Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 438: Die Ehebrecherin, Teil 2
Das Dilemma Jesu und die Herausforderung der Gegner
Jesus steckt in einem Dilemma. Jedenfalls ist das, was seine Gegner denken. Sie bringen eine Frau, die gerade beim Ehebruch ertappt wurde, zu Jesus und fragen ihn, ob er in ihrem Fall für eine Steinigung ist, so wie das Gesetz des Mose es fordert.
Jesus weiß, dass er mit einem „Nein, Steinigung geht gar nicht“ seinen Ruf als gesetzestreuer Rabbi aufs Spiel setzt. Mit einem „Ja, das ist genau richtig“ riskiert er hingegen eine Anklage vor dem römischen Statthalter.
Was tut Jesus? Nun wird es interessant. Johannes 8,6: „Dies aber sagten sie, ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen.“ Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
Das Schweigen und das Schreiben als Antwort
Halten wir zunächst Folgendes fest: Nur weil jemand eine Frage stellt, muss sie nicht unbedingt beantwortet werden. Genau das tut der Herr Jesus hier. Er sagt zunächst nichts und beginnt stattdessen, mit dem Finger auf die Erde zu schreiben.
Nun zur Frage aller Fragen: Was hat er da geschrieben? Die einfache Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Wir können Vermutungen anstellen, doch sicher wissen wir es nicht. Vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig.
Es könnte nämlich sein, dass es nicht unbedingt darauf ankommt, was Jesus schreibt, sondern vielmehr darauf, dass er überhaupt schreibt. Dabei gibt es eine interessante Stelle in Jeremia 17, auf die Jesus möglicherweise anspielt.
Jeremia Kapitel 17, Vers 13 lautet: „Hoffnung Israels, Herr, alle, die dich verlassen, werden zu Schanden; und die von mir abweichen, werden in die Erde geschrieben werden, denn sie haben den Herrn, die Quelle lebendigen Wassers, verlassen.“
Eine ungewöhnliche Formulierung, oder? „Die von mir Abweichenden werden in die Erde geschrieben werden.“ Wir wissen nicht, was der Herr Jesus tatsächlich geschrieben hat. Vielleicht waren es Namen. Doch der Akt des Schreibens selbst ist, so denke ich, ein Zeichen. Er ist ein Hinweis auf Jeremia 17 – ein Akt der Offenbarung.
Wenn Gott jemanden in die Erde schreibt, dann deshalb, weil dieser Mensch von Gott abweicht. Man könnte also sagen: Indem Jesus in die Erde schreibt, bringt er ohne Worte zum Ausdruck, was er von der gesamten Situation und vor allem von den Menschen hält, die sie verursacht haben. Sie sind in seinen Augen Abweichler – solche, die Gott verlassen haben.
Die Aufforderung zur Selbstreflexion und das Urteil über die Ankläger
Und jetzt wird es spannend. Johannes 8,7: „Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“
Diesen Satz müssen wir gut verstehen. Es geht dem Herrn Jesus nicht darum, dass es keine Gerichtsverfahren geben darf, die rechtmäßig einen Menschen verurteilen, auch zum Tod. Er will nicht sagen, weil es keinen sündlosen Menschen gibt, habe deshalb niemand das Recht, einen anderen zu richten oder zu verurteilen.
Das will er nicht sagen. Wir müssen hier, wie so oft, den Kontext beachten. Gott hat das Recht in die Hand von Richtern gelegt, aber diese müssen eben ein gerechtes Urteil sprechen. Ein Richter hat von Gott Autorität erhalten. Doch mit dieser Autorität kommt Verantwortung.
Paulus umschreibt ihre Aufgabe mit diesen Worten: Römer 13,3-4: „Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Willst du dich aber vor der staatlichen Macht nicht fürchten, so tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben. Denn sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.“
Versteht ihr? Die Obrigkeit hat von Gott die Aufgabe bekommen, das Gute zu fördern und das Böse zu bestrafen. Der Satz „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster den Stein“ bezieht sich nicht auf die Obrigkeit. Wenn er das täte, dürfte kein Richter einen Angeklagten schuldig sprechen. Aber genau das soll und muss er tun, wenn er dem Auftrag nachkommen will, den Gott ihm gegeben hat.
Die wiederholte Geste und die Bedeutung des Schreibens
Aber kommen wir zurück zu Jesus, der sich bückt und mit dem Finger auf die Erde schreibt. Seine Gegner fragen weiterhin, und Jesus antwortet ihnen.
In Johannes 8, Verse 7 und 8 heißt es:
„Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: ‚Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.‘ Und wieder bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde.“
Was meint Jesus, wenn er sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“?
Dazu muss man wissen, dass es üblich war, dass die Zeugen der Anklage bei einer Steinigung den Anfang machten. Sie hatten den ersten Stein zu werfen. Wir dürfen davon ausgehen, dass es in diesem Fall Zeugen gab, immerhin war die Frau ja auf frischer Tat ertappt worden. Jesus spricht hier also wohl zuerst die Männer an, die mit der Frau gekommen waren.
Was passiert hier? Jesus schreibt auf die Erde. Damit verweist er ohne Worte auf Jeremia 17. Gleichzeitig bezieht er sich auch auf die Verantwortung all derer, die hier vor ihm stehen. Denn in Jeremia 17, Verse 9 und 10 heißt es:
„Trügerisch ist das Herz mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Ich, der Herr, bin es, der das Herz erforscht und die Nieren prüft, und zwar, um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Taten.“
Man darf davon ausgehen, dass die Zuhörer Jesu das Alte Testament sehr gut kannten. Wenn Jesus auf die Erde schreibt, dann ist das, so wie ich es verstehe, eine wortlose Anklage. Er fordert seine Gegner auf, einen tiefen Blick in ihr eigenes Herz zu tun. Denn Gott ist es, der ihr Herz erforscht. Vor Gott sind selbst unsere geheimsten Absichten und verborgensten Motive offenbar – umso mehr jeder billige Trick, um einen unliebsamen Rabbi loszuwerden.
Die Aufforderung zur Ehrlichkeit und die gesellschaftliche Kritik
Wenn Jesus hier sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“, bedeutet das so viel wie: Wer von den Zeugen in dieser konkreten Angelegenheit ohne Sünde ist, wer kein Problem damit hat, dass Gott sein Herz in dieser Sache erforscht und wer ein absolut reines Gewissen hat, der möge den ersten Stein werfen. Danach schreibt Jesus einfach weiter auf die Erde.
Wichtig ist: Der Herr Jesus sagt nichts über die Rechtmäßigkeit einer Steinigung. Er sagt aber sehr viel über Männer, die als Teil einer Gesellschaft, in der Ehebruch normal war, einen Schauprozess initiieren, um jemanden anklagen zu können. Jesus selbst nennt das jüdische Volk mehrfach ein böses und ehebrecherisches Geschlecht.
Ehebruch war nicht die Ausnahme, sondern das Markenzeichen dieses Volkes. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Männer, die hier vor Jesus stehen, ihren Beitrag zur negativen Entwicklung der Gesellschaft geleistet haben. Sei es, weil sie persönlich Ehebruch begangen haben oder weil sie durch ihre Bibelauslegung eine leichtfertige Scheidungspraxis begünstigten oder Ehebruch nicht mit der nötigen Härte verfolgten.
Merkt ihr, wie Jesus sie hier in die Enge treibt? Wie er ihnen durch seine zeichenhafte Handlung die Verantwortung vor Augen malt und sie dann mit der Frage konfrontiert, ob sie vor Gott in der ganzen Angelegenheit wirklich mit einem reinen Herzen dastehen. Ob sie bereit sind, von Gott das zu bekommen, was ihre Taten verdienen.
Das Ende der Anklage und die Reaktion der Ankläger
Und Jesu Rechnung geht auf. Es sind vor allem die Alten, die wissen, dass sie eigentlich kein Recht haben, diese Frau zu verurteilen. Deshalb gehen sie weg.
Johannes 8,9: Als sie dies hörten, gingen sie einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Älteren.
Abschluss und Segenswünsche
Was könntest du jetzt tun? Danke Gott dafür, dass du in einem Land lebst, in dem so viel Recht und Ordnung herrscht. Wir sind wirklich gesegnet.
Das war's für heute. Ich weiß, dass mein Internetauftritt www.frogwords.de unübersichtlich ist. Schau dich trotzdem einfach mal auf der Seite um.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.