Einleitung: Die Realität religiöser Sehnsucht
Also, was auch immer mit dem Fachmann ist: Das Erste, was ich gerne sagen möchte – man kann sich das ja so flapsig servieren lassen, wie das heute oft passiert – ist, was der da alles durchgemacht hat. Ich fand das auch ganz lustig, wie er dann plötzlich von Bakmun zu Moslem wurde und so. Aber das ist natürlich überhaupt nicht lustig, sondern das ist unser Leben.
Keiner sitzt hier einfach nur so. Einige müssen jetzt aufs Klo, andere müssen ins Bett. Dann machen wir jetzt eben eine Pause, also eine Pinkelpause. Pampers wickeln, wechseln und dann wieder setzen. Okay? Das ist nämlich kein Luxus, religiös zu sein. Man könnte fast sagen, es ist eine Verdammnis. Wir können gar nicht anders.
Jemand hat gesagt: Der Mensch ist unheilbar religiös. Warum? Es gibt wahrscheinlich hier einige Leute, die sagen: „Also Kinder, normal, das interessiert mich gar nicht, da mache ich gar nicht mit.“ Hör mal, könnt ihr mal so Reden aufhören? Das stört mich wahnsinnig. Da hinten, könntet ihr eure Unterhaltung bitte einstellen? Herzlichen Dank.
Professionals hinter der Bühne, kein Talk.
Die grundlegenden Bedürfnisse des Menschen
Wo war ich stehen geblieben? Jeder Mensch muss in seinem Leben die Fragen nach Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung beantworten. Wer auch immer wir sind, wir können nicht leben, ohne ein Grundgefühl von Sicherheit zu haben. Dabei geht es mehr um innere Sicherheit, das Gefühl von Geborgenheit, als nur um äußere Sicherheit.
Ebenso können wir nicht existieren, wenn wir nicht ein Mindestmaß an Anerkennung erfahren. Noch besser als Anerkennung ist natürlich das Wissen, geliebt zu sein. Doch weil das nicht jeder erfährt, möchte man zumindest Respekt oder ein bisschen Anerkennung bekommen. Diese Anerkennung kann man manchmal sogar erzwingen, indem man andere herabsetzt.
Das zeigt, dass wir diese Bedürfnisse unbedingt brauchen. Religion ist im Grunde nichts anderes, als dass jeder Mensch danach sucht, wo er diese Portion Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung herbekommt.
Im Wesentlichen gibt es drei Quellen, aus denen man das beziehen kann. Ihr könnt euch selbst einmal prüfen, welche davon bei euch eine Rolle spielen.
Die drei Quellen der Sicherheit und Anerkennung
Die erste Quelle: Andere Menschen
Die erste Quelle sind andere Menschen. Das ist die erste Erfahrung, wenn man als Kind aufwächst. Man erfährt Geborgenheit und Sicherheit durch die Menschen, die für einen sorgen. Wenn es gut läuft und man vor allem zu Hause gute Erfahrungen macht, entsteht eine tiefe Geborgenheit.
Wenn diese Geborgenheit langsam nachlässt und nicht mehr trägt, muss man sich etwas Neues suchen. Zunächst aber erhält man Sicherheit und Anerkennung: „Ich bin wichtig, ich bin geliebt“ – von Eltern, von Freunden. Und genau dort suchen wir sie zunächst. Deshalb kann religiös sein bedeuten, dass man einen anderen Menschen vergöttert. Man verehrt ihn so sehr, hängt sich an ihn, verkauft sein Gewissen und tut, was er sagt. Man ist hörig, völlig abhängig.
Warum? Nicht weil man dumm ist. Menschen, die sich so verhalten, sind keineswegs doof. Sie haben eine große Sehnsucht nach Geborgenheit und Sicherheit. Was nützt eine eigene Meinung, wenn man in der Eiseskälte der Einsamkeit lebt? Es gibt viele, die ihre Meinung an die Clique, an die Szene, an sogenannte Freunde oder an Leute verkaufen, die Einfluss haben und vor denen man Respekt hat – die „Kings“. An diese verkaufen sie ihre Eigenständigkeit. Diese Menschen werden zum letzten Halt, zur letzten Sicherheit, zur heißesten Liebe, die ihnen Wert gibt.
Die zweite Quelle ist das Geld. Hast du Geld, bist du etwas. Geld bedeutet Selbstwertgefühl. Mit Geld kann man sich Sicherheit kaufen. Geld ist das wichtigste Mittel der Religion. Deshalb kommt es in der Bibel sehr häufig vor, dass Jesus über Geld, Reichtum und Besitz spricht, als hätten sie die Rolle Gottes. Das ist Religion, weil es um Sicherheit und Geborgenheit geht.
Die letzte Möglichkeit ist, dass man sich im Supermarkt der Religionen bedient, zum Beispiel im Okkultismus. Es ist doch klar, dass es eine Macht gibt, die man erfahren kann: Horoskope, Besprechen, Kräfte. Das gibt Geborgenheit und Sicherheit. Wenn du weißt, was die Zukunft bringt, kannst du verantwortlich planen. Das gibt Zuversicht. Außerdem kommt man in einen Zirkel hinein, wo man sich auch schon mal verkauft, aber es ist die Wärme der Insider: „Da gehöre ich dazu.“
Es gibt viele solcher Angebote. Wir leben in einer Zeit, in der Supermärkte Symbol sind. Dort gibt es lange Theken und viele Angebote. Jeder Kunde ist König und kauft sich, was er mag und meint zu brauchen. Hoffentlich kann er es auch bezahlen, sonst nimmt er Kredit auf. Das ist Religion, das ist unser Lebensschicksal, und jeder von uns lebt mit diesen Fragen.
Allerdings gibt es Leute, die das Denken eingestellt haben und gar nicht darüber nachdenken, was sie tun. Das ist kein guter Dienst an sich selbst. Neulich war ein Ärztekongress in Arosa. Dort stellten sie fest, dass man den Kopf nicht nur zum Frisieren, sondern auch zum Denken gebrauchen kann. Das ist eine dringende Empfehlung, wenn man im Leben weiterkommen will.
Religiosität lebt unter uns. Es wäre interessant, heute Abend im Gespräch noch einmal nachzuhaken, damit man sich selbst klar wird und unter Freunden darüber spricht: Was ist unsere, meine Religion? Nicht, was stelle ich ins Schaufenster, sondern was gibt mir Sicherheit? Ist es ein Mensch, ist es Geld, eine Beziehung, die Clique? Was gibt dir Sicherheit und Anerkennung? Das ist Gott! Den du verehrst und dem du Opfer bringst. Das ist üblich in der Welt.
Jetzt will ich euch noch sagen: Es gibt eine rapide, unglaubliche Gegenbewegung, die uns nicht passt, die wir nicht gewollt haben und zum Teil nicht verstehen. Sie stellt uns furchtbar komisch vor, dass Gott, den wir uns so oder so ausgedacht haben, gar nicht danach fragt, wie wir ihn uns ausdenken, sondern dass er von sich aus Initiativ wird.
Der erste Treffpunkt ist der typische Treffpunkt für diese Welt: ein Fressdruck. Gott will offenbar sagen: Ich treffe euch an dem Punkt, wo euer heißestes Dogma, euer wichtigster Grundsatz deutlich wird – erst kommt das Fressen und dann die Moral. Das ist ein Satz von Bert Brecht.
Deshalb wird Gott Mensch. Der erste Ort, an dem er Platz nimmt auf diesem Globus, ist der Futtertrog vom Vieh. Das wird seine Krippe. Als wollte er sagen: In diese Welt komme ich, in diese Welt komme ich, in der erst das Fressen und dann die Moral kommt.
Das Zweite: Kaum geboren, muss er auf die Flucht. Ein idiotischer Tyrann schickt seine Polizisten los und lässt in Bethlehem alle Kinder unter zwei Jahren umbringen – ein Massenmord an Kindern! Maria und Joseph nehmen Jesus und gehen ins Asyl nach Ägypten. Das sollte man bedenken bei jedem asylsuchenden Kind, dem man begegnet. Das ist der Inbegriff Gottes, der in Jesus zum Flüchtling wurde. Manche in Deutschland haben das vergessen. Gott sei Dank sagten sie ihm: „Das Boot ist voll“ – er durfte bleiben, bis der Tyrann gestorben war. Dann kam er zurück.
Dann wurde er ein Stino, ein stinknormales Leben. Gott wird ein Stino, macht eine Schreinerlehre. Bis zum dreißigsten Lebensjahr hört man eigentlich nichts Besonderes von ihm, nur eine kleine Geschichte, die aufregend ist, aber sonst grundsolide.
Dann fällt er dadurch auf, dass er zwei Dinge tut: Er begegnet Menschen und lässt sie die heilende, erneuernde Kraft Gottes spüren. Außerdem sagt er ihnen die Wahrheit so, dass es manchmal sehr weh tut. Die Menschen sind hin- und hergerissen und wissen nicht genau, was sie machen sollen. Schließlich entscheiden sie sich, ihn umzubringen.
Dann hängt er am Kreuz auf der Müllkippe von Jerusalem. Wisst ihr, dass Jesus höchstwahrscheinlich auf einer Müllkippe gekreuzigt wurde? Der Steinbruch, den man Golgatha nannte, lag genau vor der Stadtmauer von Jerusalem. Archäologen haben ihn ausgegraben. Man fand große Umrisse, die dort für den Tempelbau gebrochen wurden. In der Mitte blieb ein Hügel aus minderwertigem Fels stehen, den man für Bausteine nicht gebrauchen konnte. Er hatte eine Schädelform, deshalb nannte man ihn im Volksmund „Schädelstätte“ – Golgatha.
Das war direkt an der Stadtmauer. Die Archäologen fanden dort bei Ausgrabungen viele Tonscherben von Küchengeschirr, das kaputtgegangen war. Es wurde ex und hopp über die Mauer geworfen. Dort lag der Abfall.
Zum Müll kommen die Hingerichteten. Gottes Initiative führt bis an diesen Tiefpunkt. Er will uns sagen: Niemand auf dieser Welt soll je auf den Gedanken kommen, dass ich zu groß, zu hoch oder zu kompliziert bin und nur die Gebildeten, die Superreligiösen, die Asketen, die Meditationskünstler oder Theologen Zugang zu mir haben. Der normale Mensch hat nichts von Gott? Nein! Er ist ganz unten im Dreck, auf dem Müll, damit jeder, der den Eindruck hat – ich hoffe nicht, dass ihr diesen Eindruck habt, aber leider gibt es viele Menschen, die an diesen Punkt kommen – „Mein Leben ist Müll“ – dass solche Menschen spüren: Gott ist genauso tief. Dort ist er zu treffen.
Als Jesus am Kreuz schreit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ und dann sagt: „Es ist vollbracht“, da ist der entscheidende Durchbruch passiert – die Liebe Gottes wird ganz handfest. So, wie Jesus sich hat festnageln lassen am Kreuz, so hat sich Gott festnageln lassen auf sein Versprechen: „Ich hab dich lieb.“
Damit nichts an der Sache fehlt, setzt Gott unter das Reden, Leben, Handeln, Leiden und Sterben dieses Jesus bei Nazareth seinen Stempel der Gültigkeit, indem er Jesus am dritten Tag auferweckt. Der Tod, der das Genick brechen sollte, wird durchbrochen. Er ist auferstanden.
Wenn wir als Christen zu Jesus reden, handeln wir nicht als Spiritisten, die Totenbeschwörung machen. Ich rede nicht, als rede ich mit meiner Oma, sondern ich rede mit dem auferstandenen Jesus. Er lebt so, wie keiner lebt – intensiv in der Wirklichkeit des Schöpfers, der jedes Molekül dieser Welt durchdringt und größer ist als das Universum. Er ist uns hautnah.
Was für ein Geschenk, dass er jedem von uns auch jetzt in diesem Augenblick ganz nah ist und trotzdem das Weltall regiert – unermesslich größer als unser Begreifen. Dieser Gott kommt uns so nah am Kreuz, als Mensch, als Gottes Initiative.
Das ist die Antwort auf alle religiösen Bemühungen, vielleicht aber auch eine Kritik daran, weil wir uns eigene Lösungen zusammenreimen und aussuchen – im Supermarkt der Religionen, in den wir längst verliebt sind.
Ich begegne vielen Leuten, Alten und Jungen, die stocksauer sind, wenn man nicht einen Bückling macht vor den Göttern, die sie sich zusammengeschustert haben, an die sie glauben und von denen sie Sicherheit und Anerkennung bekommen. Natürlich, der Kunde ist König.
Da kommt der Schöpfer des Himmels und der Erde, wird klein, ein Kind in der Krippe, der Mann am Kreuz, geschunden und geschunden. Da sagen wir: Das mag ich nicht. Jeder 14-jährige Junge kann Witze über Jesus machen, ohne darüber nachgedacht zu haben. Das lässt sich Gott bieten. Jeder Spießer kann seine Phrasen drüber dreschen, ohne die Bibel gelesen zu haben. Das lässt sich Gott bieten.
So tief kommt er herunter, um uns eine Hand auszustrecken. Das ist Gottes Antwort auf unsere religiöse Sehnsucht.
Jetzt bittet er uns: Macht euer Leben fest. Glauben heißt in der Bibel eigentlich, voll Vertrauen das Leben festzumachen – so wie ein Schiff am Ufer festmacht und gehalten wird.
Du sagst: Glauben kann ich nicht. Ist dir eigentlich klar, dass alle, die jetzt in diesem Saal sitzen, in diesem Augenblick einen Glauben gemeinsam haben, für den sie ihr Leben einsetzen? Ist das klar?
Wir glauben in diesem Augenblick. Und zwar einen Glauben, den wir nicht geprüft haben. Leute sagen immer: „Ich glaube nur, was ich bewiesen habe.“ Wer so etwas sagt, dem braucht man keine sieben Minuten, um ihm nachzuweisen, dass er nicht lange genug nachgedacht hat.
Wer das bezweifelt: Hat hier jemand, bevor er sich in diesen Saal gesetzt hat, sich die Pläne zeigen lassen und die Statik der Halle überprüft? Wir glauben alle, dass die Decke hält. Und dafür setzen wir unser Leben ein, denn wir möchten ja lebendig wieder herauskommen.
Das hat bisher immer gehalten, bei allen Decken, die eingestürzt sind. Das heißt, keiner hat die Statik geprüft. Es gibt eine relative Wahrscheinlichkeit. Die ist jetzt besonders hoch, weil diese Halle erst acht Monate in Funktion ist.
Gut, acht Monate Wahrscheinlichkeit, dass die Statik hält. Wir hoffen, dass sie berechtigt ist und dass wir alle heil bleiben. Ich glaube ja auch, dass ich sie nicht geprüft habe.
Ich will nur sagen: Du kannst den Tag auch durchgehen, wenn du heute Kaffee getrunken oder gegessen hast, ohne vorher eine chemische Probe gemacht zu haben, ob Gift drin war. Die können zu dem Satz stehen: „Ich glaube nur, was ich bewiesen habe.“ Aber alle, die eine Speise zu sich genommen haben, ohne die Giftprobe vorher zu machen, haben geglaubt, vertraut und darauf ihr Leben riskiert.
So leben wir. Das ist grundnormal. Ein Mensch, der das nicht tut, ist krank, den muss man stärken. Er kann den Alltag gar nicht bewältigen.
So gewinnen wir Erkenntnis. Wir prüfen, soweit wir können, und müssen dann immer wieder Vertrauen wagen, unser ganzes Leben hineinlegen, um eine klare Erkenntnis zu bekommen.
Wenn wir heute Abend irgendwann hier aus der Halle gehen, haben wir eine hundertprozentige Gewissheit, dass uns diese Decke nicht auf den Kopf gefallen ist. Aber erst dann, nachdem wir dieses Glaubensexperiment gemacht haben.
Nichts anderes erwartet Jesus und dazu lädt er ein. Glauben heißt, dass ich ihn höre, was er sagt, und dass ich sage: Jesus, das möchte ich jetzt auf mein Leben anwenden.
Ich will es so gut prüfen, wie ich kann. Mach die Augen auf, lies die Bibel, sprich mit deinen Freunden. Manches in diesem Abend hilft dazu, vielleicht durch Interviews und Szenen, die du gehört hast.
Prüf das so gut du kannst. Dann wirst du an den Punkt kommen, wo du, wenn du Gewissheit haben willst, aus dem Nebel der religiösen Gefühle heraus zur Gewissheit kommst, dein Leben beim ewigen Gott, dem Schöpfer, der dir in Jesus die Hand reicht, festzumachen.
Dann kommt der Punkt, wo du sagen musst: Jesus, ich vertraue dir. Ich wage jetzt ganz praktisch, mein Leben unter deine Regie zu stellen. Ich bitte dich, vergib mir alles, was zwischen dir und mir stand, was ich gegen dich gelebt habe.
Ich will dir jetzt folgen, lernen, was du sagst, will die Augen aufmachen, deine Worte in der Bibel lesen, die Gemeinschaft mit anderen Christen suchen und Schritt für Schritt erkennen, wer du bist, indem ich mit dir gehe.
Ich lade euch ein, euch festzumachen. Ihr werdet die Frage in jedem Fall beantworten müssen. Wir haben gar keine Wahl. Jeder beantwortet die Frage nach Sicherheit und Anerkennung. Was ist deine Antwort?
Die Freunde singen jetzt gleich noch ein Lied. Ich schlage vor, nachdem wir so viel über Gott gesprochen und Lieder gehört haben, die von ihm handeln, dass manches so gesagt wurde: Gott ist nicht nur ein Gegenstand, über den man diskutiert. Er ist keine These, über die wir streiten.
Er ist der Schöpfer, der uns einlädt, mit ihm zu reden. Ich hoffe, wir haben nichts dagegen, dass wir einen Augenblick mit ihm im Gebet reden. Dann geht es weiter mit dem Abend.
Jesus, ich danke dir, dass du auferstanden bist und dass wir so zu dir reden dürfen. Du kennst uns, du weißt, wie unsere Sehnsucht ist, wie oft wir uns am Abend an der Nase herumführen lassen und wie schwierig es oft ist, klar durchzusehen.
Wir danken dir, dass du uns so sehr liebst, und ich bitte dich für diesen Abend, dass viele von uns bei dir festmachen. Amen.
Die dritte Quelle: Supermarkt der Religionen
Die letzte Möglichkeit besteht darin, sich im Supermarkt der Religionen zu bedienen, zum Beispiel im Okkultismus. Es ist klar, dass es eine große Macht bedeutet, so etwas zu erfahren: Horoskope, Besprechen, Kräfte. Das gibt Geborgenheit und Sicherheit. Wenn man weiß, was die Zukunft bringt, kann man verantwortungsvoll planen. Das gibt Zuversicht.
Man kommt in einen Zirkel hinein, in dem man sich auch schon mal verkauft. Doch es ist die Wärme der Insider, das Gefühl: „Da gehöre ich dazu.“ Es gibt dann viele Angebote. Wir sind ja wie Kunden in Supermärkten, das ist das Symbol unserer Zeit. Dort gibt es lange Theken und viele Waren. Jeder Kunde ist König und kauft sich, was er mag und meint zu brauchen. Hoffentlich kann er das auch bezahlen, sonst nimmt er es auf Kredit.
Das ist Religion, und das ist unser Lebensschicksal. Jeder von uns lebt mit diesen Fragen.
Die Notwendigkeit des Nachdenkens über Religion
Es gibt allerdings Menschen, die haben das Denken eingestellt und überlegen nicht, was sie tun. Das ist kein guter Dienst, den man sich selbst erweist.
Neulich fand in Arosa ein Ärztekongress statt. Dort wurde festgestellt, dass man den Kopf nicht nur zum Frisieren, sondern auch zum Denken benutzen kann. Das ist eine wichtige Empfehlung, wenn man im Leben weiterkommen möchte.
Religiosität lebt unter uns. Es wäre interessant, heute Abend im Gespräch noch einmal genauer darüber nachzudenken. So kannst du dir selbst klar werden und mit Freunden darüber sprechen: Was ist unsere, was ist meine Religion?
Dabei geht es nicht darum, was du nach außen zeigst, sondern was dir Sicherheit gibt. Ist es der Mensch, ist es Geld, ist es eine Beziehung oder die Clique? Was gibt dir Sicherheit und Anerkennung?
Das ist Gott, den du verehrst und dem du Opfer bringst.
Gottes Initiative als Gegenbewegung zur menschlichen Religion
Das ist üblich in der Welt, und jetzt will ich euch noch etwas sagen. Es gibt eine rapide, unglaubliche Gegenbewegung, die uns nicht passt, die uns nicht in den Kram passt, die wir nicht gewollt haben und die wir zum Teil nicht verstehen. Diese Gegenbewegung erscheint uns sehr merkwürdig, weil sie zeigt, dass Gott, den wir uns auf unterschiedliche Weise vorgestellt haben, gar nicht danach fragt, wie wir ihn uns ausdenken. Stattdessen wird er von sich aus initiativ.
Der erste Treffpunkt, an dem Gott sich zeigt, ist ein typischer Ort für diese Welt: ein Fressdruck. Offenbar will Gott damit sagen, dass er euch genau an dem Punkt trifft, an dem euer heißestes Dogma, euer wichtigster Grundsatz deutlich wird: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral.“ Dieser Satz stammt von Bert Brecht.
Deshalb wird Gott Mensch. Der erste Ort, an dem er auf diesem Globus Platz nimmt, ist der Fressstruck vom Vieh. Dort wird seine Krippe sein. Es ist, als wollte er sagen: „In diese Welt komme ich, in diese Welt, in der es heißt: Erst kommt das Fressen und dann die Moral.“
Die frühe Lebensgeschichte Jesu als Zeichen göttlicher Nähe
Das Zweite ist: Kaum ist Jesus geboren, muss er auf die Flucht gehen. Ein tyrannischer Herrscher schickt seine Soldaten aus und lässt in Bethlehem alle Kinder unter zwei Jahren töten. Ein Massenmord an unschuldigen Kindern!
Maria und Joseph nehmen Jesus mit und fliehen nach Ägypten. Man sollte daran denken, wenn man einem Flüchtlingskind begegnet. Jesus ist ein Symbol für Gott, der selbst als Flüchtling in der Welt war. Das haben manche in Deutschland vergessen.
Zum Glück durfte Jesus bleiben, obwohl gesagt wurde, das Boot sei voll. Er blieb einige Zeit, bis der Tyrann gestorben war. Danach kehrte er zurück und wurde ein ganz normaler Mensch, ein „Stino“ – ein stinknormaler Handwerker mit einer Schreinerlehre.
Bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr hört man eigentlich nichts Besonderes von ihm. Es gibt eine kleine, aufregende Geschichte, aber ansonsten führt er ein ganz gewöhnliches Leben.
Dann fällt Jesus vor allem dadurch auf, dass er zwei Dinge tut: Er begegnet Menschen und lässt sie die heilende, erneuernde Kraft Gottes spüren. Außerdem spricht er die Wahrheit so offen aus, dass sie oft sehr weh tut.
Die Menschen sind hin- und hergerissen und wissen nicht genau, wie sie mit ihm umgehen sollen. Schließlich entscheiden sie sich, ihn umzubringen.
Das Kreuz als Ort der Gottesnähe und Liebe
Dann hängt er am Kreuz auf der Müllkippe von Jerusalem. Wisst ihr, dass Jesus allerhöchstwahrscheinlich auf einer Müllkippe gekreuzigt wurde? Der Steinbruch, den man Golgatha nannte, lag genau vor der Stadtmauer von Jerusalem. Archäologen haben diesen Ort ausgegraben und die großen Umrisse der Steinbrüche gefunden, die für den Tempelbau genutzt wurden.
In der Mitte blieb ein Hügel aus minderwertigem Fels stehen, der für die Bausteine nicht geeignet war. Dieser Hügel hatte die Form eines Schädels, weshalb man ihn im Volksmund Schädelstätte, Golgotha, nannte. Er lag direkt an der Stadtmauer.
Bei Ausgrabungen vor einigen Jahren fanden die Archäologen dort viele Tonscherben von Küchengeschirr. Dieses war kaputtgegangen und wurde einfach über die Mauer geworfen. Dort lag der Abfall – und zum Müll kamen auch die Hingerichteten.
Gottes Initiative führt bis an diesen Tiefpunkt. Er will uns sagen: Niemand auf dieser Welt soll jemals auf den Gedanken kommen, dass ich zu groß, zu hoch oder zu kompliziert für ihn bin. Dass nur die Gebildeten, die Superreligiösen, die Asketen, die Meditationskünstler oder die Theologen Zugang zu mir haben. Nein, der normale Mensch hat Zugang zu Gott.
Gott ist ganz unten im Dreck, auf dem Müll, damit jeder, der den Eindruck hat – und ich hoffe nicht, dass ihr diesen Eindruck von euch habt, aber leider gibt es viele Menschen, die so denken –, dass ihr Leben Müll sei, Gott sie erreichen kann. Er will, dass solche Menschen spüren: Gott ist genauso tief unten, dort ist er zu treffen.
Als Jesus am Kreuz schreit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – und dann sagt: „Es ist vollbracht“, da ist der entscheidende Durchbruch passiert. Die Liebe Gottes wird ganz, ganz handfest. So, wie Jesus sich am Kreuz hat festnageln lassen, hat sich Gott festnageln lassen auf sein Versprechen: „Ich hab dich lieb.“
Die Auferstehung als Bestätigung göttlicher Liebe
Und damit nichts an der Sache fehlt, setzt Gott seinen Stempel der Gültigkeit unter das Reden, Leben, Handeln, Leiden und Sterben dieses Jesus von Nazareth. Er tut dies, indem er Jesus am dritten Tag auferweckt. Der Tod, der wie eine Mauer erscheint, wird durchbrochen, denn Jesus ist auferstanden.
Wenn wir als Christen zu Jesus sprechen, handeln wir nicht wie Spiritisten, die Totenbeschwörung betreiben. Ich spreche nicht, als würde ich mit meiner verstorbenen Großmutter reden, sondern ich spreche mit dem auferstandenen Jesus. Er lebt so, wie niemand sonst lebt – intensiv in der Wirklichkeit des Schöpfers, der jedes Molekül dieser Welt durchdringt und größer ist als das gesamte Universum. Er ist uns dabei ganz nah.
Welch ein Geschenk ist es, dass er jedem von uns auch jetzt in diesem Augenblick im Saal so nah ist und gleichzeitig das Weltall regiert – unermesslich größer als unser Begreifen. Dieser Gott kommt uns so nah am Kreuz, als Mensch, als Gottes Initiative. Er ist die Antwort auf alle religiösen Bemühungen, vielleicht aber auch eine Kritik daran. Denn oft verlassen wir uns auf die eigenen Lösungen, die wir uns zusammenreimen, die wir uns ausgesucht haben, wie im Supermarkt, in den wir längst verliebt eingetreten sind.
Die Herausforderung des Glaubens an den lebendigen Gott
Ich begegne vielen Menschen, Alten und Jungen, die sehr verärgert sind, wenn man nicht vor den Göttern, die sie sich zusammengebastelt haben, einen Knicks macht. An diese Götter glauben sie und von ihnen erhalten sie Sicherheit und Anerkennung.
Natürlich gilt: Der Kunde ist König. Doch wenn der Schöpfer des Himmels und der Erde kommt, klein wird als Kind in der Krippe, als Mann am Kreuz – geschunden, ein gequälter Leichtum – dann sagen viele: Das mag ich nicht.
Jeder 14-jährige Junge kann Witze über Jesus machen, ohne dass er sich ernsthaft mit ihm auseinandergesetzt hat. Das lässt sich Gott gefallen. Jeder Spießbürger kann seine Phrasen über ihn dreschen, ohne die Bibel überhaupt gelesen zu haben. Auch das lässt Gott geschehen.
So tief kommt Gott herab, um uns die Hand auszustrecken. Das ist Gottes Antwort auf unsere religiöse Sehnsucht.
Und jetzt bittet ihr uns: Macht euer Leben fest. Glauben heißt in der Bibel eigentlich, das Leben mit vollem Vertrauen festzumachen – so wie ein Schiff am Ufer festmacht und gehalten wird. Es bedeutet, Gottes Ewigkeit festzumachen.
Der alltägliche Glaube als Grundlage des Lebens
Du sagst, Glauben kann ich nicht. Ist dir eigentlich bewusst, dass alle, die hier in diesem Saal sitzen, in diesem Moment denselben Glauben teilen, für den wir unser Leben einsetzen? Ist das klar?
Wir glauben in diesem Augenblick einen Glauben, den wir nicht geprüft haben. Viele sagen: „Ich glaube nur, was ich bewiesen habe.“ Wer so etwas sagt, dem braucht man nicht lange nachzuweisen, dass er nicht lange genug nachgedacht hat.
Wer das bezweifelt, dem möchte ich Folgendes sagen: Gibt es hier jemanden, der sich, bevor er sich in diesen Saal gesetzt hat, die Pläne zeigen ließ und die Statik dieser Halle überprüft hat? Wir glauben alle, dass die Decke hält. Dafür setzen wir unser Leben ein, denn wir möchten ja wieder lebendig herauskommen.
Bisher hat es sich immer so verhalten, dass alle Decken, die eingestürzt sind, bis zu diesem Zeitpunkt gehalten haben. Das bedeutet, niemand hat die Statik wirklich geprüft. Es gibt eine relative Wahrscheinlichkeit, die in diesem Fall besonders hoch ist, weil diese Halle ja erst seit acht Monaten in Betrieb ist.
Gut, acht Monate sind eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Statik hält. Wir hoffen, dass diese Annahme berechtigt ist und dass wir alle heil bleiben. Ich glaube das auch, obwohl ich es nicht beweisen kann.
Ich möchte nur sagen: Du kannst den Tag auch so betrachten: Wenn du heute einen Kaffee getrunken oder etwas gegessen hast, dann sind nur diejenigen unter uns, die vorher eine chemische Probe gemacht haben, um sicherzugehen, dass kein Gift darin war, berechtigt zu sagen: „Ich glaube nur, was ich bewiesen habe.“
Alle anderen, die etwas gegessen oder getrunken haben, ohne vorher eine Giftprobe zu machen, haben geglaubt, vertraut und ihr Leben darauf gesetzt. So leben wir.
Das ist ganz normal. Ein Mensch, der das nicht tut, ist krank, den muss man stärken, denn er kann den Alltag eigentlich nicht bewältigen. Das ist so selbstverständlich – so gewinnen wir Erkenntnis.
Wir prüfen, soweit wir können, und müssen dann immer wieder Vertrauen wagen. Dabei setzen wir unser ganzes Leben ein, um eine klare, wenn auch begrenzte Erkenntnis zu erhalten.
Einladung zum Glauben und zur Lebensentscheidung
Wenn wir heute Abend irgendwann aus der Halle herausgehen, haben wir eine hundertprozentige Gewissheit, dass uns diese Decke nicht auf den Kopf gefallen ist.
Doch diese Gewissheit entsteht erst, nachdem wir dieses Glaubensexperiment gemacht haben. Jesus erwartet nichts anderes und lädt genau dazu ein. Glauben heißt, dass ich ihn höre, was er sagt, und dass ich sage: „Jesus, das möchte ich jetzt auf mein Leben anwenden.“
Ich will es so gut prüfen, wie ich kann. Öffne die Augen, lies die Bibel, sprich mit deinen Freunden. Manches an diesem Abend hilft vielleicht dabei, zum Beispiel durch Interviews oder Szenen, die du gehört hast. Prüfe das so gut du kannst.
Dann wirst du an den Punkt kommen, an dem du, wenn du Gewissheit haben willst, aus dem Nebel der religiösen Gefühle heraus zur Gewissheit gelangst, dein Leben beim ewigen Gott, dem Schöpfer, festzumachen. Dieser Gott reicht dir in Jesus die Hand.
Dann kommt der Moment, an dem du sagen musst: „Jesus, ich vertraue dir. Ich wage es jetzt ganz praktisch, mein Leben unter deiner Regie zu leben. Ich bitte dich, vergib mir alles, was zwischen dir und mir stand, alles, was ich gegen dich gelebt habe. Ich will dir jetzt folgen, lernen, was du sagst. Ich will die Augen öffnen, deine Worte in der Bibel lesen, Gemeinschaft mit anderen Christen suchen und Schritt für Schritt erkennen, wer du bist, indem ich mit dir gehe.“
Ich lade euch dazu ein, euch festzumachen. Du wirst diese Frage in jedem Fall beantworten müssen. Wir haben gar keine Wahl. Jeder beantwortet die Frage nach Sicherheit und Anerkennung. Was ist deine Antwort?
Abschluss: Gebet und Übergang zum weiteren Programm
Die Freunde singen jetzt gleich noch ein Lied.
Ich schlage vor, nachdem wir so viel über Gott gesprochen und Lieder gehört haben, die von ihm handeln, Folgendes: Manches wurde so gesagt, als wäre Gott nur ein Gegenstand, über den man diskutiert. Er ist aber nicht nur eine These, über die wir streiten. Vielmehr ist er der Schöpfer, der uns einlädt, mit ihm zu reden.
Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn wir einen Augenblick mit ihm im Gebet sprechen. Danach geht es mit dem Abend weiter.
Jesus, ich danke dir, dass du auferstanden bist und dass wir so zu dir reden dürfen. Du kennst uns und weißt, wie unsere Sehnsucht ist. Wie oft wir uns am Abend an der Nase herumführen lassen und wie schwierig es oft ist, klar durchzusehen. Wir danken dir, dass du uns so sehr liebst.
Ich bitte dich für diesen Abend, dass viele von uns bei dir festmachen. Amen.