Verehrte, liebe Geschwister, sich bewusst auf schwierige Zeiten einzustellen, ist an diesem schönen Vorsommerabend ein wichtiges Thema. Es ist eigentlich ein Grundthema für alle Christen.
Viele Menschen, die im Glauben verzweifeln, sagen oft: „Ich habe doch gebetet, und Gott hat nicht geholfen.“ Sie berichten, dass sie für das Leben ihrer Lieben gebetet haben, diese aber dennoch gestorben sind.
Dabei vergessen wir, dass der Herr Jesus gesagt hat: „In der Welt habt ihr Angst.“ Aber er fügte hinzu: „Ich bin auch noch da.“
Wer ihm nachfolgt, der nehme sein Kreuz auf sich – nicht das Kreuz Jesu, sondern sein eigenes Kreuz, das in sein Leben hineingeordnet ist.
Die Herausforderung des Glaubens in schweren Zeiten
Die letzten 40 bis 50 Jahre, die wir gemeinsam mit unserem Volk erleben durften, waren außergewöhnliche Jahrzehnte. So etwas hat es in unserem Volk seit Adam und Eva oder seit dem Neandertaler, wie man auch sagen möchte, nie gegeben.
Wir haben so warme, gute Kleidung, geheizte Wohnungen, wunderbare Freizeitstätten, viele Möglichkeiten für Urlaube, zahlreiche Medikamente, eine umfassende Gesundheitsfürsorge und ein tolles Schulsystem. Unsere Großeltern würden staunen, in welcher Welt wir heute leben dürfen.
Doch gerade in dieser Welt ist es umso schlimmer, wenn trotz großartiger Krankenhäuser, trotz der Ärzte mit ihrem Können und trotz der Medikamente einer unserer Lieben den Weg in den Tod gehen muss, ins Sterben.
Manchmal denke ich, vielleicht war es während des Kriegs etwas leichter. Auch wenn das schwere Los der Kriegerwitwen zu tragen war, mussten viele in einer großen Gemeinschaft von Hunderttausenden dasselbe Leid teilen. Heute sind es immer wieder einzelne Fälle, die das Schwere bringen: ein behindertes Kind, und die Frage, warum gerade wir? Warum das Leid mit einem kranken Angehörigen?
Der Apostel Paulus und sein Gefährte Barnabas waren am Ende der ersten Missionsreise, als sie Beschwerliches durchmachen mussten: Steinigungen, Ausgestoßensein, Spott. Als sie schließlich nach Derbe kamen, hatten sie nur noch einen Katzensprung vor sich – so wird es Bruder Schäfer auf seiner Türkeireise zum Ausgangspunkt Antiochien am Orontes erleben.
Doch sie sagten: „Wir gehen noch einmal zurück durch alle Orte, um ihnen zu sagen: Wir müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen, damit sie nicht irre werden.“
Der Apostel Paulus hat seinen Gemeinden eingeschärft: Alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, geborgen in Jesus und umgeben von seiner Hilfe, müssen Verfolgung leiden und Not ertragen. Sie müssen in Gemeinschaft mit ihrem Herrn leben.
Christen geht es nicht besser als anderen. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst auf schwere und schwierige Zeiten einzustellen.
Die aktuelle Lage und geistliche Herausforderungen
Aber nun befinden wir uns in einer besonderen Situation, schon allein wegen der finanziellen Lage, in die die ganze Welt geraten ist – in ein Chaos, das kein Mensch wirklich begreifen kann. Niemand weiß genau, wie es dazu gekommen ist und was dahintersteckt.
Ich bin kein Volkswirt und kann Ihnen heute Abend nicht erklären, wie es genau ist. Sicher gibt es klügere Leute, die das sagen können. Mir geht es heute Abend vielmehr darum, dass man so selten hört, dass wir uns bewusst auf ganz schwierige Zeiten einstellen müssen. Zeiten, in denen wir froh sind, wenn wir ein Stück Trockenbrot haben.
Ich vermute, dass ich kein Schwarzmaler bin. Doch vorher muss ich noch etwas nachholen. Jemand aus unserer Mitte hat mir gesagt: „Sie haben uns heute Morgen eine ganze Litanei von Gefährdungen im Glauben und Verführungen vorgelesen, aber so wenig gesagt, was man dagegen tun soll.“ Deshalb möchte ich ein paar kleine Tipps geben.
Wir leben in einer Welt des Wohlstands, in der die Kaufhäuser von Angeboten überquellen. Täglich gibt es in den Zeitungen Beilagen mit günstigen Matratzen, Möbelhäusern, Kaufhäusern, Galerien und Terti mit wunderbaren Angeboten. Es ist schwer, sich dem zu entziehen.
Wenn die Enkel in die Schule kommen und sagen: „Ich kann nicht den Schulranzen vom Bruder nehmen, alle haben neue Ranzen“, dann wird klar, wie sehr wir mit Angeboten überschüttet werden.
Meine Mutter hat immer gesagt: Man muss wissen, was man nicht braucht. Wenn man in ein Kaufhaus geht, muss man gezielt wissen, wozu man hingeht und was man braucht. Sonst kommt man mit drei wunderbaren Kochtöpfen nach Hause, die man doch nie benutzt, und der Reis wird auch nie richtig weich.
Man muss wissen, was man nicht braucht.
Ich hatte in den letzten Jahren die schöne Aufgabe, Haushalte von befreundeten Familien aufzulösen. Es war eine liebevolle Zeit, aber auch ein Blick auf viel unnötigen Krimskrams! Das Geld wäre besser in einem Missionswerk angelegt gewesen, statt all diese Dinge zu kaufen.
Manche von Ihnen sind in meinem Alter. Uns geht es hoffentlich so, dass wir zu Geburtstagen nichts mehr geschenkt bekommen wollen. Wir wissen gar nicht, wohin mit all den Dingen. Deshalb sagt man dann: „Wenn ihr mir etwas geben wollt, freue ich mich, wenn ihr es für ein schönes Missionswerk gebt.“
Man muss wissen, was man nicht braucht.
Geistliche Wachsamkeit und die Bedeutung des Wortes Gottes
Gegen den Geist der Betäubung und Schläfrigkeit – ein kleiner Hinweis: Ich möchte mich nicht darauf verlassen, was mich gerade zwingt, etwa wenn meine Galle überläuft oder meine Emotionen hochkochen. Stattdessen möchte ich lernen zu fragen: Worüber ist mein Gott traurig?
Vielleicht fange ich dabei bei mir selbst an, dass Gott bei mir traurig ist, bevor ich über andere nachdenke – was sie tun, wie sie handeln und wie sie dazu kommen. Worüber ist Gott traurig? Worüber ist er traurig, dass sein Maßstab nicht eingehalten wird, dass wir nicht dem entsprechen, was er sich wünscht? Was hätte Gott so gerne gehabt? Worauf wartet Gott?
Die dritte Frage lautet: Was kann man tun gegen die Entleerung des Christenglaubens?
Wir leben in einer Christenheit, in der viel von Engeln, Schutzengeln, Segen und Gnade gesprochen wird, aber wenig von Gerechtigkeit. Wenig ist die Rede davon, dass Gott gerecht macht und uns vom Zorn erlöst. Über Erlösung wird kaum gesprochen, obwohl ich überzeugt bin, dass die Welt darauf wartet, dass wir von Erlösung reden. Es gibt eine große Sehnsucht in der Welt nach Erlösung.
Es wird immer seltener, dass von Jesus gesprochen wird. Das wird oft als bigott oder fundamentalistisch angesehen. Viele Kirchengebete beginnen fast schon als Marotte mit „Guter Gott!“. Natürlich hat Jesus gesagt: „Wer ist gut? Gott allein ist gut“ (Mk 10,18) beim reichen Jüngling. Aber es wirkt auf mich so fadenscheinig, wenn der Pastor sagt: „Guter Gott! Heiliger Herr Jesus, du Erbarmer und Erlöser!“
Das Anrufen des Namens Jesu an allen Orten war das Kennzeichen der Christenheit. Lassen wir uns wieder nüchterner darüber reden, was unser Erbarmer, unser Erlöser, unser Helfer Jesus Christus bei uns tut.
In einer Welt, in der der Glaube verflacht, wenn man nicht von Jesus redet, können auch Muslime zustimmen. Es gehört zur Friedfertigkeit unserer Zeit, zum Abschmirgeln aller Kanten und Besonderheiten, dass so allgemein von Gott und Religiosität gesprochen wird – vom Gott der Liebe.
Der Gott der Liebe zeigt sich so, wie wir es früher im geistlichen Volkslied gesungen haben: „Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen.“ Nicht dass er uns vor allem Schweren bewahrt, sondern dass er mich erlöst, damit ich nicht zum Teufel gehen muss.
Es gibt einige Hinweise, die ich Ihnen geben möchte: Was kann man tun, wenn man nur seinen Emotionen in der Beurteilung der Weltlage folgt?
Ich habe mir angewöhnt – was früher nicht selbstverständlich war – die Leitartikel in seriösen Zeitungen zu lesen. Diese sind meist von Fachleuten geschrieben und bieten schwierige Kost. Aber so kommen wir vom Oberflächlichen weg und dringen zum Kern der Probleme vor.
Christen sollten sich die Mühe machen, in den Zeitungen nicht nur die billigen Meldungen zu lesen, was gerade passiert ist, sondern die Leitartikel, damit wir wirkliche Kriterien bekommen.
Wir sollten uns nicht herausfordern lassen mit dem Argument: „Du musst doch auch mal da mitmachen, komm! Das ist ein gemeinsamer Gottesdienst mit Muslimen, das ist ganz interessant, das muss man mal sehen, bevor man es beurteilt.“
Hedwig von Redern, zu ihrer Zeit eine große Liederdichterin und geistliche Mutter im Volk Gottes, hat gesagt: Natürlich kann es sein, dass der Herr Jesus von uns verlangt, in die Höhle der Löwen zu gehen, aber doch nicht aus Neugier.
Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht von anderen verlocken lassen, so in einen Sumpf der Gleichgültigkeit hineinzutappen.
Umgang mit Glaubensstreitigkeiten und gegenseitigem Respekt
Und darf ich nun zum Schluss noch etwas sagen, was mir wichtig ist? Helmut Mattis hat es in seinem letzten großen Artikel über die Evangelikalen, erschienen in Ideaspektrum, ebenfalls erwähnt. Uns, denen der Glaube an Jesus Christus wichtig ist, droht manchmal die Gefahr, dass das, was wir sagen, sehr aburteilend und richtend wahrgenommen wird.
Zum Beispiel heißt es dann schnell: „Du hast nicht den rechten Glauben.“ Das übertreibe ich jetzt etwas, aber so steht es nicht in der Bibel. Die Engländer haben die gute Gewohnheit, zuerst nachzufragen: „Habe ich Sie richtig verstanden?“ Ein Beispiel: Wenn Sie sagen, die Muslime hätten denselben Gott wie wir, und die Antwort lautet ja, dann fragen sie nach: „Wie kommen Sie darauf?“
Bei dieser ersten Rückfrage geraten viele ins Stocken, weil sie oft nur gefühlsmäßig reagieren. Statt sofort zu sagen: „Du hast den falschen Glauben, du bist auf dem falschen Weg, wie kommst du denn dazu?“, sollten wir uns angewöhnen, erst einmal zuzuhören. Und dann können wir auch sagen, wie es die Engländer ausdrücken: „We agree that we disagree.“ Wir stimmen darin überein, dass wir unterschiedlich denken.
Das ist eine sehr höfliche Formulierung, die sagt: „Ich kann da nicht mit Ihnen gehen. Vielleicht tut es Ihnen weh, aber ich denke in dieser Sache anders.“ Für mich ist Jesus der richtige Herr, der Einzige, der erlösen kann.
Lassen Sie uns gewöhnen, in Streitgesprächen an unserer Meinung festzuhalten, ohne sie so scharf zu formulieren, dass der andere verletzt wird. Wir leben heute in einer Zeit, in der Menschen sehr schnell verletzt sind. Wenn wir sie für Jesus und die Wahrheit gewinnen wollen, müssen wir vorsichtig sein.
Ich habe 40 Jahre lang gekämpft, auch in den Synoden der EKD. Manchmal denke ich: Wenn ich vor dem Herrn Jesus stehen werde, wird er sagen: „Rolf, das war ja lieb gemeint von dir, aber du hättest auch ein bisschen einladender und werbender sprechen können.“
Das nur als ein paar Hinweise. Jetzt wollen wir zum Hauptthema kommen: sich bewusst auf schwierige Zeiten einzustellen.
Ich hoffe, dass Sie gut gegessen haben, wie es in diesem Haus üblich ist, und dass Sie es ertragen können, dieses Thema nicht auf nüchternen Magen zu hören.
Grundsätze für den Umgang mit finanziellen Krisen
Auch hier wieder ein paar Leitsätze:
Ich muss nicht verstehen oder begreifen, wie dieses ganze Finanzchaos entstanden ist. Wir haben einige Vorträge von christlichen Finanzfachleuten gehört, doch bis heute weiß ich nicht, ob das alles nur heiße Luft war, wie die großen Banken und Bankiers es geschafft haben, oder ob tatsächlich Geld verbrannt wurde. Ich bekomme es nicht heraus und überlasse das den Fachleuten.
Es ist nicht nötig, dass ich verstehe, was genau passiert ist, und auch nicht, wer daran schuld ist. Christen neigen oft dazu, sofort Schuldige zu benennen, etwa Ackermann oder Merkel, und die Schuldverteilung wird schnell personalisiert.
Darf ich an dieser Stelle sagen, dass ich durch viele Jahre, in denen ich immer wieder mit der Familie Merkel in Ulm verbunden war, einen anderen Eindruck gewonnen habe? Ich war mit Frau Merkel in der Synode der EKD und auch persönlich mit Herrn Adolf Merkel verbunden. Es hat mich sehr betroffen gemacht, wie schnell Christen urteilen. Wenn jemand hoch pokert, steigt er nicht einfach auf oder fällt herunter – so sieht man eben, wie es geschieht, wenn jemand am Geld hängt.
Nein, er hätte es selbst bei großen Schulden leicht geschafft, wenn er etwa Ratiopharm oder Ähnliches verkauft hätte. Aber ihm ging es um hunderttausend Arbeitsplätze. Und dann sieht man einen Ministerpräsidenten, der ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen hat und ihn hoch geehrt hat, im Moment, in dem er finanzielle Unterstützung gebraucht hätte, im Stich gelassen. Die ganze Nation, auch die Journalisten, zeigten mit dem Zeigefinger auf ihn und sagten: „Haha, er hat sich verrannt!“
Selbst Christen – und Adolf Merkel war ein Christ – können daran zerbrechen, wenn man ihnen die Ehre nimmt. Nicht das Geld, sondern die Ehre. Darauf sind wir empfindlich. Und das, was seine Frau gesagt hat, was dann auch in die Öffentlichkeit kam: Er konnte einfach nicht mehr, nicht wegen des Geldes, sondern weil man ihn fertiggemacht hat.
Das hängt zusammen. Ich brauche nicht nach Schuldigen zu suchen, und ich muss auch nicht versuchen, Lösungen zu finden, wie man aus der Misere herauskommt. Aber ich muss mich als verantwortlicher Christ auf schwierige Zeiten einstellen.
Warnung vor falschen Hoffnungen und politischen Verführungen
Was heißt das?
Das Erste, was ich weitergeben möchte, ist die Erfahrung, die wir schon oft gemacht haben: In Zeiten finanzieller Not treten Rattenfänger mit verführerischen Klängen auf und geben sich als Messiasse aus. Sie behaupten, fähig zu sein, uns aus der Misere zu führen.
Im Jahr 1932 wurde mein junger Vater, damals 29 Jahre alt, Volkswirt und junger Christ, vom deutschen YMCA gebeten, einen Beitrag zu schreiben. In Amerika gab es viele deutschsprachige CVdM-Gruppen, und er sollte erklären, warum er Adolf Hitler ablehnt. Der Artikel erschien im Dezember 1932, also vier Wochen vor Hitlers Machtübernahme.
Danach wurde mein Vater entscheidend benachteiligt und konnte deshalb kein Beamter werden. Nicht wegen seiner politischen oder wirtschaftlichen Ansichten, sondern im Grunde wegen eines Satzes in seinem Artikel: Weil sich Adolf Hitler als Messias ausgibt, der den armen Menschen Brot bringt, dem armen Volk.
Es war für mich interessant, dass mein Vater als Christ in finanzieller Not die Ankunft der Rattenfänger spürte. Diese wollen uns politisch verführen und versprechen: „We can“, „Wir schaffen das“, „Ich bringe es fertig“.
Wir sollten deshalb wachsam sein. Winston Churchill, ein Christ in England, sagte 1940 zu seinem Volk: „Wir müssen uns auf eine Zeit mit Schweiß, Blut und Tränen einstellen.“ Er war ein Premierminister, der nicht behauptete, „Wir schaffen das“, sondern sagte, harte Zeiten würden kommen. Wir müssten diese gemeinsam durchstehen, wenn es überhaupt möglich sei.
Wir sollten darauf achten, dass Rattenfänger nicht unser Herz und unsere Seele gewinnen und dass wir ihnen vertrauen. Wir müssen vorsichtig sein, wem wir unser Vertrauen schenken.
Historische Perspektive auf Notzeiten und Hungersnöte
Zweitens, was ich lernen möchte beim Sich-Einstellen auf schwierige Zeiten.
Wir haben ja das Generalthema „Durchblick im Zeitgeschehen“, deshalb entschuldigen Sie, wenn ich auf solche Themen komme. Wir müssen uns klar machen, dass schwierige Zeiten beinahe der Normalfall in der Geschichte der Menschheit waren.
Wie furchtbar schwierig war es für das Volk Israel, die 40 Jahre in der Wüste – 40 Jahre! Gott hat den Felsen geöffnet fürs Wasser und uns täglich das Manna gegeben. Aber Sie wissen, dass berichtet wird, dass das Volk murrte, denn sie sprachen: „Uns ekelt vor dieser Speise. Wir haben satt, täglich das Manna. Wir sehnen uns wieder nach den Fischen und dem Knoblauch, den wir in Ägypten hatten.“ So steht es in der Bibel.
Die Essensfrage war immer eine ganz wichtige Frage. Elija am Bach erlebte drei Jahre Dürre. König Ahab zog mit seinem Hofmeister Obadja durchs Land, um ein Stück Wiese zu finden – Heu für die paar übrig gebliebenen Pferde. Hungersnot war Normalfall.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg können wir uns kaum vorstellen, wie verheert unser Deutschland war und mit ihm ganz Europa. Der große Hungertod von 1816/1817 war so schlimm, dass die Menschen in den Wäldern Borke von den Bäumen abschälten und zermahlen haben, um sie dem Mehl beizugeben.
Viele von uns haben Hungerzeiten im Krieg und vor allem nach dem Krieg erlebt. Ich will es nicht vergessen: Ich stünde wahrscheinlich nicht hier, wenn es nicht die Huverspeisung für uns arme Schüler gegeben hätte – die Schülerspeisung. Aus Blechtosten haben wir beinahe schon geronnene Suppe und Brei gegessen. Aber wir waren froh, dass wir etwas zum Essen bekamen.
Hungerzeiten sind eigentlich ein Normalfall in der Geschichte gewesen, in denen es sehr eng zuging.
Ich habe in den letzten Wochen ein bisschen in der Familiengeschichte gegraben. Mir war nicht mehr bewusst, dass es noch bis 1938 Arbeitslose gab. Meine Mutter schreibt in einem Brief von 1938: „Wenn ich den schweren Wäschekorb von der Waschküche unten auf den Dachboden bringen will, schaue ich auf der Straße, ob ich nicht einen Arbeitslosen finde.“ Noch 1938 – das war mir gar nicht mehr bewusst. Ich hatte gemeint, Hitler hätte 1933/34 sofort die Arbeitslosigkeit beseitigt. Und sie schreibt weiter: „Er ist froh, wenn er von mir ein Stück Brot bekommt.“
Hungerzeiten. Man musste im Jahr 1938 anstehen, um Fleisch zu bekommen. Meine Mutter schreibt ihrer Mutter nach Hülden: „Wir sind dankbar für dein Paket mit dem Kraut und dem wunderbaren Fleisch. Wir bekommen keines 1938, als es noch keine Bezugsscheine gab.“
Also müssen wir mal wieder graben, um zu sehen, durch wie viele Hungerzeiten unser Volk vor uns und in unserer Zeit gegangen ist.
In der Familie Eisler, bei meinen Verwandten, haben sie gern vor dem Essen gesungen:
„Wenn wir von Tag zu Tag was da ist überschlagen und rechnen dann die Menge, so sind wir im Gedränge. Doch wenn wir im Vertrauen Gott auf die Hände schauen, so nähert allerwegen uns ein geheimer Segen.“
Wie dieses geschehen mag, das mag man nicht verstehen, jedoch merkt man am Ende: Es ging durch Gottes Hände.
Ein Lied von Hiller, das er zu seinen Zeiten gedichtet hat: „Wenn wir von Tag zu Tag was da ist überschlagen und rechnen, so sind wir im Gedrängel.“
Notzeiten.
Wir haben zu Hause gesungen: „Gibt’s frische rote Wangen auch bei geringem Mahl.“ Wenn ich jetzt zu Hause singe, denkt meine Frau immer, ich würde ihr Sauerkraut oder was sie gerade auf den Tisch bringt, kritisieren, dass das ein geringes Mahl sei. Nein, das ist eine Erinnerung an die Zeiten: „Gibt’s frische rote Wangen auch bei geringem Mahl.“
Wir müssen sehen, dass wir aus ganz ungewöhnlichen Zeiten kommen. Und wir können Gott dankbar sein für alles, was möglich war: Kleidung, Erlebnisse, Reisen, Freizeiten – alles, was uns Gott geschenkt hat, bis hin zu den reich gedeckten Tischen.
Die Kraft des Wortes Gottes in schwierigen Zeiten
Aber jetzt kommen wir zu dem Bibelwort. Wir sind ja an einem Bibeltext, dem Hebräerbrief, Kapitel 13.
Was müssen das für Zeiten gewesen sein, als der Apostel des Hebräerbriefs im Kapitel 10 schrieb: „Ihr habt, nachdem ihr erleuchtet wart, einen großen Kampf des Leidens erduldet“ (Hebräer 10,32).
Er fährt fort: „Indem ihr zum Teil selbst durch Schmähungen und Bedrängnisse zum Schauspiel geworden seid, zum Teil Gemeinschaft hattet mit denen, denen es so erging. Ihr habt mit den Gefangenen gelitten und den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet.“
Ich muss zweimal lesen: den Raub eurer Güter. Das heißt, euch wurden Sachen weggenommen, geklaut, brutal entwendet. Und ihr habt nicht gesagt: „Ach ja, gut, wenn es sein muss, dann wollen wir nicht rebellieren.“ Nein, ihr habt den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet und wusstet, dass ihr eine bessere und bleibende Habe besitzt.
Was müssen das für schwierige Zeiten gewesen sein! Und genau diesen Menschen schreibt der Apostel des Hebräerbriefs dann im Kapitel 13: „Seid nicht geldgierig!“
Gerade eben hast du doch gesagt, sie hätten den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet. Ja, weil das nach wie vor bei uns bleibt. Von uns Schwaben sagt man, wir könnten so schlecht schwimmen. Wenn wir nicht so machen können, ist es immer bloß so. Das ist uns irgendwie mitgegeben, vielleicht nicht nur den Schwaben. Man möchte etwas haben.
Wir merken es schon bei kleinen Kindern: Wenn wir sagen, jetzt kommt das Essen, leg ein Spielzeug weg, sagen sie: „Nein, das gehört mir, ich behalte es.“ So hat Geld eine Faszination – selbst bei denen, die den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet haben. Umso mehr werden dann die neue Währung, die neuen Pfennige, die man hat, wichtig. Man möchte wenigstens das noch ein bisschen auf die Seite legen und neu anfangen.
Also: Seid nicht geldgierig, lasst euch genügen an dem, was da ist. Denn der Herr hat gesagt: „Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen“ (Josua 1,5). So können auch wir getrost sagen: „Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten; was kann mir ein Mensch tun?“ (Psalm 118,6).
Es hat mich verwundert, weshalb hier plötzlich zwei Bibelzitate kommen. Es hätte ja genügt, wenn der Apostel gesagt hätte: Ich erzähle euch, wie es dem Volk Israel mitten in der Wüste ging, als sie Manna hatten, und wie Elija am Bach Krit von den Raben gespeist wurde. Oder ich erzähle euch, wie es dem Volk Gottes selbst in der Gefangenschaft erging.
Er hätte, so wie wir Geschichten erzählen, von Tag zu Tag berichten können, wie es ist, wenn man mit wenig auskommen muss und trotzdem frische rote Wangen bekommt. Er hätte Lebensberichte bringen können. Aber nein, er bringt Bibelworte.
Wir müssen uns wieder angewöhnen zu wissen, dass das Wort Gottes eine ganz besondere Würde hat. Das Wort Gottes hat eine besondere Kraft. Es ist besser als jede menschliche Argumentation.
Nicht umsonst beginnt der Schöpfungsbericht damit, dass mitten in das Tohuwabohu hinein die Erde wüst und leer war, und Gott sprach: „Es werde Licht!“ – und es ward Licht. Wenn Gott spricht, so geschieht es. Nicht wieder zupacken, wenn er spricht.
Im Johannes-Evangelium heißt es: „Am Anfang war das Wort.“ Und im hohenpriesterlichen Gebet des Herrn Jesus steht: „Du hast mir dein Wort gegeben, und ich habe es weitergegeben den Menschen, die du mir anvertraut hast. Dein Wort ist die Wahrheit, heilige sie in der Wahrheit.“
Nicht wir Apostel haben manches Schöne ausgedacht. Uns gibt es christliche Tradition und gute Bücher, aber das ist dein Wort. Wenn Martin Luther gesagt hat: „Das Wort sollen sie lassen stehen und keinen Dank dazu haben.“ Du musst das Wort beachten, das Wort ist entscheidend.
Unser lieber Bruder Gerhard Meyer, der einige Jahre Landesbischof war, hat uns darauf aufmerksam gemacht und gesagt: Selbst der Kirchentag, der sonst nicht so stark mit der Bibel verbunden ist, nimmt für seine Losung immer ein Bibelwort. Bis heute, durch all die Jahrzehnte, alle zwei Jahre sind die besten Medienfachleute damit beschäftigt, ein packendes Motto zu finden. Und jedes Mal ist es ein Bibelwort, weil es nichts Großartigeres, Faszinierenderes und Packenderes gibt als ein Bibelwort. Im Wort ist Kraft.
Deshalb hat der Schreiber des Hebräerbriefs, ich denke mir, gesagt: Wie kann ich jetzt trösten? Geldgier, und sie hatten den Raub der Güter. Jetzt sage ich Ihnen zwei Bibelworte. Das Wort, das Mose dem Joshua gesagt hat: „Ich habe dir geboten, dass du getrost und freudig bist.“ Das gilt.
Und dann kommt Psalm 118. Wenn ich recht sehe, hat Bruder Schäfer am letzten Sonntag Teile aus Psalm 118 in seinem Gottesdienst ausgelegt. Das ist ja der Psalm, mit dem Jesus ins Leiden hineingeht: „Man stößt mich, dass ich fallen soll, aber der Herr hilft mir.“
„Von allen Seiten umgeben sie mich, sie wollen mich fertig machen, aber der Herr ist auch noch da.“ Ich lese Ihnen gerade noch mal ein paar Verse aus Psalm 118: „Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen tun?“
Jesus hat zu Pilatus gesagt: „Ja, ich bin ein König.“ Er fürchtete sich nicht vor Herodes, vor Pilatus oder vor dem Kommando, das ihn fangen wollte. Was können uns Menschen tun?
In der Angst rief ich den Herrn an, und der Herr erhörte mich und tröstete mich. Jesus hat das erlebt, als er im Garten Gethsemane zum Vater betete, in seiner Angst, als der Schweiß über seine Stirn lief wie Blutstropfen. Und es kam ein Engel und stärkte ihn.
„In der Angst rief ich den Herrn an.“ Jesus hat die Wahrheit dieses Wortes erlebt, das vorgeprägt ist im Psalm 118. „Daher ist mit mir der Herr zu helfen; ich werde herabsehen auf meine Feinde.“
Als Jesus am Kreuz hing, da unten waren seine Feinde, die spotteten: „Ist er Gottes Sohn?“ Doch Jesus sagte: „Ich werde herabsehen.“ Und bei dem Schächer neben ihm kam die Erkenntnis durch: „Das ist ein frommer Mensch. Er hat nichts Böses getan.“
Auch der Hauptmann unter dem Kreuz erkannte: „Ein frommer Mensch und Gottes Sohn ist er gewesen.“ „Von allen Seiten umgeben sie mich, aber im Namen des Herrn will ich sie abwehren.“ Gut auf den Herrn vertrauen, sich nicht verlassen auf Fürsten, Pilatus oder Herodes.
„Der Herr ist meine Macht, mein Psalm, mein Heilen; ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.“
„Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Das hat Jesus mit den Jüngern gebetet. In Psalm 118 war der Lobgesang, mit dem man das Passamal abschloss. Aber als ein paar Stunden später die Jünger vor Angst flohen, war alles vergessen.
„Man stößt mich, dass ich fallen soll, aber der Herr hilft mir.“ Ich fürchte mich nicht – nur bei Jesus hat er im Wort gelebt. Der große Kirchenpräsident Betzel von Bayern hat gesagt: Jesus, das fleischgewordene Wort, hat sich in die Buchstaben der Schrift hineingezwungen, auf dass er alles erfüllte. So wichtig ist das Wort.
Vorkerbung – in dem hat Jesus gelebt: „Du hast mir dein Wort gegeben, ich habe dein Wort gehalten, ich habe dein Wort weitergegeben.“
Und dieses heilige, von Jesus so groß herausgestellte Wort aus Psalm 118 bringt der Apostel des Hebräerbriefs: Wir können getrost darauf vertrauen, das ist in Jesus bewährt: „Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten; was kann mir ein Mensch tun?“
Persönliche Erfahrungen und Ermutigung
Wir waren zuhause fünf Brüder, später kam noch eine Schwester dazu. Sie hatte es gut, denn sie musste nichts mehr machen. Wir konnten kochen, einkaufen – alles.
Aber wir fünf Brüder haben unheimlich viel gestritten. Andere Freunde sagten, Diamanten reiben sich aneinander. Doch meine Mutter hat sehr darunter gelitten, wie furchtbar wir immer gestritten und richtig gekämpft haben. Das hat uns zwar ein bisschen lebensdüchtig gemacht, aber es war nicht schön.
Deshalb ließ mich meine Mutter ein großes Schild malen, riesengroß, mit lateinischen Worten: Puri, Este, Leti, Bube – sei da auch fröhlich. So würde ich Ihnen raten: Machen Sie in den kommenden Jahren ein großes Schild mit der Aufschrift: „Der Herr ist mein Helfer, darum will ich mich nicht fürchten. Was können wir Menschen tun?“
Sie sollten sich diesen Satz tief einprägen. Schreiben Sie ihn auf einen Zettel und tragen Sie ihn in der Tasche, am besten im Geldbeutel. Wenn dort später wenig drin ist, wenn unser Geld vollends seinen Wert verliert, dann gilt: Der Herr ist mein Helfer. Er kann auch aus wenigem etwas machen.
Ich rechne mit dem lebendigen Gott, der vom Volk Israel angefangen hat, über Elija bis in Notzeiten hinein seine Leute durchgebracht hat. Ach, wie viele Wunder können uns unsere Christenbrüder von den Hungerlagern erzählen, wie der Herr ihnen durchgeholfen hat! In den schwierigsten Zeiten können wir getrost sagen: Der Herr ist mein Helfer.
Die Bedeutung von Vertrauen und Gebet in Notzeiten
Das Wort ist wichtig. Wird hier eigentlich mit Kanonen auf Spatzen geschossen? Es geht doch um eine finanziell schwierige Zeit, um Notzeiten, Hungerzeiten, Verfolgungszeiten. Und jetzt kommt etwas ganz Schwergewichtiges.
Josua hat erfahren, dass der Herr ihm sagte: „Ich bin auch noch da, ich bin dein Helfer.“ Und der Herr Jesus hat die Wahrheit erlebt: Gott ist auch noch da. Ihm kann ich mich anvertrauen in der größten Not. „Deine Hände befehle ich meinen Geist“, sagt er. „Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht.“
Passt das überhaupt zusammen? Wird hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen? Nein. Wenn es ums Essen geht, handelt es sich um elementarste Fragen.
Der Teufel wusste das bei der Versuchung. Nachdem Jesus vier Wochen gefastet hatte, hungerte ihn. Und hat der Teufel nicht gesagt: „Ich weiß in Tiberias ein paar schicke Nachtlokale, das wäre doch auch was für dich.“ Oder war das keine Versuchung, sondern Brot? Bitte, wenn du der Sohn Gottes bist, hier, haha, du kannst aus dem Fels ein knuspriges Bauernbrot machen, haha, läuft dir da nicht das Wasser im Mund zusammen?
Kann das eine Versuchung sein? Kann das etwas Teuflisches sein? Der Teufel kann das. Er weiß, wo er mit seinen verlockenden Klängen uns ansprechen kann.
Jesus hat gewusst, warum er uns gelehrt hat, Gott zu bitten: „Unser täglich Brot gib uns heute“ – die Ration, die wir heute brauchen. Jesus hat erlebt, wie das ist am Kreuz: „Mich dürstet.“ Bei den elementarsten Lebensbedürfnissen können wir ins Schleudern kommen.
Es ist tröstlich, dass das von unserem Heiland auch erzählt wird.
Vorbereitung auf Leid und Bewahrung in der Gemeinde
1932 gab Reichswert Pfarrer Erich Stange, der Reichsleiter der evangelischen Jugend des deutschen CVdM, eine Losung aus: „Wir müssen junge Menschen bereit machen zum Leiden.“ Damals wurde dies verlacht. Doch die CV&Ms, die es ernst nahmen, verloren später viele aus ihren Reihen auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs in Russland.
Diese jungen Menschen waren im Herrn geborgen. Wenn ich an meinen Cousin Heinz Stöffler denke, erinnere ich mich an seine letzte Meldung: „Grüßt meine Eltern, ich sterbe zuversichtlich.“ Er war bereit gemacht zum Leiden und hat nicht gefragt: „Wo ist jetzt Gott?“
Ich denke, es gehört zum Durchblick durch das Zeitgeschehen, dass wir uns viel mehr in unseren Gemeinden überlegen müssten, nicht wie wir die Wirtschaft wieder ankurbeln können – das sollen andere machen –, sondern wie wir helfen können, damit Menschen nicht irre werden. Besonders wenn wir in Zeiten geringer Mittel leben, wenn wir unsere Gemeindehäuser nicht mehr so heizen können wie bisher oder wenn wir manche unserer kirchlichen Gebäude verkaufen müssen, weil wir finanziell nicht mehr durchkommen.
Wenn wir sagen: „Entschuldigung, ich kann kein Opfer geben, mir reicht es selbst nicht mehr“, dann müssen wir uns bereit machen für geringe Zeiten. Lasst euch genügen an dem, was da ist.
Ich wundere mich immer, wenn von unseren Vorfahren in Kullen in Hülpen vom Hungerjahr 1817 erzählt wird. Die Mutter, die Frau des Schulmeisters, sagte zu ihrem Mann: „Jetzt habe ich selbst den letzten Brotleib angeschnitten. Ich kann den vielen Bettlern, die kommen, nicht noch etwas vom letzten Brot abgeben.“ Da antwortete er: „Ja, so machst du es.“
Später wird in der Ewigkeit gesagt werden, die Schulmeisterin von Hülpen habe den Bettlern, die hungrig waren, die Tür zugemacht. Dann hat sie schnell vom letzten Brotleib heruntergesäbelt und erlebt, dass Gott sie nicht hungrig ließ.
Ich komme aus Korntal, wo wir seit 14 Jahren leben dürfen. In allerschlimmsten Zeiten, als grenzenlose Armut unser ganzes Volk erfasste, begann genau die Brüdergemeinde Korntal als Erste, ein Rettungshaus für Straßenkinder zu bauen – zu einer Zeit, als die Menschen noch in Erdhütten lebten. Sie wollten abgeben und merkten, dass unser Herr uns nicht hängen lässt. Der Herr ist auch heute noch da.
Ich denke immer wieder: Wenn solche Zeiten kommen, in denen wir äußerlich ins Gedränge geraten, sind es auch Zeiten der größten Erfahrungen mit dem lebendigen Gott.
Wissen Sie, wann die größten Männer der Erweckung und Evangelisation im zwanzigsten Jahrhundert wirkten? In den Kriegsgefangenenlagern nach 1945, in der Not der Hungerlager. Dort haben Menschen Gott begegnet und den Herrn Jesus gefunden.
Deshalb bin ich gespannt auf das, was der Apostel im Hebräerbrief sagt: „Lasst euch genügen an dem, was da ist. Seid nicht geldgierig.“ Aber lasst das für euch gelten: Der Herr ist auch noch da, so wie es Josua erlebt hat. Und wie es unser Herr Jesus bestätigt hat: „Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten.“
Was können wir Menschen tun?
Schlussgebet und persönliche Zeugnisse
Lieber Heiland Jesus Christus, wenn du uns wirklich in solche Bewährungszeiten hineinführst, dann lass uns darin Halt finden. Wir können uns kaum vorstellen, wie das sein soll. Uns ist bange, doch dein Wort sagt, wir sollen uns nicht fürchten. Wir sollen hineingehen und erwarten, was du tun kannst, auch in den schwierigsten Zeiten.
Lass uns diese Gewissheit auch weitergeben an die Menschen, mit denen wir zusammen sind – auch in unseren Gemeinden. So wird uns nicht bange, wenn schwierige Zeiten kommen. Danke, dass du uns so viel Reichtum, so viele gute Erfahrungen und gnädige Zeiten geschenkt hast. Danke für all das, was an Gesundheitsfürsorge da war, an Schulen, an Reisemöglichkeiten, an Häusern und an Kleidung.
Jetzt bleib du bei uns. Amen.
Ich darf noch zwei Dinge sagen. Entschuldigung, wir haben noch zwei, drei Minuten Zeit.
In meinem Freundeskreis, in der Familie eines vermögenden jungen Mannes, eines jungen Pfarrers, ist Folgendes geschehen: Er hat das getan, was in den Sprüchen steht, doch hat es nicht beherzigt. Er ist Bürger geworden für Christengemeinden in Estland, die für die Pfarrerausbildung meinten, ein Grundstück anschaffen zu können, um damit Geld zu machen. Dabei ist er Betrügern in die Hand gefallen.
Das ganze Vermögen vom Vater, das ererbte Vermögen der Geschwister, sein eigenes Geld ist kaputt, weg. Er hat gebürgt. Ich habe ihn gefragt: „Sag mal, wie kannst du das ertragen?“ Da hat er geschluckt, aber seine Frau sagte: „Wir sind so frei geworden und ganz abhängig vom Herrn Jesus, seitdem das Geld weg ist.“ Das ist der Raub der Güter, mit Freuden erduldet. Das gibt es.
Das andere habe ich bei meinem Großvater erlebt. Er war Kaufmann, hat sich durchgekämpft und ein schönes Geschäft gehabt, eine Eisenwarenhandlung, eine Spezialhandlung. Das erste Vermögen, das er für seine Kinder angesammelt hatte, ist in der Inflation und der Weltwirtschaftskrise kaputtgegangen.
Er hat wieder gesammelt und karg gelebt. Durch Lastenausgleich und durch unsere neue Finanzordnung, die Einführung der D-Mark, kam ein zweiter Lastenausgleich – alles Zweite war verlogen. Er ist im Alter, wie man früher sagte, verkalkt, heute würde man wahrscheinlich sagen, dement geworden.
Die Brüder in der Hanischen Stunde in Weilheim haben gesagt, er sagte eigentlich immer dasselbe: „Nur was du dem Himmel lebst, dir an Schätzen dort erstrebst, das ist Gewinn.“ Dass ein Kaufmann, der mit Geld rechnet und froh war, dass er etwas hatte, am Ende nur das sagte – das war das Letzte, was bei ihm verblieben ist: „Nur was du dem Himmel lebst, dir an Schätzen dort erstrebst, das ist Gewinn.“