Heute Morgen lautet das Thema: Warum lässt Gott uns mit Leid leben?
Ich lese uns dazu aus Römer 8, die Verse 14 bis 17:
„Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gotteserben und Miterben Christi, wenn wir dann mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.“
Wir lesen weiter bis Vers 24, denn langsam haben wir ja gestern gelernt, nicht nur in der Tora, langsam lesen:
„Denn ich bin überzeugt, dass dieses Zeit-Leiden nicht ins Gewicht fällt gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit, ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, doch auf Hoffnung. Denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet – nicht allein sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehen uns nach der Kindschaft der Erlösung unseres Leibes. Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht?“
Bevor wir gemeinsam singen, wollen wir beten. Waldemar, darf ich dich bitten, mit uns zum Eingang zu beten?
Lieber treuer Vater, wir danken dir herzlich für den neuen Morgen, dass wir aufgewacht sind mit dem Gedanken zu dir, weil wir in diesem Haus sind, Herr, und uns rüsten lassen wollen von dir und deinem Geist, deinem Geist, ja auch deinem Land.
An erster Stelle steht, Herr, und so haben wir vieles schon gehört, auch besonders gestern, und es tut gut zu wissen, Herr, dass du diesem Land noch treu bist. Wir bitten dich herzlich für die Menschen in Israel, dass du ihr verstocktes Herz öffnen mögest, dass sie erkennen, dass du, Herr Jesus, auch ihr Messias bist.
Danke, lieber Herr, dass wir hier sein dürfen. Wir freuen uns auch jetzt auf deinen Geist, auf das, was der Bruder uns zu sagen hat. Danke für die wunderbaren Lieder, die die Brüder geschrieben haben und die Schwestern – vor wieviel Jahren – und die uns heute noch ermutigen. Das sind alles Dinge, die wir in unserem Herzen bewahren, damit sie uns stärken und festhalten an dir.
So segne uns an diesem Tag. Amen.
Die Herausforderung des Leidens im Christenleben
In ihrem Leben ist die größte Herausforderung das Leid, die größte Auseinandersetzung im Christenleben. Es ist beeindruckend, wie dieses Lied uns plötzlich dabei hilft, die schwersten Dinge unter die Füße zu legen. Wenn wir dich haben, kann uns nichts schaden – weder Teufel, Welt, Sünde noch Tod.
Die großen Herausforderungen, vor denen wir alle noch stehen, erschüttern unseren Glauben und bringen ihn ins Wanken. Deshalb hören wir auch unter Christen oft die Frage: Wie kann Gott das zulassen? Das Schwere, ja, Gott kann das, ja, Gott ist da. Aber die Frage bleibt: Wie werden wir damit fertig?
Sehr interessant ist, dass es kein Buch der Weltliteratur gibt, das das Thema des Leidens so tiefgehend behandelt wie die Bibel. In einer ungeheuren Tiefe. Als Christen haben wir ein Erkennungssymbol, ein Zeichen: das Kreuz – der schmerzlichste Tod von Jesus, verbunden mit Spott und Hohn, als das größte Siegeszeichen.
Darum ist es entscheidend wichtig, dass wir lernen, Leiden und Kreuz in unserem Leben zu überwinden und damit fertig zu werden.
Heute haben wir natürlich eine junge Generation von Christen, die meint, es sei nun alles Jux, Lust und Tollerei. Dabei wird übersehen, dass unsere Welt voll von Leiden ist – und das nicht nur, wenn wir die Zeitung aufschlagen oder die Fernsehnachrichten sehen, sondern auch von der Schöpfung her.
Die Schöpfung ist keine Schöpfung mehr im paradiesischen Zustand, sondern eine gefallene Welt mit viel Krankheit und Zerfall. Wir haben Angst, wie wir die Umwelt überhaupt erhalten können und wie die Schöpfung in unserer Zeit noch bestehen kann.
Immer wieder fürchten wir, ob die Welt aus ihrer Bahn gerät, wenn Menschen davon sprechen, dass Planeten aus der Bahn kommen und Gefährdungen drohen. Auch die Sorge, dass das Klima außer Kontrolle gerät, belastet uns.
Wir leben nicht mehr in einer idealen Welt.
Die Realität des Leidens und die Nachfolge Jesu
Und das ist ganz merkwürdig: Heute vertreten viele junge Christen die Meinung, dass wir, wenn wir leiden, das Leiden einfach wegbeten müssen. Wenn Jesus da ist, dürfe es kein Leiden mehr geben. Aber das stimmt so nicht. Jesus ist den Weg des Leidens gegangen und hat gesagt, dass wir ihm auf dem Weg des Leidens nachfolgen sollen.
Nun freue ich mich mit Ihnen, wenn Sie keine Probleme haben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie gesund sind, so wie es mir heute auch gut geht und wie ich mich an diesem herrlichen Tag freuen kann.
Wenn Sie jedoch die Psalmen aufschlagen, die ja interessanterweise Lobreisungen heißen, finden Sie darin die tiefsten Klagepsalmen. Auch diese gehören zum Lobreis. So heißt es im Psalm 22: „Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe, es ist hier kein Helfer. Große Farren haben mich umgeben, gewaltige Stiere haben mich umringt. Ihren Rachen sperren sie auf gegen mich wie ein brüllender und reißender Löwe. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen. Du legst mich in des Todes Staub. Denn die Hunde haben mich umgeben, und der bösen Rotte hat mich umringt. Sie haben meine Füße und Hände durchgraben, ich kann alle meine Gebeine zählen.“
Ein großer Psychologieprofessor in Heidelberg, Professor von Bayer, hat gesagt: „Das ist das Tiefste, was man heute in den psychischen Leiden erleben kann.“ Und nur das Wort Gottes versteht uns auch an dieser Stelle.
Ich sage das Ganze auch deshalb, weil wir heute erleben, dass in vielen Teilen der Welt die Christengemeinden auf erschütternde Weise gefoltert, bedrängt, verhöhnt und unterdrückt werden. Ich bin nicht glücklich darüber, dass bei vielen Christen die Reaktion lautet: „Das muss doch Gott verhindern!“
Ich habe in den bedrängten Christengemeinden – sei es in Nordkorea, China, Kuba oder Russland – nie einen Christen getroffen, der gesagt hat: „Ich will Freiheit“ oder „Ich will vom Leiden frei sein.“ Stattdessen haben alle nur gesagt: „Betet für uns, dass wir standhalten.“ Sie haben das Leiden als Segen begriffen, als von Gott geschickt und zugelassen.
Die Bedeutung der Leidenden in der Gemeinde
Das erleben wir auch in der Gemeinde. Oft haben wir die Kranken um uns herum vergessen, und ich sage: Es ist der größte Schatz, den wir in unseren Gemeinden haben – die Leidenden und die Kranken. Denn gerade dort erleben wir am herrlichsten die Macht von Jesus. In dir ist Freude, selbst in allem Leide.
Es ist ein besonderes Erleben, wie Christus gerade auf schweren Wegen seine Gegenwart zeigt. Darum ist es ein Irrweg, wenn wir heute meinen, wir müssten unseren Glauben in Wellness, Komfort und Wohlstand erfahren. Wir haben noch nicht begriffen, dass das meist der Weg des Abfalls ist, bei dem wir von Christus weggerissen werden. Dabei werden die irdischen Dinge für uns wesentlich und wichtig.
Wir kennen viele Menschen aus unserer Nähe, die einst feurig für Jesus waren, heute aber die Verbindung zu ihm verloren haben – über äußere Umstände, die sie weggezogen haben.
Dann müssen wir uns daran erinnern, dass die Verkündigung des Evangeliums nie ohne Widerspruch geschehen kann. Heutzutage wird oft so getan, als wäre Evangelisation möglich, ohne dass wir den Beifall der Welt verlieren. Doch das war noch nie so. Zu keiner Zeit der Christenheit war das der Fall. Die erste Christenheit wurde in einen furchtbaren Kampf hineingerissen, nur wegen der Verkündigung des Namens Jesus.
Und das ist in unseren Tagen wieder so. Wir werden uns noch wundern, was in unserer freiheitlichen Gesellschaft an Jesushass aufbrechen wird. Schon jetzt erleben wir, dass kein Raum mehr für die freie Jesusverkündigung ist. Es ist schwierig geworden. Unsere freien evangelischen Schulen haben bereits Probleme, wenn sie nur von der Schöpfung sprechen und die Evolution sowie den Darwinismus ablehnen.
Wir erleben das auch in diesen Tagen, wenn es um sexuelle Vielgestaltigkeit geht und welcher Hass dabei losbricht. Dann sagen wir: Lasst doch unsere Kinder einmal in Ruhe! Wir wollen sie selbst erziehen. Doch die Welt ist intolerant und erlaubt uns das nicht.
Leiden als Teil des christlichen Zeugnisses
Wir müssen uns wieder bewusst machen, dass Paulus an Timotheus schrieb: „Leide mit mir für das Evangelium.“
Ich kann kein Zeuge des Evangeliums sein, ohne den Widerspruch zu ertragen. Dieser Widerspruch bricht oft aus. Unsere jungen Leute erleben das häufig schon in der Schule, wenn sie einen Gebetskreis haben. Sie werden von ihren Kameraden verlacht und verspottet und stehen oft ganz allein da.
Wenn sie plötzlich sagen, dass sie bei gewissen Praktiken, die heute üblich sind, nicht mitmachen, und erklären: „Ich lebe anders, ich höre auf das Kommando von Jesus“, dann ist das nicht neu. Wir müssen uns noch an die großen Bekenner im Dritten Reich erinnern, ob es Dietrich Bonhoeffer oder Paul Schneider war. Gerade Paul Schneider sagte, dass wir nur dann in der richtigen Stellung sind, wenn wir leiden. Er wusste, dass man in solch einer Gesellschaft nicht mitschwimmen darf, sondern Jesus mehr gehorchen muss als den Menschen.
Es hat mich sehr betroffen gemacht, wie unsere junge Generation immer wieder mit dem Leiden konfrontiert wird. Ein herrliches junges Ehepaar freute sich auf ihr erstes Kind. Sie hatten sich auf einen Dienst in Mosambik vorbereitet. Beide waren Landwirtschaftsingenieure und wollten dort der Gemeinde helfen.
Doch bei der Untersuchung im Mutterleib stellte man fest, dass das Kind ein ganz schweres Herzleiden hat. Sie konnten nicht ausreisen und sind hier in Deutschland geblieben. Das Kind hatte im ersten Jahr, ich glaube, zwanzig Operationen und lag fast immer auf der Intensivstation – ein ganz kleines Kind.
Warum werden junge Menschen, die fröhlich Jesus nachfolgen, so schwere Wege geführt? Ein anderes Erlebnis: Ein Vater macht mit seinem Sohn eine Wanderung in den Alpen. Sie überqueren einen Gletscher, und der Sohn stürzt in eine Gletscherspalte. Doch das ist noch nicht alles.
Der Vater hört den Sohn immer wieder rufen und wartet auf die Helfer, die aber nicht kommen. Der Sohn stürzt immer tiefer. Als man ihn endlich rettet, ist er erfroren. Der Vater betet oben und fragt: „Was ist da los?“
Wir sagen, es ist ganz wichtig, dass wir das wissen.
Der tiefe Riss in der Schöpfung und die Realität des Bösen
Ein erster Punkt: Es geht ein tiefer Riss durch die Schöpfung, und das müssen wir als Christen immer wieder in der Verkündigung weitergeben. Diese Schöpfung trägt eine unheimlich dunkle Nachtseite in sich.
Doktor Paul Müller, ein großer Naturwissenschaftler, der mit 28 Jahren an Multipler Sklerose erkrankte, war ein Evangelist unter den Naturwissenschaftlern und hat viele Bücher geschrieben. Er hat stets darauf hingewiesen, wie man Schmarotzer, Viren und Bakterien in der Schöpfung findet. Ebenso zeigte er, wie Tiere einander töten, etwa wenn die Katze das Nest ausraubt, in dem die kleinen Vögel sind.
Dazu kommen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und Unwetter, die es zu allen Zeiten gegeben hat. Diese schrecklichen Ereignisse gehören zur Welt. Zusätzlich gibt es von Menschen verursachte Leiden: Unterdrückung, Kriege, Ausbeutung, Korruption, Egoismus und Habsucht.
Wie kann man mit Leid überhaupt leben? Diese Frage trifft nicht nur Christen, sondern auch Atheisten. Für viele Menschen ist sie die große Herausforderung, auf die wir eine Antwort geben müssen.
Neulich wurde ich in ein Krankenhaus gerufen. Ein ungläubiger Mann lag dort, und sein Schwiegersohn bat mich, noch einmal nach seinem Vater zu sehen. Der Mann war 77 Jahre alt und hatte gerade einen schweren Krebsbefund erhalten. Er klagte lautstark: „Mein Leben lang habe ich nur gegessen, was ich in meinem Garten selbst angebaut habe. Ich habe nie beim Discounter eingekauft. Warum bekomme ich jetzt Krebs?“
Es gibt immer die Meinung, man könne Leiden verhindern, wenn man nur auf eine bestimmte Weise lebt. Jeder hat seine eigenen Rezepte. Dann sagte der Mann: „Wenn es Ihren Gott gibt, mit dem möchte ich mal reden.“ Ich konnte nur noch aus dem Krankenzimmer fliehen. Was soll man noch mit einem Sterbenden reden?
Und immer wieder stellt sich die Frage: Was ist denn los?
Die Herrschaft des Fürsten dieser Welt und die Suche Gottes im Leid
Ich bin auch froh, dass Jesus uns so deutlich gesagt hat, dass er vom Fürsten dieser Welt sprach, der diese Welt regiert und bestimmt. Er hält die ganze Welt in seiner Hand, auch in der Versuchungsgeschichte, wenn es heißt: „Dies alles gehört mir.“
Darum ist es so wichtig, dass wir uns nicht überheben. Auch wir können nicht viel ausrichten. Paulus beschreibt in Römer 1, wie erschütternd es ist, dass die ganze Welt in diese Gottferne hineingerissen ist. Das Herz der Menschen ist verfinstert, und sie können Gott gar nicht erkennen.
Doch ich merke: Im Leid sucht mich die Liebe Gottes ganz besonders. Und das dürfen wir Menschen verkünden. Gottes Liebe sucht dich. Darum hat Gott seinen Sohn Jesus gesandt, um dich in dieser Welt des Leidens zu suchen.
Paulus erzählt einmal, wie er in der Provinz Asien in ganz tiefer Not war. Er sagte, dass er diese Not durchleiden musste, sogar die Tiefen, so dass er am Leben verzweifelte. Damit kann ich überhaupt mitfühlen mit den Menschen, die am Glauben verzweifeln und mutlos sind.
Wir sollen unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzen, sondern auf den Gott, der Tote lebendig macht. Und das ist entscheidend: Im Leiden merken wir, dass in uns kein Halt mehr ist. Das ist ja die Religion unserer Tage – das Selbstvertrauen. Aber das Selbstvertrauen trägt dich nicht, weil man ein Leben zerbricht.
Ich muss auf den Herrn trauen, dem ich gehöre. Das ist der große Trost. Ich habe immer wieder die Macht der Bibelworte erlebt, der Gottesworte, die wir in diesen Augenblicken schwer angefochtenen Menschen zusprechen – zum Beispiel auf der Intensivstation: „So spricht der Herr: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“
Und ich habe erleben dürfen, wie immer wieder auch ganz gottferne Menschen fragen: „Gilt das auch mir?“ Ja, es gilt dir. Und das ist in Jesus bekräftigt. Auf einmal bewirkt der Geist Gottes Glauben.
Das Geheimnis des Warum und die unerschütterliche Liebe Gottes
Ich kann die Frage nach dem Leid nie vollständig beantworten. Warum es Leid gibt, ist für mich oft unsinnig. Es gibt viele Dinge, auf die ich Antworten finde: Warum lebe ich heute und nicht vor hundert Jahren? Warum bin ich als Mann geboren und nicht als Frau? Warum bin ich als Deutsche geboren und nicht als Kubanerin? Ich weiß es nicht. Es sind viele Dinge, deren Warum ich nicht erklären kann.
Aber eins kann ich erklären: Gottes Liebe sucht dich. Das ist so wichtig in all den Worten der Bibel. Jesus hat das ganz deutlich gemacht, indem er selbst den Weg des Leidens gegangen ist. Er zeigt, dass kein Mensch von der Liebe Gottes ausgeschlossen ist. Er sucht jeden von uns.
Im Buch Jeremia heißt es: „Ich rief aus der Grube deinen Namen, Herr, und du erhörtest meine Stimme. Du näherst dich mir, als ich dich anrief, und sprachst: Fürchte dich nicht.“
Lasst uns unsere Angefochtenen und Leidenden niemals alleinlassen. Krankenbesuche sind eine der wichtigsten Aufgaben in der Gemeinde. Ich sage es auch den jungen Pastoren: Es ist eine unverzeihliche Schuld, wenn man keine Hausbesuche macht und die Menschen alleinlässt. Es muss dabei gar nicht lang sein. Bei langen Besuchen geht man den Leuten oft auf die Nerven, besonders wenn die Kranken anfangen zu schwitzen, weil es sie anstrengt.
Wichtig ist, dass wir ihnen ein Wort bringen, vielleicht einen Liedvers, und sagen: „Und ich will noch mit dir beten.“ Meine Frau hat das immer so gemacht. Sie war Kantorin und hat oft gesagt: „Wir singen noch einen Vers, wenn wir zu zweit sind.“ Sie hatte eine schöne Stimme, bei mir krächzt sie noch. Aber sie wollte gerne singen, wenn wir zusammen waren, zum Beispiel „So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein Seligen.“
Auch die Töne, die mit den Worten verbunden sind, erquicken unsere Kranken und Angefochtenen. Das Schönste an diesem Tag war für mich, dass ihr vorbeigekommen seid. Es braucht ja kaum fünf Minuten. Oder am Telefon ein kurzer Gruß. Aber wir müssen die Leute herausholen, denn nur das Wort von Jesus kann sie erquicken.
Das ist so schön in dem Lied: „Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden, Teufel, Welt oder Tod.“
Die Herausforderung einer gottfernen Gesellschaft und die Geschichte des Glaubens
Ich möchte noch einmal betonen, dass auch heute Gemeinden auf der ganzen Welt spüren, wie der Hass gegen Jesus entfacht wird. Jesus ist der große Fremdkörper in dieser Welt, auch in unserer Gesellschaft.
Wir leben in einer notvollen, gottfernen Gesellschaft, einer gottlosen Welt, die den Namen Jesus kaum ertragen kann – den schönsten Namen aller Namen, den Namen des Heilandes, der gehasst wird. Wahrscheinlich ist das, wenn wir durch die Jahrhunderte zurückblicken, immer gleich geblieben.
Es war nicht anders zur Zeit der Verfolgung der Hugenotten, als eine Million Menschen getötet wurden – ganz zu schweigen von denen, die auf den Galeeren gelitten haben, weil sie ihren Glauben an Jesus nicht verleugnen wollten.
Wenn ich in Salzburg bin und über den schönen Marktplatz gehe, erinnere ich mich an die Rosttränke. Dort wurde ein dreizehnjähriges Mädchen vom Henker ertränkt. Der Henker fragte sie noch einmal: „Willst du Jesus verleugnen?“ Sie antwortete: „Nein“, lachte ihn an und starb. Im Wasser der Rosttränke von Salzburg wurden die Salzburger im tiefsten Winter vertrieben – um Jesu willen.
Doch das Interessante ist nicht nur das Leid, das erschütternd ist und uns schmerzt. Vielmehr ist es die Tiefe, in der diese Menschen Jesus erlebt haben – eine Tiefe, wie wir sie in unseren Gemeinden kaum noch finden. Es ist alles lauwarm und gleichgültig geworden.
Wenn man die Geschichte von Jochen Klepper liest oder den Roman über die Salzburger Auswanderer, die ihre Bibeln mitnahmen, wird deutlich, wie die Bibel bei uns oft zerfleddert oder beiseitegelegt wird. Diese Menschen aber ließen ihre Höfe zurück, aber die Bibel, das Wort Gottes, trug sie.
Deshalb ist es so wunderbar, wie Christen im Leiden erkennen und sagen können: Ich habe Ihnen gestern von diesen Iranern erzählt. Als ich sie unterbrach und sagte: „Aber es steht doch das Todesurteil drauf“, antworteten sie nur: „Ja, natürlich. Für den Islam muss man auch sterben. Aber wir wollen nicht für den Islam von Khomeini sterben, wir wollen für Jesus sterben.“ Wo hören wir so ein Wort bei uns? Und jeder Einzelne ist bereit dazu.
Wir haben gestern Abend wieder gehört, dass der neue Präsident im Iran, der sich so tolerant gibt und liebevolle Botschaften an den Westen sendet, kürzlich bekräftigt hat: Jeder Konvertit wird sterben, jeder, der den Islam verlässt, wird sterben. Und alle sind dazu bereit, weil ihnen Jesus mehr bedeutet als alle Schätze dieser Welt.
Das ist das Große, was uns diese Christen sagen können.
Die Bedeutung des geistlichen Erbes und der weltweiten Gemeinde
Darum bin ich sehr dafür, dass wir nicht immer nur von Freiheit reden, sondern sagen: Herr, gib uns doch wieder dieses Erbe, das uns die leidenden Christen zeigen und entdeckt haben.
Vor Jahren hatten wir in Kuba ein Bibelseminar aufgebaut, mit Hilfe für Brüder. Das war damals sehr günstig, weil in Kuba alles nur in Fremdwährungen geschieht. Der Dollar hat dort eine große Bedeutung. Ich bin damals mit 30 Dollar in der Unterwäsche nach Kuba gereist. Bei der Personenkontrolle in Frankfurt war ein untersuchender Mann in der Kabine, der sagte, ich hätte aber viel Geld dabei. Ich antwortete, das gehe ihn nichts an, denn damals durfte man das Geld ausführen und nach Kuba einführen.
Mit diesem Geld, mit diesen 30 Dollar, was dort eine große Summe war, konnte man die ganze große Bibelschule neu bauen. Ich brachte das Geld dem Leiter, der sehr todkrank im Rollstuhl saß. Er dankte sehr für die Gaben. Denn das war eine ganz wichtige bibeltreue Ausbildungsstätte, die man fördern konnte.
Dann erzählte er mir, dass er im Krankenhaus in Havanna war, wo viele Kommunisten als Ärzte arbeiteten. Er hatte mit einem dieser Ärzte kurz gesprochen, weil er keine Heilungschancen mehr sah. Dabei bezeugte er, dass er sich auf die Ewigkeit freue, wenn er Jesus sehen werde.
Dann passierte etwas ganz Merkwürdiges: Als er entlassen wurde, am ersten Sonntag, als der Arzt frei hatte, fuhr dieser 300 Kilometer mit dem Auto. In Kuba ist es fast unmöglich, Auto zu fahren, weil Benzin sehr teuer ist und Fremdwährung gebraucht wird – die sie ja nicht haben. Der Arzt kam plötzlich und sagte, er möchte noch mehr von der Hoffnung des Christen hören. Das beeindruckte ihn sehr.
Dass ein Christ in der Hoffnungslosigkeit einer sozialistischen Gesellschaft Hoffnung hat, wird hier deutlich. Das zeigt sich auch bei der verfolgten Gemeinde, die etwas hat, was andere nicht haben. Darum wächst die Gemeinde in China oder Nordkorea, weil der Sozialismus ihnen das nicht geben kann, was sie dort haben. Das ist so groß.
Deshalb sollten wir uns darüber freuen und sagen: Ich möchte den geistlichen Ertrag dieser verfolgten Christen in aller Welt bei mir aufnehmen. Was ist das, was sie sagen? Dass das Wort Gottes wahr ist, sein Wort nicht trügt und gewiss hält, was es verspricht – im Tod und auch im Leben.
Als ich einst noch im Osten in der Verantwortung war, in der Zeit des Kommunismus, lange vor zwanzig Jahren vor der Wende, fuhr ich nach Bulgarien und besuchte dort einen Prediger der Methodisten in einer sehr kleinen Gemeinde. Er sagte: „Ich habe lange über Ihre Probleme gesprochen. Bei uns gibt es gerade den Kirchentag, und da geht es immer darum, dass die Bibel nicht das Wort Gottes ist, sondern nur Menschenwort. Man sagt, das könne man nicht so und so verstehen.“ Sie kennen ja die Diskussion, die wir überall haben.
Dann sagte er nur: „Diskutiert ihr eigentlich auch, ob die Sonne scheint?“ Er erzählte, sie seien fünf Jahre auf der Universität gewesen. Aber die Universität war für sie ein Straflager. Was sie dort mit dem Wort Gottes erlebt hätten, das nehme ihnen keiner mehr weg.
Deswegen ist es heute so wichtig, was etwa in Nordnigeria, Somalia, Usbekistan, Laos, Kambodscha und anderen Ländern mit großer Verfolgung bei diesen Christen erlebt wird – auch in Nordkorea. Es ist wunderbar, dass sie die Nähe von Christus erleben, der uns allein trägt.
Wir sollten diese Stimme in unseren Gemeinden wieder weitergeben. Oft sagen wir: „Es interessiert mich gar nicht, was er da redet.“ Aber ich möchte weitergeben, was ich in den Berichten lese. Das war nicht nur Richard Wurmbrand, sondern auch die neuen Zeugen, die uns das genauso berichten und weitersagen.
Die Kraft des Glaubens inmitten von Verfolgung
Lio Jambot war einer der großen Rotgardisten von Mao Zedong, die die Kirchen in China verwüstet haben. Mao Zedong erreichte, dass alle Kirchen in China zerstört und geschlossen wurden. In den Siebzigerjahren gab es keine einzige offene Kirche mehr im ganzen Land.
Dann erzählt dieser Liuembu, er habe viele Tausend Rotgardisten befehligt. Diese Rotgardisten waren Studenten, die den Kulturkampf damals getragen haben. Er berichtet, dass sie einen alten Prediger fanden und auf ihn einschlugen. Je mehr sie ihn schlugen, desto mehr betete der Prediger: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Herr, öffne ihnen die Augen!“
Ein Jahr später, auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution, war dieser Prediger, einer der wichtigsten Christenverfolger, plötzlich zum Glauben an Jesus gekommen. Das war 1978. Damals wusste man noch nichts von dem großen, wachsenden China. Aber Jesus hatte bereits seine Spuren hinterlassen.
Aus dem Dienst dieses Mannes während der maoistischen Verfolgung entstanden durch ihn allein siebzig illegale Hausversammlungen in fünf Ortschaften mit dreitausend Gläubigen. Er begann auch Bibelkurse, aus denen vierzig Gemeindebibelschulen hervorgingen.
Verstehen Sie das? Der Herr baut seine Gemeinde, und er baut sie trotz aller Verfolgungen und aller Hochmut. Wir meinen oft, wir könnten das Evangelium durch unsere Kunst oder durch unsere Redegabe verbreiten. Das ist ein Irrtum. Noch nie ist ein Mensch allein durch die Gabe eines Predigers zum Glauben gekommen – so wirkt der Heilige Geist.
Darum dürfen wir bitten: „Herr, tu das doch in uns!“ Es ist so wichtig, dass wir von uns selbst und auch von unseren Leiden wegblicken. So können wir andere trösten, weil wir selbst in unserem Leid getröstet wurden. Das gibt ihnen eine Antwort auf die Fragen, die sie bedrücken und bewegen.
Die Bedeutung von Kreuz und Trost in der christlichen Musik
Es gibt leider nur wenige christliche Lieder zu Kreuz und Trost, die heute noch gesungen werden. Viele dieser Lieder sind inzwischen fast ganz verschwunden. Wie arm wird eine Generation sein, die nicht mehr weiß, wie wichtig gerade in schweren Anfechtungen die Lieder von Paul Gerhardt sind.
Zum Beispiel das Lied „Warum sollte ich mich denn grämen“. Darin heißt es: „Habe ich doch Christus noch, wer will mir den nehmen, wer will mir den Himmel rauben, den mir schon Gottes Sohn beigelegt im Glauben.“ Was sind diese Erdgüter? Wie heißt das doch, Lebensgüter? Sand, Kummer oder Gemüter? Sehen Sie, das sind doch ein Schatz. Bringen Sie diese Lieder doch wieder zu den Kranken, denn sie berühren etwas tief in der Seele. „Sand“ hat schon meine Oma mit mir gesungen, und da wurde es für mich wichtig.
Wir in Württemberg hatten den Karl Friedrich Hartmann, der oben auf der Solitude bei einem ganz gottlosen Herzog, Karl Eugen, als Herzogprediger in der Kapelle wirkte. Er geriet in Konflikt mit diesem gottlosen Hof des Barock und Rokoko. Karl Friedrich Hartmann – ich habe sein Lebensbild in unserem großen Band beschrieben – hat uns ein tiefes Leidenslied hinterlassen, das es sonst kaum gibt.
Darin heißt es: „Endlich bricht der heiße Tiegel, das Bild ist die Läuterung, ob mein Glaube echt ist.“ Unter Leiden prägt der Meister in die Herzen, in die Geister sein allgeltend Bildnis ein. Wie er dieses Leibeschöpfer ist, will er auch des künftigen Schöpfer auf dem Weg der Leiden sein. Leiden sammelt unsere Sinne, damit die Seele nicht zerrinnt in den Bildern dieser Welt. Es ist wie eine Engelwache, die im innersten Gemach des Gemütes Ordnung hält.
Leiden macht das Wort verständlich, Leiden macht in allem gründlich. Leiden wäre Steiner wert. Hier heißt man dich eine Bürde, droben bist du eine Würde, die nicht jedem widerfährt. Im Gefühl der tiefsten Schmerzen dringt das Herz zu Jesu Herzen immer liebender hinein. Und um eins nur fleht es sehnlich: „Mach mich dir ähnlich, dass ich mit dir leben kann.“ Das sind doch ganz herrliche Verse.
Karl Friedrich Hartmann – mit zwei T – trägt diesen eigentümlichen Namen. Er bringt uns eine große Botschaft und Lebensfreude, als der Traurige und doch allezeit Fröhliche. Paulus hat in seinen Briefen viel vom Leiden gesprochen. Doch immer, wenn er vom Leiden sprach, sprach er auch von der Freude. Denn im Leiden wird ihm die Freude an Jesus erst richtig groß.
Er sagt: „Ich freue mich meiner Leiden, warum? Weil mir dann das Äußere unwichtig wird und Christus alles ist.“ Wir haben seit wann? „Philipper 4,13: Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ So können wir das Leiden durchstehen. Nicht, dass wir das Leiden suchen, aber es ist eine Realität. Es gibt kein Menschenleben ohne Leiden.
Schon Kinder und Babys beginnen mit Leiden. Sie leiden unter den Engsten, wenn die Eltern sie verlassen. Dann fremdeln sie und schreien nachts aus Angst. Aber das gehört zum Leben dazu. Darum ist es so wichtig, dass wir ihnen den einzigen Trost geben: Jesus ist da. Und das dürfen sie bei ihm erfahren und erleben.
Die Kraft des Glaubens inmitten von Bedrängnis und Verfolgung
Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.
Wir tragen allezeit das Sterben von Jesus an unserem Leibe, damit auch das Leben von Jesus an unserem Leib offenbar werde. Uns ist so groß, dass wir eine große Kette von Glaubenszeugen haben, die uns vorangegangen sind.
Wir waren auf einer Reise im Rhone-Delta. Dort begegneten wir Marie Durand, die 36 Jahre im Turm Widerstand für ihren Glauben geleistet hat. Diese fröhliche Jesuszeugin war mit den Frauen dort drinnen. Wir haben das in den schweren Zeiten des Dreißigjährigen Krieges unendlich erfahren.
Amos Komenius, der Tscheche, und Peter Krusta spielen das, und ich erinnere mich immer an Komenius, der sagt: „Wer nicht in Jesus Christus seinen Halt hat, den Beutel ziehen und her! Der kann in der ganzen Welt gar nicht leben unter den großen Erschütterungen.“ Das wird auch in dieser Generation so sein.
Es wird uns gar nicht überraschen, wenn der Euro zerbricht und Europa sich als der größte Flop herausstellt und gar nicht das paradiesische Vergnügen bringt. Ich will ja gar keine Schwarz-Weiß-Bilder an die Wand malen, aber wir wissen, wie wir von so vielem enttäuscht sind und von Menschenordnungen enttäuscht sind – als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, allezeit fröhlich, weil uns niemand diesen Jesus rauben kann.
Darum ist das so groß, wie Paulus sagt, dort in Römer 8: „Ich bin überzeugt, dass diese Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns soll offenbart werden.“ Paulus sagt, die Gemeinde muss ein ganzes Stück dieser Leiden noch erleben. Gerade darum ist das mächtigste Zeugnis da.
Jetzt ist eine interessante Erfahrung: Nirgendwo in der Welt kommen so viele Menschen zum Glauben an Jesus wie in der bedrängten und verfolgten Gemeinde. Weil Christus so eindeutig im Zeugnis in der Mitte steht. Da geht es nicht mehr um Randfragen, da geht es nicht um die Pastoren und den Bischof, der sich seine Traumvilla baut, sondern da geht es bloß noch darum: Warum leidest du für Jesus?
So wie diese Bekenner im Dritten Reich gelitten haben, wie wir es kennen aus der kommunistischen Verfolgung und von den vielen anderen in der spanischen Unterdrückung durch die Kommunisten und wo das überall war, wie wir es aus der Reformzeit kennen.
Zeugnis der Märtyrer und die Herausforderung der Gegenwart
In diesen Tagen habe ich gerade für die Hilfsaktion Märtyrerkirche einen kleinen Artikel geschrieben. Die ersten Menschen, die in Uganda als Christen gestorben sind, waren junge Paschen am Hof des Königs von Baganda. Zu dieser Zeit war Stanley bereits als Missionar unterwegs, und die ersten Missionare waren eingetroffen.
Warum sind diese Menschen gestorben? Weil sie die homosexuellen Praktiken des Königs ablehnten. Sie starben den Flammentod und sangen dabei ihre Lieder. Dieses Ereignis hat Afrika wachgerüttelt.
Heute erleben wir das Gegenteil. Die evangelischen Kirchen Deutschlands zwingen die afrikanischen Kirchen, die Praxis der Homosexualität wieder einzuführen und zu erlauben. Und wir können sie nicht stoppen. So weit ist unsere Christenheit heute gesunken und ihr Einfluss nach Afrika.
Dann merken wir erst wieder, dass ich über dieses Thema gar nicht mehr reden möchte. Es geht nur darum, dass es um das Christusbekennende geht und um seine Macht. Wir freuen uns daran. Das werden wir auch erleben, wenn wir durch tiefe Nöte gehen. Dann erfahren wir die Kraft von Christus und können ihm treu sein, auch wenn das, was sichtbar ist, vergeht.
Unsere Trübsal und Bedrängnis sind schwer und zeitlich begrenzt, doch sie schaffen eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit. Mir geht es nicht darum, alte oder neue Lieder gegeneinander auszuspielen, sondern um die Erfahrung des Glaubens.
Diese Erfahrung zählt. Und das gilt auch für euch, die älteren Generationen. Ihr könnt der jungen Generation etwas erzählen, die oft gar nichts mehr darüber weiß, was Hunger war. Die gar nicht mehr weiß, wie es damals in den Gefangenenlagern war. Wir haben es doch noch von unseren Vätern gehört und wissen, was damals wichtig war.
Mein Vater war in den Sevennen in einem Offizierslager, wo sie nichts mehr zu essen hatten. Er erzählte, wie es war, als vom Weißen See die ersten Testamente verteilt wurden. Plötzlich war nicht mehr der Hunger das Wichtigste, sondern die Botschaft des Lebens. Obwohl die Männer ausgehungert waren und nichts mehr hatten, zählte das Leben.
Und das zählt in unserem Leben. Darum werden sie nicht schuldig an den Leidenden um uns herum. Wir wollen mit niemandem streiten, erst recht nicht mit Ungläubigen. Wenn sie kein Organ dafür haben, dann wollen wir den Ungläubigen ganz schlicht bezeugen: Jesus hat das Leiden dieser Welt auf sich genommen. Er hat gelitten bis zum Tod am Kreuz, weil das das größte Problem dieser Welt ist – das unschuldige Leiden und Sterben.
Aber er hat es überwunden durch den Ostersieg. Er ist Herr und kann mitfühlen mit allen, die leiden. Und das ist auch so groß in diesem Lied, das Tsuriakos Negas geschrieben hat. Es ist schön, dass er eine Melodie gewählt hat, die zu den Tanzmelodien gehört – Melodien der Freude. So kann uns der Herr diese Freude schenken.
Das erleben wir oft bei Schwerleidenden und bei den Alten.
Die Geschichte der frühen Christen und die Kraft des Jesusnamens
In der Apostelgeschichte finden wir viele Beispiele dafür, wie die Erwähnung des Namens Jesus immer wieder Verfolgung ausgelöst hat. Der Hohe Rat sagte oft: Ihr dürft nicht mehr in diesem Namen reden. Ihr dürft alles andere tun, stundenlang beten, aber nicht mehr im Namen Jesu sprechen.
Die Gläubigen antworteten darauf, dass sie es nicht lassen könnten. Sie mussten sprechen, weil der Name Jesus der Schatz der Gemeinde ist. Sie nahmen ihre Prügel in Kauf, ohne im Detail von ihren Leiden zu sprechen. Leiden ist immer schwer. Doch Gott schenkte ihnen in der Nacht Lobgesänge.
Ein Beispiel dafür ist Paulus und Silas in Philippi. Sie waren in den Stock gespannt, und ihr Rücken schmerzte. Trotzdem begannen sie plötzlich zu singen. Das ist ein Wunder: Das Singen geschieht gerade zum Trotz, zum Trotz all dieser Leiden.
Das ist so schön. Mein Lieblingslied ist „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut“. Es wurde von Johann Jakob Schütz geschrieben, der in Frankfurt lebte und schon mit fünfzig Jahren verstarb. Die Kirche hat ihn gemobbt, weil er sich für eine freiheitliche Ordnung in der Kirche einsetzte.
Johann Jakob Schütz war ein Jurist mit großem Einfluss. Wegen Ordnungsfragen wurde er von der Kirche unterdrückt. Trotzdem schrieb er das schöne Lied „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut, dem Vater aller Güte, dem Gott, der allen Jammer stillt, gebt unserem Gott die Ehre.“
Das ist doch so großartig: Gott kann auch das Leiden und den Jammer dieser Welt überwinden. Das ist unsere große Freude und unsere große Zuversicht. Deshalb lassen wir uns von den Leiden nicht mehr niederdrücken.
Die Herausforderung des materiellen Wohlstands und die Kostbarkeiten des Glaubens
Ein chinesischer Märtyrer, David Young, hat einmal gesagt, und das trifft auch auf uns Christen im Westen zu: Es ist bedauerlich, dass viele Christen unserer Tage nach den Gütern dieser Welt trachten, aber nicht die Kostbarkeiten des Reiches Gottes begehren.
Sie glauben zwar an ihre Errettung, doch sie sind nicht bereit, um Christi willen arm zu sein. Für sie bedeuten Bequemlichkeiten und Reichtümer Gnade Gottes, doch die geistlichen Reichtümer wie Glaube, Freude, Geduld, Kraft und viele andere sind nur aus der Armut geboren.
Deshalb dürfen wir auch die Berichte über die verfolgte Gemeinde hören. Wir wollen für sie beten, aber auch wissen, dass der Herr die Gemeinde erhellt, weil die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen können. Es war immer so, dass die Gemeinde Jesu aus allen Verfolgungen gestärkt hervorging.
Wir wollen beten für die, die heute im Feuer stehen, damit sie durchhalten können. Aber auch für die, die um uns herum im Leiden sind. Wenn wir selbst gesund sind, dann ist das umso mehr ein Anlass, uns tragend und mittragend zu denen zu stellen, die schwer hindurchgehen. Wir können sagen: „Ich bete für dich und ich bin bei dir.“
Ich sage dir das Wort und richte dich darauf: Welch ein Schatz es für uns ist, dass wir das wissen dürfen in allem, was uns bewegt. Wir sollen auch wissen, dass das Wort Gottes seine größte Kraft entfaltet, wenn uns alles andere weggerissen wird, wenn alles andere nicht mehr da ist.
Das ist auch für die Stunden vor unserem Sterben wichtig. Wir brauchen nicht viel, Schmerzmittel dürfen wir nehmen, aber wir brauchen nicht mehr. Viele möchten gern schlafend hinübergehen, doch wir brauchen Menschen, die uns das Wort des Herrn zurufen: Die große Verheißung lautet, es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen.
Das ist das Größte, was uns in der letzten Schwachheit unseres Lebens stärkt und aufrichtet: der Herr, dem wir gehören.
Schlussgebet und Fürbitte
Wir wollen beten.
Lieber Herr, wir danken dir, dass du das Leiden umwandeln kannst und es zu großer Freude machen kannst. Nicht das Böse soll uns beherrschen, sondern deine Nähe, die viel größer ist als alles, was uns erschüttern mag.
So wollen wir jetzt auch für Menschen in unserem Umfeld beten, die uns sehr wichtig sind. Viele von ihnen leben in Ungewissheit und Angst vor dem, was kommen mag, auch angesichts von Altersbeschwerden. Im Schatten des Todes bitten wir dich: Gib uns das richtige Wort und sprich zu ihnen. Richte sie auf und lass die Flamme ihres Glaubens nicht verlöschen, auch wenn sie nur noch flackert. Schenke ihnen das neue Brennen der Liebe zu dir.
Dann beten wir für die bedrängte Gemeinde in der ganzen Welt. Du kennst die jungen Menschen, die schon früh hineingerissen werden in diesen Kampf. Es sind sehr viele Christen, die um deinetwillen leiden müssen. Mach sie mutig, damit sie mit Freimut dein Wort verkünden. Lass sie auch erleben, wie du stärker bist als alles, was sie bedrängen mag.
Amen.
