unter den Gläubigen wachsen. So heißt es hier, dass der Acker die Welt ist. In diesem Acker werden Söhne des Reiches gesät – Menschen bekehren sich. Gleichzeitig werden andere gesät, Söhne der Finsternis. Sogar bis in die Gemeinden hinein können sich diese Söhne der Finsternis hineindrängen.
Die Gemeinde ist deshalb aufgerufen, wachsam zu sein und darauf zu achten, dass diese Falschen entlarvt werden. Jesus sagt: Ein Feind ist da, und beides soll bis zur Ernte miteinander wachsen gelassen werden, denn der Acker ist die Welt.
Wenn wir in der Welt anfangen, das Unkraut auszureißen, was bleibt dann übrig? Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir sollen nicht in der Welt das Unkraut ausreißen, sondern darauf achten, dass in der Gemeinde kein Unkraut wächst. Dort muss das Unkraut entfernt werden, dort muss der Sauerteig ausgefegt werden – das ist unsere Aufgabe als Gemeinde.
In der Welt können wir nicht verhindern, dass das Böse wächst. Natürlich werden wir in unserem Umfeld, wo wir können, versuchen, das Böse einzudämmen. Aber wir werden diese Welt nicht verändern. Viele Christen haben es schon versucht, und letztendlich ist es ihnen nicht gelungen. Das ist auch gar nicht unsere Aufgabe.
Die Gleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig: Eine kritische Betrachtung
Kommen wir zum nächsten Gleichnis, dem Gleichnis vom Senfkorn. Hier bitte ich besonders um eure Aufmerksamkeit, vor allem bei den beiden Gleichnissen vom Senfkorn und vom Sauerteig. Diese werden nämlich immer wieder, auch in wirklich evangelikalen und bibeltreuen Kreisen, anders ausgelegt, als ich meine, dass sie ausgelegt werden müssen.
Dabei geht es nicht um Rechthaberei. Vielleicht sind es Brüder, die das in bestem Wissen und Gewissen tun. Wir wollen aber der Linie folgen, die sich durch das Matthäusevangelium zieht, vor allem durch die Kapitel 12 und 13. Dabei werden wir sehen, dass die Auslegung, die ich jetzt bringe, von Ernst Maier und Arnold Fruchtenbaum stammt und doch sehr viel für sich hat.
Das Gleichnis vom Senfkorn beschreibt nicht den weltweiten Erfolg des Evangeliums, sondern die unnatürliche Ausbreitung des gefälschten Christentums. Ich werde gleich begründen, warum.
Schaut dazu in Matthäus 13, Vers 31: „Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Reich der Himmel gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte. Es ist zwar kleiner als alle Arten von Samen, wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als die Kräuter und wird ein Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten.“
Ein Senfkorn ist ein relativ kleiner Samen. Wenn er gesät wird, kann er aufgehen und zu einem sehr großen Baum werden. In Israel ist das besonders eindrucksvoll, weil dort später die Vögel kommen und in den Zweigen nisten.
Dieses Gleichnis spricht von der unnatürlichen, schnellen und rasanten Ausbreitung des Christentums. Wann war das? Wann hat sich das Christentum so rasant und unnatürlich schnell ausgebreitet? Wann ist das Christentum förmlich wie ein Pilz aus dem Boden geschossen?
Das war, als sich das wahre Christentum mit dem Staat und staatlicher Gewalt im vierten Jahrhundert verband. Damals ging das Christentum mit dem römischen Staat eine Liaison oder vielmehr ein Bündnis ein. Plötzlich wurde innerhalb weniger Jahre und Jahrzehnte die damalige Weltbevölkerung – zumindest innerhalb des Römischen Reiches – mehr oder weniger christianisiert.
Nicht die ganze Welt, aber im Römischen Reich wurden alle mit ein paar Tropfen Wasser getauft und christianisiert. Auf einmal waren es alle Christen. Das war die rasante, unnatürliche und auch falsche Ausbreitung des Christentums – oder besser gesagt der Christenheit, muss man heute schon sagen.
Davon spricht Jesus hier prophetisch mit diesem Gleichnis. Er sagt: „So wurde es ein großer Baum.“ Ihr müsst mal schauen, wie „Baum“ in der Bibel symbolisch gebraucht wird. Wo das vorkommt, zum Beispiel im Alten Testament, ist der Baum oft ein Bild für politische Reiche. Zum Beispiel in Daniel 4,12 oder in Hesekiel 17,23 wird von politischen Reichen gesprochen, die als Baum dargestellt werden.
So entstand auch durch die römisch-katholische Kirche im vierten Jahrhundert ein Gebilde, in dem Staat, Gewalt und Geistliches, Christliches vermischt wurden. Das wurde so ein großer Baum, und die Vögel des Himmels konnten in diesem Baum Schutz suchen und nisten.
Vögel sind in der Bibel immer Bilder für unreine Dinge, für Dämonen. Es gibt viele Bibelstellen, in denen Vögel negativ dargestellt werden. Auch hier im Zusammenhang mit Matthäus 13: Im ersten Gleichnis kommen die Vögel und picken das Saatkorn weg. Sie sind negativ. Die Vögel sind das Bild für den Feind, der das Evangelium wegnehmen und verhindern will.
Die Bibel wechselt die Bilder nicht einfach, sie bleibt bei einem Bild, auch in Gleichnissen. Hier sind die Vögel des Himmels negativ. Sie sitzen in dem großen Baum der Christenheit. Was haben sich da für Vögel eingeschlichen in den letzten Jahrhunderten? Was alles segelt unter dieser Flagge, bis hin zu dämonischen Dingen.
Genau so sieht die Christenheit heute aus.
Viele meinen, das Reich Gottes hätte sich so ausgebreitet. Natürlich hat sich das Reich Gottes über die Erde ausgebreitet, aber nicht so wie dieses Senfkorn – nicht unnatürlich, rasant und schnell. Das Reich Gottes breitet sich seit zweitausend Jahren langsam, gründlich, durchdringend und stetig aus, aber nicht so sprunghaft und rasant wie das falsche Christentum.
Deutlicher wird das beim nächsten Gleichnis vom Sauerteig, Matthäus 13, Vers 33: „Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.“
Das haben wir schon einmal behandelt. Die Älteren unter uns, die schon länger hier sind, können sich vielleicht an das Jahr 1993 erinnern, als wir uns schon einmal damit beschäftigt haben. So viele sind das aber gar nicht, wie ich hier so überblicke.
Der Sauerteig ist in der ganzen Bibel ein Bild für das Durchdrungenwerden mit falscher Lehre. Früher war ich selbst der Meinung: Ja, das mag sein, fast überall in der Bibel, aber doch nicht hier in diesem Gleichnis. Hier muss es eine Ausnahme geben. Hier kann es doch nicht anders sein. Der Sauerteig muss das Evangelium sein, das langsam die Welt durchsäuert und so schön verbreitet wird.
Ich war fest davon überzeugt, so war ich gelehrt worden. Ich hätte einiges gewettet, dass ich da richtig liege. Aber ich musste mich eines Besseren belehren lassen. Heute bin ich fest davon überzeugt, dass Sauerteig nicht nur an dreizehn, sondern an allen vierzehn Stellen, an denen er in der Bibel vorkommt, negativ ist.
Wer das nachprüfen will: Ich habe einige Kopien gemacht, auf denen die vierzehn Stellen verzeichnet sind. Ihr könnt das nachprüfen. Viele haben das schon vor euch getan. Ihr werdet sicher zu keinem anderen Ergebnis kommen. Es ist immer negativ.
Warum? Sauerteig ist in der gesamten Schrift immer ein Bild für die schnelle Ausbreitung des Bösen. Vor dem Passahfest musste der Sauerteig ausgekehrt werden. In 2. Mose 12 ist eigentlich die Kernstelle für Sauerteig. Die Opfer durften keinen Sauerteig enthalten.
Eine Ausnahme gab es: die beiden Brote an Pfingsten, weil diese die Gemeinde Jesus symbolisierten, bestehend aus Israeliten, gläubigen Juden und gläubigen Heiden aus den Nationen, in denen aber noch die Sünde wohnt und die noch einen sündigen Leib haben. Das ist eine kleine Ausnahme, die ich nur am Rande erwähne.
Ansonsten durften keine Opfer Sauerteig enthalten. Jesus verwendet Sauerteig als Bild für Scheinfrömmigkeit (Lukas), für falsche Lehre (Matthäus 16), für weltliche Kompromisse (Markus 8). Paulus verwendete Sauerteig als Bild für die Verweltlichung der Gemeinde (1. Korinther 5) und für falsche Lehre (Galater 5,9).
Sünde ist wie Sauerteig, der heimlich wächst, durchdringt und sich schnell ausbreitet. Deshalb soll in der Gemeinde Sünde hinausgetan werden. In unserem Leben soll sie hinausgetan werden. Wo unbußfertige Gläubige sind, sollen sogar sie aus der Gemeinde hinausgetan werden. Ihr wisst, dass die Bibel von Gemeindezucht spricht.
Von diesem Gebrauch des Bildes her kann Sauerteig nicht das Evangelium sein, das die Welt durchdringt. Das Evangelium durchdringt die Welt, ja, aber nicht wie ein Sauerteig, nicht so schleichend, wie schleichendes Gift, wie Sauerteig in einem chemischen Prozess.
Der Sauerteig ist in diesem Gleichnis ein Bild für die falsche und gefährliche Lehre Satans, die er in die Gemeinde einbringen will. Wenn eine Frau in der Schrift symbolisch genannt wird, dann versinnbildlicht das oft ein falsches religiöses System.
In der Offenbarung kommt das zweimal vor: die Hure oder die Frau Isebel in der Gemeinde von Thyatira und dann die Hure in Kapitel 17. Frauen, die in diesem Zusammenhang symbolisch gebraucht werden – nicht, wenn von einer Frau als Person die Rede ist, sondern wenn die Frau symbolisch verwendet wird – stehen für solche Systeme wie an diesen beiden Stellen.
Wichtig ist auch zu sehen, dass die Frau hier drei Maß Mehl nahm und den Sauerteig untermischte. „Und mengte die“, heißt es in Vers 33.
Drei Maß Mehl ist interessant. Ich weiß nicht, ob der Gedanke so stimmt, aber ich gebe ihn weiter. Er stammt von Arnold Fruchtenbaum. Arnold sagt, die Christenheit teilt sich eigentlich in drei große Hauptgruppen:
- den römischen Katholizismus mit etwa 900 Millionen Katholiken auf der Erde,
- die griechische Orthodoxie mit einigen hundert Millionen Gläubigen,
- und den evangelischen Protestantismus.
Das sind die drei Hauptarme der Christenheit. Innerhalb dieser Gruppen gibt es wiedergeborene Christen, ganz klar. Wahrscheinlich gibt es im evangelischen Protestantismus mehr davon. Ich weiß nicht, warum er da „evangelischer Protestantismus“ gesagt hat. Gibt es eigentlich auch im katholischen Protestantismus? Wahrscheinlich nicht. Lassen wir das.
In allen drei Richtungen ist mehr oder weniger viel Sauerteig enthalten. Es gibt wiedergeborene Christen in allen drei Richtungen, aber Sauerteig ist auch in allen drei Richtungen vorhanden, ohne dass wir diese Richtungen pauschal verurteilen wollen. Aber Sauerteig ist da, ich glaube, in großer Menge.
Jesus sagt also: Das Reich Gottes, das Reich der Himmel, wie er es hier nur in Matthäus nennt, wird ein Reich sein, ein vermischtes Reich. Es werden wahre Gläubige darin zu finden sein, aber auch viele Namenschristen, nominelle Christen, Scheinkristen, Kirchenkarteileichen, wie Pater Leppich aus Österreich gesagt hat.
Es wird sich sehr schnell und unnatürlich ausbreiten, wie ein Senfkorn, das auf einmal zu einem Baum hochschießt. Und es wird sein wie bei einem Sauerteig: Alles wird durchdrungen von falscher Lehre, von falschen Lehren. So wird die Christenheit immer mehr abgleiten, immer verweltlichter werden und sich immer mehr von dem entfernen, was Gott eigentlich wollte.
Aber mittendrin gibt es die Gemeinde Jesu.
Die Gleichnisse vom verborgenen Schatz und der kostbaren Perle
Und nun folgen noch zwei sehr interessante Gleichnisse. Ich hoffe, ihr könnt das noch aufnehmen. Wir kommen dann auch schon bald zum Schluss, nämlich zum Gleichnis vom verborgenen Schatz im Acker.
Das nächste Gleichnis können wir jetzt nicht mehr lesen, ihr kennt es ja. Es ist ja auch kurz, Vers 44: Das Reich der Himmel gleicht einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg. Vor Freude darüber geht er hin, verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.
Es ist schön zu sehen, wie Jesus hier beschrieben wird: Er verkauft alles, was er hat, gibt sein Leben hin und kauft den Acker. Der Acker ist nicht der erlösungsbedürftige Sünder. Entschuldigung, der Mensch, der alles verkauft und den Acker kauft, ist nicht der erlösungsbedürftige Sünder. So wird das oft ausgelegt, also der Sünder gibt alles andere dran und kauft den Acker, sprich er nimmt den Herrn Jesus an.
So ist es jedoch nicht zu verstehen. Jesus ist nicht ein verborgener Schatz. Er ist die bekannteste Persönlichkeit der Weltgeschichte. Jesus ist nicht ein verborgener Schatz, und der Sünder kann Jesus nicht finden, da er blind und eigensinnig ist und ihn gar nicht sucht. Er geht gar nicht auf die Suche nach diesem Schatz. Und der Sünder verkauft auch nicht alles und kauft die Welt, um Jesus zu gewinnen. Das passt so nicht.
Sondern umgekehrt: Der verborgene Schatz in der Welt ist Israel. Das Volk Israel ist der verborgene Schatz im Acker. Jesus starb für die ganze Welt, aber er starb in besonderer Weise für Israel. Jesus starb für Israel, Jesaja 53, ja, für sein Volk gab er in besonderer Weise sein Blut.
Jesus gab alles, was er hatte (2. Korinther 8), und kaufte die Welt, um Israel zu kaufen, sein geliebtes Volk, seine Blutsverwandten. Also der Schatz im Acker ist Israel, und der Mensch, der alles verkauft und den Acker kauft, ist Christus selbst, der für die Welt und damit auch für Israel starb.
Denn durch Jesu Sterben kam der Schatz noch nicht in seinen Besitz. Israel nahm Jesus ja nicht an. Aber der Ort, an dem sich der Schatz befindet, kam in den Besitz Jesu. Jesus hat durch seinen Tod diese Welt erkauft. Israel ist der Schatz, der in dieser Welt noch verborgen ist.
Einzelne Juden kommen seither zum Glauben an Jesus Christus als ihren Messias. Aber der ganze Schatz als solcher ist noch nicht gehoben. Er liegt immer noch in diesem Acker, der Welt. Wir sehen, der Acker ist die Welt, so haben wir es schon vorher gesehen im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Ja, der Acker ist die Welt, und in diesem Acker ist Israel noch verborgen.
Jesus hat Israel gekauft, er hat schon das Besitzrecht, aber er hat diesen Schatz noch nicht gehoben. Israel hat ihn noch nicht als Messias erkannt und angenommen. Es wird jetzt ganz gewiss noch deutlicher, wenn wir das Gleichnis von der kostbaren Perle dazu anschauen. Dann sehen wir, wie das zusammenpasst.
Die Perle wird auch oft so ausgelegt: Sie sei der Herr Jesus und seine Erlösung. Da wird immer gesagt, das Reich der Himmel gleicht einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht. Also das ist dann der Sünder, der Jesus sucht und alles verkauft, was er hat. Er gibt alles andere dran, geht ins Kloster oder wie das dann verstanden wurde, und kauft die Perle. Indem er alles drangibt, kriegt er die Perle.
Nein, so ist das nicht gemeint. Umgekehrt: Die Perle ist die Gemeinde Jesu, die Gemeinde Jesu. Warum? Schaut mal: Im Unterschied zu dem Schatz im Acker entsteht die Perle im Meer, im Wasser. Und wann immer das Meer symbolisch erwähnt wird in der Bibel, steht es für die Völkerwelt.
Der Antichrist steigt auf aus dem Meer, er kommt aus der Völkerwelt (Offenbarung 13, viele andere Stellen). Meer meint immer das Völkermeer. Die Perle wird aus dem Meer herausgeholt. Die Gemeinde Jesu kommt aus den Nationen.
Israel ist der Schatz im Acker, die Gemeinde aus den Nationen. Wie die Perle ist die Gemeinde das Resultat von Leiden, dem Leiden Jesu. Wenn ihr euch mal damit beschäftigt, lest mal im Lexikon, wie eine Perle gewonnen wird. Da leidet das ja ein Tier, die Muschel oder die Auster. Sie leidet, gibt unter Schmerzen, unter Leiden dieses Sekret ab, aus dem die Perle dann gebildet wird.
Und genauso wird die Gemeinde Jesu unter Leiden herausgerufen aus dieser Welt. Wie die Perle langsam wächst, so wächst die wahre Gemeinde langsam. Merkt ihr den Unterschied zu dem schnell emporschiessenden Senfbaum? Ja, und die Gemeinde ist ganz anders. Sie wächst langsam unter Leiden heraus aus den Nationen.
Und wie die Perle ist die wahre Gemeinde eine Einheit. Die Christenheit ist zerstritten und zerspalten in Tausende von Armen und Nebenarmen. Aber die wahre Gemeinde Jesu hat eine geistliche Einheit. Es gibt eine geistliche Einheit zwischen allen Wiedergeborenen auf dieser Erde, keine organisatorische Einheit.
Das will die Ökumene erreichen, ja, durch seltsame Mittel zum Teil, bis hin zu Unterstützung von gewaltanwendenden Organisationen in Afrika, wie die SWAPO und all diese Gruppen. Nein, nein, die wahre Gemeinde hat Einheit, da ist eine geschenkte Einheit vorhanden.
Und wie die Perle verborgen ist, so ist die wahre Gemeinde Jesu verborgen. Sie ist zerstreut unter alle Völker, wird aber eines Tages offenbar werden. Die Perle muss aus der Tiefe des Meeres emporgehoben werden, ebenso die Gemeinde. Sie wird bei der Entrückung emporgehoben werden zu dem Herrn hin.
Ihr seht, das sind doch keine Zufälle. Ja, die Schrift ist so genau inspiriert, dass sie uns hier den Unterschied zeigt: Der Schatz im Acker ist Israel. Der Acker ist bereits gekauft, aber der Schatz ist noch nicht gehoben.
Israel ist immer noch im Acker, ist noch nicht so weit, dass sie Christus angenommen hätten als ihren Messias. Einzelne Juden, ja, aber nicht das Volk als Ganzes. Es wird noch kommen, dann wird der Schatz gehoben.
Und die Gemeinde Jesu wird herausgehoben aus dem Völkermeer. Was für ein kostbares Bild von der Perle! Es gibt doch kaum ein schöneres Bild. Eine edle Perle – so sieht uns Gott, so sieht er die Erwählten, die Jünger Jesu, dich. Wenn das kein anderer sieht, Gott sieht dich so. Wenn du zu seinen Erlösten gehörst, bist du ein Teil dieser kostbaren Perle.
Das Gleichnis vom Netz und die Endzeit
Und als letztes, das siebte Gleichnis – dann haben wir es geschafft mit den sieben Gleichnissen. Vom Fischernetz machen wir mal kurz eine Außenlänge, Apparat schont, wenn ihr das noch gerade anschaut. Das Ende, das siebte Gleichnis in Matthäus 13, vom Netz, in Vers 47:
Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Netz, das ins Meer geworfen wurde und von jeder Gattung zusammenbrachte. Als es voll war, zogen sie es ans Ufer. Dann setzten sie sich nieder und lasen die Guten in Gefäße zusammen, aber die Faulen warfen sie aus.
So wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: Die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern. Sie werden sie in den Feuerofen werfen, da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.
Jesus sagt also, die Verkündigung des Evangeliums führt nicht zur Bekehrung der ganzen Welt. Das Christentum ist und bleibt ein Gemisch aus wahren Gläubigen und Scheinkristen. Die Vollendung des Zeitalters wird erst zeigen, wo die wahren Gläubigen sind und wo die falschen.
Die Vollendung des Zeitalters meint hier aber nicht die Entrückung der Gemeinde, sondern das Ende des jüdischen Zeitalters, das durch die sichtbare Wiederkunft Jesu beendet wird. Die Gemeinde Jesu ist bereits vorher durch die Entrückung weggenommen.
Gott sortiert, und er wird es so machen, dass er alle wahren Gläubigen – die Söhne des Reiches, die Wiedergeborenen, die ins geistliche Reich Gottes hineingeboren sind – hinwegnehmen wird von der Erde bei der Entrückung, wenn Jesus kommt bis in die Wolken. Zurückgelassen werden die Scheinkristen und falschen Gläubigen. Die nominelle Christenheit bleibt zurück.
Erst bei der sichtbaren Wiederkunft Jesu, vor Beginn des tausendjährigen Reiches, wird dann gerichtet und endgültig sortiert.
Ich weiß, das war jetzt viel an einzelnen Dingen, und das nach einem langen Tag. Aber vielleicht habt ihr gerade noch ein paar Minuten Konzentrationskraft. Ich muss nämlich noch etwas deutlich machen. Wir kommen dann wirklich bald zum Schluss.
Wenn wir nochmal diese Folie vom Anfang sehen, mit den verschiedenen Formen des Reiches Gottes: Spricht das wirklich von verschiedenen Formen des Reiches? Oder meint das nicht doch alles dasselbe? Sind wir hier zu weit gegangen, dass wir das alles so zerpflückt haben?
Ich will zeigen, dass es so, wie es hier skizziert ist, sich verhält.
Das verborgene Königreich, von dem wir jetzt gesprochen haben, von dem Jesus in den sieben Himmelreichsgleichnissen in Matthäus 13 gesprochen hat, von diesem Königreich der Himmel in dieser seltsamen, vermischten Form – es ist nicht dasselbe wie das universelle Reich Gottes. Denn dieses verborgene Reich ist ja begrenzt.
Jesus sagt ja, das beginnt jetzt, nachdem Israel ihn abgelehnt hat, und es wird sein bis zu diesem Gericht am Ende vor dem tausendjährigen Reich. Also kann es nicht dasselbe sein wie das universelle Reich Gottes. Das geht ja ewig, hat keinen Anfang und kein Ende.
Das verborgene Königreich kann auch nicht dasselbe sein wie das theokratische Reich. Das ist ein kleiner Fehler, ja, mit K, aber es ist nicht dasselbe. Denn dieses Reich ist jetzt nicht mehr auf Israel begrenzt, wie das theokratische Reich, das war ganz klar auf Israel begrenzt.
Das verborgene Königreich kann auch nicht dasselbe sein wie das geistliche Reich Gottes, denn dieses Reich schließt Gläubige und Ungläubige ein. Im geistlichen Reich werden nur wirklich Wiedergeborene sein, von Gottes Geist gezeugt.
Sehr klar, ja.
Das verborgene Königreich ist auch nicht dasselbe wie das messianische Reich, denn das messianische Reich war kein Geheimnis. Von diesem Reich heißt es, es war ein Geheimnis, in Matthäus 13, Vers 11. Aber das messianische Reich war kein Geheimnis, von dem war schon im Alten Testament oft die Rede.
Also auch das ist nicht identisch.
Und das verborgene Königreich ist auch nicht gleich die Gemeinde Jesu. Das kann man nicht mit der Gemeinde gleichsetzen. Die Gemeinde ist hier mit drin, aber es ist nicht gleich. Hier ist die Gemeinde drin und viele, viele Ungläubige auch. Sie bilden dieses Mischreich des verborgenen Königreiches.
Letzte Folie.
Jetzt habe ich versucht, das noch ein bisschen anders darzustellen durch diese Kreise. Wir sehen hier einen inneren und einen äußeren Kreis beim Reich der Himmel.
Das Ganze meint das Reich der Himmel, das ist das Königreich der Himmel. Und das hat innen drin einen unsichtbaren Kern von denen, die wirklich wiedergeboren sind durch Gottes Wort und Gottes Geist – die Söhne des Reiches.
Gott sieht sie, der Herr kennt die Seinen. Gott weiß ganz genau, wo seine Kinder sind.
Wir können sie jetzt nicht alle auseinander sortieren, weil in dieser Welt üppiges Unkraut genauso aussieht wie kümmerlicher Weizen. Phänomenologisch können wir sie überhaupt nicht unterscheiden, also rein vom Äußeren.
Gott sieht es, der Herr kennt die Seinen. Ja, er sieht die wirklich Wiedergeborenen.
Und da außen herum ist ein Bereich der Bekenner, der bloßen Bekenner. Es gibt viele, die bekennen, dass sie an Gott glauben.
Es gibt sogar welche, die glauben – ich auch früher –, ich glaubte immer, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, habe ich auch immer geglaubt, aber war noch lange nicht in diesem Reich.
Das ist ein Reich der bloßen Bekenner.
Das alles zusammen bildet dieses Mischreich der Himmel. Das ist die verborgene Form des Königreichs Gottes, in der wir jetzt gerade leben. Eine Form, wo man eben nicht genau auseinander sortieren kann, sondern wo Gott sagt: Habt Geduld, es wird noch sortiert werden.
Wir brauchen gar nicht sortieren, wir müssen nur schauen, dass in der Gemeinde Jesu und auch hier in unserer Gemeinde und überall, wo sich biblische neudesternwändische Gemeinde sammelt, dass da nicht Unkraut unter dem Weizen zu finden ist.
In der Gemeinde hat es Unkraut und den Sauerteig nicht zu suchen. Da wollen wir das bekämpfen, aber nicht in dieser Welt.
Wenn wir anfangen wollten, die Namenschristen auszurotten, dann müssten wir Schwertmission betreiben. Dann müssten wir wirklich Gewaltmission durchführen. Und das ist nie, nie und nimmer Auftrag wahrer Christen gewesen.
Wo das geschehen ist, war es immer falsch und nicht im Sinne Gottes.
Eine Stelle will ich noch erwähnen, ich wollte sie eigentlich noch näher ausführen, aber nur falls jemand jetzt vielleicht auch daran gedacht hat:
Es gibt in Matthäus 11 eine Stelle, da sagt Jesus mal: „Von den Tagen Johannes des Täufers leidet das Reich der Himmel Gewalt.“ Das Reich der Himmel wird vergewaltigt, könnten wir sagen.
Warum? Weil eben so getan wird, als könnten Leute ins Reich der Himmel hineingetauft werden durch irgendwelche Sakramente oder sich selber hineinarbeiten durch gute Werke. Oder weil einfach so mit Gewalt Mission betrieben wird.
Überall da, wo zum Beispiel das Wirken des Heiligen Geistes mit menschlicher Gewalt nachgeholfen werden soll, da wird das Reich Gottes buchstäblich vergewaltigt.
Ich habe gerade vor ein paar Tagen aus dem Internet einen Artikel gezogen: „Die Gewalt der Erweckung“. Das sind meine Freunde in Pensacola, Florida, wo wir letztes Jahr waren. Hier ist Steve Hill abgebildet, der angebliche Träger der Erweckung dort.
Wir haben ihn gesehen, wir waren nur ein paar Meter von ihm entfernt, wie er vor unseren Augen Leuten die Hände auflegte und die fielen dann wie vom Blitz geschlagen zu Boden.
Ich erinnere mich noch, wie Ralf Fanzelau sagte: „Mensch, wenn er zu mir kommt, wenn er mich nur anlangt, ich gebe ihm die Faust.“ Entschuldigung, wenn ich das sage, aber wir waren da schon etwas berührt.
Auf jeden Fall war das wirklich typisch.
Der Artikel heißt „Die Gewalt der Erweckung“. Wenn man ihn sich anschauen will, kann man ihn lesen.
Aber er meint, dass man Leute mit Gewalt in das Reich Gottes bringen kann. Und genau das versuchte er.
Ich habe es noch nie gesehen, noch nie gehört, wie jemand die Leute so hineinpeitscht, peitschen will in das Reich Gottes, wie dieser Mann.
Gegen den ist Reinhard Bonnke ein Waisenknabe – Steve Hill.
Und das geht nicht.
Das ist genau das: „Das Reich der Himmel leidet Gewalt“, sogar von echten Gläubigen kann es Gewalt leiden, wenn sie versuchen, so wie er, Leute hineinzupeitschen in das Reich der Himmel.
Das geht nicht.
Das ist die Stelle in Matthäus 11.
Aber auch wenn wir an die Kreuzzüge denken, da hat man auch das Reich Gottes vergewaltigt.
Man hat gesagt: „Willst du nicht mein Bruder sein, so schlage ich dir den Schädel ein.“ Also mit dem Schwert die Leute gezwungen, überzutreten zum Christentum usw.
Das ist Gewaltmission.
So leidet das Reich der Himmel Gewalt seit Johannes dem Täufer.
Es wird vermischt mit vielen Ungläubigen, aber die wahren Gläubigen sind auch da.
Und ich sage noch einmal: Es kennt der Herr die Seinen.
Ich schließe mit einem letzten Gedankengang, warum es mir so wichtig war, einen Abend zu verwenden auf Matthäus 12 und 13, gerade auch jetzt auf die Auslegung der Gleichnisse.
Denn die Auslegung der Gleichnisse ist von ganz entscheidender Bedeutung dafür, welche Zukunftserwartung wir haben.
Es gibt heute viele Christen, immer mehr Christen, die warten auf die große Welterweckung.
Sie warten auf phänomenale Ausgießungen des Heiligen Geistes und auf ganz große Pfingsten, auf ein neues Pfingsten.
Sie erwarten, dass dann massenhaft Leute sich bekehren werden und dass dann der Herr Jesus kommt.
Also dass es endet, dass es im Bild gesprochen steil bergaufgeht mit dem Reich Gottes.
Dass viele, viele zum Glauben kommen, eben eine große Welterweckung wird ausbrechen.
Man begründet das mit einer falschen Auslegung von Joel Kapitel 3, da kann ich aber jetzt nicht darauf eingehen.
Und man begründet es mit dem Gleichnis hier vom Senfkorn und vom Sauerteig, weil man sagt: Hier, das breitet sich aus, der Baum wird wachsen, und der Sauerteig durchdringt alles.
Deswegen wird es am Ende eine große Erweckung geben.
Ich lese euch jetzt noch ein paar Zeilen aus diesem Buch von Rick Joyner vor.
Er gehört zur Prophetenbewegung.
Ich habe das Buch nicht gekauft, ich kriege solche Bücher immer von Leuten geschickt, die mich bitten, das zu lesen und mich dahin auch zu bekehren.
Sie mögen es verzeihen, dass ich dieses Buch jetzt in ganz anderem Sinn verwende.
Da schreibt Rick Joyner folgende Sätze, nur damit ihr mal hört, was diese Leute erwarten.
Das sind Christen, ja, ich glaube, dass das ein wiedergeborener Mann ist, aber er hat eine ganz andere Sicht der Endzeit.
Er sagt:
„Es werden aufsehenerregende Dinge geschehen, die die Wunder in der Bibel noch übertreffen werden.
Ganze Nationen werden sich zu Jesus bekehren.
Staatsmänner von einigen der mächtigsten kommunistischen Länder werden öffentlich ihren Glauben an Jesus bekennen und ihre Landsleute aufrufen, ebenfalls Jesus nachzufolgen usw. usw.
Und dann noch:
Eines der besonderen Merkmale dieser großen Ernte, die kommen wird, besteht darin, dass die Mitarbeiter unvorstellbar jung sind.
Teenager werden das Rückgrat der Erweckung sein und Kinder einige der größten Evangelisten.
Jüngere Kinder werden Dämonen austreiben, Kranke heilen, Tote auferwecken und mit einem Wort tobende Sturmfluten zurückweisen.
Manche werden sogar Herrschaft über ganze Krankenhäuser und Nervenheilanstalten ergreifen und jeden einzelnen dieser Patienten heilen, nur indem sie die Hände auf das Gebäude legen.
Bei dieser Ernte wird die Welt erkennen, dass Kinder Zeichen und Wunder tun.“
Und noch ganz andere Dinge stehen hier.
Ihr versteht, wie sie darauf kommen.
Das hat damit zu tun mit der Hermeneutik, mit der Art und Weise, wie man die Schrift auslegt.
Und weil sie überzeugt sind, dass Joel 3 von diesem Zeitalter spricht, dass die Erweckung, die Geistausgießung jetzt kommt, warten sie dauernd auf diese große Erweckung und auf große Geistausgießung.
Ich glaube, dass Gott auch heute noch Erweckung schenkt, wirklich Erweckung.
Aber die erkennt man dann auch an echten Kennzeichen einer Erweckung:
Dass Leute die Bibel liebgewinnen, dass sie den Herrn liebgewinnen, dass sie Brüder und Schwestern liebgewinnen, dass sie in ihrem Leben aufräumen, dass sie alle gestohlenen und sonstigen Dinge in Ordnung bringen.
Dass sie einen Teil ihres Reichtums hingeben für das Reich Gottes aus Liebe zu Jesus und so weiter.
Es gibt viele echte Kennzeichen von Erweckung.
Aber in den Kreisen, wo das hier so gesehen wird, möchte ich mich fragen, ob das überall so zu sehen ist.
Ich frage mich auch, ob das unter uns zu finden ist – Kennzeichen einer solchen erweckten Lebenshaltung.
Auf jeden Fall bin ich der Überzeugung, dass Jesus Christus und die Apostel nicht eine weltweite Erweckung zum Ende dieses Gemeindezeitalters vorausgesagt haben, sondern im Gegenteil eine weltweite Verführung und den großen Abfall der Christenheit.
Dafür gibt es viele Stellen in den Lehrbriefen.
Und auch in den Evangelien können wir jetzt nicht mehr behandeln.
Aber ich wollte das noch zeigen, wie wichtig das ist.
Gerade in der Pfingst- und charismatischen Bewegung leider diese Sicht vorherrscht.
Und das führt zu vielen, vielen sehr, sehr unnüchternen Auswüchsen und Erwartungen.
Deren Sog breitet sich leider immer mehr aus.
Warnung vor Gewalt im Reich Gottes und falschen Erwartungen
Eine Stelle möchte ich noch erwähnen. Eigentlich wollte ich sie noch näher ausführen, aber nur für den Fall, dass jemand jetzt vielleicht auch daran gedacht hat.
In Matthäus 11 gibt es eine Stelle, in der Jesus sagt: „Von den Tagen Johannes des Täufers leidet das Reich der Himmel Gewalt.“ Das Reich der Himmel wird gewaltsam ergriffen, könnten wir sagen. Warum? Weil es so getan wird, als könnten Leute durch irgendwelche Sakramente oder durch eigene gute Werke ins Reich der Himmel hineingetauft werden. Oder weil einfach mit Gewalt Mission betrieben wird. Überall dort, wo zum Beispiel das Wirken des Heiligen Geistes mit menschlicher Gewalt nachgeholfen werden soll, wird das Reich Gottes buchstäblich vergewaltigt.
Vor ein paar Tagen habe ich aus dem Internet einen Artikel gefunden mit dem Titel „Die Gewalt der Erweckung“. Das sind meine Freunde aus Pensacola, Florida, wo wir letztes Jahr waren. Hier ist Steve Hill abgebildet, der angebliche Träger der Erweckung dort. Wir haben ihn gesehen, wir waren nur ein paar Meter von ihm entfernt, wie er vor unseren Augen Leuten die Hände aufgelegt hat. Diese fielen dann wie vom Blitz geschlagen zu Boden. Ich erinnere mich noch, wie Ralf Fanzelau sagte: „Mensch, wenn er zu mir kommt, wenn er mich nur anlangt, ich gebe ihm die Faust.“ Entschuldigung, wenn ich das sage, aber wir waren da schon etwas berührt.
Auf jeden Fall war das wirklich typisch. Der Artikel heißt „Die Gewalt der Erweckung“. Wer ihn sich anschauen will, kann ihn lesen. Aber er meint, dass man Leute mit Gewalt in das Reich Gottes bringen kann. Und genau das versuchte er. Ich habe es noch nie gesehen, noch nie gehört, wie jemand die Leute so hineinpeitscht, hineindrängt in das Reich Gottes, wie dieser Mann. Gegen ihn ist Reinhard Bonnke ein Waisenknabe, Steve Hill.
Das geht nicht. Das ist genau das, was Matthäus 11 meint: Das Reich der Himmel leidet Gewalt, sogar von echten Gläubigen kann es Gewalt leiden, wenn sie versuchen, so wie er, Leute hineinzutreiben in das Reich der Himmel. Das geht nicht.
Auch wenn wir an die Kreuzzüge denken, wurde das Reich Gottes vergewaltigt. Man hat gesagt: „Willst du nicht mein Bruder sein, so schlage ich dir den Schädel ein.“ Also mit dem Schwert wurden die Leute gezwungen, zum Christentum überzutreten. Das ist Gewaltmission. So leidet das Reich der Himmel Gewalt seit Johannes dem Täufer. Es wird vermischt mit vielen Ungläubigen, aber die wahren Gläubigen sind auch da. Und ich sage noch einmal: Es kennt der Herr die Seinen.
Ich schließe mit einem letzten Gedankengang, warum es mir so wichtig war, einen Abend auf Matthäus 12 und 13 zu verwenden, gerade auch auf die Auslegung der Gleichnisse. Denn die Auslegung der Gleichnisse ist von ganz entscheidender Bedeutung dafür, welche Zukunftserwartung wir haben.
Es gibt heute viele Christen, immer mehr Christen, die auf die große Welterweckung warten. Sie warten auf phänomenale Ausgießungen des Heiligen Geistes und auf ganz große Pfingsten. Sie erwarten, dass dann massenhaft Leute sich bekehren werden und dass der Herr Jesus kommt. Also dass es endet, dass es im Bild gesprochen steil bergauf geht mit dem Reich Gottes. Dass viele, viele zum Glauben kommen und eine große Welterweckung ausbricht.
Man begründet das mit einer falschen Auslegung von Joel Kapitel 3. Darauf kann ich jetzt aber nicht eingehen. Und man begründet es mit den Gleichnissen vom Senfkorn und vom Sauerteig. Man sagt: Hier breitet sich das Reich aus, der Baum wird wachsen, und der Sauerteig durchdringt alles. Deswegen wird es am Ende eine große Erweckung geben.
Ich lese euch jetzt noch ein paar Zeilen aus einem Buch von Rick Joyner vor. Er gehört zur Prophetenbewegung. Ich habe das Buch nicht gekauft, sondern bekomme solche Bücher immer von Leuten geschickt, die mich bitten, sie zu lesen und mich dahingehend zu bekehren. Sie mögen es verzeihen, dass ich dieses Buch jetzt in ganz anderem Sinn verwende. Dort schreibt Rick Joyner folgende Sätze:
„Nur, dass ihr mal hört, was diese Leute erwarten. Das sind Christen, ja, ich glaube, dass das ein wiedergeborener Mann ist, aber er hat eine ganz andere Sicht der Endzeit. Er sagt, es werden aufsehenerregende Dinge geschehen, die die Wunder in der Bibel noch übertreffen werden. Ganze Nationen werden sich zu Jesus bekehren. Staatsmänner von einigen der mächtigsten kommunistischen Länder werden öffentlich ihren Glauben an Jesus bekennen und ihre Landsleute aufrufen, ebenfalls Jesus nachzufolgen usw. usw.
Und dann noch: Eines der besonderen Merkmale dieser großen Ernte, die kommen wird, besteht darin, dass die Mitarbeiter unvorstellbar jung sind. Teenager werden das Rückgrat der Erweckung sein und Kinder einige der größten Evangelisten. Jüngere Kinder werden Dämonen austreiben, Kranke heilen, Tote auferwecken und mit einem Wort tobende Sturmfluten zurückweisen. Manche werden sogar Herrschaft über ganze Krankenhäuser und Nervenheilanstalten ergreifen und jeden einzelnen dieser Patienten heilen, nur indem sie die Hände auf das Gebäude legen. Bei dieser Ernte wird die Welt erkennen, dass Kinder Zeichen und Wunder tun.“
Und noch ganz andere Dinge stehen hier.
Ihr versteht, wie sie darauf kommen. Das hat mit der Hermeneutik zu tun, mit der Art und Weise, wie man die Schrift auslegt. Weil sie überzeugt sind, dass Joel 3 von diesem Zeitalter spricht, dass die Erweckung, die Geistausgießung jetzt kommt, warten sie ständig auf diese große Erweckung und auf große Geistausgießung.
Ich glaube, dass Gott auch heute noch Erweckung schenkt, wirklich Erweckung. Aber die erkennt man dann auch an echten Kennzeichen einer Erweckung: Dass Leute die Bibel liebgewinnen, dass sie den Herrn liebgewinnen, dass sie Brüder und Schwestern liebgewinnen, dass sie in ihrem Leben aufräumen, dass sie alle gestohlenen und sonstigen Dinge in Ordnung bringen, dass sie einen Teil ihres Reichtums für das Reich Gottes aus Liebe zu Jesus hingeben und so weiter.
Es gibt viele echte Kennzeichen von Erweckung. Aber in den Kreisen, wo das hier so gesehen wird, möchte ich mich fragen, ob das überall so zu sehen ist. Ich frage mich auch, ob das unter uns zu finden ist: Kennzeichen einer solchen erweckten Lebenshaltung.
Auf jeden Fall bin ich der Überzeugung, dass Jesus Christus und die Apostel keine weltweite Erweckung zum Ende dieses Gemeindezeitalters vorausgesagt haben. Im Gegenteil: Sie haben eine weltweite Verführung und den großen Abfall der Christenheit angekündigt. Dafür gibt es viele Stellen in den Lehrbriefen und auch in den Evangelien, die wir jetzt nicht mehr behandeln können.
Aber ich wollte das noch zeigen, wie wichtig das ist. Gerade in der Pfingst- und charismatischen Bewegung herrscht leider diese Sicht vor. Und das führt zu vielen, vielen sehr, sehr unnüchternen Auswüchsen und Erwartungen. Deren Sog breitet sich leider immer mehr aus.
