Ich möchte mich zu Beginn bei denen bedanken, die für die Evangelium 21 Konferenz gebetet haben, bei der ich letzte Woche war. Deshalb war ich nicht hier im Gottesdienst, sondern in Hamburg.
Auf dem Weg dorthin und zurück bin ich mit dem Auto gefahren, weil ich meine Familie zwischendurch in Braunschweig rausgelassen und wieder eingesammelt habe. Von Braunschweig aus sind wir nicht die Westroute, sondern die Ostroute gefahren. Das bietet sich dann an, die A9 zu nehmen.
Für mich ist das immer noch etwas Besonderes. Ich bin in Braunschweig aufgewachsen, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Wenn ich mit dem Auto auf der A2 fahre, ist es sehr beachtenswert, an den alten Grenztürmen vorbeizufahren. Auch wenn man nach Bayern kommt und über die Brücke der Deutschen Einheit fährt, denke ich immer wieder daran. Es ist heute einfach nur eine Fahrt ohne wirkliche Unterbrechung, ohne dass etwas geschieht. Es sind nur noch Dinge, die am Wegesrand stehen. Früher war das ganz anders.
Ich bin dort aufgewachsen. Wir hatten Familie auf der Ostseite und waren immer mal wieder an dieser Grenze. Ich erinnere mich noch, wie ich kurz vor der Wende ein Fußballturnier in West-Berlin gespielt habe und durch die DDR durchfahren musste – eigentlich durch einen Teil Deutschlands. Mein Vater ist in Berlin geboren, meine Mutter sogar noch weiter östlich.
Das heißt, weil meine Großeltern mit ihren Kindern gemeinsam eine Entscheidung getroffen haben, vom Osten in den Westen zu gehen, bin ich rechtzeitig noch auf die andere Seite gekommen und auf dieser Westseite aufgewachsen. Doch in dem Moment, in dem ich an die Grenze kam, habe ich gemerkt: Jetzt verlasse ich meine Heimat.
Für einen Wessi war es damals etwas ganz Bedrückendes, durch die DDR zu fahren. Die Ossis unter uns mögen mir das vielleicht nachsehen, sie können das vielleicht nicht so nachvollziehen. Für mich war das so. Auch wenn ich nichts dazu konnte und einfach nur einer wie alle anderen war, war das für mich eine Zeit, in der ich mich in der Fremde fühlte. Ich war froh, wenn ich die Grenze wieder passiert hatte und wieder im Westen war. Ich hatte Sehnsucht danach.
Auf der Durchreise: Die Sehnsucht nach Heimat
Ich ahnte damals nicht, dass einige Jahre später etwas in meinem Leben geschehen würde, das mich wieder in eine ähnliche Situation versetzen würde. Eine Situation, in der ich feststellen würde: Ich bin auf der Durchreise, mit Sehnsucht nach einem Ziel.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen heute früh geht. Ob Sie das Gefühl haben, hier in München zuhause zu sein, oder ob Sie eher das Gefühl haben, fremd zu sein – auf der Durchreise hin zu Ihrer wahren Heimat.
Wir wollen heute eine Predigtserie beginnen, die sich mit dem ersten Petrusbrief beschäftigt. Sie trägt den Titel „Auf der Durchreise“. Dabei wollen wir bedenken, dass wir als Christen in dieser Welt nicht wirklich zu Hause sind. Nein, wir sind nur auf der Durchreise hin zu unserem ewigen Bestimmungsort.
Ich möchte diese Predigtserie mit einigen allgemeinen Ausführungen über den ersten Petrusbrief einleiten. Diesen Brief werden wir bis zu den Sommerferien näher betrachten. Zum anderen möchte ich ganz konkret die ersten beiden Verse anschauen. Denn ich denke, dass diese Verse in gewisser Weise Programm sind für den ganzen Brief.
Wir haben sie eben schon gehört: die ersten beiden Verse. Eigentlich handelt es sich um einen Standardbriefanfang – mit einer Nennung des Verfassers, der Empfänger und einem Gruß. Das ist typisch für alle Briefe im Neuen Testament. Es war auch üblich bei nicht besonders christlichen Briefen.
Doch gerade dieser Briefanfang enthält in sich, vor allem im Mittelteil, eine besondere Ansprache der Empfänger. Aber der Reihe nach: Wir wollen uns zuerst kurz anschauen, wer eigentlich genau dieser Verfasser ist.
Der Verfasser des Briefes: Petrus, der Apostel Jesu Christi
Petrus – er nennt sich hier gleich selbst Petrus, ein Apostel Jesu Christi.
Petrus war ein Fischer aus Galiläa, der von Jesus herausgerufen wurde. Er verließ sein altes Leben, seinen Beruf als Fischer und seinen Heimatort, um Jesus als einer seiner engsten Freunde und Jünger nachzufolgen und mit ihm durchs Land zu ziehen. Er war einer der zwölf Apostel. Das ist uns wohl bekannt.
Unter den zwölf Aposteln hatte er eine besondere Stellung. Durch die Offenbarung des Heiligen Geistes konnte er als Erster erkennen, wer Jesus wirklich ist. Er bekannte Jesus als den Christus, den Messias, der den Juden lange angekündigt war, auf den sie sehnsüchtig gewartet hatten – den Gesalbten, den Erlöser.
Jesus nahm ihn nach diesem Bekenntnis mit auf den Berg, nur zusammen mit Johannes und Jakobus. Diese drei waren auf besondere Weise auserwählt, um Jesus zu sehen, wie er von Gott dem Vater verklärt wurde.
Petrus ging mit Jesus weiter bis nach Jerusalem, bis zum Kreuz. Er war es, der Jesus nach seiner Verhaftung noch folgte. Während alle anderen flohen, blieb er bei Jesus und sah, wie er gefangen genommen wurde. Doch er verleugnete Jesus dreimal.
Nachdem Jesus gekreuzigt und auferstanden war, wandte sich Jesus erneut besonders Petrus zu. Er berief ihn dazu, der Hirte seiner Gemeinde zu sein, der die Lämmer Jesu weidet und sich um die entstehende Gemeinde kümmert.
So war es Petrus, der am Pfingsttag, als der Heilige Geist über die Gläubigen kam, mutig hinausging und die Pfingstpredigt hielt. Durch seine Rede wuchs die Gemeinde von vorher 120 auf über 3000 Menschen.
Dieser Petrus, ein Apostel Jesu Christi, letztendlich ein Botschafter Jesu Christi, schreibt diesen Brief.
Hintergrund und Entstehung des Briefes
Geschrieben hat er den Brief, das finden wir nicht in den ersten Versen, sondern ganz am Ende des Briefes – sehr wahrscheinlich aus Rom.
Im vorletzten Vers ist die Rede von Grüßen, die er von der Gemeinde in Babylon sendet. Babylon war früher eine große Stadt und ein bedeutendes Reich. Zur Zeit der Abfassung dieses Briefes war sie jedoch völlig unbedeutend. Es gibt auch keinen Beleg dafür, dass Petrus jemals dort gewesen ist.
Babylon wurde immer wieder als eine Art Codewort verwendet, als Bezeichnung für die mächtige Stadt der Gottlosen: Rom. Sehr wahrscheinlich ist also Rom gemeint. Die frühchristlichen Zeugnisse gehen alle davon aus, dass er dort war.
Er schreibt diesen Brief in einer Zeit, in der es offensichtlich schon gewisse Bedrängnisse für Christen gab. Doch es war noch nicht ganz so schlimm. Er spricht grundsätzlich schon halbwegs positiv, auch über Regierungen. Das ist sehr wahrscheinlich ein Indiz dafür, dass er diesen Brief Anfang der sechziger Jahre nach Christi Geburt geschrieben hat.
Denn ab 64 unter Nero begann die große Christenverfolgung nach dem Brand Roms. In dieser Zeit hätte er bestimmte Dinge wahrscheinlich anders formuliert. Außerdem kam er im Zuge dieser Christenverfolgung zu Tode.
Daher wurde der Brief wahrscheinlich Anfang der sechziger Jahre aus Rom von Petrus geschrieben. So viel zum Verfasser und zum Hintergrund des Briefes.
Dann kommen wir zum Empfänger.
Die Empfänger: Auserwählte Fremdlinge in der Welt
Der Empfänger dieses Briefes oder die Empfänger werden hier als die auserwählten Fremdlinge beschrieben. Sie wohnen verstreut in Pontus, Galatien, Kappadokien, der Provinz Asien und Bithynien. Gott, der Vater, hat sie ausersehen.
Dies geschah durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi.
Diese Beschreibung des Empfängers möchte ich in zwei Teilen betrachten. Im zweiten Teil von Vers 1 sehen wir letztendlich eine Beschreibung dessen, wer sie sind. Am Anfang von Vers 2 folgt eine Erklärung darüber, was Gott, der dreieinige Gott, für sie getan hat.
Also, wer sind sie?
Wer sind die Empfänger?
Sie sind die auserwählten Fremdlinge – auserwählte Fremdlinge. Was genau ist damit eigentlich gemeint?
Ich glaube, wenn wir diesen Begriff „auserwählte Fremdlinge“ in unserem Kopf für die nächsten gut drei Monate speichern können, solange die Predigtserie läuft, dann haben wir eigentlich eine ganz zentrale Aussage dieses Briefes, eine sehr wichtige Botschaft verstanden. Und tatsächlich: Wenn wir das für den Rest unseres Lebens behalten, dann haben wir auch etwas darüber verstanden, wer wir in dieser Welt sind – nämlich auserwählte Fremdlinge.
Noch konkreter: Er schreibt an die Auserwählten. Was bedeutet das? Der Begriff ist eigentlich klar, aber sehr umstritten.
Am Montag habe ich nach langer Zeit mal wieder mit den jungen Leuten in der Gemeinde Fußball gespielt. Ich kam ein bisschen spät, und sie hatten schon die Mannschaften gewählt. Ich glaube, sie haben gewählt, ich bin mir nicht ganz sicher. Aus der Distanz sah ich, wie sie sich zuordneten. Als ich dann kam, wurde mir gesagt, wer mich gewählt hatte. Ich war von einer Mannschaft ausgewählt worden. Ich konnte mir nicht aussuchen, wo ich mitspiele – mir wurde einfach gesagt: „Du gehörst jetzt dazu.“
Ähnlich ist das auch bei der Auserwählung. „Wählt aus“, heißt es hier, und das ist alttestamentliche Sprache. Dieser Begriff ist nicht von Petrus erfunden, sondern er übernimmt ihn aus dem Alten Testament. Es ist eine Beschreibung für Gottes Volk.
Wir würden heute auswählen auf der Basis von Fähigkeiten: Wer kann etwas besonders gut, wer ist nützlich? Ich war froh, dass ich noch nicht da war, als die Fußballmannschaften zusammengestellt wurden. Es ist ja immer blöd, wenn man da steht und alle anderen zuerst gewählt werden – und man selbst als Letzter, der alte Sack Lohmann. Das ist mir erspart geblieben. Ich konnte nicht feststellen, ob ich als Erster oder eher als Letzter gewählt wurde. So wählen wir aus.
Nun die Frage: Macht Gott das auch so?
Im Alten Testament sehen wir in Bezug auf Israel, dass Gott das ganz anders macht. Er schaut nicht darauf, wer besonders nützlich ist oder sich hervorgetan hat. Das könnte uns stolz machen, wenn wir so denken. Ich möchte uns ermutigen, demütig zu sein und zu erkennen: Es liegt nicht an dir.
Im fünften Buch Mose spricht Mose zum Volk Israel und erklärt: „Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der Herr angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter den Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat.“ (5. Mose 7,6-8)
Ähnlich greift Paulus das im Neuen Testament auf. Er schreibt im Grunde dasselbe über die Christen in Korinth. Er erklärt ihnen, dass sie jeden Grund zur Demut vor Gott haben:
„Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung: Nicht viele Weise aus dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen, sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zu Schande mache. Und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zu Schande mache, was stark ist. Und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.“ (1. Korinther 1,26-29)
Wenn Paulus die Christen hier als auserwählte Fremdlinge anspricht, dann sagt er nicht: „Ihr seid die Supertypen.“ Er sagt: „Ihr seid die, die unverdient Gnade empfangen haben.“ Er sagt nicht, darauf könnt ihr stolz sein, sondern dafür dürft ihr dankbar sein.
Wenn du heute hier sitzt als Christ, dann ist das eine frohmachende, gute Nachricht: Gott hat dich einfach so geliebt. Das ist befreiend, weil es jetzt nicht mehr auf deine Leistung ankommt. Bin ich gut genug? Leiste ich genug, damit Gott mich annimmt? Nein, seine Liebe ist bedingungslos. Er hat uns geliebt, als wir noch seine Feinde waren. Seine Liebe ist bedingungslos.
Dadurch, dass du das erlebt hast, dass er dich zu einem seiner Kinder gemacht hat, indem er dich auserwählt hat, hat er dich auch zu einem Fremdling gemacht. Und das ist der zweite Aspekt – und wirklich der zentrale Aspekt.
Fremdlinge in der Welt
Paulus bezeichnet die Christen hier als die auserwählten Fremdlinge, die verstreut wohnen in Pontus, Galatien, Kappadokien, der Provinz Asien und Bithynien. Das sind alles römische Provinzen; zur damaligen Zeit entsprach dieses Gebiet dem heutigen Gebiet der Türkei.
Man könnte nun vielleicht für einen Moment denken, dass es sich bei diesen Menschen um Ausländer handelt. Doch das ist nicht der Fall. Nein, sie waren dort einst zu Hause, diese Auserwählten. Das wird auch ganz deutlich im Fortgang des Briefes.
Petrus schreibt an sie, dass sie erst im Laufe ihres Lebens von einem Dazugehören zu einem Fremdlingssein gekommen sind. Wenn man den ersten Petrusbrief aufschlägt und in Kapitel 4, Vers 3 nachliest, beschreibt er, dass diese Christen etwas erlebt haben, das eine große Veränderung herbeigeführt hat. Er schreibt: „Es ist genug, dass ihr die vergangene Zeit zugebracht habt nach heidnischem Willen, als ihr ein Leben führteet in Ausschweifung, Begierden, Trunkenheit, Fresserei, Sauferei und gräulichem Götzendienst.“
Das war typisch in dieser Region. Das befremdete die Menschen, weil die Christen sich nicht mehr mit ihnen in dasselbe wilde, unordentliche Treiben stürzten. Sie lästerten deswegen. Die Befremdung entsteht also dadurch, dass die Christen plötzlich anders leben. Früher lebten sie wie alle anderen dort, jetzt leben sie anders. Das führt zu einem Befremdetsein, das die Christen zu Fremdlingen macht.
Sie sind „Fremdlinge und Pilger geworden“, so beschreibt es Petrus bereits in Kapitel 2, ab Vers 11. Weil sie nun Kinder Gottes sind und ein neues Bürgerrecht haben. Sie sind Bürger des Himmels. Gott hat sie aus der Welt heraus erwählt und ausgesondert, sodass sie jetzt in der Welt Fremdlinge sind. Sie sind auf der Durchreise hin zu ihrer wirklichen Heimat.
Das trifft nicht nur auf die Christen in Pontus, Galatien, Kappadokien, in der Provinz Asien und Bithynien zu. Es trifft auch auf die Christen in München im Jahr 2015 zu. Wenn jemand Gottes Gnade erfahren hat und er ihn erfahren hat, und er ein Kind Gottes geworden ist, dann gehört er nicht mehr primär in diese Welt. Dann ist er nicht mehr vor allem Münchner oder Deutscher, sondern ein Kind Gottes. Sein Bürgerrecht ist im Himmel.
Das ist das Erste, was wir hier sehen: Es sind auserwählte Fremdlinge.
Was bewirkt die Auserwählung?
Im zweiten Teil, in Vers 2, beschreibt Petrus, was es mit diesen auserwählten Fremdlingen auf sich hat. Wie sind sie eigentlich dazu geworden? Was genau ist geschehen? Er sagt über sie, dass der dreieinige Gott an ihnen etwas gewirkt hat: Vater, Sohn und Heiliger Geist – oder in diesem Fall besser: Vater, Heiliger Geist und Sohn. Gott der Vater hat sie ausersehen durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi. Das ist das, was die auserwählten Fremdlinge erlebt haben.
Erstens hat Gott der Vater sie ausersehen. Das ist ein Begriff, den man verstehen muss. Was ist damit gemeint? Nur dieser Begriff wird von Petrus kurze Zeit später noch einmal gebraucht. Das gleiche griechische Wort taucht in Vers 20 auf, wo er über Jesus Christus spricht, den er zuvor ausersehen hat, ehe der Welt Grund gelegt wurde, der aber am Ende der Zeiten offenbart wurde. Die Ausersehung bedeutet, dass Gott etwas geplant hat.
Wir finden dieses Wort auch an einigen anderen Stellen im Neuen Testament. Zum Beispiel in Apostelgeschichte 2, wo davon die Rede ist, dass Jesus Christus nach Gottes Ratschluss und Vorsehung – oder Ausersehung, denn es ist genau dasselbe Wort – dahingegeben war und durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht wurde. Das heißt nicht, dass Gott in die Zukunft geschaut hat und gesehen hat: „Oh, der Jesus, das wird jetzt mein Sohn, oder der Jesus, der macht jetzt irgendwas.“ Nein, das war geplant, das war sein Plan, von ihm ausersehen.
Gott der Vater hat die auserwählten Fremdlinge ausersehen durch etwas und zu etwas, nicht aufgrund von etwas, sondern durch etwas. Wie hat er das konkret gemacht? Wie werden zum Beispiel Weltbürger oder Münchner zu auserwählten Fremdlingen? Wie kommen die Ausersehenen heraus aus dieser Welt? Nun, es heißt hier: durch die Heiligung des Geistes – das ist der zweite Aspekt.
Der Vater hat ausersehen, der Heilige Geist ist jetzt wirksam. Er führt dazu, dass das geschieht. Heiligung verstehen wir oft ein bisschen anders. Wir sehen Heiligung oft als etwas, das ich als Christ zusammen mit Gott tue – er macht es, aber ich auch irgendwie mit. Heiligung heißt, ich werde Christus ähnlicher, ich werde immer mehr heilig, so wie Gott heilig ist. Das kennen wir ja vom Begriff.
Das ist auch gut und richtig. Aber hier geht es um etwas, das schon geschehen ist in den Christen. Das ist ein Aspekt der Heiligung, der dazu führt, dass jeder, der ein Kind Gottes wird, heilig ist. Das ist die Heiligung, die der Geist wirkt in dem Moment, in dem du gläubig wirst. Heiligung heißt letztendlich eine Absonderung, eine Aussonderung. Du bist jetzt nicht mehr profan, du bist heilig. Gott nimmt jemanden und macht ihn heilig. Es ist eine Zustandsbeschreibung aus der Sicht Gottes.
Und das wirkt der Heilige Geist in uns, durch den Geist, die Heiligung, die durch den Geist geschehen ist. Wie tut er das? Wir sehen gleich, dass er zwei konkrete Dinge tut. Die Heiligung des Geistes führt nämlich zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi.
Zum Gehorsam durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam. Das macht uns doch zu Fremdlingen in dieser Welt, dass wir auf einmal anfangen, gehorsam zu sein. Aber von Natur aus sind wir was? Rebellen. Wir wollen keinen Gott, wir wollen selbst sein wie Gott. Das war schon immer so.
Adam und Eva hatten die große Wahl: auf Gott zu hören, unter seiner guten Herrschaft zu leben, ihm die Ehre zu geben und ihn abzubilden. Dann kommt die Schlange und sagt: „Glaubt ihm nicht, ihr könnt sein wie er, ihr braucht nur diese eine verbotene Frucht.“ Was für eine Lüge! Aber das Rebellische ist schon da.
Das führt dazu, dass Adam und Eva rebellieren und sein wollen wie Gott. Sie wollen nicht mehr unter seiner guten Herrschaft leben. Die Konsequenz ist, dass sie von Gott getrennt sind, dass Gott sie richtet, dass sie unter Gottes gerechten Zorn kommen. Das würde uns alle in die Verlorenheit führen, es sei denn, irgendetwas tut sich in uns, das uns zurückbringt zum Gehorsam Gott gegenüber.
Und das tut der Geist. Das heißt, wenn du heute als Kind Gottes hier sitzt, dann hat der Heilige Geist ein großes Werk an dir getan. Der Heilige Geist ist in dein Leben gekommen und hat das getan, wozu Jesus ihn gesandt hat. Er hat dich von der Sünde überführt, er hat dir gezeigt, dass du nicht aus dir heraus vor Gott bestehen kannst, weil Gott heilig ist und du es nicht bist.
Aber nicht nur das: Er hat dir Erkenntnis geschenkt über geistliche Zusammenhänge. Auch das tut nur der Heilige Geist, nach 1. Korinther 2,14. Der Heilige Geist hat dir die Augen geöffnet, dass du Gott richtig erkennen konntest, dass du Jesus richtig erkennen konntest. Dass er nicht nur irgendein belangloser Rabbi war, der vor gut zweitausend Jahren durch die Gegend zog. Dass Gott nicht einfach ein böser alter Mann ist, der darauf wartet, uns zu bestrafen, wenn wir nicht tun, was er will.
Sein Heiliger Geist wirkt in uns eine Erkenntnis, dass wir die Herrlichkeit Gottes erkennen. Dass wir auf einmal eine Liebe zu Gott haben, von der wir vorhin so viel gesungen haben. Der Heilige Geist verändert unser Herz. Jesus selbst hat einem Fragenden einmal erklärt, wir müssen geboren werden – durch den Geist. Der Geist muss uns neue Gewalt schenken, neues Leben schenken. Er muss unsere Augen auftun, er muss uns neu machen.
Petrus sagt seinen Adressaten, dass sie auserwählte Fremdlinge sind, entsprechend der Ausersehung durch den Vater und der Heiligung des Geistes, der in ihnen den Gehorsam wirkt. Die Heiligung zum Gehorsam hin – kein perfekter Gehorsam, aber doch ein Gehorsam.
Ein Gehorsam, der bei den Christen dort dazu führte, dass sie eben nicht mehr mitmachten bei Ausschweifungen, Begierden, Trunkenheit, Fresserei, Götzendienst – das haben wir gerade gehört. Ein Gehorsam, der sich in ihrem Leben zeigt.
Das heißt, du musst jetzt nicht versuchen, irgendwie in Gottes Kopf zu schauen, um zu sehen, ob du ein auserwählter Fremdling bist. Schau in dein Herz, schau auf dein Leben. Gibt es einen neuen Gehorsam in deinem Leben?
Woran erkennt man Christen? An ihren Früchten. Lebst du noch so wie alle um dich herum oder lebst du anders? Die Christen dort in Pontos, Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien mussten erleben, dass sie auf einmal angefeindet wurden von den Menschen, zu denen sie einst gehört hatten. Warum? Weil sie anders lebten, weil sie einen neuen Gehorsam hatten.
Erlebst du das? Erkennen Menschen in dir, dass du nicht zu dieser Welt gehörst? Stellen Menschen immer wieder fest: „Mensch, der ist anders. Der hat einen anderen Gehorsam, der hat einen anderen Herrn, der gehört zu einem anderen Reich.“
Wenn du das erlebst, dann darfst du wissen: Der Heilige Geist hat dich verändert. Er hat dich hingebracht zu einem Gehorsam, in dem du weiter wachsen darfst. Aber dieser Gehorsam ist die grundlegende Konsequenz der Wirkung Gottes an deinem Herzen, weil du nun ein neues Herz hast.
Eine neue Liebe, die Gott ausgegossen hat in dein Herz durch seinen Geist, wie es in Römer 5,5 heißt.
Die Bedeutung des Blutes Jesu Christi
Und schließlich sehen wir nicht nur, was durch die Heilung des Geistes im Christen geschieht, sondern auch, was für den Christen geschieht. Das bringt uns zum letzten Aspekt bei den Empfängern der Besprengung mit dem Blut Jesu Christi.
Hier sehen wir die dritte Person des dreieinigen Gottes: Gott, den Vater, der auserwählt; den Heiligen Geist, der heiligt; und Jesus, dessen Blut eine wichtige Rolle spielt. Typisch für Petrus greift er auf ein alttestamentliches Bild zurück: die Besprengung mit Blut. Das mag uns zunächst nicht besonders attraktiv erscheinen, vor allem nicht für diejenigen, die weiße Kleidung tragen. Aber was hat es damit auf sich?
Ich sehe hier niemanden mit roten Tropfen am Hemd. Und falls doch, dann hat er heute früh Nasenbluten, so wie meine Tochter. Dennoch gehe ich davon aus, dass ihr weitestgehend die Erfahrung gemacht habt, besprengt zu sein mit dem Blut. Das Bild, das Petrus hier verwendet, stammt aus der Zeit, als Gott sein Volk Israel erwählt hatte und ihm durch Mose die zehn Gebote gab.
Mose übergibt die Gebote, dann versammelt sich das Volk, und die Gebote werden ihnen vorgelesen. Anschließend bringt Mose stellvertretend für das Volk Opfer dar. Die Schuld, die das Volk auf sich geladen hat, wird auf die Tiere übertragen. Der Tod, den das Volk wegen seines Aufbegehrens gegen Gott verdient hätte, wird auf die Tiere gelegt. Die Tiere werden getötet, und ihr Blut wird genommen.
Als Zeichen dafür, dass Gott mit seinem Volk Israel einen Bund geschlossen hat, wird dieses Blut auf das Volk gestreut. In 2. Mose 24 heißt es: „Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat aufgrund all dieser Worte der zehn Gebote.“
Das Problem mit diesem Bund war, dass er an Bedingungen geknüpft war – nämlich an die Einhaltung der zehn Gebote, den Gehorsam gegenüber Gott. Das Volk Israel hat diesen Bund jedoch nicht erfüllt. Kein einziger hat immer so gelebt, wie Gott es verlangt hatte.
Dann kam eines Tages jemand aus dem Volk Israel nach dem Fleisch, zugleich aber der Sohn Gottes: Jesus Christus, vollkommen Mensch und vollkommen Gott. Er kam in diese Welt und erfüllte den Bund. Er allein tat, was die Forderungen des Bundes verlangten. Er lebte das perfekte Leben.
Dann ging er ans Kreuz und verkündete: Ich richte jetzt einen neuen Bund ein, ähnlich dem alten, aber besser. Diesmal werden keine Tiere geopfert, nicht das Blut der Tiere versprengt. Nein, ich vergebe und gebe mein eigenes Blut – das Blut des vollkommenen Guten.
Und ich knüpfe keine Bedingungen daran, dass ihr nun die Gebote halten müsst. Jeder, der sich mir im Glauben zuwendet, ist besprengt mit diesem Blut und gehört zu diesem Bund. Das ist das Werk des Geistes.
Alle, die durch den Geist zum Gehorsam kommen, haben diese Besprengung mit dem Blut Christi. Das bedeutet: Du hast die Versiegelung, bist im Bund mit Gott, von ihm angenommen und damit ausgesondert von der Welt.
Hast du das erlebt? Bist du im Glauben zu Jesus Christus gekommen? Kennst du ihn als deinen Retter und Herrn? Vertraust du darauf, dass sein Blut des Bundes für dich vergossen wurde? Dann bist du ein auserwählter Fremdling in dieser Welt.
Der Wunsch des Verfassers für die Empfänger: Gnade und Frieden
Und dann wünscht Petrus den Christen in seinem Gruß: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden.
Sie haben die Gnade Gottes bereits erfahren dürfen, als er sie in seiner Gnade angenommen hat als seine Kinder. Doch sie brauchen seine Gnade jeden Tag. Christen sind auf Gottes Gnade täglich angewiesen.
Wir leben als Fremdlinge in dieser Welt und brauchen einen gnädigen Gott, der uns durch schwere Zeiten trägt. Wir brauchen einen gnädigen Gott, der uns wieder annimmt, wenn wir gefallen sind und gesündigt haben, wenn wir uns von ihm abgewandt haben.
Ebenso brauchen wir einen gnädigen Gott, damit wir das Ziel unseres Glaubens erreichen. Und weil wir in einer Welt leben, die uns feindlich gesinnt ist und zu der wir nicht mehr gehören, brauchen wir einen Frieden, der über das hinausgeht, was wir in der Welt haben. Einen Frieden, der über alle Vernunft ist.
Gott gebe euch viel Gnade und Frieden! Genau das wünscht Petrus den Christen. Das brauchen auch wir.
Praktische Anwendung: Leben als Fremdlinge auf der Durchreise
Lebst du unter der Gnade Gottes? Kennst du den Frieden Gottes? Als auserwählte Fremdlinge brauchen wir genau das. Zum Abschluss möchte ich das Ganze noch etwas praktischer gestalten.
Wenn wir also völlig unverdient Gottes Gnade empfangen haben und zu seinen Kindern geworden sind, dann sind wir Fremdlinge in dieser Welt und nur auf der Durchreise. Die Herausforderung dabei ist – ich schließe mal von mir auf andere –, dass wir das immer wieder aus den Augen verlieren. Es kann passieren, dass wir vergessen, dass wir Fremdlinge sind und nicht mehr so leben, als wären wir auf der Durchreise, als wären wir Fremdlinge und Pilger.
Stattdessen richten wir uns in dieser Welt ein, als wäre sie unsere Heimat. Wir passen uns dieser Welt an, als würden wir noch zu ihr gehören. Ja, womöglich bemühen wir uns sogar darum, in dieser Welt bloß nicht als Fremdlinge aufzufallen, sondern möglichst reinzupassen.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe mich selbst schon oft in Lebenssituationen wiedergefunden, in denen ich als Christ unter Nichtchristen war, die mich behandelt haben, als wäre ich ein Fremdling. Und mir war das so unangenehm, dass ich versucht habe zu erklären: „Ich bin ja gar nicht so anders als ihr.“ Hast du das schon mal erlebt? Das ist doch absurd.
Wir gehören nicht zu dieser Welt. Wer bleibt schon auf dem Weg zum Strand an einer Matschhütte stehen, um dort zu baden? Wir gehören nicht dahin. Es gibt Menschen, die denken, das ist alles, und dann ist es okay, dann baden sie da halt noch. Aber wir wissen doch, es gibt etwas Besseres. Und was? Ja, ja, ja, ihr habt schon Recht, das ist gut, hier gehe ich auch mit rein. Nein, du bist auf dem Weg.
Lass dich blöd angucken. Lass dich über dich lachen. Du weißt, wo du hingehst, du weißt, wo du hingehörst. Das gilt nicht nur für dich individuell. Gott hat uns in seiner großen Liebe und Weisheit nicht nur individuell herausgerufen, dass wir einzelne Pilger sind, die Gott hinterherlaufen.
Vielleicht habt ihr noch das Anfangsbild im Blick: Wir sind gemeinsam unterwegs, eine Reisegruppe. Das ist die Gemeinde. Wir sind eine Reisegruppe von Menschen, die Gott auserwählt und zusammengestellt hat. Er sagt: „So, ihr seid jetzt die Reisegruppe FEG München Mitte.“ Das heißt, dass wir gemeinsam hier ein Ort sein sollten, an dem all die Fremdlinge zusammenkommen und das Gefühl haben: Ich bin zu Hause.
Ich habe eine ganze Zeit in Washington D.C. gelebt und mich dort wohlgefühlt. Es war wunderbar. Manchmal habe ich mich besonders wohl gefühlt, vor allem wenn gerade Fußball-WM war. Dann durfte ich in die deutsche Botschaft gehen. Dort hatten alle das gleiche T-Shirt an wie ich und waren genauso fußballbegeistert. Die Amerikaner haben oft gar nicht mitgekriegt, dass WM war. Wir haben deutsches Bier getrunken – Entschuldigung – und irgendwie war ich mehr zu Hause.
Aber manchmal bin ich auch in meine Gemeinde gegangen. Dort waren Menschen aus allen möglichen Ländern. Doch in gewisser Weise war ich da noch viel mehr zu Hause als in der deutschen Botschaft. Denn wir alle hatten den gleichen Vater. Wir hatten wirklich das gleiche Trikot an – nicht sichtbar, aber wir hatten alle das Blut Jesu über uns und waren gemeinsam unterwegs.
Lasst uns als Gemeinde wirklich so leben. Lasst uns das bewusst machen: Das ist eine Oase, eine Außenstelle von Gottes Reich, in die wir hineinkommen. Und wenn heute hier jemand ist, der vielleicht zu Besuch ist, aber als Christ hierhergekommen ist, wünsche ich dir beziehungsweise Ihnen, dass du dich hier wohlfühlst und das Gefühl hast: Ich bin zu Hause.
Der Prediger predigt vielleicht mit mehr Gesten als meiner zu Hause, aber es ist dasselbe Wort und dieselbe Liebe. Und wir alle sind dazu berufen, das im Blick zu haben, damit wir füreinander da sind, miteinander unterwegs sind und füreinander sorgen.
Ihr Lieben, vielleicht geht es dir gerade in der Welt ganz gut. Vielleicht merkst du gerade nicht so sehr, dass du Fremdling bist. Aber vielleicht geht es deinem Gemeindemitglied zu deiner Rechten oder Linken gerade anders. Vielleicht erlebt er oder sie gerade: Ich bin Fremdling. Mein Leben in dieser Welt ist schwer. Ich habe Sehnsucht nach meinem Zuhause. Ich bin auf der Durchreise.
Und vielleicht braucht er oder sie gerade Ermutigung. Als Christen sind wir manchmal so, dass wir denken: Wenn ich in die Gemeinde komme, dann muss ich immer lächeln und fröhlich aussehen. Dabei merkt man vielleicht gar nicht, dass der neben mir gerade spürt: Ich bin Fremdling. Gerade leidet, weil er vielleicht sehr angegriffen ist.
Und dann sind wir alle aufgefordert, füreinander Sorge zu tragen. Zu fragen: Wie geht es dir? Kann ich für dich beten? Darf ich dir ein bisschen Heimat geben? Vielleicht auch unter der Woche: Wollen wir uns mal treffen? Komm in einer Außenstelle von Gottes Reich zu mir nach Hause.
Fremdlinge als Zeichen der Hoffnung für die Welt
Und ein Bild ganz zum Schluss: Nicht nur sollten wir als Fremdlinge miteinander unterwegs sein, sondern wir sollten auch als Fremdlinge etwas sein, das für die Welt draußen eine Bedeutung hat. Etwas, das sie einerseits befremdet, andererseits aber auch anzieht. Etwas, das zeigt: Hier gibt es Hoffnung, Zuversicht und ein Ziel, das sie nicht kennen.
Die Menschen sitzen noch an ihrer Matschpfütze und wissen nicht genau, dass es ein Meer gibt. Doch sie spüren, dass wir mit Freude an den Matschpfützen vorbeigehen.
All die Dinge, von denen die Welt denkt, dass sie großartig sind und für die es sich zu leben lohnt, finden wir keine echte Erfüllung darin. An diesen Dingen gehen wir vorbei, weil wir sagen: Wir haben etwas Besseres, und wir sind auf dem Weg dorthin.
Ich wünsche mir für uns als Gemeinde, dass wir der Welt genau das so vorleben.
Ein historisches Bild als Ermutigung
Um noch einmal ganz zum Schluss auf das Bild von DDR und BRD zurückzukommen: Beim Schreiben dieser Predigt kam uns am Ende der Gedanke, wie es wäre, wenn wir ein bisschen so wären wie die Prager Botschaft der BRD im September 1989.
Erinnert ihr euch noch, was damals passiert ist? Menschen kletterten über die Zäune. Sie reichten zuerst ihre Kinder hinüber und hofften, selbst noch folgen zu können, während vielleicht sogar ein Polizist von hinten zog. Insgesamt gelangten 17 Menschen auf dieses kleine Grundstück. Habt ihr die Bilder noch vor Augen, besonders die Älteren unter uns? Wie die Situation immer dramatischer wurde?
Dann kam Genscher und sagte: „Ihr dürft.“ Er hatte heute mit den Verantwortlichen gesprochen. Er konnte kaum weiterreden, weil die Menschen jubelten und weinten. Genscher stand oben und versuchte zu erklären, was genau beschlossen worden war. Dann durften die Menschen ausreisen. Sie reisten in einem Zug – ich habe die Bilder noch genau vor Augen – wie sie in diesem Zug saßen, der jetzt durch die DDR fuhr, also zurück in ihre alte Heimat.
Wisst ihr, wie viele ausstiegen? Plötzlich hatten sie eine neue Hoffnung. Sie reisten nur durch, hin zu dem, was sie als das gelobte Land betrachteten. Doch ich weiß, für viele war es das nicht. Deshalb mache ich keine Werbung für die BRD.
Aber ich weiß, es gibt einen Weg, der sich lohnt. Denn es gibt eine himmlische Heimat, die uns nicht enttäuschen wird.
Schlussgebet
Ich bete, himmlischer Vater, danke, dass du uns aus dieser Welt herausgerufen hast.
Wenn hier noch jemand unter uns ist, der das noch nicht erlebt hat, bete ich, dass du durch deinen Geist am Herzen dieses Menschen wirkst. Ich bete, dass du Sehnsucht weckst, Sehnsucht nach der wahren Heimat.
Ich bete, dass du Herzen veränderst, neuen Gehorsam schenkst und eine neue Liebe.