Persönliche Einführung und Sprachliche Herausforderungen
Ja, schön gesungen, Deborah, das kann ich nicht. Guten Abend zusammen, schön, bei euch zu sein.
Ich kann weder Schweizerdeutsch noch richtig gutes Deutsch, aber ich werde mich bemühen. Wenn ich so spreche wie sonst, versteht man mich oft nicht so gut. Deshalb ist es ein bisschen ein Mischmasch, aber ich rede so gut ich kann Deutsch.
Wenn Sie richtig Schweizerdeutsch sprechen, tue ich mich auch ein bisschen schwer, das muss ich zugeben. Dann muss ich mich sehr konzentrieren, um es zu verstehen.
In der Schweiz bin ich nicht so oft, immer mal wieder. Aber ich höre natürlich gern von den Bergen. Die Schweizer Berge kenne ich schon öfter, und ab und zu bin ich auch auf Konferenzen hier. Das ist das erste Mal, dass ich an diesem schönen Ort bin.
Es freut mich, die drei Tage mit euch zu verbringen. Wie gesagt, ich bin dieses Jahr 50 geworden, habt ihr das schon gehört? Ich bin auch seit 25 Jahren verheiratet und habe drei Kinder.
Ich bin eine recht nette Frau, muss ich sagen, die es mit mir immer noch aushält. Am 4. Juli haben wir unseren Hochzeitstag, das ist der Freiheits-Tag. Da bin ich abhängig geworden. Aber das ist okay.
Einführung in das Thema Gnade
Heute geht es um das Thema Gnade – wie gnädig ist Gott? Es ist ein spannendes Thema. Gnade ist ein Wort, das wir unter Christen ziemlich oft verwenden. Doch ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich verstehen, was es bedeutet.
Die Bedeutung dieses Wortes ist enorm. Ich habe einmal auf einer Konferenz in England eine interessante Begebenheit erlebt. Dort gab es ein Treffen über vergleichende Religionswissenschaft, bei dem einige Fachleute darüber debattierten, warum das Christentum so einzigartig ist.
Während dieser Debatte kam C.S. Lewis zufällig in den Raum, hörte zu und sagte dann: „Das ist leicht zu beantworten. Das, was das Christentum einzigartig macht, ist die Gnade.“
Die Bedeutung von Gnade und die Schöpfung des Menschen
Was ist Gnade genau, und wozu brauchen wir sie? Bevor ich darauf eingehe, müssen wir zuerst etwas festhalten, das mir geholfen hat. Übrigens: Ich habe die Manuskripte jemandem geschickt, der sie übersetzen wollte. Falls du das tust, musst du das weglassen. Ich habe etwas anderes verwendet. So etwas kommt manchmal vor. Heute habe ich es mir noch einmal anders überlegt.
Zuerst müssen wir festhalten, wozu der Mensch überhaupt geschaffen ist. Wenn man die Bibel von vorne liest, ist das sehr hilfreich. Dann stellt man fest, dass Gott den Menschen geschaffen hat, um in Gemeinschaft mit Gott zu leben – als ein Gegenüber.
Der Mensch ist Mensch, Gott ist Gott, und sie sollten im Gegenüber miteinander leben. So hat Gott sich den Menschen vorgestellt. Er wollte eigentlich nur eine vertraute Beziehung zum Menschen. Gott hatte bereits Haustiere zum Streicheln, aber der Mensch war etwas anderes – ein Gegenüber.
Die Trennung durch Sünde und deren Missverständnis
Im Sündenfall, so nennen wir das Ereignis, hat sich der Mensch bewusst aus der Gemeinschaft mit Gott herausgelöst. Er hat sich von Gott abgenabelt und dadurch die Gemeinschaft zerbrochen. Diese Abnabelung bezeichnet die Bibel als Sünde.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich das Wort „Sünde“ heute kaum noch verwende – außer wenn ich Zeit habe, es zu erklären. Denn dieses Wort wird heutzutage sehr oft missverstanden, nicht nur allgemein, sondern auch unter Christen.
Was bedeutet Sünde eigentlich? Wenn wir in Zürich oder anderswo eine Umfrage machen und Leute fragen würden, was Sünde ist, bekämen wir in der Regel folgende Antwort: Sünde ist etwas, das sehr attraktiv ist, aber leider verboten. Sünde ist also attraktiv, aber verboten. Das ist das Verständnis der meisten Menschen.
Dieses Verständnis kommt zum Beispiel daher: Du möchtest abnehmen, weil du ein paar Kilo verlieren willst. Du nimmst dir vor, keine Schokolade mehr zu essen. Dann bekommst du, wie ich heute, gute Schweizer Schokolade geschenkt. Am Abend isst du trotzdem eine. Obwohl es verboten war – zumindest in deinem Plan – war es sehr attraktiv. Du isst die Schokolade und bist damit ein Sünder. So wird Sünde heute oft definiert.
Oder du fährst auf der Autobahn in Deutschland – das mache ich am liebsten, weil es dort keine Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt. Das finde ich super, es sollte überall so sein. Dort fährst du 200 km/h oder schneller, und meistens ist das okay. Wenn du aber in der Schweiz oder in Österreich weiter mit dieser Geschwindigkeit fährst, bekommst du bald Probleme. Es ist sehr attraktiv, 200 km/h zu fahren, denn die Autobahnen sind dort genauso breit wie in Deutschland. Du fragst dich, warum es dort verboten ist. Auch dort ist es sehr attraktiv, schnell zu fahren, aber eben verboten. Wenn du erwischt wirst, bist du ein Verkehrssünder.
Sünde hat also immer damit zu tun, dass etwas attraktiv ist, aber verboten. Dieses allgemeine Verständnis von Sünde führt uns jedoch auf eine völlig falsche Spur.
Die wahre Natur der Sünde als Trennung von Gott
Um Sünde zu verstehen, solltet ihr für diesen Abend alle moralischen Vorstellungen über Sünde komplett beiseitelegen. Sünde beschreibt in ihrem Wesen zunächst einfach diese Abnabelung des Menschen. Der Mensch sagt: „Ich lebe ohne dich. Ich möchte nicht mehr dein Ebenbild sein, ich will ein Abbild Gottes sein, ich will selbst Gott sein.“ Diese Trennung nennt die Bibel Sünde.
Jemand hat einmal gefragt: Was ist eigentlich so schlimm daran, dass der Mensch sich von Gott trennt? Wir trennen uns ja öfter von etwas. Ein Beispiel: „Die habe ich letzte Woche von meinem Auto getrennt, ich bin mit ihm in den Graben gefahren. Das war tragisch, aber ich habe es überlebt.“ Ein anderer sagt: „Die habe ich letzte Woche von meiner Frau getrennt. Das war auch tragisch, aber ich habe es überlebt.“ Was ist also so tragisch daran, sich von Gott zu trennen?
Der Unterschied ist folgender: Wenn du dich von deinem Auto trennst, ist es ein finanzieller Verlust. Wenn du dich von deiner Frau trennst, zerbricht deine Beziehung. Wenn du dich aber von Gott trennst, entsteht ein Problem. Denn Gott ist Leben. Er ist der Schöpfer und der Geber allen Lebens.
Wenn du dich von dem trennst, der das Leben ist, dann bist du nur noch tot. Und das ist das Problem. Ein Mensch, der sich vom Geber des Lebens trennt, ist tot.
Darum lesen wir in Römer 5,12: „Wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben.“
Warum kam der Tod durch die Sünde? Weil, wenn du dich von dem trennst, der das Leben ist, dann bist du tot. Das heißt: Ein Mensch, der von Gott getrennt ist, ist tot. Und das ist die Sünde.
Gottes Haltung zur Sünde und die Folge des Todes
Eine Frage, die ich öfter höre, lautet: Wird Gott mich bestrafen, wenn ich ein Sünder bin? Oder wird Gott mich sogar töten, wenn ich ein ganz wilder Sünder bin? Die Antwort darauf ist Nein. Gott tötet keinen einzigen Sünder, denn du bist bereits tot. Sünde hat uns bereits getötet.
Übrigens steht in den USA auf Selbstmord keine Todesstrafe. Das hat einen einfachen Grund: Du brauchst einen Toten nicht mehr zu erschlagen.
Warum wird Gott keinen einzigen Sünder töten? Weil die Sünde ihn bereits getötet hat. Der Sünde Sold ist der Tod, nicht Gottes Sold der Sünde Sold. Das ist unser Problem.
Um es einfacher zu machen: Wenn ich zum Beispiel sage, du sollst das Licht ausmachen und die Finsternis anstellen, wie viele Schalter muss man betätigen? Nur einen. Ich muss nur das Licht ausschalten, dann ist es automatisch finster, denn Finsternis ist die Abwesenheit von Licht.
Die Frage wird oft anders gestellt: Nimm Liebe weg aus dieser Welt. Wenn du die Liebe wegnimmst, was hast du dann übrig? Hass, Neid, Einsamkeit und Gemeinheit.
Jetzt stellt sich die Frage: Wer hat den Hass erfunden? Die Antwort lautet: Niemand. Du musst nur die Liebe wegnehmen, und alles, was übrig bleibt, ist Hass.
Veranschaulichung der Abwesenheit als Ursache des Bösen
Ich habe ein kurzes Video, das jetzt gezeigt werden kann. Es dauert nur eine Minute. Angeblich hat es Einstein gesagt, oder so – ich weiß nicht genau, ob das stimmt. Aber das ist egal. Das, was er sagt, stimmt auf jeden Fall.
Schauen wir, ob es funktioniert. Jetzt brauchen wir nur noch ein Bild. Nein, es wird schon klappen.
Dass Gott, falls es ihn gibt, böse ist. Hat Gott alles, was existiert, erschaffen? Denn Gott hat alles erschaffen. Dann hat er auch das Böse erschaffen. Das bedeutet, Gott ist böse.
Herr Professor, existiert Kälte?
Was für eine Frage soll das sein? Natürlich existiert Kälte. War euch noch nie kalt?
Nein, in der Tat, Herr Professor, die Kälte existiert nicht. Nach den Gesetzen der Physik ist das, was wir als kalt empfinden, nur das Fehlen von Wärme.
Und existiert Dunkelheit, Herr Professor?
Selbstverständlich existiert sie.
Nein!
Hast du ein Bild auch noch? Oder nicht? Funktioniert es nicht?
Na, ist nicht tragisch. Ich habe noch einen Stick. Vielleicht gebe ich den Stick noch einmal, dann kannst du es am Ende noch einmal abspielen.
Okay, ist nicht schlimm. Ja, genau, danke.
Die innere Logik der Sünde und ihre Folgen
Bei der Sünde gibt es eine innere Logik: Wir sind Sünder, weil wir uns von Gott getrennt haben. Gott ist Liebe, und deshalb gibt es in dieser Welt so viel Hass, weil wir uns von Gott getrennt haben. Gott ist Licht, und darum gibt es so viel Finsternis.
Weil wir uns von Gott getrennt haben und Gott Leben ist, sind wir tot in unseren Sünden. Das ist auch faszinierend. Im Johannesevangelium, Kapitel 8, beschreibt Jesus dies dreimal. Er sagt, dass wir in unseren Sünden sterben.
Das musste ich auch erst lernen: Kein Mensch stirbt für seine Sünden, sondern wir sind bereits tot in unseren Sünden. In Johannes 8,21 sagt Jesus zum Beispiel: „Ich gehe hin, und ihr werdet mich suchen, und ihr werdet in eurer Sünde sterben.“
In Vers 24 heißt es: „Daher sage ich euch, dass ihr in euren Sünden sterben werdet, denn wenn ihr nicht glauben werdet, dass ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben.“
Im Kolosserbrief 2,3 lesen wir: Wir waren tot in unseren Sünden.
Gottes Plan der Versöhnung durch Gnade
Das Evangelium, der Plan Gottes von Anfang an, ist es, diese Trennung und diesen Tod aufzuheben. Es geht darum, uns wieder in die Gemeinschaft mit Gott zu bringen und uns neues Leben zu schenken.
Gott hat uns keinen Mechanismus gegeben; das ist Religion. Religion ist der Versuch des Menschen, durch eigene Anstrengungen und gutes Verhalten wieder zu Gott zu gelangen.
Gott aber ist zu uns gekommen. Das ist die Gnade. Er hat uns das Leben zurückgegeben, das wir verloren hatten.
In Johannes 1,16-17 stehen diese wunderbaren Verse: „Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit aber sind durch Jesus Christus geworden.“
Die Herausforderung der Gnade für menschliche Logik und Gerechtigkeit
Nun, was genau ist Gnade? Wenn man Gnade genauer betrachtet, so wie wir sie in Jesus Christus entdecken, stößt man auf ein Problem. Dieses Problem besteht darin, dass Gnade weder logisch noch vernünftig ist. Vor allem aber ist Gnade ungerecht.
Dieses Problem hat die gerechten Juden damals sehr aufgebracht. Sie empfanden es als ungerecht, dass der gerechte Jesus sich mit gemeinen Menschen einließ – mit Steuereintreibern und Sündern – und dabei die Gerechten, mit denen er es eher zu tun hatte, links liegen ließ. Für sie war das ungerecht.
Statt sich mit den rechtgläubigen Pharisäern zu identifizieren, suchte Jesus eher den Umgang mit Steuereintreibern und Prostituierten.
Beispiele für die Berufung von Menschen in der Gnade Gottes
In der Bibel gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie Gott Menschen in seiner Gnade beruft. Oft erscheint dies unlogisch, unvernünftig oder ungerecht.
Mich fasziniert es, wenn man die Bibel von vorne bis hinten durchstudiert und die Menschen betrachtet, die Gott in seiner Gnade berufen hat. Da ist zum Beispiel Noah. Ich beginne mal mit ihm. Er hat sich später betrunken. Dann Jakob, der ein Lügner war und mir außerdem unsympathisch ist, muss ich sagen. Moses war ein Mörder, ebenso wie David und Paulus.
Simson liebte Frauen, die Huren waren, und er hatte lange Haare, was damals noch schlimmer war. Die Frau von Hosea war eine Prostituierte. Elia war ein Selbstmordkandidat. Jeremia war depressiv. Jesaja predigte nackt, wie wir lesen. Wenn ich das heute täte, glaube ich, hätten wir ein Problem. Aber er hat es gemacht.
Jona rannte vor Gott weg. Petrus war zornig. Johannes war selbstgerecht. Die Jünger schliefen beim Beten ein. Simeon war fanatisch. Nathanael war zynisch. Martha sorgte sich um alles. Maria war faul. Die Samariterin schlief mit mehreren Männern. Matthäus war in der Schuld. Und Lazarus war tot, was ebenfalls ein Problem darstellte.
Die Gleichheit aller Menschen vor der Gnade
Wisst ihr, was wir aus all diesen Geschichten lernen können? Mich fasziniert an der Bibel besonders, dass Gnade nichts mit meinem Verdienst, meiner Arbeit, meiner Rechtgläubigkeit oder meinem Gutsein zu tun hat. Gnade ist ein Geschenk von Gott.
Diese Gnade kannst du nur empfangen – egal, ob du ein gewissenhafter und braver Vater bist oder jemand, der pornosüchtig ist, homosexuell lebt, betrogen hat oder Menschen ausgenutzt hat. Beide können die Gnade nur empfangen.
Du kannst sie ebenfalls nur empfangen, egal ob du eine treue Ehefrau und Mutter bist oder eine Prostituierte. Beide stehen in Bezug auf Gnade gleich da. Und das ist das eigentlich Provokante an der Gnade: Als Empfänger der Gnade sind wir alle gleichgestellt.
Das hat damals schon die Juden irritiert, und es irritiert heute noch viele Christen. Jemand hat einmal gesagt, das Kreuz sei der große Gleichmacher. Dort sind alle Menschen gleich.
Gnade versus Religion und das Missverständnis der Freiheit
Das Problem entsteht, wenn wir aus dem Christentum eine Religion machen. Dann glauben wir nicht wirklich. Religion ist ein System. In der Religion kannst du dir etwas verdienen. Dort wird gearbeitet, und danach wird ausbezahlt. Es geht um Lohn.
Gott dagegen bezahlt keinen Lohn für die Sünde. Der Lohn der Sünde ist der Tod. Die Sünde bezahlt also einen Lohn. Die Gnadengabe Gottes aber ist in Jesus Christus frei für jeden. Das ist Gnade.
Die Gnade ist das größte Geschenk Gottes an uns Menschen. Paradoxerweise ist Gnade aber auch die gefährlichste Lehre des Christentums. Sie ist sowohl die größte als auch die gefährlichste Lehre.
Warum ist das so? Im Alten Testament, vor allem, finden wir das Gesetz des Mose. Dort gibt es Regeln, wie wir leben sollen, was wir tun und was wir nicht tun sollen, was uns bewahrt und was uns zerstört.
Im Neuen Testament dagegen ist die Gnade bestimmend. Es geht nicht in erster Linie darum, Regeln zu befolgen. Vielmehr geht es darum, in Gemeinschaft mit Christus zu leben. Darum geht es wirklich.
Sünde und Versöhnung als zentrale Begriffe des Heilsplans
Den gesamten Heilsplan kann man mit zwei Begriffen beschreiben: Sünde und Versöhnung. Sünde ist der Zerbruch der Beziehung, Versöhnung die Wiederherstellung dieser Beziehung zwischen Gott und Mensch. Das ist der ganze Heilsplan.
Das Wort Gnade wird verwendet, um diesen Vorgang zu beschreiben. Das Problem mit der Gnade ist folgendes: Wenn wir als begnadete Menschen nicht in Gemeinschaft mit Jesus leben, wird Gnade oft missverstanden. Sie wird dann als Freibrief zum Sündigen angesehen.
Das heißt, wenn wir als Christen nicht in verbindlicher Gemeinschaft mit Jesus leben, bedeutet Gnade, dass es im Christentum keine Regeln mehr gibt, keine Gesetze. Man kann tun und lassen, was man will – eine Art Pseudofreiheit. So wird Gnade als Freibrief zum Sündigen verstanden.
Ich erlebe immer wieder, dass Gnade missbraucht wird, um einen egoistischen Lebensstil zu rechtfertigen. Dann tut man als Christ alles, was man will, und sagt: „Ich bin nicht unter Gesetz, ich bin unter Gnade, ich bin frei.“
Die Reaktion mancher Gemeinden auf den Missbrauch der Gnade
Wenn das der Fall ist – und das machen manche Gemeinden –, dann beobachte ich das oft, da ich viel unterwegs bin. Ich bin im Jahr etwa 100 Tage auf Reisedienst, was ein großes Vorrecht ist. Mehr Tage sind nicht möglich, und meine Frau sagt, das reicht.
Ich besuche viele verschiedene Gemeinden, und manchmal zeigt sich eine Tendenz: Man sieht, wie die Gnade missbraucht wird. Daraufhin kehren manche christlichen Gruppen zum Gesetz zurück, weil die Gnade ausgenutzt wird.
Der Pfarrer oder Prediger predigt von Gnade und Liebe. Doch was die Zuhörer oft hören, ist: „Ich kann tun und lassen, was ich will.“ Dadurch entsteht eine Angst vor der Gnade. Man macht daraus wieder ein System, fügt ein bisschen Religion hinzu und verliert den eigentlichen Sinn.
Paulus’ Haltung zur Gnade und die wahre Berufung der Christen
Und jetzt kommt der Schlüssel, und ich werde euch das noch zeigen.
Der Apostel Paulus gibt der Versuchung, zum Gesetz zurückzugehen, keine einzige Sekunde nach. Er bleibt bei der Gnade. Dabei erinnert er die Christen daran, wozu sie gerettet wurden. Doch er bleibt immer bei der Gnade. Ich werde euch das noch zeigen.
Das fasziniert mich so an Jesus. Darum bin ich so gerne Christ.
Aber seht ihr, bei manchen Christen muss man fragen: Oder es ist so, dass sie sagen, „Gott liebt mich“. Man redet über die Liebe Gottes, und das soll man auch tun, denn Gott ist Liebe. Ja, Gott liebt mich – das gefällt mir. Dir wird vergeben, alles ist dir vergeben – ja, das gefällt mir auch gut. Aber ändern will ich mich nicht.
Das Gesetz ist erfüllt, super. Aber ich habe kein Interesse am Reich Gottes in mir.
Beispiel der Christen in Korinth und die wahre Bedeutung von Heiligkeit
Ein negatives Beispiel von Christen, die das falsch verstanden haben, sind die Christen in Korinth. Sie haben von Paulus nur die Dinge gehört, die ihnen gefallen haben, und haben ignoriert, wozu sie eigentlich gerettet wurden.
Darum mache ich ein Statement und erkläre es anschließend: Gnade befreit uns nicht für die Sünde, sondern Gnade befreit uns von der Sünde. Gnade ist kein Freibrief, um zu sündigen. Gnade ist Gottes Möglichkeit, um von der Sünde frei zu werden.
Ich möchte euch das jetzt hoffentlich ein wenig verständlich erklären. Wir haben vorhin darüber gesprochen, was das Problem ist: die Sünde, die Trennung von Gott. Nun stellt sich die nächste Frage: Wie wird Sünde sichtbar? Sünde hat ja ein Gesicht.
Wenn ich mich von Gott trenne, hat das Auswirkungen, die wir erkennen können. Um das Gesicht der Sünde zu erkennen, möchte ich zurückgehen zum Anfang, zum ersten Buch Mose, Kapitel 1. Ich lese dort zwei Verse vor und zeige euch dann, wie das Gesicht der Sünde aussieht.
1. Mose 1,26-28:
Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen.
Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie.
Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über sie usw.
Die ursprüngliche Berufung des Menschen: Kreativität
Ich möchte hier vier Dinge erwähnen, die wir augenblicklich daran erkennen, wie der Mensch geschaffen wurde.
Erstens: Gott hat den Menschen geschaffen, um kreativ zu sein. Was wir zu diesem Punkt wissen, ist, dass Gott unheimlich kreativ ist. Gott schuf das Universum, die Sterne, die Sonne, den Mond. Er schuf die Tiere und die Pflanzen in ihrer Vielfalt. Wenn der Mensch im Bilde Gottes geschaffen ist, dann sollten wir erwarten, dass der Mensch ebenfalls sehr kreativ ist.
Aber wie sieht diese Kreativität nun aus, nachdem der Mensch von Gott abgefallen ist, in Sünde gefangen und korrupt geworden ist? Der sündige Mensch ist nach wie vor sehr kreativ, aber nicht mehr, um etwas aufzubauen, sondern sehr oft, um kaputtzumachen. Nicht mehr, um ehrlich miteinander umzugehen, sondern um sich selbst zu rechtfertigen.
An dieser Stelle möchte ich etwas zeigen, das mich in meinem Leben fasziniert, auch in anderen Situationen. Unsere korrupte Natur ist nie kreativer als dann, wenn wir uns selbst rechtfertigen. Wir sind Meister darin, uns selbst zu verführen. Die größte Macht der Sünde liegt ja in der Verführung.
Ich gebe euch ein Beispiel: Angenommen, auf einer Skala von eins bis zehn ist eins das, was du weißt, das eigentlich richtig ist, und zehn ist das genaue Gegenteil, das Extrem, das total falsch ist. Zum Beispiel, zumindest wenn du Christ bist, weißt du: Wenn ich verheiratet bin, ist das, was eigentlich richtig ist und was ich meiner Frau am Altar versprochen habe, dass ich ihr treu bleibe in guten und schlechten Tagen. Das ist eins, das ist richtig.
Was zehn ist, weißt du auch: Das ist absolut falsch, wenn ich fremdgehe, mit anderen Frauen schlafe, obwohl ich verheiratet bin. Das ist zehn.
Und was faszinierend ist: Wir haben die Kreativität, uns von eins in Richtung zehn zu bewegen, ohne es zu bemerken. Wir sind extrem kreativ. Wir rechtfertigen nämlich jeden kleinen Schritt. Wenn wir dann bei zehn angekommen sind, sind wir schockiert, weil wir ja nie so sein wollten. Dann fühlen wir uns als Opfer und fragen uns, warum wir dort gelandet sind.
Dann hört man in der Seelsorge oft die Worte: „Ich verstehe nicht, wie ich jemals so etwas tun konnte.“ Wisst ihr, wie das geht? Es geht recht einfach. Du beginnst bei eins – verheiratet und so weiter. Du weißt, ich habe versprochen, ich bin treu, ich weiß, das ist richtig.
Dann läuft es mal nicht so gut in der Ehe, und man trifft eine andere Frau. Ich spreche jetzt als Mann über eine andere Frau. Dann sagt sie: „Trink mal einen Kaffee mit mir.“ Denkst du, ist das was Gescheites? Ja, ich mag Kaffee trinken, ich trinke mit allen Menschen Kaffee. Ich trinke mit meinen Kindern Kaffee, ich trinke mit meinem Chef Kaffee. Warum soll ich nicht mit ihr einen Kaffee trinken? Das ist doch normal.
So trinke ich einen Kaffee mit ihr – ich bin auf zwei. Das ist ja völlig normal.
Dann macht sie den Vorschlag: „Gehen wir mal am Abend essen.“ Da denkst du: Ist das was Gescheites? Ich bin ja verheiratet. Dann denkst du: Ja, ich gehe mit vielen Menschen essen. Warum soll ich nicht mit ihr essen gehen? Ich gehe mit meinen Arbeitskollegen auch essen. Und so gehe ich essen – wie auf drei.
Dann sagt sie: „Trinken wir danach noch ein Glas Wein?“ Wein trinke ich auch öfter, mit vielen verschiedenen Leuten – bis auf vier.
Dann sagt sie: „Sollen wir vielleicht einmal ins Kino gehen?“ Ja, ich bin ja verheiratet, das ist ja nicht meine Frau, aber Kino gehen – ich bin schon mit vielen ins Kino gegangen. Warum also nicht mit dir?
So funktioniert das. Und es funktioniert in jedem Bereich. Freunde, wir sind Weltmeister darin, das weiß jeder von euch. Wir rechtfertigen jeden Schritt.
Wenn ich dann bei zehn angekommen bin, bin ich schockiert und sage: „Wie konnte ich jemals hierher kommen?“ Die Antwort ist einfach: Wir sind sehr kreativ. Wir sind geschaffen im Ebenbild Gottes, aber eben in Sünde. Und das ist das, was die Sünde macht.
Das Interessante ist ja, dass keiner von uns der böse, falsche Mensch sein will. Wenn man Filme im Fernsehen anschaut, wer von uns identifiziert sich schon mit dem gemeinen, hinterhältigen, schleimigen Ehebrecher? Niemand. Wer will dieser Typ sein?
Wen wollen wir im Fernsehen sein? Da will ich der Retter sein, der Held und der Verständnisvolle. Warum werde ich dann selber zum schleimigen, gemeinen Ehebrecher? Weil wir kreativ sind. Das ist das Gesicht der Sünde.
Die Berufung des Menschen zu Autorität und deren Missbrauch
Das Zweite: Wie hat Gott den Menschen erschaffen?
Gott hat uns Menschen mit Autorität und Kraft erschaffen. Im Vers 28 sagt er: „Füllt die Erde, macht sie euch untertan und herrscht über alles Vieh.“ Das bedeutet, Gott hat uns die Autorität gegeben, die Welt zu beherrschen. Wir sind berufen, sie im Sinne Gottes zu regieren und zu pflegen.
Unsere Aufgabe ist es, Leben zu schaffen, zu schützen und zu gestalten.
Wie sieht jedoch die korrupte Version unserer Autorität aus? Der sündige Mensch besitzt immer noch die Autorität, die Welt zu beherrschen. Doch oft missbrauchen wir diese Macht. Wir zerstören, anstatt zu bewahren, und handeln meist zu unserem eigenen Vorteil, ohne das Ganze im Blick zu haben.
Dadurch schaden wir nicht nur dem Planeten Erde, sondern auch den Beziehungen zu den Menschen, mit denen wir zusammenleben.
Die Berufung des Menschen zu Beziehung und deren Verzerrung
Was ist das Dritte, was man aus diesen zwei Versen lesen kann? Gott hat uns erschaffen, um in Beziehungen zu leben.
Im Vers 26 lesen wir: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich.“ Gott als der dreieinige Gott lebt in sich selbst als Beziehungswesen – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gott ist keine Monade, das heißt, er ist nicht allein. Gott schwebt nicht seit Ewigkeit allein durch sein Reich.
Stattdessen ist Gott sozusagen die erste Universität. „University“ bedeutet „unity in diversity“ – also Einheit in der Vielfalt. Gott ist die erste Universität, die erste Einheit in der Vielfalt, der dreieinige Gott. Er ist ein Beziehungswesen und lebt seit Ewigkeit in Beziehung.
Warum ist Gott Liebe? Nicht nur wegen Johannes 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Wisst ihr, warum Gott Liebe ist? Wegen Johannes 17,24, wo Jesus sagt: „Mein Vater hat mich geliebt vor der Grundlegung der Welt.“ Der Vater hat seinen Sohn immer geliebt, der Sohn hat den Vater immer geliebt im Heiligen Geist. Das heißt, Gott ist bereits in sich selbst ein Beziehungswesen.
Und dieser Gott hat gesagt: „Lasst uns Menschen schaffen, in unserem Bild, in Beziehung zu leben, so wie wir es tun.“ Darum beschreibt Paulus die Beziehung zwischen Christus und Christen als eine Einheit. Deshalb lesen wir 196 Mal, dass Christus in uns lebt und wir in ihm – die engste Beziehung, die es gibt, in jemandem zu sein. Dazu sind wir erschaffen.
Nun die Frage: Wie sieht die korrupte Version aus? Die korrupte Version sieht so aus, dass die Beziehung zu mir selbst, zu anderen und zu Gott verletzt und zerstört wird. Der Mensch hat ein falsches Selbstbild, er liebt sich nicht selbst, sondern ist entweder stolz oder hat ein Minderwertigkeitsgefühl – beides ist gleich schlimm.
Ich habe ein falsches Bild von meinem Nächsten, ich verwende ihn, um mich selbst zu verwirklichen. Und ich habe ein falsches Bild von Gott: Er ist entweder der strenge Diktator oder der weiche Uropa. Das sind die Korrupten.
Die Berufung des Menschen als sexuelles Wesen und deren Verzerrung
Viertens, das Letzte: Gott hat uns als sexuelle Geschöpfe erschaffen. Das erste Gebot, das Gott den Menschen gibt, finden wir im ersten Buch Mose: „Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und vermehrt euch.“
Gott hat dem Menschen Kreativität, Autorität und die Fähigkeit zur Beziehung geschenkt. Dann schenkt er dem Mann eine Frau und der Frau einen Mann, damit sie in besonderer Weise in Beziehung leben, Sexualität miteinander teilen und Nachkommen erzeugen können.
Sex ist eine Erfindung Gottes. Sex ist etwas Wunderschönes, weil Gott es erschaffen hat. Ohne Sex wäre dieses Treffen heute übrigens ziemlich leer, denn es gäbe niemanden. Sexualität ist eine Gabe Gottes. Die Einzigen, die Sex „dreckig“ machen, sind die Welt. Sex ist etwas Schönes, weil es von Gott kommt.
Wie sieht nun die korrupte Version von Sexualität aus? Dabei wird das, was schön und heilig ist, als dreckig und billig dargestellt. Das ist die korrupte Version.
Die säkulare Welt spricht heute viel über Sex, aber meistens nicht sehr hilfreich. Leider hat die Kirche viel zu wenig über Sex gesprochen. Langsam entdeckt sie wieder, dass dieses Thema wichtig ist. Die Kirche soll über Sex reden, denn es ist ein Geschenk Gottes. So können auch junge Menschen verstehen, worum es wirklich geht – das ist ganz wichtig.
Warum sich die Kirche in der Vergangenheit so zurückgehalten hat, liegt an der Kirchengeschichte. Das ist aber jetzt nicht das Thema.
Auf jeden Fall hat Gott Menschen geschaffen, die mit Autorität ausgestattet sind, um in Beziehung zu leben – als sexuelle Wesen und als kreative Geschöpfe.
Die Korruption der Christen in Korinth im Licht der Schöpfung
Wenn wir nun diese vier Punkte betrachten und uns dann die Christen in Korinth anschauen, sehen wir, dass sie in jeder Hinsicht korrupt geworden sind. Schlagen wir dazu 1. Korinther Kapitel 1 auf. Wir wollen uns die gleichen vier Punkte ansehen und prüfen, wie die Christen in Korinth damit umgegangen sind.
Punkt Nummer eins: Sie haben nicht in guten Beziehungen miteinander gelebt. In 1. Korinther 1,10 und 12 schreibt Paulus an die Christen in Korinth: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig redet und keine Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seid.“
In Vers 12 heißt es weiter: „Ich meine aber dies, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber Christi.“
In dieser kleinen Gemeinde, die vermutlich nur etwa fünfzig Mitglieder hatte, gab es bereits vier Spaltungen. Eine Gruppe sagte, sie seien Nachfolger von Paulus. Eine andere meinte, Apollos sei der wichtigere Lehrer. Die Dritten behaupteten, Petrus sei der Fels, auf dem die Gemeinde stehe. Und die Vierten erklärten sich als alleinige Nachfolger Christi.
Schon in dieser ersten kleinen Kirchengemeinde gab es also Spaltungen, und Paulus spricht das hier deutlich an. Übrigens ist die Vielfalt der Konfessionen entweder unsere größte Stärke oder unsere größte Schwäche. Das hängt davon ab, ob man diese Vielfalt als Gottes Vielfalt versteht oder sich mit den Konfessionen gegenseitig ausspielt.
In Korinth war es jedenfalls nicht gesund; es gab Spaltungen. Die Beziehungen in dieser Gemeinde funktionierten also nicht gut.
Der zweite Punkt betrifft sexuelle Perversion in der Gemeinde. Schlagen wir 1. Korinther 5,1 auf. Dort schreibt Paulus: „Man hört, dass Unzucht unter euch ist, und zwar eine solche Unzucht, die selbst unter den Nationen nicht stattfindet, dass jemand die Frau seines Vaters hat.“
Das bedeutet, dass in dieser Gemeinde jemand mit seiner Stiefmutter geschlafen hat, obwohl sie mit dem Stiefvater verheiratet war.
Man muss wissen, dass es in Korinth damals schon sehr wilde Bräuche gab. Es gab sogenannte Tempelprostitution, bei der die Vereinigung mit einer Tempelprostituierten als heiliger, religiöser Akt galt – eine Praxis, die von Männern für Männer ausgeübt wurde.
Die Christen dachten wohl, wenn das für die Heiden gesund sei, könne es ihnen auch nicht schaden. So wurde diese sexuelle Perversion nicht nur toleriert, sondern sogar gefeiert. „Wir sind frei“, sagten sie, „ich kann mit meiner Stiefmutter Sex haben, ich bin ein freier Mensch, das ist Gnade.“
Der dritte Punkt betrifft Streitigkeiten unter den Glaubensgeschwistern. In 1. Korinther 6,1 spricht Paulus dieses Problem an: „Wenn jemand von euch einen Rechtsstreit mit dem anderen hat, wagt er es, vor den Ungerechten zu klagen und nicht vor den Heiligen?“
Paulus beschreibt hier, dass Christen vor ungläubige Richter ziehen, um ihre Probleme auszutragen. Anstatt sich zu vergeben, schaut jeder nur auf seinen eigenen Vorteil und will sein Recht durchsetzen, wenn es ihm möglich ist.
Der vierte Punkt findet sich in Kapitel 11, wo Paulus das Verhalten beim Abendmahl kritisiert. Das Abendmahl, das die ersten Christen gefeiert haben, war ursprünglich als Liebesfest gedacht, bei dem man in Liebe an den Herrn, an Kreuz und Auferstehung, gedenkt.
In 1. Korinther 11,17 heißt es: „Wenn ich aber Folgendes vorschreibe, so lobe ich nicht, dass ihr nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren zusammenkommt. Denn erstens höre ich, dass wenn ihr in der Gemeinde zusammenkommt, Spaltungen unter euch sind, und zum Teil glaube ich es.“
In Vers 21 schreibt Paulus weiter: „Denn jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg, und der eine ist hungrig, der andere ist betrunken.“
Das bedeutet, die Christen feierten das Abendmahl nicht in der Weise, wie es gedacht war. Damals gab es keine Hostien wie heute, sondern man aß und trank richtig. Einige nutzten das als Gelegenheit, sich voll zu essen und zu betrinken. Die, die später kamen, hatten dann nichts mehr.
Paulus sagt dazu: „Diese Katastrophe, Freunde, das ist nicht recht, was ihr da macht.“
So sah das Leben der Christen in Korinth aus.
Die paradoxe Heiligkeit der Christen in Korinth
Frage an euch: Angenommen, drei Straßen weit entfernt ist eine Kirchengemeinde an diesem Ort. Es ist eine Christengemeinde, doch viele der Mitglieder betrinken sich jeden Sonntag vor dem Gottesdienst. Man sieht sie regelmäßig vor Gericht in der Stadt. Das Leben ist sexuell pervers, und sie spalten sich ständig. Wie würdet ihr diese Christen nennen?
Und jetzt kommt die Überraschung: Wisst ihr, wie Paulus diese Christen nennt? Geht zurück zu 1. Korinther Kapitel 1. Er nennt sie die Heiligen – ihr seid Heilige. Lest mit mir:
1. Korinther 1, Vers 1: Paulus, berufener Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Sostenes, der Bruder, an die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen, samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn. Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Ich danke meinem Gott allezeit eueretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus. In ihm seid ihr in allem reich gemacht worden, in allem Wort und aller Erkenntnis, wie denn das Zeugnis des Christus unter euch gefestigt worden ist. Daher habt ihr an keiner Gnadengabe Mangel, während ihr das Offenbarwerden unseres Herrn Jesus Christus erwartet, der euch auch festigen wird bis ans Ende, so dass ihr untadelig seid an dem Tag unseres Herrn Jesus Christus.
Gott ist treu, durch den ihr berufen worden seid in die Gemeinschaft seines Sohnes, Jesus Christus, unseres Herrn.
Wisst ihr was? Das ist der Hammer bei der ganzen Sache. Er nennt diese Christen, über die er gerade beschreibt, Heilige – berufene Heilige. Was heißt heilig? Heilig heißt abgesondert oder ausgesondert für Gott. Paulus erinnert diese Christen in Korinth daran, was sie in Christus geworden sind: Ihr seid Heilige, ihr seid eigentlich beiseite gestellt für Gott. Das ist, was ihr seid.
Er gibt sie nicht auf. Er ermutigt und ermahnt sie, sich daran zu erinnern, wer sie in Jesus sind. Und es ist so gewaltig zu sehen, dass Gott dich nie, nie aufgibt. Das ist Gnade. Er ermutigt diese Christen, die bei weitem kein Vorbild sind, es besser zu machen, und er erinnert sie daran, wer sie in Jesus sind – nämlich Heilige.
Nur nebenbei: Das fasziniert mich. In den ersten neun Versen lesen wir achtmal den Namen Jesus Christus. Wisst ihr warum? Wenn wir dann Kapitel 12 und 14 lesen, haben sich die Korinther in den Gaben des Geistes verloren. Sie haben sich gestritten über die Gaben, was die bessere Gabe ist, was die beste ist und so weiter. Sie haben vergessen, dass all die Gaben auf Jesus Christus hinweisen.
Gaben sind gut, aber in den ersten neun Versen spricht Paulus nur über Jesus Christus. In den ersten sieben Versen lesen wir dreimal das Wort Gnade. Paulus geht nicht zurück zum Alten Bund. Er geht nicht zurück zur Religion, wo er sagt: „Aber wenn ihr so und so lebt, dann wird es kritisch mit euch.“ Er bleibt bei der Gnade. Er bleibt am Evangelium und erinnert sich daran, dass sie in der Gnade stehen.
Und in Vers 9, das ist einer meiner Lieblingsverse der ganzen Bibel, beschreibt er in einem Satz den Sinn des Christseins: „Gott ist treu.“ Haltet hier fest, was er sagt: Ihr seid es nicht, aber Gott ist es. Gott ist treu, durch den ihr berufen worden seid. Wozu? Dann müssen wir das unterstreichen: Wir sind berufen in die Gemeinschaft seines Sohnes, Jesus Christus, unseren Herrn.
Das ist der Sinn, Christ zu sein. Und darum bin ich so gerne Christ. Religion ist nicht mein Ding. Für Religion würde ich mich nicht hierher stellen. Aber ich stehe da als begnadeter Mensch, bei weitem nicht vollkommen, mit vielen Fehlern, so wie du – aber begnadigt.
Und in dieser Gemeinschaft darf ich jeden Tag leben, und das ist die größte Freude. Kein Muss, kein Zwang. Es ist ein Vorrecht, als Heiliger zu leben. Das ist die Botschaft vom Neuen Testament.
Gnade als Freiheit zur Gemeinschaft, nicht als Freibrief zur Sünde
Aber Gnade ist kein Freibrief, um zu sündigen. Genauso haben die meisten von euch keinen Führerschein.
Der Führerschein ist kein Freibrief, um Unfälle zu verursachen. Es stimmt, mit dem Führerschein kannst du einen Unfall haben. Mit deinem Führerschein wirst du vielleicht einmal einen Unfall haben. Aber der Führerschein gibt dir nicht das Recht, Unfälle zu verursachen.
Der Führerschein gibt dir die Freiheit, mit anderen Autofahrern rücksichtsvoll unterwegs zu sein. Das ist Gnade.
Gnade gibt uns das Vorrecht, mit anderen Geschwistern und mit den Menschen dieser Welt zusammenzuleben – in Gemeinschaft mit deinem Herrn.
Einladung zum Gebet und zur Annahme der Gnade
Und ich möchte einfach ein Gebet sprechen für uns alle. Vielleicht bist du an dem Punkt, an dem du erkennst, dass du Gnade missverstanden hast. Du hast Gnade als Freibrief zum Sündigen missverstanden. Aber das ist nicht Freiheit, und ich möchte das widerrufen. Ich möchte in Gemeinschaft mit Jesus leben.
Vielleicht gibt es jemanden, der sagt: Ich glaube, ich bin religiös unterwegs. Ich glaube, ich muss mir immer etwas bei Gott verdienen. Du kannst dir aber nichts bei Gott verdienen. Du kannst jeden Tag nur vor Gott kommen und sagen: Herr, ich bin ein Empfänger. Danke für deine Gnade, mehr brauche ich nicht. Und in dieser Freiheit zu leben.
Vielleicht ist heute Abend jemand da, der sagt: Ich glaube, ich kenne Jesus noch gar nicht. Dann kannst du ihn als Herrn und Heiland in dein Leben einlassen, dich begnadigen lassen an der Stelle, wo Trennung und Sünde sind. Versöhnung findet statt, und ihr könnt wieder zusammenkommen und lernen, in Liebe zu leben. Das ist eine wunderbare Sache.
Gott hat in meinem Leben schon viel verändert, und ich kenne so viele Menschen allein in meinem Bibelkreis, die alle eine Geschichte erzählen können, wie Jesus Christus ihr Leben verändert hat – in Freiheit, nicht in Zwang.
So möchte ich einfach gemeinsam beten. Jeder, der will, darf gerne mitbeten, leise in deinem Herzen. Gott hört es. Vielleicht stehen wir dazu auf.
Himmlischer Vater, danke, dass du gekommen bist und uns begnadigt hast. Nichts, das wir von uns aus erreichen, tun oder können müssten, sondern einfach das Empfangen deiner Gnade, der Versöhnung, die du in Jesus Christus erfüllt hast.
Herr, ich bekenne dir, dass ich bis heute ohne dich, getrennt von dir gelebt habe. Ich möchte ab heute gemeinsam mit dir leben, mit einem gnädigen Gott. Danke, Herr, dass ich nichts vorweisen muss, um bei dir zu sein. Du hast bereits alles vorgewiesen. In Dankbarkeit nehme ich dieses Gnadengeschenk an.
Herr, ich bete für jene, die vielleicht verhaftet sind im Gesetz und denken: Ja, du hast mich zwar lieb, aber du hast mich nicht wirklich gerne, weil bei mir nicht viel ist, was man gerne haben kann. Herr, ich bete, dass wir erkennen, dass du uns gerne hast, dass du verliebt bist in uns. Nicht weil wir liebenswert oder würdig sind, sondern weil du dich entschieden hast, uns zu lieben.
Danke, dass wir nicht wert oder würdig sein müssen, um von dir geliebt zu werden. Denn du hast uns geliebt, als wir noch gottlos waren. Du liebst uns um unseres Willens, nicht um unseres Benehmens willen. Dafür danke ich dir.
Ich bete um Freiheit für jene, die getrieben sind, ständig sich selbst Vorwürfe machen und nie gut genug erscheinen.
Vater, ich möchte auch für jene bitten, die vielleicht Gnade missbraucht haben und denken, Gnade sei ein Freibrief zu sündigen. Dabei werden wir wieder zu Sklaven. Lass uns entdecken, dass Gnade uns befähigt, in Gemeinschaft mit dir zu leben. Diese Gemeinschaft formt unser Leben und unser Verhalten – nicht weil wir müssten, sondern weil es immer zu unserem Besten dient.
Herr, es ist so ein Vorrecht, dich zu kennen. Ich kann dir nur danken und einladen, dass Menschen in dieser Verbindung und Gemeinschaft leben. Das wünsche ich mir. Möge es auch an diesem Wochenende geschehen, dass Menschen in dieser Freiheit und Freude zu dir finden.
Danke für diese Gemeinde, danke für die Menschen, die heute da sind. Du kennst und liebst jeden ganz besonders. Segne sie, Herr, und mach uns zum Segen. Amen.