Die kulturelle und religiöse Welt Roms zur Zeit Paulus'
Liebe Schwestern und Brüder,
Rom war eine grandiose Stadt. Wahrscheinlich hat sich nirgendwo in der antiken Welt die Kultur des Hellenismus so entfalten können wie dort. Ein unbeschreiblicher Reichtum war in dieser Stadt konzentriert. Damals lebten die Bürger Roms, versorgt und betreut von etwa einer Million Bediensteten. Diese sorgten zwar für ihr äußeres Wohlergehen, doch das allein war nicht das, was sie als ihr wahres Glück betrachteten.
Meine Eltern haben mich in ein humanistisches Gymnasium hier in Stuttgart geschickt. Von den ersten Tagen an spürte ich, wie meine Lehrer von der Denkweise des alten Roms durchdrungen waren. Sie sagten, es gäbe für unsere heutige Zeit nichts Größeres und Gewaltigeres. Dieses römische Denken wurde für uns fast wie ein Beweis dargestellt. So wurde uns ein Direktor des größten deutschen Chemiekonzerns vorgestellt, der mehrere Doktortitel hatte. Er sagte uns, dass er seine gesamte Lebensbildung aus der altrömischen Kultur gewonnen habe.
Was für eine Welt war das also, in die Paulus aufbricht? Es gab viele, die es mit dem Dichter Statius hielten, der sagte, Religion sei nur für Menschen, die Angst haben. Die Römer aber waren keine Angsthasen. Deshalb gab es viele, die nichts von Religion oder von Gott wissen wollten. Militärisch hatten die Römer die damalige Welt besetzt und hielten den Frieden.
Gleichzeitig gab es aber auch eine Vielzahl religiöser Strömungen, fast ein Wirrwarr der Geisteswelt in Rom. Ob es die ausgelassen gefeierten Gottesdienste im dionysischen Kult waren, die persischen Religionsströmungen oder der Mithraskult, der damals in Rom Eingang fand – oder ob es bloß Magie, Wahrsagerei und Horoskope waren: Die Menschen suchten Antworten auf die großen Lebensfragen. In dieser Stadt zieht es Paulus hin.
Er schreibt in seinem Brief, dass er sich oft vorgenommen hat, diese Stadt aufzusuchen. Doch immer wieder traten Hindernisse in seinen Weg, die ihn daran hinderten. Trotzdem lässt er sich nicht aufhalten. Er muss nach Rom, wenn wir heute von Paulus lernen wollen.
Das Evangelium muss an die Schaltzentren der Macht gelangen, dorthin, wo die Menschen leben – mit ihren gottlosen Lebensanschauungen und ihren vermissten Religionskulten. Dort, in der Fülle des Wohlstands, der ihnen geschenkt ist, und im Suchen nach dem Lebensglück soll das Evangelium verkündet werden.
Die ganze Welt muss das Evangelium von Jesus hören.
Die Bedeutung des Römerbriefs und Paulus’ Leidenschaft für das Evangelium
Martin Luther hat dem Römerbrief eine große Bedeutung beigemessen. Er meinte, in diesem Brief sei die ganze Botschaft der Bibel auf eindrückliche Weise zusammengefasst. In seiner Vorrede zum Römerbrief sagte er, es reiche nicht aus, dass jeder Christ den Brief auswendig kenne und aufsagen könne. Vielmehr solle man jedes Wort täglich bedenken und sich damit auseinandersetzen.
Wenn wir das in unserer Predigtreihe wenigstens ein Stück weit tun, dann soll uns zunächst beschäftigen, welche Leidenschaft Paulus hat: das Evangelium zu verkünden. Was meint Paulus mit Evangelium? Für ihn ist das ganz einfach: Menschen müssen Jesus kennenlernen. In Rom wollte er jedem Einzelnen Jesus so vor Augen malen, dass jeder ihn im Glauben ergreifen und mit ihm leben kann.
Heutzutage ist es oft problematisch, wie sich Christen zurückziehen und sich davor drücken, ihr christliches Zeugnis zu geben. Meist bringen sie dann etwas Kompliziertes vor, einen theologischen Satz, den kaum jemand versteht. Paulus hingegen hat eine klare Leidenschaft: Er will allen in Rom von Jesus erzählen und Jesus bekannt machen.
Man könnte Paulus natürlich erwidern, dass wir schon schlechte Erfahrungen gemacht haben. Vielleicht liegt das an unserer heutigen Zeit. Kürzlich hat jemand bei einer Geburtstagseinladung oder im Gespräch in der Straßenbahn versucht, von Jesus zu erzählen. Doch er kam nicht weiter und konnte nur sagen, wo er zur Kirche geht. Paulus meint damit nicht das Zeugnis, wo man zur Kirche geht, sondern dass man von Jesus erzählt.
Paulus würde fragen: Hat es Sie so verletzt, dass der andere hochmütig auf Sie herabgelächelt und Sie als Spinner abgetan hat? Sind Sie so empfindlich, was Ihre Ehre angeht? Es geht doch gar nicht um unsere Ehre. Die kann man getrost in den Dreck treten, wenn nur Jesus in der ganzen Welt bekannt wird!
Das muss uns beschäftigen: Wie wird heute in allen Ländern dieser Welt das Evangelium gepredigt? Für Christen, die wach sind, gibt es gar keine andere Möglichkeit, als das zu verfolgen. Wie verbreitet sich das Evangelium in der Welt? Paulus bezeichnet sich selbst als Schuldner des Evangeliums. Nicht als jemand, der aus großer Herablassung großzügig etwas weitergibt, sondern als jemand, der es schuldig ist.
Ein Beispiel: Ihre Großmutter liegt krank zu Hause. Sie gehen zum Arzt und holen ein Mittel, zum Beispiel Herztropfen, damit ihr Herz wieder richtig schlägt. Der Arzt sagt Ihnen, Sie müssen das Mittel schnell zu Ihrer Großmutter bringen, damit sie wieder auf die Beine kommt. Wenn Sie die Arznei dann in die Tasche stecken und spazieren gehen, ohne sie weiterzugeben, wäre das unverantwortlich.
So ist es auch mit dem Evangelium. Wir haben es als Schuldner empfangen, Jesus hat es uns in die Hand gegeben, damit wir es weitertragen. Man kann nur den Kopf schütteln, warum Jesus ausgerechnet Christen wählt, die das eigentlich nicht können, die es für sich behalten und nicht weitertragen. Wir werden haftbar gemacht für die Menschen in unserer Umgebung.
Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen, mit denen wir zu tun haben, vielleicht viel über den Aufbau unserer Kirche, die Ordnung unseres Gottesdienstes, liturgische Farben und das Kirchenjahr wissen. Aber ob sie wissen, dass Jesus die Macht hat, Menschen in ein neues Leben zu führen? Das glaube ich nicht. Das wissen sie meist gar nicht.
Und genau das schulden wir ihnen. Diese Last muss auf unserem Leben liegen. Wir wollen es weitergeben, damit alle es hören und Jesus kennenlernen.
Paulus’ Mut und die Kraft des Evangeliums
Paulus sagt: „Ich schäme mich nicht.“ Auch wenn damals in Rom die Leute von oben herab gelächelt haben und sagten: „Was will uns denn der sagen?“, so hat Paulus trotzdem auf dem Areopag in Athen gesprochen. Das hat die Menschen gereizt, und sie sagten, das sei eine merkwürdige, abstruse Lehre. „Das kann man doch gar nicht verstehen“, sagten sie. „Was erzählt er uns von einem, der tot war und auferstanden ist?“
Paulus bleibt trotz allem Spott standhaft. Er will der Evangelist sein, der das Evangelium weitersagt. Das ist keine Hiobsbotschaft, keine Trauernachricht, sondern eine aufregende Freudentatsache, die jeden Menschen erfassen muss und die jeder hören muss. Das muss er weitergeben. Und wenn die Menschen ablehnen und abwinken, dann schuldet er es ihnen trotzdem, er will es ihnen weitersagen.
Er gibt hier eine wichtige Erklärung für seinen Dienst. Im Vers 16 sagt er eine Begründung: „Ich schäme mich nicht, denn es ist die Kraft Gottes, die Kraft Gottes!“
Wo kann man diese Kraft Gottes erleben? Jetzt draußen im Frühling sieht man die Schöpferkraft Gottes, wie plötzlich alles in den Bäumen und Pflanzen treibt und die Blüten hervorbrechen. Paulus meint aber eine noch viel gewaltigere Kraft Gottes, die im Evangelium steckt. Haben Sie die Kraft des Evangeliums schon einmal so entdeckt?
Nichts kann eine verschlafene Christenschare oder eine müde Gemeinde mehr aufwecken, als wenn sie fortwährend erleben, wie das Evangelium eine Kraft ist. Im Griechischen steht dort das Wort „Dynamis“, das die durchschlagende, dynamische Wirkungsweise Gottes beschreibt.
Wir wollen immer wieder erleben, wie ich es in meinem Dienst so oft erfahren darf: Man geht zagend und ängstlich an das Bett eines Schwerleidenden im Pflegeheim. Man weiß gar nicht, ob der Kranke das fassen kann. Was ist das, was ich bringe? Ich bringe doch gar nichts, nur das Wort von Jesus, dieses Evangelium. Das ist doch nichts Handfestes. Wenn ich wenigstens noch eine hohe Szene in der Flasche dabei hätte, das wäre etwas, das man fassen kann. Aber bloß das Evangelium zu bringen – da fühlt man sich so ärmlich.
Und dann tritt man an solch ein Krankenbett, und der Kranke sagt nur: „Warum sollte ich mich denn grämen? Habe ich doch Christus noch, wer will mir den nehmen? Wer will mir den Himmel rauben, den mir schon Gottes Sohn im Glauben beigelegt hat?“ So kräftig ist das Evangelium! Es dringt durch und kann Menschen fröhlich im Glauben machen, selbst dann, wenn der Mensch in seinem ganzen leiblichen Dasein zerbricht.
Und wenn die Seele keine Kraft mehr hat, sich über die Schmerzen hinauszuschwingen, dann ist das Evangelium immer noch als Kraft da. Man kann erleben, wie das Evangelium erst recht durchbricht – durch die Mauer der Ablehnung.
Tragen Sie das Evangelium bitte nie nur zu den Leuten, die sowieso schon dafür offen sind. Gehen Sie dorthin, wo Ablehnung herrscht. Wo Feindschaft, hochmütiger Stolz und ein lautes Nein Ihnen entgegenschallen. Sagen Sie es dort! Dann werden Sie erleben, wie plötzlich Jesus sich Raum schafft und durch den dicken Panzer der Ablehnung und des Neinsinns durchbricht. Menschen fangen an, Jesus als ihren Herrn zu preisen, und Sie stehen plötzlich da und sagen: „Ich verstehe gar nicht, was da vor sich ging.“
Das Evangelium ist die Kraft Gottes. Darum sind wir immer wieder so beschenkt, wenn wir Berichte aus der weiten Welt hören, wie draußen Völker, die in den dämonischen Gebundenheiten des Aberglaubens und finsteren Götzentums leben, plötzlich herauskommen, zu Jesus kommen und erneuerte Menschen werden.
Paulus’ persönliche Erfahrung und die zentrale Botschaft des Evangeliums
Für Paulus war das entscheidende Erlebnis in seinem eigenen Leben, das hat er selbst erfahren. Das beschreibt er hier noch einmal in den ersten Versen des Römerbriefs, als er sich der Gemeinde dort vorstellt und sagt: Ich weiß doch, wie das ist mit dem Evangelium.
Er war ja jemand, der überhaupt nicht offen dafür war. Er hat das Evangelium bekämpft und seine ganze Kraft eingesetzt, damit es keine Christen mehr geben kann. Es ist bemerkenswert, dass nichts in der Welt so bekämpft und mit so viel Feindschaft betrachtet wird wie das Evangelium von Jesus. Das sollte zum Nachdenken anregen.
Paulus hat es selbst erfahren und sagt: Ich bin einer, der herausgerufen wurde, ausgesondert ist. An mir ist dieses Wunder geschehen, und ich bin ganz davon erfüllt, dass Jesus mich geholt hat. Das, was er damals vor Damaskus erlebt hat, als er entdeckt hat, dass Jesus wahr ist und bei ihm unsichtbar als der Sohn Gottes da ist, das will er weitertragen. Er will nur noch von Jesus reden, dem Sohn Gottes.
Er stellt das vorne hin: Christus Jesus, der Messias. An ihm sind alle Verheißungen des Alten Testaments erfüllt worden, und jetzt gilt unverbrüchlich, was von den Propheten gesagt wurde. Paulus bringt das alles jetzt und jeder kann das erfahren. Er will mit seinem Leben nur noch ein Knecht Jesu sein.
Das war auch damals in Rom ein ganz verpöntes Wort, denn es steht für die Sklaven, die Leibeigenen. Doch für Paulus war das das schönste Wort, das man als Titel für seinen Dienst überhaupt nehmen kann. Es macht ihn froh und frei, wenn er ein Leibeigener Gottes ist, der von Jesus Christus in Besitz genommen und bestimmt wird.
Man stellt sich oft anders vor, wie das Leben sein soll, und meint, wenn man sich verwirklichen kann, liegt darin das Glück. Der ganze Trug unserer Zeit besteht darin, dass Menschen glauben, Glück im Leben zu finden, wenn sie sich entfalten – mit ihren Gedanken, nicht nur in der Emanzipation der Frau, sondern in der Emanzipation des von Gott gelösten Menschen, der sich selbst befreien will und alle Möglichkeiten ergreift, die ihm offenstehen.
Paulus sagt: In meinem Leben war es der Schritt zum erfüllten Leben, als Jesus die Mitte wurde, die mich bestimmt hat, und er, der mich in die Hand genommen hat. Er sieht es als Ziel jeder Verkündigung an, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten (Römer 1,5). Wenn Sie Ihre Bibel zur Hand nehmen, können Sie das nachvollziehen.
Darum ist Paulus Apostel, darum wird evangelisiert. Es geht nicht nur darum, ein religiöses Gefühl zu wecken. Wir sind nicht nur im Gottesdienst zusammen, um uns mit ein paar Gedanken an Gott zu beschäftigen. Jetzt sollen Entscheidungen fallen, dass Menschen sagen: Jetzt will ich Jesus dienen – mit allem, was ich bin, mit meinem Leib und Leben, solange ich atme in der Welt.
Wie es vorhin der Chor gesungen hat: Ich will meinem Gott Lob singen – mit meinen Taten und meinem Reden, mit meinem Wirken und meinem Schaffen in der Welt. Ich will Gott dienen. Ein Leben kommt zur Mitte und wird erfüllt.
Die zentrale Frage des Evangeliums und die Herausforderung der heutigen Zeit
Das war das Erste, das die ganze Welt angeht und die ganze Welt durchdringen muss.
Im Evangelium wird die wichtigste Frage verhandelt. Heute herrscht unter Christen große Verunsicherung: Was soll man eigentlich predigen? Es gibt viele Theorien, dass auf der Kanzel auch die Tagesfragen der Welt behandelt werden müssen. Eine Christengemeinde könne ja schließlich nicht an den Anliegen der Menschen in ihren Häusern vorbeigehen. Deshalb müsse man doch auch über die Fragen sprechen, die heute in den Zeitungen ganz vorne stehen.
Man müsse auf den Kanzeln über Abrüstung predigen, über überfüllte Universitäten, Arbeitslosigkeit, Volkszählung, Wohnungsnot und Wirtschaftskrisen. Diese Themen interessieren die Menschen, und man müsse auch darauf eine Antwort haben. Das Evangelium müsse in die Welt hineinwirken.
Haben Sie bemerkt, was hier durcheinanderkommt? Die Leute sagen, das Evangelium müsse in die Welt, aber das Evangelium übernimmt nicht die Antworten der Welt. Das Evangelium stellt seine eigenen Fragen. Im Evangelium wird eine Frage vorgelegt, die die Ereignisse unserer Zeit weit übertrifft.
Das ist sehr wichtig. Diese Fragen können uns sehr beschäftigen und fordern den Verstand unserer besten Frauen und Männer heraus, um die Probleme unserer Zeit zu lösen. Sicher sind auch Christenmütter gefordert, klare Antworten zu geben.
Aber das Evangelium verhandelt noch eine wichtigere Frage. Welche? Die Frage, wie man vor Gott bestehen kann.
Seit Jahren wird gesagt, diese Frage sei heute nicht mehr an der Tagesordnung. Wissen Sie, dass sie das nie war? Auch zur Zeit Luthers war das nie an der Tagesordnung. Ein Mensch hat in seinem Leben immer andere Fragen, die er vorne anstellt und sagt: Das beschäftigt mich, das ist meine Not, darüber will ich Antworten haben.
In ihrem kurzen Leben ist sicher die Frage nach dem Frieden eine brennende Frage für unsere Welt. Doch die noch wichtigere Frage ist, wie man einmal vor dem lebendigen Gott bestehen kann mit der Schuld seines Lebens.
Paulus sagt: Ich will diese Frage in das Rom hineinwerfen, das nur an seine Vergnügungen und an seine Weltherrschaft denkt. Ich schulde den Menschen eine Antwort auf eine Frage, die sie noch gar nicht gesehen haben und die doch in der Tiefe eines jeden Menschen Unruhe schafft.
Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch, dem wir begegnen, ob er sonst zugeht oder nicht, längst von dieser Frage umgetrieben ist: Wie bekomme ich Frieden mit Gott? Wie wird mein Leben neu?
Der heilige Gott liegt mit seiner Hand hart über uns allen, und wir spüren, dass wir vor ihm nicht entkommen können. Deshalb will Paulus mit seinem Evangelium den Finger genau darauflegen.
Das ist der Dienst, den wir der Welt tun können: Menschen aus der Gottesferne zurück zum lebendigen Gott führen, ihnen verkünden, dass Gott in Jesus Versöhnung stiftet und dass jetzt in diesem Augenblick alle Schuld eines Lebens vollständig vergeben und ausgelöscht werden kann – alles, was auch gegen Gott getan wurde, kann jetzt im Blut Jesu weggetan werden.
Diese wichtigste Sache will Paulus verkündigen. Das müssen Menschen erfahren und kennenlernen. Das ist eine aufregende Sache.
Solche Menschen, die mit Gott versöhnt sind, können sich auch den Problemen der Welt widmen. Aber das ist die Mitte des Evangeliums.
Die Wahrheit über das Heil und die Gemeinschaft der Gläubigen
Es gibt heute unter Christen eine weit verbreitete und sehr hartnäckige Vorstellung. Ich weiß nicht, ob vielleicht schon fast die meisten Christen von dieser trügerischen Meinung erfasst sind. Es hält sich das Gerücht, es gäbe nach dem Tod eine Hintertür. Ein kleines Türchen, durch das jeder, der wolle, auch noch selig werden könne, ohne an Jesus zu glauben, der die Schuld vergibt.
Doch egal, wie Sie die Bibel lesen – vorwärts oder rückwärts – ich habe noch keinen Satz gefunden, der so etwas bestätigt. In meiner Bibel, und es gibt nur eine, steht klar, dass wir allein durch den Glauben an Jesus gerettet werden. Menschen, denen wir nichts von Jesus sagen, sind verloren – in Zeit und Ewigkeit.
Ich kenne kein Hintertürchen, durch das man selig werden kann. Darum schulden wir den Menschen dieses Evangelium. Was hilft alles Reden über Gott, wenn wir die Menschen nicht dorthin führen, dass sie mit Jesus leben können?
Deshalb will Paulus in Rom das Evangelium mitteilen und die Leute daran teilhaben lassen. Er erzählt in den Versen 11 und 12, wie er die geistliche Gabe gerne weitergeben möchte. Er will Bruder unter Brüdern sein und die anderen stärken, die ebenfalls erfahren haben, dass Jesus ihr Leben aus der Gottesferne herausgerissen hat. Sie sind mit Jesus verbunden.
Paulus ist nicht der Apostel, der von oben herab die anderen verdonnert. Das Schöne ist, dass Christen einander begegnen und sich gegenseitig stärken dürfen. So heißt es einmal in der Apostelgeschichte, sie ermahnten einander, mit festem Herzen beim Herrn zu bleiben.
Darin liegt unser Christenleben.
(Römer 1,11-12; Apostelgeschichte 14,22)
Die Freude und Kraft des Evangeliums im Alltag
Noch ein letztes: Jetzt macht Leben Spaß. Ich habe den Ausdruck bewusst so gewählt, obwohl in der Bibel ein anderes Wort steht, das Sie natürlich kennen. Das Evangelium macht selige Leute.
Oft denken wir bei „selig“ an eine zerquetschte Persönlichkeit mit Orgelklang. Doch was hier gemeint ist, heißt in der Bibel befreite, glückliche, fröhliche Menschen. Das Evangelium macht Menschen glücklich.
Kommt es nicht immer wieder vor, dass Menschen meinen, wenn sie zu Jesus kommen, werde ihr Leben zerstört? Vielleicht haben wir eine merkwürdige Art, immer wieder beim Evangelium zu betonen, was man nicht tun soll und nicht darf.
Stellen Sie sich vor, jemand kauft ein Auto, und der Verkäufer erzählt ihm nur, was er mit dem Auto nicht machen darf. „Das ist ein Mordinstrument, mit dem Sie zwanzig Menschen auf einmal töten können. Das dürfen Sie nicht machen!“ Oder: „Wenn Sie Benzin außerhalb des Tanks über das Auto laufen lassen, dann funktioniert es auch nicht.“ So etwas ist nicht hilfreich.
Der Verkäufer wird Ihnen vielmehr erzählen, was man tun kann, wenn man ein so wunderbares Gefährt sinnvoll benutzt.
Wir sollten heute der Welt erzählen, welche ungeahnten Möglichkeiten uns im Glauben mit Jesus offenstehen. Sorgen, die uns heute belasten – wir werfen sie Jesus vor die Füße. Er soll für uns sorgen.
Ängste, die uns bedrücken? Nein, er macht unsere Zukunft licht. Schuld, die uns belastet? Er vergibt sie uns. Angst vor morgen, weil wir an unsere Schwachheit denken? Nein, wir sind mutig und stark, weil Jesus verspricht, mit uns zu gehen.
Seligkeit meint das Evangelium: Wer Jesus gefunden hat, ist ein Seliger, auch wenn er in diesem Leben durch manche schwere Wegstrecken gehen muss. Aber in der Freude an Jesus wird er über die Kraft Gottes verfügen können. Gott wird sterbliche, schwache Menschen so stark machen, dass sie viel bewirken können.
Im Galaterbrief hat Paulus es so ausgedrückt: „So lebe nun nicht mehr ich, ich der alte, notvolle Paulus mit all seinen Mängeln und Fehlern, sondern Christus lebt in mir. Und was ich noch lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dargegeben hat.“
Da reißt doch der Himmel auf!
Und nun wünsche ich Ihnen, dass Sie hinausgehen in diesen fröhlichen Frühlingssonnentag. Freuen Sie sich an all dem Schönen der Welt draußen, aber sagen Sie: „Die Sonne, die mir lacht, ist mein Herr Jesus Christus. Wie froh bin ich, dass ich ganz ihm gehören darf!“ Amen!
