Einführung in die Predigtreihe und kulturelle Herausforderungen
Ich begrüße euch ganz herzlich zum dritten Teil unserer Predigtreihe, einer kleinen dreiteiligen Predigtserie zum Thema „Jesus und das Alte Testament“ – wie der Herr Jesus über das Alte Testament gedacht hat.
Wir tun das, weil wir, die hier sitzen, ob uns das lieb ist oder nicht, viel zu sehr mit der Postmoderne verheiratet sind, als wir uns manchmal vor Augen halten. Wir sind Menschen, die durch die Gesellschaft, in der sie leben, daran gewöhnt wurden, ihr Innenleben viel zu ernst zu nehmen.
Das bedeutet wiederum, dass Ablehnung, die für uns als Christen eigentlich normal sein sollte – das, was Jesus normal nennt – für uns ganz schnell etwas ist, bei dem wir sagen: „Ey, bloß auf keinen Fall!“
Meine These seit zwei Predigten ist die folgende: Der postmoderne, psychologische Mensch ist viel zu sehr von Bestätigung abhängig, als dass das für ihn gesund sein könnte. Er ist deshalb so abhängig davon, dass andere ihn toll finden, weil er sich ganz wesentlich über sein Innenleben definiert. Er sagt: „Ich bin das, was ich fühle.“ Das ist das Problem. Das ist eine ganz neue Entwicklung.
Wer also ein bisschen Kulturgeschichte kennt, weiß, dass die Menschen in den Jahrhunderten und Jahrtausenden davor einfach die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hätten und gesagt hätten: „Was habt ihr euch da ausgedacht?“ Aber da stehen wir.
Deshalb darf ich dir folgende Frage am Anfang stellen. Das ist so eine Lackmustestfrage: Wenn du mal übermüdet bist, frustriert, ärgerlich oder ein bisschen down, welche Gedanken schießen dir dann in dem Moment durch den Kopf? Darf dein Bauchgefühl dir sagen, wie es dir als Person geht? Bestimmt dein Innenleben darüber, wie du über diesen Tag denkst?
Wenn du sagst: „Jo, das habe ich schon festgestellt, das kann so passieren,“ dann ist mein Tipp von hier vorne: Hör damit auf. Ich will nicht, dass du deine Gefühle ignorierst. Es gibt eine ganze Reihe über den Umgang mit Gefühlen auf YouTube von mir. Ich mag nur nicht, dass du sie zu einem Gradmesser für die Realität werden lässt.
Ein biblischer Gegenentwurf zur postmodernen Gefühlsorientierung
Deswegen habe ich dir einen Bibelvers mitgebracht, einen von den Versen, den man auch mal auswendig lernen darf – logischerweise, Zahlen 43, Vers 5.
Das ist mein Vers gegen das Thema Postmoderne. Dort heißt es: „Was bist du so aufgelöst, meine Seele, und was stöhnst du in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihn noch preisen, das Heil meines Angesichts und meinen Gott.“
Der Vers taucht, wenn ihr ihn sucht, fast dreimal in den Psalmen auf. Und das ist gesundes Menschsein, das, was ihr hier lest. Gesundes Menschsein heißt: Es gibt diesen Moment, wo mein Hirn meinen Bauch in Schranken weist.
Hier steht Kopf an Seele. Achtung, man aufgepasst: Jetzt ist Schluss mit aufgelöst sein. Wir brauchen solche Momente, in denen unser Kopf unserem Bauch mal sagen darf: „Hey, jetzt ist Schluss, du hast Gott auf deiner Seite. Was willst du bitteschön noch mehr? In deinem Leben gibt es Sinn, es gibt Kraft, es gibt Hoffnung. Jetzt hör auf zu jammern.“
Das ist das, was der Psalmist hier zum Ausdruck bringt: dass er solche Momente hat und dass er sagt: Ja, das muss ich. Manchmal muss ich mir selber sagen: Schluss. Schluss, weil wir einen Job zu erledigen haben. Da sind noch Menschen, die verloren gehen. Jetzt mal Schluss mit Jammern.
Wie gesagt, das ist gesundes Menschsein. Wir haben das Problem, dass wir in einer Zeit leben, die das nicht mehr fördert. Deswegen stehen wir als Menschen, die tendenziell zu abhängig sind von ihren Gefühlen, in einem Konflikt.
Der Konflikt zwischen Bestätigungssuche und biblischer Autorität
Der Konflikt besteht darin, dass wir einerseits Bestätigung suchen. Eigentlich würde ich sogar sagen, dass wir diese Bestätigung brauchen – die Bestätigung der Gesellschaft, dieses „Du bist toll, ich sehe dich“.
Doch in dem Moment, in dem wir die Bibel ernst nehmen und einen konservativen Weg einschlagen, bekommen wir Gegenwind. An dieser Stelle kommt uns die sogenannte Bibelwissenschaft entgegen. Sie versteht es auf meisterhafte Weise, so zu tun, als müssten wir uns bei der Auslegung der Bibel zwischen Wissenschaftlichkeit und Leichtgläubigkeit entscheiden.
Es wird eine Spannung aufgebaut zwischen Vernunft und Glauben. Ich möchte euch von hier vorne sagen: Lasst euch das nicht einreden, wenn jemand kommt und sagt, du kannst doch nicht die Bibel als Gottes Wort betrachten, das sei total unvernünftig und unlogisch. Die Antwort lautet: Nein.
Wenn es um Vernunft und Logik geht, habe ich als Naturwissenschaftler auch ein bisschen Ahnung, und ich sage euch: Nein. Wenn wir Bibelwissenschaft betreiben, wenn wir die Bibel auslegen, müssen wir zwei Dinge zusammenbringen: Vernunft und Glauben. Wir müssen immer verstehen, dass beides eine Einheit bildet.
Gerade weil wir so vorgehen und an die Bibel mit der Kraft unseres Verstandes herangehen – ich zumindest tue das – werde ich vielleicht von manchen Leuten etwas komisch angesehen. Sie sagen: Du kannst doch nicht die Bibel so nehmen, wie sie da steht. Du kannst doch nicht denken, dass die Bibel wirklich das sagt, was sie sagt. Doch, das kann ich.
Und ich sage euch auch warum: Ich kann das tun, weil ich an einer Stelle mit der sogenannten Bibelwissenschaft nicht einverstanden bin. Bibelwissenschaft, wie sie an den Universitäten gelehrt wird, startet mit einem Glauben. Wir starten alle mit Glauben, übrigens. Jeder hat irgendwo am Boden seines Denkens etwas, das er nicht mehr begründen kann, wo er einfach sagt: Ich glaube, dass das so ist.
Ganz am Boden der Universitätstheologie steht der Glaube an die Bibel als Menschenwort. Dort startet man. Und da sage ich: Sorry, bei diesem Glauben – und ich formuliere bewusst Glaube, weil eine These dahintersteht, nämlich die These, dass die Bibel nicht Gottes Wort, sondern Menschenwort ist – da glaube ich eben nicht mit. Das glaube ich nicht.
Nur weil die Bibel von fehlbaren Menschen geschrieben wurde, heißt das nicht, dass sie eine Sammlung theologischer Meinungen ist. Deshalb kann ich nicht mitgehen, wenn mir die Universitätstheologie anbietet, mit der Bibel gegen Jesus zu argumentieren.
Und genau deshalb, weil ich das wirklich für großen Quatsch halte, haben wir uns diese Reihe angetan.
Jesus’ Umgang mit dem Alten Testament: Geschichtlichkeit und Autorität
Und deswegen war es beim letzten Mal so wichtig, dass wir uns die Frage gestellt haben: Wie schaut Jesus eigentlich aufs Alte Testament? Was ist denn bei dem Thema Geschichtlichkeit? Wie geht er damit um?
Wir haben gesehen, dass Jesus voraussetzt, dass es sich bei den historischen Erzählungen des Alten Testaments um Tatsachenberichte handelt. Ich möchte heute noch eins drauflegen, damit ihr versteht, was da im Raum steht, wenn Jesus mit dem Alten Testament umgeht.
Ich möchte über die Autorität sprechen, welche Autorität Jesus dem Alten Testament beimisst, und am Ende darüber, wen er für den Autor hält. Ja, man kann die beiden Fragen schwer voneinander trennen, das werdet ihr gleich merken.
Fangen wir mit der ersten Frage an: Autorität. Autorität zu haben heißt, ich darf einem anderen etwas sagen. Erinnern wir uns ganz kurz an die Auseinandersetzung des Herrn Jesus mit den Pharisäern. Das zieht sich ja durchs ganze Neue Testament, immer wieder streiten sie sich.
Was ist der Vorwurf, den der Herr Jesus den Pharisäern macht? Wirft er ihnen vor, dass sie sich zu viel mit dem Alten Testament beschäftigt haben? Die Antwort lautet: Nein.
Das ist so irre! Er wirft den konservativen Theologen seiner Zeit nicht vor, dass sie sich zu viel mit der Bibel beschäftigen, sondern dass sie nicht genug mit den Texten des Alten Testaments nachgedacht haben. Sie haben nicht tief genug auf diesen Texten herumgekaut, um herauszufinden, worum es dabei eigentlich geht.
Jesus’ Kritik an den Pharisäern und Sadduzäern
Es sind die Konservativen, die den Vorwurf bekommen. Schauen wir uns das in Matthäus 23, Vers 23 an. Dort heißt es: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler, denn ihr verzehntet die Minze, den Dill und den Kümmel und habt die wichtigeren Dinge des Gesetzes beiseitegelassen: das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Diese hättet ihr tun und jene nicht lassen sollen.“
Merkt ihr? „Diese hättet ihr tun und jene nicht lassen sollen“ bedeutet, dass Jesus sich voll auf die Seite des Alten Testaments stellt. Er sagt, ihr habt nicht zu viel getan, sondern ihr habt das Wesentliche nicht getan. Das ist der Vorwurf, den er hat.
Oder Matthäus 23, gleiches Kapitel, am Anfang die Verse 2 und 3. Da sagt Jesus: „Auf Moses’ Lehrstuhl haben sich die Schriftgelehrten und die Pharisäer gesetzt. Alles nun, was sie euch sagen, tut und haltet, aber handelt nicht nach ihren Werken; denn sie sagen es und tun es nicht.“ Also nehmt euch bitte kein Vorbild an ihrem Verhalten, aber merkt euch genau, was sie predigen.
Das ist der Hammer, oder? Wir merken, wie der Herr Jesus hier das Alte Testament kein bisschen kleinredet. An anderer Stelle sagt er sogar: „Wer nun eins dieser geringsten Gebote auflöst und so die Menschen lehrt, wird der Geringste heißen im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, wird groß heißen im Reich der Himmel.“
Nochmal: Wogegen sich der Herr Jesus immer wieder richtet, ist, dass Menschen dem Text des Alten Testaments etwas hinzufügen. Er nennt das dann die „Gebote von Menschen“. Oder er ist total dagegen, wenn Menschen zwar den Text des Alten Testaments lesen, aber hinter den Geboten nicht die Prinzipien entdecken. Wenn sie mit so einer wortwörtlichen Pseudoerfüllung, so einer Pseudogerechtigkeit zufrieden sind und eigene Gebote aufstellen, ist er total dagegen. Nicht wirklich nachzudenken, was Gott meint, ist aber genauso schlimm.
Das sind die Angriffspunkte, die Jesus in seiner Zeit hatte. Aber er greift nicht das Alte Testament an.
Übrigens: Noch schlimmer als die Pharisäer, also die Konservativen, sind die Sadduzäer. Das sind die Liberalen. Die Sadduzäer glauben nicht an die Auferstehung.
Dann kommt eine Fangfrage. Wie antwortet Jesus auf diese Fangfrage? Matthäus 22, Vers 29: „Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt, weil ihr die Schriften nicht kennt, noch die Kraft Gottes.“
Also: Eure Theologie ist falsch, weil ihr die Schriften, sprich das Alte Testament, nicht kennt – nicht kennt im Sinne von nicht ernst nehmt. Und weil ihr die Schriften nicht ernst nehmt, verwerft ihr die Idee von Auferstehung. Ihr zeigt damit auch, dass ihr keine Ahnung von Gott habt. Ihr kennt Gott nur im Rahmen eures Vorstellungsvermögens. So, als müsste Gott sich an das halten, was ihr euch vorstellen könnt. Wenn ihr euch Auferstehung nicht vorstellen könnt, gibt es keine Auferstehung.
Merkt ihr jetzt, was für ein Quatsch das ist? Und zwar übrigens bis heute.
Vernunft und Glaube im Umgang mit der Bibel
Ich hoffe, ihr versteht, wie der Herr Jesus hier in Bezug auf die Autorität des Alten Testaments vorgeht. Das Problem, das er aufzeigt, ist niemals die Vernunft. Es ist ganz wichtig, das zu verstehen. Jesus hat kein Problem damit, wenn wir die Bibel studieren, lesen und dabei unsere grauen Zellen wirklich anstrengen. Das sollten wir unbedingt tun. Ich bin da hundertprozentig dafür.
Ihr hört ja bei mir, wenn ihr sagt: „Ich möchte mehr, führe mich tiefer hinein, lass mich kompliziertere Dinge lernen.“ Kommt her, dann können wir alles haben. Wirklich, ich bin total dafür. Und genau dieses „Ihr denkt nicht genug nach“ ist der Vorwurf an die Pharisäer. Ihr habt das Wesentliche übersehen. Wir sollen Vernunft gebrauchen, das ist ganz wichtig. Aber Vorsicht: Wir müssen beim Studium der Bibel immer die Grenzen unserer Vernunft bedenken.
Wenn wir die Bibel studieren, müssen wir uns immer vor Augen halten, mit wem wir es da eigentlich zu tun haben. Ich meine, wenn wir die Bibel studieren, ist Gott einfach mal immer noch Gott. Und jetzt verrate ich euch hoffentlich kein Geheimnis: Gott darf anders sein. Deswegen ist es grundlegend falsch, wenn wir denken, dass in der Bibel nur das wahr ist, was unseren alltäglichen Erfahrungen nicht widerspricht. Falsch! Gott darf anders sein!
Das heißt, es gibt Raum für eine Jungfrauengeburt, Raum für die Auferstehung, definitiv auch für ein Sühneopfer und sogar für ein jüngstes Gericht. Nur weil du das nicht jeden Tag erlebst, heißt das noch lange nicht, dass es nicht irgendwann passiert ist oder passieren wird.
Wenn wir uns die Frage stellen, welche Autorität der Herr Jesus dem Alten Testament zuweist, dann stellen wir sofort fest: Für ihn ist es die absolute Quelle von Ethik.
Das Alte Testament als ethische Richtschnur
Wenn du dich fragst: „Wie soll ich leben?“, dann schau ins Alte Testament. In Matthäus 19 kommt jemand zu Jesus, der gerne ewiges Leben haben möchte. Der Herr Jesus sagt zu ihm: „Wenn du aber ins Leben hineinkommen willst“ (Matthäus 19,17), „so halte die Gebote.“
Welche Gebote sind das? Jesus spricht zu ihm: „Du sollst nicht töten, du sollst nicht Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis geben, ehre den Vater und die Mutter, und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Woher hat Jesus diese Gebote? Natürlich aus dem Alten Testament. Wenn du ewiges Leben möchtest und wissen willst, wie man so lebt, dass man zum ewigen Leben kommt, dann nimm erst einmal die Gebote. Fang damit an, denn sie gelten.
Diese Gebote stammen direkt aus den Zehn Geboten beziehungsweise aus einem Gebot aus dem Dritten Mose. Es gibt keinen Hinweis von Jesus, dass hier etwas nicht mehr gilt oder dass er nichts mehr dazu zu sagen hätte. Jesus hat eine sehr positive Sicht auf das Alte Testament. Er sagt, die Schrift – also das Alte Testament – kann nicht aufgelöst werden.
Zum Beispiel in Johannes 10,34-35 sagt Jesus, etwas aus dem Zusammenhang gerissen: „Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: ‚Ich habe gesagt, ihr seid Götter‘? Wenn er jene ‚Götter‘ nannte, an die das Wort Gottes erging, und die Schrift kann nicht aufgelöst werden.“ Hier werden – warum auch immer, das ist heute nicht so wichtig – Menschen als „Götter“ bezeichnet.
Das ist eine ungewöhnliche Formulierung, man darf sich darüber wundern, aber eines darf man nicht: die Schrift auflösen. Manchmal steht man vor Texten und denkt, „Solche Texte gibt es?“ Ich habe immer ein, zwei Verse, die ich gerade auswendig lerne. Mal sehen, was daraus noch wird. Vielleicht glaubt man noch nicht, dass man alles versteht. Das ist auch gar nicht nötig. Lerne die Dinge auswendig, denke darüber nach, hab Spaß daran. Aber eines darfst du nicht: die Schrift auflösen.
Jesus ist grundsätzlich dagegen, dass wir Gebote einfach streichen, nur weil wir sie nicht verstehen, sie uns nicht passen, sie nicht dem Zeitgeist entsprechen oder aus anderen Gründen.
In Lukas 16,17 sagt Jesus: „Es ist aber leichter, dass der Himmel und die Erde vergehen, als dass ein einziges Strichlein des Gesetzes wegfällt.“
Das ist doch mal eine klare Ansage. Sind Himmel und Erde noch da? Ja, also haben wir doch die Antwort: Jesus ist wirklich gegen das Auflösen der Gebote. Das hat Autorität. Da ist etwas, das gilt und das mir etwas zu sagen hat.
Als kleiner Hinweis: Es ist wichtig, die Schrift sauber auszulegen. Das will ich immer dazu sagen. Aber eine saubere Auslegung bestätigt, dass die Gebote gültig bleiben.
Jesus’ ernste Kritik an menschlichen Überlieferungen
Hört euch mal die Ernsthaftigkeit an! Hier tritt Jesus den Pharisäern, den Theologen seiner Zeit, noch einmal entgegen. In Markus Kapitel 7 versucht er, die Ernsthaftigkeit ihres Handelns zu verdeutlichen.
Stell dir vor, du wärst damals einer von ihnen, und Jesus kommt zu dir und sagt Folgendes: In Markus 7,6 heißt es: „Er aber sprach zu ihnen...“ Es sind diese theologisch Konservativen, die eigene Gebote erfunden haben. Und jetzt spricht Gott sie direkt an und sagt: „Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht.“
Dann folgt das Zitat aus Jesaja. Stell dir vor, du erlebst es, wie Gott zu dir kommt und sagt: „Gott hat über dein Leben geweissagt. Ich lese dir vor, was Jesaja über dich gesagt hat: ‚Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.‘“
Hier greift Jesus zurück und zeigt die Ernsthaftigkeit, mit der sie unterwegs sind. Das Fazit in Vers 8 lautet: „Ihr gebt das Gebot Gottes preis und haltet die Überlieferung der Menschen fest!“ Das ist ein klarer Vorwurf. Das Gebot Gottes hat Autorität, doch damit wollen sie nichts zu tun haben. Stattdessen halten sie an ihren eigenen Geboten fest, die sie nach ihrem eigenen Verstand erfunden haben – vielleicht mit dem Selbstbewusstsein eines IQ von hundertfünfzig.
Versteht ihr? Das ist absurd! Etwas später wirft Jesus denselben Leuten vor, dass sie das Wort Gottes durch ihre Überlieferungen, also durch diese Menschengebote, ungültig gemacht haben.
Für Jesus ist es ein Unding, zum Alten Testament Gebote hinzuzufügen, und ebenso ein Unding, Dinge daraus wegzustreichen.
Die Autorität des Alten Testaments im Gleichnis vom reichen Mann und Lazarus
Oder gehen wir noch einen Schritt weiter. Ihr erinnert euch an das Gleichnis vom armen Lazarus und dem reichen Mann? Der reiche Mann findet sich nach seinem Tod in einer Art Vorhölle wieder. Er weiß zumindest, dass er dieses Leben verbockt hat. Das war es also nicht.
In ihm reift nun der Wunsch, weil es ihm so schlecht geht: Könnte nicht irgendeiner noch einmal zu seinen Brüdern gehen und ihnen sagen, dass sie, wenn sie so weiterleben wie bisher, genau an diesen Ort der Qual kommen werden?
In dem Gleichnis antwortet Abraham dann zu diesem reichen Mann (Lukas 16): „Abraham aber spricht: Sie haben Mose und die Propheten, mögen sie die hören.“ Er aber sprach: „Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen geht, so werden sie Buße tun.“
Jetzt hört euch den Vers an: Jesus sagt, er sprach aber zu ihm: „Wenn sie Mose und die Propheten nicht hören, so werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.“
Das ist Autorität pur. Hör auf das, was im Alten Testament steht, oder nichts und niemand kann dich retten. Brutal, oder? Ich habe das selber noch nie so hintereinander weg gepredigt, wenn man sich die ganzen Dinge raussucht. Wahnsinn!
Jesus und die Wahrheit des Alten Testaments in der Versuchung
Und wir könnten jetzt an dieser Stelle weitermachen. Lest einmal das Neue Testament durch, und achtet dabei besonders auf die Hinweise, die zeigen, dass Jesus das Wort Gottes, also das Alte Testament, sehr ernst nimmt.
Ihr kommt dabei an die Versuchung in der Wüste. Ja, dort erscheint der Teufel. Was sagt er? Er sagt: „Es steht geschrieben“ – und dann zitiert er aus dem Alten Testament. Mehrfach wiederholt er diesen Satz: „Es steht geschrieben“ – immer mit einem Zitat aus dem Alten Testament.
Warum macht er das? Weil er weiß, dass dort Wahrheit enthalten ist. Und Jesus braucht diese Wahrheit, um die Lüge zu kontern. Er kann nicht einfach mit irgendetwas antworten, das sich jemand irgendwann mal ausgedacht hat.
Was passiert, wenn du sagst: „Ich bringe ein Zitat aus dem letzten Fix und Foxy-Comic“? Das wird dir nichts bringen, wenn der Teufel kommt. Du brauchst Wahrheit, etwas, das Kraft und Autorität hat – etwas, hinter dem Gott steht.
Die Autorität des Alten Testaments nach der Auferstehung
Oder Auferstehung – letzter Hinweis zu dem Thema Autorität, weil ich ihn so gut finde. Ich habe den Vers so gefeiert, dass ich ihn gleich auf die Liste der auswendig zu lernenden Verse gesetzt habe. Er war einfach so gut.
Hier, nach der Auferstehung: Der auferstandene, verherrlichte Mensch Christus Jesus trifft auf die Anführer seiner neuen Christusbewegung. Er ist gerade auferstanden. Und jetzt fangen sie an, sich miteinander zu unterhalten.
Emmaus-Jünger, für die, die dies nachlesen wollen: Lukas 24,25. Die Jünger sind total niedergeschlagen, weil ihr Rabbi, ihr Vorbild, derjenige, von dem sie sich alles erhofft haben, tot ist. Aber da gibt es dieses Gerücht, da soll etwas passiert sein. Die Frauen waren da, sie haben gesagt, er ist auch auferstanden – Frauen!
Ich verstehe das ja, man glaubt es nicht gleich. Jetzt treffen sie auf diesen Fremden. Lukas 24,25: „Und er sprach zu ihnen…“ Wie gesagt, ein Vers zum Auswendiglernen. Lasst ihn euch auf der Zunge zergehen: „Ihr Unverständigen und im Herzen zu träge, an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben.“
Das ist die Haltung Jesu zum Alten Testament. Wenn du dich fragst, welche Autorität das Alte Testament für Jesus hat: Na ja, es ist einfach mal der Standard, es ist einfach mal Wahrheit. Und wenn du nicht glaubst, dann bist du einfach mal dumm und faul.
„Ihr Unverständigen und im Herzen zu trägen“ – das ist so herrlich, das bringt es so wunderbar auf den Punkt. Und natürlich diese Wertschätzung für das Alte Testament hat ganz wesentlich damit zu tun, dass der Herr Jesus hinter dem Alten Testament als Autor Gott vermutet, Gott weiß.
Der Autor des Alten Testaments: Gott als inspirierender Geist
Wer ist der Autor des Alten Testaments? Diese Frage stelle ich nicht einmal als solche für den Kindergottesdienst, weil die Antwort so banal und simpel ist: Es ist Gott.
Gott nimmt reale Menschen, inspiriert sie durch seinen Heiligen Geist, und diese Menschen schreiben Texte – inspirierte Texte, die das Wort Gottes sind. Waren diese Menschen sündlos? Nein, ganz im Gegenteil. Mose war Mörder, David war Ehebrecher und Mörder. Das Interessante daran ist, dass wir genau davon lesen, was sie alles angestellt haben. Das ist ungewöhnlich. In der Antike hätte man Könige und Vorbilder immer in den schillerndsten und positivsten Farben dargestellt. Die Bibel hingegen zeigt es sehr realistisch.
Nun passiert Folgendes: Gott benutzt Menschen, die ganz normale Menschen sind. Gottes Geist wirkt durch sie, um etwas hervorzubringen, was im Neuen Testament von dem Herrn Jesus als Schrift bezeichnet wird. Ein Beispiel dafür ist Psalm 110, das wir in Markus 12 finden.
Wir greifen also ins Alte Testament und schauen uns an, wer für den Herrn Jesus der Autor des Alten Testaments ist. Dort heißt es, dass David selbst im Heiligen Geist gesprochen hat. Zitat Psalm 110: "Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege."
Das ist die Idee von Schrift: David sagt etwas, aber es ist der Geist Gottes, der durch David diese Dinge aufschreiben lässt. David spricht quasi als inspirierter Schreiber der Schrift, eben im Heiligen Geist.
Wir können dieses Konzept auf alle anderen Zitate aus dem Alten Testament übertragen. Es macht auch viel Sinn: Wenn der Herr Jesus etwas zitiert, sagt er an einer Stelle: "Denn Mose hat gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter." Dieses Zitat gewinnt seine Autorität durch Mose. Nicht dadurch, dass irgendein Ziegenhirte irgendwann mal etwas gesagt hat, sondern weil Mose gesagt hat – und dahinter steht die Idee, dass Gott durch diesen Propheten gesprochen hat.
Es ist total spannend, sich das zu Ende zu denken: Gott schreibt mir ein Buch und benutzt dafür Menschen. Das ist total irre. Überlege mal: Du liest das Alte Testament und weißt, dass genau das das ist, was Gott dir sagen wollte. Es ist nicht immer einfach zu lesen, nicht immer macht es sofort "klick", manchmal braucht es ein bisschen Zeit. Aber Gott spricht durch einen Text in dein Leben hinein.
Das ist die Quintessenz von Schrift.
Die Bedeutung von Gottes Wort für die Sadduzäer
Hört euch das an, Matthäus 22, da wird es deutlich. In Matthäus 22, ab Vers 31, geht es wieder gegen die Sadduzeer, also jene, die nicht an die Auferstehung glauben.
Was aber die Auferstehung der Toten betrifft, habt ihr nicht gelesen, was zu euch geredet ist von Gott, der da spricht: "Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs." Die Sadduzeer kommen, glauben nicht an die Auferstehung, formulieren eine Fangfrage und wollen Jesus reinlegen. Die Antwort von Jesus hatten wir ja vorhin schon: Ihr kennt weder die Schriften noch die Kraft Gottes.
Hier heißt es also: Was aber die Auferstehung der Toten betrifft, habt ihr nicht gelesen, was zu euch geredet ist von Gott, der da spricht: "Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs." Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.
Ihr habt hier die Quintessenz der Schrift vor Augen: Gelesen, was zu euch geredet ist von Gott. Bitte versteht, was hier steht. Der Vorwurf geht an Leute, die 1500 Jahre nach Mose leben. Jesus sagt: Hast du nicht gelesen? Du kannst dich jetzt mal kurz als den Sadduzeer sehen. Hast du nicht gelesen, was Gott zu dir gesprochen hat in diesem alttestamentlichen Zitat?
Das ist die Quintessenz der Schrift. Ich habe einen Text, den Gott schreibt, um über die Zeit hinweg nicht nur ins Leben der Sadduzeer, sondern auch in mein Leben hineinzusprechen. Das ist Schrift.
Der Schriftbegriff wird dann im Neuen Testament noch einmal erweitert, auch um die Schriften der Apostel. Das ist aber jetzt nicht unser Thema.
Die Inspiration der Schriften und ihre Bedeutung
Der Herr Jesus betrachtet die Schriften, also das Ergebnis eines inspirierten Schreibprozesses, als inspiriert. Entscheidend ist, dass nicht die Schriftsteller selbst, sondern die Schriften inspiriert sind.
Es ist wichtig, dass wir diesen Unterschied verstehen: Die Schriften – das heißt der Inhalt, der letztlich entstanden ist – sind inspiriert und verdienen unsere Aufmerksamkeit.
Diese Schriften sind deshalb inspiriert, weil ihr Entstehungsprozess vom Heiligen Geist geleitet wurde.
Vergleich von alttestamentlichen Texten und Jesu Zitaten
Und dann möchte ich euch zum Abschluss noch zwei Stellen kurz zeigen. Ich nehme jetzt einfach mal eine Stelle aus dem Ersten Buch Mose, Kapitel 2. Ich lese ein bisschen mehr, als angezeigt wird. Achtet darauf, wie Vers 24 in den Kontext eingebunden ist.
Ihr kennt den Text, die meisten von euch jedenfalls: „Da ließ der Herrgott einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er einschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Der Herrgott baute die Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, zu einer Frau, und er brachte sie zum Menschen. Da sagte der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Mann heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden zu einem Fleisch sein. Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht.“
Wenn ihr das lest, gewinnt man den Eindruck, es ist eine Art redaktioneller Einschub. Es ist die Schaffung der Frau, Mann, Frau – und jetzt geht es um das Thema Ehe. Hier wird Ehe definiert: ein Mann, eine Frau, zusammen, mit Leben und so weiter. Es ist wie ein redaktioneller Einschub, der in den Prozess der Erschaffung der Frau eingebunden wird.
Darum wird ein Mann – weil sie ursprünglich einmal eins waren – durch die Ehe wieder eins.
Jetzt schauen wir uns eine zweite Stelle an, aus Matthäus 19, wo genau dieser Text zitiert wird. Ich möchte, dass ihr die Unterschiede wahrnehmt.
Im Alten Testament spricht Gott in diesem Text nicht explizit, es steht einfach nur so da. Aber jetzt kommt Matthäus 19. Auch hier lese ich wieder ein bisschen mehr: „Und Pharisäer kamen zu ihm, versuchten ihn und sprachen: ‚Ist es einem Mann erlaubt, aus jeder beliebigen Ursache seine Frau zu entlassen?‘ Er aber antwortete und sprach: ‚Habt ihr nicht gelesen, dass der, welcher sie schuf, sie von Anfang an als Mann und Frau schuf und sprach: Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und es werden die zwei ein Fleisch sein?‘“
Ich hoffe, ihr versteht das im zweiten Teil dieses Verses, Vers 5. Im Alten Testament gibt es kein wörtliches Reden Gottes an dieser Stelle. Es ist wie ein redaktioneller Einschub. Aber natürlich kann der Herr Jesus, wenn er das Alte Testament zitiert, sagen: „Das, was du da liest, das ist die Ansprache Gottes an dich. Gott sprach.“
Und warum kann Jesus das so formulieren? Ganz einfach: Weil das ganze Alte Testament vom Heiligen Geist inspiriert ist. Gott spricht deshalb auch dort, wo er nicht direkt spricht.
Schlussfolgerung: Das Alte Testament ernst nehmen
Und lasst uns – denn das ist jetzt der Schluss dieser Reihe – das mitnehmen, wenn wir das Alte Testament lesen.
Wir leben in einer Zeit, die sagt, das sind alles nur Mythen und Legenden. Man müsse dem nichts glauben und habe die Freiheit, zu glauben, was man will. Es gibt eine Zeit, in der uns eingeredet wird, dass man sogar mit Jesus gegen das Alte Testament argumentieren könnte.
Ich hoffe, ihr habt an der Menge der Beispiele gesehen – und das ist bei weitem noch nicht alles –, dass das mit Jesus nicht geht. Das funktioniert nur, wenn ich den Jesus der Bibel verändere. Der Jesus der Bibel, so wie er von den Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes dargestellt wird, ist einer, der das Alte Testament als Tatsachenberichte ansieht, wenn es um die Geschichtlichkeit geht.
Wenn es um die Autorität geht, sagt er ganz klar: Du hörst darauf und lebst, oder du lässt es und stirbst. Er ist jemand, der ganz klar sagen kann: Da, wo das Alte Testament redet, da sprechen formal Menschen, weil der Heilige Geist sie benutzt hat. Aber lies es bitte so, als hätte Gott zu dir gesprochen, denn das ist, was Jesus sich wünscht.
Auf diesem Niveau möchte ich gerne mit viel Vernunft, Akribie und sauberer Hermeneutik die Bibel studieren. Ich möchte herausfinden, was möglich ist, was man sagen kann und was zum Leben taugt. Und ich möchte euch gerne dafür gewinnen, dass ihr das genauso tut.
Ich kann nach über dreißig Jahren Christsein sagen: Es lohnt sich, das Alte Testament ernst zu nehmen. Es lohnt sich besonders auf der Ebene der praktischen Theologie und der Moral.