Einführung in das Thema Vergebung
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 420: Vom Vergeben, Teil 2.
Wir befinden uns mitten in einem Gleichnis, das der Herr Jesus erzählt, weil Petrus ihn fragt: „Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben? Bis siebenmal?“
Die Antwort, die Jesus gibt, ist zweifach. Zum einen formuliert er: „Nicht bis siebenmal, sondern bis siebzig mal siebenmal.“
Zum anderen begründet er diese Forderung mit einem Gleichnis.
Das Gleichnis vom hochverschuldeten Knecht
Das Gleichnis von dem hochverschuldeten Knecht, der Gnade erfährt: Seine Schulden werden ihm einfach erlassen. Danach geht dieser Knecht zu einem seiner eigenen Schuldner.
Wir lesen in Matthäus 18,28-30: Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Er ergriff ihn, würgte ihn und sagte: „Bezahle, wenn du etwas schuldig bist!“
Sein Mitknecht fiel nieder, bat ihn und sagte: „Habe Geduld mit mir, und ich will dir bezahlen.“ Doch der erste Knecht wollte nicht nachgeben. Stattdessen ließ er ihn ins Gefängnis werfen, bis die Schuld bezahlt sei.
Hier haben wir also einen Knecht, der Gnade erfährt, aber nicht bereit ist, selbst Gnade zu gewähren. Jemand, der Barmherzigkeit erfährt, geht selbst unbarmherzig mit dem um, der bei ihm Schulden hat.
Die Reaktion des Königs und die Forderung zur Barmherzigkeit
Was nun folgt, gehört zu den Bibelstellen, über die man wirklich etwas länger nachdenken sollte. Das liegt vor allem daran, dass wir beim Thema Gnade oft zu einfach denken. Doch hören wir zunächst Jesus selbst.
Matthäus 18, 32-33:
„Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt und gingen und berichteten ihrem Herrn alles, was geschehen war. Da rief ihn sein Herr herbei und sprach zu ihm: ‚Böser Knecht, jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest. Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe?‘“
Hier hört also der König vom Verhalten des Knechts, dem er alle Schulden erlassen hatte, und er lässt ihn holen.
Ich hoffe, wir verstehen das Argument gut: Wenn Gott uns vergibt und wir seine Gnade erfahren, dann ist das keine Einbahnstraße. Es ist nicht so, dass wir etwas bekommen und das war es. Wer Gnade erfährt, der bekommt mit der Gnade Gottes auch eine Aufgabe von Gott.
Das hat schon rein sprachlich damit zu tun, dass „Gnade“ (griechisch „charis“) sowohl „Geschenk“ als auch „Dank“ bedeutet. Gnade ist in der Sprache der Bibel also nicht nur das, was ich geschenkt bekomme, sondern sie umfasst auch meine Reaktion darauf.
Und die Reaktion, die der König von seinem Knecht verlangt, ist klar: „Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe?“ Das ist es, was der König sehen will – Barmherzigkeit.
Die Gnade Gottes will mich prägen.
Die Bedeutung der Barmherzigkeit für den Gläubigen
Wir merken, dass es Gott nicht einfach nur darum geht, mir meine Schulden zu vergeben. Es geht ihm um viel mehr. Er will mit seiner Barmherzigkeit meine Einstellung verändern. Er will mich als Person verändern.
Solltest du dich nicht auch deines Mitknechtes erbarmt haben, so wie ich mich deiner erbarmt habe? Versteht ihr das?
Gottes Barmherzigkeit will mich prägen. Wehe dem, der sich gern seine Sündenschuld vergeben lässt, sich dann aber sehr schwer damit tut, selbst zu vergeben. In diesem Fall erweist er sich der Vergebung Gottes nicht als würdig.
Das klingt für viele bestimmt wie ein ungewöhnlicher Gedanke: Vergibt Gott nur denen, die sich als würdig erweisen? Ganz genau.
Die Verbindung von Barmherzigkeit und Gericht
Lasst uns in diesem Zusammenhang bloß Jakobus nicht vergessen, Jakobus 2,13: „Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat. Die Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.“
Das ist ein Vers für Christen. Wie alle Menschen werden auch wir nach unseren Werken gerichtet werden. Gericht ist immer nach Werken – das ist ein biblisches Prinzip.
Natürlich brauchen wir davor keine Angst zu haben, weil wir aus Glauben leben. Echter Glaube zeigt sich ganz automatisch in unseren Werken. Die Sache ist einfach: Ich passe mich als Christ in meinem Verhalten dem Verhalten Gottes an. Gott ist gut, also tue ich Gutes.
Gott ist heilig, deshalb bekenne ich meine Sünde und lasse sie hinter mir. Gott ist barmherzig und vergibt leicht, und ich bin genauso.
Dann gilt für mich Matthäus 5,7: „Glückselig sind die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren.“
Die Konsequenzen fehlender Vergebung
Noch einmal zurück zu dem Gedanken von eben.
„Wehe, wenn ich mir gern meine Sündenschuld vergeben lasse, mir dann aber superschwer damit tue, selbst zu vergeben. Dann erweise ich mich der Vergebung nicht als würdig, und Gott wird mir meine Sündenschuld wieder zurückgeben.“
Matthäus berichtet: „Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war.“ Der Knecht hat natürlich immer noch keine Chance, seine Schulden zu begleichen. Er ist jetzt nur tatsächlich völlig verloren.
Wie beschreibt der Herr Jesus den König? Als zornig. Gott ist zornig, wenn Menschen sich Sünden vergeben lassen, dann aber keine Vergebung gewähren wollen.
Damit wir den Punkt nicht verpassen, beendet Jesus das Gleichnis mit den Worten: „So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.“ (Matthäus 18,35)
Das ist wirklich eine harte Aussage.
Der Anspruch Gottes an die Haltung der Jünger
Jesus spricht zu Petrus, meint dabei aber auch die anderen Jünger: So wird auch mein himmlischer Vater euch tun. Der Anspruch Gottes an das Leben eines Jüngers ist herzliche Vergebung – hier zunächst im Kontext der Gemeinde. Wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt, dann wird Gott euch eure eigene Sündenschuld wieder zurückgeben.
Wir lernen Barmherzigkeit im Umgang mit den Geschwistern. Wo wir nicht bereit sind, von Herzen zu vergeben, da wird Gott uns unsere eigene Schuld zurückgeben. Gott ist nicht bereit, denen zu vergeben, die selbst nicht von Herzen gern vergeben.
Wie gesagt, Jesus spricht hier zuerst vom Miteinander in der Gemeinde. Doch ich persönlich denke, dass es hier ganz grundsätzlich um eine Haltung geht, die wir von Gott übernehmen sollen.
Die Haltung Christi als Vorbild für Vergebung
Es ist die Haltung Christi, die sich am Kreuz zeigt, wenn der Herr Jesus den römischen Soldaten vergibt, die ihn kreuzigen.
In Lukas 23,33-34 heißt es: "Und als sie an den Ort kamen, der Schädelstätte genannt wird, kreuzigten sie dort ihn und die Übeltäter, den einen zur Rechten, den anderen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
Abschluss und persönliche Reflexion
Was könntest du jetzt tun? Denke darüber nach, wie leicht es dir fällt, Vergebung zu gewähren. Überlege auch, ob es in deinem Leben noch offene Sünden, unerledigte Angelegenheiten oder unvergebenen Groll gibt.
Das war es für heute. Vergiss bitte nicht, dass du genug Ruhe im Leben brauchst. Auch Christen können zu Getriebenen werden.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.