Eröffnung und persönliche Erinnerung an einen Brunnen
Lassen wir uns still werden und beten! Danke, Herr, dass wir jetzt hier sein können, zusammen, miteinander im Frieden. Aber was nützt das alles, wenn nicht dein heiliger Geist unter uns ist? Deshalb bitten wir dich: Komm zu uns! Erfülle unsere Herzen und gib uns ein Wort, das uns trägt und das wir mitnehmen können. Mach uns still und rede du! Amen.
Ich möchte Sie einladen und mitnehmen hinein in eine Geschichte des Alten Testaments oder Geschichten, die Sie weithin kennen. Da es um Brunnen geht, erlauben Sie mir, Sie mit einer mehr persönlichen Erinnerung dorthin zu führen.
Diese Geschichte ist über 45 Jahre alt. Damals, noch frisch und frech, nicht so schwer, waren wir mit unseren Fahrrädern der Jungenschaft unterwegs von meiner Heimatstadt Oberndorf am Neckar hinunter an den Bodensee. 50 junge Leute waren dabei. In Bregenz verluden wir unsere Räder in diese Bimmelbahn, eine qualmende Bimmelbahn, die hineinfuhr in die Vorarlberge bis Spetzau. Dort wurde ausgeladen, dann ging es weiter bis Mellau. Von Mellau aus ging es zu Fuß hinauf auf den Hochversess.
Eine Hütte – ein Fünfsterne-Hotel war es wahrlich nicht. Man schlief in den Boxen, in Viehboxen, man aß im Heuschtadel und man trank und wusch sich am Brünnlein vor dem Tor. Aus diesem verrosteten Eisenrohr kam ein ärmliches Rinnsal, und dieses Rinnsal wurde immer ärmer. Aus diesem kleinen Wasserstrahl wurde schließlich ein dünner Faden, und dann hörte es ganz auf – eine Katastrophe bei fünfzig jungen Männern.
Man schickte hinunter ins Tal, um den alten Sen heraufzuholen. Er kam auch und sagte: „Kein Problem, kein Problem.“ Dann pustete er, saugte, putzte und schabte. Tatsächlich zog er nach einiger Zeit eine aufgedunsene, verendete Grotte aus der Leitung. Deshalb also vorher dieser dumpfe Weihgeschmack – Aqua Crotta Minerale. Aber dann lief der Brunnen wieder.
Symbolik des Brunnens und der Heilige Geist als Brunnenputzer
Und daran muss ich denken: Bei manchen wird das Wasser des Lebens immer spärlicher und spärlicher. Aus dem ärmlichen Rinnsal wird ein dünner Faden, und schließlich hört es ganz auf.
Deshalb holt man nicht den alten Sinn vom Tal herauf, sondern vielleicht den alten Mann von der Alb herunter. Er soll die Rohre freimachen.
In der Tat bezeichnete sich Johann Albrecht Bengel, dieser Klosterpräzeptor in Dinkendorf, einmal als Brunnenputzer. Das sei sein Geschäft, sagte er. Er sei dazu da, nicht die Quelle zum Laufen zu bringen – die laufe ohne ihn. Nein, er sei ein Brunnenputzer, um die Rohre freizumachen.
Es gibt ja nicht nur veränderte Grotten, sondern auch einen veränderten Glauben, veränderte Hoffnung, veränderte Zuversicht und veränderte Freude. Diese verstopfen das Rohr so, dass das Wasser des Lebens nicht mehr fließen kann.
Nun bin ich ein schlechter Brunnenputzer, und ein „Mr. Rohrfrei“ bin ich erst recht nicht. Aber es gibt jemanden, der dies kann, nämlich den Heiligen Geist. Er ist der richtige Rohrputzer und kann freimachen. Er bläst und pustet, wo er will. Dort, wo er am Werk ist, werden Rohre wieder frei. Da läuft das Wasser des Lebens, da wird der Lebensdurst gestillt.
Es ist mein Wunsch an diesem Nachmittag, für Sie und für mich, dass das Rohr wieder frei wird und wir wieder genug vom Wasser des Lebens bekommen.
Einführung in die biblische Geschichte Jakobs am Brunnen
Und so lese ich gerne, beziehungsweise würde ich gerne mit Ihnen lesen, aus 1. Mose 29 von diesem Brunnen auf dem Feld.
Es ist eigentlich die ganze Geschichte, die so lang ist, dass ich gar nicht alles lesen kann. Aber die meisten kennen Sie. Es ist ja die Geschichte von Isaak, der den Erstgeburtssegen seinem Sohn Esau geben wollte. In Zusammenarbeit mit seiner Mutter Rebekka brachte es Jakob fertig, den Erstgeburtssegen zu bekommen. Daraufhin floh er.
Auf dieser Flucht ereignete sich jene berühmte Geschichte mit der Himmelsleiter, jener Traum, jene Vision. Anschließend an dieses Erlebnis lese ich nun:
„Da machte sich Jakob auf den Weg und ging in ein Land, das im Osten liegt. Er setzte sich nieder, und siehe, da war ein Brunnen auf dem Feld. Drei Herdenschafe lagen dabei, denn von dem Brunnen pflegten sie die Herden zu tränken. Ein großer Stein lag vor dem Brunnen, vor dem Loch des Brunnens. Sie pflegten alle Herden dort zu versammeln, den Stein von dem Brunnen zu wälzen, die Schafe zu tränken und dann den Stein wieder vor das Loch an seine Stelle zu legen.
Jakob sprach zu ihnen: ‚Liebe Brüder, wo seid ihr her?‘ Sie antworteten: ‚Wir sind von Haran.‘ Er sprach zu ihnen: ‚Kennt ihr auch Laban, den Sohn Nahors?‘ Sie antworteten: ‚Ja, wir kennen ihn.‘ Er fragte: ‚Geht es ihm auch gut?‘ Sie antworteten: ‚Es geht ihm gut.‘
Und siehe, da kommt seine Tochter Rahel mit den Schafen. Er sprach: ‚Es ist noch hoher Tag, und es ist noch Zeit, das Vieh einzutreiben. Tränkt die Schafe und geht hin und weidet sie.‘ Sie antworteten: ‚Wir können es nicht, bis alle Herden zusammengebracht sind und wir den Stein vom Brunnenschacht wälzen, um dann die Schafe zu tränken.‘
Als er noch mit ihnen redete, kam Rahel mit den Schafen ihres Vaters, denn sie hütete die Schafe. Als Jakob aber Rahel sah, die Tochter Labans, des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans, trat er hinzu, wälzte den Stein von dem Loch des Brunnens und trieb die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter, hinaus.“
Soweit dieser Textabschnitt.
Bevor ich Ihnen einiges dazu sage, lassen Sie uns noch einmal singen, um richtig aufzuwachen. Das ist das Lied „Groß ist dein Name“, Lied Nummer 43.
Heimatverbundenheit und persönliche Wandererlebnisse
Denken Sie an einen Wanderweg, vielleicht auf der Schwäbischen Alb. Bischof Renz, der schon manches von der Welt gesehen hat, hat einmal gesagt, das schönste Mittelgebirge der Welt sei die Schwäbische Alb. Recht hatte er in diesem Punkt wenigstens. Aber trotzdem hat er nur die halbe Wahrheit gesagt. Nicht das schönste Mittelgebirge, sondern der schönste Platz der Welt ist die Schwäbische Alb.
Früher war die Auseinandersetzung zwischen Hülpen und den Korntalern ein Thema. Der Institutsvorsteher Kullen aus Korntal stammte aus Hülpen und behauptete immer, das schönste Teil sei das Strohgäu, die Gegend vor Korntal. Die Korntaler waren ebenfalls überzeugt, dass sie in der Naherwartung leben – genauso wie ich.
Sie sagten: Wenn der Herr wiederkommt, dann kommt er im Strohgäu wieder. Denn wo anders sollte er denn wiederkommen? Meine These ist: Wenn Jesus wiederkommt – und ich würde mich freuen, wenn es heute wäre – dann kommt er in der Nähe des Honeufens wieder. Deshalb bin ich dorthin gezogen, um ihm schnell entgegengehen zu können.
Sehen Sie, denken Sie an die Wanderungen als Kinder. Dagegen sahen wir das etwas anders. Im Familienpulk ging es stundenlang so vom Reußenstein zum Breitenstein und dann zur Thek. Es war heiß, sehr heiß, am allerheißesten. Die Wasserflaschen waren leer, Geschäfte gab es keine, und der Durst war entsetzlich. Man meditierte immer dieses eine Wort: „Mich dürstet, mich dürstet.“
Und dann, irgendwie und irgendwann, bog man um eine Ecke – und plötzlich war da ein Brunnen. Mit einem Sprung war man an der Tränke und hat getrunken und getrunken. Erquickung pur. Da war ein Brunnen.
Erlebnisse mit Brunnen in Namibia und im Lebensweg
Oder zum Beispiel auf einem Tierweg, einem Tierpfad, zu meinen Urerlebnissen.
Dazu gehört der Besuch vor nicht so langer Zeit in Namibia, wo ich auf Einladung der Stadtmission in Windhuk war. Dort nahmen sie mich zwei Tage mit in die Etosha-Pfanne, einen Wildpark, der ungefähr so groß ist wie Württemberg. Die Tiere laufen dort frei umher.
Wir saßen eine Nacht lang dort, natürlich umgeben von rohen, schützenden Gittern, und beobachteten, wie die Tiere an den Brunnen, an das Wasserloch kamen. Zuerst kamen die grazilen Steinböcke, dann die vorsichtigen Giraffen, anschließend die mächtigen Löwen und schließlich die großen Elefanten. Nach einem heißen Tag brachen sie durch das Gebüsch und nahmen ihr Wasser. Man spürte die Erquickung pur.
Oder denken Sie an einen Lebensweg. Zwanzig Jahre hat er bis jetzt gedauert. Heiß war es, sehr heiß. Zwei Kriege, zweimal Inflation, zweimal Neuanfang, zweimal Abschied – zuerst vom Vater und schließlich vom Sohn.
Und jetzt ist Sonntag. Eigentlich würde sie am liebsten zu Hause bleiben, aber sie rappelt sich auf. Sie geht hin zur Gemeinde, zur Gemeinschaft. Dort vorne stehen Kelch, Wein und Brot. Da heißt es: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!“
Und sie geht nach vorne, nimmt hin und isst, nimmt hin und trinkt. Sie nimmt und trinkt – Erquickung pur!
Die Bedeutung der Brunnen in der Bibel und im Leben
Von den ersten Zeiten der Bibel bis zur letzten Seite, bis Offenbarung 21, ist immer wieder von diesen Brunnen die Rede. Es gibt keinen Lebensweg, auf dem diese Brunnen nicht gebaut wären. Erquickung pur ist für jeden heute Nachmittag möglich.
Wenn jemand den Brunnen nicht sieht, dann nicht, weil es ihn nicht gibt, sondern weil er ihn noch nicht in den Blick bekommen hat. Da war ein Brunnen, da ist ein Brunnen – Erquickung pur für jeden.
Nun wollen wir in diesen Text hineinschauen. Wir reden vom Weg, vom Stein, vom Schlafen, vom Stein im Schluss, also vom Weg. Die Familie Isaak war unterwegs. Beduinen sind immer unterwegs, um nach besseren Weideplätzen zu suchen. Das Überleben in der Steppe und der Wüste ist entsetzlich schwer.
So kamen sie auch ins Südland, und so kamen sie auch nach Beerscheba. Dort fanden sie süßes, gutes Wasser in einem Brunnen. Deshalb luden sie ihre Zelte ab, spannten die Heringe in den Boden und hatten dort ihre Wohnstatt.
Dort ließ sich leben, wirklich leben, gut leben – für Isaak und Rebekka, für die beiden Brüder Esau und Jakob, für die Knechte und Mägde und das ganze Vieh.
Doch gerade so ein Glücksbrunnen war es nicht, aus dem das Glück nur so sprudelte.
Die drei Probleme Isaaks: Vererbung, Selbstwert und Alter
Dieser Isaak hatte Probleme – gleich drei an der Zahl. Zum einen ein Vererbungsproblem. Es ist erstaunlich, was man alles vom Vater erben kann: braune oder schwarze Haare, oder gar keine; eine kleine oder große Nase; schwarze oder weiße Haut. Manche sehen aus wie eine Taschenausgabe des Vaters, so richtig geklont. Man kann auch Häuser, Grundstücke, Guthaben und sogar Schulden erben.
Als wir älter wurden und mit meinem Vater zum Sterben gingen, sagte er: „Buben, den ersten Gang, den ihr nach meiner Beerdigung macht, ist so wichtig wie ein Notartermin. Dort schlagt ihr das Erbe aus, sonst werdet ihr nur mit roten Zahlen beschenkt.“ Und so machten wir es bald.
Sehen Sie, es gibt eigentlich nichts, was man nicht erben könnte – außer den Glauben. Der Glaube ist keine Erbmasse. Hier hat der Dichter nicht Recht, wenn er sagt: „Was du geschenkt, was du ererbt von deinen Vätern.“ Erwirb es, um es zu besitzen. Glaube ist ein Geschenk, das aus Gottes Hand kommt.
Dieser Isaak hatte sicher Gold und Silber geerbt, Stoffe und Gewürze – eines aber nicht: den Glauben. Um den musste er bangen, auf den musste er hoffen, ja, für den musste er beten. Er hatte ein Vererbungsproblem. Und er hatte ein Selbstwertproblem.
Ein Selbstwertproblem, weil er einen überragenden Vater hatte. Søren Kierkegaard, der dänische Religionsphilosoph, sagte einmal: „An Abraham kommt kein anderer Mensch heran.“ Und so sah Isaak es auch. Überall, wohin er kam, traf er auf Abrahams Brunnen. Nicht ein einziges Brünnlein war nach seinem Namen benannt.
Oh, das ist schwer, wenn man immer hören muss: „Sie sind der Sohn vom Vater“, „Sie sind der Sohn vom Doktor“, „Sie sind der Sohn vom Herr Pfarrer.“ Nicht wahr, deshalb werden viele Kinder nichts, weil sie aus dem Schatten der Eltern nicht heraustreten können.
Er hatte einen großen Vater und eine willensstarke Frau. Rebekka wusste, was sie wollte. Frauen wissen immer, was sie wollen. Was wären denn die Männer ohne ihre Frauen? Was wäre Abraham ohne Sarah? Was wäre Isaak ohne Rebekka? Was wäre Jakob ohne Rahel? Was wäre Josef ohne Maria? Was wäre ich ohne meine Frau?
Verstehen Sie, Männer machen Geschichten – wirklich, manchmal dumme Geschichten. Aber schon in der Bibel steht: Frauen machen Geschichte, Frauen machen Geschichte.
Er hatte eine willensstarke Frau und einen profilierten Sohn, von dem heißt es, er war gesittet und saß bei den Zelten. Mit dem konnte er sich sehen lassen. Wer am Fuß von Jungfrau, Eiger und Mönch steht, der steht im Schatten. Und wer am Fuß von Rebekka und Abraham und dennoch am Fuß des eigenen Sohnes steht, der steht auch im Schatten.
Dieser Sohn des Vaters, dieser Mann der Frau, dieser Vater des Sohnes – er war nicht bedeutend, nicht profiliert, nicht originell. Er war ein Heyedermann, ein Rädchen im großen Getriebe, ein Ästchen im Familienstammbaum, mehr nicht. Armer Isaak, armer Isaak!
Persönlichkeiten, arme Isaak-Existenzen – vielleicht sitzen Sie heute Nachmittag unter uns. Wenn ich auf die schaue und auf den schaue, denke ich: „Ich bin nichts, ich kann auch nicht viel. Ich bin eine Isaak-Existenz.“ So wie es die Schulmeister in Hüben auch gesagt haben.
Auf den Namen Kullen reimt sich nur ein Wort, nämlich „Nullen“. Kullen sind Nullen. Nur eins wussten sie: Wenn vor diesen Nullen der Herr eine Zahl schreibt, dann ist es eine ganz große Zahl. Und so hat Gott vor die Null Isaak eine Zahl gesetzt und machte ihn zur ganz großen Nummer.
Das kann Gott heute auch noch tun und will es noch tun, damit die, die mit ihren Selbstwertproblemen meinen, sie seien unter Wert verkauft, sie seien nicht beachtet, sie seien übrig in dieser Welt, ja, sie seien eine Null – dieser Gott will vor ihre Null eine Nummer schreiben. Unser Gott ist ein Wiederholungstäter, und er macht sie zu einer ganz großen Nummer, will sie zu einer großen Nummer, zu einer ganz großen Persönlichkeit machen. Sehen Sie, das steht hier!
Er hatte aber auch noch ein drittes Problem. Er hatte Vererbungsprobleme, wie gesagt, er hatte Selbstwertprobleme und er hatte ein Altersproblem. Er war ja hochbetagt.
Heute sagen unsere jungen Leute nicht „hochbetagt“, sondern „gruftig“, „kompröstig“, „sarkophagisch“. Mega out, mega out! Aber „hochbetagt“ im Alten Testament heißt nicht mumienhaft, oberhaft oder kreisenhaft, sondern: fortgeschritten im Alter, in der Erfahrung gereift.
Deshalb müssen Sie nachlesen: Im Jesaja steht, die High Society, die obere Gesellschaft in Jerusalem, bestand aus fünf Klassen, nämlich aus Helden, aus Kriegern, aus Theologen, aus Richtern und aus Alten. Das war noch die Seniorenpower zu deren Zeit damals.
Und vielleicht hat es noch die Löse Kaschnitz, diese Freifrau und Schriftstellerin, verstanden, wenn sie sagt: „Das Alter ist kein Kerker, sondern das Alter ist ein Balkon, von dem man eine weite Aussicht hat.“
Sehen Sie, Isaak hatte einen Balkon, von dem man eine weite Aussicht hatte, er hatte einen großen Horizont. Und trotz seines hohen Alters wusste er: Der Segen Gottes, an dem alles gelegen ist, auch bis heute – am Segen ist alles gelegen.
Dieser Segen muss sich weitergeben, so wie es sich gehört. Diesen Segen muss ich dem Ältesten weitergeben. Deshalb sagte er sich: Wir veranstalten einen Segenstag, wir würden heute sagen einen Konfirmationstag.
Solche Tage sollten schon hinweisen auf die Feiertage im gelobten Land. Deshalb durften diese Festtage auf keinen Fall zu Fasttagen verkümmern, sondern mussten richtige Festtage werden, an denen auch richtig gegessen wird.
Sicher hätte er kein Verständnis gehabt für ein modernes Diätmenü, wie ich es gelesen habe: Zum Vortisch Knäckebrot mit Sprossen, zum Hauptgang Hirsebrei mit einem Glas Karottensaft und zum Nachtisch darf man sich auf einen Joghurt freuen.
Nein, für ihn war es nicht Biokost, sondern Wildbret, Hasenbraten oder Hirschrücken. Nicht wahr? Deshalb sollte der Sohn dies holen für dieses Fest.
Oh, sie hatten noch ein Verständnis vom ersten Artikel, nicht immer nur Körner und Körner und Körner, und am Schluss ruft man nur noch Kikeriki. Verstehen Sie? Nein! „Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist“, auch das darf einmal wieder gesagt werden: Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist – nur auf eines.
Der isaksche Punkt: Wieder besseres Wissen und seine Folgen
Für das ganze Fest hatte er den Falschen erwischt. Ihm wurde ausdrücklich gesagt: Der Jüngere, der Ältere soll dem Jüngeren dienen, der Jüngere soll den Segen bekommen, der Jüngere soll die Hand aufgelegt bekommen. Und doch, wider besseres Wissen, sollte der Ältere den Segen bekommen. Wieder wider besseres Wissen wollte er für Esau den Tag bereiten. Er setzte seinen Dickkopf gegen Gottes Willen durch.
Das ist der isaksche Punkt, den wir alle kennen. Der isaksche Punkt: Wider besseres Wissen wird eine trübe Verbindung nicht abgebrochen, wider besseres Wissen wird diese Lüge nicht unterbunden. Wieder wider besseres Wissen machen wir an dieser trüben Geschichte weiter. Wieder wider besseres Wissen setzen wir unseren Dickkopf gegen Gottes Willen durch. Wo ist Ihr isakscher Punkt, den Sie endlich beseitigen müssen? Wo ist er?
Die Sache wäre tatsächlich ganz schiefgelaufen, wenn Rebekka nicht einen Lauschangriff gestartet hätte. Es ist der zweite Lauschangriff, der erste war von Sarah. Sie hört alles mit und sagt es schnell ihrem Sohn Jakob. Während Esau auf Pirsch ist, schickt sie diesen zweiten Sohn mit einem Lambraten hinein. Der Vater, der nichts mehr sieht und dessen Geruch und Tastsinn getäuscht sind, legt tatsächlich Jakob den Segen auf.
Als dann schließlich Esau mit dem Hirschbraten erscheint, ist das Lamm schon gegessen, und er ist über alle Berge. Schnell ist er unter Unterstützung seiner Mutter aus dem Hause getürmt.
Dass dieser glatte Betrug später zum Segen der Familie geworden ist, gehört für mich zu den Ungereimtheiten der Bibel, an denen ich schwer zu kauen habe und die ich letztlich nicht verstehe: der glatte Betrug zum Segen der Familie.
Lesen oder hören Sie in dieser Woche noch einmal all das, was in der Passionswoche geschehen ist: die Schlauheit des Pilatus, die Rohheit der Henker, die Verblendung des Pöbels, das Versagen der Jünger, die Verleugnung des Petrus, der Verrat des Judas. All das muss dazu dienen, dass das Heil der Welt zum Zuge kommt. Das ist Gottes Bestimmung, aber keine Rechtfertigung der Sünde.
Betrug bleibt Betrug, bei Ihnen und bei mir. Auch der beste Zweck heiligt nicht die Mittel. Betrug bleibt Betrug. Und die beiden Eltern müssen schwer dafür bezahlen, nämlich mit dem tiefsten Hass ihrer beiden Söhne.
Jakob flieht. Der Weg zum Brunnen des Wassers ist mit Lüge und Betrug gepflastert, und der Weg zum Brunnen des lebendigen Wassers auch.
Liebe Freunde, wer sagt, dass er eine weiße Weste hat? Wer sagt, dass er keinen Betrug und keine Sünde kennt, dass in seinem Leben alles recht und richtig war, der gehe getrost auf seinem Holzweg weiter.
Wer aber, wie ich, spürt, dass es so viele Dinge gibt, die diesem Gott nicht gefallen, der freut sich über diese Zusage: dass hier einer diesen Weg geht und dass ich ihm hinterdreingehen kann, angeführt von diesem Jakob.
Und dann war es ja dieser David auch, und dann waren es viele andere, die zu dem Brunnen des Wassers, des lebendigen Wassers, gegangen sind. Gott sei Dank gibt es diesen Weg zum Brunnen.
Flucht und Gottes Zusage auf dem Weg
Nun auf diesem Weg dieses Zweite, nämlich das, was Sie kennen: Es ist ja ein Fluchtweg. Die Bibel ist voll von Flüchtlingsströmen. Mose floh, vierzig Jahre war er bei seinem Schwiegervater. Elija floh und brach in der Wüste zusammen. David floh und versteckte sich in den Bergen. Paulus floh – in einem großen Korb wurde er über die Mauer gelassen. Und Jesus floh immer wieder.
Ein langer Flüchtlingsstrom zieht sich durch diese ganze Geschichte, hier nun angeführt eben von diesem Mann, von diesem Mann aus eigenem Verschulden. Und der, der flieht, flieht ja nicht mehr aus der Heimat, sondern aus dem gelobten Land. Er fragt sich: Gilt denn jetzt die Verheißungen noch? Gilt das noch?
Nachts schaut er die vielen Sterne an: „So groß werden deine Nachkommen sein.“ Gilt das noch? Tagsüber sieht er den Sand: „So zahlreich wird dein Nachkommen sein.“ Aber gilt das noch? Er sieht den weiten Horizont: „So weit wird deine ganze Verwandtschaft sein.“ Aber gilt das überhaupt noch?
Über diesem Gucken und über diesem Gehen ist er müde geworden, todmüde. Doch es war kein Gasthaus, auch kein Dach über dem Kopf – kein gar nichts. So steht es im Urtext: Er packte einfach einen kleinen Felsblock, legte ihn um und benutzte ihn als Kopfkissen. Im Sand hätte er besser gelegen, aber diese nächtlichen Besuche durch Sandfiebern sind auch nicht angenehm.
Dass er auf diesem Stein wie ein Stein geschlafen hat, zeigt seine totale Erschöpfung. Auch, dass es einen dreifachen Anruf braucht, um ihn aufzuwecken: „Siehe, siehe die Leute, siehe die Engel!“ Und als er wach wird, erlebt er ein unglaublich einmaliges kosmisches Spektakel.
Der Himmel wölbt sich nach oben, und eine Leiter, eine Rolltreppe wird von oben nach unten gefahren, an der Engel auf und ab gehen. Gerade hatte er noch die Tür zum Vaterhaus zugeschlagen, und jetzt öffnet sich die Tür zum Himmel. Nein, er war kein Traumtänzer, der im Traum von irgendeiner Traumleiter träumte. Nein, er war Realist und merkte: Über mir, diesem Schlauen, dem Betrüger, ist der Himmel nicht verschlossen.
Gott hält Verbindung auch zu den Schlauen und Elenden. Gott hält Verbindung zu ihnen. Und dann dieser Engel: Da gehen die Engel rauf und runter. Später werden es die Adventsengel sein, wieder später die Weihnachtsengel, die ihr Magnificat singen, dann die Osterengel, die ihr Halleluja singen, dann die Himmelfahrtsengel und schließlich ganz am Schluss der große Chor der Engel, die singen: „Amen, Halleluja, denn er hat sein Reich eingenommen.“
Und er hörte jene Stimme, die gesagt hat: „Ich will dich behüten, wohin du auch ziehst. Ich gehe mit dir, ich will dich behüten, wohin du auch ziehst.“ Er schlief, und das merkte er im Rückblick, unter einem offenen Himmel.
Sind solche unter uns, denen ist der Himmel zugegangen? Gibt es solche unter uns, die meinen, sie lebten unter einem verschlossenen Himmel? Es gibt solche, die meinen, eine Betttowand trenne sie von Gott.
Wissen Sie noch, wie Martin Luther gesagt hat, als er gefragt wurde, wo er denn bleiben will, wenn ihn der Kaiser in die Reichsacht und der Papst in den Bann tue? Er antwortete: „Sub coelo Dei“ – unter dem Himmel Gottes.
Darunter bleiben wir auch: unter dem Himmel Gottes. Und wem der Himmel offen ist, dem sind auch die finstersten Talwege sonnenhell.
Dieser Jakob hat es durchzubuchstabieren über den Glauben, dass dies gilt: „Ich will dich behüten, wo du auch hinziehst.“ Wir müssen es auch durchbuchstabieren angesichts beruflicher Probleme: „Ich will dich behüten, wo du auch hinziehst.“ Angesichts ihres Schmerzes und ihrer Trauer und ihres Lückenwehs: „Ich will dich behüten, wo du auch hinziehst.“
Das hat er gemerkt, das hat er gemerkt: Wir leben unter einem offenen Himmel.
Das Gebet als Schlüssel zum Bewegen des Steins vor dem Brunnen
Manche von uns haben Herzprobleme. Die Blutgefäße werden durch Ablagerungen immer enger, das Blut kann nicht mehr fließen und verursacht unglaubliche Schmerzen. Man geht zum Doktor, und bevor er zu einer Bypassoperation rät, versucht er es mit einer Dilation. Das heißt, ein kleiner Ballon wird durch die Gefäße gezogen, die geweitet werden. So kann das Blut wieder fließen und die Schmerzen lassen nach.
Liebe Freunde, dieses Wort „Ich will dich behüten, wohin du ziehst“ ist eine Dilation. Dieses Wort wird Ihnen durchs Herz gezogen. Es will Ihr Herz weiden, es will Ihnen die Schmerzen nehmen. An Herzschmerzen muss keiner sterben – keiner. „Ich will dich behüten, wohin du ziehst.“
Aber auch noch dieser dritte Punkt, liebe Freunde, nämlich der Stein. Der Stein ist der dritte Stein. Jakob ist also auf dem Fluchtweg. Er marschiert Richtung Osten, er versucht, bei seinem Onkel Laban Asyl zu bekommen. Der Weg war heiß, heißer, am heißesten.
Und dann steht da: Da war ein Brunnen auf dem Feld. Hören Sie noch einmal die Entdeckerfreude: Da war ein Brunnen! Hören Sie noch einmal die Finderfreude: Da war ein Brunnen! Hören Sie noch einmal die Vorfreude auf richtiges Wasser: Da war ein Brunnen!
Noch einmal erinnere ich daran, dass der Brunnen mit dem Wasser immer ein Hinweis ist auf den Brunnen der Gemeinschaft. Viele von uns sind auf der Flucht vor ihren Problemen, Nöten und Sorgen – auch auf der Flucht vor sich selbst. Die einen fliehen Richtung Westen und glauben, dass der Fortschrittsglaube ihnen etwas bringt. Die anderen fliehen Richtung Osten und meinen, die Gurus von drüben könnten uns helfen. Aber der Durst bleibt, der Brand bleibt. Und immer wieder fragen wir: Wer stillt meinen Durst? Wer stillt meine Sehnsucht? Wer gibt mir diesen lebendigen Glauben?
Liebe Freunde, entdecken Sie wieder die Brunnen! Siehe, da ist ein Brunnen, hier in Eidlingen. Siehe, da ist ein Brunnen, und dort draußen, hier und dort, wo Sie zusammenkommen, da ist ein Brunnen. Und morgens, wenn Sie die Bibel aufschlagen, bevor das Ganze losgeht, da ist ein Brunnen. Lassen Sie sich wieder einladen zu den Brunnen des lebendigen Wassers.
Nur eines: Da war ein Stein vor dem Brunnen, ein großer, schwerer Stein. Und den konnte keiner alleine bewegen. Sie mussten warten, bis alle Hirten zusammen waren. Dann, mit vereinten Kräften, gleichsam im Hauruckverfahren, wurde dieses tonnenschwere Ding auf die Seite gelegt.
Da war ein Stein vor dem Brunnen des Wassers. Da ist ein Stein vor dem Brunnen des Wortes Gottes. Wir stoßen uns daran, wir stoßen uns an den Steinen. Wir stoßen uns an dem, was im Wege liegt.
Einen Stein des Anstoßes findet jeder, wenn er zur Gemeinschaft gehen will oder sollte. Einen Stein des Anstoßes findet jeder, wenn die nicht so eng wären und wenn die nicht so weit wären und wenn die nicht so aussehen würden und wenn sie fröhlicher wären. Einen Stein des Anstoßes findet jeder.
Kommt noch der Sorgenstein dazu, der auch tonnenschwer ist und den wir auch noch davor liegen haben. Da ist der Stein vor dem Brunnen und der Zugang versperrt.
Und dann fragen wir, wie die Frauen am Ostermorgen: Wer wälzt uns denn den Stein von dem Grab? Wer wälzt uns denn den Stein von dem Brunnen?
Damals wird berichtet, Jakob habe es im Alleingang versucht. Und es ist ihm geglückt: Er nahm den Stein, legte ihn auf die Seite, und der Zugang zum Brunnen war frei.
Bornholm ist eine dänische Ferieninsel, und dort gibt es einen Riesenstein, der zu besichtigen ist. Er heißt Röckestein, zu Deutsch Rüttelstein, ein unglaubliches Ding. In Urzeiten hingeschleudert, überhaupt nicht zu bewegen, meint man.
Aber dieser Stein lässt sich bewegen, lässt sich in Schwingung bringen – selbst von einer Kinderhand, wenn man nur die richtige Stelle weiß.
Jeder Stein, jeder noch so große Sorgenstein lässt sich von Kinderhand bewegen, wenn man nur die richtige Stelle kennt. Und diese richtige Stelle ist das Gebet.
Beim Gebet legt man seine Hand in Jesu Hand. Diese Hand hat am Ostermorgen im Alleingang den größten Stein hinweggeschleudert und den Zugang freigemacht.
Seither gibt es keinen Stein des Anstoßes mehr, der nicht verrückt werden könnte und der uns den Zugang verbaute.
Liebe Freunde, der Weg zum Brunnen des lebendigen Wassers ist frei.
Abschluss mit der Frage nach Rettung und Gebet für Durst und Not
Darf ich mit einer völlig anderen Lesefrucht schließen, weil sie mich besonders bewegte? Ich las von der Titanic, genauer gesagt von Zeitzeugen, die befragt wurden und noch einiges darüber berichteten.
Bei einem Bericht las ich, dass am Tag nach dem Untergang bei der White Star Company, der Reederei und Eigentümerin der Titanic in Liverpool, zwei Tafeln aufgestellt wurden. Eine Tafel befand sich links vom Eingang, die andere rechts. Auf der einen stand oben „known to be saved“ – bekannt als gerettet, und auf der anderen „known to be lost“ – bekannt als verloren. Darunter waren die Namen der Passagiere aufgeführt.
Auf dem Schiff gab es drei Klassen: Erste Klasse, Zweite Klasse und Dritte Klasse. Am Ende gab es nur noch zwei Klassen: gerettet oder verloren.
Wir leben heute nicht nur in einer Drei-Klassengesellschaft, sondern in einer multikulturellen Gesellschaft mit vielen Klassen und Rassen. Am Ende gibt es nur zwei Klassen: gerettet oder verloren. Auf welcher Tafel stehen Sie?
Die letzte Frage lautet: Wie komme ich auf die Tafel „known to be saved“, also auf die der Geretteten? Ich komme darauf, wenn ich die Stimme Jesu höre, die mir an diesem Nachmittag sagt: „Und wer es höre, der komme. Komm! Und wer es höre, der spreche: Komm! Und wer da dürste, der komme. Und wer da will, der nehme von dem Wasser des Lebens umsonst.“
Wir beten: Du kennst die, die besonderen Durst haben – Durst nach Trost, Glaubensstärke und Hoffnung in einer Welt, die all das nicht mehr bieten kann. Öffne du den Zugang zum Brunnen und gib, dass viele, auch von uns, wieder neu und mit neuem Mut diesen Weg gehen. Stille unseren Durst, du, der du selbst Durst gelitten hast für uns!
Wir denken an diesem Nachmittag auch an die, die jetzt in den Kriegsgebieten leben, an die, die in Flugzeugen sitzen, und an die, die die Bomben erleiden müssen. Besonders denken wir an deine Gemeinde, an die Christen dort.
Herr, erbarme dich all dieses Elendes und mach ein Ende, wo Menschen dieses Ende nicht mehr finden. So geh du mit uns, mit jedem Einzelnen, und lasse uns und diesem Haus deinen Segen zukommen. Amen.