Die Bedeutung der Wunder Jesu und des Glaubens
Im Johannesevangelium lesen wir im vorletzten Kapitel, Kapitel 20, zwei Verse, die ich euch vorlese: die Verse 30 und 31. Dort heißt es, dass die Jünger sahen, wie Jesus noch viele andere Wunder tat.
Wir wissen, dass wir an einen Gott glauben, an Jesus, der Wunder tat – und auch heute noch tut. In den Zeugnissen hören wir immer wieder davon. Doch es heißt weiter, dass viele dieser Wunder, die er getan hat, nicht in diesem Buch aufgezeichnet sind.
Dann steht dort aber auch: Diese Wunder wurden aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist und damit ihr durch den Glauben an ihn, an seinen Namen, das ewige Leben habt.
Wenn es hier darum geht, dass wir im Namen Jesu Christi und im Glauben an Gott Leben haben sollen, dann geht es nicht nur um das Leben in Ewigkeit, nachdem wir hier verstorben sind. Es geht auch um das Leben heute und hier.
Die Frage, die ich ganz am Anfang stellen möchte, lautet: Lebst du in deiner Berufung? Lebst du heute in deiner Berufung?
Die Herausforderung der heutigen Christenheit
In seinem Buch „Dangerous Wonders“ schreibt ein gewisser Mike Iaconelli Folgendes. Das Buch ist schon sehr alt und muss nicht jeder kennen, ist aber dennoch sehr gut.
Er schreibt: „Einer der kritischsten Bereiche im heutigen Christentum ist die Abgestumpftheit der Christen. Wir haben das Staunen verlernt. Die gute Botschaft ist nicht mehr die gute Botschaft, sondern eine okay Botschaft. Christsein ist nicht mehr lebensverändernd, sondern höchstens noch eine Lebensverbesserung. Jesus verändert Menschen nicht mehr in radikale Christen, sondern höchstens noch in nette Menschen.“
„Was ist passiert?“, schreibt er dann weiter. „Was ist passiert mit einer radikalen Christenheit, einer Art Menschen, die die Welt auf den Kopf gestellt hat? Was ist passiert mit dem Evangelium, das durch das erste Jahrhundert wie ein wildes Feuer die Welt veränderte? Was ist passiert mit Christen, die voller Feuer waren, die keine Angst kannten, die für die Wahrheit einstanden – ganz egal, was es sie kostete –, die ein Dorn in einer gottlosen Welt waren, die willig waren, Jesus nachzufolgen, egal wohin? Was ist passiert?“
„Auf einer Skala von eins bis zehn – eins bedeutet langweilig, frustrierend, abgestumpft, monoton, zehn bedeutet aufregend, spannend, feurig, das Leben könnte besser nicht sein – wo würdest du dich heute einstufen? Eher Richtung eins: ‚Na ja, es ist schon mal besser gewesen, langweilig, eh immer dasselbe, lohnt es sich überhaupt noch, aus dem Bett auszusteigen?‘ Oder eher so aufregend, dass du es kaum aushältst, weil Jesus dich zu etwas bewegt hat, weil du etwas erlebt hast oder weil du etwas mit Gott oder mit deinen Freunden vorhast und es sofort passieren müsste? Wo würdest du dich heute an diesem Tag einstufen?“
Die Gegenwart Jesu im Alltag
Das Thema der diesjährigen Missionskonferenz ist uns jetzt schon klar: 24 Stunden jeden Tag – ich bin bei euch alle Tage. So heißt es in der Bibel.
24 Stunden am Tag ist Jesus bei uns, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr – mein ganzes Leben lang. Immer und immer wieder, jeden Tag, sieben Tage die Woche, jedes Jahr.
Was macht das mit dir, wenn du das so hörst? Wie fühlt es sich an, wenn du daran denkst, dass Jesus jeden Tag bei dir ist? Wenn du Jesus kennst – aber auch wenn du ihn nicht kennst, ist er trotzdem bei dir. Du weißt es nur noch nicht.
Aber was macht das mit dir? Ich kann mir gut vorstellen, was es mit manchen von uns macht. Für einen Teil von uns klingt das wie eine ziemlich gute Idee. Jesus ist die Lösung für mein Problem, ein Hoffnungsschimmer für den Moment.
Vielleicht musst du dich gerade auf das Abi vorbereiten. Vielleicht steht eine ungewisse Zukunft vor dir. Du weißt noch nicht, wie es nach der Schule oder nach dem Studium weitergeht. Oder du bist unsicher, welche Schule du besuchen oder was du studieren sollst.
Vielleicht spürst du auch ein Kribbeln in dir, ein Ziehen, weil du denkst, dass du in die Mission gehen solltest. Irgendwie ist alles unklar, und Jesus scheint eine gute Idee für den Moment zu sein.
Vielleicht hast du sogar einen Menschen verloren oder bist gerade in einer schwierigen Zeit. Vielleicht bist du dabei, einen lieben Menschen zu verlieren.
Ja, Jesus ist eine gute Idee für Momente, in denen wir Trost brauchen, Halt suchen oder eine Zukunftsperspektive brauchen.
Jesus als Begleiter in der Not
Für einen anderen Teil von uns ist dieses 24-Stunden-Thema vielleicht ähnlich wie der reiche Onkel in Amerika. So jemand soll ja immer wieder vorkommen.
Wenn man mal knapp bei Kasse ist oder etwas schiefgelaufen ist und man das irgendwie wieder reparieren muss, ist es gut, jemanden zu haben, auf den man zurückgreifen kann. Man weiß dann, dass in Zeiten der Not jemand da ist.
Ich habe zwar keinen reichen Onkel in Amerika, leider, aber ich habe eine liebe Tante. Sie hat mir schon hin und wieder mal aus der Patsche geholfen, wenn ich mein erstes Auto wieder mal zu Schrott gefahren habe. Geld hatte ich sowieso so gut wie nie. Von daher war es ganz gut, wenn da jemand war, der mir einen kleinen Schubs gegeben hat, damit es weitergehen konnte.
Die Herausforderung, Jesus jeden Tag zu begegnen
Für die dritte Gruppe von uns oder für manche von uns klingt das eher wie eine Drohung, ein bisschen bedrohlich vielleicht. Wenn man wirklich darüber nachdenkt, dass Jesus jeden Tag meines Lebens bei mir ist – ob ich ihn jetzt persönlich kenne oder nicht – 24 Stunden am Tag, bis ans Ende der Zeit.
Will ich das überhaupt? Ist das wirklich etwas, wonach ich mich sehne? Möchte ich das wirklich? Will ich jeden Tag meines Lebens mit Jesus unterwegs sein? Will ich das? Will ich mein Leben, meinen Dienst, meine Zukunft von ihm bestimmen lassen?
Wie passt das in unsere Wertevorstellung? Wie passt das in meine Vorstellung von meinem Leben? Wie passt das in diese Wertevorstellung, in der wir heute leben, wo maximale Unverbindlichkeit und maximale Freiheit das Thema unserer Zeit sind? Ist da der Glaube an Jesus und der Dienst in der Gemeinde vielleicht eher eine willkommene Abwechslung, mehr als eine Überzeugung, dass ich jeden Tag mit Jesus unterwegs sein sollte oder dass er jeden Tag mit mir ist?
Vielleicht ist es eher so eine Art Erfahrungssammeln. Heute sind ja viele hier von euch, die sich einige Missionswerke anschauen und vielleicht überlegen, ein FSJ zu machen – eine sogenannte Auszeit, um ein wenig Erfahrung zu sammeln. Ich finde das übrigens eine tolle Sache.
Wir am Tauernhof haben auch viele englischsprachige Leute bei uns, die so ein Gap Year, also ein freiwilliges soziales Jahr, machen. Lange konnte ich mit dem Wort Gap Year nichts anfangen. Es hat für mich nicht viel bedeutet, da ich selbst so etwas nie gemacht habe. Leider muss ich das jetzt sagen.
Gap Year heißt auf Deutsch Lückenjahr – Gap bedeutet Lücke. Viele von euch haben vielleicht schon mal so ein Lückenjahr gemacht. „Hey, was machst du nächstes Jahr?“ – „Keine Ahnung, ich mache mal so ein Lückenjahr am Tauernhof, weil ich sonst nicht weiß, was ich tun soll“, zum Beispiel, um einfach ein bisschen Erfahrung zu sammeln. Oder „Bevor ich nur zu Hause rumhocke und meinen Eltern auf die Nerven gehe, mache ich mal so ein Lückenjahr.“ Das ist übrigens keine schlechte Idee.
Überhaupt keine schlechte Idee, denn der Tauernhof lebt von Lückenmenschen. Bist du ein Lückenmensch? War schon mal jemand ein Lückenmensch? Kein Lückenmensch? Ja, du warst schon mal Lückenmensch, du auch? Gibt es einige? Wie viele Lückenmenschen sitzen hier drin? Sag mal! Doch einige, super!
Alles Lückenmenschen, die schon mal irgendwo eine Lücke gefüllt haben und mal ein bisschen Zeit woanders verbracht haben – wunderbar! Die Missionswerke da drüben leben von Lückenmenschen. Lückenmenschen sind absolut notwendig und wichtiger als jeder Euro, der gespendet wird. Ihr seid wichtige Menschen. Wir könnten gar nicht überleben ohne Lückenmenschen. Preis den Herren für Lückenmenschen!
Jesus ist kein Lückenmensch in unserem Leben
Aber nur um eines hier nicht zu verwechseln: Jesus Christus war, ist und wird niemals ein Lückenmensch in deinem Leben sein. Der Mensch gewordene Sohn Gottes ist nicht gekommen, um eine willkommene Abwechslung in unserem Leben zu sein. Er ist nicht gekommen, um in unser Leben, das sonst so berechenbar und vielleicht manchmal monoton ist, ein bisschen Frische und frischen Wind hineinzubringen.
Nein, er ist gekommen – und das wissen wir – um unser Leben zu verändern. Nicht nur, um es zu verbessern, sondern um es radikal zu verändern.
Wenn wir so in die Bibel hineinschauen, dann merken wir: Die Bibel ist voll mit Geschichten, in denen Jesus die Welt auf den Kopf gestellt hat. Menschen wurden überrascht und überwältigt, als sie Jesus begegnet sind.
Und vieles von dem, was Jesus getan hat, steht nicht einmal in der Bibel, so heißt es hier. Aber das, was aufgeschrieben wurde, sagt Johannes, der dieses Evangelium schrieb, wurde aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes. Und damit ihr durch euren Glauben in seinen Namen das ewige Leben habt.
Nicht erst, wenn wir hier verstorben sind und im Himmel sind, sondern heute hier, ein Leben im Überfluss – ein Leben, das von Christus bestimmt ist.
Die Tiefe des Lebens mit Jesus
Vieles, was wir manchmal von diesem Leben verstehen, reduzieren wir gelegentlich darauf, dass das Evangelium uns einfach nur Lebenskraft geben soll. Oder dass es uns hilft, den Himmel zu erreichen. Oder dass wir dadurch moralisch besser durchs Leben gehen.
All das gehört selbstverständlich zur Nachfolge dazu. Doch im Leben mit Jesus steckt noch viel mehr.
An Jesus Christus zu glauben bedeutet, dass er mein Herz erneuern darf. Er hilft mir, meine Freundschaften mit anderen Menschen zu vertiefen. Außerdem durchdringt er mein Handeln, und durch mein Handeln darf ich ihn groß machen.
Mein Leben wird erfüllt – und zwar in jedem Bereich. Anders gesagt: Jesus kann sich in mir zu Hause fühlen.
Begegnung mit Jesus im Alltag – eine persönliche Geschichte
Meine Frau und ich waren vor vielen Jahren für ein halbes Jahr in England bei einer Fackelträger-Bibelschule. Dort waren etwa hundertachtzig Studenten. Natürlich konnte man nicht alle gleich gut kennenlernen, aber es war schön, Teil einer so großen Gruppe zu sein. Einige wenige haben wir natürlich besser kennengelernt.
Einer davon war Ryan. Er kam, glaube ich, aus Kanada. Nach der Bibelschule besuchte er uns einmal zu Hause in Österreich. So freundlich, wie meine Frau und ich sind, wenn Gäste kommen, waren wir völlig überrascht, als Ryan plötzlich vor unserer Tür stand. Ich sagte zu ihm: „Super, dass du hier bist, komm rein, wir freuen uns, fühl dich wie zu Hause!“ Das war unser erster Fehler.
Wir kannten Ryan zwar, aber nicht sehr gut. Er kam herein und ging ins Wohnzimmer. Wir hatten etwa ein Jahr zuvor frisch gebaut. Ryan setzte sich auf die Couch und legte die Füße auf den Couchtisch. Meine Frau schaute mich an, ich schaute meine Frau an und dachte: „Es ist der Ryan.“
Wir unterhielten uns, und plötzlich stand Ryan auf, ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank und schaute, was darin war. Ich sah meine Frau an und bemerkte, wie sich ihre Gesichtsfarbe leicht veränderte. Der Kühlschrank ist bei uns eher so etwas wie ein Heiligtum. Ich dachte: „Okay, lass ihn einfach, er soll sich nehmen, was er will.“
Er nahm sich etwas heraus, und wir unterhielten uns weiter und hatten eine gute Zeit. Plötzlich stand Ryan auf, ging nach oben und schaute in jedes Zimmer, weil er sehen wollte, wie unser Haus aussieht. Jetzt wusste ich, dass ich meine Frau besser nicht mehr ansprechen sollte, und sie mich auch nicht, denn es war mir auch zu viel.
Aber wir hatten ja gesagt: „Ryan, komm rein, fühl dich wie zu Hause.“ Dann sagte meine Frau: „Lass ihn einfach, es ist der Ryan, der Kanadier. Was soll man sagen?“ Es war ein wunderschöner Besuch, super. Nachdem wir uns wieder innerlich beruhigt hatten, dachten wir: „Ja, lass ihn einfach, soll er sich wirklich zu Hause fühlen.“
Als er dann wieder weg war, verstand ich, was ich eigentlich gesagt hatte, als ich zu ihm sagte: „Komm rein und fühl dich wie zu Hause.“ Man sagt das ja öfter mal: „Komm rein, bedien dich und fühl dich wie zu Hause.“ Aber ich bin jetzt doch etwas vorsichtiger geworden, wenn Leute vor der Tür stehen. Man weiß ja nie, wer da wirklich vor der Tür steht.
Wenn man das so einfach sagt, ist es manchmal auch so, dass man mit Jesus ein bisschen so umgeht. Man sagt: „Jesus, komm in mein Haus, komm in mein Leben, fühl dich wie zu Hause.“ Aber bleib im Gästebereich! Du kannst ruhig auf der Couch sitzen, gerne auch die Füße auf den Tisch legen, fühl dich wohl und mach es dir bequem. Aber bleib im Gästebereich, im Wohnzimmer.
Gut, wenn du Hunger bekommst, dann bediene dich am Kühlschrank. Da ist auch etwas für dich da, wir haben vorgesorgt, kein Problem. Aber bitte geh nicht nach oben. Dort gibt es ein Zimmer, das Schlafzimmer heißt. Dort können Dinge passieren, die du nicht unbedingt sehen musst.
Bleib also lieber unten, im Gästebereich, maximal in der Küche. Und geh schon gar nicht in den Keller, denn da sind irgendwo hinten ein paar Kisten versteckt. Ganz tief unten ist eine kleine Kiste, von der nicht einmal meine Frau weiß. Dort solltest du besser nicht hingehen, das ist wirklich privat.
Aber komm rein und fühl dich wie zu Hause!
Die Herausforderung, Jesus wirklich Raum zu geben
Ist es nicht manchmal so, dass wir mit Jesus unterwegs sind und uns einerseits danach sehnen, ihn zu erfahren und zu erleben? Wir möchten, dass er unser Leben bestimmt. Andererseits gibt es aber Bereiche in unserem Leben, die noch privat sind und die er noch nicht wirklich erfüllen oder ausfüllen kann.
Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief, Kapitel 2, Vers 20: „Ich lebe aber nicht mehr ich selbst, sondern Christus lebt in mir.“ Paulus sagt nicht, dass er sein Leben lebt und betet, dass Gott hinterherkommt, um sein Leben zu segnen. Nein, er sagt: Nicht mehr lebe ich selbst, für mich selbst, sondern Christus lebt in mir. Das ist ein großer Unterschied.
Dieser Christus in mir will kein Lückenmensch in meinem Leben sein, keine willkommene Abwechslung. Er will mein Herr und Heiland sein, der mich liebt, erlöst und berufen hat. Berufen, ihm nachzufolgen. Berufen, mein Leben nach ihm auszurichten – und zwar jeden Tag meines Lebens.
Erst wenn ich das verstanden habe und bereit bin, dass Jesus jeden Raum meines Lebenshauses wirklich ausfüllen und bestimmen darf, werde ich merken, was es heißt, dass der Glaube zur Erfahrung wird. Dann werde ich plötzlich spüren, dass Jesus wirklich das ist, was er sagt, dass er ist: der Gott, der mich liebt, der Gott, der für mich sorgt, der Gott, der mein Leben in seiner Hand hält.
Die Bereitschaft, Jesus zu vertrauen
Aber hier stellt sich wieder die Frage: Bin ich, bin ich überhaupt bereit dazu?
Als ich vor über dreißig Jahren mein Leben Jesus übergeben habe, war das ein innerlicher Kampf. Es war ein innerlicher Kampf. Und Schuld daran war wieder einmal meine Frau. Wir waren damals befreundet und standen kurz davor, die Beziehung zu beenden. Für sie war es klar, für mich war es nicht so klar.
Wir haben den Jungkreis kennengelernt. Sie war schon gläubig, ich jedoch nicht. Sie hat mich überall mit hingeschleppt und war dann auch in einem Hauskreis. Eines Tages kam ich nach diesem Hauskreis nach Hause. Ich wusste auch nicht, dass meine damalige Freundin, jetzt meine Frau, mit der ich seit über 27 Jahren verheiratet bin, schon lange für mich gebetet hatte. Das wusste ich natürlich nicht. Vielleicht war es besser so, dass ich das nicht wusste.
Ich fuhr nach diesem Hauskreis nach Hause und ging in mein Schlafzimmer im Elternhaus. Ich hatte fast schon gespürt, wie Jesus an die Tür meines Herzens klopfte.
Auch wenn ich die christliche Sprache kannte – ich wusste, was man sagt, wenn man gefragt wird. Ich wusste, welche Dinge man besser nicht sagt, wenn man in bestimmten Kreisen ist. Das hatte ich alles gelernt. Ich bin gut katholisch aufgewachsen, war sogar viele Jahre Ministrant in meiner Kindheit und habe so die christliche Sprache erlernt. Gut genug, dass manche geglaubt haben, ich wäre Christ.
Aber dann kam ich nach diesem Hauskreis nach Hause und wusste: Ich war kein Christ. Ich wusste, dass es einen großen Unterschied gab zwischen einfach nur die christliche Sprache zu sprechen und wirklich auch vom Herzen her Jesus zu kennen.
Und da klopfte plötzlich Jesus an die Tür meines Herzens. Ich wusste einfach, nur weil ich es wusste, dass es richtig war, ja zu sagen zu Jesus. Aber ich hatte Angst. Ich hatte Angst, diese Entscheidung zu treffen. Denn was ist, wenn ich Ja sage zu Jesus und er mein Leben so verändert, wie ich das nicht will? Was ist, wenn er etwas in meinem Leben verändert, das ich nicht will, dass er verändert?
Ich habe mein Leben genossen. Ich hatte meine Ausbildung, ich hatte zu der Zeit einen Mofa – oder vielleicht sogar einen Mofa, genau mit 17 Jahren, noch kein Auto. Ich hatte ein bisschen Geld. Das habe ich zwar meistens am Wochenende wieder verprasst, aber ich hatte ein bisschen Geld zum Verprassen, das war gut. Ich habe mein Leben in Hülle und Fülle genossen und wollte eigentlich nicht, dass sich auch nur eine Sache in meinem Leben verändert.
Aber ich wusste, die Entscheidung war dran. Trotzdem hatte ich Angst.
Vielleicht geht es dir manchmal auch so, dass, wenn Jesus an die Tür deines Herzens klopft oder dich in eine Richtung bewegen möchte, du Angst hast. Du denkst: Wenn ich diesen Schritt jetzt wage, was wird Jesus in meinem Leben verändern? Und will ich das?
Ich bin froh, dass ich damals trotzdem diese Entscheidung für Jesus getroffen habe, an diesem Abend. Ich bin froh, dass Jesus begonnen hat, mein Leben zu verändern. Und ich bin dankbar dafür.
Aber es gibt immer noch Bereiche in meinem Leben, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich will, dass Jesus dort eingreift.
Loslassen und Vertrauen lernen
Ein Grund, warum wir vielleicht nicht immer wollen, dass Jesus ständig bei uns ist, liegt darin, dass es Bereiche in unserem Leben gibt, die wir gerne selbst in der Hand behalten möchten. Es gibt Bereiche, bei denen es uns schwerfällt, sie Jesus anzuvertrauen.
Denn was, wenn er etwas in unserem Leben verändert, das wir gar nicht verändert haben wollen? Was, wenn er dich heute dazu herausfordert, jeden Bereich deines Lebens Gott anzuvertrauen? Vielleicht, weil er dich in die Mission berufen möchte, weil er Herr über dein Beziehungsleben sein möchte, in deiner Familie. Vielleicht, weil er jedes Zimmer in deinem Lebenshaus frei betreten und sich bei dir zu Hause fühlen möchte.
Wisst ihr, was ich manchmal in solchen Momenten in meinem Leben merke, wenn es wieder darauf ankommt, loszulassen? Es geht nicht nur darum, vom Kopf her zu wissen, was richtig ist, sondern auch vom Herzen zu entscheiden. Ich merke dann immer, dass es oft genau diese Dinge sind, von denen ich nicht bereit bin, sie loszulassen, die mich immer wieder daran hindern, Jesus so wahrzunehmen, wie er wirklich ist.
Wenn es Bereiche, Dinge oder Menschen in deinem Leben gibt, bei denen es dir schwerfällt, sie loszulassen und Gott anzuvertrauen, wenn es dir schwerfällt, diese auch Jesus anzuvertrauen, dann kann ich dir sagen: Genau dieser eine Bereich, dieser eine Mensch oder diese eine Sache wird es zu 99 Prozent sein, die dich daran hindert, Jesus so zu erleben, wie er wirklich ist.
Vertrauen wagen – ein Bild vom Klettern
Es ist wie beim Klettern. Ich klettere ja auch hin und wieder gerne und mache viel mit unseren Gästen. Es ist immer schön zu beobachten, wenn die Leute irgendwo an einer Felswand hochklettern, obwohl sie es noch nie gemacht haben. Dann sind sie oben und müssen sich wieder abseilen lassen.
Dann kommt immer der springende Punkt: Lassen sie los oder halten sie sich weiter am Felsen, am Haken oder am Gras fest? Du kannst den Leuten noch so gut und gerne erklären, wie das funktioniert und wie viele Tonnen so ein Seil aushält, ebenso Karabiner und Gurt. Aber wenn sie oben sind und nicht loslassen, werden sie es nie erfahren.
Manchmal habe ich schon 20 Minuten lang auf eine Person einreden müssen, damit sie einfach mal loslässt. Sonst wäre sie jetzt wahrscheinlich immer noch oben am Berg, weil sie sich nicht getraut hat, loszulassen und sich in den Gurt hineinsetzen zu lassen.
Bei den kleinen Kindern ist das anders. Bei unseren eigenen Kindern war das immer so schön zu beobachten: Sie sind immer sehr mutig hochgeklettert. Runterzukommen war das Problem, denn da müssen sie plötzlich loslassen und demjenigen vertrauen, der unten das Leben in seiner Hand hält.
Wenn du dir schwer tust, einen Menschen loszulassen, kann es sein, dass genau dieser Mensch dich hindert, Jesus so zu erfahren, wie er wirklich ist. Wenn du dein Beziehungsleben lieber selbst in der Hand hältst, wird genau diese Beziehung dich davon abhalten, Jesus so zu erleben, wie er wirklich ist.
Wenn du deine Zukunft lieber selbst kontrollieren möchtest, wird es dir nicht gelingen, die Fürsorge Gottes wirklich zu erfahren.
Die Einladung zum Loslassen und zur Nachfolge
Was, wenn Jesus uns heute Morgen herausfordert, das eine oder andere in unserem Leben loszulassen? Was, wenn er uns auffordert, unser ganzes Leben nach ihm auszurichten?
Was, wenn er dich heute beruft, in die Mission zu gehen, ein Lückenmensch zu werden oder ihm das eine oder andere hinzulegen? Wenn das so ist, wenn Gott dich heute herausfordert, loszulassen, zu vertrauen und mit dem Herzen zu entscheiden, dann darfst du dir einer Sache ganz gewiss sein: Jesus ist bei dir alle Tage, alle Tage bis an das Ende, bis ans Ende dieser Zeit, so wie es die Schrift auch sagt.
Das ist gewiss, das ist sein Versprechen an dich.
Das Risiko allerdings ist folgendes: Wenn du das tust und bereit bist, jedem Bereich deines Lebens Gott anzuvertrauen, dann kann es gut sein, dass Jesus etwas in deinem Leben verändert.
Das ist das Risiko. Aber ich kenne kein besseres, kein schöneres Risiko als dieses, denn dieses Risiko wird sich immer lohnen.
Der Wunsch nach einer tiefen Beziehung mit Jesus
Ich wünsche uns allen, dass wir in Zukunft ganz neu dieses Risiko eingehen.
Heute Morgen können wir sagen: Herr Jesus, hier bin ich. Hier ist mein Lebenshaus. Fühl dich wie zu Hause in meinem Leben.
Hilf mir, nicht nur vom Kopf her zu verstehen, sondern wirklich zu spüren, was es bedeutet, mit dir unterwegs zu sein – egal, wohin du mich berufst.
Gebet um Mut und Vertrauen
Lass uns beten, lieber Jesus. Ich danke dir so sehr, dass du nicht auf diese Welt gekommen bist, um ein Lückenmensch zu sein, ein Notnagel oder einfach nur eine gute Abwechslung. Du möchtest unser Herr und Heiland sein, jeden Moment unseres Lebens.
Wir danken dir, Herr Jesus, dass wir auf dich vertrauen dürfen.
Und, Herr, wenn es gilt, das eine oder andere von dir abzulegen, dann schenke uns den Mut dazu. Denn wir alle, wie wir hier sitzen, wollen nichts sehnlicher, als dich so zu sehen und zu erleben, wie du bist.
Wenn es etwas gibt, das uns daran hindert, mach uns darauf aufmerksam. Hilf uns, alles wirklich dir hinzugeben – im Bewusstsein und in der Gewissheit, dass du bei uns bist, alle Tage bis an der Weltende.
In Jesu Namen. Amen.