Die Alltäglichkeit des Christseins
Warum baut Paulus eine Haustafel ein, also diese ganz praktischen Ermahnungen wie „Kinder, macht das“, „Männer, macht das“, „Arbeitgeber, macht das“? Warum fügt er so etwas in einen Brief ein? Wird das nicht fast zu persönlich? Können wir es nicht einfach bei allgemeinen Prinzipien belassen, wie „Seid lieb zueinander“ oder „Vergibt einander“? Warum muss das so nah und konkret werden?
Die Antwort ist ganz einfach: Das ist Christsein. Christsein zeigt sich im Alltag. Es hängt davon ab, was du daraus machst. Christsein wird gelebt auf der Basis von ganz konkreten Situationen, zum Beispiel du und deine Tochter. Sie macht etwas, womit du nicht gerechnet hast – sagen wir, sie hat dein Antischuppenshampoo leer gemacht, ohne es zu sagen.
Stell dir vor, du stehst gerade unter der Dusche, greifst nach deinem Shampoo, und es ist leer. Ich bin Brillenträger und sehe da nicht so viel, also greife ich einfach dorthin, wo immer mein Shampoo steht – und dann ist es leer. Was mache ich in diesem Moment? Das ist Christsein, das sind die Erfahrungen.
Wie reagierst du in so einer Situation? Gibst du deinem alten Menschen, deiner fleischlichen Lust, freien Lauf und denkst: „Na und, ist doch egal“? Oder sagst du dir: „Nein, ich bin ein neuer Mensch“? Fällt dir dann ein Vers ein, der sinngemäß dasselbe sagt wie Paulus, wenn er schreibt: „Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut“?
Dann fragst du dich vielleicht: Was könnte das in diesem Moment bedeuten, während mein Shampoo gerade leer ist? Könnte es heißen: „Hey, das ist dir auch schon oft passiert, dass du etwas leer gemacht hast, ohne es jemandem gleich zu sagen“?
Auf dieser Ebene wird Christsein gelebt. Hier werden geistliche Kämpfe geschlagen, und hier wird gewonnen oder verloren. Wenn uns das nicht klar ist, wenn wir denken, Christsein bestünde nur aus den großen geistlichen Entscheidungen – wen soll ich heiraten, welchen Beruf soll ich ergreifen –, dann irren wir uns.
Christsein findet genau da statt, wo du gerade bist. Dort stellst du dir die Frage: Wie kann ich jetzt Liebe leben? Wenn du lernst, Liebe zu leben im Blick auf deine Tochter und auf die leere Shampooflasche – also auf dieses ganz kleine Element –, dann wirst du eine Kompetenz in Liebesfähigkeit entwickeln.
Diese Fähigkeit macht es dir später in den großen Fragen des Lebens viel einfacher, richtig zu entscheiden. Deshalb gibt es die Haustafel. Weil Liebe ganz praktisch ist.
Umgang mit den Macken des Alltags
Wenn ich hereinkomme und Brillenträger bin, sehe ich oft nicht, was direkt vor mir liegt. Mein Sichtfeld ist eingeschränkt. Zudem hat meine Frau die Angewohnheit, einen großen, schweren Rucksack gerne im Flur stehen zu lassen. Und ich stolpere mit schöner Regelmäßigkeit über diesen Rucksack, weil ich ihn einfach nicht sehe.
Ich habe meiner Frau versucht zu erklären, dass Brillenträger mit solchen fetten Rucksäcken, die im Weg stehen, ein Problem haben. Sie hat das gehört, verstanden und möchte mich lieben. Trotzdem steht dieser Rucksack aus irgendeinem Grund weiterhin da.
Wir wissen, dass jeder von uns solche blinden Flecken hat – Bereiche, in denen wir aus welchen Gründen auch immer einfach komisch sind. Wir haben unsere Charakterdellen, die es uns nicht immer leicht machen, so zu leben, wie es andere von uns erwarten. Man könnte auch sagen, wir haben unsere Macken.
Ich will Macken nicht schönreden, aber wir haben sie nun mal. Und es geht darum, mit den Macken der anderen zu leben. Immer dann, wenn ich auf so eine Macke trete, über einen Rucksack stolpere oder ins Leere greife, wo eigentlich immer mein Shampoo steht, wird Christsein ganz praktisch.
An genau dieser Stelle entscheidet sich real, ob du Christ bist. Nur hier wird sich wirklich zeigen, ob du, was Paulus sich wünscht, vollkommen oder reif in Christus bist. Ob du wirklich verstanden hast, worum es im geistlichen Leben geht. Oder ob du einfach ein Verlierer bist.
Ob du jemand bist, der zwar sagt, ich bin Christ, aber wenn es banal wird, zum Beispiel bei der Frage: „Es gibt diese eine Fernsehserie, die ich gerne sehen würde. Aber sie ist in Deutschland noch nicht verfügbar, und man kann sie nur illegal herunterladen. Mache ich das oder nicht?“ – viele Christen sagen da: „Ich mache es trotzdem.“
Ich kann euch ehrlich sagen, ich würde mich nicht trauen, das zu tun. Ich möchte kein Dieb sein, ich möchte es einfach nicht.
Wie sieht es aus mit meiner persönlichen Gebetszeit? Wie ist es mit meinen Prioritäten? Wenn die Bibel davon spricht, dass das Wichtigste darin besteht – das macht Lukas im Lukasevangelium deutlich, wenn er die Geschichte von Maria und Martha erzählt –, was ist das bessere Teil?
Ist es das bessere Teil, immer eine aufgeräumte Wohnung zu haben, immer alles erledigt zu haben? Wir wissen genau, das bessere Teil ist, zu den Füßen Jesu zu sitzen, nicht wahr? Sie kennen die Geschichte alle.
Aber jetzt stehe ich vor der Frage: Ich hatte heute noch keine Ruhe mit Gott. Da gibt es noch so viel zu tun. Und ich verspreche euch, es gibt immer so viel zu tun. Ihr seid in einer Gegend, in der man immer viel zu tun hat.
Seid ihr die, bei denen man sagt: „Schaffe, schaffe, Häusle baue“? Oder seid ihr woanders? Die sind woanders, ha? Die sind weiter drüben. Okay, gut, ich kenne mich nicht aus. Aus Berliner Perspektive sagt man das hier überall.
Was tust du, wenn du feststellst: Ich hatte heute überhaupt keine Zeit für Gott? Oder vielleicht in den letzten drei Tagen nicht, weil es mal Tage gibt, an denen es wirklich schwierig ist? Was mache ich dann? Sage ich: „Naja, ist halt so“? Oder sage ich: „Nein, ich muss heute meine Prioritäten anders setzen, dann bleibt eben etwas liegen“?
„Ja, was werden die Nachbarn sagen? Oder wenn der Hauskreis kommt und es ist noch nicht geputzt?“ Ich merke, wie meiner Frau das schwerfällt, richtig schwer. Aber genau da fängt Christsein an.
Die Bedeutung des Gebets im Alltag
Paulus schreibt in Kapitel 4, Vers 2: "Haltet fest am Gebet."
Ich stelle bei den meisten Christen, die ich kenne, fest, dass das Gebet als Erstes aus einem viel zu vollen Alltag herausfällt. Wir glauben oft, wir haben so viel zu tun, dass keine Zeit mehr fürs Gebet bleibt.
Ich schmunzle dann immer, weil von Luther gesagt wird, dass er irgendwann mal folgenden Spruch geprägt haben soll: "Ich habe so viel zu tun, ich muss jeden Tag irgendwie drei bis vier Stunden beten." Und er hat Recht. Wenn ich so viel zu tun habe, brauche ich eine Extraportion Gnade und Hilfe von Gott, damit alles gut läuft.
Wir glauben oft: "Ich habe so viel zu tun, da habe ich einfach keine Zeit, auch noch für Gott Zeit abzuquälen. Nee, Gott muss mal auf mich verzichten, ich habe so viel zu tun." Aber Paulus schreibt: "Haltet fest am Gebet." Wie sieht es wirklich mit unseren Prioritäten aus?
Ich verspreche euch: Christsein wird auf dieser ganz praktischen Ebene gewonnen oder verloren. Ich möchte euch Mut machen, durch den Kolosserbrief euer Leben im Spiegel dieses Wortes zu reflektieren.
Vielleicht ist es an der Zeit, morgen mal einen langen Spaziergang zu machen. Einfach ein, zwei Stunden allein mit Gott spazieren gehen und ihm die Frage stellen: "Vater im Himmel, mal ganz ehrlich, Hand aufs Herz, wie siehst du mein Leben? An welchen Stellen mache ich gerade großen Bockmist? Zeig mir doch einfach zwei oder drei." Gott wird es tun.
Nimm dir diese Zeit, schütte deine Sorgen vor Gott aus – das gehört auch dazu. Dann heißt es hier wieder: "Und wacht darin mit Danksagung." Also bitteschön, ja, noch einmal die Danksagung.
Dieser Begriff "wacht darin" ist ganz interessant. Jesus sagt öfter mal: "Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallt." Sinngemäß kommt dieses Wachsein-Motiv bei ihm immer wieder vor. "Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt" steht in Matthäus 26, Vers 41.
Es geht nicht darum, dass hier vor einem müden und lethargischen Gebet gewarnt wird – also vor einem lebendigen Gebet –, sondern darum, dass wir ihn erwarten sollen. "Wacht darin mit Danksagung." Ich wache, ich sorge dafür, dass mein geistliches Leben, meine Erwartungshaltung nicht einschläft, indem ich nicht einfach nur bete, sondern immer wieder danke sage.
Es ist interessant, dass Danken eine ganz mein Gebet bereichernde und lebendig machende Funktion hat. Ich bin geistlich lebendiger, wenn ich danke sage. Wenn jemand danke sagt, bleibt er wachsam und beschäftigt sich damit, dass Jesus wiederkommt und dass da wirklich eine reale Beziehung ist.
Weißt du, immer wenn ich danke sage, sage ich: Gott hat in meinem Leben etwas gemacht. Ich konzentriere mich auf das, was Gott in meinem Leben tut, und ziehe die Realität Gottes wieder in mein Leben hinein.
Vielleicht habt ihr das noch nie gemacht, aber ich möchte euch einfach Mut machen: Geht durch eure Wohnung. Du hast eine schöne Küche? Sei dankbar dafür. Es ist eine fantastische Küche, und ich wäre jeden Tag dafür dankbar.
Vielleicht hast du ein Auto, das fährt – sei dankbar. Vielleicht schaust du draußen raus, es regnet gerade, und du hast ein Dach über dem Kopf – sei dankbar. Du hast ein Mathebuch, das du nicht verstehst, aber das dich total begeistert? Sei dankbar – sowohl für den Kopf, das Buch lesen zu können, als auch für das Buch.
Wir leben gut, wir können dankbar sein. Wir haben einen Vater im Himmel, von dem alle guten Gaben kommen. Immer dann, wenn wir Danke sagen, bringen wir zum Ausdruck, dass wir wissen, woher das kommt. Wir ziehen etwas von der Realität Gottes wieder in unser Leben hinein und verweigern uns dem Zeitgeist, der alles auf Naturgesetze schiebt und alles als selbstverständlich nehmen möchte.
Nein, es ist Gott, der uns in jedem Moment beschenkt. Haltet fest am Gebet, bitte betet.
Ich weiß nicht, woher es kommt, dass in Deutschland wenig gebetet wird. Aber ich merke immer dann, wenn sich Gemeinde zum Gebet trifft, verändert sich etwas.
Ich möchte dir persönlich Mut machen. Ich kenne den Kampf um Gebet. Bei mir geht es immer rauf und runter. Ich müsste es eigentlich besser wissen als ihr alle, weil ich schon darüber gepredigt habe. Aber es gibt Phasen, in denen es mir gut geht, und dann bricht das wieder ab, und ich weiß eigentlich nicht warum. Es ist ein permanenter Kampf.
Ich weiß: Wenn ich mir am Tag richtig Zeit nehme für Gebet, wenn ich morgens, bevor die Sonne aufgeht, in den Wald gehe und dann einfach dreiviertel bis eine Stunde Zeit habe, wirklich den Tag vor Gott zu bringen, dann laufen die Tage anders, sie flutschen ganz anders, sie sind einfach besser.
Ich weiß das. Und es ist jeden Morgen neu ein Kampf. Jeden Morgen neu. Manchmal stehe ich vor mir selbst und denke: "Du Dödel, dieses Zerrissensein." In mir gibt es das Wissen, wie gut es wäre, es zu tun, und dann dieses "Dann jetzt mach dich auf." Ich kriege es manchmal nicht hin. Für mich ist es ein Kampf.
Ich glaube, dass es für euch auch einer ist, zumindest für die meisten von euch. Deswegen möchte ich euch Mut machen: Haltet fest, beharrt, bleibt dabei. Ihr könnt das auch so übersetzen mit "Seid emsig beschäftigt mit Gebet."
Du möchtest etwas in deinem Leben erreichen? Bete dafür. Meine große Sorge für deutsche Christen ist unter anderem, dass wir das Wort aus Jakobus 4 kennen: "Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet."
Ich fürchte, wir werden irgendwann an den Punkt kommen, an dem wir uns viel, viel wünschen und fleißig beschäftigt sind mit diesem und jenem, aber die zwei wirklichen Prioritäten – Hören auf Gott und Reden mit Gott – unterentwickelt sind.
Ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll. Ich kann es nur predigen. Ich kann nur versuchen, es selbst in meinem Leben auf die Reihe zu kriegen. Und ich möchte euch Mut machen: Wenn das bei euch so ist, werdet...
Gebet für andere und Weisheit im Umgang mit der Welt
Und wenn wir schon dabei sind zu beten, Vers 3, und betet zugleich auch für uns, dann geht es darum, für andere zu beten – in diesem Fall für Paulus, allgemeiner für Missionare. Es geht darum, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftut, um das Geheimnis des Christus zu verkünden, dessen wegen Paulus auch gebunden ist.
Ist das nicht fantastisch? Du hast jemanden im Gefängnis, und er sagt nicht: „Hey, betet für mich, dass ich freikomme!“ Nein, er sagt: „Ich bin hier im Gefängnis, und wenn ihr schon für mich beten wollt, betet, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftut, dass Gott eine geöffnete Tür für Mission schenkt, damit wir effektiv in unserer Umgebung das Evangelium verbreiten können.“
Das ist ein besonderer Blick. Nicht dieses „Ach, ich bin im Gefängnis, holt mich hier raus.“ Das kannst du auch fürbeten. Aber wenn du Paulus fragst: „Was wünschst du dir?“ Dann sagt Paulus: „Es gibt eine Sache, für die brennt mein Herz: Dass das Wort Gottes wächst, dass Menschen das Wort Gottes verstehen, dass das Geheimnis des Christus, das Evangelium, das wir vorhin hatten – Christus in euch, Hoffnung auf die Herrlichkeit – dass es da einen Weg gibt, um aus der Macht der Finsternis heraus in ewiges Leben hineinzutauchen, dass das eine Realität ist, die für jeden Menschen offensteht.“
Betet darum! Ich weiß nicht, wofür ihr in den Gemeinden betet, fangt an, dafür zu beten, dass in eurer Umgebung solche Türen aufgehen. Dass du auf Menschen triffst, die vielleicht von Gott noch gar nichts wissen wollen und mit einem Mal so ein Stückchen offener werden. Mit einem Mal – Schnipp! – Conny hat mir ihre Lebensgeschichte erzählt. Ich fand das so lustig, weil es genau an der Stelle passiert, da ist jemand dran, und dann macht es plötzlich Schnipp, und dann gibt es in dieser Begegnung mit Gott so einen Sprung, so einen Plopp.
Bei dir war es ein Alphakurs. Und dafür müssen wir beten, dass Gott diese Plopps schenkt im Leben von Menschen, wo du nicht weißt, warum sie denn jetzt offen sind, warum der auf einmal mit dir über Gott reden will. Das wissen wir nicht. Warum geht der auf einmal in den Alphakurs? Warum fängt der auf einmal an, die Bibel zu lesen? Keine Ahnung. Aber du kannst dafür beten, dass irgendwo eine Tür des Wortes aufgeht, dass die Herzenstür so ein bisschen aufgeht und das Wort schon drin ist. Dann geht es auch weiter.
Vers 4: Damit ich es kundmache, wie ich es reden soll.
Vers 5: Jetzt kommen wir noch einmal zum Thema Evangelisation. „Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind.“ Das hat damit zu tun, dass wir uns viele Gedanken machen müssen über die Frage, wie wir in dieser Welt leben.
Wir brauchen Weisheit. Wir brauchen keine krampfhafte Abschottung, und wir brauchen auch keine unbiblische Anbiederung an die Welt. Wir brauchen Weisheit.
Wir kommen in Kontakt, und wir müssen in Kontakt kommen. Ich weiß nicht, was das für euch bedeutet. Ich habe meine eigenen Wege, wo ich sage: Das entspricht mir, da kann ich Menschen erreichen, da möchte ich mit Menschen in Kontakt kommen.
Ich habe euch von den Chill Outs erzählt, wo wir ganz bewusst Gläubige und Ungläubige zusammen einladen, auch in der Hoffnung, dass gute Gespräche entstehen. Es ist keine Mogelpackung, es ist wirklich ein Chill Out. Du kannst auch einfach nur da hinkommen und ein bisschen die Beine baumeln lassen.
Aber denkt darüber nach, betet für Weisheit, betet dafür, dass ihr erkennt, wo ihr Leute erreichen könnt. Gebt euch noch nicht geschlagen. Ich weiß, dass das ein Fass ohne Boden ist, nach dem Motto: „Mann, ich habe jetzt fünf Jahre an der Stelle investiert, das hat doch alles keinen Sinn.“ Gib dich einfach nicht geschlagen, bete für Weisheit und mach weiter.
Wenn dein ganzes Leben darin besteht, dass du eine einzige Seele rettest – wenn das alles wäre, was du am Ende vorzuweisen hast – es würde sich lohnen. Diese eine Seele wäre ein ganzes Leben Einsatz wert.
Woher weiß ich das? Weil diese eine Seele den Tod des Christus wert war. Daher weiß ich das. Sie hat einen unendlichen Wert.
Und deswegen betet darüber: „Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind.“ Die, die draußen sind, das sind Menschen, die Gott noch nicht kennen, keine Christen.
Überlegt, wie ihr es Nichtchristen leicht machen könnt, euch zu respektieren. Überlegt, wie ihr reden müsst, damit sie euch verstehen. Überlegt, wie ihr attraktiv sein könnt.
Das heißt: Kauft die gelegene Zeit aus. Es gibt bestimmte Zeitpunkte, Zeitabschnitte, die sind einfach besonders geeignet. Du hast im Lauf deines Lebens mal so eine Wegstrecke, die du mit jemandem gehst. Das ist die Zeit, die es auszukaufen gilt.
Wenn die Zeit vorbei ist – ich habe bis 1999 bei den Berliner Verkehrsbetrieben gearbeitet – das war die Zeit, um diese Arbeitskollegen zu erreichen. Dann war die Zeit vorbei, dann sind neue Leute gekommen, dann war es die Zeit.
Glaub nicht, du hast noch unendlich viel Zeit. Wenn du jetzt mit jemandem unterwegs bist, ist jetzt die Zeit, die es zu nutzen gilt. Diese Idee „Na ja, ich kann ja später noch“ – das stimmt nicht. Du kannst es nicht. Jetzt hast du die Zeit.
Manchmal überblickst du, wie weit es ist, und manchmal nicht.
Ich bin kein großer Evangelist. Wenn du sagst: „Ich traue mich das nicht“, ich verstehe dich total. Und trotzdem steht hier: „Kauft die gelegene Zeit aus.“
Vielleicht bist du nicht so. Kennt ihr diese Kaltakquise-Evangelisten? Boah, das ist so... Ich muss sagen, für mich ist das die Hochform von Evangelisation. Ich kenne jemanden nicht und komme nach zehn Minuten auf ein geistliches Gespräch, wo ich sage: „Ich kenne jemanden nicht und komme nach zwei Jahren auf den Punkt.“ Das ist meine Geschwindigkeit.
Aber diese Typen, die da... und es gibt sie, und sie machen das gut. Die fangen mit jemandem an zu reden und sind dann plopp beim Evangelium.
Es gab eine Zeit, da haben diese Typen mich frustriert, weil ich dachte, ich müsse so sein. Aber ich war so nicht. Ich kriege das nicht hin. Ich müsste mich verbiegen, um so zu sein, und ich bin es nicht. Und trotzdem gilt, was hier steht: Kauft die gelegene Zeit aus.
Ich mache es auf meine Weise. Ich versuche, meinen Weg zu finden, den Weg der Zecke – dieses sich Heransaugen, irgendwie mitgehen, dranbleiben, hier ein Buch empfehlen, da ein gutes geistliches Gespräch führen, hier einladen in den Bibelkreis, keine Ahnung, was du tust.
Aber nehmt es ernst: Kauft die gelegene Zeit aus. Da, wo jemand mit euch auf dem Weg ist, überlegt, wie ihr ihm dienen könnt, wie ihr ihn neugierig machen könnt.
Die Kunst des Gesprächs und der Umgang mit Fragen
Vers 6: Euer Wort sei allezeit in Gnade mit Salz gewürzt. Klar, oder? In Gnade bedeutet freundlich. Ich habe hier etwas, das du wirklich brauchst – mit Salz gewürzt. Es darf nach etwas schmecken, es darf ein bisschen beißen, es darf Durst nach mehr machen.
Ihr habt so viel, wenn ihr eine Weile mit Gott unterwegs seid. Ihr könnt von Gebetserhörungen erzählen. Ich brauche natürlich gerne Beispiele, wo Gott mich geheilt hat oder mir geholfen hat, sei es in meiner Kindererziehung oder in meiner Ehe.
Ich merke, wie wir jetzt – ich hatte erzählt – meine Frau studiert noch einmal. Jetzt haben wir diese ganzen kleinen Kommilitoninnen. Ja, das sind Grundschullehrerinnen, meistens Frauen. Ich wünsche mir viel mehr Männer an dieser Stelle, aber es ist nicht so.
Das heißt, meine Frau macht was? Kommilitonenpartys, weil wir eine große Wohnung haben, in der man Leute einladen kann. Also machen wir Partys für die Kommilitonen. Und wisst ihr, was auffällt? Ich habe da diese Grundschullehrerinnen und ein paar vereinzelte angehende Grundschullehrer. Die sind wirklich lieb, ich mag die Typen. Aber sie haben so etwas wie uns noch nie erlebt.
Wie? Ein Ehepaar Mitte vierzig, das noch Händchen hält, wirklich miteinander verliebt ist, sich Gedanken über romantische Wochenenden macht und froh ist, mal seine Kinder los zu sein? Ja, ein Ehepaar über vierzig, das noch Händchen hält und romantische Wochenenden feiert?
Und die stehen da vor uns, weil das, was sie an Beziehungen kennen, sind Beziehungen, die Mitte 40 in eine Belanglosigkeit einmünden – bis dahin, dass man sich sowieso trennt. Da ist keiner dabei, der sagen würde: „Meine Eltern sind mir ein echtes Vorbild, ich möchte eine Beziehung führen wie meine Eltern.“ Da ist nicht einer dabei. Kannst du dir das vorstellen? Jetzt treffen die auf uns. Sie sind völlig perplex.
Also haben wir doch etwas, wo wir etwas einsetzen können. Da hast du etwas, wo du etwas einsetzen kannst, vielleicht irgendwo anders. Du hast mir von deinen VW-Bussen erzählt. Okay, das wäre nicht meine Liga. Ja, ich bin immer froh, wenn meine Autos fahren. Wenn sie nicht fahren, fange ich an, dafür zu beten, dass sie wieder fahren. Lacht nicht, ich mache das wirklich.
Ich lege auch anderen technischen Geräten die Hände auf, wenn es sein muss. Ich bin einfach kein Techniker, ich bete, klopfe ein bisschen an der Seite und hoffe, dass es wieder läuft. Ihr wisst gar nicht, wie oft Gott mein Gebet schon erhört hat. Ich weiß auch nicht warum.
Wir haben etwas zu geben. Ich sehe diese jungen Leute, und natürlich kommen sie mit ihren Problemen. Wen fragen sie? Na ja, Bärbel. Wen sollen sie sonst fragen? Sie haben niemanden sonst. Und Bärbel gibt einen Beziehungsrat nach dem anderen und verteilt Beziehungsratgeber. Das ist noch lange nicht das Evangelium, okay? Das ist noch ein weiter Weg, bis man mit ihnen sagen kann: „Lass uns mal in der Bibel lesen.“
Vielleicht schaffen wir es auf dem Weg auch gar nicht, für die kurze Zeit, so weit zu kommen. Das mag sein. Aber den Weg, den wir miteinander gehen, benutzen wir, um in Gnade mit Salz gewürzt mit ihnen zu reden. Und das verlangt Weisheit.
Deshalb steht am Ende von Vers 6: „Ihr sollt wissen“, oder damit ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt. Es ist nicht schlimm, wenn du eine Frage gestellt bekommst und keine Antwort weißt. Das ist nicht dramatisch, das darf dir einmal passieren.
Dann setzt du dich hin und überlegst dir einfach, was eigentlich die richtige Antwort gewesen wäre. Wenn du sie nicht weißt und die Person nicht mehr da ist, sprich mit Volker. Ich glaube, dass Volker – so wie ich ihn in den letzten Tagen kennengelernt habe, ich habe ihn erst gestern Abend kennengelernt – der Kaltakquise-Evangelist ist, der einfach mit jedem über Gott reden kann. Das behaupte ich einfach mal.
Ich kenne noch nicht viel von ihm, aber ich schätze, er hat wenig Probleme an der Stelle. Wenn du mal eine Frage hast, was du in dem und dem Fall hättest sagen können, frag ihn. Ich denke, er wird dir eine gute Antwort geben, und die merkst du dir. Das nächste Mal, wenn die Situation wiederkommt, machst du es genauso.
Wichtig ist nur, dass wir es tun und am Gebet festhalten. Ich gehe noch einmal einen Schritt zurück: Wir sollen uns begreifen, wie in Kolosser 3 am Anfang beschrieben, als solche, die vom Himmel aus gelenkt werden. Unser Nachdenken soll sich auf die Dinge richten, die oben sind.
Dann schmeißen wir all den Dreck raus, der nicht in unser Leben gehört, und ziehen an, was Jesus entspricht. Wir passen auf, dass wir unsere Berufung erkennen. Eine Berufung ist ein Leiben – wir sind ein Team, keine Einzelkämpfer. Du musst das nicht alleine stemmen.
Du darfst in einer Gemeinschaft leben, die von Liebe zusammengehalten wird und in der das Wort Gottes respektiert wird. Aus dieser Gemeinschaft heraus leben wir ein ganz praktisches Alltags-Christenleben, in dem wir Schritt für Schritt umsetzen, was wir im Wort Gottes sehen.
Bei alledem beten wir. Wir beten für die Missionare, und wir schauen, dass wir da, wo wir Kontakt zu Menschen knüpfen, interessant bleiben. Nichts ist schlimmer als langweilige Christen, wirklich.
Wir dürfen doch das spannendste Leben führen. Da kann mir keiner erzählen, dass das nicht spannend ist. Wir sind doch die einzigen, die sagen können: „Keine Ahnung, was Gott mit mir nächstes Jahr vorhat. Ich weiß es wirklich nicht.“
Es kann sein, dass es in eine bestimmte Richtung geht. Manchmal ist es ein bisschen klarer. Dann weißt du vielleicht nicht, was Gott mit deinen Kindern vorhat. Wir sind noch am Beten.
Ich finde es so spannend, Christ zu sein und das weiterzugeben. Und auf diesen Gott hinzuweisen – fantastisch!
Abschied und persönliche Grüße aus dem Kolosserbrief
Kommen wir zum Schluss: Kolosser 4,7-18, überschrieben mit „Und tschüss!“. Paulus schreibt hier und ich fliege jetzt einfach über den Text, denn er hat uns tatsächlich nicht mehr so richtig viel zu sagen.
Alles, was mich angeht, wird euch Tychikus mitteilen. Super, den haben wir nicht hier, also wissen wir nicht, was er zu sagen hat. Wir wissen aber, dass er der geliebte Bruder, treue Diener und Mitknecht im Herrn ist. Ich wünsche euch, dass viele das auch über euch sagen können – dass ihr treu seid und Mitarbeiter.
Ihn habe ich deshalb zu euch gesandt, damit ihr unsere Umstände erfahrt und er eure Herzen tröstet. Die Gemeinde macht sich natürlich Sorgen, wenn sie von ihrem Apostel oder von dem Apostel hört, der im Gefängnis ist. Tychikus soll da ein bisschen beruhigend wirken.
Mit Onesimus, wahrscheinlich wirklich derselbe, der auch im Philemonbrief als entlaufener Sklave von Philemon vorgestellt wird, wird auch ein treuer und geliebter Bruder genannt, der von euch ist. Spannend – anscheinend gehört Philemon irgendwie zur Gemeinde dazu. Sie werden euch alles mitteilen, was hier vorgeht.
Jetzt gibt es ein paar Grüße: Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener. Wir wissen nicht genau, ob das bildhaft oder wörtlich gemeint ist. Es kann wirklich sein, dass er derjenige ist, der in der Zelle neben Paulus liegt. Es könnte aber auch einfach jemand sein, der sehr viel Mitgefühl für Paulus entwickelt hat.
Mein Mitgefangener Markus, der Vetter des Barnabas, dessen wegen ihr Befehle erhalten habt: Wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf. Dann gibt es noch Jesus, der manchmal denkt, der Name Jesus sei etwas ganz Einzigartiges. Das stimmt aber nicht. Jesus, genannt Justus, ist ein Name, der in der Antike üblich war. Leute mit jüdischen Namen bekamen oft auch einen nichtjüdischen Namen.
Das liegt daran – wir sehen das bei Paulus – dass nicht aus Saulus ein Paulus wurde, wie man gerne sagt, sondern Saulus war immer auch Paulus. Denn dort, wo Paulus das erste Mal in der Apostelgeschichte als Name eingeführt wird, heißt es: Saulus, der auch Paulus genannt wurde.
Woran liegt das? Für einen Juden prallen zwei Kulturen aufeinander. Er hat seinen jüdischen Hintergrund, lebt aber in einer römisch-griechischen Welt. Stell dir vor, ich würde nach Amerika auswandern. Das wäre für meinen Vornamen Jürgen der Super-GAU. Versuch mal, einem Ami „Jürgen“ sagen zu lassen! Das ist total lustig.
Wenn ich nach Amerika auswandern würde, müsste ich mir einen anderen Namen geben, der nicht zu weit weg von Jürgen ist, aber doch ähnlich klingt. Wahrscheinlich würde ich auf George gehen, weil Jürgen von Georg abgeleitet ist.
Das Gleiche macht ein Jude im ersten Jahrhundert nach Christus. Er braucht einen Namen, der für einen Römer halbwegs verständlich ist. Also sucht er einen Namen, der ähnlich klingt wie sein jüdischer Name. Saulus überlegt, wie er sich in der griechisch-römischen Welt nennen könnte. Paulus klingt ähnlich wie Saulus.
Und Silas? Was klingt ähnlich wie Silas? Silvanus! Silas und Silvanus sind dieselben Namen. Und jetzt haben wir hier einen Jesus, der sich überlegt, was ähnlich wie Jesus klingt und was man verstehen kann. Er kommt auf Justus, warum auch immer. Das ist die Idee.
Ich kenne viele Leute, die mit zwei Namen unterwegs sind. Jesus, genannt Justus, aus der Beschneidung, also ein Jude, sind diese allein Mitarbeiter am Reich Gottes. Sie sind mir ein Trost gewesen. Schön, oder? Menschen, die Paulus ein Trost waren.
Und wenn ihr noch nicht fünf Anwendungen voll habt – ihr sollt fünf Anwendungen aufschreiben, bitte fünf kleine Hapselchen – hier ist wieder so ein Ding: Da wird einer einem anderen zum Trost. Gibt es irgendwo jemanden, den du nächste Woche trösten kannst? Mach es! Lass dich von diesem schönen Beispiel, das uns Jesus genannt Justus gibt, zusammen mit den anderen, anreizen.
Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist. Gemeindegründer von Kolossä, ein Knecht Christi Jesu, der alle Zeit für euch ringt in den Gebeten. Ihr merkt, das wird noch einmal aufgegriffen. Das ist toll! Das ist ein guter Mann, der für euch betet.
Also, wenn ihr noch keine fünf Anwendungen habt, denkt zurück an das, was wir über Gebet gesagt haben. Epaphras ringt alle Zeit für euch in den Gebeten, damit ihr vollkommen und völlig überzeugt in allem den Willen Gottes versteht. Super, das ist sein Wunsch: dass ihr versteht, was der Wille Gottes ist.
Dazu haben wir auch am Anfang schon etwas gesagt. Denn ich gebe ihm Zeugnis, dass er viel Mühe hat um euch, die in Laodizea und die in Hierapolis. Das ist nicht ganz so positiv, okay? Das heißt, wenn wir es mal umdrehen, Freunde: Damit ist jetzt Schluss! Der Kerl macht sich Mühe, und ihr strengt euch mal an, ihm gegenüber etwas freundlicher zu sein.
Dieser Brief dient genau dazu. Epaphras kommt zurück und hat diesen Brief dabei. Er kann sagen: Ich segle wirklich unter der Flagge der Apostel. Das, was ich sage, ist wahr. Hört nicht auf das, was von draußen reinkommt. Nehmt das nicht an.
Wenn da irgendeiner kommt und sagt: „Ich habe den Booster für dein geistliches Leben, du brauchst irgendwie Jesus und noch das dazu. Jesus allein reicht nicht.“ Wenn der kommt, dann glaube ich ihm nicht.
Warum glaube ich ihm nicht? Weil Paulus sagt: Wenn ich ihm glaube, geht meine Beziehung zu Jesus kaputt.
Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt. Daher wissen wir, dass Lukas überhaupt Arzt ist. Und Demas, der kommt vielleicht in 2. Timotheus 4 noch einmal vor, wo er Paulus verlässt, leider.
Grüßt die Brüder in Laodizea und Nympha und die Gemeinde in ihrem oder seinem Haus – man muss mal sehen, wie man Nympha übersetzt, ob das ein Mann oder eine Frau ist. Das spielt für uns keine Rolle.
Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so veranlasst, dass er auch in der Gemeinde der Laodizea gelesen werde und dass auch ihr den aus Laodizea lest. Den haben wir leider nicht. Also werdet ihr beim SBS nie den Brief aus Laodizea kriegen, der ist irgendwie verloren gegangen.
Und sagt Archippus: Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst. Und das ist der Wunsch, mit dem ich euch entlasse.
Ich kann nicht sagen: „Der Gruß mit meiner Paulus-Hand gedenkt meiner Fessel, die Gnade sei mit euch“, das steht da, aber das macht wenig Sinn. Dieser vorletzte Vers ist mein Wunsch an euch: Seht auf den Dienst, den ihr im Herrn empfangen habt, dass ihr ihn erfüllt.
Ich habe gestern von Volker gehört, wie wenig Gemeinden es hier gibt. Ihr seid die, die verantwortlich sind für diesen Bereich. Ihr habt ein Leben, das ihr investieren könnt. Ihr habt eure persönlichen Kontakte, die ihr nutzen könnt. Ihr habt das Gebet und euer Leben – ein Leben, das ihr nutzen könnt, um Gott zu erkennen und für Gott auf eine gute Weise unterwegs zu sein.
Mein Wunsch an euch: Ihr habt in fünf Stunden zugehört. Mein Wunsch ist, dass ihr irgendetwas von dem, was ihr gehört habt, umsetzt und dass es wirklich eine Auswirkung hat. Lasst es nicht zu, dass ihr in die nächste Woche geht, die nächste Woche lebt und all das, was heute gesagt wurde, Schall und Rauch ist.
Seht auf den Dienst, den ihr empfangen habt, dass ihr ihn erfüllt.
Amen!