Erinnerung an vergangene Gemeinschaft und Nestwärme
Vor Jahren hat ein schwäbischer Pietist in Norddeutschland ein großes Referat gehalten. Ein bekannter Name, den Sie alle kennen. Es war ein tolles Referat. Damals wurde das Manuskript nachgeschrieben. Dabei kam ein verzweifelter Anruf von denen, die das Tonband abschreiben wollten. Sie sagten, es gebe ein Wortbrennen, das immer wieder vorkommt, aber man es nicht versteht.
„Was ist das?“, fragten sie. Sie baten, das Tonband zu schicken, damit sie es abhören könnten. Als wir es abhörten, wurde uns völlig klar, was gemeint ist: Nestwärme brauchen wir in unseren Gemeinden, Heimat.
Ich freue mich, dass in euren Gemeinschaften, den süddeutschen Gemeinschaften, diese Nestwärme da ist. Es ist wunderbar, ein Stück Heimat auf dieser Erde zu haben, wo so viele Christen einsam und allein sind.
Sonst ist so eine Konferenz wahrscheinlich doch eine Pause. Wenn man durch den Park läuft und mit so vielen reden kann, passiert etwas mit einem. Plötzlich gehen Leute auf einen zu, und man erinnert sich an so viele Begegnungen.
Nur eins stimmt uns wehmütig: Da waren letztes Jahr noch ein paar dabei, und jetzt sind sie nicht mehr da. Sie sind heimgegangen, wie wir sagen. Zur Herrlichkeit berufen, die Krone des Lebens empfangen.
„Wir haben hier keine bleibende Stadt“, heißt diese Jahreslosung, „sondern die zukünftige suchen wir.“ Ich denke immer wieder, wenn wir uns so versammeln, sollte uns bewusst sein, dass um uns die Wolke der Zeugen ist.
Davon spricht auch der Hebräerbrief, bevor er uns unsere Jahreslosung sagt: die Wolke der Zeugen, all die, die vorausgegangen sind. Gerade im Hebräerbrief hat das eine wichtige Bedeutung: Hört doch nicht auf, werdet doch nicht müde, lauft doch weiter, haltet am Glauben fest. Wir haben es doch auch so erlebt wie du.
Historische Wurzeln und das allgemeine Priestertum
Sie sind der süddeutschen Gemeinschaft in dieser langen hundertjährigen Geschichte ganz am Anfang in Cannstatt verbunden. Dort, wo wir jetzt wieder wohnen, gab es einen Großonkel und eine Großtante.
Vor hundert Jahren – das zeigt, wie alt ich bin – hat sich das so zugetragen: Einer der ersten in Cannstatt hat Evangelisten zu Hausversammlungen eingeladen. Das war das Urgestein der süddeutschen Gemeinschaft, Onkel Emanuel und seine Eugenie.
Onkel Emanuel sagte damals: „Heute Abend, wenn der Evangelist kommt und wir Bibel lesen, Eugenie, mach auch die Rouladen runter. Unsere Nachbarn brauchen nicht sehen, was wir hier machen.“ Darauf antwortete Eugenie: „Emanuel, ich habe doch alles schon eingeladen.“
Das ist der Geist der süddeutschen Gemeinschaft, so wie wir ihn heute haben. Und es sind die Frauen, die das mittragen. Wenn ich daran denke, was ihr in all diesen Orten tut, dann sehe ich große Treue und Hingabe für unseren Herrn Jesus.
Das waren alles Menschen, die im Leben standen. Was ich am schönsten finde, ist das allgemeine Priestertum aller Gläubigen. Es steht nirgendwo in der Bibel, dass man als Zeuge Jesu Unterlagen tragen muss. Vielmehr ist jeder von Jesus berufen, sein Zeuge zu sein und das Reich Gottes zu bauen.
Ich danke euch für den Dienst, den ihr tut, in großer Treue und Hingabe. Schwache Menschen sind durch Jesus stark geworden und stehen mit beiden Beinen fest in dieser Welt.
Mutige Jesuszeugen trotz Widerstand
Jetzt heißt das Thema noch "Wir sind noch unterwegs" – auf diesem Weg seid ihr noch unterwegs. Ich habe drei Punkte, die ich ansprechen möchte.
Mein erster Punkt lautet: Seid mutige Jesuszeugen, auch wenn euch der Wind ins Gesicht bläst.
Ich habe erschütternde Erlebnisse in meinem Leben gehabt, wenn Menschen erzählt haben, wie sie in ihrem Ort gehasst werden, nur weil sie Jesus treu sein wollen. Es sind Leute voller Liebe und Hingabe, die nie einem Menschen etwas zu Leid getan haben. Doch der Hass hat sie getroffen – manchmal sogar ein ganzes Dorf.
Denkt daran, wie es auf den Molukkeninseln war. Das sind die herrlichen Gewürzinseln Indonesiens, wo vor ein paar Jahren ein furchtbarer Islamistenkrieg tobte. Unzählige wurden umgebracht, alle Kirchen niedergebrannt.
Da kam eines Abends ein Mann zu uns. Wir saßen gerade nach der Gebetsgemeinschaft mit den Witwen zusammen, deren Männer umgebracht worden waren. Der Mann sagte: "Der Häuptling hat mir erklärt, du hast 24 Stunden Zeit, unseren Ort zu verlassen, sonst bist du tot."
Das ist unsere Welt. Ihr seid ja gut informiert. In unzähligen Ländern dieser Erde, unter allen verschiedenen Ideologien – nicht nur in kommunistischen –, unter allen Religionen gibt es solche Situationen.
Die Buddhisten in Sri Lanka demonstrieren heute mit Hunderttausenden auf den Straßen von Colombo: "Weg mit den Christen, wir wollen eine christenfreie Republik sein." Das sind friedliche Buddhisten.
Die Hindus in Indien sagen: "Wir wollen keine Christen." Sie haben 300 Millionen Götter, aber keine Christen wollen sie haben.
Und die Muslime in Pakistan, wo die Christen so mutig sind, dass sie ihren muslimischen Freunden sogar Traktate im Bus verteilen – das zeigt, wie viel Mut es dort gibt. Doch dort sagen viele Muslime: "Die müssen sterben, die müssen weg aus unserem Land, sie bekommen kein Lebensrecht."
Wenn das in unserer Welt so ist, dann beschreibt das auch der Hebräerbrief. Diese hebräischen, also jüdischen Jesusleute haben genau das erlebt. Im Kapitel 10 heißt es: "Ihr habt einen großen Kampf des Leidens erduldet, nachdem ihr zum Teil selbst durch Schmähungen und Bedrängnisse zum Schauspiel geworden seid, zum Teil Gemeinschaft hattet mit denen, welchen es so erging."
Das ist doch furchtbar: Es gibt massenweise Christen in der Welt, und es gehört zum Wesen unserer Welt, dass Jesus nicht gelingt.
Die Schmach Christi tragen und die Kraft des Glaubens
Allein wegen eines einzigen Punktes – nicht, weil sie beten – hat niemand in allen Religionen etwas dagegen. Wenn man zum Gottesdienst geht, hat niemand etwas dagegen. Wenn man über Gott spricht, sind alle begeistert.
Doch wenn du den Namen Jesus aussprichst, trifft dich der ganze Hass. Das ist eine Erfahrung, die Menschen heute mit Jesus machen. Darum sagt der Hebräerbrief: Lasst uns hinausgehen und die Schmach von Christus tragen.
Jesus, der voller Liebe war, Jesus, der einzige Reine, der Barmherzige und Gütige, kennt alle Menschen der Welt eigentlich neidlos an und trägt die Schmach.
Vor Kurzem war ich bei einer Konferenz in Norddeutschland. Wir hatten eine Freizeit in einem Konferenzhaus. Dort waren gleichzeitig 20 iranische Pastoren. Das war interessant, denn sie sagten: Am Wochenende kommen 200 iranische ehemalige Muslime, die Christen geworden sind. Ihr müsst uns davon erzählen, denn wir können nicht daran teilnehmen, da wir die Sprache nicht sprechen. Diese Menschen sind hier in Deutschland als Muslime Christen geworden.
Ich höre das auch hier in eurer Gemeinschaft, dass sich so etwas ereignet. Seid wachsam und engagiert euch dafür. Die Pastoren erzählten weiter, und ich war sprachlos. Sie sagten: Ihr könnt euch nicht vorstellen, was gerade im Iran passiert.
Ein Pastor erzählte, dass er Satellitenevangelisationen in den Iran sendet. Er berichtete: Ich bekomme ständig Anrufe. Die Leute sagen, dass dreißig Personen in einem Zimmer sitzen und alle Jesus nachfolgen wollen – alles Muslime. Sie sagen: Wir haben dreißig Jahre im Koma gelebt, wir halten das nicht mehr aus. Sie geben uns keine Freude und keinen Frieden, sondern wir suchen nur Jesus, denn er kann uns Frieden und Freude geben.
Der Pastor selbst war Muslim und suchte diese Verzweiflung im Neuen Testament. Immer wieder, bei allen – ob Buddhisten, chinesischen Kommunisten oder Hindus – kommt das gleiche Wort: Als wir zum ersten Mal von Jesus hörten, brach ein Sehnen in uns auf.
Habt ihr das verstanden? Auf der einen Seite gibt es diesen grenzenlosen Hass, die Schmach von Christus. Auf der anderen Seite gibt es die Menschen, die zum Glauben kommen und sagen: Das ist das einzige Licht und die Rettung. Das ist so wunderbar.
Zeugnis von Verfolgung und Glaubensmut
Das steht beim Gefangenen des Monats im September in Idea: Der 27-jährige Mohammed Hali Prodba wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wegen Zugehörigkeit zu einer staatsgefährdenden Vereinigung. Wisst ihr, was das war? Ein Hauskreis, in dem die Bibel gelesen wurde – eine staatsgefährdende Organisation. Ein Stündchen, wie wir sagen würden.
Außerdem heißt es, er habe wegen Propaganda von Jesus erzählt. Dabei gilt für uns Christen doch die Vereinsatzung: „Tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, die euch beleidigen und verfolgen; tut wohl denen, die euch Übles tun.“ Das ist die Situation der Hebräer gewesen und für uns ganz wichtig.
Wie kommen Menschen überhaupt zum Glauben? Sie kommen nicht durch lange Diskussionen über Gott zum Glauben. Wahrscheinlich ist es sogar töricht, wenn wir von Gott reden. Was denkt denn Lieschen Müller, wenn wir von Gott sprechen? Denkt sie an irgendeinen Feld-, Wald- und Wiesengott oder an ein höheres Wesen – oder was?
Redet doch immer von Jesus, wenn ihr etwas sagt: beim Krankenbesuch, wenn ihr mit euren Berufskollegen sprecht, in der Schule. Redet von Jesus, weil mit Jesus ein ganzes Programm verbunden ist. Das ist so wichtig – ein Programm, das Jesus gibt. Was gibt denn Jesus?
Niemand sonst in der Welt hat ein Rezept, wie Sünden vergeben werden können. Sünden sind passiert – in keiner Religion der Welt gibt es dafür Vergebung. Wenn die Hindus sich im Ganges tauchen, gibt es keine Vergebung. Und euer türkischer Nachbar kennt keine Vergebung. Wissen Sie das? Er hat auch keine Heilsgewissheit. Er weiß, dass er vor allem am jüngsten Tag vor aller Rechenschaft stehen muss.
Wenn Sie es ihm nicht erzählen und sagen: „Ich bin ein schlechter Mensch, ich bin nicht gut, aber ich lebe von der Vergebung durch Jesus“, dann ist das ein entscheidender Punkt.
Das wird deutlich am Widerstand und am Hass der Welt. Jesus hat den Finger darauf gelegt, dass er gekommen ist, um zu suchen und selig zu machen. Das ist das wichtigste Thema, das wir Menschen sagen können. Am schönsten können wir es von uns selbst erzählen – auch dieser Punkt.
Die meisten Menschen sind überzeugt, dass sie gute Menschen sind. Nein, ich bin kein guter Mensch. Wenn sie wüssten, welch ein Abgrund von Bosheit in mir sich regt – und zwar auch in meinem Christenleben. Was für Schmutz und Gemeinheit darin sein kann und wie schuldig wir werden.
Aber ich weiß, dass es einen Bürgen gibt: Jesus, der mit seinem Blut am Kreuz bezahlt hat. Das gibt mir Frieden im Herzen, die Gewissheit und die Freude, dass ich fröhlich leben kann.
Die Bedeutung der Jesusbotschaft in der Gemeinde
Darum ist es so wichtig, dass wir wieder den Kern unserer Jesusbotschaft für unsere Versammlungen entdecken. Dabei gibt es Widerstand. Viele von euch sind enttäuscht, weil in Gottesdiensten der Name Jesus kaum noch genannt wird und sein Heilswerk kaum zur Sprache kommt. Viele Verkündiger glauben nicht einmal mehr daran, dass Jesus auferstanden ist.
Ich habe oft erlebt, dass Christen in der Verfolgung zu mir sagten: „Wir wollen nicht die Freiheit, wir wollen nicht die Freiheit.“ Sie wissen, dass es in den westlichen Wohlstandsländern oft noch schwerer ist als bei ihnen. Denn bei euch ist die Verfolgung viel verdeckter.
Der Mensch des Widerspruchs, der von Gott abgefallen ist, regt sich dort. Der Mensch der Bosheit, der sich an die Stelle Gottes setzt und vorgibt, Gott zu sein, ist auch bei euch präsent. Die irdischen Sorgen beherrschen euch, und dann verliert man die Treue zu Jesus.
Das müsst ihr wissen: Wenn heute über wachsende Gemeinden gesprochen wird, wachsen diese fast nur noch in Verfolgungsländern. Dort ist der Punkt klar: Es geht um Jesus und um nichts anderes. Es geht nicht nur um Remidimi, um ein paar Revenzen oder ein paar Knüller, die man loslässt.
Es geht darum, dass Jesus das einzige Heil ist. Es gibt kein anderes. Er allein ist der einzige Name, in dem wir selig werden können. Dagegen lehnt sich die Welt auf. Lasst uns mutig das verkünden, auch wenn uns der Wind ins Gesicht bläst.
Die Hoffnung auf die Ewigkeit und das Leben danach
Das Zweite, wenn wir unterwegs sind, unterwegs auf die große Ewigkeit hin, ist herrlich. Wir sind berufen, wie die, die schon vorangegangen sind aus unserer Mitte.
Wenn heute jemand unter uns sterben würde, gäbe es etwas Schöneres, als jetzt heimzugehen und vor dem Thron Gottes zu stehen. Das ist die größte Beförderung, die du in deinem Leben erfahren kannst – die allerwunderbarste. Für die Zurückbleibenden ist es schrecklich, denn sie müssen noch die Beerdigung ausrichten, mit all den Lügen und allem Möglichen. Für den, der heimgerufen wird, ist es nur das Schönste.
Wenn du dich nicht darauf freust, dann klär das bitte und mach das in deinem Glauben klar. Wenn der Herr mich ruft, wird dich keine Stunde in der Ewigkeit reuen. Da bin ich sicher.
Im Licht der Ewigkeit sehen wir vieles, was heute schwer ist, leichter. Ein kleines Beispiel: Zwei Wanderer laufen nachts durch den Regen. Es weht ein kalter Wind, der ihnen ins Gesicht bläst. Der eine ist mürrisch und sagt: „Mir steht das Wasser schon in den Schuhen, und ich kann jetzt nicht mehr.“ Der andere trällert fröhlich ein Lied.
Wissen Sie warum? Weil der eine eine halbe Stunde später zu Hause sein wird, der andere ist obdachlos.
Weh dem, der keine Heimat hat, weh dem Menschen, der keine Heimat hat! Ich stelle mir das überhaupt nicht vor, unsere Nachbarn, unsere Bekannten am Ort. Wie können die leben ohne die Gewissheit: „Ich bin beim Herrn, ich bin im Leben und im Sterben in Jesus geborgen. Es komme, was da wolle, ich bin bereit, zu meinem Herrn zu gehen.“
Umgang mit Leid und die Bewährung im Glauben
Aber jetzt sitzen viele von euch hier. Ich habe es vorhin in der Pause wieder gehört: Es ist ganz erschütternd, was viele von uns an Schwerem tragen müssen. Ich selbst bin sehr belastet.
Wenn jemand 50 Jahre lang die schwerste seelische Depression seiner Frau miterlebt, halte ich das kaum noch aus. Eine andere erzählt mir, dass ihre Frau seit 25 Jahren an schrecklichem Hautkrebs leidet. Und all die Nöte, die man hört: kleine Kinder, die mit schweren Leiden geboren werden. Wenn man sich die ganze Welt ansieht, was dort an Leid herrscht – Terroropfer, denen die Füße abgerissen wurden – ach, was ist das alles schwer.
Wir Christen haben doch ein Herz, wir können mitleiden. Es wäre schön, wenn man nur beten müsste und alles Leid dieser Welt wäre aufgehoben. Aber das hat Jesus nie gesagt. Er hat zwar Wunder getan, aber nur an wenigen Stellen als Zeichen seiner Herrlichkeit. Er hat uns sehr viel Leid gelassen.
Unser Glaube muss im Leiden bewährt werden. Liebe Schwestern und Brüder, tut diesen Dienst in euren Gemeinschaften. Der Kreuzesweg, der Passionsweg, ist der Weg, den Jesus seine Leute führt. Und dort muss man sehr viel Schweres erdulden.
In der Bibel steht von diesen hebräischen Christen, dass sie das ganz schwer ertragen mussten: vertrieben, alles verloren. Und es heißt, sie haben den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet. Das müssen wir noch lernen: dass wir die schweren und beschwerlichen Dinge in unserem Leben um Jesu willen lieben.
Sein Herr, du hast das zugelassen. Ich nehme es aus deiner Hand.
Die Perspektive der Ewigkeit als Trost und Kraftquelle
Und jetzt ist es interessant, im Licht der Ewigkeit zu denken. Stellen Sie sich einen Wanderer vor, der durch die Nacht läuft, in der es regnet und kalt ist. Er sitzt kurz vor der Heimat. Im Licht der Ewigkeit wird diese Situation ganz anders wahrgenommen.
Die ersten Christen, Paulus selbst, schreibt ja ständig davon. Er sagt: „Ich freue mich meiner Leiden, weil mir die Vorfreude auf die Ewigkeit groß wird.“ Unsere Trübsal – das waren für Paulus oft schwere körperliche Leiden, Misshandlungen, ein Schiffsuntergang und sogar Überfälle durch Räuber.
Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maße wichtige Herrlichkeit. In den Wohlstandsländern sind wir in einer ganz großen Not erlegen. Wir haben die irdischen Dinge zum Hauptthema unserer Gottesdienste gemacht: unsere täglichen Sorgen um den gesunden Leib, um Rentenfragen, um äußere Wohnungsfragen und um das, was wir alles besitzen.
Das Wichtigste aber ist, dass Jesus uns für die Ewigkeit zubereiten will.
Wachstum der Christenheit trotz Verfolgung
Ewigkeit leuchte in die Zeit hinein, hell und klar, damit uns das Kleine klein und das Große groß erscheint – selige Ewigkeit.
Ganz am Anfang, als man die ersten Berichte von den Hauschristengemeinden in China hörte und von dem riesigen Wachstum, war das kaum zu glauben. Heute ist es fast wahnsinnig. Ich habe vorhin die Zahlen noch vergessen: Im Iran spricht man heute von 250 Muslimen, die unter Khomeini Christen geworden sind. In China sind es 100 Millionen Jesusleute, obwohl dort keine Missionare wirken können.
Kürzlich kam ein Siemens-Ingenieur aus Shanghai zurück. Wir trafen ihn im Schwarzwald. Er sagte, es seien bereits 130 Millionen Christen. In ihrem Siemens-Werk bilden sie Gebetsgemeinschaften, obwohl das in der Firma strikt verboten ist.
Damals, ganz am Anfang, als man es kaum glauben konnte, dass Jesus so eine Bewegung angestoßen hat, sagten die evangelikalen Missionen, zwei Leute sollten hinreisen, um das zu prüfen. Man konnte das nur ganz heimlich tun, weil die Chinesen einen nur heimlich ins Land brachten. Erns Vater sollte mitgehen, fiel aber kurzfristig aus. So bin ich allein gereist. Es war überwältigend.
Mit diesen Christen im Verborgenen zusammenzutreffen, die unter großer Staatsverfolgung lebten, war wie ein Geheimdienst-Einsatz. Man wurde heimlich dorthin geschleust. Das Interessanteste war, als ich einen nach dem anderen von den Christen in China kennenlernte, die 23 Jahre im Straflager waren.
Sie erzählten von Eisigkeit, von keinem Bruder an der Seite und keiner Bibel mehr, nur dem, was sie im Kopf hatten. Dann liefen einem plötzlich die Tränen runter. Sie sagten: „Wir haben Jesus so herrlich erlebt in dieser totalen Ausweglosigkeit. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr wir am Schluss Angst hatten, dass wir das nie mehr so erleben würden.“
Das sind die Verheißungen von Jesus: Wenn es ganz, ganz schwer wird, offenbart er seine Herrlichkeit.
Geht zu den Kranken, die heute nicht hier sein können, zu den Pflegebedürftigen, und sagt ihnen: Jesus ist bei dir. Er wird zu dir reden und seine Herrlichkeit an dir offenbaren.
Durch das Kreuz, durch die Herrlichkeit – der vom Kreuz zum Thron gestiegene – hilft auch dir zu deinem Sieg. Gelobt sei er, wie im Lied „Himmel an“.
Das ist die Kursrichtung für uns. Darauf wollen wir uns freuen.
Die Hoffnung auf die Herrlichkeit trotz Leid
Und noch einmal ein Satz im Originalton von Paulus:
Ich achte, dass diese Zeit Leiden nicht wert ist der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Wir sind nicht die Menschen, die das glauben, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht.
Und was erleben wir, wenn andere unter uns schwer geführt werden?
Im Raum Heilbronn hatten wir in der Gemeinde eine Frau. Sie ist hier bekannt, sie war keine Christin. Dann ist ihr fünfjähriger Sohn unter die Last eines Kieslasters geraten und wurde zu Tode gedrückt. Durch dieses Leid hat sie zum Glauben an Jesus gefunden.
Wir hatten zwei Väter in der Gemeinde, ungläubige Männer, die durch den Tod ihrer Kinder zum Glauben gekommen sind.
Und das sollt ihr wissen: Es läuft ein bisschen anders, als man euch erzählt, aber so ist die Linie des Neuen Testaments.
Weil Jesus mächtig wirkt, noch ein letztes: Nur nicht das Ziel verpassen, nur nicht das Ziel verpassen.
Im Hebräerbrief heißt es im Kapitel 2: Nur nicht am Ziel vorbeitreiben.
Das Bürgerrecht im Himmel als Lebensziel
Mein Bruder Rolf hat das kurz vor seinem Tod noch sehr bewegt angesprochen: Ob wir unser Bürgerrecht im Himmel festgemacht haben. Es war ganz merkwürdig. Noch wenige Tage vorher, in der Bibelstunde in Eidlingen, fragte seine Frau ihn: „Warum betonst du das so?“ Und er antwortete: „Das muss ich.“
Ich möchte Ihnen auch sagen: Das Wichtigste im Leben ist nicht, wie gesund oder krank Sie sind, nicht Ihre ganzen Lösungen für wirtschaftliche Fragen, sondern ob Sie sich sicher sind, dass Sie das Bürgerrecht im Himmel haben und ob Sie es ergriffen haben.
Das hat für mein Leben eine große Bedeutung gehabt. John Bunyan mit seiner „Pilgerreise zur ewigen Heimat“ war für mich als Kind sehr wichtig. Ich war meiner Oma sehr dankbar, dass sie mir als Kind daraus vorgelesen hat. John Bunyan war ein einfacher Mann, ein Kesselflieger aus Bedford. Er wurde eingesperrt, weil er von Jesus gepredigt hat – und das in Großbritannien.
Er bekam fünfzehn Jahre Haft und schrieb während dieser Zeit diese schöne Geschichte. Darin beschreibt er, dass es in unserem Leben sehr viel Böses gibt. Nachdem er freigelassen wurde, bekam er noch einmal fünf Monate Haft, weil er weiter gepredigt hat – außerhalb der Staatskirche. So war das früher.
Es war ihm sehr wichtig, dass wir durchbrechen. Er erzählt vom „Markt der Eitelkeiten“, den jeder durchqueren muss, der zur Ewigkeit gelangen will. Der Markt der Eitelkeiten ist sehr verlockend: Dort stehen Gaukler, es wird Geld gewechselt, man kann Dinge kaufen. Aber alles ist nur Schein und vergänglich.
Er sagt: Halte nicht an den vergänglichen Dingen der Welt fest, sondern richte deinen Blick auf das große Ziel. Verpasse nicht das Ziel!
Habt ihr auch schon gehört, dass viele Christen heute davor warnen, auf die Ewigkeit zu schielen? Nun, schielen ist ja sowieso nicht gut für die Augen. Wir blicken mutig und fröhlich mit beiden wachen Augen auf die Ewigkeit.
Aber es wird behauptet, wer auf die Ewigkeit schaut, werde untüchtig für seine Aufgaben in dieser Welt. Habt ihr das auch schon gehört? Man sagt, solche Menschen würden sich dort verlieren. Das stimmt aber überhaupt nicht! Schaut euch das an: Alle Menschen, die „ewigkeitssüchtig“ waren, waren die treuesten Arbeiter in dieser Welt.
Mein Vater hat im Dritten Reich sein Amt verloren. Nach dem Krieg durfte er das Berufsschulwesen in Baden-Württemberg aufbauen. In seinem Amtszimmer im Neuen Schloss in Stuttgart hing ein kleiner Spruch: „Mach mir stets süß deinen Himmel und bitter diese schnöde Welt. Gib mir in dem Weltgetümmel die Ewigkeit vorgestellt.“
Im Neuen Schloss erlosch das Licht vor Mitternacht. So hat er gearbeitet. Er war Mitglied im Landtag. Aber die Ewigkeit war ihm wichtig.
Als ihm mit 57 Jahren der Arzt sagte: „Sie sind unheilbar krank, Sie müssen sofort in die Klinik“, räumte er seinen Schreibtisch auf. Drei Stunden später war er im Krankenhaus, und der Herr hat ihn heimgeholt.
Solange wir noch eine Aufgabe haben, werden wir sie treu erfüllen, weil wir Frucht für unseren Herrn bringen wollen. Und wir sind unsterblich. Solange wir Aufgaben haben, setzen wir uns mit ganzer Kraft dafür ein.
Beispiele aus der Geschichte und Mahnung zur Treue
Einer der ersten Gründer in Württemberg war Philipp Matthäus Hahn. Im Brugghaus steht, dass er der Begründer der gesamten Feinmechanik in Württemberg gewesen ist. Wer nach Albstadt-Ebingen geht, sollte sich unbedingt das Museum ansehen. Er war Theologe.
Was haben die Väter und Mütter in den Orten geleistet? Was ist geschehen? Was habt ihr in eurem Leben gewirkt – in Kirche und Gemeinschaft, im Gemeinderat, am Ort? Was habt ihr gedient? Kein Dienst läuft ohne die treuen Gläubigen, die ewigkeitsbezogen sind.
Wir lassen uns nicht mehr sagen, ob sie Handwerker oder Bauern waren. Wir tun doch alles, und das ist der Abraham uns ein tolles Vorbild. Er hat dort, wo Gott ihn gebraucht hat, auch in einer fremden Welt, die seinen Glauben abgelehnt hat, mit Liebe, Treue und Ausdauer gedient.
Wir denken an Joseph. Man hat ihn ins Gefängnis gesperrt, aber er hatte Geduld. Der Herr war mit ihm, und er wurde zum zweithöchsten Mann Ägyptens. Wenn wir nur wieder so einen klugen Mann in der Regierung hätten, der sagt: Solange man gute Einnahmen hat, muss man für die schlechten Jahre zurücklegen. Josef war ein toller Politiker und Staatsmann in der Regierung. Er war ein Gläubiger, der dem Herrn gehörte.
Dann denke ich noch an Daniel. Schön, dass Bruder Kamla das erwähnt hat. Daniel hatte nur einen Wunsch: „Ich will mich nicht verunreinigen mit den Sünden dieser Welt.“
Jetzt wende ich mich ganz direkt an jeden von uns und auch an unsere jungen Leute. Ganz wichtig: Steht mal bei Paulus in seinen Briefen. Dort heißt es: „Demas hat mich verlassen, weil er diese Welt liebgewonnen hat.“ Warum ist er weggeblieben aus der Jesusgemeinde? Hat er einen Direkterposten in der Bank bekommen oder einen tollen Platz in der Wirtschaft? Oder war es eine sündige Liebesgeschichte? Irgendwo hat er gebrochen.
Das Allerfurchtbarste ist, wenn wir wegen irdischer Versuchungen die Treue zu Jesus aufkündigen. Und das ist heute eine Not. So viele haben sich einmal bekehrt – und wo sind sie geblieben? Der eine ist Immobilienspekulant geworden, der andere macht sein Glück in der Wirtschaft. Aber die Sache mit Jesus ist ihnen nicht mehr wichtig. Sie haben ihr ewiges Ziel verpasst und sich in den Dingen dieser Welt verloren.
Persönliche Erfahrungen und der Wunsch nach ewigkeitssüchtigem Leben
Als wir vor 49 Jahren geheiratet haben, überlegten wir, welches Motto über unserer Ehe stehen sollte. Wir wählten ein Wort aus dem Epheserbrief: Der Herr möge uns die Augen immer erleuchten, damit wir die Herrlichkeit sehen, zu der er uns berufen hat.
Unser Leben verlief oft anders als geplant, doch es war immer so, dass der Herr uns seine Herrlichkeit erfahren ließ. Er zeigte uns die Kraft seiner Auferstehung und die wunderbare Macht, die er über alles hat, was in dieser Welt und in der zukünftigen genannt werden kann.
Ich möchte seit meiner frühen Kindheit ewigkeitssüchtig leben, in großer Leidenschaft. Gleichzeitig genieße ich jede Stunde, in der der Herr mich noch hier auf Erden braucht und es notwendig ist, hier zu dienen. Dabei will ich mich nicht von meinen Leidenschaften, Lüsten und Begierden beherrschen lassen. Diese müssen unter Zucht genommen werden.
Auch gläubige Menschen müssen Zucht üben. Der Heilige Geist ist ein Geist der Zucht und der Besonnenheit, nicht der Extravaganzen. So steht es im Zweiten Timotheusbrief: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Zucht (2. Timotheus 1,7).
Deshalb müssen wir unsere Wünsche und Sehnsüchte unter Kontrolle halten. Aber Herr, gebrauche mich, damit ich meine Zeit nutzen kann, um dir zu Ehren zu leben in der kurzen Zeit meines Lebens – eines Lebens, das ein Wandern zur großen Ewigkeit ist.
Abschlusslied und Schlusswort
Es gibt ein schönes Lied von Tersteegen. Was wir Älteren euch Jungen vielleicht noch sagen können, ist Folgendes: Die Melodien dürft ihr gern so gestalten, wie ihr möchtet. Töne an sich machen nicht selig. Übrigens werden Töne auch vom Satan benutzt, was ein Problem darstellt.
Töne sind an sich neutral. Entscheidend sind die Inhalte, besonders die biblischen Inhalte, die man sich in kurzen Versen merken kann. Diese enthalten wichtige Aussagen. Auf dieses Lied wollen wir es denn wagen.
Es ist wohl lohnenswert und gründlich, das abzulehnen, was die Welt aufhält und beschwert. Welt, du bist uns zu klein! Wir gehen durch Jesu Leiden hindurch in die Ewigkeit. Es soll nur Jesus sein! Amen!