Die Bedeutung von Jesu Tod und Auferstehung
Vor der Auferstehung kam der Tod, und vor dem Tod kam die Geburt Jesu. All das haben wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten gefeiert. Jesus selbst hat den Menschen vor dem Osterfest erklärt, warum er zu uns Menschen gekommen war. Ja, er hat angekündigt, warum er sterben musste.
Nicht nur sollte er den Jüngern erklären, dass der Menschensohn gekommen ist, um sein Leben als Lösegeld für viele zu geben. Jesus hat also schon vor seinem Tod angekündigt, dass sein Tod notwendig ist, um die Schuld der Menschen zu bezahlen.
Er hatte den Menschen deutlich gemacht, dass wir alle Schuld in unserem Leben tragen und deshalb niemals vor Gott bestehen könnten. Deswegen war er, Gott selbst, der ewige Sohn Gottes, zu uns Menschen gekommen, um sein Leben stellvertretend für unsere Schuld zu geben. So können wir von unserer Schuld befreit werden und mit Gott versöhnt sein.
Jesus betonte außerdem, dass sein Tod nicht das letzte Wort hat. So verkündete er seinen Jüngern vor seinem Sterben: Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen übergeben werden, sie werden ihn töten, und wenn er getötet ist, wird er nach drei Tagen auferstehen.
Die Auferstehung Jesu ist deshalb so wichtig, weil sie beweist, dass das, was er über sein Sterben gesagt hat, wahr ist. Wenn Jesus nicht auferstanden wäre, wenn er sich darin getäuscht hätte, dass er den Tod überwinden würde, mit welcher Berechtigung könnten wir dann glauben, dass das, was er über sein Sterben gesagt hat, wahr ist?
Der Apostel Paulus bringt das auf den Punkt, wenn er im 1. Korinther 15,14-19 schreibt: "Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, besonders du Markus, weil du immer wieder verkündigt hast, dass Christus von Gott auferweckt wurde, den er dann ja gar nicht auferweckt hat."
Paulus fährt fort: "Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig. So seid ihr noch in euren Sünden, und auch die, die in Christus entschlafen sind, sind verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die Elendsten unter allen Menschen."
Zweifel und die Suche nach Gewissheit
Ihr Lieben, die Auferstehung Jesu ist von zentraler Bedeutung für den christlichen Glauben. Wer behauptet, Christ zu sein, aber nicht an die Auferstehung Jesu glaubt, ist im biblischen Sinn kein Christ.
Wenn die Auferstehung so wichtig ist, warum ist Jesus dann nicht mehr unter uns? Wir haben doch den ganzen Gottesdienst über verkündet, dass er lebt. Wenn Jesus jetzt hier wäre, wenn er unter uns leben würde, dann wären all diese Zweifel und Unsicherheiten hinfällig. Dann könnten wir mit Gewissheit sagen: Ja, Jesus lebt.
Vielleicht ist das genau dein Problem heute Morgen. Vielleicht bist du hier und sagst: „Ostergottesdienst, das ist schön, und was ich über Jesus weiß, finde ich toll.“ Aber dass er wirklich lebt, dass er wirklich von den Toten auferstanden ist, daran hast du Zweifel.
Ich möchte uns heute Vormittag auf eine Entdeckungsreise mitnehmen. Wir wollen einer Frau, der ersten Zeugin der Auferstehung, über die Schulter schauen. Wir wollen mit ihr den Weg gehen, den uns Johannes in seinem Evangelium beschreibt. Dabei sehen wir, wie sie vom Trauern am Grab und dem Staunen darüber, dass das Grab leer ist, zur Gewissheit über die Auferstehung gelangt.
Und schließlich wollen wir noch verstehen, warum Jesus nicht mehr hier bei uns ist.
Die erste Begegnung am leeren Grab
In der Textlesung haben wir gerade die ersten zehn Verse aus Johannes 20 gehört. Dort wird die Beschreibung der ersten Ereignisse an diesem Ostermorgen geschildert.
Nicht Maria von Magdala, sondern wahrscheinlich einige andere Frauen kommen früh am Morgen zum Grab. Sie bringen wohlriechende Öle mit, um ihren geliebten Herrn Jesus zu salben. Jesus war am Karfreitag gestorben. Maria war dabei, sie hatte gesehen, wie er am Kreuz gestorben war. Auch hatte sie gesehen, in welches Grab er gelegt worden war. So kommt sie nun am Tag nach dem Sabbat, an dem sie es eigentlich nicht tun durfte, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Dann stellt sie mit Schrecken fest, dass der Stein vor dem Grab weg ist. Ihr wird klar, dass der Stein nicht einfach so weggerollt sein kann, sondern dass der Leichnam verschwunden ist. Sie läuft und berichtet den Jüngern Jesu, Petrus und Johannes, was sie gesehen hat. Sie teilt ihnen ihre Annahme mit, dass der Leichnam weggenommen worden sei.
Wir haben gelesen, wie Johannes und Petrus zum Grab rennen. Petrus geht zuerst ins Grab hinein, danach auch Johannes. Über Johannes lesen wir dann die Worte: Er sah und glaubte.
Doch dann folgen in Vers 9 diese verwirrenden Worte. Vielleicht haben sie sich eben gewundert, als das gelesen wurde: „Er sah und glaubte.“ Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass Jesus von den Toten auferstehen musste. Danach gingen die Jünger wieder heim.
Das ist seltsam, nicht wahr? Ein bisschen unklar. Was genau hat Johannes dann geglaubt? Und was hat er noch nicht verstanden? Das bleibt hier erst einmal im Dunkeln.
Marias erneuter Gang zum Grab und die Begegnung mit Jesus
Was wir dann im Fortgang sehen, ist, dass Maria von Magdala wahrscheinlich total verwirrt zurückkommt, nachdem die beiden nach Hause gegangen sind. Sie war vermutlich zu ihnen gerannt, und dann sind sie zum Grab losgerannt, während sie etwas hinterhergegangen ist.
Sie hatten das Grab gesehen und waren wieder weggegangen. Jetzt kommt Maria alleine zum Grab. Offensichtlich hat sie noch die Hoffnung, dass sich das Verwirrende irgendwie aufklären lässt und dass sie den Leichnam Jesu finden könnte.
Das lesen wir in unserem Predigttext, der im Johannesevangelium, Kapitel 20, Verse 11 bis 18, zu finden ist.
Maria aber stand draußen vor dem Grab. Wenn Sie mitlesen wollen: Ich höre das Rascheln der Blätter, das freut mich immer ganz besonders. In den ausliegenden Bibeln finden Sie das auf Seite 134. Im hinteren Teil finden Sie Johannes 20, und dann die kleine 11 direkt neben dem Wort „Maria“.
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und siehe, zwei Engel in weißen Gewändern saßen dort. Einer war zu Häupten und der andere zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten.
Sie sprachen zu ihr: „Frau, was weinst du?“ Sie antwortete ihnen: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“
Als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen. Sie weiß nicht, dass es Jesus ist. Jesus spricht zu ihr: „Frau, was weinst du? Wen suchst du?“
Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: „Herr, hast du ihn weggetragen? So sag mir, wo du ihn hingelegt hast, dann will ich ihn holen.“
Jesus spricht zu ihr: „Maria!“ Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: „Rabbuni“, das heißt Meister.
Jesus spricht zu ihr: „Rühr mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Maria von Magdala geht und verkündet den Jüngern: „Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.“
Marias Weg von Trauer zur Erkenntnis
Wir sehen in diesem Text, wie Maria durch drei Schritte geht. Diese drei Schritte wollen wir uns etwas genauer anschauen.
Zuerst sehen wir, wie sie einfach nur eine Trauernde am Grab ist. Das sehen wir in den Versen 11 bis 15. Sie kommt zum Grab und weint. Das ist wirklich das Echo der ersten Verse. Ich lese uns das nochmal vor: Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sah zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den anderen zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Sie sprachen zu ihr: „Frau, was weinst du?“ Und sie erklärt dann auf diese Frage der Engel, warum sie weint. Sie antwortet: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“
Das ist genau das, was sie vorher schon dem Petrus gesagt hatte, als sie vom Grab weggelaufen war. Da hatte sie Petrus und Johannes auch erklärt: „Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“ Also hat Maria diesen großen Wunsch, den Herrn zu finden. Sie will wissen, wo er nun ist. Dabei ist sie blind für das, was sich direkt vor ihren Augen abspielt.
Sie sucht den Leichnam Jesu. Jetzt kommt sie zum Grab und sieht dort zwei Engel sitzen. Sie fragt sie, so als wären es Passanten auf der Straße: „Habt ihr den Leichnam gesehen?“ Das ist ungewöhnlich in der Bibel. Typischerweise, wenn Menschen eine Engelsbegegnung haben, was geschieht? Sie fallen auf den Boden und fürchten sich. Maria scheint so fokussiert zu sein auf das, was sie hier erreichen will, dass sie nicht einmal das wahrnimmt.
Auch wenn wir uns vielleicht nicht vorstellen können, wie es genau ist, wenn man eine Engelsbegegnung hat: Stell dir mal vor, du gehst heute Nachmittag zum Friedhof, und auf einmal ist ein Grab offen. Da sitzen zwei Personen drin, in total weißen Kleidern. Würdest du sie fragen: „Hey, wo gibt es hier eigentlich den nächsten Kaffee?“ Maria scheint überhaupt nicht wahrzunehmen, was sich da vor ihren Augen abspielt.
Dann wird es noch interessanter. Sie bemerkt, dass jemand kommt. Sie dreht sich um und sieht den, den sie sucht, dessen Leichnam sie sucht, vor sich stehen. Er fragt sie: „Warum weinst du?“ Sie könnte sagen: „Stimmt, ich habe keinen Grund zu weinen, du bist ja da.“ Er fragt auch: „Wen suchst du?“ Sie könnte antworten: „Dich habe ich gesucht.“ Aber nein, sie denkt, das ist der Gärtner, und wiederholt ihre Standardfrage: „Hast du ihn weggetragen? Sag mir, wo du ihn hingelegt hast, dann will ich ihn holen.“
Es kann sein, dass Jesus in seinem Auferstehungsleib irgendwie anders ausgesehen hat. Andererseits dauert es nur wenige Sekunden, bis sie ihn zweifelsfrei erkennt. Maria ist ganz offensichtlich so fixiert auf das, was sie hier vorhat – den Leichnam zu finden und Jesus die letzte Ehre zu erweisen –, dass sie nicht offen ist für eine andere, viel größere Erkenntnis. So übersieht sie das, was all ihre Fragen zu einem Ende bringen würde.
Aber eines müssen wir bemerken: Marias Hingabe Jesus gegenüber ist bemerkenswert. Eine solche Liebe! Sie geht zum Grab, sie will ihn salben, sie hat ihn so lieb gehabt. Aber diese Liebe, diese Hingabe Jesus gegenüber, schützt sie nicht davor, etwas kolossal misszuverstehen. Sie sucht den Lebenden bei den Toten. Und als dann der Lebendige vor ihr steht, erkennt sie ihn nicht, weil sie immer noch überlegt, wo der Tote liegen könnte. Irgendetwas ist da falsch.
Ihr Lieben, ich denke, was Maria hier erlebt, was wir hier bei Maria sehen, das ist auch heute noch etwas, das wir erleben können: Menschen haben eine Hingabe, eine Liebe für Jesus, ohne damit zu rechnen, dass er wirklich lebt, ohne damit zu rechnen, dass sie ihm wirklich begegnen können. Es gibt viele Menschen, die auf der Suche nach diesem Jesus der Bibel sind – diesem interessanten, faszinierenden Lehrer – und doch hoffnungslos verloren sind, weil sie keine Erkenntnis darüber haben, dass er lebt.
Aber er ist wahrhaftig auferstanden.
Die persönliche Begegnung mit dem Auferstandenen
Und genau das darf Maria dann erkennen. Das ist das Zweite, die erste große Wendung im Text. In seiner großen Gnade gibt Jesus sich jetzt als der Auferstandene der Maria zu erkennen, und das verändert alles. Er spricht sie ganz persönlich beim Namen an: Maria. Da gehen ihr die Augen auf, ihr Herz öffnet sich, sie erkennt Jesus, ihren Rabbuni, ihren Meister.
Ich denke, was wir hier erleben und was uns beschrieben wird, ist eine ganz persönliche Erfüllung dessen, was Jesus im bekannten zehnten Kapitel des Johannes-Evangeliums angekündigt hatte. Jesus hatte damals seinen Jüngern erklärt: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir nach.“ In dem Moment, in dem Jesus Maria anspricht, hört sie seine Stimme, erkennt sie und erkennt ihn. Sie lebt jetzt für ihn.
Ich möchte fragen: Hast du das erlebt? Hast du erlebt, wie Jesus dich ganz persönlich angesprochen hat, wie er dich bei deinem Namen gerufen hat? Folgst du ihm nach? Wahrscheinlich hat keiner von uns eine Begegnung mit Jesus gehabt wie Maria von Magdala hier am Grab. Ich gehe davon aus, dass wahrscheinlich niemand von uns in dieser Weise akustisch von Jesus angesprochen wurde, als er uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.
Und doch spricht Jesus auch heute noch Menschen ganz persönlich an. Er tut das durch sein Wort. Viele von uns können das bezeugen. Viele haben erleben dürfen, wie beim Lesen der Bibel oder beim Zuhören einer Predigt dieses Buch auf einmal lebendig wurde. Unsere Herzen fühlten sich angesprochen, und wir wussten: Das ist nicht einfach nur eine abstrakte Beschreibung einer Person vor zweitausend Jahren. Hier spricht mich ganz persönlich mein Herr an.
Wenn dir das seltsam vorkommt oder du damit nichts anfangen kannst, dann kann ich dir sagen, dass es mir bis zu meinem 26. Lebensjahr genauso ging. Ich konnte mir das nicht vorstellen; es war für mich ein absurder Gedanke. Aber ich möchte Mut machen, dem Reden Gottes, dem Dich-Ansprechen Gottes, Raum zu geben.
Nimm dir die Bibel, lies eines der Evangelien, höre auf das Wort Gottes und achte auf seine Stimme. Vielleicht spricht er auch dich ganz persönlich an. Wenn du dabei Hilfe brauchst oder jemanden suchst, der mit dir zusammen die Bibel liest, kannst du mich gerne später ansprechen. Ich bin mir sicher, ich kann dir jemanden vermitteln, der mit dir die Bibel liest, damit du Jesus’ Stimme hören kannst.
Oder komm zur Bibelstunde, die diesen Donnerstag ausfällt – aber nur, weil wir am 7. und 14. andere Veranstaltungen haben und am 21. eine neue Serie beginnen. Wir werden das Johannesevangelium nicht nur Kapitel 20, sondern von Anfang an gemeinsam lesen.
Diese Flyer laden dazu ein. Du kannst sie auch mitnehmen und jemand anderem in die Hand geben. Ab dem 21. April, jeden Donnerstag um 19.45 Uhr, wollen wir uns auf die Entdeckungsreise machen und das Johannesevangelium Stück für Stück miteinander lesen. Meine Hoffnung ist, dass du dabei Jesus’ Stimme hörst und ihn erkennst als den lebendigen Herrn.
Die neue Erkenntnis und die veränderte Beziehung zu Jesus
Maria darf das erkennen. Sie versteht nun, dass sie bisher viel zu geringe Ambitionen hatte. Ihre Ambition war es, seinen Leichnam zu finden, und jetzt hat sie den Lebendigen gefunden.
Aus dem Parallelbericht des Matthäusevangeliums wissen wir, was dann geschieht: Sie fällt auf ihre Knie und umklammert seine Füße. Alles schien verloren, als Jesus am Kreuz starb – am Karfreitag, als sie dort vor dem Kreuz stand und ihr geliebter Herr so brutal getötet wurde. Und jetzt ist er wieder da. Vielleicht würde jetzt doch noch alles gut.
Mal ganz ehrlich: Wärst du nicht auch gerne dabei gewesen in diesem Moment? Was hättest du gemacht? Hättest du dich nicht auch zu seinen Füßen geschmissen und seine Beine umklammert? Bedauerst du vielleicht manchmal, dass du das nicht tun kannst, dass du ihn nicht ansehen kannst, dass du ihn nicht anfassen kannst?
Dabei müssen wir uns klar machen, dass Marias Situation eine ganz andere war als die, die wir heute hätten. Wenn wir uns heute Jesus wünschen und ihn gerne einmal anfassen möchten, dann ist das für uns jemand, der in unseren Herzen lebt, von dem wir wissen, dass es ihn gibt, mit dem wir im Gebet reden, aber den wir noch nie gesehen haben.
Für Maria war Jesus jedoch eine Person, mit der sie wahrscheinlich mehrere Jahre durch die Gegend gezogen war. Jemand, den sie ganz persönlich eng kannte, dessen Worte sie tagtäglich gehört hatte und dessen Sterben sie miterlebt hatte.
Vielleicht passt das Bild sogar noch besser, wenn du dir vorstellst, dass du einen geliebten Menschen verloren hast und alle Hoffnung dahin ist – und dann steht er plötzlich wieder vor dir. Das ist das, was Maria hier erlebt, und so klammert sie sich an ihn.
Die Aufforderung zum Loslassen und zur Verkündigung
Doch Maria muss noch mehr verstehen. Das führt uns zum dritten Abschnitt unseres Textes. Nachdem Jesus Maria beim Namen gerufen hat, belehrt er sie nun und erklärt ihr, dass sie sich nicht an ihn klammern soll. Er muss noch zum Vater auffahren, so wie er es zuvor schon mehrfach verheißen hat.
In Vers 17 lesen wir: Jesus spricht zu ihr: „Rühr mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Interessant ist, was Jesus hier zu Maria sagt. „Rühr mich nicht an“ wird vielleicht besser übersetzt mit „Halt mich nicht fest“, wie es auch in anderen Übersetzungen heißt. Maria hatte ihn sehr wahrscheinlich schon angerührt. Es war auch nicht grundsätzlich verboten oder problematisch, den Auferstandenen anzufassen.
Kurz darauf, wenn wir im Johannesevangelium weiterlesen, lesen wir direkt daneben von Thomas, einem Jünger, der zunächst ebenfalls gezweifelt hatte, dass Jesus wirklich auferstanden sei, obwohl man es ihm berichtet hatte. Jesus lädt ihn sogar ein, ihn anzufassen. Es war also nicht verboten, Jesus zu berühren.
Nein, hier geht es wohl um etwas anderes. Jesus korrigiert die Erwartungshaltung Marias. Nachdem er ihr erst erklären musste, dass er nicht tot im Grab liegt, sondern lebendig vor ihr steht, muss er ihr jetzt klarmachen, dass es falsch für sie ist, sich an ihn zu klammern. Stattdessen soll sie seine Auferstehung verkündigen, denn er hat noch etwas Besseres für die Gläubigen. Er muss zum Vater auffahren.
Die neue Gemeinschaft mit Gott als Brüder und Kinder
Das Erste, was wir hier bedenken sollten, sind die Worte, die Jesus zu Maria spricht, und wie er nun die Jünger nennt. Er nennt sie „meine Brüder“. Bisher hat Jesus die Jünger nie so genannt. Er hat sie „ihr Lieben“ oder „Freunde“ genannt. In den meisten Passagen im Johannesevangelium gibt es gar keine direkte Ansprache.
Aber jetzt, nachdem er für sie gestorben ist und sich so voll und ganz mit ihnen identifiziert hat, indem er ihre Schuld auf sich genommen hat und ihnen seine Gerechtigkeit zurechnet, wenn sie an ihn glauben, nennt er die Gläubigen seine Brüder.
Das gilt auch für dich, wenn du heute hier bist, Jesus Christus kennst und an ihn glaubst als den Auferstandenen, als den lebendigen Herrn. Dann sagt Jesus auch zu dir: Du bist mein Bruder, du bist meine Schwester. Das ist ein immenses Privileg.
Jesus ist nicht weit weg, der hocherhabene Herr. Ja, das ist er in gewisser Weise auch, aber er sagt: „Meine Brüder.“ Kennst du Jesus so, als deinen großen Bruder, der immer für dich da ist? Deinen großen Bruder, der dir in jeder Not zur Seite steht? Deinen großen Bruder, der dir zeigt, wie Dinge gehen, der dir vorausgeht und dich lehrt?
Jesus erklärt dann weiter nicht nur, dass die Jünger jetzt seine Brüder sind, sondern auch, dass sein Vater jetzt ihr Vater ist. Auch das ist das erste Mal im Johannesevangelium, dass Jesus seinen Vater auch den Vater der Jünger nennt.
Im Galaterbrief wird beschrieben, was hier geschehen ist. Paulus schreibt darüber, wie Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung Erlösung bewirkt hat, sodass Menschen, die bis dahin keine Kinder Gottes waren, zu Kindern Gottes werden.
So heißt es im Galaterbrief 4,4-6: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!“
Jesus, dein großer Bruder, und der heilige, allmächtige Gott, dein dich liebender Vater! All das ist möglich, weil Jesus Mensch geworden ist, gestorben ist und siegreich über Tod und Sünde auferstanden ist.
Die Bedeutung von Erlösung und Geistessendung
Jesus hat uns erlöst. Liebe Geschwister, wir waren einst Feinde Gottes, weil wir ihm durch unser Leben und jeden Ungehorsam die Feindschaft erklärt hatten. So standen wir unter Gottes gerechtem Zorn – und stünden wir noch jetzt darunter, wenn Jesus nicht gekommen wäre, um für unsere Sünden zu sterben und siegreich aufzuerstehen.
Aber weil er das getan hat, sind wir jetzt Kinder, geliebte Kinder Gottes. Er ist unser Vater, und wir dürfen ihn ansprechen mit den Worten: „Aber, lieber Vater!“
Ich weiß nicht, wie dein Vaterbild ist, welche Erfahrungen du mit deinem eigenen Vater gemacht hast oder vielleicht noch machst. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich einen Vater habe, der mich sehr liebt und immer für mich da ist. Ich preise Gott für meinen irdischen Vater.
Doch ich weiß, dass es manchen unter uns anders geht. Manche haben ihren Vater nie gekannt, andere haben keine guten Erinnerungen oder eine schwierige Beziehung zu ihrem Vater. Aber wenn du Kind Gottes bist, wenn Jesus Christus dein Herr ist, dann lass dir sagen: Du hast einen Vater, der dich über alles liebt, der immer für dich da ist und dich nie im Stich lassen wird. Ein Vater, der es unendlich gut mit dir meint.
Damit wir Brüder Jesu und Kinder des himmlischen Vaters sein können, muss Jesus noch etwas tun. Das haben wir gerade im Galaterbrief gelesen: „Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt.“ Genau das musste Jesus noch tun.
Jesus musste zum Vater gehen, denn sonst wäre er nur bei Maria geblieben. Sie hätte sich weiter an ihn klammern können. Aber dann hätte der Rest der Welt nicht gewusst, dass Jesus auferstanden ist. Dann hätten wir bestenfalls Jesus an einem Ort zu einer bestimmten Zeit gehabt, aber nicht in uns.
Jesus hatte schon vor seinem Sterben am Gründonnerstag in seiner Abschiedsrede seinen Jüngern mehrfach erklärt, dass er zum Vater gehen müsse. Er sagte auch, dass es etwas Gutes sei, dass er zum Vater geht, weil er uns von dort seinen Geist senden würde.
So heißt es zum Beispiel in Kapitel 16: „Jetzt gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat.“ Und weiter: „Ich sage euch die Wahrheit, es ist gut für euch, dass ich weggehe.“ Es ist gut für uns, dass Jesus nicht mehr physisch hier auf Erden ist. Denn wenn ich weggehe, sagt er, kommt der Tröster. Wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. „Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden.“
Was Maria davon schon verstanden oder verarbeitet hatte, wissen wir nicht. Uns wird immer wieder berichtet, dass die Jünger Jesu Schwierigkeiten hatten zu verstehen, was Jesus ihnen sagen wollte. Aber scheinbar schien es ihnen klar zu sein, dass es jetzt an der Zeit war, sich nicht mehr an der physischen Gegenwart Jesu zu erfreuen und sich an ihn zu klammern.
Stattdessen sollten sie zu den Jüngern gehen, um ihnen etwas zu verkünden. Und ich hoffe, wir erkennen das auch.
Die Gegenwart Jesu durch den Heiligen Geist
Was wäre, wenn Jesus nicht aufgefahren wäre? Was wäre, wenn er jetzt noch hier auf Erden wäre? Ich habe diese Frage ja eingangs gestellt.
Wer von uns hätte ihn dann wirklich schon gesehen? Wenn Jesus noch irgendwo auf der Erde wäre, dann wäre er an einem bestimmten Ort. Wie viele Menschen würden es schaffen, genau dort aufzutauchen, wo Jesus ist? Und wenn wir uns darum bemühen würden, könnten wir sicher sein, dass wir nicht allein wären. Wahrscheinlich wären Tausende, vielleicht sogar Millionen Menschen mit dem gleichen Anliegen da: Jesus einmal zu sehen.
Und was würde dann passieren? Ich weiß nicht, welche wichtige Person der Weltgeschichte du schon einmal persönlich sehen wolltest. Typischerweise steht man dann irgendwo in der letzten Reihe und sieht die Person nur ganz klein. Würde dich das wirklich überzeugen? Würdest du dann sagen: „Okay, ja, das ist Jesus, alles klar, an den glaube ich, das ist jetzt mein Herr“? Ich weiß es nicht. Viele haben Jesus physisch gesehen und doch nicht an ihn geglaubt.
Aber jetzt hat er uns seinen Geist gesandt, den Geist, durch den er bei uns ist – ja, sogar in uns – alle Tage bis an das Ende der Welt. Das ist ein immenses Privileg: Der Auferstandene, der lebt, lebt jetzt nicht nur irgendwo, sondern in uns, in den Gläubigen. Ja, sogar an den Nichtgläubigen wirkt er.
Ich bete, wenn du heute hier bist und vielleicht die Auferstehung bisher noch nicht so richtig glaubst oder Jesus noch nicht als deinen Herrn kennst, dass er durch seinen Geist gerade an dir wirkt. Gott tut das. Er beginnt, dir die Augen zu öffnen – nicht die physischen, sondern die Augen des Herzens –, damit du Jesus erkennst.
Er, der Geist des Sohnes, überführt Menschen von ihrer Sünde und führt sie zu Jesus als ihrem Retter. Er schenkt uns Erkenntnis der Schrift, so dass es uns nicht mehr so geht wie Johannes und Petrus, die vom Grab verwirrt weggehen, weil sie die Schrift noch nicht verstanden haben. Nein, der Geist hilft uns, die Schrift immer besser und klarer zu verstehen, wer Jesus ist und was er für uns getan hat.
Ja, durch seinen Geist ist Jesus bei uns. Er ermutigt uns, stärkt uns in unseren Zweifeln und hilft uns, diese zu überwinden. Er tröstet die Trauernden. Er ist bei uns.
Gehorsam und Verkündigung der Auferstehung
Keine Ahnung, wie viel Maria in diesem Moment schon verstand, aber eins ist klar: Sie war gehorsam. Sie tat, was man ihr sagte. So lässt sie von Jesus ab, geht zu den Jüngern und verkündet: „Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.“
Sie verkündet den Jüngern, der Herr ist wahrhaftig auferstanden. Das können wir nicht beweisen. Ich kann dir nicht beweisen, dass Jesus lebt. Muss ich auch nicht.
Was wir tun können, ist, Gottes Wort zu lesen und Gottes Wort weiterzusagen. Denn durch sein Wort spricht Gott uns so persönlich an, dass ich keinen weiteren Zeugen mehr brauche, weil er sich selbst bezeugt.
Durch den Geist, den Jesus uns gesandt hat, wirkt er an uns und in uns. Er überführt uns von der Wahrheit dieser Dinge. So kann ich wissen, auch wenn ich nicht beweisen kann.
Und so sind wir aufgerufen, diese gute Botschaft immer besser zu verstehen, uns immer mehr daran zu freuen und sie den Menschen weiterzusagen. Denn die Welt muss wissen: Jesus lebt, er ist wahrhaftig auferstanden. Amen!
Schlussgebet und Lobpreis
Himmlischer Vater, danke, dass du uns deinen einen geliebten Sohn gesandt hast, sodass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat.
Danke, dass du dich nicht gescheut hast, Menschengestalt anzunehmen und unter uns Menschen zu leben. Danke, dass du bereit warst, den Weg zu gehen, den Gott der Vater und Gott der Sohn vor aller Zeit gemeinsam geplant haben.
Danke, Jesus, dass du dich erniedrigt hast – bis hin zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Danke, dass du für die Schuld, die Sünden, alles Böse und Falsche gestorben bist, für alle, die sich jemals dir zuwenden.
Danke, dass das keine leeren Worte waren. Jeder könnte sagen: „Ich sterbe für deine Sünden“ – und seinen Tod provozieren. Aber du hast gesagt, du wirst leben. Und das ist etwas, wozu kein Mensch fähig ist. Das ist das Werk des allmächtigen Gottes.
So hast du den Tod überwunden und lebst. Danke, dass du uns deinen Geist gesandt hast, durch den du uns ansprichst und uns hilfst, dich immer besser kennenzulernen.
Ich bete für meine Geschwister hier, dass sie dich immer mehr erkennen und dass du immer mehr Raum einnimmst in unseren Gedanken und in unserem Herzen. Dass du immer realer für uns wirst und wir immer mehr an deine Hand gehen.
Herr, ich bete für die unter uns, die vielleicht meine Worte bis zu diesem Moment hören und denken: Das ist naiv, das kann ich nicht glauben oder das will ich nicht glauben. Herr Jesus, sprich sie ganz persönlich an! Lass sie deine Stimme hören, tu Buße und glaub an das Evangelium.
Herr, so wirke du durch deinen Geist. Amen.
Wir wollen unseren Herrn mit einem Lied loben, das wir von der Bima-Folie singen werden: „Der Himmel“.