Herr, dein Ziehen wollen wir verstehen. Oft sind wir wenig sensibel, wenn du uns irgendwo führen möchtest. Dabei bitten wir doch immer wieder um deine Leitung.
Wir wollen von dir gelockt, gezogen und geführt werden. Aus deinem Wort wollen wir erneut entdecken, wie du dieses Wunder vollbringst – auch im Leben von Menschen.
Darum bitten wir dich in all unseren Fragen und in den Situationen, in denen wir stehen, dass wir deine Geistesleitung erfahren. Lass uns uns leiten, auch wenn wir deine Zeugen sein wollen – im Missionsdienst und im evangelistischen Zeugnis.
Gib uns das wieder, was du auch in den Tagen der Apostel getan hast – auch heute. Amen!
Einführung und Kontext der Bibelstelle
Wenn Sie noch Bibeln brauchen, liegen diese unten im Schrank. Immer wenn Sie vorbeigehen, können Sie eine mitnehmen und sie danach wieder zurücklegen. So muss niemand aufräumen. Das ist ganz praktisch, denn in dem Schrank im ersten Stock, der als Durchgangsschrank dient, liegen immer Bibeln bereit. Falls man einmal keine Bibel dabei hat, ist das sehr hilfreich.
Es ist immer gut, wenn man die Texte mitverfolgen kann. Wir lesen heute aus Apostelgeschichte 8, Verse 26 bis 40.
Beim letzten Mal hatten wir von Simon, dem okkulten Zauberer, gelesen und vom geistlichen Kampf, der mit der Erweckung in Samaria verbunden war. Samaria galt für die Juden bereits als Ausland. Nun dehnen sich die Dienste der Weltmission immer weiter aus.
Jetzt kommt ein Mann aus Äthiopien. Manche Schriftausleger vermuten, dass es sich um Nubien handelt, doch die genaue Lokalisierung ist etwas schwierig. Äthiopien ist aber nicht ganz falsch, da es auch um eine Königin geht, die wir bereits aus Äthiopien kennen. Diese lebte zur Zeit Salomos und war Königin des Reiches Arabien.
Interessanterweise war es nicht zu allen Zeiten so, dass Frauen unterdrückt waren. In der Bibel tauchen immer wieder einflussreiche Frauen auf, was bemerkenswert ist.
Die göttliche Führung und der Auftrag an Philippus
Der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: Steh auf und geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und öde ist.
Das wird bei den Israel-Touristen meist vergessen: Man zeigt ihnen auch diese Straße. Sie ist wirklich öde, heute besonders öde in diesem völlig übervölkerten palästinensischen Gebiet. Es handelt sich einfach um eine Wüstenstraße, die über dem Asphalt flimmert.
Philippus stand auf und ging hin. Siehe, ein Mann aus Äthiopien – früher wurde im Alten Luthertestament „Morenland“ gesagt, das war die Bezeichnung für Äthiopien – war unterwegs. Er war ein Kämmerer und Mächtiger am Hof der Kandake, der Königin von Äthiopien. Diese verwaltete ihren ganzen Schatz. Er war so etwas wie ein Superminister, eine Kombination aus Wirtschafts- und Finanzminister. Der Mann war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten.
Nun zog er wieder heim und saß auf seinem Wagen, während er den Propheten Jesaja las. Der Geist aber sprach zu Philippus: Geh hin und halte dich zu diesem Wagen. Da lief Philippus hin und hörte, dass der Mann den Propheten Jesaja las. Er fragte ihn: Verstehst du auch, was du liest?
Der Mann antwortete: Wie kann ich das verstehen, wenn mich niemand anleitet? Er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen.
Der Inhalt der Schrift, die er las, war folgender: Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.
Da antwortete der Kämmerer Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet das? Von sich selbst oder von jemand anderem?
Philippus tat seinen Mund auf und begann mit den Worten der Schrift, das Evangelium von Jesus zu predigen. Als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser. Was hindert mich daran, mich taufen zu lassen?
Er ließ den Wagen anhalten, und beide stiegen in das Wasser hinab – Philippus und der Kämmerer – und tauften ihn. In einer späteren Handschrift ist dieser Teil noch genauer beschrieben.
Philippus sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so kann es geschehen. Der Kämmerer antwortete: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.
Man sieht, wie das in den Bibelausgaben auch wieder geändert wird. Im früheren Text war dies nicht klein eingeschoben, sondern als richtiger Text enthalten. Es handelt sich in beiden Fällen um sehr alte Handschriften, sehr, sehr alt.
Als sie aber aus dem Wasser hinaufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus. Der Kämmerer sah ihn nicht mehr, sondern zog seine Straße fröhlich weiter.
Philippus aber fand sich in Aschdod wieder und zog umher in allen Städten. Er predigte das Evangelium in allen Städten, bis er nach Caesarea kam.
Der Dienst Philippus und die Herausforderung des Gehorsams
Wir haben Philippus beim letzten Mal gesehen, wie er in dieser großen Aufbruchsarbeit in Samaria Dienst tut. Vor allem geht ein Ruck durch das Land. Das war in Samaria wirklich beeindruckend. Es waren richtige Aufbrüche, die Menschen strömen in Scharen, und es kommt zur Klärung zwischen den dunklen Geistern und dem, was der Geist Gottes wirkt. Es zeigen sich Zeichen echter Erweckung und echter Aufbrüche.
Das Falsche wird erkannt, es kommt zur Klärung, auch in Bezug auf Lebenspraktiken und Ähnliches. Philippus wird in dieser Arbeit ganz dringend gebraucht. Es muss organisiert werden, Mitarbeiter müssen eingesetzt und geschult werden. Deshalb ist der Befehl, den Philippus jetzt bekommt, wirklich unverständlich und erscheint unsinnig.
Der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: „Steh auf und geh nach Süden, auf eine Straße, die von Jerusalem nach Gaza führt und öde ist.“ Dass uns die Befehle Gottes nicht immer einleuchten, sagt die Bibel immer wieder. Für den menschlichen Verstand sind sie oft ein Rätsel.
Warum schickt Gott Philippus weg, wo er doch oben so dringend gebraucht wird? Die Regie Gottes versteht man nie ganz.
Die nüchterne Realität göttlicher Führung
Ich muss Ihnen heute etwas sagen: Überall, wo in der Bibel von Führung gesprochen wird, ist das keine schwärmerische Angelegenheit. Sie haben sicher viele überspannte Christen kennengelernt, die mit vielen Gefühlen behaupten, Gott habe sie geführt. Und man merkt ganz deutlich, dass da mit einem der Gaul durchgegangen ist – das ist menschliche Gefühlswelt.
Die Führung Gottes, wenn sie echt ist, ist ganz nüchtern. Da tut Gott weh, da macht Gott etwas Unverständliches und verlangt Gehorsam, auch wenn wir es einfach nicht verstehen. Ich weiß nicht, warum Gott mir das nicht erspart, obwohl es ja nichts Böses ist. Die Erwägungsarbeit da oben, die Führung Gottes, versteht man nicht immer.
Interessant ist, dass Sie das vielleicht vor dem Hintergrund Ihres Lebens noch einmal prüfen können. Das ist manchmal merkwürdig. Was wir in der Hofa-Gemeinde erlebt haben, ist so wunderbar. Wie wir hierher gekommen sind, war es uns eigentlich nicht so, als hätten wir alles verstanden, aber der Ruf war sehr klar. Wir müssen die Gefühlswelt dabei ausschalten.
Wenn etwas von Gott kommt, muss es deutlich werden. Das ist der Befehl Gottes. Philippus war ein Mann, der gehorchte. Und das Wort „gehorchen“ gehört zur Jesusnachfolge dazu. Das wird heute oft ausgeklammert. Ich las heute irgendwo, dass es selbst bei den Bibeltreuen so sei, dass sie in der Bibel nur das stehen lassen wollten, was ihnen einleuchtet. Das ist fatal.
Wenn wir aus der Bibel nur das nehmen, was uns sympathisch ist, bringen wir uns um den Segen. Das Große bei Philippus war, dass er auch bei unbequemen Dingen gehorchte. Ich will Ihnen sagen: Ich freue mich immer wieder, wenn ich höre, dass manche das aus der Predigt brauchen können.
Mir hat einmal ein Geschäftsmann gesagt, es habe ihm immer wieder geholfen, wenn es so klar betont wurde. Er sei in manche zwielichtigen Machenschaften hineingestiegen – aus geschäftlichem Abenteuer und weitem Gewissen. Er war dankbar, wenn man immer wieder so klar sagte: Du musst kompromisslos Gottes Weg gehen.
Das gilt auch für die Reinheit unseres Lebens, für die Bewahrung der Gebote Gottes. Ob es um Lüge geht, um fremdes Eigentum, um unsere Ehen oder um was es sonst geht – nur der absolute Gehorsam kann von Gott gesegnet werden. Da kann man nicht spielen, sondern Gott will das von uns.
Philippus begreift das im Dienst. Hier geht es ja um den Dienst. Es geht nicht darum, im Dienst zu sagen: Ich tue es doch für den Herrn, und damit ist alles in Ordnung. Das ist immer falsch. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Nein, der Herr will den Gehorsam haben, und er segnet den Gehorsam – ob ich es verstehe oder nicht.
Das ist der Weg zum Segen. Rückblickend kann ich die Wege Gottes verstehen und sagen: Ich hätte mich um alles gebracht, wenn ich es anders gemacht hätte. Und ich kann das nur buchstäblich machen, wie die anderen auch. Ich kann den Gehorsam nicht irgendwie sinngemäß auslegen, denn dann habe ich wieder Freiraum, es nach meiner Fantasie zu machen.
Und da sind wir viel zu sehr korrupt in unserem eigenen Denken. Das ist mir ganz wichtig: Wie Philippus sich von Gott führen lässt, ist eine Klippe, an der er steht – und er geht. Wenn Sie den Text jetzt noch einmal beachten, heißt es: Der Herr sprach, Philippus stand auf und ging.
So geht es kaum bei der Bundeswehr zu, aber so geht es bei Gott zu – bei den Jüngern, die Jesus gebrauchen kann.
Das Ziehen Gottes und der Gehorsam des Menschen
Das Lied von Tersteegen war vorhin eine große Hilfe. Wenn Gott ruft, will er uns zu sich ziehen, und er hat viel, viel Segen für uns bereit. Wir wollen immer wissen, warum und wieso, doch er erklärt es uns oft nicht. Du wirst es später erfahren. Jetzt heißt es: Geh! Und er stand auf und ging hin.
Gott will über uns verfügen können. Er braucht keine Mitläufer, sondern Menschen, über die er verfügen kann.
Bei der Kinderkirchenvorbereitung hatten wir vorhin die Stelle, in der Josua von den Gibeoniten hereingelegt wird. Diese hatten sich alte Kleider angezogen, kamen und sagten, sie kämen von weit her. Das Brot hätten sie warm aus dem Ofen genommen. Natürlich war das alles getürkt, eine Falle.
Da steht geschrieben: Josua lässt sich von den Ältesten breitschlagen und gibt einen Schwur. Doch sie befragten den Herrn nicht. Es erschien ihnen schnell einleuchtend aus der Situation heraus, und so fuhren sie ganz schlimm hinein. Sie mussten jahrhundertelang die Last einer falschen Entscheidung tragen, weil man meinte, mit seinem cleveren Verstand etwas lösen zu können.
Darum darf ich Sie noch einmal bitten: Tun Sie es um Ihres klugen Willens, denn Sie wissen, es geht hier um Gehorsam. Gott will uns viel, viel schenken und uns zum Dienst gebrauchen.
Nun kommen die geheimen Wege Gottes. Die Geschichte ist überhaupt interessant, denn es geht um Weltmission. In der Christenheit wird oft so getan, als ob Weltmission eine Erfindung einiger weniger Spinner wäre. Doch Weltmission ist das ureigenste Anliegen Gottes. Sonst hätte er seinen eigenen Sohn nicht in Bethlehem zur Welt bringen und am Kreuz sterben lassen, wenn das nicht sein sollte.
Jesus erfüllte den Auftrag des Vaters. Übrigens war Jesus der Erste, der ein Judenmissionar war – ob es Joel Berger passt oder nicht. Jesus war Jude und ging zum verheißenden Volk Israel, damit dieses das Evangelium hört. Doch alle Welt muss es hören, alle Menschen. Das war Jesu Anliegen, als er vom Vater gesandt wurde.
Wir werden in diesen Dienst Jesu hineingenommen.
Gottes Wirken in der Weltmission und der Fall des äthiopischen Kämmerers
Das Interessante ist doch immer wieder, dass wir in diesem Dienst gar nicht viel selbst bewirken können. Wir sind die Wasserträger, Gott wirkt selbst. Ein Dienst, in dem wir so reich gesegnet werden, ist auch bei uns in der Evangelisation sehr wichtig.
Wenn so viele immer wieder auf der Königstraße mithelfen, ist das Gottes ureigenstes Anliegen: Menschen sollen erfahren, dass es Heil und Rettung gibt. Was macht Gott schon in den ersten Tagen der Urchristengemeinde? Reicht bei euch das Licht noch? Sonst drücken wir es nur an, jetzt soll man schon langsam andrücken. Wer dahintersteht? Ja, niemand von den Aposteln denkt daran, dass da unten Leute wohnen – in Äthiopien oder Nubien oder irgendwo in Afrika.
Gott bricht das Herz über diese Menschen, die das Heil nicht kennen. Darum schickt er den Philippus los. Es ist interessant, wie man das oft auch in der Mission sehen kann. Es gibt viele Geschichten, die man ganz einfach nachverfolgen kann, wie Gott oft lenkt und leitet.
Ich habe schon von meinem dreizehnten Lebensjahr an die Berufung zur Weltmission klar gespürt. Lange Zeit hatte ich jedoch zu kämpfen, weil mir der Weg verschlossen schien. Im Jahr 1961, als ich schon in Basel war und acht Tage bei der Basler Mission verbrachte, war ich ein großer Fan dieser Mission. Doch damals hieß es, man brauche keine Missionare mehr.
Ich habe lange gebraucht, bis ich mich hier eingefunden habe. Rückblickend kann ich sagen, dass Gott mich doch irgendwo in meinem Leben gebraucht hat – auch in Deutschland war Missionar nötig. Es kam alles zusammen, weil die Menschen in ihrer Liebe so viel Toleranz gezeigt haben.
Es ist eigentlich beeindruckend, wie wichtig das bei Gott ist und wie er den Dienst der Weltmission führt.
Das Leben und die Herausforderungen des äthiopischen Kämmerers
Und trotzdem ist dieser Mann ein besonders schwer geschlagener Mensch. Luther übersetzt ihn als Kemrach, das ist richtig. Im Griechischen steht hier jedoch eindeutig ein Eunuch. Das bedeutet, er war ein Entmannter. Seine Geschlechtskraft war zerstört, weil er am Hof der Königin Dienst tat.
Diese Sitte gab es schon im Altertum. Sehr früh verbreitete sie sich von Libyen über ganz Kleinasien bis nach Afrika hinein. Heute leben wir in einer Zeit, in der Sexualität eine große Rolle spielt. Man sagt, jeder Behinderte habe das Recht, seine Sexualität auszuleben – mit all den Problemen, die das mit sich bringt. Ich weiß, dass dies auch ein verzweifelter Schrei von Singles ist: Wie kann ich die Kraft, die mir Gott gegeben hat, leben, wenn er mir doch den Ehegatten versagt hat?
Ich denke, es ist hilfreich, darüber nachzudenken, dass auch dieser Weg sicher kein leichter war. Wir kennen eine ähnliche Situation aus der Geschichte eines Heiden, nämlich des Herrn Potiphar, der ebenfalls ein Eunuch war und eine Scheinehe führte. Die Frau Potiphar hatte natürlich ihre Gefühle. Und wen wundert es, dass sie meint: Bei dem jungen Sklaven tut es doch niemandem weh, besonders wenn niemand im Haus ist. Gott schützt hier einen besonderen Bereich.
Das ist ja ganz interessant in 1. Mose 39, wie Josef das auch erkennt, noch lange bevor die Gebote am Sinai verkündet wurden: „Ich kann Gott nicht schänden.“ Hier ist ein Schutz da, und ich möchte das jetzt nicht bis ins Letzte ausdeuten. Vielleicht können Sie das selbst auf Ihre Situation übertragen. Es gibt viele Lebenslagen, in denen Menschen auf etwas verzichten müssen. Das ist sehr schwer, auch wenn es um Gaben Gottes geht.
Die Bibel bleibt hier nicht sentimental oder gefühlig stehen und fragt nicht: Wie schwer war das für diesen Mann? Stattdessen geht es plötzlich um etwas Wichtigeres. Und das ist etwas Herrliches: Wenn wir in unserer verrückten Zeit sagen können: Nein, meine sexuelle Erfüllung ist nicht mein letzter Lebensinhalt, sondern es gibt etwas Größeres. Und ich darf auch alles in diesen Dienst einbringen.
Jesus hat zu diesem Thema gesprochen, zum Beispiel in Matthäus 19. Damals verwendete man in Israel das Wort „Verschnittene“ für Eunuchen. Jesus sagt dort: Es gibt sogar solche, die sich verschnitten haben um des Reiches Gottes willen. Ein berühmter Kirchenvater, Origenes, meinte, er müsse das tun, um über seine Triebe herrschen zu können.
Nein, es sind sehr viele Menschen, die oft mit großen Opfern erkannt haben, dass sie etwas um des Reiches Gottes willen in Kontrolle und Dienst für Gott bringen müssen, damit er geehrt wird. Unsere Zeit ist hier wirklich fehlgeleitet. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht von Fernsehprogrammen, Bildern und Zeitschriften leiten lassen. Das macht sie nicht krank, sondern das Gegenteil. Was sie krank macht, ist die Vorstellung, hemmungslos und unbegrenzt Gefühle ausleben zu müssen.
Es gibt viele schwere Situationen – bei Verheirateten und bei Unverheirateten. Aber es geht darum, dass ich dem Herrn dienen darf. Und wie gesagt, ich will hier nicht abschließen, sondern an diesem Schicksal, an diesem Mann mit seiner schweren Lebensführung festhalten. Denn da kommt noch etwas hinzu.
Ausschluss vom Tempeldienst und Gottes Verheißungen
In 5. Mose 23 steht, dass ein verschnittener Eunuch nicht am Tempelgottesdienst teilnehmen darf. Dieser Mann reiste von Äthiopien bis nach Jerusalem, weil er ein Suchender war. Er war kein Jude. Er war schwarz, er war Hamid, Neger, und er war Eunuch. Außerdem war er reich. Jesus sagt, es ist schwer, ins Reich Gottes zu kommen, aber er spricht auch davon, dass manche Reichen durchs Nadelöhr hindurchkommen.
Das war ein schwerer Weg. Der Mann kommt nach Jerusalem und möchte am Tempelgottesdienst teilnehmen. Doch es steht festgelegt, eingraviert in Stein, dass verschnittene Männer den Tempel nicht betreten dürfen.
Ich habe selbst noch gesucht, was wohl der Grund für diese Regelung im mosaischen Gesetz war. Vielleicht war es einfach der Gedanke, dass es damals auch in den kultischen Gebräuchen des Heidentums manche schrecklichen Sexualpraktiken gab. Wir finden solche Praktiken auch bei unserem Türkeiführer, wo in Ephesus steht, dass die höchste Hingabe bei der Artemis darin bestand, dass Männer ihre Männlichkeit opferten und sich im Tempelgottesdienst verschnitten ließen.
Ich kann mir Schöners vorstellen als diese Art der Gotthingabe. Ich glaube nicht, dass wir das als Christen nachahmen sollten. Es war jedenfalls eine sehr dunkle Stille im mosaischen Gesetz.
Deshalb finden wir zwei andere Stellen, die Sie mal aufschlagen sollten: Jesaja 63 und Jesaja 65. Es ist wunderbar, wie die Bibel insgesamt hier eine Antwort gibt.
In Jesaja 63 steht keine direkte Verweisung, aber dort finden wir eine große Verheißung: Die Verschnittenen werden wieder Freude am Herrn haben und der Herr wird sie zu seiner Gemeinde führen.
Warum also heute Abend so ein unappetitliches Thema? Weil wir begreifen, dass es im übertragenen Sinne eine ganz wichtige Bedeutung für unser Leben hat.
Auch in Jesaja 65 finden wir eine herrliche Verheißung, die gleichzeitig das Gebot aufnimmt, damit es kein Missverständnis gibt: Wenn die Heilszeit anbricht, dann gehören die Verschnittenen dazu. Denn das Schlimme war ja auch, dass im Mose-Gesetz auch körperbehinderte Menschen ausgeschlossen waren.
Dann kommt plötzlich die große Zusage: Sie werden kommen, und der Heiland wird sich ihrer erbarmen und sie zu seiner Gemeinde führen.
Ich habe es leider nicht notiert, aber es ist Jesaja 65, Vers 76. Dort heißt es: Der Fremde, der sich dem Herrn zuwendet, soll nichts sagen: „Der Herr wird mich getrennt halten von seinem Volk.“ Und der Verschnittene soll nicht sagen: „Siehe, ich bin ein dürrer Baum.“
Denn so spricht der Herr zu den Verschnittenen, die seine Sabbate halten und erwählen, was ihm wohlgefällt, und an seinem Bund festhalten: „Den will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal, einen Namen geben. Das ist besser als Söhne und Töchter.“
Das ist eine Antwort auf die Not der Kinderlosigkeit, die viele Menschen in unserer Gemeinde unheimlich belastet, so dass sie gar nicht darüber reden können. Hier gibt es eine Verheißung: Einen ewigen Namen will Gott ihnen geben, der nicht vergehen soll.
Nun fragen Sie sich vielleicht, was es mit dem Kämmerer auf sich hat. Die Übersetzung ist richtig, denn bei diesen Ministern war es oft so, dass sie entweder wegen des Harems oder ähnlicher Umstände kastriert wurden. Wir haben zum Beispiel noch einen Kämmerer, den Mohr, der ebenfalls so genannt wird. Das Grundwort ist dasselbe wie bei dem Mann, der Jeremia aus der Grube gezogen hat – ein herrlicher Gottesknecht.
Deshalb ist es ganz wunderbar, dass Gott die Menschen anders misst, als es heute eine weltoffene Sexualmoral tut.
Der Mann hatte also eine schwere Lebensführung. Er kommt nach Jerusalem und wird ausgeschlossen. Was hat er aber gemacht? Er hatte eine Buchrolle bei sich. Damals konnte man solche Rollen nicht auf dem Basar kaufen, es gab keine Buchhandlungen. Wie er diese Buchrolle bekam, ist unklar. Wahrscheinlich hat er sie zu einem hohen Preis bei den Schriftgelehrten erworben, denn sie war handgeschrieben.
Was hat dieser Mann für ein Suchen hinter sich? Stellen Sie sich vor, wie schwer es für ihn als Ausländer war, unterwegs zu sein, während es doch so viele Religionen gab.
Diese Jesaja-Stellen sind wichtig. Es ist schön, dass in diesem Teil von Jesaja auch diese Verheißung enthalten ist, die zu seinem persönlichen Lebensschicksal passt.
Und das ist doch herrlich: Gott kennt uns mit unseren Nöten.
Warnung vor störenden Einflüssen und die Bedeutung der Selbstprüfung
Wir müssen darauf achten, dass in unserem Leben keine Bereiche vorhanden sind, die uns in einer falschen Weise von Gott wegziehen. Das kann unser Jähzorn sein, unsere Leidenschaft, aber auch unsere Schläfrigkeit. Jeder hat ein anderes Temperament.
Jede Sache, die ich habe, kann mir zur Gefahr werden und störend zwischen Gott und mich treten. Das gilt sowohl für meine Begierden als auch für alles, was ich besitze, aber auch für meine Begierdelosigkeit. Auch darüber hat der Apostel Paulus bereits gesprochen. Er schildert seine Not, wenn sich ein Ehegatte dem anderen ohne einen triftigen Grund entzieht. Paulus erlaubt das nicht; so etwas darf in einer Ehe nicht sein.
Manche Menschen sind erstaunlich schwerhörig. Die Bibel ist so praktisch, doch Gott will, wie es dort heißt, dass er mit allem geehrt wird. Es gibt Ordnungen, die ich bedenken kann. Andere Dinge kann man in der Seelsorge besprechen. Gott kennt die Not der Menschen und will sie segnen, ohne alle auf die gleiche Weise mit denselben Gaben zu überschütten. Er wirkt ganz unterschiedlich.
Ich weiß, wie schwer das oft erlitten wird, wenn jemand sagt: „Warum hat Gott mir Kinder versagt? Warum segnet er andere und will ihnen viel, viel geben?“ So erlebt es auch dieser Mann. Das Wichtige aber ist: Gott hat ihn gesucht und gekannt. Das sagt der Apostel Paulus immer wieder: Wir seien erwählt vor Grundlegung der Welt. In unserem Leben gibt es eine Geschichte, die Gott mit uns hat. Sie reicht weit zurück, bevor wir überhaupt gelebt haben.
Wir wollen dann oft fragen: „Was ist mit den anderen?“ Diese Frage können wir nicht beantworten. Wir sollten dankbar stehenbleiben und sagen: Er hat mich gesucht. Wenn das stimmt, dann hat Gott mich schon vor der Schöpfung der Welt gewollt und zu sich gezogen. Im Lied von Albert Knapp heißt es: „Er hat schon an mich gedacht, als er rief: Es ist vollbracht.“ So zieht Gott mich.
Gott war ja auch so tätig im Leben des Äthiopiers. Wie gesagt, es ist nicht richtig, wenn wir die Frage stellen, die Gott uns nicht beantwortet: Warum tut er das bei anderen nicht? Ich weiß nur, dass er bei vielen Menschen zieht. Ich bin immer wieder überrascht, was oft bei scheinbar gleichgültigen, gottlosen Leuten herauskommt, wie sie das Klopfen Gottes spüren.
Einmal erhielt ich von einem Mann, der nie zur Kirche kam, als Beerdigungstext das Wort: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Sollen wir die Tür auftun? Ein herrlicher Beerdigungstext, wunderbar. Meine Leute haben viel mehr vom Evangelium begriffen, als wir ahnen.
Die Herausforderung, Gottes Führung wahrzunehmen und zu folgen
Und jetzt ist das nur für uns mal wichtig: Gott zieht uns, und wir müssen uns ziehen lassen. Das ist eine wunderbare Sache.
Merken wir überhaupt, dass Gott uns zieht? Darum war das Lied vorhin von uns gewählt. Es spricht davon, ob wir dieses beständige Spüren wahrnehmen, wohin Gott uns führen will.
Manchmal sind wir so beschäftigt mit unserer Zeiteinteilung, mit den Diensten und Aufgaben, dass wir gar nicht mehr merken, was alles abläuft. Dann sind wir nicht mehr frei und empfänglich für das Ziehen Gottes.
Lassen wir uns leiten! Oder bleiben wir nur sentimental und gefühlig in der schwierigen Lebenslage? Wenn Sie sagen, wir wollen heulen – nein, Gott geht weiter vorwärts, auch mit diesem Mann.
Und dieser Mann ist kein minderwertiger Mensch, sondern im Gegenteil ein ganz besonders von Gott gesegneter Mann. Gott hat viel mit ihm vor. Oft ist es im Leben so: Wenn Gott uns etwas nimmt, will er uns umso mehr geben.
Die Begegnung am Wagen und die Bedeutung des Bibellesens
Und jetzt liest er. Jetzt kommt die Buchrolle als Drittes. Er sitzt da oben und liest. Im Altertum las man laut, darum hörte Philippus das. Erinnern Sie sich, dass ich damals sagte: Passen Sie auf, wenn Sie im Eisenbahnabteil jemanden fragen „Verstehst du auch, was du liest?“, wenn da einer die Frankfurter Allgemeine oder den Spiegel liest? Das war ja eigentlich eine freche Frage, die Philippus stellt.
Man muss merken: Wenn man ein Zeugnis für Jesus geben will, muss man auch couragiert vorgehen. Sicher kann der andere sagen, der war sehr forsch. Aber wenn man bloß zu leise ist, ist es auch schwierig. Er fragt ihn: „Verstehst du auch, was du liest?“ Natürlich reagieren die meisten Leute empfindlich und wehren sich. Erst recht Leute, die die Bibel lesen. Die Theologen wollen überhaupt niemanden haben, der sie belehrt. Die wissen sowieso schon alles selbst.
Deshalb ist es auch schwierig. Aber Philippus war geistgeleitet, und das ist wichtig. Gehen wir betend heran. Oft kommt die Frage: „Machen Sie doch einen Besuch, Sie können es besser.“ Ich kann es bestimmt nicht so gut wie Sie, denn ich bin ein ungeduldiger Mensch und vielleicht auch oft unsicher. Es gibt viele Gründe der Gegnerschaft. Ich meine immer: Sie können es am besten. Aber gehen Sie betend zu solchen Besuchen.
Es ist immer gut, wenn Sie in ein Krankenzimmer kommen und noch nicht wissen, was Sie sagen sollen, aber sagen: „Herr, gib jetzt das richtige Wort.“ Ich will auch nicht viel reden, aber du kannst es geben. Vielleicht öffnet sich da irgendwo etwas. So hat es Philippus bestimmt gemacht. Er lief diese öde Straße entlang. Er ärgerte sich nicht über Gott, er rebellierte auch nicht gegen Gott. Stattdessen sagte er: „Herr, ich bin gespannt, was du jetzt hier tust.“
Dann kam dieser Prachtwagen mit seiner tollen Begegnung. Das muss eigentlich eine große Sache gewesen sein. Schon vom Gucken her konnte man sehen, was da los war. Das war eine prächtige Vorstellung. Sicher waren eine Menge Reiter dabei usw. Philippus macht sich an den Wagen und hört, wie der Mann liest.
Dann kommen die Kernfragen. Was sind die Kernfragen? Echte Fragen. Das ist mein nächster Punkt: Echte Fragen. Von wem handelt die Bibel?
Das zentrale Thema der Bibel und die Heilsnotwendigkeit von Jesus
Die Bibel hat ein zentrales Thema: den Heilswillen Gottes, der sich in Jesus Christus offenbart. Überall – in den Psalmen, in der Schöpfungsgeschichte, im Sündenfall und bei Noah – zielt alles auf die Erlösung der Welt hin. Und es gibt nur eine Erlösung, und zwar die, die in Jesus Christus zu finden ist.
Von wem redet die Bibel? Ich kann Ihnen immer wieder sagen: Es ist nicht mein persönlicher Einfall, Jesus nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist der „Spleen“ der Bibel, das ist der „Spleen“ Gottes, wenn man so will. Es gibt kein anderes Thema. Lassen Sie andere über konfessionelle Fragen sprechen, über die Vorherrschaft des Papstes oder über ökumenische Abendmahlsfeiern. Die Schrift handelt nicht davon. Sie behandelt auch nicht die Formen unserer Gemeindeorganisation.
Die Schrift handelt immer nur von einem: Dass Gottes Herz bricht, wenn er die Verlorenheit der Menschen sieht, und dass er seinen Sohn dahingibt, den Herzog der Seligkeit. Gerade bei meiner Bibellese bin ich darauf gestoßen – herrlich! Jesus hat durch Leiden vollendet. Das können Sie auch in der Offenbarung lesen: Das Lamm, das geschlachtet ist, erscheint dort immer wieder. Und Philippus bleibt bei seinem Thema.
Noch einmal: Wie erkenne ich Gottes Führung, wenn ich sie nicht schwärmerisch oder gefühlsmäßig verstehen will? Ich halte nichts davon, wenn jemand sagt: „Ich fühle das in meinem Bauch“ oder „Ich habe so ein Gefühl.“ Da kommt viel Quatsch heraus. Was haben wir schon alles gefühlt – durch unsere Gefühle! Deshalb sage ich immer: Ich empfehle Gespräche mit glaubenden Menschen. Das nennen wir Seelsorge.
Bei Entscheidungen fragen Sie doch einfach jemanden. Ich stehe vor einer Entscheidung – warum nicht? Auch eine Eheentscheidung dürfen Sie mit einem Seelsorger durchsprechen. Niemand will Ihnen die Freude nehmen. Aber es ist immer gut, wenn ein Außenstehender mitbetet und manches nüchtern sieht. Natürlich geschieht das vertraulich. Man sagt: „Ich will mich jemandem anvertrauen.“ Das ist biblisch, wie in der Apostelgeschichte.
Sehr häufig geht es bei der Führung, auch bei großen Fragen der Mission, darum, eins zu werden in dem, was der Herr will. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Andere sagen oft: „Geh diesen Weg!“ Ich kann niemandem raten, sich in einer Ein-Mann-Sendung selbst hinauszusenden in den Missionsdienst. Da müssen andere kommen und sagen: „Jawohl, wir stehen dahinter. Wir halten dich für tauglich.“ Und das ist gut so.
Denn es gibt Momente, in denen man plötzlich Erkenntnisse hat – davor möchte ich immer warnen. Unser Gefühl ist sehr trügerisch. Es hängt von der Stimmung ab: Stimmung vor dem Essen und nach dem Essen, das ist ganz anders. Sie sehen die Dinge anders, je nachdem, ob die Sonne scheint oder es regnet. Im November sehen Sie manche Dinge sehr pessimistisch, im Frühjahr sehr optimistisch.
Seien Sie kritisch gegenüber Ihrem Gefühl. Nehmen Sie die Führung auf Grundlage des Wortes Gottes wahr: Was will der Herr? Und da müssen wir immer genau fragen. Ich habe auch den Eindruck, dass heute viel fälschlich als „Herrnwille“ ausgegeben wird.
Neulich war ich in einer Versammlung, und ich hielt einen Vortrag. Es ging darum, dass man anrufen solle, damit der Wal-Fisch der Expo in die Benotung kommt. Da dachte ich: Christen haben doch Wichtigeres zu tun, als bloß auf der Testleiter der Welt höher zu kommen. Jetzt ist daraus ein schöner Witz geworden: Hoffentlich haben Sie nicht angerufen, denn die Telekom verlangt von jedem Anrufer 24 Pfennig. Das war kein kostenloses Telefongespräch.
Ein armer Schüler hat 3000 Mal angerufen, um den Wal-Fisch nach oben zu bringen. Ich bringe lieber den Herrn Jesus in die Höhe als den Wal-Fisch. Lasst die Welt denken, was sie will. Lasst uns den Missionsdienst dort tun, wo er sinnvoller ist als in der Welt.
Wir können der Welt imponieren, wenn wir das tun. Christen kommen da ganz gut heraus. Ich freue mich immer wieder. Ich möchte niemandem die Freude verderben, wenn er meint, das sei heute das Jesusbekenntnis. Ich meine, der Herr möge sie leiten. Wichtig sind die stillen, kleinen Dienste.
Ich möchte auch darüber reden – und das wäre ein guter Ansatz –, mit jemandem zu sprechen. Das ist eine echte Frage, die auch im griechischen Wort für Eunuch im Text des Kemrach aufbricht. Von wem handelt die Bibel?
Wir haben ja Leute, die uns mit allen möglichen Fragen löchern. Und man muss immer wieder sagen: Ich kann die Frage auch nicht beantworten. Was ist mit den Japanern, die noch nie von Christus gehört haben? Werden die auch verdammt? So gibt es einen ganzen Katalog von Fragen, die wir nicht beantworten können, weil Gott sie uns nicht offenbart hat.
Aber die heilsnotwendigen Fragen können wir beantworten. Das zeigt sich sehr schön bei Philippus. Dort kommen die Heilsfragen heraus.
Manchmal hört man, dass in Hauskreisen Frustration entsteht, wenn ein Neurotiker dabei ist, der immer wieder Löcher in den Bauch fragt. Wehren Sie sich! Manchmal muss man sagen: „Ach, wissen Sie, wir reden später mit Ihnen. Das interessiert den Kreis nicht.“ Wenn immer wieder dieselbe Frage wie eine Schallplatte mit einem Sprung kommt, muss man auch mal sagen: „Bleiben Sie bitte weg.“
Das darf man auch sagen, denn man kann nicht alle Fragen befriedigen. Manche Leute haben immer nur ihren Tick. Es gibt heilsnotwendige Fragen.
Wilhelm Busch hat uns das bei Evangelisationen immer wieder schön erzählt. Wenn Gespräche kamen, sagte er: „Ach, ich bin so ein alter Mann.“ Da waren natürlich noch viele junge Leute dabei. Er sagte: „Ich bin alt geworden, habe nicht mehr lange zu leben, und ich will jetzt nur noch über Fragen reden, die einem schlaflose Nächte bereitet haben.“
So hat man das gemacht, wenn Soldaten im Lazarett lagen und süffisante, schmutzige Fragen mit biblischem Zusammenhang stellten. Dabei kam die ganze Not zum Vorschein, die in der Tiefe verborgen war.
Seien Sie ruhig ein bisschen kritischer. Lassen Sie sich nicht immer aufs Glatteis führen. Manche Leute machen sich den Spaß daraus, mit gekünstelten Fragen etwas von sich fernzuhalten. Sie wollen nur noch über Fragen reden, die einem schlaflose Nächte bereitet haben.
Das schließt nicht aus, dass man demjenigen, der ernsthafte Fragen hat, gründlich nachgeht. Aber nach dem sechzigsten Gespräch darf man auch mal sagen: „Jetzt reicht es, wenn immer wieder dieselbe Frage kommt.“
Und das wissen Sie, was ich damit sagen will: Man muss zum Ziel kommen. Derjenige hat echte Fragen gestellt: Was steht da eigentlich drin? Und von was handelt es? Daraufhin verkündigt man das Thema: Das Evangelium von Jesus.
Das heißt: Allein Jesus ist das Lamm, das geschlachtet ist. Philippus erklärt das und erzählt, was geschehen ist. Er gab natürlich einen richtigen Unterricht. Und das ist etwas, was bei uns vielleicht zu kurz kommt.
Mir tut es leid, dass das sicher versäumt wurde. Unser Pfarrer Bodo Schulz macht das in Silmingen immer großartig. Viele in unserer Gemeinde sind davon geprägt, Einzelunterricht zu geben und Menschen einfach weiterzuführen.
Woher weiß der Kemmerer, was von der Taufe zu halten ist? Das hat er sicher besprochen. Es war also nicht bloß ein Gespräch von einer Minute. Sie hatten Zeit auf dieser öden Straße, wo der Mann saß. Philippus hat komprimiert die ganzen Dinge abgehandelt: Wie kommt man zum Glauben? Was ist christliche Gemeinschaft? Was gehört dazu? Was ist das Werk des Heiligen Geistes?
So kam es zum Unterricht, zum Unterweisen. Das Thema der Schrift ist: Jesus ist für uns gestorben – im Römerbrief, hier in der Apostelgeschichte, in den anderen Briefen und in den Evangelien.
Allein Jesus ist unsere Rettung. Alles andere ist umsonst, wenn es nicht auf Jesus zielt. Das ist kein Versprecher von mir, sondern die komprimierte Aussage der Schrift. Alles ist umsonst, was nicht auf ihn zielt.
Eine Predigt, die interessant ist und biblische Zusammenhänge hat, vielleicht eine hochinteressante Stelle aufgreift, hat keinen Wert, wenn sie nicht auf Christus zielt.
Es gibt Ausleger, die das hervorragend gemacht haben – an Stellen, wo man es gar nicht erwartet. Das Thema ist immer Christus. Es muss ganz deutlich werden: Das Erbarmen Jesu und die Erlösung durch Jesus müssen im Mittelpunkt stehen.
Die Taufe als Ausdruck des Glaubens und der Hingabe
Fünftens: die Taufe
Die Taufe ist heute ein großes Problem, weil viele Menschen durcheinandergebracht werden. Dann stellt sich die Frage, wo man sich taufen lässt. Manchmal geschieht eine spontane Taufe. Ich möchte dringend davor warnen, sich in einer Versammlung überrumpeln zu lassen und sich womöglich gleich dort taufen zu lassen. Ich bin mir nicht sicher, welcher Geist über Sie kommt, wenn Sie dort eingesegnet werden.
Seien Sie generell vorsichtig, wenn Sie Versammlungen besuchen, die sehr gefühlsbetont sind. Wenn Sie hingehen, dann gehen Sie auch mit nüchternen Leuten hin. Solche, die in entscheidenden Momenten sagen: „Warten wir mal, wir reden noch darüber und schauen die Dinge auch kritisch an.“ Es ist viel passiert. Denken Sie nur an den Toronto-Segen, der viele verwirrt hat. Heute sind die Führer, die ihn in Deutschland eingeführt haben, ganz stolz darauf, sich lange davon getrennt zu haben.
Was war das überhaupt? Es wurde berichtet, wie viele Christen in Flugzeugen nach Toronto geflogen sind. Das war eine ganze Reisewelle. Unser Stefan Fett hat allein als Flugagentur viele Flüge für Christen zur Airport-Gemeinde in Toronto vermittelt. Heute gibt es in Deutschland keine Gruppen mehr, die diese Praxis in Stuttgart fortführen. Einer saß mal drei Stunden bei uns im Zimmer und war stolz darauf, wenn man plötzlich Druck im Magen spürt und sagt: „Ich bin umgefallen, das ist so toll als Wirkung des Heiligen Geistes.“ Das ist für Leute, die sich emotional hier drängen lassen.
Beim Philippus war es ganz anders. Worum geht es ihm in der Taufe? Es geht ihm um die Herrschaft Jesu in seinem Leben. Das ist interessant. Ich will nicht über die Taufe streiten, und manche Leute sind dann übereifrig. Ob Kinder getauft werden oder Erwachsene, ist für mich nicht entscheidend. Ich wundere mich nur immer wieder: Wir haben oft den Fall, dass Leute Erwachsene taufen. Da sagt man: wunderbar, macht man doch gleich am Sonntag vor der ganzen Gemeinde. Aber die meisten schämen sich am meisten, Erwachsenen die Taufe zu geben. Bekennende Christen in unserer Mitte schämen sich, Erwachsenen die Taufe zu ermöglichen.
Deshalb kann ich auch nie genug Mut machen, Erwachsene zu taufen. Unsere Konfirmanden haben schon Schwierigkeiten damit. Ich musste eine Konfirmandin sogar vorzeitig taufen, weil sie nicht den Mut hatte, das im Konfirmationsgottesdienst zu tun. Wer schaut Sie schief an? Es sind merkwürdige Zusammenhänge.
Ich hatte selbst eine Schwester, die ihre Kinder nicht taufen ließ. Dann rief sie plötzlich an und sagte, dass eines der Kinder sich mit neun Jahren am Sonntag taufen lassen will. Es sind viele Schwierigkeiten, aber bleiben wir bei der Taufe. Es geht um die Herrschaft Jesu, es geht um die Hingabe, und diese muss durch eine klare Lebensübergabe folgen.
Im Missionsfeld ist eindeutig, dass wir die Erwachsenentaufe praktizieren. Alle christlichen Eltern kennen das Problem, dass Kinder schon von den ersten Tagen an im Geist Jesu aufgezogen werden. In der Hausgemeinde gibt es keine Trennung zwischen Heiden und Christen. Da haben wir immer das Problem: Was mache ich?
Wir haben Kindersegnungen gemacht und über das Thema Nikos gesprochen. Ich habe dann Kindersegnungen in der Kirche durchgeführt und gesagt: „Das war jetzt der Tauf ohne Wasser, das hat auch keinen Wert.“ Jetzt machen wir es so, dass die Familie es selbst gestaltet, manche wollen, dass ich dazukomme. Es ist immer wieder schwierig, wie man es macht.
Ich würde sagen: Freuen Sie sich an Ihrer Taufe und sagen Sie von Herzen Ja dazu, wie der Philippus: „Ich weiß, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.“ Um dieses Bekenntnis geht es in der Taufe, dass ich Jesu Eigentum bin. Wir haben auch schöne Lieder dazu, zum Beispiel von Philipp Friedrich Hiller: „Herr, ich bin dein Eigentum schon seit meinem Wasserbade.“ Ich gehöre dir, obwohl ich damals ein kleines Kind war. Aber ich darf das heute mit meinem Glauben bekräftigen und mich daran freuen.
Noch eine kleine Beobachtung: Hinab zur Taufe war schon ein Weg der Demut. Die Taufe ist ein Zeichen, dass ich einen Heiland und Erlöser brauche. Darum ist es herrlich, wenn ein Erwachsener sich vor der Gemeinde taufen lässt. Das finde ich wunderbar.
Das Hinabsteigen, wie es bei Philippus heißt, war eine Unterordnung. Er hatte immer nur erlebt, dass die Leute vor ihm zurückwichen. Das ist toll, da wird man klein. Ein herrliches Ereignis.
Das Abscheulichste, was ich je in Sachen Taufe erlebt habe, ist die Taufstelle im Jordan. Ekliger und schmutziger geht es nicht mehr. Und dann diese schrecklichen Pilgergruppen, die dort ein Spektakel machen. So etwas dürfen wir mit der Taufe nicht veranstalten.
Aber auch in Sondergruppen geschieht viel Unsinn. Keine Wiederholungstaufe! Ich kann Christus nur einmal hingeben und das durch meinen Glauben bekräftigen. Das hat Ernst Vater so schön in der Passionswoche gesagt: Der Glaube, der gleichzeitig mit dem Kreuzesgeschehen Jesu verbunden ist.
Und dann, was wurde daraus? Jetzt interessiert uns, wie der Mann zurückgekehrt ist. Er trägt ja noch seine Probleme mit sich. Ist er überhaupt ein richtiger Mann? Alle wissen es: Es spielt keine Rolle. Hat er Gemeinschaft? Er zog seine Straße fröhlich weiter. Der Geist Gottes nahm Philippus weg.
Das ist auch der Grund, warum ich manchmal Menschen wieder allein lasse. Wir wollen niemanden an Menschen binden. Herrlich, wir dürfen große Dienste tun, und dann zieht einer seine Straße fröhlich weiter, und Gott geht mit ihm. Man braucht keine Ammen auf Dauer, die jemanden stillen.
Wer weiß, was daraus geworden ist? Damals ist die koptische Kirche entstanden. So sehen es die Kopten: aus diesem einen Mann, der seine Straße zog. Es ist herrlich, wenn man hat, dass Christus mit einem geht.
Ein Bibelausleger sagt, es war die „Grausamkeit“ des Heiligen Geistes, dass er den Kämmerer sofort nach der Taufe allein ließ. Manche sind da ganz empfindlich. Ich habe keine Gemeinde, die so etwas macht. Das macht der Geist Gottes absichtlich – mit dieser Grausamkeit, damit die Menschen mündig werden, erwachsen werden und im Glauben fest werden.
Hier wollen wir jetzt abbrechen und uns freuen, wie Gott Weltmission macht. Dabei lernen wir viel für unsere heutige Zeit, wie wir uns der Geistesleitung anvertrauen dürfen und wie Gott uns gebraucht hat – wie er Philippus gebraucht hat.
