Die Lehre der Apostel – Der zweite Korintherbrief Vers für Vers
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Heute geht es um den zweiten Korintherbrief, Kapitel 11, Verse 22 bis Kapitel 12, Vers 2.
Die Herausforderung durch falsche Apostel und Paulus’ Antwort
Weil die Korinther auf die Angeberei der falschen Apostel hereingefallen sind, spielt Paulus dieses Spiel der Angeberei für eine Weile einfach mit. Für ihn ist es Torheit und Dummheit, doch er muss sich vor diesen falschen Propheten auch nicht verstecken.
In 2. Korinther 11,22 sagt Paulus: „Sie sind Hebräer, ich auch; sie sind Israeliten, ich auch; sie sind Abrahams Nachkommen, ich auch.“
Er beginnt mit der Herkunft: Hebräer – wahrscheinlich hebräisch sprechend. Wenn sie außerhalb Israels aufgewachsen sind, ist das ein Ausdruck eines konservativen Denkens. Paulus kann sagen, dass er das ebenfalls ist. Israeliten, also Volk Gottes, Juden – auch das trifft auf ihn zu. Abrahams Nachkommen, Teil dieses Volkes der Verheißung, der gläubige Überrest, dem die Verheißung galt – auch Paulus gehört dazu.
In 2. Korinther 11,23 fährt Paulus fort: „Sie sind Diener Christi, ich rede unsinnig; ich über die Maßen, in Mühen umso mehr, in Gefängnissen umso mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft.“
Merkst du, was hier passiert? Wenn die falschen Apostel mit ihren geistlichen Abenteuern angeben, kann Paulus dagegenhalten. Mühen, Gefängnisaufenthalte, Schläge, Todesgefahren – all das hat er erlebt.
Details findest du in 2. Korinther 11,24-25: „Von Juden habe ich fünfmal vierzig Schläge minus einen bekommen, dreimal bin ich mit Ruten geschlagen worden, einmal gesteinigt, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten.“
Wir wissen, dass der Schiffbruch, den wir in der Apostelgeschichte kennenlernen, hier noch nicht eingerechnet ist, weil er erst noch kommt. Also hat Paulus bereits dreimal Schiffbruch erlitten. Einen Tag und eine Nacht hat er in Seenot zugebracht.
Die Realität von Paulus’ Leiden und seine Demut
Wenn man eines aus diesen Zahlen lernt, dann dies: Die Apostelgeschichte ist noch zurückhaltend bei der Beschreibung der Schwierigkeiten, die Paulus durchmachen musste. Wie leicht hätte er mit solchen Erfahrungen punkten können! Aber er tut es nicht.
Warum? Weil das, was ich für Gott durchmache, erst einmal uninteressant ist. Es sagt nichts über die Echtheit meiner Berufung aus. Diese hängt nämlich überhaupt nicht an meiner Leidensgeschichte.
Trotzdem ist es spannend, dass Paulus diese Dinge den Korinthern hier an dieser Stelle vielleicht zum ersten Mal sagt. In 2. Korinther 11,26 berichtet er: „Oft auf Reisen, in Gefahren von Flüssen“ – gemeint sind hier wahrscheinlich Furten –, „in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern.“
Versteht ihr: Wenn es darum geht, im Auftrag Gottes Schweres durchzumachen und Gefahren zu trotzen, dann kann Paulus umfassend mitreden. Da gibt es nicht viel, was er nicht an Widerstand und Schwierigkeiten durchgemacht hat. Er weiß aus erster Hand, was einem von Naturgewalten und von Menschen so alles angetan werden kann.
In 2. Korinther 11,27 schreibt er weiter: „In Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße.“
Das für mich Außergewöhnliche an dieser Liste ist die Tatsache, dass Paulus sich von all diesen Schwierigkeiten nicht hat davon abbringen lassen, Jesus immer weiter und weiter zu dienen. Er hatte nie genug davon, als Apostel Gottes so viele Entbehrungen und Leiden zu ertragen.
Die innere Belastung durch die Sorge um die Gemeinden
Und dabei sind die Probleme von außen nur eine Seite. Es gibt noch eine andere Seite.
In 2. Korinther 11,28 heißt es: „Außer dem Übrigen noch das, was täglich auf mich eindringt, die Sorge um alle Gemeinden.“ Hier sehen wir die Sorge um alle Gemeinden. Paulus sorgte sich wie ein Vater um die Gemeinden, die er gegründet hatte. Genau das belastete ihn psychisch, Tag für Tag.
Jeder, der ein wenig pastorale Verantwortung übernommen hat, weiß, wovon Paulus hier spricht. Es sind nämlich häufig nicht die Gemeinden als Ganzes, sondern einzelne Menschen, die uns Sorgen machen.
In 2. Korinther 11,29 sagt Paulus: „Wer ist schwach, und ich bin nicht schwach? Wer nimmt Anstoß, und ich brenne nicht?“ Hier beschreibt Paulus zwei Typen in der Gemeinde, die besondere Aufmerksamkeit brauchen, aber auch besonders viel Sorgen bereiten.
Das sind die Schwachen und die Sündigenden. Die Schwachen sind die noch Unreifen, denen es an Wissen fehlt, die leicht manipulierbar und verführbar sind und im geistlichen Leben Unterstützung brauchen. Paulus sorgt sich um sie, nimmt ihre Schwäche wahr und fühlt mit ihnen.
Dann gibt es die Sündigenden. „Wer nimmt Anstoß?“ Gemeint ist der Anstoß zur Sünde. Dort, wo Christen mit Sünde kämpfen, nimmt Paulus teil an ihrer Reue, an ihren Gewissensbissen und an ihrer Frustration. Für sie wünscht er sich Durchbruch, Selbstbeherrschung, Ausharren – einfach ein Leben als Überwinder.
Genau das, die Schwachen und die Sündigenden im Blick zu behalten, ist Hirtendienst.
Jetzt wird vielleicht auch ganz deutlich, warum Paulus die Angeberei der falschen Apostel so verwerflich findet. Sie spiegelt nämlich nicht das Vaterherz eines guten Gemeindegründers wider.
Gottes Kraft zeigt sich in menschlicher Schwäche
Paulus geht argumentativ einen Schritt weiter. Gottes Kraft offenbart sich in dieser Welt durch Schwäche, nicht nur durch Stärke. Wenn das stimmt, müsste man sich eher der eigenen Schwäche rühmen.
Genau so heißt es in 2. Korinther 11,30: „Wenn gerühmt werden muss, so will ich mich der Zeichen meiner Schwachheit rühmen.“ Das ist ein sehr starker Vers. Als Menschen suchen wir den starken Auftritt, den Moment, der uns in den Mittelpunkt stellt. Wir denken, dass gerade solche Momente Gott brauchen, um durch uns die Welt mit dem Evangelium zu erreichen. Aber das ist falsch!
Gott hat ein Kreuz gewählt, um Leben und Unvergänglichkeit ans Licht zu bringen. Und das werden wir noch lernen: Gottes Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung, nicht in Stärke.
Paulus erlebt dieses Prinzip von Beginn seines Dienstes an. In 2. Korinther 11,30-32 heißt es: „Der Gott und Vater des Herrn Jesus, der gepriesen ist in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge. In Damaskus bewachte der Statthalter des Königs Aretas die Stadt der Damaszener, um mich gefangen zu nehmen. Durch ein Fenster wurde ich in einem Korb durch die Mauer hinabgelassen und entrann seinen Händen.“
Merkt ihr, das ist keine Geschichte zum Angeben. Aber genau diese Flucht aus Damaskus steht symptomatisch für Gottes Wirken. Als Menschen suchen wir das Außergewöhnliche, das Besondere. Wir erwarten, dass Gottes Missionare auf außergewöhnliche Weise mit Ausstrahlung, Erfahrungen und großen Momenten gesegnet werden. Doch das ist falsch!
Gottes Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung. Paulus lernt dieses Prinzip schon ganz am Anfang seines Dienstes – in einem Korb sitzend, während er heimlich und nachts aus Damaskus flieht.
Lasst uns das nie vergessen: Gott braucht keine Helden. Ich sage es noch einmal: Gott braucht keine Helden, weil er selbst der Held seiner Geschichte geworden ist.
Paulus’ mystische Erfahrungen und ihre Bedeutung
Paulus geht noch einen Schritt weiter. Er tut dies vermutlich, weil sich seine Gegner mit ihren übernatürlichen Gotteserfahrungen und Offenbarungen gebrüstet haben. Er spricht über eigene Erfahrungen.
2. Korinther 12,1: „Gerühmt muss werden, zwar nützt es nichts, aber ich will auf Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn kommen.“ Wenn Paulus über mystische Erfahrungen spricht, dann nicht ohne vorher darauf hinzuweisen, dass solche Erfahrungen nicht nützlich sind. Berichte von himmlischen Erlebnissen fördern nicht das Reich Gottes, sie sind gefährlich.
Denn sie lenken den Blick von Gott weg und richten ihn auf den, der diese Erfahrungen gemacht hat. Außerdem setzen solche Erfahrungen voraus, dass sie echt sind und nicht einfach nur Scharlatanerie oder Einbildung. Sie fördern eine christliche Zweiklassengesellschaft und die Idee, dass es „die da oben“ gibt, mit dem besonderen Draht zu Gott, und „uns hier unten“. Wo diese Idee aufkommt und gelebt wird, ist mein Tipp: schnell weg, ganz schnell weg. Da ist nicht Gottes Geist am Werk.
Einen echten Apostel erkennt man nicht an der Menge seiner mystisch-ekstatischen Erlebnisse, sondern daran, wie er um die Seelen einzelner Menschen ringt. Wie er „in der Schwäche Gott groß macht“ und hinter dem Kreuz, das er predigt, verschwindet.
2. Korinther 12,2: „Ich weiß von einem Menschen in Christus, dass er vor vierzehn Jahren – ob im Leib, weiß ich nicht, oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht, Gott weiß es – bis in den dritten Himmel entrückt wurde.“ Paulus schreibt über sich selbst. Ja, die Argumentation würde sonst überhaupt keinen Sinn ergeben. Aber warum schreibt er so merkwürdig, in der dritten Person: „Ich weiß von einem Menschen“?
Es gibt verschiedene Erklärungsansätze. Es kann einfach sein, dass er damit die Erfahrung der Vision widerspiegelt. Vielleicht war für ihn das Erleben der Entrückung in den Himmel genauso, als hätte er einem anderen Menschen zugesehen. Es kann aber auch sein, dass er sich sprachlich von dem Erlebten ganz bewusst distanziert. Solche Erlebnisse wie diese Entrückung in den dritten Himmel sind absolut privat.
Für Außenstehende, die ihn als Apostel kennen, sind diese Erlebnisse eigentlich tabu. Sie gehören, wenn man so will, zu einem anderen Leben. Für sie ist der Entrückte wie ein anderer.
Warum wählt Paulus diese Episode, die vierzehn Jahre zurückliegt? Weil sie weit vor der Zeit der Gemeindegründung in Korinth stattfindet. Das bedeutet wiederum: Er war als Gemeindegründer monatelang in Korinth, aber er hat diese „Entrückung in den dritten Himmel“ nie erwähnt.
Dasselbe gilt übrigens für das Zungenreden. In 1. Korinther 14 sagt Paulus, dass er mehr als alle in Zungen redet, aber das Thema selbst erwähnt er nur, weil es als Streitthema aufkommt.
Zurück zu der Entrückung in den Himmel: Paulus war als Gemeindegründer monatelang in Korinth am Arbeiten, aber er hat nicht darüber geredet. Und daran sehen wir, dass sein Dienst als Apostel damit überhaupt nichts zu tun hat. Die Menschen haben sich durch seinen Dienst bekehrt, ja, aber nicht, weil er sie mit seinen himmlischen Erfahrungen beeindruckt hat. Es war Gottes Kraft, die in ihnen wirkte.
Genau deshalb formuliert Paulus hier so merkwürdig. Es ist nämlich nicht ihr Gründungsapostel, sondern nur ein Mensch in Christus, der etwas Außergewöhnliches erlebt hat. Deshalb lasst uns gut festhalten: Besondere Erfahrungen machen uns nicht besonders, auch wenn Menschen genau das denken.
Das war's für heute. Morgen geht es mit dem Zweiten Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
