Liebe Freunde,
vor ein paar Tagen war ich im Papierladen, weil ich Briefumschläge kaufen wollte. Ich stellte mich an, und als ich dran war, fragte ich wie üblich: „Haben Sie Briefumschläge?“ Die Verkäuferin nickte stumm. Solche muckschen Dinger kriegen sie heutzutage ja kaum noch über die Lippen. Und ein Kunde, der eine Verkäuferin mit provokatorischen Fragen belästigt, der muss ja irgendwie gezeigt bekommen, dass er den Laden stört.
Um die Kollegin nicht noch ungnädiger zu stimmen, sagte ich ganz bescheiden zu ihr, ohne meine Spezialwünsche zu nennen: „Ich kaufe zum Beispiel gerne gefütterte Briefumschläge, besonders im Winter.“ Dann fügte ich hinzu: „Ich möchte bitte zweihundert Stück.“ Da raunte sie mich an und sagte: „Zwanzig können Sie kriegen, mehr ist nicht drin.“ Zwanzig Briefumschläge – und das im zwanzigsten Jahrhundert! Das muss man sich mal vorstellen.
Hoffentlich kommen wir bald aus dieser Papierkrise heraus. Die Rettung wäre, wenn jemand mal irgendwas Neues erfinden würde, irgendwas Neues, worauf man seine Weihnachtsgrüße dann schreiben könnte. Das wäre im vorigen Jahr ja beinahe gelungen.
Da war ein Bäckermeister, der produzierte Pfefferkuchen, Lebkuchenherzen. Ein Geselle musste die Nüsse darauf machen, ein anderer den Zuckerguss. Zum Lehrling sagte er: „Und du schreibst auf jedes Herz ‚Frohe Weihnachten‘.“ Nach drei Stunden fragte der Meister: „Wo ist denn nun eigentlich der Lehrling?“ Als er ihn endlich fand, fragte er: „Na, wie viel hast du geschafft?“ Der Lehrling antwortete: „Eins.“ Darauf sagte der Meister: „In drei Stunden ein Herz geschafft?“ Dann fügte er hinzu: „Hören Sie mal, was denken Sie, wie viel Mühe ich mir gegeben habe, bis ich das Ding in der Schreibmaschine drin hatte?“
Also, mit Lebkuchenteig lässt sich die Papierkrise jedenfalls nicht überwinden.
Die historische Papierkrise und ihre Folgen
Es hat schon einmal eine internationale Papierkrise gegeben, und zwar zur Zeit der alten Ägypter. Die Ägypter haben ja bekanntlich das Papier erfunden, das sogenannte Papyrus. Das ist etwas anderes als Papirossi.
Papirossi ist, wenn es kein Zigarettendrehpapier gibt, dann nimmst du ein Stück Braff und ein bisschen Mahorka aus der Tasche und drehst dir eine Zigarette. So habe ich das als junger Mensch von meinen Freunden gelernt.
Papyrus hingegen war die Erfindung der Ägypter. In Alexandria gab es eine riesengroße Bibliothek, die weltberühmt war und viele Bücher auf Papyrus besaß. Die einzige Konkurrenz für diese ägyptische Bibliothek stand in Kleinasien, in Pergamon. Dort gab es zweihunderttausend Bände – man muss sich das mal vorstellen: zweihunderttausend Bücher, alle von Hand geschrieben.
Ihr könnt euch vorstellen, dass sie viel Papier brauchten und auch gute Mitarbeiter. Eines Tages hat die Bibliothek von Pergamon den Bibliothekar von Alexandria bestochen. Sie sagten ihm, wenn er zu ihnen käme, bekäme er ein höheres Gehalt und eine schöne Datsche. Sozusagen eine Abwerbung einer speziellen Fachkraft.
Der ägyptische Geheimdienst bekam das mit. Damals hatten sie wahrscheinlich gerade eine Papierkrise und schrieben alles auf offene Postkarten oder Ähnliches. Der Bibliothekar wurde zur Strafe eingesperrt wegen seines Fluchtversuchs. Die Ägypter sperrten nun als Strafe die Ausfuhr von Papyrus nach Pergamon. Damit hatten die Pergamener nichts mehr zum Schreiben. Das war also die Papierkrise.
Sofort machte sich ein Erfinderkollektiv in Pergamon an die Arbeit. Sie erfanden einen Papierersatz, indem sie auf präparierte Tierhäute schrieben. Dieses Material nannte man Pergament, weil es eben in Pergamon erfunden worden war.
Dieses Pergament wurde zum großen Exportartikel von Kleinasien, ungefähr so wie unsere erzgebirgischen Schnitzereien. Wenn du in den Erzgebirgsladen da vorne auf der Straße am Karl-Marx-Salat gehst, darfst du nicht denken, dass du dort solche Schnitzereien kaufen kannst. Wenn du erzgebirgische Schnitzereien haben willst, musst du gegenüber in einen Intershop mit Devisen gehen, dort bekommst du sie zu kaufen. Wie gesagt, ein Exportschlager.
Die Pergamentherstellung wurde damals weltweit exportiert, und viele wichtige Schriften des Altertums sind auf Pergament geschrieben worden. Zum Beispiel die meisten Schriften des Neuen Testaments sind auf Pergament verfasst. Auch die Briefe im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, wurden auf Pergament geschrieben.
Ich habe euch das letzte Mal erklärt, wie diese Briefe entstanden sind. Es sind Briefe, die der auferstandene Jesus dem Johannes diktiert hat. Johannes hat sie dann an Gemeinden in Kleinasien verschickt.
Die Botschaft an die Gemeinde von Pergamon
Ich lese euch heute den Brief an die Gemeinde in Pergamon vor, Offenbarung des Johannes, Kapitel 2, Vers 12, folgend:
„Und dem Engel der Gemeinde zu Pergamon schreibe: Das sagt der, der das scharfe, zweischneidige Schwert hat: Ich weiß, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist. Und du hältst an meinem Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch nicht in den Tagen, in denen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet wurde, wo der Satan wohnt.
Aber ich habe etwas gegen dich: Du hast dort Leute, die an der Lehre Bileams festhalten, der Balak lehrte, die Kinder Israel zu verführen, damit sie Götzenopfer essen und Unzucht treiben. So hast auch du solche, die in gleicher Weise an dieser Lehre festhalten.
Tue Buße! Wenn du das nicht tust, werde ich bald über dich kommen und mit ihnen durch das Schwert meines Mundes streiten.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.
Wer überwindet, dem will ich von dem verborgenen Manna geben und einen weißen Stein. Auf dem Stein steht ein neuer Name geschrieben, den niemand kennt außer dem, der ihn empfängt.“
Nun möchte ich euch zunächst erklären, welche Bedeutung die Stadt Pergamon hatte.
Pergamon war die berühmteste Stadt Kleinasiens – nicht nur wegen des Pergaments und der Bibliothek, sondern auch, weil dort eines der Weltwunder stand.
Pergamon als Zentrum von Götzenkult und Kaiserverehrung
Am Rande von Pergamon erhob sich ein kegelförmiger Hügel. Auf diesem Hügel standen viele Tempel und Altäre verschiedener Götter und Götzen. Dort befand sich auch auf halber Höhe der Tempel der Athene. Davor stand der berühmteste Altar der Welt, der Altar des Zeus.
Dieser Altar stand auf einem Felsen, der etwa zweihundertvierzig Meter hoch aus dem Berghang hervortrat. Er war siebenundzwanzig Meter breit und sechs Meter hoch. Ringsherum war ein Relief eingemeißelt, das die Schlacht der Giganten darstellte. Bis heute gilt es als eine der größten bildhauerischen Meisterleistungen der Weltgeschichte.
Den ganzen Tag stieg von diesem Altar der Rauch der Opfer empor. Der Altar beherrschte die Stadt und war unübersehbar. Er zog die Blicke aller Menschen auf sich. Niemand, der in Pergamon lebte, konnte diesen Altar übersehen.
Jeder, der in der DDR lebte, sollte ihn sich ansehen – in Berlin, im Pergamonmuseum. Dort ist er teilweise aufgebaut. Dort begegnet man einem Stück biblischer Geschichte. Man steht vor dem Götzenaltar, vor dem die ersten Christen standen und zitterten.
Man steht vor den gleichen jahrtausendealten Steinen, vor denen Antipas, einer der ersten christlichen Märtyrer, wegen seines Glaubens hingerichtet wurde. Man bewundert das Kunstwerk, aber man darf nicht vergessen: Für die ersten Christen, die vor diesem Altar standen, war das kein Kunstgenuss. Es war ein bedrückender Anblick, eine Bedrohung.
Durch seinen Standort auf dem Felsenvorsprung am Hügelabhang ähnelte dieser Altar einem Sessel oder einem Thron. Vielleicht ist es dieser Altar, den Jesus meint, wenn er sagt: „Ich weiß, wo du wohnst, wo des Satans Thron steht.“
Es kann aber auch sein, dass sich der Ausdruck „Thron Satans“ nicht nur auf diesen einen Altar, sondern auf die ganze Stadt Pergamon bezieht. Dafür sprechen zwei Gründe: Erstens war Pergamon auch eine Hochburg des Kaiserkults. Dort wurde der römische Kaiser als Gott angebetet. Einen Menschen anzubeten, ist für einen Christen dasselbe wie den Satan anzubeten.
Zweitens war Pergamon der Mittelpunkt des Eskulapkultes. Eskulap war der Gott der Heilkunst. Sein Symbol war die Schlange, die heute noch das Symbol der Medizin ist. Man kann an vielen Autos von Ärzten zum Beispiel noch den Eskulapstab mit der Schlange im Fenster sehen.
In den Tempeln des Eskulap strömten Menschen aus der ganzen Welt, vor allem Kranke, um sich dort heilen zu lassen. Dort gab es regelrechte Krankenstationen, Ärzteschulen und vor allem Schlangen. Die Patienten durften nachts im Tempel bleiben.
Der Tempel war finster, und überall krochen Schlangen herum. Diese waren zwar zahm und harmlos, aber dennoch Schlangen. Die Patienten blieben dort, um von einer solchen Schlange berührt zu werden. Die Berührung einer Schlange galt als Berührung durch den Gott und bedeutete Heilung.
Ganz abgesehen davon, dass so etwas natürlich reiner Aberglaube ist: In der Bibel ist die Schlange das Symbol für den Satan. Sicherlich hängt es damit zusammen, dass Jesus hier sagt: „Ich weiß, wo du wohnst, wo des Satans Thron steht.“
Der Schlangenkult war eine Mischung aus Wissenschaft, Geschäft und Aberglaube. Der Kaiserkult war ein politisches Druckmittel. Der Götzenkult war ein moralischer beziehungsweise unmoralischer Ausdruck einer zerfallenden Gesellschaftsordnung.
Das war die satanische Zusammenballung gottwidriger Kräfte. Das war die Situation von Pergamon.
Jesus kennt die Herausforderungen der Gemeinde
Jesus kennt diese Situation also genau. Er sagt: „Ich weiß, wo du wohnst.“ Er weiß immer Bescheid, wenn wir in Schwierigkeiten stecken. Natürlich versucht jeder, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen – das ist normal.
Normal ist aber auch, dass es Schwierigkeiten gibt, die man aushalten und durchstehen muss. Schwierigkeiten, Schmerz und Leid gehören zum Leben dazu. Sie sind nötig und lebensnotwendig, damit der Mensch wachsen, reifen und das Leben bestehen kann.
Wir leben in einer Zeit, die davon nichts wissen will. Wir leben in einer Zeit, die versucht, den Schmerz möglichst auszuschalten – angefangen von der schmerzarmen Geburt bis hin zum schmerzarmen Tod unter Einfluss von Drogen, ohne Bewusstsein. Und dazwischen wird bei jedem Wehwehchen gleich eine Tablette genommen, die den Schmerz abschaltet. Zwei Fiebrex, drei Sumawit – schon ist der Kranke wieder fit.
Was die Schwierigkeiten des Lebens betrifft, versuchen die meisten gar nicht erst, mit ihnen fertigzuwerden. Viele, besonders junge Leute, weichen den Schwierigkeiten von vornherein aus. Ihr seid zum Beispiel dabei, euch einen Partner für euer Leben zu suchen. Ihr findet jemanden, mit dem ihr euch gut versteht, mit dem ihr zusammen ins Kino geht und dann ins Bett. Aber eines Tages gefällt euch der andere nicht mehr. Er hat irgendeine Eigenschaft, die euch auf die Nerven geht. Es gibt Probleme, erst streitet ihr euch, dann trennt ihr euch und sucht euch einen neuen Partner.
Doch vielleicht denkst du nicht daran, dass der andere dir wieder neue Schwierigkeiten machen wird. Jeder hat seine Macken. Egal, mit wem du zusammenkommst, du wirst immer wieder mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert werden.
Ständig den Partner zu wechseln, ist natürlich einfacher, als bei einem zu bleiben, einen Menschen wirklich zu ergründen, sich ihm auszuliefern, ihm zu vertrauen und ihm auch in schwierigen Zeiten treu zu bleiben, wenn er zum Problem wird.
Diese „Dünnbrettbohrerei“ betreiben viele auch im Berufsleben. Wenn es auf einer Arbeitsstelle nicht klappt, suchen sie sich die nächste, in der Hoffnung, dass es dort leichter wird. Das ist meistens eine Illusion, denn woanders sind es nur andere Menschen – aber eben auch Probleme.
Du solltest auch mal darüber nachdenken, ob es nicht vielleicht an dir liegt, wenn du dauernd Schwierigkeiten mit den Leuten hast. Es muss ja nicht immer an den anderen liegen – am Betriebsklima, am Kollektiv oder an den Kollegen. Vielleicht bist du es, der die anderen verrückt macht und sich selbst Schwierigkeiten schafft.
Im Moment können wir uns in der Kirche vor jungen Leuten kaum retten, die zu uns kommen und bei uns arbeiten möchten, weil sie denken, in der Kirche hätten sie es leichter als in der Wirtschaft. Ganz abgesehen davon, dass das meistens auch nur eine Illusion ist: Wir brauchen keine Mitarbeiter, die Schwierigkeiten umgehen, sondern solche, die Schwierigkeiten überwinden.
Andere flüchten sich ständig in die Krankheit. Bei jedem Schnupfen lassen sie sich krank schreiben, und ihre Kollegen müssen dann für sie mitarbeiten. Das ist ja auch eine sehr soziale Einstellung.
Und dann gibt es noch die, die gleich den Ausreiseantrag stellen. Ich will hier nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt für alles Ausnahmen und Berechtigte. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Und die Regel für Christen heißt nicht Flucht, sondern Überwindung – also aushalten, dranbleiben, mal eine Sache zu Ende bringen und nicht weglaufen.
Standhaftigkeit trotz Bedrohung
Das ist das, was Jesus hier der Gemeinde von Pergamon beibringen will. Jesus empfiehlt nicht, den Ausreiseantrag zu stellen und in ein Land zu gehen, in dem man glaubt, den Glauben leichter praktizieren zu können. Stattdessen sagt er: „Ich weiß, wo ihr lebt. Ihr lebt in einer Stadt, in der der Einfluss und die Macht des Teufels übermächtig sind. Aber genau das ist der Platz, an dem ich euch hingestellt habe und an dem ihr euch bewähren sollt.“
Er lobt die Christen von Pergamon ausdrücklich für ihre Standhaftigkeit. Er sagt: „Du hältst, du hast an meinem Namen festgehalten und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch in den Tagen, in denen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet wurde.“
Ich weiß nicht, wie Antipas getötet worden ist. Man sagt, sie hätten ihn bei lebendigem Leib geröstet, aber das ist eine Legende. Wie er umgekommen ist, weiß ich nicht. Ich stelle mir vor, dass er irgendwo auf der Straße stand. Vielleicht kam er gerade von der Arbeit. Die meisten ersten Christen waren ja einfache Leute, oft Sklaven.
Gerade in diesem Moment war wieder so eine Demonstration angesagt, bei der der Gott Asklepios verehrt wurde. Dieser Asklepios, auch Eskulap genannt, wurde vielleicht als Götzenbild durch die Stadt getragen. Dazu wurden ein paar Kästen mit Schlangen herumgetragen. Die Massen spielten Spalier und brüllten „Heil Eskulap!“. Eskulap wurde als Heiland angebetet.
Das war der Grund, warum ein Christ da nicht mitmachen konnte. Für einen Christen gibt es ja nur einen Heiland, einen Retter der Welt, nämlich Jesus. Antipas konnte da nicht mitbrüllen. Als Christ kann man nicht überall mitbrüllen oder Beifall klatschen – jedenfalls nicht dort, wo es gegen die Ehre Gottes geht und gottlos zugeht.
Man muss als Christ nicht gegen jede Gottlosigkeit protestieren, sonst käme man von früh bis spät nicht mehr zur Ruhe. Aber man soll auch nicht applaudieren. Man sollte wenigstens zu manchen Dingen schweigen. Auch Schweigen kann sprechen.
Antipas hat nicht laut demonstriert, als diese gottlose Demo an ihm vorbeimarschierte. Als alle da standen und „Heil Asklepios!“ brüllten, hat er nicht mitgebrüllt. Er hatte die Hand unten, das war alles. Und dieser eine Schweigende in der großen Volksmenge hat die anderen nervös gemacht. Er hat sie empfindlich gestört beim Brüllen.
Das Schweigen dieses einen Menschen redete lauter als das Gebrüll der Massen. Der Name Antipas bedeutet auf Deutsch „gegen alle“. So war die Situation der Gemeinde in Pergamon: Einer gegen alle, alle gegen einen. Also „auf ihn mit Gebrüll!“ Denn wer nicht mitmacht, macht sich verdächtig. Wer nicht mitmacht, wird fertiggemacht.
Sie töten diesen Antipas, weil er dabei bleibt: Jesus ist der Heiland, er allein ist der Retter. Auch die übrige Gemeinde bleibt bei diesem Bekenntnis, obwohl das lebensgefährlich ist. Jeder, der damals zur Kirche in Pergamon gehörte, war gesellschaftlich erledigt.
Die Herausforderung von Kompromissen in der Gemeinde
Nun gab es damals in dieser Gemeinde einige, die zwar gerne Christen sein wollten, aber es nicht mit den anderen verderben wollten. Sie sagten: "Leute, ihr dürft das nicht so verbissen sehen. Man kann sich als Christ schließlich nicht von allem zurückziehen, das geht doch nicht. Wir leben in dieser Welt, wir können uns nicht von allem ausschließen. Also müssen wir eben Kompromisse schließen. Man muss sich der Welt in manchen Dingen anpassen, man muss tolerant sein."
Das zeigte sich zum Beispiel praktisch darin, dass sie nichts dabei fanden, Götzenopferfleisch zu essen. Ihr werdet nicht verstehen, was dabei das Problem ist, ihr seid ja schon froh, wenn ihr überhaupt Fleisch zu essen bekommt. Aber für die ersten Christen war das ein ganz schwieriges Problem.
Es war nämlich so: Wenn in einem heidnischen Tempel ein Tier geopfert wurde, sagen wir mal ein Ziegenbock, dann wurde davon nur ein ganz kleiner Teil auf dem Altar verbrannt – manchmal bloß ein paar Haare von der Stirn oder vom Ziegenbock eben nur das Bärtchen. Dann kam der Priester und schnitt sich vom Ziegenbock das schönste Stück ab, das aß er dann selbst. Der Rest des Opfertieres wurde dem zurückgegeben, der es geopfert hatte, und das nannten sie dann Opfer.
Weil einer alleine einen Ziegenbock nicht essen konnte und die Kühltruhe damals noch nicht erfunden war, lud der Opfernde dann alle seine Kumpels zu einem Fressgelage im Tempel ein. Ihr seht schon an der ganzen Art dieses Opfers, wo der Hauptteil des Opfers also einigen Herren, den Opfern, selber gehörte, dass das weiter nichts ist als blanker Egoismus.
Die meisten gesellschaftlichen Veranstaltungen und Familienfeiern liefen nun nach diesem Schema ab. Wer da nicht mitmachte, war eben vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, fertig.
Jetzt stellte sich die Frage: Soll man als Christ auf jeden gesellschaftlichen Verkehr und Aufstieg verzichten? Oder darf man als Christ an so einer Fehde teilnehmen? Darf man dort mitmachen, wo das Gegenteil von dem gelehrt wird, was Gott sagt? Darf man Kompromisse machen?
Das Gute an den Christen von damals war, dass sie sich über solche Probleme ernsthaft Gedanken machten. Das Schlechte an vielen Christen von heute ist, dass sie sich über so etwas keinen Kopf mehr machen, sondern ohne nachzudenken und ohne Bedenken einfach Kompromisse schließen.
Heutige Parallelen und die Jugendweihe
Wir haben heute genau das gleiche Problem wie die Menschen damals, nur auf einer anderen Ebene, zum Beispiel bei der Jugendweihe. Viele nehmen daran nicht teil, weil sie, wie sie dort geloben, ihrem Vaterland dienen wollen, sondern weil sie ihrer eigenen Karriere dienen wollen. Mit anderen Worten: Es handelt sich um blanken Egoismus.
Abgesehen davon, dass das egoistische Motiv moralisch minderwertig ist, möchte ich drei Gründe nennen, warum ein Christ an der Jugendweihe nicht teilnehmen kann.
Erstens: Die Jugendweihe wurde 1920 von atheistischen Freidenkern erfunden, und zwar bewusst als Ersatz für die christliche Konfirmation.
Zweitens: Die Jugendweihe ist – das sagt ja schon das Wort „Weihe“ – eine religiöse Handlung. Christen ist es nach dem ersten Gebot streng verboten, an irgendwelchen religiösen Handlungen teilzunehmen.
Drittens: In unserem Glaubensbekenntnis bekennen wir: „Ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ In den Vorbereitungsstunden zur Jugendweihe, das wisst ihr ja alle, wird den Kindern das genaue Gegenteil vermittelt.
Die Frage, ob ein Christ an der Jugendweihe teilnehmen kann, ist daher eindeutig mit Nein zu beantworten. Genauso hat Jesus ein klares Nein zu denen gesagt, die sich an diesem Götzenopfer-Fleisch beteiligten.
Er sagt hier zu denen im Vers 16: „Tu Buße!“ Das heißt: Mach da nicht mehr mit, hör auf damit und kehre um von deinem falschen Weg. Bekehre dich, bekenne deine Schuld und fang ein neues Leben an.
Die Aufforderung zur Umkehr bei Sünde
Genau das Gleiche sagt er hier im gleichen Vers zu denen, die Unzucht treiben. Unzucht war im Altertum selbstverständlich, und in Pergamon war das ganz besonders bei den Götzenopfermahlzeiten Gang und Gäbe.
Bei diesen Feiern im Tempel wurde kräftig gegessen und noch kräftiger getrunken. Am Ende griff sich dann jeder das, im wahrsten Sinne des Wortes, ihm am nächsten liegende Weibsstück. Dann purzelte alles übereinander her, ganz offen unter dem Deckmantel der Religion.
Alle Religionen des Vorderen Orients waren Fruchtbarkeitsreligionen. Sie hatten in ihren Tempeln ein Heer von hauptamtlichen Huren angestellt. Mit diesen zu schlafen galt als die höchste Form des Gottesdienstes. Diese Art von Gottesdienst hat die Bibel schon immer in einer höchst respektlosen Weise als Unzucht bezeichnet.
Unter Unzucht versteht die Bibel vor allem Geschlechtsverkehr zwischen Menschen, die nicht miteinander verheiratet sind, also den vorehelichen und den ausserehelichen Geschlechtsverkehr. Ebenso zählt sie Geschlechtsverkehr zwischen Partnern des gleichen Geschlechts dazu, also auch die Homosexualität.
Das alles war im Altertum vollkommen normal, und niemand regte sich darüber auf. Deshalb sagten auch einige Leute aus der christlichen Gemeinde in Pergamon: „Na klar kannst du da mitmachen, warum denn nicht? Das machen doch alle. Und außerdem, du glaubst doch nicht an die Götzen, sondern an Gott. Und Gott ist doch die Liebe, so steht es doch in der Bibel, also es lebe die Liebe!“
Wie gesagt, sexuelle Freizügigkeit war damals Gang und Gäbe. Die edelsten Denker des Altertums verteidigten die freie Liebe. Demosthenes sagte: „Wir haben Kurtisanen fürs Vergnügen, Konkubinen fürs tägliche Zusammenleben und Ehefrauen für die Kinder.“
Der große Cicero, einer der erlauchten Geister der Weltgeschichte, schrieb: „Derjenige, der auf dem Standpunkt steht, die Liebe von Kurtisanen, das ist also eine höhere Art von Prostituierten, sollte für junge Männer absolut verboten sein, urteilt äußerst streng. Er weicht von den Freiheiten ab, die unsere Zeit gestattet.“
Ich lese das nicht von Professor Burmann vor, sondern von Cicero. Er weicht also von den Freiheiten ab, die unsere Zeit gestattet, und auch von den Sitten und Zugeständnissen unserer Vorfahren. Wann war das denn tatsächlich nicht üblich? Wann hätte man jemals etwas dabei gefunden? Wann wurde die Erlaubnis dazu verweigert? Wann war das, was heute gesetzlich ist, ungesetzlich?
Ja, Leute, es war ungesetzlich seit dem Tag, an dem Gott sein Gesetz erlassen hatte, nämlich die Zehn Gebote. Im ersten Gebot heißt es: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Und im sechsten Gebot heißt es: „Du sollst nicht Ehe brechen.“
Diese beiden Gebote gehören miteinander zusammen. Gott warnt vor Göttern und er warnt vor Frauen. Die Treue ist unteilbar, ob es sich nun um die Treue zu Gott oder zu deiner eigenen Frau handelt. An diesem Punkt ist die Bibel absolut intolerant.
Jedem von euch, der den Geschlechtsverkehr vor und außerhalb der Ehe propagiert und praktiziert, sagt Jesus hier: Tu Buße! Das heißt, mach Schluss mit deinen ausserehelichen Beziehungen. Bekenne deine Schuld, lass sie dir vergeben und lass dir von Jesus die Kraft geben, ein neues, reines Leben anzufangen.
Die Dringlichkeit der Buße und die Verheißung der Vergebung
Mir wird manchmal vorgeworfen, ich würde immer von demselben Thema reden, weil ich immer wieder darauf zurückkomme. Dann heißt es außerdem: „Machst du das nicht zu eng? Das ist gesetzlich und unmodern. Es ist sowieso so, und ich würde hier mit Kanonen auf Spatzen schießen, weil es ja sowieso alle machen.“
Leute, ich bin ein Prediger des Evangeliums. Nicht ich sage: „Tu Buße“, sondern das sagt Jesus hier. Ich rede ihm nur nach. Jesus hält zwei Angelegenheiten für so wichtig, dass er sie dieser ansonsten so treuen Gemeinde extra ins Gewissen redet: das Essen von Götzenopferfleisch, also das Paktieren mit widergöttlichen Mächten, und das Unzuchtreiben.
Es ist doch Jesus selbst, der das sagt. Er sagt hier in Vers 16: „Tu Buße! Wenn du es nicht tust, werde ich bald über dich kommen und mit ihnen streiten durch das Schwert meines Mundes.“ Er bietet dir heute das Wort der Vergebung an. Für die Zukunft kündigt er dir das Wort des Gerichts an.
Und du sitzt hier und kannst wählen, was du haben willst: Verdammnis oder Vergebung. Du hast jetzt die Gelegenheit, dein Leben in Ordnung zu bringen. Das ist der Sinn der Adventszeit.
Adventszeit ist Bußzeit. Eine Zeit, in der man über sich selbst nachdenkt, über sein Leben reflektiert und sich darauf vorbereitet, den kommenden Christus zu empfangen. Dazu gehört, dass man das, was im Leben schiefläuft, in Ordnung bringt. Es ist Zeit für dich, dich zu bekehren.
Den übrigen Weihnachtshummel und Adventsschnulli kannst du ruhig vergessen. Aber vergiss nicht, dass Jesus, dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern wollen, kein harmloses Schnullerbaby ist.
Das Jesuskind in der Krippe ist ein erwachsener Mann geworden. Einer, der sein Leben am Kreuz hingegeben hat, der für deine Schuld gestorben ist. Er ist der Retter der Welt und zugleich der Richter der Welt.
Er ist derjenige, dem du einmal gegenüberstehen wirst. Vor dem du dein Leben verantworten musst und der dein Leben richten wird.
Früher war es bei Gericht so, dass die Richter einen schwarzen Stein und einen weißen Stein hatten. Wenn das Gerichtsverfahren zu Ende war, ging ein Topf herum, und jeder Richter warf einen Stein hinein. Der schwarze Stein bedeutete Verurteilung, der weiße Stein Freispruch.
Hier sagt Jesus in Vers 17: „Wer überwindet, dem will ich einen weißen Stein geben.“ Das heißt: Wer überwindet, dem will ich vergeben, dem spreche ich frei.
Nirgends in diesen Sendschreiben hat Jesus zu den Gemeinden gesagt: „Ich kenne eure Situation, ich weiß, wie ihr lebt, ich weiß, wie schlecht es euch geht, wie schwer euch das Bekennen fällt, und deshalb begreife ich, dass ihr Kompromisse eingegangen seid.“
Nein, da sagt Jesus nirgends so etwas. Stattdessen sagt er: „Ich weiß, wie es euch geht, ich weiß, wie es um euch steht, ich weiß, wie schwer euer Leben ist, ich weiß, dass ihr am Thron Satans wohnt. Und dann sagt er: Wer überwindet, dem werde ich vergeben.“
Wer sich durchwindet, wer sich um eine klare Entscheidung herumdrückt, wer feige auf dem Bauch kriecht, wer sich durchs Leben irgendwie durchschlängelt, der kommt nicht in Gottes Reich. Und dorthin sollst du doch hin.
In Gottes Reich bist du ja eingeladen. Das ist doch der Sinn von Weihnachten. Jesus reißt die Tür zu Gottes Reich für dich auf und sagt: „Komm, tritt ein!“
Also überwinde dich, trenne dich von deiner Sünde und bekenne deine Schuld. Dann kannst du Freispruch erhalten.
