Einführung in das Thema der unheilvollen Kompromisse
Wir haben das Thema der unheilvollen Kompromisse. Beim letzten Mal sprachen wir über König Rehabeam und die Torheit seiner jungen Ratgeber.
Heute betrachten wir den Abschnitt über die Söhne, genauer gesagt über zwei Pfarrerskinder, Hofni und Pinehas. Zuerst lesen wir aus 1. Samuel 2, Vers 12, und ich werde anschließend erklären, wie wir den Abschnitt weiter lesen.
Die Bosheit der Söhne des Hohenpriesters Eli in Silo
Die Söhne Elis waren ruchlose Männer. Das ist eine wahre Geschichte, passend zum Reformationsfest. Sie fragten weder nach dem Herrn noch danach, was den Priesterdienst im Volk betraf.
Wenn jemand ein Opfer bringen wollte, kam der Priesterdiener. Während das Fleisch kochte, hielt er eine Gabel mit drei Zinken in der Hand und stieß damit in den Tiegel, den Kessel, die Pfanne oder den Topf. Dabei zog er Fleisch mit der Gabel heraus, das der Priester für sich nahm.
So taten sie es mit allen in Israel, die nach Silo kamen.
Ebenso, bevor sie das Fett in Rauch aufgehen ließen, kam der Priesterdiener und sagte zu dem, der das Opfer brachte: „Gib mir Fleisch für den Priester zum Braten, denn er will kein gekochtes Fleisch von dir, sondern rohes.“
Wenn dann jemand zu ihm sagte: „Lass erst das Fett in Rauch aufgehen und nimm dann, was dein Herz begehrt“, antwortete er: „Du sollst es mir jetzt geben. Wenn nicht, nehme ich es mit Gewalt.“
So war die Sünde dieser Männer sehr groß vor dem Herrn, denn sie verachteten das Opfer des Herrn.
Wir lesen weiter ab Vers 22.
Die Missstände im Dienst der Priesterfamilie und ihre Folgen
Eli aber war sehr alt geworden. Als er erfuhr, was seine Söhne ganz Israel antaten, dass sie bei den Frauen schliefen, die vor der Tür der Stiftshütte dienten, sprach er zu ihnen: „Warum tut ihr solche bösen Dinge, von denen ich im ganzen Volk höre? Nicht doch, meine Söhne! Das ist kein gutes Gerücht, von dem ich reden höre im Volk des Herrn. Wenn jemand gegen einen Menschen sündigt, so kann es Gott entscheiden. Wenn aber jemand gegen den Herrn sündigt, wer soll es dann für ihn entscheiden?“
Aber sie gehorchten der Stimme ihres Vaters nicht, denn der Herr war willens, sie zu töten.
Der Knabe Samuel nahm hingegen immer mehr zu an Alter und Gunst bei dem Herrn und bei den Menschen.
Es muss schon furchtbar gewesen sein, wenn die Leute in Scharen hinaufpilgerten zum Heiligtum der Stiftshütte. Zuerst wurde nur gemunkelt, dass irgendetwas faul sei im Volk Gottes. Aber bald bemerkten es auch die anderen. Da waren Theologen, die sagten: „Gott ist tot, ha, brauche ich mich doch nicht drum zu kümmern.“
Doch der Betrieb lief weiter. Das ist immer merkwürdig: Auch wenn das wirkliche Glaubensleben in einer Kirche abgestorben ist, laufen die Rituale und Symbole weiter. Die Religion ist dann immer noch am Werk. Vielleicht lachten die beiden Priester auch über die „dummen“ Gläubigen mit ihrem Kinderglauben. Sie sagten, die seien ja schön blöd, die könnten noch lange in der Nase herumführen.
Aber die Leute waren gar nicht so dumm. Sie wagten es schließlich, den Priestern zu sagen: „Was ihr tut, ist nicht recht.“ Doch dann erlebten sie, wie die Priester sagten: „Wir sind Priester, haltet ihr mal schön den Mund, und wir holen es uns mit Gewalt, was uns zusteht.“ Sie pochten auf ihre Autorität.
Jetzt weiß ich nicht, ob Sie das ertragen, wenn wir heute am Reformationsfest so einen Abschnitt in der Bibel lesen. Manche sagen, man solle solche Missstände, die im Volk Gottes ja mit Regelmäßigkeit immer wieder auftreten, einfach unter den Teppich kehren und lieber totschweigen, weil es ein bisschen blamabel wäre vor der gottlosen Welt. Aber das Wort Gottes schweigt nicht darüber, sondern redet ganz offen. Und zwar in einer Schärfe, und das nicht nur bei den Propheten.
Wie lesen wir es, wie die Missstände in der Königszeit waren, als die Reform des Josia einsetzte und die Reform des Hiskia? Wie scharf hat Jesus die Missstände im Hohen Rat und im Tempel gegeißelt?
Das ist für uns heute einfach nur die Frage: Wir wollen ja nicht historischen Unterricht genießen, sondern wenn wir das alles lesen, wollen wir sehr betroffen fragen: Herr, was ist bei uns bloß los? Gibt es bei uns auch solche Missstände, die gegen den Himmel schreien?
Wir sind ja manchmal ganz entsetzt, wenn wir feststellen, dass in unserem Volk die Korruption überhandnimmt oder wenn die berufenen politischen Führer keine Autorität mehr haben, sondern sehr labile Persönlichkeiten sind. Oder dann klagen wir uns, sagen in der Wirtschaft und in der Kultur seien auch keine Vorbilder mehr.
Aber wir müssen wissen, heute als Volk Gottes, wie wir hier zusammenkommen, dass der schlimmste Missstand in der Welt ist, wenn im Heiligtum Gottes Missstände herrschen. Denn dann kann eine Welt keine Orientierung mehr haben. Eine gottlose Welt weiß ja gar nicht mehr, was los ist. Sie kann das Wort Gottes gar nicht mehr hören. Darum ist das in der Bibel immer wieder so deutlich genannt.
Was war denn eigentlich der Missstand? Das wird uns jetzt auch nicht zu leicht gemacht. Man macht es ja auch in der Reformationszeit immer so, dass man von den schlimmen Missständen der Priester spricht, vom Ablasshandel, was der Papst sich damals alles erlaubte.
Bleiben Sie nicht hängen an dieser unverfrorenen Frechheit der beiden Priester. Vielleicht mag das zu Zeiten verschieden sein. Das Allerschlimmste war damals – und das steht in Kapitel 3, Vers 1: „Zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem Herrn diente und Eli war, war das Wort des Herrn selten.“ Es gab keine Offenbarung Gottes mehr.
Da lief halt der Tempeldienst ab, es wurden Opfer gebracht, es wurden Lieder gesungen. Aber merken Sie jetzt: Das ist ja nicht das Eigentliche. Das Eigentliche ist, dass Gott zum Menschen redet. Das Evangelium muss laut werden, das Wort muss hörbar werden. Das Wort macht Leib und Seele gesund, das Evangelium ist die Botschaft.
Es ist doch nicht wahr, wie heute landauf, landab geklagt wird, dass die meisten Menschen eben deshalb nicht mehr in die Kirche kämen, weil sie abgezogen worden wären von allerlei Ablenkungen. Das ist doch nicht wahr! Sondern die Menschen sind abgestoßen von einem rituellen, religiösen Betrieb, der ihre Seelen nicht mehr sättigen kann.
Die meisten Menschen sind vertrieben und abgestoßen, weil sie mit ihrem Hunger nach Gott nichts mehr gefunden haben und leer hinausgehen. Das muss uns Unruhe machen, weil das ja bei uns so sein könnte.
Wir haben Hauskreise, wo wir miteinander die Bibel lesen, aber allmählich wird es uns selber langweilig. Wir predigen das Wort Gottes, aber da verändert sich nichts mehr, da kommen keine Menschen mehr zum Glauben.
Und was war denn die Ursache? Das Heiligtum Gottes war in die Hände der Menschen gefallen. Irgendwelche Priester hantierten noch herum, aber Gott war gewichen. Und das ist das Allerschlimmste: Wenn Gott uns sich selbst überlässt, bleibt eine tote Kirche mit viel Betrieb, doch die Gegenwart Gottes ist nicht mehr da.
Mein erster Punkt: Eine umfassende Erneuerung ist nötig, eine ganz umfassende Erneuerung, eine Reformation.
Alle reden von Renovierung und von Erneuerung, und man kommt kaum noch mit, wenn man die vielen Parolen dauernd liest, wie Gemeinde neu organisiert wird, wie man mit neuen Methoden kommen kann und lauter neue Modelle entwickelt.
Aber mir fällt auf: Alle diese Reformvorschläge betreffen das Äußere der Gemeinde, das Äußerliche. Es ist fast rührend zu sehen. Ich habe Leute gehört, die sagen: „Jetzt kommt ein neues Gesangbuch, und dann werdet ihr sehen, wie die Leute über die Kirchen stürmen.“ So sehen Sie, um das neue Gesangbuch kennenzulernen, sind sie ganz aufgeregt. Von wegen interessiert doch kein Mensch.
Unsere neuen Formen? Ja, wir haben Musik, neue Gottesdienstzeiten, wir haben alles. Die Formen interessieren doch gar nicht.
Da gibt es die Gruppe „Der Jesus Fried“, ganz tolle Sache. Die haben gesagt, sie sagen das Evangelium Jesu jetzt in obszön-vulgärer Sprache. Ganz toll, sie sind Jesuszeugen mit obszönen Worten, toll, ganz tolle neue Methoden.
Aber wenn wir meinen, das gäbe neue Gemeinden, das gäbe Lebensreformen – alles äußere Reformen, manche sogar unterhalb der Gürtellinie – dann kann es kein neues Leben geben. Nicht die Methoden müssen neu sein, sondern Menschen haben Hunger nach Gott.
Und das müssen wir wieder fragen: Wie kann das heute geschehen? Mit alter und mit neuer Form, mit alter und mit neuer Musik, mit altem und neuem Gesangbuch. Wie wollen wir es machen, dass Menschen den heiligen Gott sehen?
Ja, wie können wir das machen? Jetzt sind wir am Punkt! Wie können sterbliche Menschen das tun, dass Gott sich wieder zu uns bekennt und sich offenbart?
Schauen wir uns den Zusammenhang an, wie das damals in der Stiftshütte ein verlotterter Betrieb war, ein in der Tradition erstarrter Betrieb. Da war eine Frau, die in einer sehr unglücklichen Ehe lebte und dann auch noch ein persönliches Leid hatte. Sie war hinaufgegangen in die Stiftshütte und weinte einfach vor Gott hemmungslos ihren Schmerz heraus.
Eli war so ein schlechter Seelsorger, dass er es gar nicht merkte, dass da ein suchender Mensch war, der nach dem lebendigen Gott verlangte.
Es ist eine Frage an uns, ob wir noch so viel Sensibilität haben, dass wir merken, was da los ist bei den Menschen unserer Tage, wo sie suchen und mit dem Leben nicht mehr fertig werden: die Kranken, die Verzweifelten, die Schwermütigen und die Zusammengebrochenen.
Da steht auch so schön drin bei der Eli-Geschichte: „Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen.“ Das ist ein Bild – fast war es aus. Gott offenbarte sich noch.
Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Herr, lass doch dein Licht nicht bei uns in unseren Zeiten ausgehen! Herr, lass das doch in diesen Tagen nicht geschehen, sondern lass dein Licht brennen.
Sind die Kerzen gemein? Herr, sei du gegenwärtig mit deiner Offenbarung, dass wenn Menschen kommen, sie dir begegnen. Wir können nur Zeugnis ablegen.
Und warum waren denn die Priester unfähig, dass Gott sich offenbaren konnte? Bitte bleiben Sie nicht bei der Vorstellung, dass sie so Gourmets oder Feinschmecker waren. Sie wollten das Fleisch essen, bevor es gekocht war, und wollten es herauspicken. Das Fett hatte ihnen ganz besonders geschmeckt. Sie wussten nicht, wie ungesund das ist.
Dann kamen sie mit ihrer Zacke und haben immer nur gesucht, was ist jetzt so ein tolles Bild. Das waren sehr selbstsüchtige Leute. Ihr ganzer Dienst ging nur um sie. Hauptsache, wir fühlen uns wohl, das wollten sie. Es waren ichbezogene Menschen.
Im Dienste Gottes kann man nicht Diener sein, wenn man nicht die Ehre Gottes über alles andere setzt.
Wissen Sie, was es heißt, dass wir Gott über alle Dinge fürchten, lieben und ihm vertrauen? Wenn wir in unseren Tagen fragen, wo eine Reformation herkommen soll, eine Erneuerung der Kirche hier, dass die Gläubigen ernster mitmachen, dann will ich nur das suchen, was Gott will.
Ich will mich ihm weihen, ihm zur Verfügung stellen. Es soll nicht um mich gehen und nicht um meine Bedürfnisse.
Es ist auch schön, wenn Sie das heute so merken: Wo braucht Sie Gott für einen anderen? Sie sind nie bloß hergekommen, um sich selbst zu befriedigen und eine gute Botschaft aufzunehmen.
Wo kann ich heute einen anderen aufrichten, der mir heute über den Weg tritt, der neben mir sitzt, der vielleicht sein Herz voll Leid hat? Ich will doch für Gott bereit sein, ein Werkzeug für ihn.
Erneuerung ist nötig, umfassende Erneuerung.
Ich habe diesmal beim Reformationsfest ein wenig kritisch hingehört und war überrascht, wie freimütig und offen man die Missstände schildert, die vor 450 Jahren herrschten. Aber jetzt sind es 450 Jahre her, jetzt wird es Zeit, dass wir über die Missstände heute reden.
Da gibt es himmelschreiende Missstände. Vorhin haben wir das Lied vom Mietling gesungen – das sind Leute, die es nur tun, um des Jobs willen, Leute, die ihre Ehre suchen, so waren die wie Hofni und Pineas.
Und Gott lässt das nicht durchgehen. Gott straft das und stellt es ins Licht. Ist uns das bewusst? Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten.
Und all das, was wir tun mit Singen, mit Beten und mit Verkündigen seines Wortes, das darf nicht unsere Sache sein.
Ich sage das alles mit Zittern, weil es jetzt wichtig ist, dass wir uns prüfen, dann feiern wir richtig Reformationsfest.
Mein zweiter Punkt: Gott kann unerbittlich hart strafen.
Ja, es ist immer wieder auffallend, und das steht oft in der Bibel, dass Gott sehr barmherzig sein kann mit gottlosen Spöttern. Dass Gott Barmherzigkeit hat auch gegenüber sündigen Menschen, die irgendwo fern in der Welt leben.
Aber Gott lässt bei seinen Leuten, bei seiner Gemeinde nichts durchgehen. Da straft er ganz genau.
Und wenn Gott Gericht hält, fängt er nicht bei der gottlosen Welt an, so stellen wir es uns oft vor, dass wir hinsitzen und zugucken könnten. Sondern er fängt bei seinem Haus, bei seiner Gemeinde an.
Darum liegt auch in unseren Tagen an vielen Orten das Volk Gottes schwer danieder. Kirchen und Gemeinden sind zerstört und verwüstet, und es gibt genug leerstehende Kirchen in unserem Land.
Nicht weil Gottes Barmherzigkeit zu Ende wäre, sondern weil Gott – und jetzt kommt das entscheidende Wort – auf Buße wartet.
Wenn man ein Reformationsfest feiern will, dann setzen wir dieses Wort an diese Stelle, um das es schon in den 95 Thesen ging: um die Buße, das heißt um eine Umkehr, wo man das Steuer herumreißt und sagt: Ich will doch Gott allein suchen, und es soll nicht mehr um mich gehen, sondern die Ehre Gottes, die wir suchen.
Ja, über was sollen wir denn Buße tun? Wir sollten Buße tun, weil das Wort Gottes in unserem Jahrhundert mit Füßen getreten wird.
Wie oft wurde das geoffenbarte Wort Gottes von uns, von unserer Vernunft zurechtgestutzt. Wie wir die Gebote Gottes nach unserem Gutdünken anzupassen versuchten.
Wir könnten Buße tun über fehlenden Missionseifer, über Selbstgefälligkeit, wie wir andere Gruppen gerichtet haben, obwohl Gott längst andere gerufen hat, weil wir versagt haben.
Und das wäre Zeit zur Buße, zur Umkehr. Buße ist ein Gnadengeschenk, solange Gott noch Buße schenkt.
Umkehr ist möglich, Erneuerung ist möglich, und das ist doch eine frohmachende Botschaft: Gott will doch nicht den Untergang, sondern Rettung. Gott will doch seine Gemeinde wieder zum Licht und Salz der Welt setzen.
Aber warum war damals Buße nicht möglich? Manche hängen sich ja gleich hin und sagen, es war eben vorherbestimmt, dass Hophni und Pinias sterben müssen. Das ist nicht richtig!
Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre. Und das gilt ganz besonders in der Gemeinde.
Gott will immer wieder Zeiten schenkender Erweckungen des Aufbruchs und der Erneuerung.
Warum haben denn Hophni und Pinias nicht umkehren können? Es ist ganz einfach gewesen: Eli hat den Fehler noch gesehen, er hat die Missstände beim Namen genannt – ganz simple moralische Missstände oder was es auch war – und hat den Söhnen gesagt: „Nicht doch, meine Söhne.“
Aber merken Sie: Da war kein Dampf dahinter. Es war der alte, trottelige Vater, der seinen Kindern gegenüber keinen Mumm mehr zeigen konnte. Vielleicht hat er seine eigenen Kinder auch vergöttert und gesagt: „Ach, vielleicht ist Gott doch noch gnädig.“
Nein, Gott ist nicht gnädig da, wo man seine Ehre mit Füßen tritt.
Und das Allerschlimmste bei Menschen, die das Evangelium kennen, denen das Wort Gottes geoffenbart ist, die dennoch Wege des Ungehorsams und der Untreue gehen: Da lässt Gott bei seinen Leuten nichts durchgehen.
Später sagt Gott dem Samuel: „Wer mich ehrt, den will ich wieder ehren, und wer mich verachtet, den verachte ich auch.“
Jetzt können Sie einschätzen, wo Sie stehen. Gott macht da gar keine Kompromisse und sagt: „Ach, das ist doch wenigstens der Form nach, und ich bin doch noch getauft, habe mich konfirmieren lassen und gebe ab und zu noch eine Gabe.“ Es geht gar nicht darum, sondern darum, ob ich Gottes Ehre mit Füßen trete.
Und bei der Buße ist es nötig, dass es eine Umkehr wird, eine wirkliche Erneuerung.
Es ist nicht heute sehr scheinheilig, wie man auch in unseren Gemeinden streiten will und wieder Unterschriften sammeln will um die Erneuerung des Bußtags, als ob ein neuer Feiertag nötig wäre.
Wenn wir das Reformationsfest als einen echten Bußtag wieder feiern, dann genügt das, und wir sagen: Wir wollen wieder Gott beim Wort nehmen und ihm dienen.
Gott kann unerbittlich hart zuschlagen.
Schauen Sie mal die Kirchenruinen in der Türkei, in Ägypten, in Nordafrika, in Russland und wo überall, und in unserem eigenen Land, wo einst blühende Gemeinden waren, und Gott hat seine Hand abgezogen.
Es ist nicht das Problem, dass die Kirchensteuer nicht ausreichend wäre, sondern dass Gottes Güte von uns gewichen ist.
Neulich, als ich mit dem Auto übers Land fuhr zu Diensten, habe ich im Radio eine schöne Reformationsansprache gehört. Da hat einer verkündet, Luther hätte uns die Angst vor Gott genommen.
Haben Sie das auch schon gehört? Das ist Quatsch. Als ob Luther uns die Angst vor Gott hätte nehmen können.
Die Angst vor Gott kann Ihnen überhaupt niemand wegnehmen. Sie müssen einmal selbst vor dem heiligen Gott stehen.
Jetzt darf ich Ihnen Luther im Originalton einfach zitieren. Das hat Luther gepredigt, so fing seine erste Predigt an, als er von der Wartburg, wo er sich versteckt hielt, herunterkam nach Wittenberg.
Da ging es ja drunter und drüber, da waren Schwärmer und Propheten, und jeder verkündete seine Meinung als Gottes Offenbarung. Luther brachte sie alle wieder zur Ordnung.
So fing damals seine berühmte Invokabit-Predigt an: „Wir sind alle zum Tode gefordert. Es wird keiner für den anderen sterben, sondern jeder wird in eigener Person für sich mit dem Tode kämpfen. In die Ohren können wir einander wohl schreien, aber jeder muss selbst bereit sein. In der Zeit des Todes muss jeder ganz für sich allein auf die Schanze treten. Ich werde dann nicht bei dir sein, und du nicht bei mir.“
Luther hat sein ganzes Leben lang nie die Furcht vor Gott verloren. Aber er hat entdeckt, dass er Frieden findet unter dem Kreuz Jesu, wo Jesus seine Schuld getragen hat.
Er hat die Vergebung angenommen und gewusst, dass diese Vergebung Jesu ihm ganzen Frieden gibt, wo er bedeckt ist von Blut, von der Vergebung Jesu.
„Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut, die Hölle und ihre Flammen löscht meines Heilands Blut.“
Das ist Reformation, Erneuerung! Und dass ich den Punkt wiederfinde, wo das Heil ist.
Jetzt noch einen dritten Punkt, nicht weil ich immer drei machen muss, sondern weil die Sache noch einen dritten Punkt hat.
Gott kann auch aus Steinen Kinder erwecken – das ist ja ein Zitat von Jesus.
Es klingt jetzt alles sehr hart, was ich über die Missstände in unseren Gemeinden gesagt habe. Und das betrifft jetzt alle Konfessionen und Gruppen.
Ich glaube, es kann gar keiner hinsitzen und sagen: Das betrifft uns nicht. Das wäre ein sehr überheblicher Mensch.
Gott braucht niemand. Er braucht keine Theologen, er braucht auch unsere ehrwürdigen Kirchen nicht, unsere Kathedralen nicht, auch unsere Verwaltungen nicht.
Gott kann alles, alles, alles zerbrechen lassen und trotzdem wird die Sache des Reiches Gottes nicht untergehen.
Im Lauf der Jahrhunderte sind viele Kirchen untergegangen, verschüttet vom Flugsand der Zeit.
Es ist nicht wahr, dass wir als Kirche in unserer Organisation eine göttliche Verheißung hätten. Da ist sehr viel Menschliches dabei.
Wir erleben auch hier, wie Gott seine Boten verwerfen und untergehen lässt.
Hofni und Pinias hielten sich selber für unersetzlich und sagten, wie wichtige Leute sie seien. Gott könne froh sein, dass er sie habe.
Ich habe versucht auszumalen, wie der Werdegang dieser beiden Burschen war. Sie kamen aus frommem Elternhaus, und sie meinten, sie hätten alles ganz recht in den Diensträten. Irgendwo fühlten sie sich selbst als die Manager Gottes.
Dann fehlte die Ehrfurcht, das Stehen vor dem heiligen Gott und das Wissen um das eigene Versagen.
Sie wussten immer, was Gnade Gottes ist.
Man wird so leicht einer, der hantiert und der Erfolgsmanager Gottes.
Wer die Buße ausschlägt und verwirft, der spricht sein eigenes Gericht.
„Sucht den Herrn, so werdet ihr leben.“ Das ist in unseren Tagen so notwendig.
Jetzt dürfen wir es positiv drehen: Gott will heute antworten, segnen.
Man kann es direkt beobachten. Sie können es in Ihrem Umkreis beobachten: Wenn da bloß ein paar Leute sind, die es aufrichtig mit Gott meinen, dann schenkt Gott Segen in Fülle, Wachstum.
Dann gelingt es, dass dort Leute andere zum Glauben führen dürfen, wenn man an der Stelle anfängt, Gott allein die Ehre zu geben.
So hat damals Gott sich auch Menschen ausgesucht. Er wird hier noch – ich habe es extra so gelesen – Knabe genannt. Ihr jungen Leute, wisst ihr das? Ihr seid bei Gott voll angenommen, wenn ihr Gottes Ehre über alles stellt.
Da wird Gott euer Leben überschütten und gebrauchen.
Samuel war noch ein junger Kerl, aber auf ihm liegt all das, was Gott in seinem Volk noch einmal Großes tun will.
Ich habe mich gefragt: Warum war denn Samuel anders als die beiden Priester?
Bei Hofni und Pinias war schon der Vater nicht mehr sehr durchsetzungsfähig mit seinen Reformvorschlägen, und die beiden Burschen waren sehr eigen mit ihren Gelüsten und Sinnen, die sie befriedigen wollten.
Bei Samuel war nur eine Mutter, der Vater spielte gar keine Rolle. Ihr Mütter!
Und wenn ihr jetzt drüben bei der Übertragung seid, hoffentlich könnt ihr gerade zuhören: Was das ist, wenn eine Mutter ihrem Kind das mitgibt: „Nie wieder Gott sündigen, Ehre Gottes Wort, bleib in seinen Geboten!“
Sie hat ihr Kind zubereitet, Diener Gottes allerhöchsten zu sein.
Dann kann Gott seine Gemeinde erneuern, und unter Samuel beginnt noch einmal eine ganz neue Erweckungs- und Heilszeit in Israel.
Der König David betet einmal im Psalm 86: „Weise mir, Herr, dass ich wandle in deiner Wahrheit, erhalte mein Herz bei dem Einen, dass ich deinen Namen fürchte. Darum soll es mir bloß gehen, nie gering von dir denken.“
Gehen Sie doch weg, wenn diese läppischen Diskussionen über Gottes Tod anfangen und ob Gottes Wort noch heute gelte!
Sie kennen doch Gottes Ehre, sitzen Sie doch nicht da, wo die Spötter sitzen!
Oder wenn Gott schon bei Mose am Sinai sagen lässt: „Ach, dass mein Volk ein solches Herz hätte, mich zu fürchten und alle meine Gebote zu halten, auf dass es ihnen wohlgehe.“
Und Ihnen und Ihren Kindern.
Neulich war in unserem Gottesdienst ein Däne. Er sagte, er käme hier im Gottesdienst vorbei, und er fragte: „Warum singt ihr denn gar keine Lieder von unseren schönen dänischen Chorälen?“
Da hat er recht, da gibt es ein ganz herrliches Lied.
Und da will ich noch zwei Verse zitieren von Bischof Grundtvig. Ein Bischof hat es gesagt – nicht, dass Sie meinen, das wären meine Lästerworte oder Kritik an der Kirche:
„Irdische Tempel braucht Gott nicht, Dome, die Meister erbauen, Schatten sind sie vor seinem Licht, welches kein Auge kann schauen.
Aber er selbst baut sich ein Haus, wohlt sich zur Wohnung Menschen aus, die seinem Ruf gehorchen, kehrt in die ernste Hütte ein.
Lässt uns dem Königswort lauschen, seiner Verklärung Zeuge sein!
Wer wollte Welten drumtauschen? Leben und Güte ist da zur Hand, göttliches Leben aus seiner Hand, heiligt die Hütte zum Tempel!“
Amen.
Die Ursache des Missstandes: Gottes Wort schweigt
Was war denn eigentlich der Missstand? Das wird uns jetzt nicht zu leicht gemacht. In der Reformationszeit sprach man oft von den schlimmen Missständen der Priester, vom Ablasshandel und davon, was sich der Papst damals alles erlaubte. Doch bleiben Sie nicht an dieser unverfrorenen Frechheit der beiden Priester hängen. Vielleicht mag das zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich gewesen sein.
Das Allerschlimmste war damals jedoch etwas anderes. Das steht in Kapitel 3, Vers 1: Zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem Herrn diente und Eli war Priester, da war das Wort des Herrn selten. Es gab keine Offenbarung Gottes mehr. Der Tempeldienst lief einfach ab, es wurden Opfer gebracht und Lieder gesungen.
Aber merken Sie jetzt: Das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist, dass Gott zum Menschen redet. Das Evangelium muss laut werden. Das Wort muss hörbar werden, denn das Wort macht Leib und Seele gesund. Das Evangelium ist die Botschaft.
Es ist doch nicht wahr, wie heute landauf, landab beklagt wird, dass die meisten Menschen eben deshalb nicht mehr in die Kirche kämen, weil sie von allerlei Abhaltungen abgeschreckt würden. Das ist nicht wahr! Vielmehr sind die Menschen abgestoßen von einem rituellen, religiösen Betrieb, der ihre Seelen nicht mehr sättigen kann.
Die meisten Menschen sind vertrieben und abgestoßen, weil sie mit ihrem Hunger nach Gott nichts mehr gefunden haben und leer hinausgehen. Das muss uns Unruhe machen, denn das könnte auch bei uns so sein. Wir haben Hauskreise, in denen wir miteinander die Bibel lesen, aber allmählich wird es uns selber langweilig. Wir predigen das Wort Gottes, doch es verändert sich nichts mehr. Es kommen keine Menschen mehr zum Glauben.
Was war denn die Ursache? Das Heiligtum Gottes war in die Hände der Menschen gefallen. Irgendwelche Priester hantierten noch herum, aber Gott war gewichen. Und das ist das Allerschlimmste: Wenn Gott uns sich selbst überlässt, entsteht eine tote Kirche mit viel Betrieb, aber die Gegenwart Gottes ist nicht mehr da.
Notwendigkeit einer umfassenden Erneuerung
Mein erster Punkt: Eine umfassende Erneuerung ist nötig, eine wirklich ganz umfassende Erneuerung, eine Reformation.
Alle reden von Renovierung und Erneuerung. Man kommt kaum noch mit, wenn man die vielen Parolen liest, wie die Gemeinde neu organisiert wird und wie man mit neuen Methoden arbeitet. Es werden lauter neue Modelle entwickelt und vorgestellt.
Mir fällt jedoch auf, dass all diese Reformvorschläge das Äußere der Gemeinde betreffen, das Äußerliche. Es ist fast rührend zu sehen: Ich habe Leute gehört, die sagen, jetzt kommt ein neues Gesangbuch, und dann werden die Menschen in die Kirchen strömen. Sie sind ganz aufgeregt, wenn es darum geht, das neue Gesangbuch kennenzulernen. Doch interessiert das wirklich jemanden?
Unsere neuen Formen, unsere Musik, die neuen Gottesdienstzeiten – all das interessiert doch kaum jemanden. Es gibt sogar die Gruppe „Der Jesus Fried“, eine ganz tolle Sache. Sie sagen, sie verkünden das Evangelium Jesu jetzt in obszön-vulgärer Sprache. Sie nennen sich Jesuszeugen mit obszönen Worten – ganz tolle neue Methoden.
Aber wenn wir glauben, dass daraus neue Gemeinden oder Lebensreformen entstehen, liegen wir falsch. Das sind alles äußere Reformen, manche sogar unterhalb der Gürtellinie. Und daraus kann kein neues Leben entstehen. Nicht die Methoden müssen neu sein, sondern die Menschen müssen Hunger nach Gott haben.
Das müssen wir wieder fragen: Wie kann das heute geschehen? Mit alten und neuen Formen, mit alter und neuer Musik, mit alten und neuen Gesangbüchern. Wie wollen wir es schaffen, dass Menschen den heiligen Gott sehen?
Das ist jetzt der entscheidende Punkt: Wie können sterbliche Menschen das tun, dass Gott sich wieder zu uns bekennt und sich offenbart?
Gottes Offenbarung inmitten eines verlotterten Betriebs
Schauen wir uns den Zusammenhang an: Wie war das damals in der Stiftshütte? Es herrschte ein verlotterter Betrieb, ein in der Tradition erstarrter Ablauf.
Da war eine Frau, die in einer sehr unglücklichen Ehe lebte und zusätzlich ein persönliches Leid trug. Sie ging hinauf zur Stiftshütte und weinte einfach hemmungslos vor Gott ihren Schmerz heraus.
Eli war ein so schlechter Seelsorger, dass er gar nicht bemerkte, dass dort ein suchender Mensch war, der nach dem lebendigen Gott verlangte.
Das stellt eine Frage an uns: Haben wir noch genug Sensibilität, um zu erkennen, was bei den Menschen unserer Tage vor sich geht? Wo sie suchen, wo sie mit dem Leben nicht mehr fertig werden – die Kranken, die Verzweifelten, die Schwermütigen und die Zusammengebrochenen?
In der Geschichte von Eli steht so schön geschrieben: „Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen.“ Es ist fast ein Bild davon, dass es schon fast aus war.
Gott offenbart sich noch, denn die Lampe Gottes war noch nicht verloschen.
Herr, lass doch dein Licht nicht ausgehen – nicht bei uns in unseren Zeiten. Herr, lass das in diesen Tagen nicht geschehen, sondern lass dein Licht brennen.
Sind die Kerzen gemein? Herr, sei du gegenwärtig mit deiner Offenbarung, damit Menschen, wenn sie kommen, dir begegnen.
Wir können nur von diesem Zeugnis ablegen.
Die Ursache der Unfähigkeit der Priester zur Offenbarung Gottes
Und warum waren die Priester unfähig, dass Gott sich offenbaren konnte? Bitte bleiben Sie nicht bei der Vorstellung stehen, dass sie nur Gourmets oder Feinschmecker waren. Sie wollten das Fleisch essen, bevor es gekocht war, und sie wollten das Fett herauspicken. Das Fett hatte es ihnen besonders angetan. Sie wussten nicht, wie ungesund das war.
Dann kamen sie mit ihrer Zacke und suchten immer nur nach einem tollen Bild. Das waren sehr selbstsüchtige Menschen. Ihr ganzer Dienst drehte sich nur um sie selbst. Hauptsache, sie fühlten sich wohl, und genau das wollten sie. Es waren ichbezogene Menschen.
Im Dienst Gottes kann man kein Diener sein, wenn man nicht die Ehre Gottes über alles andere stellt. Wissen Sie, was es bedeutet, Gott über alle Dinge zu fürchten, zu lieben und ihm zu vertrauen? Wenn wir heute fragen, woher eine Reformation oder eine Erneuerung der Kirche kommen soll, damit die Gläubigen ernster mitmachen, dann ist das die Antwort.
Ich will nur das suchen, was Gott will. Ich will mich ihm weihen und ihm zur Verfügung stellen. Es soll nicht um mich und meine Bedürfnisse gehen. Es ist schön, wenn Sie heute so etwas spüren.
Wo braucht Gott Sie für einen anderen? Sie sind nie nur hergekommen, um sich selbst zu befriedigen oder eine gute Botschaft aufzunehmen. Wo kann ich heute einen anderen aufrichten, der mir begegnet, der neben mir sitzt und vielleicht sein Herz voll Leid hat? Ich will für Gott bereit sein, ein Werkzeug für ihn.
Eine Erneuerung ist nötig, eine umfassende Erneuerung.
Erneuerung ist nötig – eine kritische Betrachtung der heutigen Reformversuche
Ich habe diesmal beim Reformationsfest etwas kritischer hingehört und war überrascht, wie freimütig und offen die Missstände geschildert wurden, die vor 450 Jahren herrschten. Doch nun sind diese 450 Jahre vergangen, und es wird Zeit, dass wir auch über die Missstände von heute sprechen.
Denn auch heute gibt es himmelschreiende Missstände. Vorhin haben wir das Lied vom Mietling gesungen. Mietlinge sind Menschen, die ihren Dienst nur des Jobs wegen tun, die nur ihre eigene Ehre suchen – ähnlich wie Hofni und Pinehas. Gott aber lässt das nicht ungestraft. Er straft solche Verhaltensweisen und stellt sie ins Licht.
Ist uns das bewusst? Irrt euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten. All das, was wir tun – sei es Singen, Beten oder die Verkündigung seines Wortes – darf nicht zu unserer eigenen Sache werden.
Ich sage das alles mit Zittern, weil es jetzt besonders wichtig ist, dass wir uns selbst prüfen. Erst dann können wir das Reformationsfest wirklich feiern.
Gottes unerbittliche Strafe und die Notwendigkeit der Buße
Gott kann unerbittlich hart strafen. Das fällt immer wieder auf und steht auch häufig in der Bibel: Gott zeigt sich oft sehr barmherzig gegenüber gottlosen Spöttern. Er hat Barmherzigkeit auch gegenüber sündigen Menschen, die irgendwo fern in der Welt leben.
Doch bei seinem Volk, bei seiner Gemeinde, lässt Gott nichts durchgehen. Dort straft er ganz genau. Wenn Gott Gericht hält, beginnt er nicht bei der gottlosen Welt, wie wir uns das oft vorstellen. Wir denken, wir könnten einfach zuschauen. Aber Gott fängt bei seinem Haus, bei seiner Gemeinde an.
Deshalb liegt auch heute an vielen Orten das Volk Gottes schwer danieder. Kirchen und Gemeinden sind zerstört und verwüstet. Es gibt viele leerstehende Kirchen in unserem Land. Das liegt nicht daran, dass Gottes Barmherzigkeit zu Ende wäre. Vielmehr wartet Gott auf Buße – und hier kommt das entscheidende Wort.
Wenn man ein Reformationsfest feiern will, dann stellt man dieses Wort an den Anfang. Schon in den 95 Thesen ging es um Buße, das heißt um Umkehr. Um eine Kehrtwende, bei der man das Steuer herumreißt und sagt: Ich will doch Gott allein suchen. Es soll nicht mehr um mich gehen, sondern um die Ehre Gottes, die wir suchen.
Doch über was sollen wir Buße tun? Wir sollten Buße tun darüber, wie das Wort Gottes in unserer Zeit mit Füßen getreten wird. Wie oft wurde das geoffenbarte Wort Gottes von uns nach unserer Vernunft zurechtgestutzt. Wie oft haben wir versucht, die Gebote Gottes nach unserem Gutdünken anzupassen.
Wir könnten Buße tun über fehlenden Missions-Eifer, über Selbstgefälligkeit. Darüber, wie wir andere Gruppen gerichtet haben, obwohl Gott längst andere berufen hat. Darüber, wie wir versagt haben.
Das wäre die Zeit zur Buße, zur Umkehr. Und Buße ist ein Gnadengeschenk, solange Gott noch Buße schenkt. Umkehr ist möglich, Erneuerung ist möglich. Das ist eine frohmachende Botschaft.
Gott will nicht den Untergang, sondern Rettung. Er will seine Gemeinde wieder zum Licht und Salz der Welt machen.
Warum Buße damals nicht möglich war
Aber warum war damals Buße nicht möglich? Manche sagen sofort, es sei vorherbestimmt gewesen, dass Hophni und Phinehas sterben müssten. Das ist nicht richtig! Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehrt. Das gilt ganz besonders für die Gemeinde. Gott schenkt immer wieder Zeiten der Erweckung, des Aufbruchs und der Erneuerung.
Warum konnten Hophni und Phinehas nicht umkehren? Das ist ganz einfach. Eli hat den Fehler noch erkannt und die Missstände beim Namen genannt – ganz simpel moralische Missstände oder was auch immer es war. Er hat seinen Söhnen gesagt: „Nicht doch, meine Söhne!“ Aber merken Sie, da war kein Nachdruck, kein Nachgeben. Es war der alte, trottelige Vater, der seinen Kindern gegenüber keinen Mut mehr zeigen konnte. Vielleicht hat er seine eigenen Kinder auch vergöttert und gedacht, „ach, vielleicht ist Gott doch noch gnädig.“
Nein, Gott ist nicht gnädig dort, wo man seine Ehre mit Füßen tritt. Und das Allerschlimmste ist bei Menschen, die das Evangelium kennen, denen das Wort Gottes offenbart ist und die dennoch Wege des Ungehorsams und der Untreue gehen: Da lässt Gott bei seinen Leuten nichts durchgehen. Später sagt Gott zu Samuel: „Wer mich ehrt, den will ich ehren, und wer mich verachtet, den verachte ich auch.“ Jetzt können Sie einschätzen, wo Sie stehen.
Gott macht da keine Kompromisse und sagt nicht: „Ach, das ist doch wenigstens der Form nach, ich bin doch getauft und konfirmiert und gebe ab und zu eine Gabe.“ Es geht nicht darum, sondern darum, ob ich Gottes Ehre mit Füßen trete. Bei der Buße ist es notwendig, dass es eine Umkehr wird, eine wirkliche Erneuerung.
Heute ist es sehr scheinheilig, wie man auch in unseren Gemeinden streitet und wieder Unterschriften sammelt, um die Erneuerung des Bußtags zu fordern – als ob ein neuer Feiertag nötig wäre. Wenn wir das Reformationsfest als einen echten Bußtag wieder feiern, dann genügt das. Dann sagen wir: Wir wollen Gott wieder beim Wort nehmen und ihm dienen.
Gott kann unerbittlich hart zuschlagen. Schauen Sie sich die Kirchenruinen in der Türkei, in Ägypten, in Nordafrika, in Russland und anderswo an – auch in unserem eigenen Land, wo einst blühende Gemeinden waren. Gott hat seine Hand abgezogen. Das Problem ist nicht, dass die Kirchensteuer nicht ausreicht, sondern dass Gottes Güte von uns gewichen ist.
Die Furcht vor Gott und die wahre Reformation
Diese Tage, als ich mit dem Auto übers Land fuhr, habe ich im Radio eine schöne Reformationsansprache gehört. Dort wurde verkündet, Luther hätte uns die Angst vor Gott genommen. Haben Sie das auch schon gehört? Das ist Quatsch.
Als ob Luther uns die Angst vor Gott hätte nehmen können! Die Angst vor Gott kann Ihnen überhaupt niemand wegnehmen. Sie müssen einmal selbst vor dem heiligen Gott stehen.
Nun darf ich Ihnen Luther im Originalton zitieren. So hat Luther gepredigt, und so begann seine erste Predigt, als er von der Wartburg, wo er versteckt war, nach Wittenberg zurückkehrte. Dort ging es drunter und drüber. Es gab Schwärmer und Propheten, und jeder verkündete seine Meinung als Gottesoffenbarung. Luther brachte sie alle wieder zur Ordnung.
So begann damals seine berühmte Invokabit-Predigt: „Wir sind alle zum Tode gefordert. Es wird keiner für den anderen sterben, sondern jeder wird in eigener Person mit dem Tode kämpfen. In die Ohren können wir einander wohl schreien, aber jeder muss selbst bereit sein in der Zeit des Todes. Jeder muss ganz für sich allein auf die Schanze treten. Ich werde dann nicht bei dir sein, und du nicht bei mir.“
Luther hat sein ganzes Leben lang nie die Furcht vor Gott verloren. Aber er entdeckte, dass er Frieden findet unter dem Kreuz Jesu, wo Jesus seine Schuld getragen hat. Er nahm die Vergebung an und wusste, dass diese Vergebung Jesu ihm ganzen Frieden gibt, da er bedeckt ist von dem Blut und der Vergebung Jesu.
Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut. Die Hölle und ihre Flammen löscht meines Heilands Blut. Das ist Reformation, das ist Erneuerung! Und so finde ich den Punkt wieder, an dem das Heil ist.
Gottes Macht, Erneuerung zu schaffen – Hoffnung für die Gemeinde
Gott kann auch aus Steinen Kinder erwecken – das ist ein Zitat von Jesus.
Es klingt jetzt alles sehr hart, was ich über die Missstände in unseren Gemeinden gesagt habe. Das betrifft alle Konfessionen und Gruppen. Ich glaube, niemand kann einfach sagen: Das betrifft mich nicht. Das wäre sehr überheblich.
Gott braucht niemanden. Er braucht keine Theologen, keine ehrwürdigen Kirchen, keine Kathedralen und auch keine Verwaltungen. Gott kann alles zerbrechen lassen – alles, alles, alles. Trotzdem wird die Sache des Reiches Gottes nicht untergehen.
Im Lauf der Jahrhunderte sind viele Kirchen untergegangen, verschüttet vom Flugsand der Zeit. Es ist nicht wahr, dass wir als Kirche in unserer Organisation eine göttliche Verheißung hätten. Da ist sehr viel Menschliches dabei.
Wir erleben auch, wie Gott seine Boten verwerfen und untergehen lassen kann. Hofni und Pinhas hielten sich selbst für unersetzlich und meinten, sie seien wichtige Leute. Sie sagten, Gott könne froh sein, dass er sie habe.
Ich habe versucht auszumalen, wie der Werdegang dieser beiden war. Sie kamen aus frommem Elternhaus und meinten, sie hätten alles im Griff. Irgendwie fühlten sie sich als die Manager Gottes. Doch ihnen fehlte die Ehrfurcht, das Stehen vor dem heiligen Gott und das Bewusstsein für das eigene Versagen. Sie wussten zwar, was Gnade Gottes ist, doch man wird so leicht jemand, der hantiert und der Erfolgsmanager Gottes ist.
Wer die Buße ausschlägt und verwirft, der spricht über sich selbst sein Gericht. Sucht den Herrn, so werdet ihr leben. Das ist in unseren Tagen so notwendig.
Gottes Segen bei aufrichtigem Glauben
Und jetzt dürfen wir es positiv sehen: Gott will heute antworten und segnen. Man kann es direkt beobachten. Sie können es in Ihrem Umfeld sehen: Wenn dort nur ein paar Menschen aufrichtig mit Gott sind, dann schenkt Gott Segen, Fülle und Wachstum. Dann gelingt es, dass diese Menschen andere zum Glauben führen dürfen – vorausgesetzt, man beginnt damit, Gott allein die Ehre zu geben.
So hat Gott damals auch Menschen ausgesucht. Ich habe es extra so gelesen: Er nannte sie Knaben. Ihr jungen Leute, wisst ihr, dass ihr bei Gott voll angenommen seid, wenn ihr Gottes Ehre über alles stellt? Dann wird Gott euer Leben überschütten und gebrauchen.
Samuel war noch ein junger Mann, aber auf ihm lag all das, was Gott in seinem Volk noch einmal Großes tun wollte. Ich habe mich gefragt, warum Samuel anders war als die beiden Priester. Bei Hofni und Pinhas war der Vater nicht mehr sehr durchsetzungsfähig mit seinen Reformvorschlägen. Die beiden jungen Männer waren sehr eigensinnig und wollten ihre Gelüste und Sinne befriedigen.
Bei Samuel war nur eine Mutter da, der Vater spielte keine Rolle. Ihr Mütter! Wenn ihr jetzt gerade bei der Übertragung dabei seid, hoffe ich, ihr könnt gut zuhören. Was bedeutet es, wenn eine Mutter ihrem Kind mitgibt: Nie wieder Gott sündigen, Gottes Ehre achten, in seinen Geboten bleiben! Sie hat ihr Kind darauf vorbereitet, Diener Gottes, des Allerhöchsten, zu sein.
Und dann kann Gott seine Gemeinde erneuern. Unter Samuel beginnt noch einmal eine ganz neue Zeit der Erweckung und des Heils in Israel.
Der Wunsch nach Gottesfurcht und die Bedeutung der Gemeinschaft
Der König David betet einmal im Psalm 86: "Weise mir, Herr, dass ich wandle in deiner Wahrheit, erhalte mein Herz bei dem Einen, dass ich deinen Namen fürchte; darum soll es mir wohl ergehen."
Man sollte niemals gering von Gott denken. Gehen Sie nicht weg, wenn diese läppischen Diskussionen über Gottes Tod anfangen und ob Gottes Wort noch Gültigkeit hat. Sie kennen doch Gottes Ehre! Setzen Sie sich nicht dort hin, wo die Spötter sitzen!
Schon bei Mose am Sinai ließ Gott sagen: "Ach, dass mein Volk ein solches Herz hätte, mich zu fürchten und alle meine Gebote zu halten, auf dass es ihnen wohl ergehe – und Ihnen und Ihren Kindern."
Neulich war in unserem Gottesdienst ein Däne zu Gast. Er sagte, er käme hier im Gottesdienst vorbei und fragte: "Warum singt ihr denn gar keine Lieder von unseren schönen dänischen Chorälen?" Da hat er recht. Es gibt ein ganz herrliches Lied, und ich möchte noch zwei Verse davon zitieren. Es stammt von Bischof Grundtvig – ein Bischof hat es gesagt, nicht dass Sie meinen, das wären meine Lästerworte oder Kritik an der Kirche.
"Irdische Tempel braucht Gott nicht,
Dome, die Meister erbauen,
Schatten sind sie vor seinem Licht,
welches kein Auge kann schauen.
Aber er selbst baut sich ein Haus,
wohlt sich zur Wohnung Menschen aus,
die seinem Ruf gehorchen,
kehrt in die ernste Hütte ein.
Lässt uns dem Königswort lauschen,
seiner Verklärung Zeuge sein!
Wer wollte Welten drumtauschen?
Leben und Güte ist da zur Hand,
göttliches Leben aus seiner Hand,
heiligt die Hütte zum Tempel!"
Amen!