Herzlich willkommen zum Podcast der IFA Stuttgart. Mein Name ist Thomas Povileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Heute hört ihr den zweiten Teil des Podcasts „Kata mit Gott in Kenia“. Dazu begrüße ich dich natürlich, Katha. Schön, dass du wieder bei uns bist.
Danke für die Einladung.
Katha, in unserem letzten Podcast hast du erzählt, wie Gott dich gedrängt hat, in Kenia ein Haus zu bauen. Du hast dich von Gott gebrauchen lassen, und heute steht das Haus als sichtbares Zeichen dafür, dass Gott treu ist. Er kann Dinge tun, die wir nicht für möglich gehalten hätten – vielleicht auch du manchmal nicht für machbar gehalten hast.
Doch Gott hatte noch einige weitere Überraschungen geplant, die du erleben solltest. Davon wusstest du vorher gar nichts. Dass du das erste Haus bauen solltest, hast du zwar gewusst, und das war schon spannend genug. Aber ich habe gehört, du hast ungeplant noch ein zweites Haus gebaut. Kannst du uns erzählen, wie Gott das gemacht hat?
Ja, sehr gerne. Eigentlich war geplant, nach dem ersten Hausbau Urlaub zu machen und das Land ein bisschen zu erkunden. Boas hatte ja noch nicht viel von Kenia gesehen. So haben wir einen jungen Mann besucht, einen Freund, der damals in der Mission war oder bei einer Familie dort wohnte. Er lebte unten am Strand, im Süden Kenias.
Wir dachten, wir machen dort Strandurlaub, schauen uns ein paar Städte an oder gucken einfach mal, was auf uns zukommt. Zu viert sind wir dorthin gefahren: meine Freundin Lucy, ein weiterer Freund und ich. Wir verbrachten einen Tag am Strand und besuchten danach die Familie von John, dem Freund, der dort wohnt.
Mittags tranken wir Tee – ich glaube, es gab Tee und Toastbrot – und saßen zusammen. Das war eine sehr, sehr ärmliche Gegend. Die Familie hatte bei ihren Nachbarn Stühle zusammengekramt, damit wir nicht auf dem Boden sitzen mussten.
So saßen wir vor der Hütte und tauschten uns aus, wie es jedem geht und wo jeder gerade steht. John erzählte uns, dass er nicht mehr bei der Familie in der Mission wohnt, sondern wieder zu Hause ist. Wir durften auch das Haus anschauen, in dem sie leben.
Ihr müsst euch vorstellen: Es ist eine Lehmhütte, sehr ärmlich, mit einem Bett, aber ohne Matratze. Es gab noch vier weitere Geschwister. Die Kinder schliefen alle auf dem Boden, auf Säcken. Es gab noch einen Raum, der als Küche und Abstellkammer diente. Draußen aßen sie, weil es so warm war. Man saß immer draußen unter einem Baum.
John erzählte mir: „Weißt du, Katha, dieses Haus hält uns nicht mehr lange. Siehst du diese krumme Wand? Es dauert nicht mehr lange, bis sie einstürzt. Wir denken, die nächste Regenzeit wird das Haus nicht überstehen.“
Ich fragte, wann die nächste Regenzeit komme. Er sagte, im April. Wir waren im März dort. Ich dachte: „Dann habt ihr ja nicht mehr viel Zeit.“ Er meinte, er habe schon angefangen.
Ich fragte: „Was hast du angefangen?“ Er antwortete: „Ein Haus zu bauen.“ Bei so einer Lehmhütte muss man viele Löcher graben, um Pfosten hineinzustellen. All diese Löcher hatte er schon gegraben, und das zeigte er mir hinter dem Haus.
Ich schaute es mir an und sagte: „Boah, das ist ja stark, dass du schon gegraben hast. Aber wie baust du das ganze Haus jetzt?“ Er sagte: „Ich weiß es nicht, ich vertraue auf Gott, dass er das richtig macht. Ich weiß es selber nicht.“
Sein Vater stand oft neben ihm, lachte nur und sagte: „Wie willst du denn ein Haus bauen?“ Ich stand da und überlegte.
Spannend war, dass ich kurz bevor wir dort ankamen, noch eine Spende aus Deutschland bekommen hatte. Ich fragte mich, warum ich jetzt noch Spenden bekomme, denn das erste Haus war ja fertig. Die Deutschen hatten das mitbekommen. Ich dachte nur für mich: „Meinen Urlaub brauchen sie jetzt nicht finanzieren.“
John ist siebzehn Jahre alt, der älteste aus der Familie. Ich fragte ihn: „Was denkt ihr, wenn wir alle zusammen das Haus bauen? Wie lange dauert so etwas? Wie läuft das ab?“ Er erklärte mir, dass man Pfosten hineinmacht, dann Queräste, die mit Grashalm festgebunden werden. Dazwischen kommt der Lehm.
Ich fragte Boas, der Zimmermann ist, und wir hatten noch Oliver und Lucy dabei. Wir sprachen darüber, und alle waren so motiviert. Wir sagten: „Lasst uns gemeinsam dieses zweite Haus bauen.“
Genau, so sind wir dann in die Stadt gefahren. Am nächsten Morgen brachten wir alle Materialien mit und begannen, das Haus zu bauen.
Innerhalb von drei Tagen stand das Hausgerüst aus Holz. Die Familie selbst brachte dann den Lehm an. Die Jungs begannen, den Lehm aus dem Acker auszugraben, verteilten ihn um das Haus herum und rührten ihn mit Wasser an. Anschließend wurde der Lehm gegen die Wände geklebt.
Das bedeutet, das Haus hält die nächste Regenzeit problemlos aus. Definitiv. Dort leben die Menschen immer in solchen Häusern. Allerdings halten diese Häuser natürlich nicht wie bei uns hundert oder achtzig Jahre. Definitiv nicht. Aber für die Gegend war das wirklich das modernste Haus.
Er hat einfach geglaubt, dass Gott es schaffen wird. Im Glauben grub er bereits die verschiedenen Löcher, ohne dass jemand wusste, wie sie das finanzieren sollten oder wie es überhaupt möglich sein könnte.
Sie konnten sich oft nicht einmal ein Abendessen leisten. Er erzählte mir, dass sie oft hungrig ins Bett gingen. Er wusste auch nicht, dass ich gerade in Kenia bin oder dass wir uns treffen würden. Das entwickelte sich alles über die Zeit, als wir Kontakt aufnahmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er die Löcher schon ausgegraben. Alles war vorbereitet.
Dann wart ihr da, habt das gesehen, und es ging los.
Das Spannende war: Als wir uns verabschiedeten, bedankte sich die Mutter bei uns. Sie sagte: „Weißt du, Katharina, jede Nacht, wenn es stark gestürmt hat, bin ich aufgestanden und habe geschaut, dass die Wand nicht einstürzt über meine Kinder.“
Als ich das hörte, wusste ich, dass wir die richtigen Schritte gegangen sind. Am Ende war es wirklich eine gute Gemeinschaft. Klar, es war kein Strandurlaub, aber wir hatten eine tolle Gemeinschaft, auch mit den Nachbarn. Viele Nachbarn kamen und halfen mit. Es war wirklich gigantisch.
Es war ein Baueinsatz – ein Baueinsatz für Gott.
Genau, ja. Also hast du zwei Häuser mitgebaut in Kenia?
Genau, ja. Aber du hast ja nicht nur Häuser in Kenia gebaut, sondern auch erlebt, wie Gott sein Reich baut. Kannst du uns darüber auch etwas erzählen?
Ja, also wir haben nach anderthalb Wochen, als wir in Kenia waren, einen Straßenjungen aufgenommen. Und zwar war das, als ich das erste Mal, also in der Mission war, vor 15 Monaten in Kenia. Da haben wir als Gruppe unter Straßenkindern gearbeitet, sind immer wieder in die Stadt gefahren, haben ihnen vom Evangelium erzählt, ihnen Essen gegeben und waren einfach im Gespräch mit ihnen.
Damals hatten wir einen jungen Mann von der Straße genommen. Er hatte mit zwei Jahren seine Mutter verloren und als er in der sechsten Klasse war, seinen Vater. Seine Verwandten haben sich nicht um ihn gekümmert, und so ist er dann auf der Straße gelandet. Den haben wir damals von der Straße genommen und ihn in die Berufsschule gebracht, die auch bei uns auf der Missionsstation war. Dort hat er eine Ausbildung gemacht, allerdings hat er sie nicht vollständig abgeschlossen.
Eine Frau wurde dann schwanger von ihm, die er gerne geheiratet hätte. Allerdings gab es Probleme mit den Stämmen, weil sie verschiedenen Stämmen angehörten. Seine Verwandten haben das nicht erlaubt, und der andere Vater war enttäuscht. Es gab großen Streit, und am Ende ist er wieder auf der Straße gelandet.
Damals haben sich eigentlich unsere Jungs mehr um ihn gekümmert. In den letzten Jahren hat er immer mal wieder geschrieben, zum Beispiel „Hallo, wie geht’s?“, wenn er ein paar Schilling hatte und ins Internet kam. Es war aber eher so ein Smalltalk: „Ja, danke, gut. Und dir?“ – „Ja, danke, auch gut.“
Das Spannende war, dass er mir letztes Jahr im Dezember, eigentlich drei Wochen bevor ich geflogen bin, wieder geschrieben hat: „Wie geht’s?“ Ich habe geantwortet: „Gut, und dir?“ Er ist in Nairobi immer noch auf der Straße.
Dann habe ich gesagt: „Ich komme bald nach Kenia, vielleicht klappt es ja, wir treffen uns mal.“ Das haben wir wirklich gemacht. Wir haben uns getroffen, und ich habe ihn gefragt, was alles so passiert ist, warum er sein Leben nicht auf die Reihe kriegt und woran es hängt.
Er hat gesagt, er würde gerne, aber er braucht Hilfe, er schafft es nicht alleine. So waren Boas und ich mit ihm unterwegs. Ich habe ihn auch gefragt, wie seine Beziehung zu Jesus ist. Er sagte, er will und er hat sich damals in der Berufsschule bekehrt. Doch das Leben auf der Straße ist einfach ganz anders. Er konnte das dann nicht wirklich leben.
Wir haben lange geredet. Ich habe ihn gefragt, was seine Pläne für die Zukunft sind. Er meinte, er will weg von der Straße. Wir haben gesagt, wenn wir ihm helfen, können wir ihn unterstützen, aber er muss die Schritte gehen. Er muss durch die ganzen Herausforderungen und Anfechtungen gehen.
Klar können wir neben ihm stehen und ihn unterstützen, ihm auch finanziell vielleicht einen Start geben, aber am Ende muss er diese Schritte wagen.
So haben wir ihn dann sonntags in den Gottesdienst eingeladen. Es war natürlich spannend, ob er überhaupt kommt oder ob es nur ein loses Gerede war. Aber er kam tatsächlich – ein bisschen später als gedacht, aber für Kenia pünktlich, also afrikanisch.
Wir hatten ihn dann auch mittags zum Mittagessen zu uns eingeladen. Als wir dann heimliefen, habe ich überlegt, was ich am Abend machen soll. Soll ich ihm dann am Abend „Tschüss, einen schönen Abend und komm gut heim“ sagen? Aber er hat ja kein Zuhause.
Das hat mich so bewegt, dass ich mit unserer Hausmutter gesprochen habe, ob wir ihn nicht erst mal bei uns aufnehmen können. Sie hat sofort zugestimmt. So haben wir dann noch am Sonntagmittag schnell im Supermarkt eine Matratze und eine Decke gekauft und ihn mit ins Boas-Zimmer gelegt.
So hatte ich dann zwei der Jungs, die wirklich super zusammengepasst haben. Sie hatten eine ähnliche Vergangenheit in manchen Dingen und haben sich sehr gut verstanden, was für mich echt ein Wunder war. Sie haben Sachen geteilt, vor allem Boas mit ihm.
Der Olli hat dann überall mitgeholfen – auch beim ersten Hausbau.
Er hat tatsächlich drei Monate mit uns dort zusammen gewohnt und war auch mit uns im Urlaub, wenn wir verreist sind. Er kannte natürlich viele Städte, weil er in vielen Städten Straßenjunge war. So hatten wir auch eine besondere Sicht auf das Land.
Genau, und einen Reiseführer.
Er sprach Englisch. Das war auch sehr spannend, denn Boas konnte wenig Englisch, aber die zwei haben sich verstanden. Das war echt sehr, sehr schön.
Und dann hast du oder habe ich gehört, dass Gott in ihnen gewirkt hat, in den beiden? Ja, das war wirklich spannend. Er erzählte mir, dass er früher in einer Gemeinde in Nairobi war und gerne wieder dorthin zurückkehren würde.
Es war natürlich auch ein Risiko, ihm Geld zu geben, damit er nach Nairobi zurückgeht. Doch ich sagte, wir müssen es probieren – dass er geht und wiederkommt. Klar, Nairobi war seine Heimat, dort lebten auch die Leute, die er kannte. Trotzdem kam er immer wieder zurück.
So ist er eines Sonntags zum Gottesdienst gegangen. Ich weiß gar nicht mehr, ob es das erste oder zweite Mal war, aber er kam strahlend zurück und sagte: „Kata, ich bin wiedergeboren.“ Ich schaute ihn an und sagte: „Ich dachte, du hast dich schon bekehrt.“ Er meinte: „Ja, aber jetzt will ich einen Neuanfang mit Jesus wagen.“
Einen Tag später kam ein Anruf aus Deutschland. Ein Freund aus Renning hatte sich bekehrt. Ich dachte: Boah, krass! Wir haben so lange dafür gebetet, und jetzt hat Gott auch dort gewirkt.
Dann fragte mich der Boss: „Was heißt das eigentlich, Bekehrung?“ Ich erklärte es ihm. Dann sagte ich: „Hast du dich noch nicht bekehrt?“ Er antwortete: „Den Schritt habe ich jetzt noch nicht gemacht.“ Ich sagte: „Dann weißt du, was du zu tun hast.“ Er wusste alles und glaubte auch alles.
Ein paar Tage später erzählte er, dass er diesen Schritt gegangen sei und sein Leben Jesus übergeben habe. Es war wirklich ein Wunder: Innerhalb einer Woche kam die Nachricht aus Deutschland, und gleichzeitig geschahen hier vor Ort Veränderungen bei den zwei Jungs. Es war kaum zu fassen. Es war eine richtige Evangelisationsreise.
Ja, genau. Du hast mir im Vorgespräch erzählt, dass du Missionare in Kenia kennst, die immer wieder Zugang zu Schulen, insbesondere zu Mädchenschulen, haben.
Ich habe dort eine Missionsstation besucht, die in den Schulen arbeitet. Sie dürfen dort hingehen und bekommen eine bestimmte Zeit, meist zwischen ein und zwei Stunden, in der sie frei das Evangelium erzählen dürfen. Als wir sie besucht haben, durften wir natürlich mitgehen. Sie haben uns alles vorgestellt, was sie machen.
Unter anderem waren wir in einer Mädchenschule mit, ich weiß gar nicht genau, etwa 300 Mädchen, die vor uns saßen. Es war eine sehr gesegnete Zeit. Wir durften dort einfach Zeugnis geben. Wir waren wirklich unter uns, denn alle Männer wurden weggeschickt, sogar alle Lehrer mussten den Raum verlassen.
Ich war sehr überrascht, wie offen die Mädchen waren. Dabei habe ich auch gemerkt, wie groß die Not ist. Sie haben einfach niemanden, mit dem sie reden können. Niemand setzt sich hin und fragt: „Hallo, wie geht es dir eigentlich? Wo stehst du gerade?“ Besonders die Frage nach den Männern ist eine große Not, über die nicht offen gesprochen wird.
Wir durften viele Fragen von ihnen beantworten. Die Missionare wollen jetzt auch mit den Mitarbeitern vor Ort weiter dranbleiben und sind dabei, wie ich gehört habe, wirklich voranzukommen. Aber klar, wenn sie nur zu zweit oder zu dritt sind, ist es schwierig, bei 300 Leuten einmal durchzukommen.
Die Schule war eine ganz normale säkulare Schule. Es ist in Kenia gar nicht schwierig, in einer säkularen Schule auch christliche Inhalte zu vermitteln. Die Menschen dort sind sehr offen dafür, wenn man anfragt.
Das war eigentlich nie ein Problem. Ich habe nie etwas Negatives gehört, dass man nicht rein darf. Man muss sich einfach anmelden, und dann bekommt man die Zeit dafür.
Eine Überraschung, von der ich gehört habe, die Gott dir auch gemacht hat, war, dass dir jemand ein sehr ungewöhnliches Geschenk machen wollte, das du nicht annehmen konntest. Was war denn das für ein Geschenk?
Es war ein kleiner Junge, ja, ein zweijähriger Junge. Er wurde mir von der Mama geschenkt. An einem Sonntag waren wir bei Oliver in der Gemeinde. Wir wollten einfach sehen, wo er ist. Danach haben wir Essen gekauft und sind zu seinen alten Freunden auf der Straße gegangen, um ihnen etwas zu essen zu geben.
Wir liefen dann die Straße entlang, und irgendwann hing ein Kind an seiner Hand. Ich fragte Oliver: „Wer ist dieses Kind?“ Sie erzählte mir, dass das Kind von einer Frau ist, die auch plötzlich bei uns auf der Straße gelaufen ist. Diese Frau ist eine Straßenfrau. Sie lebt auf der Straße und hat das Kind dort bekommen. Das Kind wächst also auf der Straße auf.
Vorher hatte ich Kinder auf der Straße gesehen, aber die waren meistens zwischen acht oder neun Jahren, die Jüngsten vielleicht sieben. Kleine Babys und Frauen hatte ich eigentlich weniger gesehen, meistens waren es Jungs. Ich war sehr schockiert und ging zu der Frau hin, um mit ihr ins Gespräch zu kommen.
So erfuhr ich, dass sie ebenfalls eine Straßenmutter oder Straßenfrau ist. Irgendwann sagte sie: „Ja, ich schenke dir mein Kind.“ Ich war überrascht und fragte nochmal nach, weil ich es nicht richtig hören konnte. Sie wiederholte: „Ja, du kannst mein Kind mitnehmen.“
Ich sagte: „Nein, das kann ich nicht, das ist dein Kind.“ Sie antwortete: „Nein, nimm es mit.“ Ich dachte, vielleicht steht sie unter Drogen, aber Oliver beruhigte mich und sagte, sie sei gerade clean und nicht unter Drogen.
Wir liefen weiter, und die Frau folgte uns die ganze Zeit. Ich sagte, dass ich das Kind nicht einfach mitnehmen kann, sonst würde man denken, sie hätte es gestohlen. Ich schlug vor, zur Polizei zu gehen und alles legal zu regeln. Ich wollte das Kind dann in ein Kinderheim bringen, weil wir in etwa eine Woche später abreisen wollten.
Natürlich war es Sonntagnachmittag, und das Polizeibüro, zu dem wir gehen wollten, war nicht besetzt. Man sagte uns, sie kämen am nächsten Tag wieder. Die Straßenmutter verstand nicht, warum ich zur Polizei wollte. Sie sagte: „Nimm es doch einfach mit, das ist doch kein Problem.“
Ich blieb dabei, dass ich es nicht einfach mitnehmen kann. Es war immer wieder die Rede davon, dass ich entscheiden müsse, was wir mit dem Kind machen. Am Ende entschieden wir, den Jungen am Abend mitzunehmen. Ich wusch ihn, gab ihm zu essen. Am nächsten Morgen trafen wir uns in der Stadt, um gemeinsam zur Polizei zu gehen und zu regeln, dass er in ein Kinderheim kommt.
Das Spannende war, dass der Junge keinen Mucks machte. Er war nach dem Essen aufgeweckt und lachte. Es flossen keine Tränen, und er vermisste seine Mama nicht.
Am nächsten Morgen machte sich Oliver, der alle Ecken in Nairobi kannte, auf die Suche nach der Frau. Ich kam später mit dem Kind nach. Es dauerte lange, bis wir sie fanden. Als wir sie in einem Park entdeckten, gingen wir zu ihr und holten sie.
Dann stand noch eine andere Frau mit einem unterernährten Kind da und sagte: „Ich will auch ins Kinderheim.“ Ich dachte nur: Hilfe, ich habe keine Ahnung, wie das hier in Kenia abläuft. Nun hatten wir plötzlich zwei Mütter mit zwei Kindern.
So gingen wir zur Polizei, fragten dort nach und wurden zu einem Kinderbüro weitergeleitet. Dort versuchten wir, dass beide Mütter mit ihren Kindern in ein Heim kommen, damit sie sich gegenseitig haben.
Die erste Mutter, die mir ihr Kind gegeben hatte, sagte, ihr Kind solle in ein Heim, aber sie wolle selbst wieder auf die Straße zurück. Die zweite Mutter wollte mit ihrem Kind gemeinsam irgendwo unterkommen. Das Kind war so unterernährt, dass es die Regensaison wahrscheinlich nicht überlebt hätte, da es zu kalt gewesen wäre.
Dann kam eine Frau, die den kleinen Jungen mitnahm. Wir durften ihn noch einmal besuchen, bevor wir abreisten, um zu sehen, wo er untergebracht war. Auch die Mutter mit dem anderen Kind sind jetzt beide im gleichen Kinderheim.
Am Anfang war es natürlich komisch, irgendwo ein Kind abzugeben, ohne die Hintergründe zu kennen. Man weiß nicht, ob es ein gutes Heim ist oder nicht. Man hört auch viel Negatives über Kinderheime dort.
Aber ich hatte in dem Moment keine andere Wahl. Ich war einfach dankbar, dass das Kind irgendwo ist, wo es geliebt wird, ein Dach über dem Kopf hat, zu essen bekommt und vielleicht auch eine Schulbildung erhält oder einfach eine Chance hat, im Leben weiterzukommen.
Und das war jetzt möglich, weil du weiß warst und aus Europa kamst. Hat das einen anderen Schwerpunkt, wenn du jemanden ins Kinderheim bringst, oder könnten die das auch selbst?
Ich denke, sie könnten auch selbst hingehen. Allerdings wissen viele oft nicht, wie und wo man hingehen muss. Es gibt viele Stationen, zu denen die Straßenkinder eigentlich gehen könnten. Aber viele wollen das gar nicht, weil sie wirklich eine Freiheit leben. Man kann machen, was man will.
Das habe ich ja am Anfang bei Oliver gemerkt. Auf einmal war er in der Familie, und da gab es Regeln. Das ist nicht so einfach.
Ja, genau. Und dann all das zu akzeptieren, ist für viele sehr, sehr schwer. Aber ich denke, eigentlich können das auch die Kenianer selbst. Oder wenn Leute da sind, die sie mitziehen. Oft bräuchten sie jemanden, der sie an der Hand nimmt und sagt: „Komm, wir gehen jetzt und machen das so.“
Das ist ja wirklich spannend. Ich habe dann gehört, als du nach Hause kommen solltest, also wieder zurück hier, dass es hieß: Nein, die Katerin ist noch weiter in Kenia, denn sie hat Corona. Wie war das dann für dich?
Ja, also ich habe zehn Stunden vor meinem Abflug tatsächlich ein positives Corona-Ergebnis bekommen und durfte somit nicht fliegen. Gesundheitlich ging es mir gar nicht schlecht. Ich habe es wirklich gut überstanden. Am Anfang war es für mich trotzdem schwierig. Ich dachte: Warum jetzt? Jetzt ist doch eigentlich die Zeit vorbei. Du weißt, ich muss wieder in Deutschland arbeiten, und die warten auf mich. Es ist kurz vor Ostern, und jetzt das. Es hat wirklich ein, zwei Tage gedauert, bis ich das so annehmen konnte und sagen konnte: Okay, Herr, wenn du nicht willst, dass ich jetzt zurück nach Deutschland fliege, dann bleibe ich noch mal zwei Wochen.
Ich habe dann auch gesagt: Dann gebrauchst du mich, um zu tun, was ich jetzt in diesen zwei Wochen tun soll. Wie gesagt, es war Ostern. So durfte ich die Nachbarn ein bisschen befragen: "Hey, wisst ihr eigentlich, was Karfreitag ist? Bald ist Ostern und so." Viele haben gesagt: "Hey, was ist Karfreitag?" Da dachte ich: Warum wisst ihr das nicht? Ihr seid doch Christen.
So habe ich dann beschlossen, mit den größeren Kindern die Geschichte vorzubereiten. Die Kinder haben sie nachgespielt. Wir haben ein Kreuz gebastelt, ein Grab gebaut, und so konnte ich wirklich ganz vielen Kindern und den ganzen Mamas, die kamen, die Geschichte erzählen. Wir saßen zusammen, und ich konnte viele Gespräche mit Leuten führen. Ich durfte Leute besuchen. Auch da hat Gott wirklich die Zeit noch mal so gesegnet.
Wenn ich jetzt zurückblicke, sage ich Danke, dass ich auch noch diese zwei Wochen haben durfte. Das war dann Bonuszeit von Gott für dich. Genau.
Wir haben ja viele Erlebnisse mit Gott in Kenia gemacht. Welches Erlebnis war für dich besonders glaubensstärkend? Also, was wird dir hier in Deutschland auf jeden Fall im Gedächtnis bleiben?
Es waren so viele Erlebnisse. Besonders geprägt hat mich der Hausbau, also das Bauen dieser Häuser. Dabei habe ich erlebt, dass Gott wirklich zu jeder Lebenslage rechtzeitig kommt. Er ist einfach nie zu spät. Er führt alles perfekt, und selbst wenn wir eigentlich unfähig sind, kann er trotzdem noch so viel daraus machen. Das hat mich sehr, sehr gestärkt.
Ich habe gelernt, dass wirklich alle Dinge mit Gott möglich sind. Wenn wir uns ihm zur Verfügung stellen, kann er etwas bewirken – auch wenn wir uns selbst unfähig dafür fühlen. Du hast ja gerade erzählt, dass Situationen völlig unerwartet kamen und du gesagt hast: „Okay, wir müssen etwas machen.“ Das war auch sehr praktisch.
Ja, genau. Du bist ja bei uns ehrenamtlich im Jugenddienst eingesetzt. Haben die Erfahrungen, die du in Kenia mit Gott gemacht hast, in dir den Wunsch geweckt, den jungen Leuten bei uns bestimmte Überzeugungen über Gott ganz besonders mit auf den Weg zu geben?
Ja, ich wünsche mir eigentlich für jeden Jugendlichen ganz persönlich: Lass dich von Gott gebrauchen, auch wenn du meinst, du kannst es nicht – Gott kann es. Wenn du denkst, du bist zu schwach, dann ist Gott stark. Wenn du meinst, du verstehst das nicht und es ist dir viel zu hoch, dann versteht Gott alles. Und wenn du dich unfähig fühlst, dann ist Gott gottesfähig. Er kann so vieles bewirken, wenn wir uns ihm zur Verfügung stellen. Mit ihm sind wirklich alle Dinge möglich.
Dankeschön, das war ein gutes Schlusswort. Vielen Dank, dass du uns auch den zweiten Teil der Geschichte erzählt hast, wie Gott in Kenia gehandelt hat und du dabei sein konntest, um zu erleben, wie Gott handelt – echt klasse!
Das war es wieder, der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Heute ging es um Teil zwei von „Kata mit Gott in Kenia“. Wir hoffen, dieser Podcast hat auch dich ermutigt, Gott in deinem Leben mehr zuzutrauen und mehr mit ihm zu rechnen. Wenn für dich Dinge unmöglich scheinen, fangen Gottes Möglichkeiten erst richtig an.
Übrigens, generell zu unserem Podcast: Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und traut eurem Gott etwas zu. Lasst euch durch das motivieren, was Kata in Kenia mit Gott erlebt hat. Dein Gott ist derselbe Gott.