Herr Präsident! Lassen Sie uns versuchen, wieder in die Gedanken des Paulus einzutauchen. Er befindet sich in Mazedonien, hat dort endlich Titus getroffen und von ihm Nachrichten über das Werk der Gemeinde in Korinth erhalten. Manche Nachrichten freuten ihn sehr, andere hingegen bereiteten ihm Sorgen.
Er schreibt diesen Brief, um einerseits diese negativen Einflüsse zurückzudrängen und gleichzeitig die Treuen zu stärken. Das ist keine leichte Aufgabe.
Wir haben gesehen, wie er in Kapitel 3 und 4 von seinem Dienst spricht und von der Herrlichkeit dieses Dienstes, besonders in Kapitel 4, Vers 6.
Die Macht des Evangeliums und die Schwäche der Werkzeuge
Dieser Vergleich zeigt, dass Gott in der Schöpfung durch sein Wort, sein gebietendes Wort, Licht in das Dunkel brachte. In diese ungeformte Masse brachte er Ordnung. Genau so bringt das Evangelium Licht in ein Leben, das durch die Sünde finster geworden ist. Es ist ein Chaos geworden, und das Evangelium bringt Ordnung hinein.
Es ist wirklich Gottes Macht, die sich hier entfaltet. Damit dies deutlich und sichtbar wird und Gott alle Ehre bekommt, sorgt er dafür, dass die Werkzeuge, die Gefäße, schwach sind. So soll niemand auf den Gedanken kommen, es liege an der Bildung, an der Intelligenz, an der Redekunst, am Vermögen oder am Geld, an den Ressourcen des Menschen.
Gott sagt im Alten Testament, dem Propheten Jesaja, eine kategorische Deklaration: „Ich bin der Herr, und meine Ehre gebe ich keinen anderen.“ Gott tut es nicht, er gibt seine Ehre niemand anderem.
Paulus wird sich gefragt haben – hätten wir ihn gefragt –, warum er von seinem Dienst und der Herrlichkeit dieses Dienstes spricht und dann von diesen schwachen Gefäßen redet. Vielleicht hätte er uns gesagt: „Ich kann es fast nicht begreifen, dass die Korinther, die das Evangelium hörten und die Kraft des Evangeliums erlebten, und die auch an mir und meinen Mitarbeitern sahen, dass wir ganz schlichte Leute sind, an uns ist ja wirklich nichts Besonderes, wie sie jetzt anfangen können, auf diese übergroßen Apostel zu hören und sich von Leuten beeindrucken zu lassen, die souverän, gewandt, mit allen Wassern der Philosophie gewaschen und mit allen Salben der Rhetorik geschmiert auftreten.“
Offensichtlich wollte er mit dieser Darstellung der schwachen Gefäße den Korinthern klarmachen, was das Echte ist, wie wir vorhin hörten, und was menschlich Gemachtes ist – was Fassade ist, was Glanz, aber ohne Gehalt.
Ja, die Gefäße sind schwach. Die Gefäße verfallen sogar (1. Korinther 15,16-18). Sie halten nicht, und wenn der Tee ausgetrunken ist, wird die Tasse aus dem Fenster geworfen. Haben wir unseren Dienst getan, dann wird das Gefäß beiseitegestellt, weil das Gefäß wirklich nicht das Entscheidende ist.
Die Verheißung eines neuen, herrlichen Gefäßes
Kapitel 5, Verse 1 bis 10: Wir haben ein neues Haus, ein neues Gefäß, ein herrliches Gefäß. Wenn der Herr kommt, so sagt Paulus im Philipperbrief, wird dieser Leib der Niedrigkeit – so nennt er ihn – verwandelt werden. In der King-James-Bibel steht „des Weilbode“. „Weil“ bedeutet niedrig, ähnlich wie „ilis“, ein lateinisches Wort, das „niedrig“ oder „von geringem Wert“ bedeutet, sogar etwas, das man verachtet oder abschätzig betrachtet.
So sieht Paulus die Gefäße an: An ihnen ist wirklich nichts Wertvolles. Doch der Herr wird unseren Leib der Niedrigkeit verändern, wenn er kommt. Wenn wir zu ihm eingehen, wird er ihn verwandeln zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit. Dann wird das Gefäß so herrlich sein, wie jetzt nur der Inhalt ist – aber erst dann, nicht jetzt.
Das ist übrigens ein großartiger Ansporn, wie wir in Kapitel 5, Verse 1 bis 10 gesehen haben, diesen Dienst zu tun. Nicht zur Mattheit, nicht zur Erschöpfung. Denn wir haben diese Behausung im Himmel. Das ist ein Ort der Glückseligkeit, ein Ort grenzenloser, nie endender, ja sogar immer zunehmender reiner Wonne – der Himmel.
Und warum ist er das? Weil Jesus dort ist. Beim Herrn zu sein bedeutet, an dem Ort zu sein, wo er ist. „Ich will lieber aus dem Leib ausziehen und beim Herrn sein.“ Deshalb lohnt sich alle Mühe.
Vers 10 sagt: Keine Mühe, keine Bedrängnis, kein Arbeiten ist vergeblich gewesen. Wir arbeiten für Dinge, die ewig bleiben. Wenn das kein Ansporn ist, für Dinge zu arbeiten, die bleiben, die nicht weggewischt oder verweht werden!
Die Berufung als Botschafter Christi und die Heiligung der Gefäße
Und jetzt kommen wir zu einem nächsten Abschnitt, 5,11 bis 7,3. Die Einteilung ist ja immer ein wenig willkürlich und nicht immer sehr intelligent. Ich weiß nicht, ob das glücklich ist, aber ich habe es jetzt einfach so als Abschnitt zusammengefasst: Botschafter an Christi statt.
Wie folgen hier die großen Gedanken aufeinander? Die Herrlichkeit des Evangeliums haben wir gesehen in 2,14-4,6. Dann kommt die Herrlichkeit des Dienstes, die Herrlichkeit des Evangeliums. Danach, in 4,7-5,10, werden die Träger dieser herrlichen Botschaft als schwache Gefäße dargestellt.
Aber jetzt sehen wir etwas, das die Bibel kennzeichnet: Wie sie die Wahrheit von allen Seiten darstellt und vollkommen ausgewogen ist. Denn jetzt geht es weiter mit den Trägern dieser herrlichen Botschaft als geheiligte Gefäße. Schwache Gefäße ja, aber das heißt nicht, dass wir so leben können, sollen oder dürfen, wie es uns gerade beliebt, sondern geheiligte Gefäße.
Botschafter an Christi statt – das sind wir. Das ist unsere hohe Berufung, unsere hohe Aufgabe. Darum müssen die Gefäße geheiligt sein. Und das ist ein wichtiger Gedanke, der durch diesen ganzen Abschnitt geht. Er beginnt gleich in Vers 11, Kapitel 5, Vers 11: „Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen.“
Das griechische Wort „Phobos“ wird gewöhnlich mit „Furcht“ übersetzt. Man könnte es auch so übersetzen: „Da wir die Furcht des Herrn erkennen.“ Gemeint ist, wie dieser Genitiv zu verstehen ist, umschrieben: „Da wir wissen, dass der Herr zu fürchten ist.“ Luther übersetzt in 19,12: „Die Weile wissen, dass der Herr zu fürchten ist.“
Dann fährt er fort und sagt: „Fahren wir schön mit den Leuten.“ Das ist irgendwie so schön gesagt. Man hat das einmal gelesen und kann es nicht vergessen. Das ist wirklich meisterlich ausgedrückt.
Luther will Folgendes sagen: Weil wir den Herrn fürchten, aus Gottesfurcht heraus bemühen wir uns, mit allen Mitteln den Menschen das Evangelium zu bringen. Paulus sagt ja in 1. Korinther 9 eben den Empfängern dieses Briefes, dass er denen, die unter Gesetz sind, wie einer unter Gesetz ist, und denen ohne Gesetz wie die ohne Gesetz sind. Das heißt, er versucht sie zu gewinnen mit allen Mitteln. Und was ihn antreibt, ist die Furcht Gottes.
Aber ich bin nicht ganz sicher, ob Paulus das hier sagen wollte. Vielleicht ist es besser, möglichst wörtlich zu übersetzen: „Da wir wissen, dass der Herr zu fürchten ist, überreden wir die Menschen, suchen wir die Menschen zu überreden.“ Bitte? Überzeugen, ja, überreden, überzeugen wir die Menschen.
Lesen wir jetzt diese Verse von Vers 11 bis zum Ende des Kapitels. Ich wollte nur darauf hinweisen: Paulus spricht von der Furcht des Herrn und setzt damit gewissermaßen den Ton für diesen ganzen Abschnitt. Die Gefäße, die Gott gebraucht, sind solche, die in der Gottesfurcht leben – geheiligte Gefäße.
Die Verantwortung der Diener Gottes und die Motivation durch Christusliebe
Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen, überreden wir die Menschen für Gott. Doch wir sind offenbar geworden. Ich hoffe auch, in eurem Gewissen offenbar geworden zu sein.
Denn wir empfehlen uns selbst euch nicht wieder, sondern geben euch Anlass zum Ruhm unserer Berufung. So sollt ihr sie haben bei denen, die sich nach dem Ansehen rühmen und nicht nach dem Herzen.
Denn sei es, dass wir außer uns sind, so sind wir es für Gott; sei es, dass wir vernünftig sind, so sind wir es für euch. Denn die Liebe Christi drängt uns. Indem wir also geurteilt haben, dass einer für alle gestorben ist und somit alle gestorben sind, ist er für alle gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und auferweckt worden ist.
Daher kennen wir von nun an niemanden nach dem Fleisch. Wenn wir auch Christus nach dem Fleisch gekannt haben, so kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so.
Daher: Wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Jesus Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat.
Nämlich, dass Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend, und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt. So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte.
Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Den, der die Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.
Einmal so weit? Wegen dessen, was gesagt wurde, wissen wir, dass der Herr zu fürchten ist. Er ist nämlich Herr, Herrscher und Richter. Wir müssen vor seinem Richterstuhl erscheinen, und darum ist er zu fürchten.
In Kapitel 6, Vers 1 steht das Stichwort Gnade. In den letzten Versen dieses Kapitels haben wir gesehen, wie Gott in seiner Gnade Versöhnung bereitet hat, Erlösung bereitet hat und diese verkündigen lässt.
Die Herausforderung der Gnade und die richtige Haltung gegenüber der Sünde
Ganz am Anfang des Briefes wird den Lesern Gnade gewünscht, und ganz am Schluss des Briefes ebenfalls: „Die Gnade des Herrn Jesu Christi sei mit euch“ (2. Korinther 13,13).
Wir haben Schwierigkeiten mit der Gnade. Vielleicht ist es das, was wir am schwersten verstehen und was uns am häufigsten zu falschen Schlüssen verleitet: die Gnade. Das liegt wohl daran, dass Gnade etwas ist, das unserer Natur völlig fremd ist. Ja, es ist sogar etwas, das direkt im Gegensatz zu unserer Natur steht.
Im Mittelalter war es üblich, von diesen beiden großen Bereichen zu sprechen: Gnade, das betrifft Gott, und Natur, das betrifft den Menschen. Gnade und Natur. Gnade ist wirklich etwas, das nicht unserer Natur entspricht und deshalb nicht unserem Verstehen und Denken. Deshalb fällt es uns schwer, die Gnade zu erfassen und richtig zu verstehen. Immer wieder ziehen wir falsche Schlüsse aus der Gnade.
Ein erster häufiger falscher Schluss ist folgender: Wir denken, wenn Gott gnädig ist, dann nimmt er es mit der Sünde nicht so genau. So denken wir. Als Menschen sagen wir oft, man solle „Gnade vor Recht ergehen lassen“. Das bringt schön auf den Punkt, wie wir denken: Wenn man gerecht ist, dann kann man nicht gnädig sein. „Gnade vor Recht ergehen lassen“ bedeutet also, dass man es mit Schuld und Sünde nicht so genau nimmt. Und so sei es dann auch bei Gott.
Manche haben aus dem Evangelium der Gnade Gottes geschlossen, dass wir es mit Heiligkeit nicht so ernst nehmen müssen. Doch der Römerbrief wendet sich mehr als einmal ganz deutlich dagegen: Sollten wir in der Sünde verharren, auf dass die Gnade überströme? „Ausgeschlossen!“, sagt Paulus. Die Gnade schließt das aus.
Paulus spricht hier von der Furcht des Herrn, die den Diener Gottes bewegt. Er fürchtet Gott. Ein Vers im Alten Testament verbindet Gnade und Gottesfurcht: Ich habe die Absicht, morgen Abend über dieses Verhältnis von Gnade und Gottesfurcht zu sprechen, ausgehend von diesen Aussagen im 2. Korintherbrief. Mir erscheint das überaus wichtig für uns. Es ist immer wichtig, aber vielleicht in unserer Zeit notwendiger als sonst, daran zu erinnern, dass Gnade bedeutet und mit sich bringt, dass wir in Gottesfurcht und in Heiligkeit leben.
Noch ein Vers dazu: Psalm 130, Vers 4. Dort sagt der Psalmist: „Bei dir ist Vergebung, damit du gefürchtet wirst.“ Da haben wir es also: Vergebung – und das Ergebnis davon? Furcht, dass wir Gott fürchten.
Ich werde jetzt nicht weiter darauf eingehen, das wollen wir morgen Abend tun. Wir wollen versuchen zu verstehen, warum sich daraus ergibt, dass wir Gott fürchten, wenn er Sünden vergibt. Und eben nicht das tun, was manche meinen: Wenn Gott gnädig ist und Sünden vergibt, dann kann man ja sündigen, er vergibt sie ja. Das ist falsch gedacht.
Darum fahre ich jetzt fort und sage nichts mehr zur Furcht des Herrn. Sie ist der Antrieb, die Menschen zu überreden. Gott sind wir offenbar geworden. Wir stehen vor Gott, alles ist bloß und aufgedeckt vor ihm. Wer das weiß, wird erstens seinen Wandel prägen und bestimmen, und es wird auch seinen Umgang mit den Menschen bestimmen – auch seinen Umgang unter Christen.
Wer weiß, dass wir Gott offenbar sind, der weiß, dass Gott das Herz sieht, nicht das Äußere, nicht so, wie wir uns geben, nicht das äußere Verhalten, sondern das Herz.
Die Verteidigung des Evangeliums gegen falsche Arbeiter
Und Paulus sagt jetzt im Vers: Hier wird ganz deutlich, dass ihr an die falschen Arbeiter denkt. Wir empfehlen uns selbst euch nicht wiederum. Es geht nicht darum, dass wir uns empfehlen – wir haben ja schon darüber geredet –, nein, sondern wir geben euch Anlass zum Ruhm unserer Talente. Das bedeutet, dass ihr gegenüber denen, die uns und das Evangelium angreifen, das Evangelium und auch die Diener des Evangeliums verteidigen könnt.
Das muss man manchmal tun. Man muss manchmal die Diener des Evangeliums verteidigen. Denn manchmal werden die Diener des Evangeliums von Feinden des Evangeliums angegriffen, hintergangen und man versucht, sie unmöglich zu machen. Dadurch soll auch die Botschaft und das Werk des Evangeliums unmöglich gemacht werden. Diese müssen wir manchmal verteidigen. Hier gibt Paulus ihnen Argumente, damit sie das tun können.
Es geht ihm nicht um sich, nein, es geht um das Werk des Herrn. So sagt er im Vers 13: „Sei es, dass wir außer uns sind, so sind wir es für Gott; sind wir vernünftig, dann sind wir es für euch.“ Wieder diese beiden Dinge, die ihn bewegen: für Gott und für euch. Ja, Gott, seine Sache soll gefördert werden. Es geht um sein Wort, seine Ehre, nicht um meine Ehre. Es geht um euch, um euren Wohlstand, dass ihr feststeht, nicht darum, dass ich gut dastehe.
Man hat Paulus offensichtlich verschiedentlich gesagt, er sei außer sich. Das hat der Landpfleger Festus gesagt, als Paulus vor ihm seine Rede hielt: „Paulus, du rases, deine Gelehrsamkeit macht dich rasen“ (Apostelgeschichte 26,24). Vielleicht haben das auch jene gesagt, diese falschen Arbeiter in Korinth: „Ja, dieser Paulus, er ist manchmal auch nicht ganz bei Sinnen, manchmal ist er einfach überexaltiert, abgehorcht.“
Und Paulus sagt daraufhin: Gut, sind wir halt außer uns, Gott weiß es, Gott weiß es. Und wenn wir vernünftig sind, dann sind wir es für euch!
Die Liebe Christi als Triebfeder des Dienstes
Und wie kommt Paulus dazu? Wir fragen uns wirklich, wie und woher das kommt, dass es bei ihm immer wieder deutlich wird. Die Ehre Gottes, das Wohl der Geschwister – das ist seine Triebfeder.
In Vers 14 heißt es: Die Liebe Christi drängt uns. Es ist die Liebe Christi, die uns drängt.
Aber woher hat Paulus solche Liebe zu Christus und zu den Heiligen? Woher kommt das? Woher kommt in das Herz eines Menschen Liebe zu Christus und zu seinen Heiligen? Sie kommt von der Liebe Christi selbst.
Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. Es ist nichts, das in uns wächst oder von uns selbst kommt. Es ist etwas, das Gott in uns geweckt und gewirkt hat, indem er uns zuerst geliebt hat.
Römer 5 zeigt uns: Gott erweist seine Liebe gegen uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist (Römer 5,8). Er hat uns zuerst geliebt und dann seine Liebe in unsere Herzen ausgegossen. Alles kommt von ihm.
Johannes sagt: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Johannes 4,10). Hierin ist die Liebe nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden.
In Vers 19 heißt es: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“
Es ist wirklich so: Der Mensch liebt Gott nicht. Der Mensch liebt auch die Wahrheit nicht. Man sagt manchmal, dass wahrheitsliebende Menschen die findenden Herren sind. Aber wo gibt es wahrheitsliebende Menschen?
Seit dem Sündenfall, seit der Vertreibung aus dem Garten Eden, lieben wir eher die Sünde als die Wahrheit. Wir lieben uns selbst mehr als Gott und den Nächsten. Wir haben keine Beziehung zu Gott; sie ist bestenfalls eine theoretische Größe, wenn überhaupt.
Vielmehr lieben wir die Finsternis. Johannes 3,19 sagt: „Dies ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht.“
Ja, wir müssen immer wieder darauf zurückkommen: Was sagt die Bibel über den Menschen, über den natürlichen Menschen, wie wir von Geburt an sind? Wir lieben Gott nicht. In uns ist keine Liebe.
Gott hat uns geliebt, als wir noch Feinde waren. Gott hat uns neu gemacht und uns eine Natur gegeben, die ihn wieder liebt.
So sagt Paulus dann in Vers 18: Alles aber von Gott, alles aber von Gott.
Das neue Leben in Christus und die Aufgabe der Versöhnung
Die Liebe Christi drängt uns. Dann beginnt er zu rechnen, indem er sagt, wie wir gerechnet und geurteilt haben. Einer ist für alle gestorben, und damit sind alle gestorben. Das bedeutet, dass diejenigen, die leben, nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben ist und auch auferweckt wurde.
Leben wir? Ja, als Christen leben wir. Christus ist für uns gestorben, und wir sind mit ihm auch auferweckt worden. Aber wir sind auch gestorben. Was heißt das, gestorben? Wir sind ja noch da. Nein, in diesem Sinn sind wir gestorben, weil wir nicht mehr das Leben führen, das wir uns nach unseren eigenen Wünschen und Vorstellungen eingerichtet haben.
Es gibt Menschen, die leben für den Genuss. Sie leben einfach, um zu genießen – sich selbst, das Leben, den Genuss. Andere leben nicht so sehr, um zu genießen. Es gibt Menschen, die sich selbst verleugnen. Lesen Sie zum Beispiel einmal in dem Büchlein "Sternstunden der Menschheit" von Stefan Zweig das Kapitel über Lenin.
Dieser Lenin hat jahrelang mit der Regelmäßigkeit einer Uhr in Zürich im Exil gelebt. Verbannt vom Zaren bereitete er die russische Revolution vor. Mit der Regelmäßigkeit einer Uhr saß er jeden Morgen um acht in der Zentralbibliothek in Zürich am Zähringer Platz. Er war der Erste, der dort saß, und der Letzte, der hinausging. Monate, Jahre, Tag für Tag arbeitete er unermüdlich.
Morgens, wenn der Bibliothekar die Türen aufschloss, vergingen einige Minuten, bis man ihn fand. Doch eines Tages war er nicht mehr da. Wisst ihr warum? Die Revolution war in Sankt Petersburg ausgebrochen. Lenin war gegangen. Er hat sich wirklich verleugnet.
Und warum tat er das? Aus Liebe zu irgendjemandem? Nein, aus Liebe zu sich selbst. Es gibt Menschen, die leben nicht, um zu genießen. Lenin verzichtete auf Genüsse und lebte ungeheuer diszipliniert. Aber er lebte, um sich einen Namen zu machen. Er wollte der Erste sein, Herrscher sein, ein Imperium besitzen – und er bekam es. Manche bekommen, was sie begehren.
Dem hat der Christ abgesagt. Er ist gestorben, lebt nicht mehr für sich selbst. Weder um zu genießen, noch um sich einen Namen zu machen. Jetzt ist Christus sein Leben. Das heißt, die Sache Christi ist auch seine Sache. Der Wille Christi und der Friede Christi regieren, bestimmen und entscheiden in seinem Herzen.
Christus sagt: Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich. Das ist genau das. Wenn Christus am Kreuz gestorben ist, dann sind wir mit ihm gestorben. Aber was heißt, sein Kreuz auf sich nehmen?
Manchmal ist das zur Redensart geworden, besonders unter Menschen in der Christenheit, die die Bibel und Evangelien kennen. Da sagt man zum Beispiel von einer Oma mit Gicht: „Das ist ihr Kreuz.“ Aber das ist nicht gemeint mit dem Kreuz auf sich nehmen.
Was bedeutete das Kreuz auf sich nehmen für unseren Herrn? Es bedeutete, das, was er im Garten Gethsemane betete: „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“ Das ist das Kreuz – dem Eigenwillen absagen.
Unser Kreuz auf uns nehmen heißt, dass wir sagen: Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe. Ich lebe jetzt nicht mehr dafür, zu genießen, meine Ziele zu erreichen oder mir einen Namen zu machen. So lebten wir vorher. Dieses Leben ist zu Ende gekommen. Aus, fertig.
So sind wir, wie Christen, echt und keine Kopien. Daher kann Paulus im Vers 16 sagen: „Daher kennen wir von nun an niemandem nach dem Fleisch.“ Dieses „Daher“ fasst alles zusammen, was er vorher gesagt hat.
Er beurteilt jetzt die Menschen nicht mehr nach dem, was sie von ihrer Natur her sind. Er schaut nicht mehr auf Unterschiede, wie Standesunterschiede oder Herkunft, ob Juden sind, wie die Überapostel sagten: „Wir sind Juden, Söhne von Juden, Hebräer von Hebräern.“
Nein, das, was Paulus zum Dienst antreibt, der Inhalt seines Dienstes, stellt ihm alle menschlichen Unterscheidungen beiseite. Wo es auf menschliche Qualitäten und Fähigkeiten ankommt, hindern diese Dinge das Werk Gottes.
Die Einheit in Christus und das Ende menschlicher Unterschiede
Vielleicht sollten wir diese vier Dinge zusammenfassend in diesem Kapitel betrachten. Es sind vier Antriebe, die Paulus in seinem Dienst vorantreiben. Wir haben sie alle schon gehört, ich fasse sie jetzt einfach zusammen.
Die erste Sache ist die Hoffnung, beim Herrn zu sein. Diese Hoffnung steht in Kapitel 5, Vers 9: bald beim Herrn zu sein. Das ist der erste Antrieb.
Der zweite Antrieb ist das Wissen um den Richterstuhl Christi.
Der dritte Antrieb ist die Furcht vor dem Herrn.
Der vierte Antrieb ist die Liebe Christi.
Weil all diese Dinge ihn drängen und bestimmen und weil er mit Christus, seinem eigenen Willen und Leben, gestorben ist, hat er den Herrn und seine Sache zu seiner eigenen Sache gemacht. Darum erkennt er niemanden mehr nach dem Fleisch. Er hat aufgehört, diesen Dingen Gewicht zu geben.
Denn in Vers 17 heißt es: Wenn jemand in Christus ist, ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, alles ist neu geworden. Das Alte zählt nicht mehr.
Wenn wir die Geschwister in Christus sehen, dann ist die Folge Frieden und gegenseitiges Vertrauen. Das war ein wichtiges Thema in den Kapiteln 1 und 2. Ein solches Vertrauen gibt es nur in Christus, wenn wir uns als von ihm Erwählte, Erlöste und in Christus Neugemachte sehen.
Im Fleisch, wenn wir Menschen nach dem beurteilen, was sie menschlich sind – ihre Qualitäten, Fähigkeiten, Herkunft, menschlichen Neigungen oder ihr Temperament – und wenn uns das wichtiger wird, entstehen Klüngel, Klicken, Parteien, Gruppen und Interessengemeinschaften. Das ist eine Leugnung des Werkes Christi.
Die Welt wird daran erkennen, dass wir seine Jünger sind, wenn wir einander lieben und in ihm eins sind. All das kommt von Gott, alles von Gott.
Was zählen da menschliche Unterschiede? Welchen Platz hat da noch menschliches Brüsten, Rühmen und sich über andere Erheben? Keinen, es hat keinen Platz.
Zudem hat Gott uns mit sich selbst versöhnt. Alles, was gegen Gott war in unserem Leben, alles, was in unserem Leben Gott unannehmbar war, ist weggetan. Er sieht uns mit Wohlgefallen. Alles, woran er kein Gefallen haben konnte, ist weggetan. Er sieht uns mit Wohlgefallen.
Und jetzt, bei den Korinthern: Können wir einander dann anders ansehen? Wenn Gott uns mit Wohlgefallen ansieht, wie können wir dann auf die anderen herabschauen, sie einstufen, klassifizieren und bewerten? Das heißt ja immer auch, dass wir etwas an ihnen auszusetzen haben. Dann denken wir: Ja, das ist nicht so, nein, jenes.
Der Herr hat gesagt: "Seht zu, dass ihr keinen dieser Kleinen verachtet" (Matthäus 18). Er hat das nicht umsonst gesagt.
Das ist der Blick des natürlichen Menschen. Er sieht Unterschiede und schaut auf die herab, die er für geringer hält als sich selbst.
Wenn Gott uns aber so sieht, wenn er uns mit sich versöhnt hat und mit Wohlgefallen auf uns blickt, wie sollten wir dann nicht mit Wohlgefallen auf die Geschwister sehen? Wie sollten wir sie nicht lieben, weil Gott sie liebt? Wie sollten wir nicht ihr Wohl und auch ihre Ehre suchen?
Dann fällt es uns nicht ein, sie schlecht zu machen oder zu diskreditieren.
Vielleicht hat es dem einen oder anderen in Korinth beim Lesen dieses Briefes langsam gedämmert. Vielleicht hat der eine oder andere schon ein schlechtes Gewissen bekommen und gemerkt, wie verkehrt das alles ist, worauf sie hörten und was diese falschen Arbeiter hineintrugen.
Die Bedeutung der Versöhnung für das christliche Miteinander
Und jetzt betrachten wir einmal, wie wichtig es ist, dass wir so miteinander umgehen und uns gegenseitig so sehen. Das ist entscheidend für unser Zeugnis nach außen.
Zuerst Vers 18: Gott hat uns mit sich selbst versöhnt. Und dann Vers 19: Nein, es steht auch in Vers 18, dass er uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Jetzt sollen wir der Welt predigen – was predigen wir der Welt? Dass Gott in Christus war und die Welt mit sich versöhnt hat.
Das wird zur Farce, wenn wir selbst das nicht leben. Wenn wir so leben und auf andere herabblicken, dann leugnen wir mit unserem Denken, Urteilen und Handeln, was Gott in Christus getan hat. Gott hat die Welt mit sich versöhnt und hat jetzt das Wort der Versöhnung in uns niedergelegt.
Wie können wir noch das Evangelium mit gutem Gewissen predigen, wenn wir nicht selbst so leben? Das geht gar nicht! Oder wir können es tun, aber der Heilige Geist wird unsere Worte dann nicht gebrauchen. Wie Mark in der ersten Stunde sagte: Der Heilige Geist stellt sich nicht zu diesem Zeugnis. Dann wird das Evangelium verhüllt sein.
Aber dann sind auch wir schuld daran. Wie in Kapitel 4 steht: Wenn es jetzt immer noch verhüllt ist, dann nicht wegen des Unglaubens und weil der Fürst dieser Welt ihnen die Augen verhüllt und verblendet hat, sondern dann tragen wir Schuld daran.
Gott rechnet der Welt ihre Übertretungen nicht zu – was für ein Vorbild! Einander nichts aufzurechnen. Es ist eine der erbärmlichsten Beschäftigungen, einander Vergehungen, Verfehlungen und Versäumnisse aufzurechnen. Gott tut es nicht.
Ja, es kommt ein Tag der Abrechnung, aber Gott rechnet jetzt nicht auf. Er ist grundsätzlich bereit, aufgrund des Versöhnungswerkes des Todes Christi, der Welt ihre Sünden nicht zuzuschreiben. Und er beweist es jeden Tag, dass er es nicht so tut.
Wisst ihr wie? Indem er uns immer noch leben lässt und uns nicht richtet. Er hätte uns längst alle zusammen richten müssen. Und er tut den Menschen Tag für Tag Gutes. Wie anders ist Gott als wir Menschen!
Wir sind ja auch als Christen oft so: „Gib mir das und das angetan, Sünde ist Sünde, sie ist uns bekannt. Ich bin zwar bereit zu vergeben, aber er muss zuerst zu mir kommen und genügend Zerknirschung zeigen. Dann kann ich ihm gnädigerweise, weil ich ja sehr gnädig bin, vergeben. Und dann können wir wieder Freunde sein.“
Ja, wir können Gott nur dafür danken, dass er nicht mit uns so umgeht.
Gestern wurden einige Abschnitte aus einem Buch von George Whitefield vorgelesen. Das hat mich am meisten an diesem Mann beeindruckt: Wie er bereit war, Unrecht, das man ihm angetan hatte, zu vergeben. Man hatte ihn hintergangen, auf ganz niederträchtige Weise mit ihm umgesprungen. Er hat das nie Leuten aufgerechnet oder darauf bestanden, dass sie es zuerst in Ordnung bringen müssten. Das hat er nicht gemacht.
Es ist wirklich so, dass gerade die Leute aus auch theologischen und zeitweise anderen Lagern – also im feindlichen oder gegnerischen Lager, wenn man so will – begannen, George Whitefield den Friedensstifter zu nennen: The Peacemaker.
John Wesley selbst sagte: „Wo George Whitefield hinkommt, kann sich das hässliche Haupt des Sektierertums nicht erheben.“ Solange er da war, blieben die verschiedenen Strömungen der Erweckungsbewegung, der methodistischen Erweckung im 18. Jahrhundert, so weit vereint, dass sie zusammenarbeiteten – Wesley, Whitefield, die Calvinisten, die Arminianer.
Kurz nach seinem Tod entfremdeten sie sich voneinander.
Er ist wirklich ein großartiges Vorbild für jemanden, der begriffen hat, was es heißt: Gott hat uns mit sich versöhnt und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt.
Es war ja ein Skandal, wie die Korinther miteinander lebten – in Klicken, in Klüngeln, wie sie einander sogar vor Gerichten verklagten. Das war wirklich beschämend. Dabei hat Gott so gehandelt.
Die zentrale Botschaft der Versöhnung und das Opfer Christi
Und auf welchem Weg hat er uns versöhnt? In den Versen 20 und 21 heißt es: Wir sind jetzt Gesandte für Christus. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott.
Und was hat Gott getan, um zu beweisen und zu zeigen, dass er Versöhnung bewirkt und vorbereitet hat? Er hat seinen Sohn zur Sünde gemacht, das heißt, die ganze Schuld wurde ihm zugeschrieben und auf ihn gelegt. Er wurde zum Schuldigen erklärt, zum Sündenbock – wirklich zum Sündenbock.
Das ist etwas, das unserer Natur kaum verständlich ist. Wer möchte schon der Sündenbock sein? Da empört sich alles in uns dagegen. Doch der Herr wurde wirklich zum Sündenbock, zum Schuldigen im Urteil aller. Wie der Schuldige hing er dort. Dass er auch dort endete und starb, war für alle der Beweis: Er war wirklich der Schuldige, ein Gotteslästerer.
Als Auferstandenen haben ihn nur die Gläubigen gesehen. Im Urteil der Welt, im Urteil der Juden war er der Schuldige. Gott hat ihn zur Sünde gemacht. Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gottes Gerechtigkeit würden.
Ich befürchte, dass die Art, wie Gott mit uns verfahren ist, unsere Herzen viel zu wenig bewegt. Wir sind sehr schnell dabei, mit Recht zu argumentieren und zu sagen: „Ja, es muss doch alles rechtlich hergehen.“ Ja, es ist wahr, Gott ist gerecht. Gott wirkt Gnade und wahrt zugleich vollkommenes Recht. Das ist wahr, denn er richtet die Schuld vollkommen entsprechend seiner Gerechtigkeit.
Aber in dem Gleichnis vom Schalksknecht, so wie Luther dieses Gleichnis überschreibt – einem, dem so viel vergeben wird, eine unermessliche, von ihm nie abzuzahlende Schuld – lag das Böse darin, dass die Vergebung die Ehre empfangen hatte. Das Gute, das ihm getan wurde, veränderte sein Herz nicht, und das war das Böse.
Ja, wehe uns, wenn unser Herz von dieser Gnade Gottes nicht verändert wird!
Die richtige Haltung zur Gnade und der Auftrag zum Dienst
Kapitel 6
Hier können wir sagen, dass Paulus von einem anderen häufigen Fehlschluss spricht, der aus der Gnade gezogen wird. Manche haben so geurteilt – das sind die theologisch etwas höher fliegenden –, dass alles Gnade sei, es wirklich Gottes Werk der Rettung ist und der Mensch völlig verderbt sei.
Weil das Werk der Rettung, weil alles Gnade ist, wird Gott alle retten, und wir müssen nichts tun. Vorgestern wurde aus der Biografie von William Carey vorgelesen. William Carey führte einen zehn Jahre langen Kampf, um seine Denomination davon zu überzeugen, dass, wenn Gott die Heidenvölker retten wollte – mit denen das britische Imperium durch seine Eroberungen in Indien und durch die Entdeckungsfahrten von William Cook in Berührung kam –, er dies nicht durch Erdbeben, Pest, Donner oder Blitz tun würde. Manche hatten gedacht, Gott würde die Heidenvölker auf diese Weise aufrütteln.
Carey kam jedoch zur Überzeugung und trug diese auch vor, dass Gott, wenn er die Heiden retten will, dies durch solche tun wird, die das Evangelium kennen und es ihnen predigen. Wir müssen also arbeiten – alles Mitarbeiter Gottes, mitarbeitend und mahnend.
Jetzt redet der Apostel in diesem Kapitel 6, Verse 1 bis 10, davon, wie er arbeitet und dient – als ein Gefäß, ein schwaches Gefäß, aber geheiligt und dem Herrn hingegeben. Die Gnade Gottes, die Tatsache und Wahrheit, dass Gott in der Rettung alles tut, dass er wirklich der Herr der Welt ist, der souveräne Herr und Herrscher, der alles lenkt – diese Wahrheit darf uns niemals zu der Schlussfolgerung führen, dass alle gerettet werden, wie Gott retten will, und wir nichts tun oder auch nichts tun sollen.
Gott wird und will retten, ja, aber er tut es auf dem von ihm verfügten Weg, durch die von ihm bestimmten Mittel. Das ist die Predigt des Evangeliums und der Glaube an dieses Evangelium. Darum müssen wir das Evangelium predigen, damit Menschen glauben, den Namen des Herrn anrufen und errettet werden können.
Mitarbeitend ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. Nun kann man das verschieden auslegen: Paulus redet hier vielleicht immer noch von seinem Dienst der Versöhnung gegenüber der Welt. Vielleicht denkt er aber auch an die Korinther, an die Gläubigen, und erinnert sie daran: Als ihr zum Herrn gerufen habt, hat er euch errettet. „Zur angenehmen Zeit habe ich dich erhört, am Tag des Heils habe ich dir geholfen.“ Diese Gnade Gottes möchte doch an euch nicht vergeblich sein. Sie soll euch lehren und euch ein Herz geben, das dankbar ist für Gottes Hilfe und euch deshalb dazu treibt, für Gott zur Verfügung zu stehen, damit er euch in seinem Dienst verwenden kann.
Jetzt redet Paulus von seinem Dienst, Verse 3 bis 10, und nennt verschiedene Merkmale seines Dienstes:
Indem wir in keiner Sache irgendeinen Anstoß geben, damit der Dienst nicht verlästert werde, sondern in allem unser Wesen als Gottesdiener zeigen. Wir sollen in vielem ausharren – also geheiligte und hingegebene Gefäße –, in Drangsalen, Nöten, Ängsten, Streichen, Gefängnissen, Ausständen, Mühen, Wachen und Fasten. Das ist jemand, der wirklich nicht zu Hause sitzt und einfach wartet, bis Gott die Welt bekehrt hat.
Und dann seine Reinheit: geheiligt, in Reinheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Gütigkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, im Wort der Wahrheit. Darüber haben wir schon gesprochen – das Wort der Verkündigung in der Kraft Gottes, nicht in Menschenkraft, wie Paulus es auch schon angesprochen hat.
Durch die Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken – also Kampf durch Ehre und Unehre, durch böses Gerücht und gutes Gerücht, durch Verführung und Wahrhaftigkeit. Den einen sind wir ein Wohlgeruch, den anderen eine Pest. Als Sterbende und siehe, wir leben; als Gezüchtigte und nicht Getötete – das kommt uns auch bekannt vor aus Kapitel 4 schon –, als Traurige, allezeit uns freuend, als Arme.
Und jetzt kommen die Ergebnisse: Arme, aber viele reich machend. Das ist kein Gegensatz zur Tatsache, dass Gott alles gibt, aber er verwendet uns, um all das, was er gibt, anderen weiterzureichen. Arme, aber viele reich machend, als nichts habend und ...