Einleitung: Die Realität von Ungerechtigkeit und persönlichem Glauben
Gerechtigkeit, Du und Dein Glaubensleben – darum soll es heute gehen. Ich sage es gleich: Ich habe im August angefangen, die Yumiko-Predigt vorzubereiten. Im Oktober hatte ich sie weitestgehend fertig, habe sie dann aber komplett verworfen. Die Predigt wird also heute etwas anders sein, als ich es ursprünglich geplant hatte. Dennoch hoffe ich, dass sie für euch hilfreich ist.
Während wir heute Morgen bei der Yumiko sind, wird woanders geschossen und gekämpft. Bomben fallen, Drohnen fliegen, Menschen kommen ins Krankenhaus oder sterben. Während wir hier sind, gehen Ehen in die Brüche, Kinder werden von ihren eigenen Eltern in häuslicher Gewalt misshandelt. Manche Menschen trinken oder kiffen sich den Verstand weg – herzlichen Glückwunsch an unsere Regierung, dass wir jetzt Cannabis freigeben. Wir werden im kommenden Jahr noch einiges Spannende erleben. Beziehungen und Familien zerbrechen.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag war ich im Seehaus. Dort dürfen alle unsere Seehausjungs zu Weihnachten Besuch bekommen. Einer bekommt keinen Besuch, weil seine Familie nichts von ihm wissen will. Spannend ist, dass mir dieser junge Mann gesagt hat – wir haben zusammen am Motorrad geschraubt –, dass es gar nicht ginge, wenn seine Mutter kommen würde. Es würde genau drei Sekunden dauern, bevor es wieder knallt.
Die Welt kann total ungerecht sein. Bei uns im Seehaus gibt es Jungs, bei denen ich manchmal denke – aus der Sicht eines Strafverteidigers –, dass sie nur Unsinn erzählen. Aber dieser Junge ist einer, bei dem ich sage: Er konnte sich nicht aussuchen, wie sein Leben ab dem vierten Lebensjahr verlaufen soll. Er hat sich wirklich nicht ausgesucht, auf die Straße zu gehen. Das ist total ungerecht, vor allem, wenn ich mein eigenes Leben dagegenstelle, wie behütet ich aufgewachsen bin. Was habe ich dafür getan? Nichts.
Während wir heute Morgen bei der Yumiko sind, werden hungrige Menschen versuchen, vom kargen Acker das Letzte zu ernten, was noch vorhanden ist. Menschen werden an Brunnen kommen und feststellen, dass derjenige, der vor ihnen Wasser geschöpft hat, das letzte Wasser herausgezogen hat. Gleichzeitig werden irgendwo in Europa und Amerika Lebensmittel in großen Mengen vernichtet und Trinkwasser aus Flaschen ausgeschüttet – nur, weil man das Pfand haben will.
Während wir heute Morgen bei der Yumiko sind, werden Drogenbarone ihre nächsten Deals einfädeln. Menschenhändler werden die nächste Ladung Mädchen auf die Straße schicken. Politiker werden krumme Geschäfte machen und ihre Familien bevorzugen. Die Medien werden genau das berichten, was am meisten Geld einbringt oder die meiste politische Rückendeckung bringt.
Während wir heute Morgen bei der Yumiko sind, werden vier Leute die Wahl haben, aus 24 Bibelarbeiten auszuwählen. Gleichzeitig werden drei Milliarden Menschen noch kein einziges Wort vom Evangelium gehört haben.
Die Welt ist so ungerecht. Man kann sich leicht fragen, warum Gott das alles zulässt. Dabei übersieht man oft, dass man selbst eher Teil des Problems als Teil der Lösung ist.
Diese Predigt will dir keine einfachen Lösungen präsentieren. Sie soll dich aber fragen lassen, woran du teilnimmst, wovon du Teil bist und was du teilen willst. Unser Thema lautet: In guten wie in schlechten Zeiten gerecht leben.
Gesellschaftliche Dimensionen von Gerechtigkeit und persönlicher Verantwortung
Ohne dass wir uns zuvor abgestimmt haben, vermute ich, dass in den 23 anderen Bibelarbeiten und Predigten heute das Thema Gerechtigkeit mit großer Sicherheit eine zentrale Rolle spielen wird. Es geht um Klimagerechtigkeit, um Verteilungsgerechtigkeit und um Geschlechtergerechtigkeit. Diese Themen sind längst nicht mehr nur auf Parteitagen, Kirchentagen oder in Artikeln von FAZ oder Spiegel präsent. Sie sind angekommen in unseren Universitäten, in unseren Schulen, in unseren Werkstätten und an unseren Familienküchentischen.
Wahrscheinlich wurde nie so oft und so laut nach Gerechtigkeit gefragt. Das hat vermutlich zwei Aspekte. Zum einen können wir es uns in Deutschland leisten, zumindest über bestimmte Dinge sehr theoretisch zu sprechen. Denn wir müssen an vielen anderen Stellen nicht um das Existenzielle kämpfen und haben die Zeit dazu.
Zum anderen hängt es vermutlich damit zusammen, dass wir in Deutschland die gottloseste aller Gesellschaften erleben. Gleichzeitig gibt es eine Vielgötterei des individualisierten Ichs, das sich selbst etablieren und optimieren muss. Dieses Ich muss sich auch rechtfertigen – genau für die Art zu leben, die es gerade führt, in seinem Konsumhedonismus.
Ich habe gestern Abend noch GMX aufgemacht, weil ich etwas nachgeschaut habe. Dort gab es einen Artikel von einem Konsumforscher aus Deutschland. Er sagt, dass im Jahr 2024 eine Welle des Hedonismus über Deutschland hinwegschwappen wird. Corona ist vorbei, die Lust auf Nachhaltigkeit ist gering, und Zurückhaltung will niemand mehr. Es soll endlich wieder gelebt werden. Die Tourismusindustrie, wie man sie hier bei der CMT in zwei Tagen erleben kann, ist schon voll darauf eingestellt. Es geht wieder richtig los.
Und irgendwie muss man es natürlich rechtfertigen, dass es bei einem selbst wieder „abgeht“. Dann kann es passieren, dass man auf Lieferketten herabsieht, als ob am anderen Ende der Welt nur eine Mischung aus Ameise und Roboter die T-Shirts näht – statt auf Menschen, die aus Fleisch und Blut sind und Gefühle und Seelen haben.
Ich war in Honduras, in Städten wie Tela, wo 20 bis 25 Leute in Textilfabriken für den amerikanischen Markt produzieren. Ich war in Malaysia und habe dort große Fabriken gesehen, in denen vier vietnamesische junge Frauen als Gastarbeiterinnen für den deutschen Markt nähen. Es sind dann diese nachhaltigen Stoffbeutel, die bei uns an der Kasse verkauft werden, damit man das gute Gefühl hat, keine Plastiktüte zu nehmen.
Es ist nicht gerecht auf dieser Welt, und das soll heute meine erste Frage sein: Wie viel Mitgefühl hast du mit dieser Welt?
Ich arbeite im Seehaus. Wir arbeiten mit Straftätern auch im Strafvollzug, gehen also in Gefängnisse. Wir bemühen uns darum, Gefühle zu entwickeln und sich in das Opfer, in die begangene Tat und in die Folgen der Tat – auch für die Angehörigen – hineinzudenken und Verantwortung zu übernehmen. Wer mehr darüber wissen möchte: Wir nennen das Opfer-Empathietraining. Man kann dazu gerne am Stand 42 vorbeischauen.
Wenn ich den Shoppingstress sehe, zwischen Black Week, Weihnachtsmarkt Stuttgart und all dem Trubel, wenn ich die Autos sehe, wie sie die Päckchen noch am 23. Dezember ausliefern – raus, raus, raus! – dann denke ich, dass wir als Gesellschaft vielleicht auch mal so ein Empathietraining brauchen. Ein Training, bei dem wir nicht nur darüber nachdenken, was wir einkaufen, sondern auch fühlen, was es bedeutet, so zu produzieren. Statt „geil geizig“ zu konsumieren, sollten wir uns bewusst machen, dass vieles, was super billig unter diesen Umständen entsteht, andere Menschen sehr viel kostet – während wir selbst sparen.
Eine Freundin von mir ist Nachhaltigkeitsbeauftragte bei einem sehr großen, bekannten Bekleidungshersteller, der irgendwie wie ein Chef klingt und aus der Nähe kommt. Sie hat mir erzählt, wie viel von den Kollektionen am Ende einfach in den Reißwolf geht, damit die nächste Kollektion verkauft werden kann.
So viel Ungerechtigkeit. Wie fühlst du dich da als Christ? Was empfindest du als Christ in dieser Welt, wenn du manches mitbekommst?
Reflexion über persönliche Schuld und Gerechtigkeit im Glauben
Wir hören Worte, vorgetragen von meiner ganz wunderbaren Seehaus-Kollegin Anja Halle: Ungerechtigkeit. Anja, bitte komm nach vorn.
Ihr führt Kriege für den Frieden und informiert die Welt, wenn es sein muss, mit Lügen. Ihr definiert, wer die Guten sein dürfen, und geht anschließend eure Austern schlürfen. Ihr redet viel von Gerechtigkeit und verleugnet dabei eure Schlechtigkeit.
Ich selbst wäre gerne viel öfter gerecht, doch leider spüre ich, dass ich viel zu schlecht bin. Ich kaufe ein und schaue klar nach dem Preis. Ich leugne, was ich über Lieferketten weiß. Ich bin froh, dass ich nicht dort leben muss, und leide nur selten unter meinem Überfluss. Ich rede viel von Gerechtigkeit und verleugne dabei meine Schlechtigkeit. Ich selbst wäre gerne viel öfter gerecht, doch leider spüre ich, dass ich viel zu schlecht bin.
Wir packen jetzt an und verändern die Welt. Klimabelastung kostet ab jetzt richtig Geld. Wir ändern die Sprache, um das Denken zu ändern. Wir framen, changen, sind achtsam und gendern. Wir reden viel von Gerechtigkeit und verleugnen dabei unsere Schlechtigkeit. Ich selbst wäre gerne viel öfter gerecht, doch leider spüre ich, dass ich viel zu schlecht bin.
Du kamst aus dem Himmel und bist den Menschen begegnet. Du hast geheilt, versöhnt und gesegnet. Du hast gelehrt, wie das Leben gelingt und wie man Gerechtigkeit zu den Menschen bringt. Du redest nicht viel von Gerechtigkeit, sondern trägst sie in eine Welt voller Schlechtigkeit. Du machst mich mit deiner Gnade gerecht. Du gingst ans Kreuz und machtest Gerechtigkeit echt.
Vielen Dank, Anja.
Bibeltext und zentrale Fragestellungen zum Glauben
Ich lese uns den Bibeltext für diese Bibelarbeit aus 2. Petrus 3, Verse 8-14 vor:
Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, dass ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde.
Es wird aber der Herdtag kommen wie ein Dieb. Dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr zu finden sein.
Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen, die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegen eilt, wenn die Himmel vor Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen?
Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Darum, ihr Lieben, während ihr darauf wartet, seid bemüht, dass ihr vor ihm unbefleckt und untadelig im Frieden gefunden werdet.
Ich möchte aus diesem Bibeltext drei Fragestellungen herausholen: Was erwarten wir eigentlich? Was wollen wir glauben? Und wie warten wir bis dahin?
Erwartungen an das neue Jahr und an Gott
Deine Erwartungen und du
Wie bist du ins Jahr 2024 gestartet? Das ist erst ein paar Tage her, da sollte die Erinnerung noch frisch sein. Welche Erwartungen hast du ausgedrückt? Was hast du dir gewünscht? Wofür hast du vielleicht sogar gebetet? War auch die Erwartung dabei, dass du im kommenden Jahr zu Gott kommen könntest – oder dass Gott zu dir kommt?
Früher nannte man das Naherwartung. Doch Jahrzehnte der Spöttelei haben Bibelstellen wie unsere heutige mit abschätzigen Sprüchen, bedauerndem Trivialisieren und theologischem Kaputtreden regelrecht zugeschüttet. Dabei ist es das heilige Wort Gottes, das Petrus hier aufschreibt: „Eins sei euch aber nicht verborgen, ihr Lieben, dass ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße komme. Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb, völlig überraschend, völlig überraschend.“
Ich will mich nicht in Endzeitprophezeiungen oder Doomsday-Auslegungen verlieren, aber eins weiß ich: Wir erleben gerade einen sehr biblisch relevanten Krieg um Israel. Wir haben einen Angriff auf Israel erlebt, den ich so niemals erwartet hätte. Er hat mich wirklich kalt erwischt – auch in meinem eigenen Verständnis der Entwicklungen im Nahen Osten. Und wir sehen, dass es keine einfachen Lösungen gibt, dass sehr viele Beteiligte involviert sind und dass vieles unklar bleibt in diesem Nahen Osten, der uns in diesen Tagen erstaunlich nahekommt.
Ich weiß, dass das Schicksal Israels eng verbunden ist mit dem Schicksal dieser Welt – mit unserer Zukunft auch hier in Europa. Vielleicht hat das deine Erwartungen durcheinandergebracht. Aber vielleicht auch andere Dinge, die gerade geschehen: all das, was sich an Naturkatastrophen abspielt, die gefühlt immer häufiger, immer größer und immer heftiger werden. Zumindest werden sie dir medial durch dein Handy so nahegebracht, wie es keine Generation vor dir hatte.
Dazu kommen all die Ereignisse, die mit Kriegen und Kriegsgeschrei verbunden sind, wie es die Bibel in Matthäus 24,6 sagt: „Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei. Seht zu und erschreckt nicht, denn es muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende.“
Du hörst von Terrorismus, von Krieg, von Verfolgung, von Flucht – plötzlich kommt das alles ganz nah. Wir haben immer mehr Flüchtlinge hier, du hast bestimmt auch ukrainische Bekannte irgendwo. Hoffentlich sind es nicht nur Bekannte, sondern irgendwann auch Freunde von dir oder Menschen, um die du dich kümmerst. Du hast diesen Krieg nur ein paar hundert Kilometer entfernt ganz real vor der Haustür.
Du siehst die krassen Veränderungen durch künstliche Intelligenz. Gerade ist die CIS in Las Vegas zu Ende gegangen. Unglaubliche neue Anwendungen stehen vor der Tür. Die amerikanische Computerbörse geht durch die Decke, die Technologiewerte steigen steil, steil, steil nach oben. Unsere Arbeitswelt wird sich verändern, deine Arbeitswelt wird sich verändern. Künstliche Intelligenz wird vieles verändern – und vielleicht ist nicht alles zugunsten von Deutschland, was sich gerade weltweit entwickelt.
Du bekommst das alles mit. Vielleicht spürst du auch ein Stück der Krise darüber. Du bist irritiert und fragst dich, wo dein Platz ist, welche Erwartungen du überhaupt noch haben darfst und welche überzogen sind. Und das alles spielt sich draußen ab, extern.
Dazu kommen vielleicht die Erwartungen, die du an dich selbst hast.
Seit Weihnachten verfolgt mich ein Text. Ich war am Heiligabend in einer anderen Gemeinde zu Gast – Gospel im Osten, ein ziemlich cooler Gospelchor hier in Stuttgart, der noch einen Weihnachtsabend veranstaltet hat. Dort wurde ein Text von Fulbert Stefanski vorgelesen, den ich hier gerne kurz wiedergeben möchte, weil er mir sehr nachgeht.
„Es gibt ein Leiden, das durch überhöhte Erwartungen entsteht. Die Erwartung, dass die eigene Ehe vollkommen sein wird, dass die Partnerin oder der Partner einen vollkommen erfüllt, dass ich im Beruf völlig aufgehen werde, dass die Erziehung der Kinder vollkommen gelingen wird. Für euch Jungen vielleicht, dass euer Leben richtig super wird. So ist das Leben nicht. Die meisten Leben gelingen halb. Man ist meistens nur ein halb guter Vater, eine halb gute Lehrerin, ein halb glücklicher Mensch – und das ist schon viel.
Gegen den Totalitätsterror möchte ich die gelungene Halbheit loben. Die Süße und die Schönheit des Lebens liegen nicht im vollkommenen Gelingen und in der Ganzheit. Das Leben ist endlich – nicht nur im Sinn, dass wir irgendwann sterben müssen. Die Endlichkeit liegt im Leben selbst, im begrenzten Glück, im begrenzten Gelingen, in der begrenzten Ausgefülltheit.“
Ein Hammersatz: „Die große Leidenschaft kann sich auch in einem halben Herzen verstecken.“
Ich vermute, so schreibt Fulbert Stefanski weiter, dass die Ganzheitszwänge zusammenhängen mit dem Schwinden des Glaubens an Gott. Wer an Gott glaubt, braucht nicht Gott zu sein und Gott zu spielen. Und wo dieser Glaube zerbricht, da wird dem Menschen die nicht zu tragende Last der Verantwortung für die eigene Ganzheit auferlegt.
Wir können das nicht tragen, wir können nicht supergerecht sein. Wir packen das einfach nicht.
Und die Frage ist, mit welchen Erwartungen du ins Leben gehst.
Petrus’ Glaubensweg und die Bedeutung von Vertrauen
Petrus, als er noch jung im Glauben war, als er noch ein junger Jünger war, hatte noch sehr ausgeprägte irdische Erwartungen. In Matthäus 19,27 antwortete Petrus, nachdem Jesus gerade das große Bild davon beschrieben hatte, wie es im Himmel sein wird, wie die Berufung der Jünger aussieht. Und was sagt Petrus darauf? Er spricht zu Jesus: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen?“
Der Herr Jesus beantwortet diese ziemlich forsche Frage mit einem Versprechen, das auch heute noch gilt, auch hier bei der Yumiko-Gemeinde. Ich habe heute Morgen einige Leute gesehen, die mit CFI ins Ausland gegangen sind, die viel für Gott getan haben und von Gott reich beschenkt aus solchen Auslandseinsätzen zurückgekehrt sind. Jesus antwortet in Matthäus 19,29: „Und wer Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verlässt um meines Namens willen, der wird hundertfach empfangen und das ewige Leben ererben.“
Am Anfang der Reise mit Jesus war das für Petrus noch sehr wichtig, damals ging es ihm um irdische Dinge. Auf dem Berg will er Hütten bauen – eine für Elija, eine für Mose, eine für Jesus. Er will etwas tun. Er will mit seinem Herrn durchhalten, wenn alle anderen weggehen würden. Er will Jesus mit dem Schwert verteidigen, auch gegen eine Übermacht. Er will als Erster ins leere Grab gehen und sehen, wohin man Jesus gebracht hat, was dort passiert ist.
Für Petrus war es immer wichtig, das Sichtbare zu erfassen, das, was vor Augen war. Ist das bei dir auch so? Ist für dich jetzt, Anfang Januar 2024, das Sichtbare das Wichtigste im Leben? Bei Petrus war es so, dass er mit zunehmender Jüngerschaft und Glaubenserfahrung immer weniger darauf vertraute, was er vor sich sah oder was er bekommen würde. Es wurde ihm immer weniger wichtig, weil er mit Gottes Hilfe eine andere Perspektive gewann.
In 2. Petrus 3,10 heißt es: „Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr gefunden werden.“
Ich denke an die Diagonale Sädimonie. Moni ist aus Leichlingen, sie ist nach Uganda gegangen und hat dort gearbeitet. Sie erzählte mir, dass sie, als sie nach ihrem Heimataufenthalt zurückkam, ihren Kleiderschrank öffnete und sich überwältigt fühlte, wie viel sie besaß, was sie kaum trug. Während sie dort mit Frauen arbeitete, die nur einen Rock und ein T-Shirt hatten und sich riesig freuen würden, wenn sie zu Weihnachten noch ein Kleid bekämen – eins!
Die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr zu finden sein. Alles wird einmal weg sein – der ganze Plunder. Diese Erde mit all ihrem Lamento, mit all ihren Nöten, aber auch mit all ihren Reichtümern wird einmal Vergangenheit sein. Alle irdische Ungerechtigkeit wird ein Ende nehmen. Die Erde und die Werke, die darauf sind, werden nicht mehr zu finden sein.
Die Frage ist: Was macht das mit dir? Ist das für dich interessant oder lässt es dich eher kalt? Oder macht es dich heiß, die verbleibende Zeit zu nutzen für das, was wirklich Ewigkeitswert hat? Macht es dich bereit, zu dienen, auch dort, wo es nicht lustig ist? Das kann im afrikanischen Busch sein, in der asiatischen Megacity – aber auch in deiner Heimatgemeinde.
Hier sitzt jemand, der mir kürzlich sagte: „In meiner Gemeinde wird man schön rund gemacht.“ Es kann sein, dass deine Heimatgemeinde der Ort ist, an dem Gott dich braucht, auch wenn man dort ganz schön eingespannt wird.
Macht es dich bereit zum Loslassen und Losgehen? Oder wirst du noch festgehalten von dem, was du scheinbar fest in den Händen hältst? Wir denken oft, wir haben alles im Griff, aber eigentlich hat es uns im Griff, weil es so wichtig erscheint: deine Karriere, das Geld, die Anerkennung im Beruf, das selbstgestaltete und scheinbar so selbstsichere Leben.
Ich erlebe Menschen, die den Flow suchen, die in den Flow ihres Lebens kommen wollen. Aber sie bleiben am Ufer der Belanglosigkeit stehen, statt sich ins Wasser zu wagen, in den Strom, dort, wo man nicht mehr stehen kann und wo Gott einen treiben würde. Da wollen sie nicht hin. Sie wollen dauernd Grund unter den Füßen haben, sie wollen feststehen. Und so bleibt auch alles fest im Leben.
Petrus kannte diesen Kontrollreflex. Er war früher eine Art Arbeitgeber gewesen, besaß sogar zwei Boote. Er war jemand, der sich auskannte als Fischer in Kapernaum. Er wusste, wann man fischt und wann nicht. Er war top im Geschäft.
Im Johannes Markus findet sich eine Geschichte, die an vielen anderen Stellen erzählt wird: die Stillung des Sturms. Petrus ist derjenige, der das wohl Markus erzählt hat. In der Geschichte bei Markus heißt es: „Und Petrus nahm Jesus mit ins Boot.“ Das ist Petrus, der sich auskennt, der weiß, wie man so eine Landratte aus Nazareth aufs Boot bringt. Petrus, der Kapitän, der sagt, wo es langgeht, wer mitgeht und wie man ablegt – El Capitano.
Bist du auch El Capitano in deinem Leben? Dann pass gut auf, dass dir kein kapitaler Fehler passiert: dass du nämlich verpasst, dass Jesus dich mitnehmen will auf seine Reise. Es geht nicht darum, dass du den Herrn Jesus mit auf deine Reise nimmst. Er will vielleicht ein ganz anderes Boot für dich.
Immer bist du der Bestimmer? Es gibt so ein Volkslied, da bist du vielleicht Anfang 2024 immer noch der Bestimmer. Pass gut auf, dass du nichts verpasst.
Subjektivität und Grenzen menschlicher Gerechtigkeit
Und es ist auch diese ganze Dramatik der heutigen Gerechtigkeitsdiskussionen, die wir gerade erleben – nur an diesem Wochenende. Ich sage es mal so: Ist es gerecht, wenn Landwirte einen Minister nicht an Land gehen lassen? Petrus hätte die Geschichte wahrscheinlich extrem spannend gefunden.
Man muss darüber nachdenken: Ist es fair, jemanden nicht von der Fähre runterzulassen? Ist es gerecht, dass Klimakleber in Berlin die Autobahn blockieren und die Autos, in denen 420 Mittagessen für Kinder in Kindertageseinrichtungen transportiert werden, nicht durchlassen? Was ist gerecht?
Wir merken sofort, dass wir ziemlich subjektiv sein können. Meine Frau arbeitet in einer Kinderkrippe und ist verantwortlich für 20 Kinder. Ich bin daher nicht ganz unparteiisch bei dieser Frage. Wahrscheinlich seid ihr alle nicht ganz unparteiisch, wenn es um die Fragen unseres Lebens geht.
Deshalb müssen wir einfach bekennen: Wir sind menschlich begrenzt in unserer Subjektivität. Wir werden nie vollständig gerecht sein können, weil wir unsere eigenen Sichtweisen haben.
Man muss das den Leuten der letzten Generation einfach mal sagen: Wer die letzte Generation ist, entscheidet Gott – und niemand sonst. Niemand anderes würde das entscheiden.
Und was bis dahin passiert – UN-Deklarationen, Pressekonferenzen in New York, Delhi, Peking, Moskau oder Washington oder irgendwelche TikTok-Filmchen aus dem Universum der Belanglosigkeiten – all das wird allein von Gott entschieden.
Glaubensbekenntnis und persönliche Überzeugungen
Dein ganz persönliches Glaubensbekenntnis – der zweite Punkt
Früher war das mit dem Glaubensbekenntnis ganz einfach. Es gab eins, das man im Konfirmationsunterricht gelernt hat, und das hat einen ein Leben lang begleitet. Heute ist das anders.
Ich habe ein ganz aktuelles Buch von Rebecca McLaughlin gelesen. Sie ist eine tolle Autorin. Ich würde sagen, sie ist in den USA das, was Julia Garschagen bei uns in Deutschland ist. Kleiner Tipp: Wer heute Nachmittag noch nicht weiß, wohin er gehen soll, sollte sich Julia Garschagen anhören. Sie ist eine Apologetin vor dem Herrn, eine Glaubensverteidigerin. Apologetik – unbedingt hingehen, super interessant!
Julia Garschagen hat die modernen Glaubensbekenntnisse aufgeschrieben, die in den USA gerade gelten. Sie heißen: Black Lives Matter, Liebe ist Liebe, Frauenrechte sind Menschenrechte, wir sind alle irgendwie Immigranten, Vielfalt macht uns stärker. Und das ist alles nicht schlecht.
Aber ich sage mal als jemand, der über 20 Jahre für Afrika gearbeitet hat: Ich staune schon, dass man Black Lives Matter so sehr auf bestimmte Menschen in einem bestimmten Kontinent bezieht und sich dafür unglaublich begeistert, während einem der große Teil dieser Black Lives, darf man bei der Yumiko nicht sagen, wo vorbeigeht. Versteht ihr das? Wir sind immer subjektiv. Wir denken immer erst mal nur an uns. Es geht immer nur um uns.
In dem Glaubensbekenntnis, das ich im Konfirmationsunterricht gelernt habe, geht es um Gott:
Ich glaube an Gott, den Vater, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Kannst du dazu Amen sagen?
Heute kannst du froh sein, wenn du im Theologiestudium nicht durchfällst, wenn du sagst, dass du an 50 Prozent davon überhaupt noch glaubst. Dinge ändern sich. Wir suchen unsere eigenen Glaubensbekenntnisse. Vielleicht hat jede Zeit ihr eigenes Glaubensbekenntnis. Deshalb nennt man das dann auch Zeitgeist und nicht mehr Heiliger Geist, weil es eben ein Zeitgeist ist.
Kürzlich hatte ich eine Diskussion mit einer hochrangigen Juristin. Es ging um Gerechtigkeit durch Strafverfahren. Es gab eine ganz unsägliche Entscheidung vor kurzem, die einige vielleicht mitbekommen haben: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden über den Fall Friedericke, einen Vergewaltiger und Mörder. Einem Mädchen darf er nicht wieder vor Gericht gestellt werden, obwohl man jetzt den DNA-Beweis hat, dass er es war. Weil es mal einen Freispruch gab, darf er sich darauf verlassen. Er ist einmal freigesprochen worden, es gibt keine Möglichkeit, ihn ein zweites Mal vor Gericht zu stellen.
Ich beendete die Diskussion, weil es mir irgendwann schwierig wurde, mit der Kollegin weiter zu sprechen. Ich sagte: Ich glaube, von dort wird Jesus kommen, und er wird die Lebenden und die Toten richten.
Das war jetzt auch wieder nicht recht. Die Kollegin sagte, das sei ja wohl ein bisschen fundamentalistisch.
Ich sage euch mal was: Mein Glaube hat Fundamente. Deshalb trägt er mich durch diese Welt voller Ungerechtigkeit, durch die emotionalen Stürme, durch die depressiven Schübe, die man kriegen kann, die man vielleicht sogar kriegen muss, wenn man mal so sieht, was hier los ist. Es ist der Teufel los, Leute.
Petrus kennt das alles. Er hat mitbekommen, wie die Gemeinde verfolgt wird, wie Glaubensgeschwister in und um Jerusalem gejagt und umgebracht werden. Er war bei der Beerdigung des Stephanus dabei – so ein guter Mann, glaubenstreu, fleißig, am Ende gesteinigt von den eigenen Leuten.
Und dort hinein sagt dieser Petrus: Ich warte auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Ja, Petrus kann warten, weil er nämlich etwas gelernt hat. Er hat gelernt, dass er mit seinem Schwert vielleicht das Ohr von Malchus abschlagen kann, aber keine Gerechtigkeit herstellen kann.
Wir haben in Seehaus so viele Jungs, die dann sagen: Ja, und dann hat er meine Mutter beleidigt, da gibt es so ein Wort mit H, das funktioniert immer, der hat meine Mutter beleidigt und dann musste ich ja zustechen. Ja, und hat es was gebracht? Der kannte deine Mutter nicht mal. Ja, Alter, aber trotzdem.
Du kannst keine Gerechtigkeit mit dem Messer herstellen.
Petrus hat lernen müssen, dass er große Glaubensschritte macht. Er, der bekennende Jude, der bei einem Gerber übernachtet – jemand, der mit toten Tieren arbeitet. Alter, ich wage mich weit raus: Ich übernachte bei Simon, dem Gerber. Und dann wird er von Gott überrascht in einer Vision, dass Gott sich sogar über Römer erbarmt und seine Gerechtigkeit auf Heiden ausgießt.
Petrus hat gelernt, dass er ein Fischer sein wollte und sich auf dem Wasser auskennt. Von Jesus wird er zum Felsen der Gemeinde gemacht, und er wird ab dann am Land sein und trotzdem Fischer bleiben – nämlich Menschenfischer.
Petrus hat viel gelernt, und ich frage dich: Was hast du bis jetzt in deinem Glaubensleben gelernt? Wie sehr verlässt du dich auf deine Eigenleistungen konkret? Wie viel betest du? Wie viel machst du? Worin verwendest du deine Zeit, und womit verschwendest du deine Zeit?
Noch einmal: Diese Yumiko kann ein Neustart sein, auch für dein Glaubensleben. Das Jahr ist noch nicht sehr alt.
Frag dich also mal selbst: Woran glaubst du? Wie viel Gerechtigkeit erwartest du hier auf der Erde? Wie viel Gerechtigkeit erwartest du auch von dir selbst? Und was erwartest du heute Morgen von Gott?
Ich lese den Vers noch einmal:
Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Bist du bei diesem Wir dabei?
Haltung und Leben in Erwartung der Wiederkunft Christi
Ich komme zum dritten Punkt: Wie warten wir bis dahin?
Wir können so tun, als sei das alles noch ganz weit weg, was Petrus beschreibt. Man kann sagen: Das hat er vor 1950 Jahren geschrieben. Ganz ehrlich, da ist viel Zeit vergangen, da wird mein Leben auch noch reinpassen, bis das alles geschieht. Aber auch unser eigenes Leben kann ganz schnell zu Ende gehen. Das ist möglich.
Wir fahren Motorrad und haben einen guten Freund verloren, der wahrscheinlich morgens sogar auf dem Weg zu einem Motorradgottesdienst war. Ein feiner junger Kerl, 15 Jahre jünger als wir. Was machst du mit deinem Leben?
Es kommt nämlich darauf an, wie wir bis dahin gelebt haben, wenn wir vor Gott stehen. Ich sage bewusst: Es geht nicht darum, was wir geleistet haben, sondern darum, was wir gewesen sind. Petrus nennt das eine Haltung, er nennt es ein Dastehen – eine Erwartungshaltung.
Wenn das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann dastehen? Im heiligen Wandel und im frommen Wesen, die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegeneilt. Ist das deine Haltung? Erwartest du das Kommen des Tages Gottes in deinem Leben? Und lebst du diesen heiligen Wandel, dieses gottgewirkte, von Gottes Wort bestimmte Gerechtigkeitsleben? Das ist eben noch mal anders als das der politischen Plärrer, der Kleber und, ich sage es mal so, auch der Antikleber.
Das ist zurzeit interessant: Entweder dies oder das, immer mehr schwarz-weiß, schwarz-weiß. Gott aber sagt: Ein ganz anderer Level, auf dem ich über Gerechtigkeit rede. Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben – und ich bin deine Gerechtigkeit, weil du es nicht sein kannst in der Subjektivität deines Menschseins.
Kurz auf Neudeutsch: Wie bist du eigentlich drauf? Bist du heute Morgen eigentlich so drauf? Petrus schreibt das eindrücklich: Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt. Darum, ihr Lieben, während ihr darauf wartet, seid bemüht, dass ihr vor ihm unbefleckt und untadelig im Frieden gefunden werdet.
Jetzt klingelt es: Seid bemüht, seid bemüht! Damit kannte sich Petrus aus. Verklemmtes, verkrampftes Bemühen, mit dem man nichts als die große Blamage erreichen kann.
In Matthäus 26 antwortet Petrus Jesus und spricht zu ihm: „Wenn sich alle an dir ärgern werden, so will ich mich niemals an dir ärgern.“ Jesus sprach zu ihm: „Wahrlich, ich sage dir, in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Petrus sprach zu ihm: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, ich werde dich nicht verleugnen.“
Nicht nur, dass er kurze Zeit später im Garten Gethsemane einfach einschläft – nein, in dieser Nacht wird er hellwach am Lagerfeuer stehen und verleugnen.
Matthäus 26, Vers 69: „Petrus aber saß draußen im Hof, und es trat eine Magd zu ihm und sprach: ‚Du warst doch auch mit dem Jesus aus Galiläa.‘ Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: ‚Ich weiß nicht, was du sagst.‘“
Als er aber hinausging in die Torhalle, sah ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: „Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth.“ Und er leugnete abermals und schwor dazu: „Ich kenne diesen Menschen nicht.“ Nach einer kleinen Weile traten hinzu, die da standen, und sprachen zu Petrus: „Wahrhaftig, du bist doch auch einer von denen, denn deine Sprache verrät dich.“ Übrigens an der Stelle nichts gegen Akzent.
Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören: „Ich kenne diesen Menschen nicht.“ Und alsbald krähte der Hahn. Er ging hinaus und weinte bitterlich.
Vielleicht kommst du ja auch aus einem Jahr 2023, in dem du mal bitterlich geweint hast darüber, wie du Jesus hängen gelassen hast, wie du Jesus verleugnet hast – vielleicht in deiner Schulklasse, in deiner Unigruppe, vielleicht sogar in deiner persönlichen Beziehung mit jemand anderem.
Hör zu, wie Gott dir heute sagt: Siehe, ich mache alle Dinge neu. 2024 ist die Möglichkeit, neu anzufangen.
Petrus meint hier kein verkrampftes Müssen müssen. Sondern er weiß, dass es um die eigenen Shortcomings geht, die eigene Sündhaftigkeit. Er weiß um sein eigenes Versagen, er weiß, dass wir ohne ihn nichts tun können.
Johannes 15,5: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“
Ich bin jetzt über 50 Jahre alt, ich weiß, wie schön man scheitern kann – an sich und trotz der eigenen Ansprüche. Ohne mich könnt ihr nichts tun. Auch das wurde dir heute Morgen am Beginn dieser Yumiko gesagt, mit all den Möglichkeiten, die heute an dem Tag und in diesem Jahr noch vor dir liegen.
Petrus hat Jesus das persönlich sagen hören. Heute hörst du es vielleicht sogar schon wieder oder hast es schon ganz oft gehört. Die Frage ist einfach: Lebst du das auch, was du weißt?
Dieses Unbefleckt und Untadelig im Frieden gefunden werden geschieht nicht durch das eigene, unvollkommene Bemühen, sondern das ist geschenkte Frucht am Weinstock, der zugleich das Lamm Gottes ist. Das Lamm Gottes wurde für unsere Schuld, für unser Versagen, für unsere Ungerechtigkeit geopfert.
Und das ist sehr widersprüchlich und trotzdem wahr.
Rotweinflecken gehen nie aus der Kleidung. Ich habe immer ein bisschen Angst, wenn ich mit einem weißen Hemd irgendwo zum Beispiel Spaghetti oder so esse. Meine Frau schimpft dann hinterher und sagt: „Hättest du die Serviette nehmen können?“ „Hatte ich doch, guck mal, wie du aussiehst!“
Oder Rotweinflecken – oder wer mal ab und zu Nasenbluten hat, der weiß, das T-Shirt ist ruiniert. Blutflecken, das ist vorbei.
Es ist total krass, dass Gott sagt: Mit meinem Blut mache ich euch rein. Dass wir am Abendmahl durch den Wein daran erinnert werden: Ich habe euch reingemacht.
Bei Jesus Christus wirst du rein, bei Jesus Christus wirst du gerecht. So kannst du dieses reine Gewissen haben in einer ungerechten, in einer unfriedlichen Welt. Du wirst selbst im Frieden gefunden, weil du dich nicht mehr selbst erlösen musst. Dadurch hast du Zeit, für die Lösungen für andere da zu sein.
Und das ist für mich wirklich wundervoll!
Ich habe vorhin bei Deborah gedacht: So krass, wie viele Lernhelfer draußen den Leuten den Rücken freigehalten haben für die Arbeit, die dadurch möglich wurde. Zum Beispiel die Eltern der Missionarskinder, die dadurch Zeit hatten.
Und für die, die heute überlegen, irgendwo ein FSJ zu machen: Ganz viele suchen heute hier Auslandseinsatz. Ihr könnt euch das noch gar nicht vorstellen, was ihr in diesem einen Jahr mithelfen könnt, damit Dinge woanders besser laufen. Wie diese Grafikdesignerin, weil Gott größere Pläne hat.
Auch da endet vieles viel zu früh an unserer eigenen Subjektivität. Lasst euch herausholen, um im Frieden gefunden mit Gottes Hilfe coole Sachen zu machen.
So sollen wir warten, so sollen wir warten auf die Wiederkunft Christi. Nämlich als solche, die fleißig sind, aber unverkrampft, echt in dem, was wir tun und auch in dem, was wir lassen.
Vielleicht gehst du heute auch an Ständen vorbei und betest darüber und sagst: Das ist nicht meine Aufgabe.
Kurze Frage: Streckt mal bitte die Hand, wer unter dreißig ist. Ich habe was für euch dabei.
Super, es sind fast ein bisschen zu viele, aber wer schnell ist, kann es kriegen.
Meine Buchempfehlung: Wie du dein Leben bis dreißig vergeigst.
Wir haben extra beim Hensler gefragt. Die haben auf den Büchertisch geknallt, was noch im Lager war. Kostet auch nur einen Zehner, ein sehr freundlicher Preis.
Steve Farrow gibt dir Tipps, wie du dein Leben vergeigst. Einen Tipp finde ich richtig gut: Lass dich nicht von alten Fehlern herunterziehen.
Wir haben in Seehaus einen Spruch, den haben wir in Brasilien ausgeliehen, von der Abhak-Arbeit. Dieser Spruch heißt: Ein Mensch ist immer mehr als seine Straftat.
Ein Mensch ist immer mehr als seine Straftat.
Und es ist für mich ganz wichtig, das auch auf unser Leben zu übertragen: Ein Mensch ist immer mehr als sein Versagen, ist immer mehr als sein Shortcoming.
Vielleicht kommst du eben aus einem Jahr, in dem du sagst: Es ist beschissen gelaufen.
Neues Jahr, Jesus neu, sein Blut neu, sein Kreuz neu.
Fang neu an!
Und die Yumiko kann dafür der Auslöser sein.
Missachte deine Gaben und Stärken bei der Wahl, was du tust. Ignoriere Gottes Führung, kapsele dich völlig ab und lehne Lebensweisheiten ab. Nur so ein paar Tipps – natürlich alles im Witz geschrieben. Er gibt ganz andere Tipps und sagt: Denk mal drüber nach.
Dreißig von den Büchern liegen für Leute unter dreißig dort unten auf dem Tisch. Ich würde euch empfehlen: Ein sehr wertvoller Lesestoff, um vielleicht im Januar noch ein paar Entscheidungen zu treffen, die man dann die anderen elf Monate durchzieht – völlig unverkrampft, völlig korrekt und völlig stabil mit Gott unterwegs sein.
Ich wünsche euch, dass ihr im Frieden gefunden werdet, mitten in einer ungerechten Welt, dass ihr Gerechtigkeit leben könnt in einer Welt, die ziemlich ungerecht ist – in guten wie in schlechten Zeiten.
Ich beende meine Predigt wie vor einem Jahr hier bei der Yumiko mit drei Aufforderungen:
Punkt eins: Yumiko ist dafür da, dass du dich entscheidest. Entscheide dich heute bitte, wie du leben willst.
Punkt zwei: Tue den Willen Gottes. Sein Wille geschehe auch in deinem Leben.
Der dritte Punkt: Und die Gemeinde Gottes sagt: Amen.