Einen recht schönen guten Abend! Wir heißen Sie herzlich willkommen. Es ist bei uns mindestens ungewöhnlich, freitags abends eine Veranstaltung zu haben, aber das hat seinen Grund.
Vor zwei Wochen hielt Pfarrer Schäffbuch hier eine Bibelstunde und brachte einige Beispiele aus Lebensbildern ein. Dabei dachte ich, das wäre ja ganz toll für den Bibelkurs. Ich hatte gar nicht so viel Hoffnung, als ich ihn hinterher fragte. Doch er sagte sofort und ganz kurzfristig zu – was sonst eher schwierig ist, da man oft lange im Voraus planen muss.
Also, Herr Pfarrer Schäffbuch, ganz herzlich willkommen! Wir freuen uns auf den Abend und begrüßen auch Sie, Frau Schäffbuch, ganz herzlich.
Lassen Sie uns beginnen mit Lied Nummer 329: „Wach auf, du Geist der ersten Zeugen“, Strophe eins bis vier.
Die Bedeutung von Lebensbildern und geistlicher Inspiration
Wenn wir gerade so ein Lied singen, ist es schön, sich ein wenig Gedanken darüber zu machen.
Was wissen Sie von einem Mann, der Karl Heinrich von Bogatzki war? Er war Sohn eines ungarischen Adligen. Sein Vater meldete ihn schon als kleinen Jungen auf der Offizierschule an. Das Ziel war klar: Der Junge sollte einmal ein guter Offizier werden.
Doch der Junge entwickelte eine andere Leidenschaft. Das zeigte sich schon in seiner Kindheit, was sehr bedeutsam ist. Es ist wichtig, immer wieder zu bedenken, was man aus der Geschichte lernen kann. Bei einem Besuch bei dem großen August Hermann Francke legte dieser ihm die Hände auf und segnete ihn.
Später wurde bei der Seelsorge durch August Hermann Francke eine klare Bekehrung zu Jesus sichtbar. Der Junge wollte natürlich kein Offizier mehr werden. Was sollte das auch auf dem Schlachtfeld?
Diese Entscheidung wurde erst später richtig klar. Er studierte Jura, interessierte sich dann für Bibelwissenschaften und wurde ein treuer Evangelist. Trotz gesundheitlicher Schwächen nutzte er gern seine Adelsstellung, um in den Schlössern bei den hohen Fürsten für Jesus zu werben.
Das ist so wunderbar: Später lebte er in einem kleinen Zimmer im Weißen Haus in Halle bei August Hermann Francke. Sie sollten unbedingt einmal nach Halle gehen und heute dieses riesige Weiße Haus besichtigen. Es ist ein ganz tolles Erlebnis.
Wir haben unserem früheren Außenminister Genscher zu danken, der ein Sohn der Stadt Halle ist. Er hat viele Bundesmittel nach Halle geleitet. Dadurch konnte einiges renoviert werden – natürlich nur ein kleiner Teil der vielen Häuser. Aber es ist beeindruckend, welche Weite des Unterrichts damals in der Schule herrschte.
Dort sind noch die ganzen Natursammlungen erhalten, die zeigen, wie sehr man sich für Astronomie interessierte. Das waren Pietisten, gläubige Menschen mit einem sehr weiten Horizont.
Ich wollte Ihnen das eigentlich nur sagen, weil die Schwester Barbara das Lied so schön herausgesucht hat. Die Leidenschaft und Vision in Halle entdeckte auch der große Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf, der aus einem sehr hohen Geschlecht stammte. Er fand die Liebe zur Weltmission.
Er saß immer beim Mittagstisch bei August Hermann Francke. Er war ein Mensch, der viele mitgerissen und begeistert hat. Das ist wichtig.
Wir wollen beten: Herr Jesus, gib auch uns solche Freude an deinem großen weltweiten Wirken. Es ist deine Geschichte, wie du in unseren Tagen dein Reich baust.
Wir wollen uns nicht immer entmutigen lassen von dem, was der Teufel und die finsteren Mächte können. Du bist größer und stärker. Dir wollen wir viel zutrauen. Amen!
Der Geist der ersten Zeugen und die Herausforderung der Mission
Ich habe gedacht, wenn heute Abend schon das Thema Mission dran ist, möchte ich Ihnen etwas sagen, das mir immer am wichtigsten ist: ein wenig vom Geist der ersten Zeugen. Das sind natürlich die Apostel der neutestamentlichen Zeit. Aber wir meinen ja mit Recht auch die großen Zeugen aus der Missionsbewegung des Reiches Gottes.
Es ist immer merkwürdig, dass bei den Christen die Mission oft an den Rand gedrängt wird. Warum eigentlich? Wissen sie das nicht? Es ist immer wieder so, auch in gläubigen Gemeinden. Plötzlich rutscht die Mission irgendwo zurück. Vielleicht wird sie noch als eine Art Mitgliederwerbung gesehen, aber diese erste Freude, Jesus zu bezeugen und mit seinen Verheißungen zu rechnen, die fehlt.
Wissen Sie, was heute das Schlimmste ist und warum die Mission so darniederliegt? Es ist ein Problem, dass wir heute alle sehr ichbezogene Menschen sind. Man sorgt sich sehr um den eigenen Körper und denkt: „Ach, wie wird das, wenn ich krank werde? Was kann denn passieren?“ Obwohl es heute eigentlich kaum noch ein Risiko gibt. Mit Rettungsflugzeugen wird binnen 24 Stunden von jedem Ort Afrikas ein Missionar in ein deutsches Universitätskrankenhaus geflogen. Dort stehen die besten Mittel in engstem Raum zur Verfügung.
Die Problematik bei der Mission war eigentlich immer die Leidensscheu. Man kann nicht anders Zeuge für Jesus sein, ohne sein Leben dafür einzusetzen. Es ist genau so, wenn Sie hier Zeuge für Jesus sind. Wenn ich Ihnen zuerst etwas vom Missionseifer erzählen will, dann möchte ich sagen: Wir schrecken gerne zurück, wenn wir keinen Erfolg sehen. Wir sind gern dabei, aber ich habe heute oft Angst, dass wir uns in große Aktionen flüchten, in die großen, wohlorganisierten Kampagnen.
Ich weiß gar nicht, ob das am Ende so effektiv ist. Gott kann das auch benutzen, aber am stärksten war es immer noch, wenn der Kreis am Ort ein klares Zeugnis von Jesus vor den Ungläubigen gibt und den Spott und die Feindschaft erträgt. Da war es zu allen Zeiten so, dass Christen vor den Schwierigkeiten zurückschrecken. „Zu schwierig“, „zu problematisch“, „zu vergeblich“ – so hört man es oft.
Zinzendorf hat einmal gesagt: „Besser hundert vergebliche Unternehmungen zur Ehre des Heilands als überhaupt keine.“ Probiert es doch einfach. Ladet Besucher ein und gebt Zeugnis. Wir wollen heute immer den Erfolg sehen und alles berechnen. Das kann man in der Mission überhaupt nicht.
Wie viele sind in der Mission gestorben, ohne eine einzige Frucht zu sehen? Da muss man doch innehalten und sich zurückerinnern. Man darf auch vor verschlossenen Türen nicht zurückschrecken, nicht vor Spott, nicht vor Gesetzen, die es oft verbieten, und nicht vor Feindschaft.
Die Liebe zu den Ausgeschlossenen als Motor der Mission
Was ist das gewesen, was Menschen oft schon gewagt haben?
Ich möchte Ihnen zuerst von einem Seeoffizier erzählen, der Liebe für Menschen gewonnen hat, die nach dem Urteil der Leute damals eigentlich keine Menschen mehr waren. Ein englischer Marineoffizier namens Alan Gardiner kam auf seinen Seereisen nach Feuerland. Feuerland ist die Südspitze von Südamerika mit einem ganz wilden Sturmklima. Dort lebten die Pescheren, ein Indianerstamm. Charles Darwin, der große Naturforscher und Lehrer der Evolution, hat diese Menschen einmal besucht. Er sagte, das seien eigentlich tierische Wesen, die keiner Veredelung mehr wert und fähig seien. Sie stünden auf einer so niedrigen Kulturstufe.
Als der Seeoffizier Alan Gardiner dahin kam, geschah etwas Merkwürdiges: Er entfachte eine Leidenschaft für diese Leute. Das Erste bei seiner Mission war, dass eine Liebe zu Menschen begann, zu denen uns eigentlich gar nichts verbindet. Er fuhr 25 Jahre zur See und konnte seine Leidenschaft für diese Menschen nicht loslassen. Jesus sollte sogar gar nicht leben, so dachte man damals. Mit 40 Jahren wurde er von der Marine ausgemustert. Danach war er noch kurze Zeit als Missionar in Südafrika tätig. Doch er hatte immer noch die Vorstellung, eine Expedition zu den Pescheren wagen zu müssen.
Er betete und sagte: „Herr, lass mich ein Werkzeug in deiner Hand sein. Ich kann nichts, aber mit dir vermag ich alles, und du kannst auch dieses fertigbringen.“ Das war 1844. Zuerst gelang es ihm gar nicht, denn er hatte keine finanziellen Mittel. Es war eine Notlage. Er wollte eigentlich dorthin zu diesen Menschen, konnte aber nicht. Zuerst reiste er nach Patagonien, das ist das südliche Südamerika. Dort lebten wilde Stämme, die von der Jagd auf dem Pferd lebten. Es waren große Menschen, die er betreute. Immer wieder versuchte er, wann er denn überhaupt einmal nach Feuerland durchkommen könne.
Feuerland ist deshalb so schwierig, weil auch die klimatischen Bedingungen dort schlecht sind. Es gibt eigentlich nur eine ganz kurze Zeit, in der das Eis zurückweicht – bis zu 2000 Meter hohen Bergen. Das ist zwischen Dezember und Januar. Die Jahreszeiten sind dort vertauscht; in wenigen Tagen sind Frühling, Sommer und Herbst zusammen. Erst beim dritten Anlauf gelang es ihm, ein Schiff zusammenzustellen. Er hatte eigentlich kein Geld mehr, um die Expedition auszurüsten. Da gab es eine Frau, die ihm ein Pfund gab – eine große Geldsumme damals. Mit diesem Geld richtete er die Expedition aus und sagte: „So, jetzt wird es endlich gelingen.“
Er nahm sechs Männer mit, und sie waren alle fest entschlossen, bei den Pescheren das Evangelium zu verkünden. Ganz gleich, was die Forscher über diese Menschen sagten – dass es eigentlich Untermenschen seien und so weiter. Einer der Männer sagte: „Wenn man mit Kapitän Alan Gardiner reist, ist das wie der Himmel auf Erden. Er ist so ein Vater.“ Und so ging es ihnen wohl, und es war wunderbar.
Sie landeten im Dezember 1850 auf der Insel Picton und schlugen dort ihr Lager auf. Sie sagten: „Wenn wir die elenden Eingeborenen ansehen und bedenken, dass sie, wie wir, zum ewigen Leben bestimmt sind, so lieben wir sie von Herzen. Wir sind bereit, auch Opfer zu bringen, um ihnen das Evangelium in ihrer Sprache zu verkündigen.“
Doch dann ging alles ganz anders. Sie wurden bestohlen, die Boote zerschellten, das kalte Klima begann wieder, und sie waren verlassen und verloren. Mission geschieht oft durch tiefe Demütigungen hindurch, das ist der Kreuzesweg der Mission. Ich erzähle das zur Ermutigung, damit man nicht bei den ersten Widerständen und Schwierigkeiten zurückweicht.
Sechs Monate wirkten sie dort, es war furchtbar. Einer der mutigen sechs Männer, die Alan Gardiner begleiteten, starb an Skorbut. Sie hatten keine Vitamine mehr, keine Verpflegung, einiges war verdorben, einiges ging mit den Schiffen unter, die zerschellt waren. Ein Versorgungsschiff sollte Nachschub bringen, doch es kam sechs Monate lang nicht.
Die Männer verzweifelten nicht. Sie beteten täglich anhaltend. Im Tagebuch von Alan Gardiner wird erzählt, wie sie kniend für diese Menschen rangen, in einer Liebe ohne Gleichen. Sie sagten: „Für die Menschen ist Jesus gestorben, und sie brauchen den Frieden Gottes mehr als alle anderen.“
Für diese trostlose Insel in einem unmöglichen Klima, in einer wirklich verlassenen Gegend, an der letzten Wüstengegend dieser Welt, schrieb Gardiner in einem Tagebucheintrag: „Arm und schwach, wie wir sind, ist unser Boot ein Haus Gottes, ein Tempel Gottes für unsere Seelen. Denn wir fühlen und wissen, dass Gott hier ist. Ob ich wache oder schlafe, ich bin unbeschreiblich glücklich.“
In einem seiner letzten Einträge hinterließ Gardiner ein Vermächtnis für seinen Sohn: „Du musst in unsere Fußstapfen treten. Wenn wir sterben, darf das Werk an den Pescheren nicht aufhören.“ Sein letzter Eintrag stammt vom 6. September 1851: „Noch eine kurze Zeit, und dann bin ich in der Schar der Gemeinde, die das Lob Christi in Ewigkeit singt. Ich fühle weder Hunger noch Durst, obwohl ich fünf Tage ohne Nahrung bin. Oh, diese wunderbare Liebe zu mir, armen, sündigen Menschen!“
Zwanzig Tage später kam das Schiff, doch Alan Gardiner war schon zwanzig Tage tot. Niemand war mehr am Leben. Man konnte nur noch die Überbleibsel zurückbringen nach England, auch das Tagebuch. Es verursachte eine ungeheure Bewegung.
Es ist immer merkwürdig, dass in der Mission die größten Bewegungen durch gescheiterte Aktionen ausgelöst wurden. Als fünf Augar-Missionare ums Leben kamen, meldeten sich vier- bis fünftausend junge Männer zum Missionsdienst. Nach dem Boxeraufstand in China, bei dem 153 Missionare und viele Kinder grausam ermordet wurden, meldeten sich viele für die Mission.
So war es auch nach Alan Gardiners Tod. Ein Schiff wurde zusammengerüstet und erhielt seinen Namen: Alan Gardiner. Zuerst wurde auf einer Falklandinsel, die wir aus dem Krieg Argentinien gegen England kennen, eine Station errichtet. Dann brachten sie einige junge Leute von Feuerland auf die Falklandinsel und unterwiesen sie im christlichen Glauben.
Später fuhr ein Schiff mit einigen Missionaren nach Feuerland, doch alle wurden ermordet. Kloster Koch überlebte von dieser Expedition. 1872 konnten die ersten 36 Pescheren auf Feuerland getauft werden. Dort unten, um Kap Horn, entstanden Missionsstationen und lebendige Gemeinden.
Das Wunderbare war, dass die vom Aussterben bedrohten Indianerstämme in dem Moment, als sie Christen wurden, eine ganz neue Freude und Ermutigung erfuhren. Charles Darwin, den wir ja meist nur als einen Feind der christlichen Botschaft kennen, hörte davon, dass die ersten Pescheren 1872 in Tierra del Fuego, im Ort Ushuaia, getauft wurden.
Er schrieb einen Brief an die Missionsgesellschaft, die südamerikanische Missionsgesellschaft, wie sie hieß. Darin schrieb er: „Ich möchte öffentlich sagen und kundtun, dass ich ein Freund dieser Missionsarbeit sein will.“
In diesem Brief schrieb Charles Darwin: „Der Erfolg Ihrer Mission ist ganz wunderbar und beglückt mich, der ich immer Ihre schlimmste Niederlage vorausgesagt habe. Ich würde stolz sein, wenn Ihr Komitee mir die Ehre täte, mich zu einem Ehrenmitglied Ihrer Missionsgesellschaft zu ernennen.“
Die Kraft des Evangeliums und die Freiheit des Menschen
Junge Menschen hören heute in den Schulen oft, dass Mission Menschen ihrer Freiheit beraube und entwürdige. Dabei hat Mission immer die Freiheit eines Menschen respektiert.
Sie müssen verstehen, dass die meisten Menschen nicht wissen, aus welcher Dunkelheit und Gebundenheit andere kommen. Es gibt Finsternismächte, Schicksalsglauben und Abhängigkeiten von dämonischen Bindungen. Diese Menschen sind oft in Riten, Zwänge und Magie verstrickt, aus denen sie sich nicht selbst befreien können.
Umso herrlicher ist die Kraft des Evangeliums dort, wo es ankommt. Diesen Geist brauchen wir heute wieder.
Ich hoffe, dass junge Menschen nicht das Schicksal von Alan Gardiner teilen müssen. Er konnte lange wirken, aber er suchte nicht nach Erfolg, sondern nach Treue und Hingabe für seinen Herrn. Alan Gardiner war ein Beter, der auf den Knien gerungen hat für diese armen Menschen, um sie für Jesus zu gewinnen.
Einzelne Berufungen und die Führung Gottes in der Mission
Es ist manchmal ein bisschen schwierig, wenn man – so wie Schwester Barbara – die Freiheit bekommt, zu entscheiden, was man heute Abend erzählen soll. Deshalb habe ich einfach ein paar Dinge ausgewählt und dachte, das erste Beispiel könnte ein Mann sein, der hineingeht und Menschen liebt, die eigentlich für andere gar nicht mehr sympathisch erscheinen.
In der Missionsgeschichte war es immer wieder interessant zu sehen, wie einzelne Menschen plötzlich den Ruf Gottes hörten und eine Arbeit begannen. Es braucht also gar nicht viel Unterstützung, sondern Gott ruft einzelne Menschen, die diesem Ruf treu und gehorsam sind.
Es ist auch immer wieder spannend, wie man sich in der Mission korrigieren lassen musste. Man erlebt es manchmal, dass junge Leute kommen und sagen: „Gott hat mich nach Thailand berufen“ oder „nach Malaysia“. Ich weiß nicht, ob im Himmel alles so festgelegt ist, wie manche Leute es sich in ihrem Kopf vorstellen. Bei den großen Missionaren war es oft so, dass jeder für ein anderes Land bestimmt war.
Livingstone wollte zum Beispiel Chinamissionar werden. Der große Afrikaforscher Liebenswoll wollte nach China gehen. Doch Gott hat es anders gelenkt. Gott weiß es viel besser.
Wir müssen auch lernen, Gott gehorsam zu sein und uns von ihm führen zu lassen – in unseren Entscheidungen und auf unserem Weg, so wie er es will.
Ludwig Krapf – Pionier der Mission in Ostafrika
Wir in Württemberg haben einen Missionspionier, den ich ganz besonders schätze. Er stammt aus Tübingen: Ludwig Krapf, ein Bauernjunge, hochintelligent, der eine fundierte Ausbildung durchlaufen hat. Anfangs war nicht klar, wohin er ausgesandt werden sollte. Schließlich wurde er oft mit den Engländern zusammen nach Ostafrika geschickt. Ursprünglich war die Idee, er solle Abessinien gewinnen.
Früher hatte die Missionsbewegung die Vorstellung, man könne die alten, erstarrten Kirchen wieder zu neuem Leben erwecken. Das ist jedoch eine harte Erfahrung: Es gelingt fast nie. Zaremba wollte die armenische Kirche erwecken, Ludwig Graff hatte die Idee, die koptische Kirche neu zu entfachen. Warum das nicht funktioniert, ist ein Geheimnis.
Ludwig Graff sagte, die Kirche in Abessinien habe viele Widerstände erdulden müssen. Das Land war wie eine Bergfestung. Man muss wissen, dass Abessinien, heute Äthiopien genannt, nie eine Kolonie war – zumindest nie von einer Kolonialmacht, nur kurzzeitig von den Italienern für wenige Jahre. Ansonsten war es immer ein freies Land.
Deshalb stimmt es auch nicht, dass nur Kolonialmächte die Länder ausgebeutet haben. Äthiopien war arm, ohne von einer Kolonialmacht ausgebeutet zu sein. Man meinte, die Kirche müsste eigentlich offen sein für das Evangelium.
Sechs Jahre lang wirkte Ludwig Krapf mit unbeschreiblicher Hingabe in Äthiopien, damals Abessinien genannt. Er versuchte, die Kirche zum Leben zu erwecken. Er sagte manchmal: Wenn man die vielen eisernen Kreuze sieht, die dort bei den Kopten eine Rolle spielen, dann kann man nur sagen, die Herzen sind eisern geworden. Sie hören nicht mehr auf die frohe Botschaft des Evangeliums.
Als Ludwig Krapf übers Mittelmeer reiste, war ein Missionar mit ihm, der nach Alschir gehen sollte. Kaum waren sie auf afrikanischem Boden, starb dieser Mitmissionar. Ludwig Krapf organisierte das Begräbnis für seinen Freund, den er als christlichen Bruder kennengelernt hatte. Er schickte der Braut des Verstorbenen die Überreste und Erinnerungen an ihren Bräutigam.
Diese Frau heiratete Krapf später, obwohl er sie nie gesehen hatte. So war das damals üblich – und es funktionierte gut. Er schrieb ihr: „Hättest du nicht Lust, zu mir zu kommen und meine Frau zu werden, nachdem dein Bräutigam gestorben ist?“ Gemeinsam zogen sie durch Äthiopien.
Sechs Jahre lang reiste Ludwig Krapf durch das Land. Einmal, als seine Frau hochschwanger in einem Karawanenzug mitgezogen wurde, gebar sie dort ihr Kind. Krapf bat die Karawane, ein bis zwei Tage zu ruhen, bis seine Frau wieder gehfähig war. Er schrieb, die Männer seien sehr gemein gewesen. Es war erschütternd, was sie durchgemacht hatten.
Nach sechs Jahren, in denen er alles versucht hatte, verließ Krapf Äthiopien. Er war zuerst vom Roten Meer bei Massau und dann vom Süden aus, von Tigre, ins Land vorgedrungen. Die Priester verfluchten ihn, sagten, er solle verschwinden, die Hyänen sollten ihn holen. Er wurde überfallen und beraubt.
1844 zog er mit seiner Frau nach Mombasa und versuchte dort, die Missionsarbeit neu zu ordnen. Seine Frau gebar dort ein Kind. Beide erkrankten an Fieber. Krapf war so schwach, als seine Frau starb, dass er sich nicht aufrichten konnte, um zu sehen, ob sie wirklich tot war. Hoch fiebernd begrub er sie.
Wer einmal nach Mombasa kommt, kann auf dem alten Friedhof stehen, wo die Gräber von Ludwig Krapf und seiner Frau noch erhalten, wenn auch sehr verwildert sind. Daneben steht ein großes Denkmal zu seiner Erinnerung. In Kenia ist Ludwig Krapf ein großer Mann; jedes Schulkind kennt ihn. Doch wir Württemberger kennen oft nicht einmal unseren Landsmann.
Ludwig Krapf hat sich große Verdienste um die Erforschung des Kiswahili erworben, der Sprache Ostafrikas. Als er dorthin kam, war Ostafrika noch wenig bereist, weil der Suezkanal noch nicht geöffnet war. Die Schiffe segelten damals um das Kap der Guten Hoffnung nach Indien, Ostafrika wurde oft ausgelassen.
Auf seinen vielen Wanderungen zu Fuß unter großen Entbehrungen – ohne Wasser, mit geschwollenen Füßen, Insektenstichen, Krankheit und Überfällen – stellte er kühne Pläne zur Evangelisierung Afrikas auf. Nachdem seine Frau gestorben war, schrieb er an das Missionskomitee: An der ostafrikanischen Küste befindet sich ein einsames Missionsgrab. Es erinnert daran, dass Afrika für Jesus gewonnen werden muss.
Die ersten Schritte seien getan, die Siege Jesu würden über den Gräbern der Streiter errungen. Das habe Krapf begriffen. Auch wenn es von unserer Seite wie eine Niederlage aussehe, sei es aus der Sicht von Gottes Heer eine Siegesgeschichte.
Er sagte, er sei bis an die Grenze gereist, die heute Mosambik genannt wird. Man versteht kaum, wie sie das zu Fuß in diesen schrecklichen Malariaanfällen geschafft haben. Er sagte: Eines Tages wird das Evangelium über Ostafrika hinwegfließen, so breit und groß wie der Pangani-Strom. Das weiß er nicht von seiner Vernunft, sondern aus dem Wort Gottes.
Zu seinen Lebzeiten erlebte er nie, dass sich ein Mensch bekehrte, außer einem körperbehinderten. Darunter litt er sehr. Er hätte gern alle für Jesus gewonnen. Er litt an diesem Stamm, den Vanica.
Wenn man heute in der Nähe von Mombasa ist, kann man noch die Kirche besuchen, die Ludwig Krapf errichtet hat. Die Missionsstation steht noch, ebenso die Häuser und die Schule, die er gebaut hat. Er sagte, es gehe immer durch das Sterben hindurch. Es müsse immer neu geglaubt und gehofft werden.
Einmal bekam er von seiner Missionsleitung die Zusage, dass drei Mitarbeiter zu ihm geschickt würden. Der eine verlor schon in Aden den Mut, der andere entkam, und der dritte, vermutlich ein Schwabe namens Pfefferle, starb nach wenigen Tagen bei Krapf.
Krapf schrieb nach Hause: „Das sieht sauber aus. Es war so schön, sich vorzustellen, wie alles werden soll, und dann bricht alles zusammen. Aber so geht es im Leben der Diener Gottes.“
Bis wir wieder auf das hören, was uns Gottes Wort sagt, will er glauben, hoffen und wissen, dass sein Leben nicht vergeblich ist. Die Pforten der Hölle werden seine Gemeinde nicht überwältigen.
Wenn man es so betrachtet, könnte man meinen, unsere Arbeit sei vergeblich. Doch nein! Was Ludwig Krapf damals begann, war eine weit geplante Arbeit. Im Museum in Nairobi sind große Tafeln angebracht, die zeigen, wo die großen Handels- und Karawanenstraßen verlaufen. So wussten die Missionare, welche Wege sie einschlagen müssen.
Er hörte von Händlern, wie man zu den großen Seen Afrikas gelangt, bis zum Tschadsee. Er hatte die Idee, alle hundert Kilometer eine Missionsstation zu errichten, damit wandernde Missionare einkehren und Gemeinschaft finden können.
Ludwig Krapf starb im Alter von 56 Jahren. Sein Lebenstraum, Äthiopien zu missionieren, erfüllte sich nie. Doch er leistete Pionierarbeit für die Ausbreitung des Evangeliums in Kenia.
Heute wissen wir, dass in Tansania etwa 50 Prozent und in Kenia etwa 80 Prozent der Bevölkerung Christen sind, darunter viele bibelbekennende Christen. Dann denken wir an den Mann, der vor etwas über hundert Jahren als Einzelner mit seiner Frau hinauszog, diesen Dienst begann und diese Planung hatte.
Der Geist der Nachfolge und Selbstverleugnung
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen! Jesus hat gesagt: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst. Ich denke, das ist heute für alle, die im Dienst Jesu stehen – nicht nur in der Mission – das Schwierigste: ob man sich selbst verleugnen kann.
Heute hatte ich Besuch von einem jungen Mann, der auf einem Bibelseminar ist. Er ist hin- und hergerissen bei der Frage, welche Pläne er verfolgen soll. Soll er in die Mission gehen? Er erzählte mir erschütternd von einem Freund, einem früheren Absolventen, der ihm gesagt hat: „Ich war sechs Jahre in der Gemeinde, ich bin total frustriert. Ich hatte nie einen freien Tag, es war auch nie Erfolg sichtbar. Ich bin ausgebrochen, ich bin Familientherapeut. Seitdem verdiene ich gut, habe mein Auskommen und kann freimachen, wann ich will.“
Ich habe zu dem jungen Freund gesagt: „Aber es steht bei Jesus drin: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.“ Man kann kein Diener Jesu sein, wenn man nicht weiß, dass eine Ganzhingabe gefordert ist – auch bei uns, im ganzen Leben im Dienst Jesu. Er schenkt uns trotzdem genügend Erholung und Freizeit, oft auch im Dienst.
Wenn ich an einen jungen Mann denke, der bei Daimler-Benz eine wichtige kaufmännische Stellung hat und in meiner Gemeinde ist: Er hat dieses Jahr keinen Urlaub gehabt. Zuerst hat er unser Ferienlager organisiert, dann unser Ferienwaldheim. Jetzt ist er mit den jungen Burschen ins Zeltlager gefahren – das ist sein Sommerurlaub. Um Jesu willen.
Es ist etwas Wunderbares, dass es den Geist der ersten Zeugen noch gibt – Menschen, die sich für Jesus verströmen und hingeben. Ludwig Krapf ist in Kontha im Alter von 56 Jahren gestorben, auf den Knien betend, wie später auch David Livingstone. Auf seinem Grabstein, der vor der Freien Hochschule Vermission auf dem Alten Friedhof von Korntal steht, ist die Inschrift: „Safe in the Arms of Jesus“ – geborgen in den Armen Jesu.
Gleich daneben ist der Grabstein von Johannes Rebmann aus Gerlingen, dem Weingärtner, der mit Krapf draußen war. Siebenundzwanzig Jahre ohne Heimaturlaub, erblindet, heimgekehrt und doch für Jesus Ostafrika erobert.
Wir müssen in größeren Zügen weitermachen. Da wäre jetzt von Gubad zu erzählen, der in Äthiopien weitermachen wollte.
Peter Cameron Scott und die Gründung der Afrika Inland Kirche
Ich möchte Ihnen von einem Mann erzählen, der aus Schottland kam und in Ostafrika eine sehr wichtige Rolle spielte. Leider ist er bei uns kaum bekannt, außer bei den großen Missionsexperten. Sein Name ist Peter Cameron Scott.
Er wurde 1867 in Glasgow, Schottland, geboren und wanderte mit seinen Eltern in die USA aus. Zunächst war er Sänger in einem Opernchor. Das war ihm wichtig und bereitete ihm Freude, besonders wenn die Menschen Beifall gaben. Doch plötzlich wurde ihm klar: Das kann nicht der Sinn meines Lebens sein. Ich suche die Ehre Gottes. Mit 23 Jahren entschloss er sich, sich ausbilden zu lassen als Missionar und zum Kongo-Fluss zu gehen. Dort war sein Bruder John bereits in der Missionsarbeit tätig, bei der christlichen Missionsgesellschaft „Christen und Missionäre I“.
Als Peter Cameron Scott dort ankam, musste er als Erstes einen Sarg zimmern und seinen Bruder beerdigen. Das war für ihn ein furchtbarer Moment. Daraufhin kehrte er zurück nach Amerika. Doch 1895 reiste er erneut aus. Er war schwer krank gewesen, und dass er noch einmal ausreiste, war ein Wendepunkt in seinem Leben.
Er war in der Westminster Abbey in London, als er am Grab von David Livingstone stand. Auf dem Grabstein steht das Wort Jesu: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch die muss ich herführen.“ Tief bewegt von seinem ersten Einsatz, bei dem sein Bruder starb, kniete er an diesem Grab nieder. Er betete für Afrika, für die Millionen Menschen, die Jesus noch nicht kennen, und sagte: „Herr, brauche mich, wenn du mich brauchen kannst.“
Später erzählte er, dass er in diesem Moment schon die Idee hatte, durch ganz Afrika eine Kette von Missionsstationen aufzubauen. Das Problem bis heute sei die Einsamkeit der Missionare. Wie kann man besser eine Kette von Missionsstationen schaffen? Immer wieder war das in der Missionsgeschichte eine wichtige Aufgabe. Baumann hat darüber ein bedeutendes Buch geschrieben, „Die Apostelstraße“.
1895 reiste Scott mit sechs anderen Missionaren nach Ostafrika, in das Gebiet, in dem zuvor Ludwig Grapp tätig war. Sie erklärten, sie wollten eine solche Kette von Missionsstationen errichten. Die sechs Missionare kamen aus Pennsylvania. Zuerst trafen sie sich auf der Insel Sansibar, um sich vorzubereiten. Sie sagten, sie wollten ins Landesinnere vordringen. Doch dann tauchten Schwierigkeiten auf.
Schwierigkeiten sind immer da, um überwunden zu werden und unseren Glauben zu prüfen. Auch Hindernisse gehören zur Mission. Es ist, als ob sich alles gegen einen verbündet. Der englische Konsul erlaubte ihnen zunächst nicht, mit der Missionsarbeit zu beginnen, weil er Angst vor Unruhen mit den Muslimen an der Küste, in der Gegend von Mombasa, hatte.
Peter Cameron Scott antwortete darauf: „Kein Problem, dann gehen wir ins Landesinnere. Das ist unser Traum.“ Und so machten sie sich auf den Weg. Sie legten viertausend Kilometer in vierzehn Monaten zu Fuß zurück – mit geschwollenen Beinen, fieberkrank, von Insektenstichen gequält. Es gab riesige Eiterbeulen, Malariaanfälle, Kämpfe mit wilden Tieren, Durst in trockenen Steppen.
Sie kannten die Sprachen nicht. Trotzdem zogen sie ins Landesinnere und sagten: „Wir möchten euch Jesus bezeugen.“ Da sie die Sprache nicht sprachen, versuchten sie zuerst, die Menschen mit allerlei Spaß, Aufführungen und Zaubertricks zu gewinnen.
Scott schrieb in seinem Tagebuch: „Wir gingen im demütigen Vertrauen auf Gottes Hilfe immer weiter vorwärts. Ohne Zweifel machten wir auch viele Fehler in unserer Blindheit, wir sind eben Menschen.“ Dann kam das schreckliche Fieber, Durchfälle – die häufigste Todesursache bis heute in Afrika –, Ruhr, Wassersucht, Herzanfälle, furchtbare Kopfschmerzen.
Er schrieb weiter, dass sie so wenig Probleme gehabt hätten, dass man kaum Notiz davon nehmen müsse – mit einer Härte ohnegleichen. Er hätte längst Urlaub gebraucht, um sich von den Strapazen zu erholen, doch es drängte ihn weiter. Er wollte die Millionen Menschen gewinnen.
Er schrieb: „Können wir den Menschen, die in der Finsternis sind, das Licht des Lebens vorenthalten? Hier bin ich, Herr, gebrauche mich, tot oder lebendig.“ Diese letzten Worte stehen in Peter Cameron Scotts Tagebuch. Dann starb er. Im Fieberdelirium murmelte er immer noch: „Lasst uns gehen, lasst uns gehen.“ Seine Freunde fragten ihn, wohin sie gehen sollten, und er antwortete: „Zur ewigen Stadt.“ Er wusste, dass sein Leben nur eine verlöschende Flamme war, doch er verzehrte sein Leben für Jesus.
Wie sieht das Leben eines solchen Missionsdienstes aus? Drei Jahre nach der Ankunft dieses Teams waren von den sechzehn ersten Missionaren einige nachgerückt, aber keiner mehr übrig geblieben. Drei waren gestorben, fünf wegen Krankheit ausgeschieden, vier hatten frustriert aufgegeben, der Rest war in andere Arbeiten übergegangen.
Doch dann kamen andere. Das ist das Wunderbare – die Staffelübergabe. Es kamen weitere Missionare. Als man Scott fragte, ob es nicht risikoreich sei, in das fieberverseuchte Afrika zu gehen, sagte er: „Wenn der Herr mich sendet, gehe ich.“ Für ihn war nur wichtig, ob er das Geld für das Reiseticket bekam. Dann wollte er nichts anderes mehr.
Sie hatten große finanzielle Probleme. Damals entstand bei diesen Missionen der Gedanke: Wir wollen nie Sicherheiten für die finanzielle Versorgung suchen. Wir wollen einfach gehen, wenn der Herr ruft, und nie fragen, wie viel Geld wir bekommen. Der Herr wird geben, was wir brauchen, und das genügt.
Dieser Hurlbird begann eine großartige Missionsarbeit in Ostafrika, im heutigen Kenia. Er hatte die Gabe, auch mit großen Politikern zu sprechen, und knüpfte Kontakt mit dem amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt. Er schrieb ihm einmal, dass er gerne eine afrikanische Jagdsafari machen würde und bat um Unterstützung.
Roosevelt sagte, er helfe gern, knüpfte Kontakte und hatte die Idee, eine Missionsschule zu bauen. 1910 sollte der amerikanische Präsident den Grundstein legen für die berühmte Missionsschule Rift Valley, die heute mit etwa 450 Schülern in Nairobi existiert und eine wichtige Schule ist.
Hurlbird dachte, wenn er den amerikanischen Präsidenten da habe, müssten sie etwas Besonderes tun. Er bat ihn, die Mission auch in den Kongo vorzustoßen. Der Kongo war damals eine persönliche Kolonie des belgischen Königs. Die Belgier, größtenteils Katholiken und kaum evangelisiert, hatten kein Interesse an Missionen und sagten: „Da kommt kein Missionar rein.“
Hurlbird bat Roosevelt, bei seiner Rückreise durch Brüssel ein Wort einzulegen, damit die Missionare im Kongo einreisen durften. Roosevelt schickte ein Telegramm an die Kolonialbeamten, doch das Telegramm kam verstümmelt an. Die Gouverneure lasen nur, der amerikanische Präsident käme, und so empfingen sie mit großem Glanz und Aufmarsch die ersten Missionare, die den Kongo erreichten.
Das ist heute noch wichtig, denn in diesem Gebiet im Ostkongo haben wir eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die alle zur Afrika Inland Kirche gehören. Diese Kirche wurde von Peter Cameron Scott gegründet. Sie ist heute die größte evangelische Kirche in Kenia.
Scott hatte nur 14 Monate Dienst, war 14 Monate auf den Füßen unterwegs und wurde dann vom Herrn heimgerufen. Doch die Saat ging auf. Die Afrika Inland Kirche findet man in Tansania, im Süden des Sudan und stark im Ostkongo. Dort gibt es große Krankenhäuser, lebendige Gemeinden und eine wunderbare Saat.
1913 wurde die Afrika Inland Kirche gegründet. Für Peter Cameron Scott war es wichtig, ins Inland vorzudringen, damit das Evangelium Raum gewinnt und Menschen für Jesus gewonnen werden. Das Kennzeichen der Afrika Inland Mission und der Afrika Inland Kirche, zu der auch die Deutsche Missionsgemeinschaft gehört und ihre Missionare dorthin schickt, ist das Vertrauen auf Gott.
Sie sind besonders im ärztlichen und medizinischen Bereich verbunden. Die Kirche hat einen großen Flugdienst mit zehn großen und kleinen Flugzeugen und verbindet so auch die entlegenen Stationen.
Von Anfang an sagten sie: „Wir vertrauen allein auf unseren Herrn Jesus, der versprochen hat, allen Mangel auszufüllen nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit.“ Sie wollen ihre Arbeit nicht vom Geld abhängig machen.
Hudson Taylor sagte zu mir zu diesen Grundsätzen: „Verlasst euch darauf, wenn man Gottes Werk so tut, wie Gott will, wird euch nie etwas fehlen.“ Die Missionare sagten: „Wenn ich Hunger hätte, würde ich dir nichts davon sagen, denn der Erdkreis ist mein und alles, was darauf ist“ (Psalm 50,12). So wird Gott auch uns versorgen.
Als im Oktober 1995 die Kirche im Sportstadion von Nairobi den hundertsten Jahrestag der Ankunft der ersten Missionare feierte, dachte man daran, dass aus diesen kleinen Anfängen heute drei Millionen bekennende Christen in etwa 4.000 Ortsgemeinden zusammenkommen.
Unzählige Schulen, Krankenhäuser, Krankenstationen, Kinderheime und allein 18 Bibelschulen gibt es bis in die Zentralafrikanische Republik und sogar bis nach Mosambik. Heute gehen die Evangelisten dieser Kirche weit über Ostafrika hinaus.
Die Herausforderungen und Erfolge der Mission in Äthiopien
Wenn noch ein wenig Kraft vorhanden ist, möchte ich Ihnen ein drittes Bild hinzufügen. Man verwirrt vielleicht manches und bringt einiges durcheinander. Das ist jedoch nicht tragisch. Man kann sich nicht immer alles gut merken; es sind ja nur einige Eindrücke, die uns begleiten sollen.
Was ist eigentlich aus Äthiopien geworden? Äthiopien war schon Ludwig Krapf sehr wichtig. Er wollte dieses Land mit seinen vielen Völkern und Sprachen erreichen. Es ist eine große Kultur. Man erinnert sich an den Kämmerer mit der Königin Kandake aus der Apostelgeschichte. Auch an die Königin von Reich Arabien denkt man. Es war der spätere Bischof Goba von Jerusalem, der Vater von Dora Rapphart, der die Missionsarbeit zwei Jahre weiterführte, dann aber das Land wieder verlassen musste und große Opfer brachte.
Er lag lange krank. Mir ist immer wieder das Greifende daran, wie sie dann mit der Frau und dem kleinen Kind nach Kairo durch die Wüste geritten sind. Die Frau rief immer, weil ihr Kind so hohes Fieber hatte: „Bleib doch sitzen!“ Doch der Mann antwortete, er habe seine Frau anbrüllen müssen. Die Frau sagte bis ins Alter, sie habe ihren Mann nicht verstanden, wie hart er mit ihr umgegangen sei. Er erklärte, sie wären sonst alle umgekommen. Als sie dann den Nil aufwärts fuhren und endlich in Alt-Kairo ankamen, war das Kind tot. Bis es beerdigt war, beschreibt Koba, wie das war.
Später ging er nach Jerusalem und betreute dort die ersten Siedler der Grishona-Mission. Er war Bischof für die Anglikaner der Christ Church und bereitete die Arbeit der Erlöserkirche vor. Außerdem sammelte er die ersten Menschen für die Missionsarbeit, um sie für Jesus zu gewinnen. Wenn man heute nach Jerusalem kommt, muss man auf dem englischen Friedhof – man nennt ihn auch deutsch-englischer Friedhof – auf dem Zionsberg an den Gräbern dieser großen Pioniere von Jerusalem stehen. Sie hatten einen großen Blick für die Weltmission, von Äthiopien bis Jerusalem. Dort stehen herrliche Bibelworte von den Verheißungen, die für Jerusalem gelten.
Wie ging es weiter, als Koba nicht einreisen durfte? Dann hatte Louis Harms, der Evangelist von Hermannsburg, den Traum, Missionsboten nach Äthiopien zu schicken. Louis Harms war ein Erweckungsprediger. Er ließ ein Schiff bauen, mit dem seine Missionare losfuhren. Weil sie in Äthiopien nicht landen durften, fuhren sie weiter bis nach Südafrika und bauten dort die Hermannsburger Missionsarbeit auf. Gott führte sie immer an anderen Stellen weiter.
Wann ging die Arbeit in Äthiopien auf? Ein Arzt war es, Doktor Thomas Lambie. Wenn in diesen Tagen der muslimische Sudan immer wieder im Blick ist, sollte man sich an Doktor Thomas Lambie erinnern. 1907 war er ein Pionier im Sudan. Das war bezeichnend: Es wurde ein Arzt gebraucht, solche Leute sind wichtig. Für Thomas Lambie war das Erste immer, das Evangelium zu bezeugen. Als er später einmal vor dem äthiopischen König stand, sagte dieser: „Sehr gut, wenn Sie ein Krankenhaus bauen.“ Lambie antwortete: „Nein, Majestät, das Erste wird sein, dass ich in diesem Land das Evangelium von Jesus bezeuge. Das Zweite wird das Krankenhaus sein.“ Hoffentlich haben wir auch heute noch die Klarheit, in unseren Aussagen zu sagen, was vorne ansteht und was das Zweite ist in unserem Dienst, in der Missionsarbeit.
Thomas Lambie hatte vom Sudan aus immer den Gedanken, wie er nach Äthiopien kommen könne, um dort das Evangelium zu bezeugen. Er sah, dass das Land verschlossen war und sich versperrt hatte. Er versuchte immer wieder, mit Gouverneuren Verbindung aufzunehmen. Dabei geschah es, dass er einmal in einer Station in Sayow in der Provinz Walega die Erlaubnis bekam, einige Erkundigungen einzuziehen. Das war gefährlich, denn die Regierungen hatten große Angst, es könnten Spione sein, die vielleicht für Kolonialmächte arbeiteten, die das Land erobern wollten.
Mitten in der Nacht wurde Thomas Lambie geweckt. Äthiopier kamen aufgeregt zu ihm und baten: „Komm schnell zu unserem Gouverneur, etwas Schreckliches ist passiert.“ Sie führten ihn zum Gouverneur, der furchtbar blass war und sagte, ein ganz gefährlicher Käfer sei in sein Ohr gekrochen und habe sein Gehirn aufgefressen. Lambie musste später oft lachen über diese dramatische Geschichte. Er nahm seine Pinzette und holte den Käfer heraus. Dieser Käfer öffnete ihnen die Tür nach Äthiopien, denn der Gouverneur sprach zeitlebens davon, dass sein Gehirn binnen Minuten aufgefressen worden wäre, wenn nicht der gütige Doktor gekommen wäre.
Dieser Gouverneur war gleichzeitig Armeegeneral. Er erlaubte sofort, dass sich Lambie im Land bewegen, in die Hauptstadt kommen und ein Krankenhaus errichten durfte. Es kam zu den ersten Kontakten in der Hauptstadt. Lambie berichtete in einer amerikanischen Zeitschrift, dass das Land plötzlich aufgegangen sei. Andere Missionare hörten davon und waren interessiert. Das war auch das erste Mal, dass die Sudan Interior Mission (SIM), eine der größten Missionen der Welt, darauf aufmerksam wurde. Lambie war damals noch in einer anderen Missionsarbeit.
So trafen 1928 die ersten Missionare in Äthiopien ein, doch es war furchtbar schwierig. Sie wollten gleich in den Süden gehen, zu den vielen im Geisterglauben befangenen Stämmen. Sie wollten keine Konkurrenz zu den koptischen Christen machen, sondern in den Süden. Es war sehr schwierig. Sie bekamen schließlich eine Genehmigung, mussten aber Tourführer mitnehmen, die sie auf der richtigen Route führten, damit sie nicht abirrten. Lambie sagt, dass die Tourführer sie auf einem Weg führten, der eigentlich nicht vorgesehen war, aber sie konnten sich nicht einmischen.
In jeder Stadt, die sie erreichten, waren die Gouverneure sehr interessiert. Sie sagten: „Was, ihr seid Mediziner? Dann könnt ihr gleich hier eine Krankenstation eröffnen.“ Lambie antwortete, er wolle auch predigen, was erlaubt wurde. Es war eine große Karawane mit 66 Maultieren, 20 Eseln, 9 Pferden, Trägern und Führern. Sie kamen nach Süden, in das Gebiet der Gallas. Diese hatte Ludwig Krapf schon als Evangelisten gesehen. Es waren wilde Kämpfer. Krapf, ein Württemberger aus Dernding, sagte immer: „Wenn man die Gallas für Jesus gewinnt, werden sie Evangelisten für ganz Afrika sein.“
Sie spielen bis heute in der Missionsgeschichte eine große Rolle, auch im Norden, von Kenia aus. Es gab wilde Kämpfe. Oromo, wie man sie nennt, sind teilweise Christen geworden und haben christliche Gemeinden gegründet. Wenn man heute die Route sieht, die Thomas Lambie damals führte, war sie der Anfang der ersten Missionsstation im Süden Äthiopiens. Die großen Städte wie Sodo und Jimma, wo heute Gemeinden liegen, sind daraus entstanden.
Der Kaiser von Äthiopien, Haile Selassie, gab den Missionaren die Erlaubnis, überall eine Station zu eröffnen, wo die Gouverneure sie einluden und eine Einladung nachweisen konnten. So wurde die Arbeit 1934 in der Regenzeit noch einmal ausgeweitet. Es waren schließlich 22 Missionare auf fünf Missionsstationen. Es war sehr schwierig, die verschiedenen Sprachen der Stämme zu lernen. Es gab immer wieder Streit um Genehmigungspapiere und andere Formalitäten.
Dann begann 1936 der Überfall der Italiener auf Abessinien. Mussolini, der italienische Diktator, überfiel das Land. Es war ein großes Unrecht. Die Äthiopier hatten kaum Waffen und wehrten sich nur mit Speeren gegen die modern ausgerüstete italienische Armee. Die Amerikaner erhielten von ihrer Regierung den Befehl, das Land sofort zu verlassen. Dr. Thomas Lambie fragte die Missionsleitung, was sie empfehlen würde. Roland Bingham, der Leiter der Mission, antwortete per Telegramm: „Ihr steht unter höherem Befehl als dem des Königs von England oder des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Empfangt eure Befehle von ihm. Entscheidet euch im Gebet vor Jesus, was ihr tun wollt. Wir empfehlen, dass Mütter mit Kindern sofort in die Heimat zurückkehren.“
Trotzdem entschieden sich alle Missionare, ohne Ausnahme, in Äthiopien zu bleiben. Thomas Lambie hatte zuvor eine große mutige Tat vollbracht. Die Äthiopier vertrauten ihm nie ganz, sie hatten großes Misstrauen gegenüber Afrikanern. Lambie gab deshalb seine amerikanische Staatsangehörigkeit auf und sagte: „Ich will Äthiopier werden. Wenn ihr mich aufnehmt, bleibe ich bei euch.“ Bis heute gilt das als das Größte, was man geben kann. Ein äthiopischer Pastor erzählte mir, sein Enkelkind müsse den Vornamen Lambie bekommen. Noch nie habe jemand seine Staatsangehörigkeit aufgegeben, nur um Menschen die Liebe Gottes zu bezeugen.
Die Italiener wüteten und wiesen die Missionare sofort aus. Lambie hatte keinen Pass mehr, war staatenlos. Es gibt ein Buch mit dem Titel „A Doctor Without a Country“. Ich habe nur den Titel gehört, leider nie das Buch in Händen gehabt. Die Geschichte erzählt, wie sie alle aus dem Land fliehen mussten. Sie konnten nur 36 Äthiopier bekehren. Was war das für eine Arbeit? Eine große medizinische Arbeit wurde aufgebaut. Ein letzter Händedruck von diesen Christen war: „Gott sei mit euch, bis wir uns wiedersehen, vielleicht in der Ewigkeit.“ Dann folgte das italienische Wüten.
Die Christen wurden furchtbar gefoltert. Jeder der Getauften erhielt hundert Peitschenschläge, einer sogar vierhundert. Viele konnten wochenlang nicht auf dem Rücken liegen. Sie wurden in Haft genommen, die Gemeinden verboten. Als 1941 der Krieg endete und die Italiener das Land verlassen mussten, durften die Missionare zurückkehren. Sie kamen in Addis Abeba an und fragten sich, ob sie noch etwas finden würden, ob es überhaupt noch Christen gäbe.
Sie erzählten, dass sie auf dem Weg nach Süden eines Morgens Menschen den Berg herunterströmen sahen. Sie fragten, ob dort ein Markt sei. Die Leute antworteten: „Wir hören, die Missionare kommen wieder.“ Von den wenigen Christen waren während der Verfolgung zehn ohne ausländische Missionare bekehrt worden, allein in der Provinz Walega zehn und in der Provinz Kambata fünf. Das war der Geist dieser evangelischen Kirche.
Kale Heywot, Wort des Lebens, ist besonders mit der deutschen Missionsgemeinschaft verbunden. Wir haben viele Verbindungen durch Mitarbeiter und Unterstützung. Diese Gemeinden sind so stark gewachsen, dass sie heute die größte evangelische Kirche Äthiopiens sind. Sie haben vor dem Zweiten Weltkrieg eine furchtbare Verfolgung durchgemacht und noch einmal nach dem Sturz von Kaiser Haile Selassie im Jahr 1974 eine brutale Verfolgung. Viele wurden in Konzentrationslager gesteckt, viele verloren ihr Leben.
Oft ist es passiert, dass bei Glaubenskonferenzen das Militär die Versammlungen umstellte. Die Menschen knieten nieder und hielten stundenlang Gebetsversammlungen mit bis zu zehntausend Teilnehmern. Der Geist dieser Christen lebt heute weiter.
Wenn wir in diesen Tagen in der Zeitschrift idea lesen, wie bei einer Missionsübersicht der deutschen Missionsgemeinschaft berichtet wird, wächst die Kirche jährlich um fünfzigtausend Mitglieder. Was ist der Geist dahinter? Das Wort Gottes, die Bibelunterweisung, eine treue Schulung in Bibelschulen, die Zurüstung der Pastoren durch das Wort Gottes und der Evangelistendienst.
Zum Schluss möchte ich von einer Nachricht berichten, die wir in diesem Jahr erhalten haben. Ein junger Evangelist aus dieser Kirche, dem wir ein Stipendium für die Bibelschule ermöglicht haben, wurde in ein Gebiet geschickt, in dem das Evangelium bisher nicht gepredigt wurde. Er wurde dort erschlagen, getötet und ermordet. Bei seiner Beerdigung im letzten Oktober sagten fünf junge Pastoren an seinem Grab: „Wir treten in seine Fußstapfen. Wir lassen uns dorthin entsenden, wo dieser Mann ums Leben kam.“ Das ist der Weg Jesu, das ist der Geist der ersten Zeugen.
Abschluss und Gebet
Jetzt haben wir euch zwischendurch etwas singen lassen, Schwestern Barbara, das habe ich ganz vergessen. Jetzt singen wir noch die Verse 5, 6 und 7 vom Lied 329.
Wir können nur danken für die Ermutigung, die wir durch dein Werk erhalten. Du wirkst durch schwache Menschen, die alle Fehler machen, aber von deinem Geist geführt werden und wurden. Was du dort tust, möchtest du auch in unserem Land tun.
Wir dürfen dich bitten, Herr, tue es auch bei uns – in unseren Gemeinden, an unseren Orten und in unseren Gemeinschaften, in unseren Jugendreihen und Gruppen, in unseren Häusern. Bestätige dein Wort selbst und wirke klare Bekehrungen.
Wir wollen dir einfach danken, dass wir auf diesem Weg bleiben dürfen und nichts Neues erfinden müssen. Du erfüllst, was du in allen Jahrhunderten getan hast.
Erbarme dich unseres Landes, das in Finsternis liegt. Wir bitten dich für Europa, für diese Länder: auch Belgien, Frankreich, Spanien, Italien, Albanien und Griechenland – aber auch für unser Land, für unser Württembergerland. Schenke neues geistliches Leben aus der Quelle deines Wortes.
Nun befehlen wir uns dir, lieber Herr, auch für diese Nacht an. Gib uns Frieden, Bewahrung auf dem Nachhauseweg und die Freude an deinem Reich, das feststeht und von keiner Macht der Finsternis überwältigt werden kann.
Herr, bewahre unsere Herzen und Sinne in dir. Amen.
Gute Nacht Ihnen.