I. Betet für uns (V.25)
Nachdem nun Paulus seine Bitte für die Gemeinde in Thessalonich vor Gott kommen liess, bittet er nun die Gemeinde für ihn und seine Mitarbeiter zu beten. Eine häufige Bitte des Paulus. Er ist sich bewusst, dass er ganz von Gott abhängig ist. Er wusste, dass er, wie auch die Gemeinden, das Gebet dringenst benötigen. Eindringlich bat er die Römergemeinde: Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch unsern Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, daß ihr mir kämpfen helft durch eure Gebete für mich zu Gott Rö.15,30.
Bilden wir uns nie ein, dass wir auf das Gebet verzichten könnten. Gott will von uns gebeten werden und Gott hört und erhört Gebete. Wir finden weder in der Schrift, noch irgendwo in der Welt solche Glaubensgeschwister, die auf das unterstützende Gebet verzichten könnten, wollen sie im Reich Gott eine - aus Gottes Sicht - segensreiche Arbeit tun. Für Paulus ist diese Bitte um unterstützendes Gebet keine fromme Floskel, um zu zeigen wie demütig er ist. Für Paulus ist das Gebet dringlich, denn er selbst erlebt sich nicht als den Helden, den wir so gerne aus ihm machen. Wie ernst ihm das ist, sehen wir aus seinem täglichen Leben, er schreibt den Korinthern: Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr unter Juden, in Gefahr unter Heiden, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern; / in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blösse. 2.Kor.11,26-27. Dieser Mann wusste von was er spricht, wenn er die Gemeinde zur Fürbitte auffordert!
Der Kampf der Israeliten gegen die Amalekiter, in der Zeit als sie von Ägypten ausgezogen waren, stellt uns diese Gebetsunterstützung bildlich vor Augen. Josua zieht aus zum Kampf und Mose ging mit Aaron und Hur auf einen Hügel. Und wenn Mose seine Hand emporhielt, siegte Israel; wenn er aber seine Hand sinken liess, siegte Amalek. / Aber Mose wurden die Hände schwer; darum nahmen die beiden einen Stein und legten ihn hin, dass er sich daraufsetzte. Aaron aber und Hur stützten ihm die Hände, auf jeder Seite einer. So blieben seine Hände erhoben, bis die Sonne unterging. Ex.17,11-12. So sollen wir im Gebet hinter denen stehen, die an der Front kämpfen.
Beten wir doch für unsere Missionare in den verschiedenen Ländern. Je stärker ein Mensch an der Front steht, desto wichtiger ist das unterstützende Gebet. An dieser Stelle möchte ich einmal mehr zu unseren Gebetszeiten einladen. Einmal mehr möchte ich Sie auch bitten für uns als Verkündiger zu beten. Wir brauchen vielleicht ihr Gebet mehr als Sie ahnen.
II. Ausdruck herzlicher Verbundenheit (V.26)
Die Geschwister sollen sich mit dem heiligen Kuss grüssen. Diese Aufforderung begegnet uns auch im Römer 16,16: Grüsst euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüssen euch alle Gemeinden Christi. Rö.16,16. Ich weiss nicht wie glücklich wir wären, wenn wir uns von heute an alle mit Küssen begrüssen würden. Vermutlich wäre dies vielen von uns unangenehm oder gar peinlich. Im besonderen - dies nehme ich zumindest an - wenn sich Männer mit diesem Kuss grüssen sollten. Die Begrüssung mit einem Kuss ist in verschiedenen Kulturen noch erhalten. So z.B. in Frankreich oder wir sahen dies auch oft, als sich die Genossen des Warschauer Pakts trafen, grüssten sie sich mit einem Kuss. Auch in verschiedenen Familien bei uns grüsst man sich mit einem Kuss, selbst die Männer. Diese Form des Grüssens war auch zur Zeit Jesu üblich. So verrieht Judas Jesus mit einem Kuss (Lk.22,47). Als er aber noch redete, siehe, da kam eine Schar; und einer von den Zwölfen, der mit dem Namen Judas, ging vor ihnen her und nahte sich zu Jesus, um ihn zu küssen. Lk.22,47.
Diese Handlung sollte möglichst unauffällig sein. Also war es damals in jener Kultur ganz üblich. Auch die Römer kannten diese Form des Grusses, so beschreibt Tacitus eine Unterredung und sagt zu deren Beendigung: Die Unterredung wurde mit einem Kuß beendigt. (1) Was Paulus hier aufgreift ist also keine besondere Umgangsform, die unter Christen gelten soll, sondern eine Form des normalen gesellschaftlichen Umganges. Er betont diese Form nur dadurch, dass der Kuss heilig, d.h. in Reinheit geschehen soll. Die NGÜ übersetzt diesen Vers deshalb so: Grüsst alle Geschwister mit einem Kuss als Ausdruck dafür, dass ihr durch den Herrn miteinander verbunden seid. 1.Thess.5,26.
Sollen wir nun diesen heiligen Kuss in unseren Reihen einführen? Einige unter uns, die enger miteinander Verbunden sind praktizieren das untereinander. Soll nun diese Praxis auf alle ausgedehnt werden? Sollen wir uns heute beim Auseinandergehen alle mit einem Kuss verabschieden? Ich meine nicht. Wir sind uns andere Umgangsformen gewohnt und es wäre für manchen von uns eine furchtbare Anstrengung, wenn er sich jetzt auf einmal diese Form des Grusses aneignen sollte. Bei uns gilt der Händedruck, als gängige Form des Grüssens. Paulus würde vielleicht sagen, grüsst euch mit dem heiligen Händedruck. Oder vielleicht: Seht euch in die Augen, wenn ihr Euch grüsst. Die Gläubigen sollen sich offen begegnen, keines soll abseitsstehen. Der Sklave und sein Herr sollen sich in der Gemeinde wie Geschwister grüssen. In Gemeinden stellt man immer wieder fest, wie gerade die Begrüssung immer wieder ein Thema ist, nicht in der Öffentlichkeit, aber untereinander: Heute hat mich der wieder nicht gegrüsst, er ist an mir vorbeigelaufen, als ob er mich nicht kennen würde. Oder: Er weicht mir aus, er grüsst mich nie. Oder: Nie sieht er mich richtig an, wenn er grüsst, anderen begegnet er offen aber mich grüsst er damit er mich gegrüsst hat. Oder: Ich bin halt zuwenig für diese oder jene Person, deshalb grüsst er mich nicht. Kennen wir solche oder ähnliche Aussagen? Kommen sie uns nicht bekannt vor? Es ist wirklich so, das Grüssen sagt oft sehr viel über unsere Beziehung zu den Menschen aus. Paulus möchte uns sagen, wir sollen uns offen begegnen. Gegenseitig sollen wir uns achten. ...achte einer den andern höher als sich selbst. Phil.2,3b. Soll in der Begegnung unter Christen Ausdruck finden. Noch ein kleiner Tip: Gehen sie lieber auf einen Bruder oder auf eine Schwester zu und grüssen Sie (grüssen sie nicht, um einem anderen Bruder auszuweichen), anstatt abzuwarten wer Sie grüsst und wer Sie nicht grüsst.
III. Transparenz in der Lehre (V.27)
Paulus scheint nun die Feder selber zu ergreifen, denn nun begegnet uns nicht das gewohnte wir, sondern Paulus schreibt: Ich. Seht, mit wie grossen Buchstaben ich euch schreibe mit eigener Hand! Gal.6,11. Ich beschwöre euch, oder ich mache es euch vor dem Herrn zur Pflicht, diesen Brief allen Geschwistern vorzulesen. Die Empfänger des Briefes werden geradezu beschworen, diesen Brief allen vorzulesen. Ähnlich begegnet uns das im Kolosserbrief, wo es heisst: Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so sorgt dafür, daß er auch in der Gemeinde von Laodizea gelesen wird und daß ihr auch den von Laodizea lest. Kol.4,16.
Paulus wollte vermeiden, dass nur ein Teil der Gemeinde den Inhalt dieses Briefes mitbekommt. Vielleicht fehlte an dem Tag, als dieser Brief vorgelesen wurde ein Sklave, der aus irgendwelchen Gründen nicht in der Gemeinde sein konnte. Er soll diesen Brief lesen können. Keiner in der Gemeinde ist so gering zu achten, dass man ihm den Brief nicht vorliest. Oder, dass gar die Verantwortlichen der Gemeinde diesen Brief für sich behalten und der Gemeinde nicht vorlesen.
Das Evangelium und die Lehre der Apostel ist kein Geheimwissen, das nur einer erwählten Schar zur Verfügung stehen soll. Jeder in der Gemeinde soll die Information direkt von den Aposteln bekommen. Die Gemeinde sollte gut gelehrt sein und die Meinung des Apostels sollte bekannt sein. Denn Paulus wusste, wie schnell sich Leute aufmachen, die unter falscher Vorgabe Briefe an die Gemeinden sandten, so musste Paulus schon im nächsten Brief an die Thessalonicher schreibt: daß ihr laßt euch in eurem Sinn nicht so schnell wankend machen noch erschrecken - weder durch eine Weissagung noch durch ein Wort oder einen Brief, die von uns sein sollen -, als sei der Tag des Herrn schon da. 2.Thess.2,2. So ist diese ernste und energische Aufforderung eine Maßnahme, daß dieser Brief des Paulus allen Christen bekannt wird, und sie sich durch falsche Briefe nicht täuschen lassen.
Die Gemeinde soll die Lehre der Apostel kennen, damit sie gegen Irrlehren gewappnet sind. Gesunde Lehre ist kein Privileg von ein paar Auserwählten. Die Lehre der Apostel muss in der Gemeinde bekannt sein. Sie bildet mit Schutz für die Gemeinde, wie Paulus den Ephesern sagt: damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. Eph.4,14. Wir haben allen Grund zur Dankbarkeit, dass uns Gott die Bibel geschenkt hat. Darin soll jeder Christ eifrig forschen.
IV. Die Gnade in Christus (V.28)
Noch ein letztes Wort für die Gemeinde: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! An der Gnade Gottes liegt tatsächlich alles. Gnade Gottes ist einzig und allein mit dem Namen Jesus Christus verbunden. Nur in Jesus begegnet uns die Gnade Gottes.
Aber wie wird man durch Christus gesegnet, wie erfährt man seine Gnade? Ist dies mit einem Wort des Paulus getan? Ich meine nicht. Man könnte diesen Vers übrigens auch folgendermassen übersetzen: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus ist mit euch! Was mir zutreffender scheint. Weil wir durch den Glauben an Christus gesegnet sind. Paulus erinnert praktisch nur noch daran, dass sie in Christus gesegnet sind. Den Ephesern sagt er deutlich: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Eph.1,3. Wer an Jesus Christus glaubt und ihm folgt, der ist gesegnet mit allem Segen, den wir von Gott dem Schöpfer je erhalten können. Der steht in der Gnade Gottes. Er muss nicht mehr darauf warten. Stehst Du, stehen Sie in der Gnade Gottes?
Der Weg zu dieser Gnade ist nicht schwer und nicht weit. Im Johannesevangelium lesen wir: Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, / die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. Joh.1,12-13. Gott selbst schafft diesen neuen Menschen, der unter seiner Gnade steht und so lesen wir einige Verse weiter: Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. / Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Joh.1,16-17. Durch Jesus Christus kommt Gottes Gnade in Ihr Leben. Wenn Sie Jesus nicht kennen, dann fehlt Ihnen die Gnade, von der Paulus am Schluss dieses Briefes schreibt. Ich freue mich, wenn es auch für Ihr Leben stimmt: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus ist mit euch! Gerne bin ich bereit ihnen zu zeigen, wie sie diese Gnade ganz konkret erfahren können.
Schluss
Mit dem letzten Wort des Thessalonicherbriefes möchte ich auch diese Predigtreihe beschliessen: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus ist mit euch! Amen
(1) Tacitus: Annalen, XV, 28.