Der Auftrag Jesu – so lautet das Thema der Ansprache, die der Evangeliumsrundfunk im Juni 1988 bei der Ludwig-Hofacker-Konferenz aufgezeichnet hat.
Der Karnorolf-Chef-Buche aus Schorndorf bei Stuttgart hat seinen Ausführungen eine Anweisung zugrunde gelegt, die der Apostel Paulus seinem jungen Mitarbeiter Timotius gegeben hat. Diese findet sich im ersten Brief an Timotius, Kapitel 4, Verse 1 bis 6.
Dort schreibt Paulus: „Der Geist Gottes sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten einige vom Glauben abfallen werden und verführerischen Geistern sowie teuflischen Lehren anhängen. Sie werden verleitet durch Heuchelei der Lügenredner, die ein Brandmal in ihrem Gewissen haben. Sie gebieten, nicht zu heiraten, und Speisen zu meiden, die Gott geschaffen hat, damit sie mit Danksagung empfangen werden von den Gläubigen und denen, die die Wahrheit erkennen.
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird. Denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet. Wenn du die Brüder dies lehrst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein, auferzogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre, bei der du immer geblieben bist.“
Berufung und Zweifel im Dienst Jesu
Hören Sie dazu nun Dekan Rolfschiff Buch. Was denken Sie? Wie mag das Timotheus durch und durch gegangen sein: „So wirst du ein guter Diener Jesu sein, ich, der kränkliche, ängstliche Timotheus.“
Ich weiß noch, wie im Jahr 1957 der Herr Landesbischof Doktor Doktor Haupt mich zu sich auf den Norbergirchenrat kommen ließ. Ich war damals ein ganz kleines Vikarle. Er rief mich zu sich und sagte, ich solle seine Vorzimmerdame werden, sein persönlicher Referent – eine Mischung aus Rausschmeißer, Portier und persönlichem Atlat.
Da habe ich gedacht: Das kann ich doch nicht! Ich habe doch viel zu wenig Erfahrung. Es gibt doch andere, die viel besser sind. Wenn das schon bei einem Kirchenfürsten so ist, dass man denkt: „Das kann ich nicht“, wie viel mehr, wenn der Herr aller Herren, unser Herr Jesus Christus, sagt: „Du, dich kann ich gebrauchen, ich habe einen Auftrag für dich.“
Dann würden wir alles sehr schnell zurückhalten und sagen: „Herr Jesus, das ist arg lieb, aber das kann ich nicht. Ich kann nicht so reden, und das können andere viel besser. Ich will gern dafür beten, für die, die das Amt übernehmen, aber ich bleibe lieber im zweiten Glied. Ich würde deine Sache mehr stören als fördern, ich wäre mehr ein Hindernis als eine Hilfe.“
Es ehrt unsere Nüchternheit, wenn wir so denken, aber es schmäht Jesus, wenn wir so denken. Denn Jesus kann Menschen verändern – Sie und mich. Ein Bischof kann seinen Vorzimmerhelfer nicht anders machen, und ein Personalleiter im Betrieb kann den Mitarbeiter nicht ändern. Aber Jesus kann Menschen verändern.
Und er kann selbst dann, wenn er uns nicht anders machen will, durch die Schwachheit unseres Dienstes hindurch Großes wirken.
Gottes Kraft in scheinbar unbedeutenden Mitteln
In den Evangelien wird berichtet, dass Jesus fünf Menschen mit fünf Gerstenbroten und zwei geräucherten Sardinen gespeist hat.
Heutzutage führen Reporter Interviews mit allem und jedem. Sie brauchen immer Stoff. Wenn sie ein Interview mit einem dieser Gerstenbrote geführt hätten und gefragt hätten: „Verehrtes, liebes Gerstenbrot, schön, dass ich Sie treffe. Wie empfinden Sie sich heute?“, dann hätte das Gerstenbrot vielleicht geantwortet: „Herr Reporter, heute Morgen war die Stimmung noch viel besser. Als ich gerade aus dem Ofen des Bäckers kam, sah ich wenigstens noch ein bisschen ansehnlich aus. Aber nachdem mich der junge Bub den ganzen Tag in der Hitze in seinem Rucksack herumgeschleppt hat, bin ich ganz zerdrückt und ausgetrocknet. Wenn ich an die vielen hungernden Menschen denke, bin ich eher eine Verlegenheit als eine Hilfe. Und ich weiß nicht einmal, ob der junge Mann, der mich im Rucksack trägt, mich nicht wieder ausspuckt. So trocken und elend bin ich.“
Doch da war das Interview schon zu Ende. Denn Jesus nahm die fünf Brote und die zwei Fische, dankte, brach sie und gab sie den Jüngern. Diese verteilten sie an die fünftausend Menschen. Alle wurden satt, und es blieben zwölf Körbe voller Reste übrig.
Der Stolz Jesu liegt darin, dass aus etwas, das scheinbar nichts ist und wie eine Verlegenheit aussieht, etwas zu seiner Ehre gemacht werden kann. Er kann aus schwachen Menschen Diener machen, mit denen er Württemberg und Deutschland prägt.
Wozu veranstalten wir eigentlich Glaubenskonferenzen, wenn Jesus mit nur zwölf Leuten die Mittelmeerwelt in einer Generation so umgestaltet hat? Es ist eine Schmähung Jesu, wenn wir nicht damit rechnen, dass er durch uns hindurch unsere toten Gemeinden, unsere lebenslosen Gemeinschaften, unsere armseligen Häuser und unser notvolles Land verändern kann.
So wirst du ein guter Diener Jesu sein.
Timotheus als Beispiel für Schwäche und Berufung
Die Bibel macht keine Sprüche, sie erzählt von dem, was geschehen ist. Wenn Paulus an Timotheus schreibt, dann wissen wir aus den Timotheusbriefen von diesem magenkranken Timotheus, dass er nicht nur jung und ängstlich war, sondern dass ihn viele Leute kritisiert haben. Sie sagten: „Mit dem ist doch nichts anzufangen.“
Nun kennt jeder von uns aus seiner Nachbarschaft und Bekanntschaft magenkranke Leute. Sind sie selbst magenkrank? Gelbmagenkranke, das sind keine Kerle. Und sie leiden darunter, dass sie keine Kerle mehr sind. Sie machen meistens ein Gesicht, bei dem selbst ihnen das Lachen vergeht. Sie sind nicht nur im Magen sauer, sondern ihrem ganzen Wesen gegenüber. Und sie leiden darunter.
Herr Timotheus sagt also: Paulus, alles ist schön und gut, aber die Leute kritisieren mich, ich bin magenkrank, und sie nehmen mich nicht ernst. Ich bin jung und habe keine Erfahrung. Hat Apostel Paulus dem Timotheus nicht gleich im ersten Timotheusbrief Kapitel eins gesagt: „Ich weiß das alles, und das ist ein Hindernis, aber ich möchte dir etwas erzählen.“
Wenn es überhaupt Hemmungen für den Dienst Jesu gab, dann waren sie bei mir. Ich war ein Lästerer, ein Verfolger und ein Schmährichter der Gemeinde. Wenn es überhaupt einen Sünder gab in der ganzen langen Reihe der Sünder, war ich Nummer eins. Ich war der Flügelmann. Aber Gott hat mich berufen, treu gehalten, stark gemacht und in ein Amt gesetzt – nicht als Verfolger, Lästerer und Schmährichter.
Damit ist ein Vorgang geschaffen, dass Versager und schwache Leute in der Kraft Jesu gute, gute Diener Jesu werden. Apostel Paulus hat es dem Timotheus oft genug eingeschärft, wenn man in den Briefen liest: Das Schlimmste, was es in der Welt gibt, ist nicht ein Regentag. Das Schlimmste ist nicht, wenn wir großes Durcheinander sehen. Das Schlimmste ist, wenn Menschen große, fromme Worte machen, die den Schein eines gottseligen Wesens haben, aber wissen Sie, wie es weitergeht? Ihre Kraft verleugnen sie.
Es geht im schwäbischen Gemeinschaftswesen nicht darum, Weltmeister im frommen Sprücheklopfen zu werden, sondern darum, ganz neu persönlich mit der Kraft Gottes zu rechnen. Sie kann alles ändern, auch den Mehltau über manchem Christenleben, das langweilig geworden ist. Unser Herr kann uns ändern.
Das Herrlichste an Jesus ist seine menschenverändernde Kraft, und es macht ihm Freude, Menschen zu verändern.
Herausforderungen und Chancen im heutigen Glaubensleben
Zweites: Jesus will durch uns in unsere Welt hineinwirken.
Wir leben im Augenblick in einem abenteuerlichen Gewoge christlicher Meinungen. Viele Leute tun mir leid in unserem Land. Sie kommen mir vor wie Freizeitteilnehmer, die ein paarmal bei Nordseefreizeiten waren. Sie haben mühsam den ersten Fuß in die Wogen gesetzt und nicht gewusst, wie gefährlich Wellen sind.
Da kam die erste Nordseewoge. Sie haben es gerade noch mit ihrem Körper ausgehalten. Aber als die Woge wieder ablief, hat sie unten die Füße weggezogen. Die nächste Woge, die wie ein Berg aufgelaufen ist, hat sie in sich hineingewurschtelt und gedreht. Am Schluss waren sie froh, wenn sie als halbe Wasserleiche noch am Strand liegen blieben und nicht mitgezogen wurden. So ist es heute.
Wir haben eine Woge, die im Ablaufen ist. Es war modern in den letzten 15 Jahren zu sagen: Wir Christen müssen in die Welt hinein. Wir müssen die Strukturen der Welt verändern. Anstelle der Strukturen der Ungerechtigkeit müssen wir Strukturen der Gerechtigkeit, des Friedens und des Auskommens bringen.
Das ist im Ablaufen, weil wir merken, dass das gar kein Mensch kann, am wenigsten wir Christen. Aber die Wurke ist noch so stark, dass sie heute noch manchen die Füße wegzieht, besonders von jungen Leuten, die gern die Welt anders hätten.
Doch schon ist die nächste Woge da, mit einem großen Schaumkamm und mit einem großen Geist, der uns alle einhüllen will. Es ist eine neue, ganz merkwürdige Frömmigkeit, die sich gar nicht mehr auf die Bibel beruft. Sie ist so gefühlig, dass ein beinahe schlechter Beigeschmack entsteht. „Ist ja so schön, schön!“ Wie bei einem Feuerwerk, wenn die Raketen starten. Hauptsache ist, dass es schön ist.
So war es übrigens schon zur Zeit des Apostels Paulus, dass es manche Irrlehren gab. Wir sollten uns auch nicht so furchtbar aufregen. Man darf die Irrlehren nicht über einen Kamm scheren, sie sind unterschiedlich. Aber wir sollten das hören, was der Apostel Paulus in seine Zeit hinein gesagt hat.
Damals ging die Stimmung um, ob man heiraten sollte. So leiden heiraten auch besser sei, ehelos zu bleiben sei noch frommer. Und wenn man nicht alles isst, sei das auch gut, gell.
Da sagt Paulus: „Ihr dummen Kerle, alles, was Gott geschaffen hat, ist doch gut.“ Alles, was Gott uns gibt, dürfen wir mit Danksagung genießen, einschließlich des Ehestands. Das ist gut, nichts ist verwerflich. Worüber man sagen kann: „Lieber Gott, vielen Dank dafür.“
Herr Jesus will doch nicht, dass wir als Einsiedler am Waldesrand sitzen und von einem Glas Milch und Brennnesselsalat leben. Nichts ist verwerflich, was mit Danksagung genossen wird.
Was haben wir für eine merkwürdige Zeit, in der alles Mögliche schlecht und böse sein soll. Es wird überhaupt kein Signal zum Rückzug aus der bösen Welt gegeben. So schnell steht das gar nicht in der Bibel, dass die Welt so arg böse ist.
Die Welt liegt im Argen, sagte Ernest. Ja, der Teufel liegt in dem Argen. Aber mitten in dieser Welt, in der es Lügner gibt, Heuchler und Leute, die ein Brandmal in ihrem Gewissen haben, und in der es verführerische Geister gibt, da heiligt unser Herr Jesus Christus.
Er hat heiligende Kräfte. Es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
Gebet und Wort als Mittel der Heiligung und Veränderung
Natürlich gibt es schwierige Dinge. Jeden Morgen habe ich Angst, ob ich meine Kinder überhaupt noch ins moderne Gymnasialwesen schicken darf. Was mein sechzehnjähriger gerade in Deutsch liest – wenn er wenigstens Goethe oder Schiller lesen würde! Aber das ist so eine extreme Politik, die von dem Lehrer im Deutschunterricht vertreten wird. Ich würde sagen, das ist Verführung, eine Lüge, die in die Herzen von Kindern eingepflanzt wird.
Es wäre furchtbar, wenn ich nicht über meine Kinder beten könnte: Herr, bewahre du sie und umgib sie mit deiner Wahrheit wie mit einem Mantel. Es wird geheiligt durch das Wort Gottes und das Gebet. Und dass mitten in dieser Zeit, in der unser Bildungswesen so viele Nöte hat, unsere Schülerbibelkreise an den Realschulen und Gymnasien entstanden sind.
Nicht das ganze Gymnasium wird bekehrt, aber ein Oberstudiendirektor bei uns sagt: Seitdem der Schülerbibelkreis da ist, ist etwas in unserer Schule anders. Da ist der Kampf um die Wahrheit härter geworden. Aber wir merken auch einen guten Geist, der an unserer Schule wirkt.
Ein Bürgermeister sagt mir, er sei dankbar für die Christen, die an diesem Ort sind. Er weiß, dass sie für die Arbeit des Stadtrats, des Bürgermeisters und der Verwaltung beten. Es gibt wahrscheinlich nichts Wichtigeres, sagt dieser Oberbürgermeister, als das, was die Christen tun. Das wichtigste politische Geschäft ist, wie wir mit dem Gebet in diese Welt voller Hass, Gemeinheit und Lüge hineinwirken.
Gott will mit uns durch unser Gebet und durch sein Wort in die Welt hineinwirken. Paulus sagt sehr prägnant und kurz: Es wird geheiligt. Er sagt es ohne Wenn und Aber: Wenn wir beten, dann wirkt Gott.
Mein Vater ist mit 17 Jahren zum Glauben gekommen durch den Dienst von Sanko Autenried, jenem Heimatmissionar der Basler Mission. Er entschloss sich, nicht Pfarrer zu werden, sondern Jesus im weltlichen Bereich zu dienen. Das hat er auch getan – als Lehrer, als Ministerialbeamter, als Stadtrat und als Landtagsabgeordneter.
Aber wenn er oft müde und zerschlagen von Sitzungen nach Hause kam, sagte er: Habt ihr euch nicht für mich gebetet? Denn er wusste, in dieser Welt der Lügen und des Durcheinanders können wir nur im Geist Jesu hineinwirken, wenn eine Macht des Gebets hinter uns steht.
Liebe Freunde, politische Verantwortung wird nicht wahrgenommen dort, wo Tausende über Allerweltsprobleme diskutieren, sondern dort, wo wir uns wieder vornehmen, für Fürsten und Könige, für Parlamente, Präsidenten, Staatsratsvorsitzende, Stadträte und Landräte zu beten.
Das ist die politische Wirkung der Gemeinde Jesu: dass die Heiligungskräfte Gottes in unsere Welt hineinwirken. Gott ist nicht auf dem Rückzug, er will in unsere Welt hineingreifen.
In diesem Zusammenhang sagt Paulus dann: Wenn du dies den Brüdern vorhältst, wirst du, Timotheus, ein guter Diener sein. Es geht nicht um den Rückzug aus der Welt, sondern darum, dass wir in der Kraft Gottes etwas in die Not dieser Welt hineinbringen.
Die Bedeutung der Familie als geistliche Keimzelle
In diesen Timotheusbriefen spielt das Haus eine große Rolle. Und das ist ja heute die Losung: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ – die Familien. Es wird sogar gesagt, dass die Familie das Bewährungsfeld für künftige Bischöfe ist. Nur wer sich in der Familie bewährt und ein guter Haushalter ist, ist auch tauglich als Bischof. So großartig sind Familien, so wichtig.
Liebe Freunde, eine intakte christliche Familie, eine geheiligte Ehe, ein Haus im Geist Jesu, das offene Türen hat, ist wichtiger als ein ganzes Bündel von Synodalerklärungen oder Oberkirchenratsbeschlüssen. Mit Papier werden wir die Welt nicht ändern. Aber ich bin schon in vielen Gemeinden herumgekommen – das gehört zum Vorrecht beider Dienste in Württemberg.
Wenn Sie nach dem Geheimnis gesegneter und lebendiger Gemeinden fragen, dann ist es neben unserem Herrn Jesus selbst oft so, dass Sie sagen: Da ist die Familie X, da ist die Familie L, und da kommen die jungen Kerle zusammen. Sie kümmern sich um die Kranken, haben Zeit für uns. Wenn wir eine Sorge haben, können wir hingehen. Familien, durch Familien, durch Häuser will Gott in unsere Welt hineinwirken.
Ja klar, einmal liegt über der Familie, über der Ehe die besondere Freude Gottes. Gott hat den Menschen geschaffen als Mann und Frau, und dann heißt es gleich: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, sehr gut.“ Wenn diese Freude zusammenkommt mit dem Anderen, wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, bin ich mitten unter ihnen, dann entsteht eine geheiligte Familie, eine fromme Ehe. Das ist Segen hoch zwei – Segen in der Potenz.
Wenn wir wieder in unsere Welt hineinwirken wollen, müssen wir es unseren Leuten wohl sagen: Gott kann einem schenken, dass man manchen Menschen zum Glauben helfen darf. Man kann vielen Menschen zum Glauben und zur Gewissheit helfen, aber seinem Bräutigam und seinem Mann nicht. Ausnahmefälle gibt es (siehe 1. Petrusbrief), dass die Frau noch ein bisschen wirken kann durch stilles und sanftes Wesen – das ist ein besonderes Wunder des Heiligen Geistes.
Das Allerschwierigste ist, in der Ehe im Glauben weiterzuhelfen, weil man einander so gut kennt. Da kann man keine großen Sprüche mehr machen. Man muss sich vorher aussuchen, ob der Lebensgefährte dazu helfen will, dass man mit verdoppelter Kraft Jesus dient, oder ob es mit halbierter Kraft geschieht. Unsere Kirche wird noch daran zugrunde gehen, wenn wir das nicht genau beachten: dass zwei, die miteinander durchs Leben gehen wollen, im Geist Jesu ein Vorposten, ein Team im Geist Jesu sein wollen.
Früher wusste man noch, wie wichtig die offenen christlichen Häuser, die Familien, sind. Wenn ein junger Mann in eine andere Garnison kam, hat man gesagt: Da ist Familie Meier, da geht er sonntags mal hin. Das machen wir heute bei unseren Jugendkreisen schon gar nicht mehr.
Als mein Vater zum Studium nach Frankfurt kam, hat der Arzt Doktor Glöckler in Kirchheim gesagt: „Also, gucken Sie mal, da gibt es eine deutsch-christliche Studentenvereinigung. Und wenn Sie eine Familie brauchen, da ist die Familie in der und der Straße, gehen Sie doch mal sonntags hin.“ Beides hat mein Vater gemacht: den Kreis gefunden und die Familie, in der er zum ersten Mal erlebt hat, was christlicher Lebensstil ist und wie schön das ist.
Seine Frau hat er auch noch dort gefunden – meine Mutter. Sie haben dann nicht nur für uns sechs Kinder eine Heimat geschaffen, in der wir in den Glauben Jesu hineinwachsen konnten, sondern auch in der Zeit des Dritten Reiches, als der Vater auf halbem Gehalt war und mancherlei Not durch die politischen Verhältnisse herrschte. Obwohl wir beengt lebten, war das Haus offen für ein ganzes Heer von Vize-Töchtern und Vize-Söhnen. Unser Jugendkreis durfte seinen Mitarbeiterabend dort abhalten, die Kindergottesdienstvorbereitung fand im Haus statt. Natürlich haben die Kindergottesdienstkinder vom Jugendkreis alle unsere Stühle kaputt gemacht, aber dafür haben wir bald wieder neue bekommen.
Meine Mutter hätte sicher auch manchen Frauenkreis leiten oder den Elternbeirat Vorsitzende sein können – sie hatte das Zeug dazu. Aber sie hat ihre strategische Aufgabe von Gott her in der Familie, im Haus gesehen.
Wenn Gott in unsere Welt hineinwirken will, bedeutet das keinen Rückzug. Wenn fromme Familien darauf achten, dass Mann, Frau und Kinder im Geist Jesu leben, dann sind dies die strategischen Zellen unseres Gottes.
Für unsere Christenheit gilt es, wieder viel mehr darauf zu achten, dass in der großen Strategie Gottes zur Durchdringung der Welt die Häuser, die Ehen, die geheiligten Lebensgemeinschaften, eine intakte Familie und die offenen Türen einer christlichen Hausgemeinschaft eine entscheidende Rolle spielen.
So wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein.
Umgang mit Streit und Wahrheitszeugnis im Dienst
Meide die ungeistlichen, losen Geschwätze und das theologische Gezänk. So steht es nicht ganz wörtlich, aber ich habe es zusammengefasst, und es ist gemeint: Wenn Gott uns als rechte Diener und Mägde gebrauchen soll, müssen wir die haarfeine Grenze erkennen. Die haarfeine Grenze liegt zwischen dem Bekenntnis der Wahrheit zur rechten Zeit und zur unrechten Zeit und dem kirchenpolitischen Geschwätz, das bloß noch Unheil anrichtet.
Wir müssen erkennen, wo wir die Wahrheit sagen, die Gott benutzen kann, um Menschen an ihr Gewissen zu rühren. Gleichzeitig müssen wir erkennen, wo wir es mit Menschen zu tun haben, deren Gewissen verwirrt ist, die zerrüttete Sinne haben, wie Paulus sagt, die der Wahrheit beraubt sind. Wir dürfen schließlich nicht so weit gehen, dass die Sache Jesu zu einem Zankapfel wird – wie eine Bürgermeisterwahl oder ein Bebauungsplan.
Es gibt einen Punkt, an dem wir schweigen müssen und die ungeistlichen Gespräche meiden. In diesem Timotheusbrief wird dem, der ein rechter Diener Jesu werden soll, gesagt: Ein rechter Diener des Herrn soll nicht zänkisch sein.
Wenn ich an dieses Wort denke, muss ich immer tief durchatmen: Nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen jedermann, zum Lehren geschickt, der Böses ertragen kann. Er soll mit Sanftmut die Widerspenstigen zurechtweisen, damit sie wieder nüchtern werden aus des Teufels Strick.
Wie gesagt, ich muss tief durchatmen, wenn ich an dieses Wort komme, weil ich von Natur aus eigentlich ganz gern ein Kämpfer bin. Ein Knecht des Herrn soll nicht zänkisch sein.
Dann geht es mir wie Timotheus, als er zum ersten Mal las: „Du wirst ein guter Diener Jesu sein.“ So weit wird es der Herr Jesus auch noch bringen. Das soll bei mir möglich sein – bei mir! Ja, weil Jesus schon dabei ist, Untaugliche tauglich zu machen, sogar mich und dich.
Dieses Bewusstsein wird uns antreiben und uns mit seiner Kraft durchtragen. Erlass dein Feuer uns durch Licht, Einigkeit und Beständigkeit. Lass uns von ihm geschenkt den Weinstock des Lebens.
Das war der Jugendchor Eidlingen mit dem Lied „Herr, lass uns in Bewegung bleiben!“ Davor sprach Dekan Rolf Schäffbuch aus Schorndorf bei Stuttgart über das Thema „Der Auftrag Jesu“. Sie hörten eine Aufzeichnung von der Ludwig-Hofacker-Konferenz im Juni 1988.