Der Himmel ist verschlossen, und die meisten Flughäfen in Deutschland sind wegen eines Schneesturms geschlossen. Dennoch dürfen wir uns versammeln – nicht nur unter dem Thema „offener Himmel“, sondern hoffentlich auch unter Gottes geöffnetem Himmel.
Eines der biblischen Zitate, in denen vom offenen Himmel die Rede ist, stammt aus der Geschichte des ersten Blutzeugen der Christenheit, Stephanus, der gesteinigt wurde. Ich lese daraus aus Apostelgeschichte 7:54-56: „Sie knirschten mit den Zähnen, und es ging ihnen durchs Herz, als sie hörten, was Stephanus sagte. Er aber, voll des Heiligen Geistes, sah den Himmel aufgehen und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes. Er sprach: ‚Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn, also Jesus, zur Rechten Gottes stehen.‘“
Hier wird zweimal betont: „Ich sehe den Himmel offen.“ Doch was hat Stephanus gesehen? Er sah die 24 Ältesten um den Thron Gottes, die vier Gestalten, von denen bereits Hesekiel berichtet, mit dem Thronwagen Gottes, das majestätische Blau, von dem Hesekiel schreibt, das Firmament erhellt – es sei der Himmel offen.
Vielleicht hoffen wir am allermeisten, wenn wir vom Himmel sprechen, dass wir unsere Lieben und Angehörigen wiedersehen. Was hat Stephanus gesehen? Vielleicht all das. Es wird ja nicht ausgeschlossen, dass er auch das neue Jerusalem gesehen hat. Er sah die Herrlichkeit Gottes.
Aber das, was er weiter sagt, ist das Allerwichtigste: Jesus steht zur Rechten Gottes. Jesus ist schöner und reiner, der unser trauriges Herz erfreut. Das war ihm das Wichtigste.
Auch der Seher Johannes beschreibt in der Offenbarung den strahlenden Glanz, wie ein Rauschen von Wasserfällen, die 24 Ältesten, die Posaunen, das Lob um den Thron Gottes. Er sah den Himmel offen und sah Jesus zur Rechten Gottes stehen.
Die Offenbarung des Himmels und die Bedeutung Jesu zur Rechten Gottes
Es war also erfüllt worden, was der Herr Jesus noch im Prozess sagte, als sie ihn fragten: „Beschwöre dich, dass du uns sagst, ob du wirklich Christus, der Sohn Gottes, bist.“
Und Jesus sprach: „Ja, von jetzt an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten Gottes sehen.“ Daraufhin riss der Hohepriester seine Kleider.
Was bedarf es weiter Zeugnis? Es kann doch nicht sein, dass dieser Zimmermannsgeselle von Nazareth der kommende Menschensohn ist, der zur Rechten Gottes steht – am Ehrenplatz Gottes! Doch genau das war erfüllt.
Wenige Wochen später sah Stephanus den offenen Himmel. Er sagte: „Ich sah den Himmel offen.“ Es war erfüllt, was schon in Psalm 110, einem Psalm Davids, prophetisch vorausgesagt wurde.
Dort spricht der Herr zu meinem Herrn: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“ (Psalm 110)
Dieser Psalm kündigte dies etwa 1200 Jahre vor dem Kommen von Jesus an. Und jetzt sieht Stephanus beim offenen Himmel vor allem, dass Jesus zur Rechten Gottes steht.
Wir müssen uns also klar machen, warum – und wir wollen ja heute einen Abschnitt aus dem Hebräerbrief miteinander lesen, betrachten und bedenken.
Hebräer 8.
Jetzt müssen wir verstehen, warum der uns unbekannte Apostel des Hebräerbriefs diese Formulierung wählt, besonders in Hebräer 8, Vers 1:
„Das ist nun die Hauptsache bei dem, wovon wir reden als Christen, die Hauptsache: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der da sitzt zur Rechten des Thrones der Majestät im Himmel.“ Punkt.
Die zentrale Bedeutung des Hohenpriesters im Himmel
Das soll die Hauptsache sein? Vielleicht vergessen wir Christen das heute, wenn wir in unsere Blättchen und Gemeindeblätter hineinschauen, in unsere theologischen Zeitschriften. Dann scheint die Hauptsache zu sein, wie man richtig getauft wird oder wie man richtig Abendmahl empfängt.
Es wird diskutiert, ob das Brot und der Wein durch die Reihen gereicht werden sollen oder ob man in Gruppen vor den Altar tritt. Ob mit Brot oder mit Hostien, mit Wein oder mit Traubensaft, ob mit Einzelkelch oder mit gemeinsamem Kelch – sie können endlos darüber streiten.
Unsere Gemeinden sind bewegt von der Frage, ob Choralgesang wichtiger ist als moderne Lieder oder ob moderne Lieder die Gemeinde verwirren und man deshalb wieder zu den Chorälen zurückkehren soll. Es gibt endlose Streitigkeiten darüber, ob der Verkündiger ein Talar, ein geistliches Gewand, anziehen soll oder nicht.
Ebenso wird diskutiert, ob die evangelische Allianz einer UNO-Resolution zustimmen soll, die fordert, den Hunger in der Welt zu halbieren, oder ob sich die Allianz aus solchen Fragen heraushalten soll. Von solchen Themen sind unsere Blättchen bewegt.
Da sagt der Apostel im Hebräerbrief: Leute, die Hauptsache ist eine andere. Vielleicht sind die anderen Dinge nicht nebensächlich oder unwichtig, aber die Hauptsache ist, dass wir einen haben, der priesterlich vor Gott für uns eintritt – wie der Hohepriester für die Sünder im Tempel eingetreten ist.
Er sitzt zur Rechten Gottes, unmittelbar bei Gott, der uns kennt, der uns versteht, der uns liebt. Darum sprechen wir Dankgebete: Lieber Heiland, du, der du zur Rechten des Vaters bist, du weißt doch, was mich bewegt. Ich muss dir nicht alles aufzählen. Ich bin froh, dass du für mich eintrittst, für mich, einen Sünder. Das ist die Hauptsache.
So hat es wirklich der Apostel im Hebräerbrief gemeint. Er sagt: Lasst mal das andere, was durchaus Bedeutung hat und wichtig sein mag, beiseite. In Kapitel 6, Vers 1 heißt es: „Darum wollen wir jetzt lassen, was am Anfang über Christus zu lehren ist, und uns dem Vollkommenen, dem Wichtigen zuwenden.“
Wir wollen nicht wieder grundlegend mit der Umkehr von toten Werken, mit dem Glauben an Gott, mit der Lehre vom Taufen beginnen. Damals wurde schon darüber gestritten, ob Erwachsene oder Kinder getauft werden sollen, ob ganze Familien getauft werden dürfen. Wir müssen sehen, was die Hauptsache ist.
Hände auflegen, sogar die Auferstehung der Toten – darüber wollen wir jetzt nicht reden. Die Hauptsache ist: Wir haben einen Heiland, der als Hoherpriester zur Rechten Gottes steht.
Die Sehnsucht des Vaters und die Rückkehr des Sohnes
Lassen Sie mich das aufgrund der Fülle der Heiligen Schrift in drei Linien aufzeigen. Für den Vater im Himmel war es das Wichtigste, dass sein geliebter Sohn zu ihm zurückkehrt.
Im sogenannten hohenpriesterlichen Gebet in Johannes 17 heißt es: „Du hast mich geliebt, ehe der Welt Grund gelegt war.“ Das zeigt eine unvorstellbare Liebe zwischen Vater und Sohn. Herr Jesus sagt, der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in die Hand gegeben. Mich bewegt es immer wieder, wenn es heißt, Jesus ging auf einen Berg, um stundenlang mit seinem Vater im Himmel zu sprechen. So lange halte ich mit meinen Gebeten nicht durch. Es war ihm ein tiefes Bedürfnis.
Als er ins Leiden ging, sagte er: „Ihr werdet mich alle allein lassen, aber ich bin nicht allein, der Vater ist bei mir.“ Das zeigt eine unvorstellbare Verbundenheit zwischen Vater und Sohn. Und dann lässt Gott seinen Sohn fahren um unseres Heils willen. Martin Luther hat in seinem großen Lied „Nun freut euch, lieben Christen gemein“ gedichtet:
„Fahr hin, meins Herzens werte Kron,
und sei das Heil dem Armen,
und rett ihn aus der Sündennot,
erwürg für ihn den bitteren Tod
und lass ihn mit dir leben.“
Toll, wenn Sie bloß diese eine Zeile nehmen: Der Gedanke des Vaters, weil er uns Jesus schickt, der Fleisch und Blut annimmt, damit wir, Leute aus Fleisch und Blut, mit Jesus leben können – nicht bloß wie Jesus, nicht bloß mit Impulsen von Jesus. Da wären wir verloren. Lass ihn mit dir leben!
Aber nun ist die Sehnsucht des Vaters, dass der Sohn wieder heimkehrt zu ihm. Wenn wir uns als Eltern je danach sehnen, dass unsere Kinder nach Hause kommen, dann ist das nur ein schwaches Abbild dessen, wie der himmlische Vater sich nach dem eingeborenen Sohn sehnt, der aus der Fremde dieser Welt heimkommt zu ihm.
Wir haben ja bewegende Erfahrungen vom Heimkommen gemacht. Wenn jetzt immer wieder bei Phoenix die Bilder kommen, wie die letzten Kriegsgefangenen – 1955 aus Russland – zurückkamen, die Glocke in Friedland läutete und viele nicht mehr heimgekommen sind. Heimkommen! Ach, wir als Eltern freuen uns, wenn an Heiligabend unsere Tochter kommt. Sie ist in der Sozialarbeit in Berlin und war schon lange nicht mehr zu Hause. Aber wir sehnen uns danach. Sie ist 40 Jahre alt, längst aus den Kinderschuhen entwachsen. Doch wie Eltern sich sehnen, so kann man sich vorstellen, wie der himmlische Vater sich gesehnt hat.
Ich habe gesagt: „Fahr hin, sei das Heil dem Armen.“ Und jetzt kommt er heim. Er rettet ihn, weil er, wie es in Philipper 2 heißt, sich selbst hingegeben hat bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht.
Jetzt hat Gott wahrgemacht, was im Psalm 2 prophetisch vorausgesagt ist: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setz dich zu meiner Rechten!“ Die Mission impossible, die eigentlich unmögliche Aufgabe, ist erfüllt. Du hast den bitteren Tod erwirkt und einen Weg zum Heil geschaffen.
Es ist die Hauptsache für den Vater, dass der Sohn wieder heimkehrt.
Die Sehnsucht Jesu nach der Heimkehr zum Vater
Zweiter Gedanke
Für Jesus war es die Hauptsache, wieder zum Vater heimkommen zu können.
Es wird erzählt, dass Maria aus Magdala dem auferstandenen Jesus begegnet ist. Zuerst hat sie gar nicht begriffen, dass es Jesus ist. Sie meinte, es sei der Gärtner. Mit ihren tränenverhangenen Augen hat sie nicht richtig erkannt, wer vor ihr stand. Sie hielt es auch nicht für möglich, dass Jesus wieder da sein sollte.
Als Jesus sie anspricht – so wie bisher nur einer sie angesprochen hat – mit dem Namen Maria, sagt sie: „Mein Herr!“ und will ihm die Füße umfassen, weil sie ihn wiederhat. Doch Jesus sagt: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Das große Wiedersehen mit euch kommt erst. Aber jetzt ist etwas ganz anderes dran: dass ich zu meinem Vater und zu meinem Gott heimkommen darf.
Die große Freude des Sohnes: „Vater, du hast mich geliebt, ehe der Welt Grund gelegt war“ (Johannes 17).
Im gleichen Kapitel, im Gebet, heißt es weiter: „Ich bin schon gar nicht mehr in der Welt, Vater, ich komme zu dir.“
Wir nehmen uns immer wieder vor, Gott mit allen Kräften und aus ganzer Seele zu lieben, und merken dabei, wie wir weit zurückbleiben. Aber Jesus hat seinen Vater geliebt – mit allen Fasern seines Herzens.
Er hat einmal das große Wort gesagt: „Wenn der Heilige Geist kommen wird, den der Vater auf der Höhe ausgießen wird, dann wird man begreifen, was Gerechtigkeit ist.“
Wir werden morgen noch ein bisschen über Gerechtigkeit reden.
Wir denken oft, Gerechtigkeit bestehe darin, dass wir von unserem Reichtum an die armen Menschen in Malawi abgeben. Dass endlich die bestraft werden, die so viele Milliarden verschleudert oder verbrannt haben. Gerechtigkeit wäre, dass alle unsere Vorstellungen erfüllt werden, zum Beispiel dass die Nachbarn ihren Müll besser trennen und in die richtige Kiste legen. Oft sind es ganz kleine Dinge, die uns als Gerechtigkeit vorkommen können.
Jesus sagt: Gerechtigkeit ist, dass ihr mich nicht mehr seht, denn ich gehe zum Vater.
Da hat Gott festgelegt, als er seinen Sohn zu sich an seine Seite holte, was vor aller Welt recht und notwendig ist: Jesus ist jetzt an der Schaltstelle der Weltgeschichte.
Vor langen Jahren – mein Ältester ist bald fünfzig, also schon lange her – als er auf dem Gymnasium in Schöndorf war, hat eine Lehrerin, die aus der Studentenrevolution kam, im Gemeinschaftskundeunterricht gesagt: „Die Welt braucht endlich einen wie Mao, der die ganze Welt wirtschaftlich und politisch in Ordnung bringt.“
Da hat mein Sohn sich gemeldet und gesagt: „Er ist schon gekommen. Was meinst du, Jesus?“ Großes Gelächter in der Klasse. Ab dem Augenblick stand er natürlich nicht mehr auf der Beliebtheitsliste dieser Lehrerin.
Aber ich habe mich gefreut für meinen Ältesten, der so am Anfang des Glaubens war, im ersten Feuer der Liebe zu Jesus.
Den hat Gott an seine Rechte geholt. Das ist Gerechtigkeit: dass der Heiland der Welt an der Schaltstelle sitzt.
Wir sehen noch nicht viel davon, aber wir können garantiert darauf warten, dass der Herr Jesus diese verfahrene Welt aus aller Unordnung herausholt und in seine Ordnung mit dem neuen Himmel und der neuen Erde bringt.
Vergesst nicht: Gerechtigkeit ist, dass ich zum Vater gehe. Darauf hat er gewartet und sich danach gesehnt.
Die Bedeutung Jesu für die Gemeinde und die Kirche
Dritter Gedanke
Also nicht bloß der Vater war die Hauptsache, sondern Herr Jesus war die Hauptsache. Und der Gemeinde des Herrn Jesus war das von Anfang an die Hauptsache.
In Tübingen ist vor wenigen Wochen der große Professor für Neues Testament, Doktor Doktor Martin Hengel, gestorben. Er war eigentlich ein Manager eines großen Begleitungsunternehmens. Doch Wilhelm Busch-Essen sagte zu ihm: „Hengel, Sie sollten Theologieprofessor werden.“ Daraufhin überließ er seinen väterlichen Betrieb seinem Bruder, begann noch im Alter Theologie zu studieren und wurde einer der ganz genialen Theologieprofessoren.
Er hat uns immer gesagt: „Ist euch eigentlich klar, dass das am meisten und am häufigsten im Neuen Testament zitierte alttestamentliche Wort Psalm 110 ist?“ Dieses Wort lautet: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten!“
Im Kolosserbrief 3,1 heißt es: „Trachtet nach dem, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes.“ Auch im Hebräerbrief wird immer wieder betont, dass Christus erhöht ist zur Rechten des Vaters. Ebenso im Epheserbrief.
Die Apostel haben gleich mit der Pfingstpredigt gesagt: „Nachdem er nun erhöht ist, der, den ihr gekreuzigt habt, hat er ausgegossen diesen Heiligen Geist.“
Als die Sadduzäer und Pharisäer Jesus mit Fangfragen hereinlegen wollten und er alles gemeistert hatte, sagte er: „Jetzt will ich euch etwas fragen: Wen meinte eigentlich David, als er sagte: ‚Der Herr, also Gott, sprach zu meinem Herrn‘?“ Gott war der Herr, aber ist er noch ein dritter Herr? Wen hat David da in Psalm 110 gemeint?
Ihr Pharisäer und Sadduzäer habt doch den Psalm immer wieder zitiert. Wen hat denn Jesus gemeint? Sie konnten ihm nicht antworten, denn sie hatten noch nie darüber nachgedacht. Das war, als hätte der Herr Jesus gesagt: „Geht dem nach, das ist ein ganz wichtiges Wort.“
Noch im Prozess des Herrn Jesus zitierte er ihn selbst: „Ihr werdet sehen, den Menschensohn sitzen zur Rechten Gottes.“
Das ist nun die Hauptsache. Für uns ist das die Hauptsache.
Liebe Schwestern und Brüder, wir wären arm dran, wenn das nicht wahr wäre, was Paulus in Römer 8 sagt: Christus, der gestorben ist, ja vielmehr der auch auferweckt ist, welcher zur Rechten Gottes sitzt und für uns eintritt.
Die Fürbitte Jesu als Hoherpriester
Bevor ich heute Morgen mein erstes Stoßgebet gebetet habe, hat Jesus dem Vater bereits gesagt: „Pass auf den Schiffbruch auf, damit er nicht über seine eigenen Dummheiten stolpert.“ So stelle ich mir das immer ganz schlicht vor. Das Gebet, das Jesus vor den Vater bringt, ist viel wichtiger als mein stotterndes Gebet.
Ich darf mich mit meiner Fürbitte, meinen Gebetswünschen und meinem Sinn in das Gebet einklinken, das der Herr Jesus schon vorsagt und für den Vater bringt – für seine Leute. Wir sprechen von Johannes 17, das als das hohepriesterliche Gebet bezeichnet wird. Jesus hat dort gebetet wie ein hoher Priester: „Vater, ich bitte dich für die, die du mir gegeben hast. Vater, ich will, dass die bei mir sind, die du mir gegeben hast. Vater, ich will, dass sie nicht verloren gehen. Sie sind zwar in der Welt, aber sie sollen nicht von der Welt sein.“
Verstehen Sie, so tritt der hohe Priester Jesus vor dem Vater für uns ein. Herr Jesus hat ja auch das Schönste gesagt in jenem herrlichen Gleichnis, in dem der Herr des Weinbergs sagt: „Der Weinstock bringt nichts, jetzt lassen wir es.“ Und der Weingärtner antwortet: „Lass sie noch dieses Jahr, bis ich um ihn grabe und dünge ihn.“
Es wird immer wieder gefragt, was das für ein Geheimnis ist, dass jemand eigentlich schon vor zehn Jahren todkrank war, von Ärzten aufgegeben wurde und dennoch noch lebt. Wahrscheinlich, weil Herr Jesus vor dem Vater sagt: Der Schiffbruch ist noch lange nicht so weit. Bei dem muss ich noch einiges umgraben – vielleicht bei Ihnen auch. Das ist ein hohespriesterliches Gebet vor dem Vater.
Im 1. Johannesbrief heißt es: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünde bekennen, ist er treu und gerecht, dass er Sünde vergibt und uns von aller Untugend reinigt. Denn wenn wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesus, der gerecht ist.“
Warum ist das alles die Hauptsache? Mehr als alle dogmatischen Erkenntnisse, mehr als alle Frömmigkeitseindrücke, fast würde ich sagen, mehr als alle Bibelworte, die uns lieb sind? Weil da die Person Jesus Christus, der Heiland, von Gott uns gegeben ist. Lass ihn mit dir leben! Er ist beim Vater, er wendet sich an die höchste Instanz und tritt für uns ein – für seine Leute.
Der Hebräerbrief sagt, dass er jetzt vor dem Angesicht des Vaters im Himmel selbst erschienen ist, um für uns einzutreten. Er bittet immer wieder für die Hebräer (Hebräer 7) und dann in Hebräer 9 für die, die nach seinem Willen zu Gott kommen sollen.
Das ist ein 24-Stunden-Gebet. Brüder und Schwestern haben sich abgelöst, um für die Missionare in Lappland, Afrika und Westindien zu beten. Sie haben sich abgelöst. Herr Jesus muss man nicht ablösen.
Mein Religionslehrer Paul Schimp hat einmal gefragt: „Kann man eigentlich auch glauben, wenn man schläft, wenn unser Bewusstsein weggetreten ist?“ So wie wir glauben, verstehen wir nicht. Aber auch wenn ich schlafe, wacht sein Sorgen. So heißt es bei Paul Gerhardt: „Er wacht und denkt an mich noch im Schlaf.“
Sie können sich ihm anbefohlen, dass die dummen Träume weggehen und die Lasten, die auf unserer Seele liegen. Wenn ich erhöht werde von der Erde, sagt Jesus, „so will ich sie alle zu mir ziehen.“ Dann will ich es wahr machen: „Vater, ich will, dass die bei mir seien, die du mir gegeben hast.“
Der hohe Priester – der Hebräerbrief beschäftigt sich immer mit der Gestalt des Hohen Priesters, der für die Sünden des Volkes eingetreten ist, der selber Mensch war auf dieser Erde und auch versucht wurde wie wir. Er wusste, was Sünde ist. Und er ging einmal im Jahr ins Allerheiligste, um Israel zu versöhnen.
Der Hebräerbrief sagt im Kapitel 10, das war ja bloß eine Erinnerung an Sünden, Jahr um Jahr, immer wieder. Jesus ist einmal ins Heiligtum eingegangen, damit wir dort einen Heiland hätten, der sagt: „Vater, die und den habe ich erkauft, die gehören mir.“ Und das darf nicht durchgestrichen werden, das ist mein Heil, mein Wille!
Stephanus sah den Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes stehen. Er sagte: „Ich sehe den Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes stehen.“ In Hebräer 8,1 heißt es nun: Das ist die Hauptsache, von der wir reden.
Dank und Vertrauen auf den Fürsprecher Jesus Christus
Ach, lieber Heiland, vielen Dank, dass es so ist: Du bist der große Fürbitter, der uns durch und durch auch in unseren Schwachheiten versteht. In der Halblebigkeit unseres Glaubens und unserer Treue bist Du vor dem Vater und lässt uns nicht mehr los.
Schenk uns ein frohes Gewisssein darüber, dass dies gilt. Lass uns heute Nacht geborgen sein in Deinem Frieden. Bewahre die vielen, die jetzt bei dem Unwetter unterwegs auf den Straßen sind.
Sei um die aus unserer Mitte und in unseren Gemeinden zu Hause, die kaum tragbare Lasten auf ihren Seelen tragen, Du großer hoher Priester! Dir dürfen wir diese Menschen anvertrauen, damit Du sie mit ihren Lasten trägst. Amen!
Die Bedeutung der Hauptsache in der Christenheit
Noch ein Gedanke zum Stichwort „Hauptsache“: Unser früherer Landesbischof Dr. Erich Eichele hat gern ein Wort zitiert, das in der Christenheit oft gesprochen wird. Es war nicht seine Erfindung, aber er konnte es mit besonderem Nachdruck sagen.
Es lautet: „Es ist eben die Hauptsache, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt.“
Gut ist es, wenn wir wissen, dass die Hauptsache darin besteht, dass Jesus vor dem Vater ist. Doch wenn Sie bei einem Gemeindebesuch zu einem Menschen sagen, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt, antwortet er vielleicht: „Ja, die Hauptsache ist, dass man jeden Morgen gesund aufstehen kann.“
Dann müssen wir schon genauer erklären, was wir inhaltlich meinen – nämlich dieses große „Dass Jesus zur Rechten Gottes ist an der großen Schaltstelle.“