Einführung in die Predigt und die Situation in Nazareth
Gott wird Mensch
Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode einhundertsiebzehn
Der Konflikt in Nazareth, Teil zwei
Gottesdienst in der Synagoge in Nazareth: Nach seiner Gewohnheit nimmt Jesus daran teil. Er nutzt die Gelegenheit, um seinen Verwandten, Freunden und Nachbarn eine sehr wichtige geistliche Lektion zu geben.
Er sagt ihnen ziemlich direkt: „Ich bin der Messias. Auf mir liegt Gottes Geist, und ich bin gekommen, um euch zu befreien – um eure Schuld, eure geistliche Blindheit und eure Verlorenheit zu verwandeln. Ich bin gekommen, um Durchblick und Erlösung zu bringen.“
Er zitiert Lukas 4,19: „Ich bin gekommen, ein angenehmes Jahr des Herrn auszurufen.“
Wir sind es gewohnt, in Jesus den Wundertäter zu sehen, der ganze Dörfer von Krankheiten und Dämonen befreit. Doch zu diesem Zeitpunkt ist davon noch kaum etwas zu merken.
Aktuell sind nur zwei wirkliche Wunder bekannt: eines in Kana, wo er Wasser zu Wein verwandelt, und eines in Kapernaum, wo der Sohn eines königlichen Beamten gesund wird.
Dass Jesus sich zu Hause in Nazareth als Messias positioniert, war für seine Zuhörer zunächst nicht zu erwarten. Sie reagieren daher auf doppelte Weise (Lukas 4,22).
Die Reaktion der Zuhörer auf Jesu Anspruch
Und alle gaben ihm Zeugnis und wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen. Sie sprachen: „Ist dieser nicht der Sohn Josefs?“
Merkt ihr, sie wundern sich über zwei Dinge: über das Angebot der Gnade und über die Person, die dieses Angebot macht. „Ist dieser nicht der Sohn Josefs?“ Mehr fällt ihnen erst einmal tatsächlich nicht ein. Aber Jesus liest ihre Gedanken.
Lukas 4,23: „Und er sprach zu ihnen: Ihr werdet jedenfalls dieses Sprichwort zu mir sagen: Arzt, heile dich selbst! Alles, was wir gehört haben, dass es in Kapernaum geschehen sei, tu auch hier in deiner Vaterstadt.“
Das ist jetzt nicht ganz einfach. Was Jesus hier tut, ist Folgendes: Er kennt ihre Gedanken zu dem, was er eben gesagt hat. Er hatte sich als Messias vorgestellt und wusste, was sie darauf antworten würden.
Er wusste, dass sie in etwa so argumentieren würden: „Wenn du willst, dass wir glauben, dass du die Erfüllung von Jesaja 61,1 bist, dann musst du uns das beweisen. Du hast in Kapernaum einen Kranken gesund gemacht. Tu das auch bei uns.“
Zweifel und Unglaube der Nazarener
Und das klingt vielleicht erst einmal ganz fromm. Ich meine, dieser Wunsch nach noch einem Zeichen, nach einem Beleg für die Echtheit seines Anspruchs.
Aber leider zeugen solche Gedanken eher vom Unglauben als vom Glauben im Herzen der Einwohner von Nazaret. Wenn ich schon weiß, dass Jesus an anderer Stelle Wunder gewirkt hatte, warum reicht mir das dann nicht, um an ihn zu glauben? Warum brauche ich noch mehr Beweise?
Die Idee „noch ein Wunder“ macht eigentlich nur deutlich, dass egal wie viele Wunder Jesus tun würde, es wäre nie genug. Wenn ich einen Kranken heile, welche zusätzliche Information gewinnt der, der das mitbekommt, durch die Heilung eines zweiten Kranken? Oder anders ausgedrückt: Wie viel mehr wird der Messias zum Messias, wenn er noch mehr Kranke heilt?
Sie hatten von dem gehört, was in Kapernaum geschehen war, Luftlinie dreißig Kilometer entfernt. Und wir wissen jetzt als Bibelleser nur von dem einen Wunder. Natürlich kann es sein, dass in der Zwischenzeit viel mehr Kranke geheilt worden waren. Aber das spielt keine Rolle, an wie vielen Kranken Jesus bewiesen hatte, dass er heilen kann.
Der Wunsch nach noch mehr Beweisen, wenn es bereits auch nur einen einzigen gibt, ist immer ein Zeichen für Unglauben – nicht für ein Interesse am Glauben.
Und sie hatten noch ein Problem, ein persönliches, psychologisches. Lukas 4,24: „Er sprach aber: Wahrlich, ich sage euch, kein Prophet ist in seiner Vaterstadt angenehm.“ Sie hatten dieses irrationale Vorurteil gegen den Sohn des Josef.
Sie fragten: „Ist dieser nicht der Sohn des Josef?“ Und natürlich ist es total schräg, den Messias kennenzulernen und sich daran zu erinnern, wie man mit ihm als Kind im Matsch gespielt hat. Wie kann der Sohn des Josef der Messias sein? Was wäre das denn für ein Zufall?
Jesu Antwort auf die Vorurteile der Zuhörer
Und wie antwortet Jesus darauf? Wie kann ich meine Vorurteile überwinden und die Beweise finden, die ich brauche?
Schauen wir uns zwei Personen aus dem Alten Testament an. Lukas 4,25-26: „In Wahrheit aber sage ich euch, viele Witwen waren in den Tagen Elias in Israel, als der Himmel drei Jahre und sechs Monate verschlossen war, so dass eine große Hungersnot über das ganze Land kam. Und zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, als nur nach Sarepta in Sidon zu einer Frau, einer Witwe.“
Wenn wir die Geschichte in 1. Könige 17,8-16 nachlesen, dann erscheint das Auftreten des Propheten mehr als frech. Es herrscht Hungersnot. Der Prophet geht auf Befehl Gottes nach Sarepta, einem Ort außerhalb von Israel in Phönizien, und macht einer Witwe folgendes Angebot: Gib mir das letzte Essen, das du hast. Wenn du das tust, wird Gott dich und dein Kind wundersam versorgen.
Die Bedeutung des Vertrauens der Witwe und die Herausforderung für die Nazarener
Wenn die Witwe die Einstellung der Nazarener gehabt hätte, hätte sie Elia zunächst nach einem Bestätigungswunder gefragt. Doch genau das tut sie nicht. Sie vertraut zuerst Elia und erhält dann, gerade durch dieses Vertrauen, den unumstößlichen Beweis, dass seine Behauptungen stimmen.
Die Frage ist: Warum fiel es der Witwe so leicht, Elia zu vertrauen? Ganz genau wissen wir das natürlich nicht, aber wir können einiges vermuten. Sie war arm, am Ende ihrer Möglichkeiten und hatte nichts zu verlieren. Sollte Elia ein Scharlatan sein, würde sie einfach ein paar Stunden früher sterben. Sprach er jedoch die Wahrheit, war sie gerettet.
Was ich damit sagen möchte, ist, dass die Witwe für die Einsicht in die eigene Schwäche steht. Genau diese persönliche Not empfanden die Zuhörer in der Synagoge in Nazareth nicht. Sie waren nicht bereit, sich als hilflose Gefangene ihrer Schuld und als geistlich Blinde zu sehen, die dringend eines Retters und Arztes bedürfen.
Die bittere Pille der Ausgrenzung und die Warnung Jesu
Und die Erzählung enthält noch eine zusätzliche bittere Pille: Die Witwe ist keine Israelitin.
Nochmal Lukas 4, die Verse 25 und 26: „In Wahrheit aber sage ich euch, viele Witwen waren in den Tagen Elias in Israel, als der Himmel drei Jahre und sechs Monate verschlossen war, so dass eine große Hungersnot über das ganze Land kam. Und zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, als nur nach Sarepta in Sidon zu einer Frau, einer Witwe.“
Hier steht, dass Gott eine Ausländerin segnet und rettet. Es klingt fast so, als hätte es keine passenden Witwen in Israel gegeben, keine, die bereit war, auf Elija zu hören.
Ist es das, was Jesus seinen Zuhörern sagen will? Passt auf, dass es euch nicht wie den Witwen zur Zeit von Elija ergeht! Die hatten auch alle Hunger, und ihre Not war groß. Aber Gott kannte ihr Herz, und deshalb konnte er seinen Propheten nicht zu ihnen schicken.
Passt auf, dass eure Vorurteile euch nicht ebenso disqualifizieren, wie es damals bei den Witwen in Israel der Fall war.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir die Geschichte aus 1. Könige 17,8-16 durchlesen und noch ein wenig über Elija und die Witwe nachdenken.
Das war's für heute. Morgen Abend findet um 19:15 Uhr wieder eine Online-Bibelstunde zum Ersten Johannesbrief statt.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
